Schatten der Vergangenheit - Shea Balik - E-Book

Schatten der Vergangenheit E-Book

Shea Balik

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Beschreibung

Er verdient kein Happy End. All seine besten Freunde haben ihre wahren Gefährten gefunden, während er nur zuschauen konnte. Hudson Martin weiß, dass er selbst seinen niemals finden wird. Er verdient es nicht. Er hat in seinem Leben zu viel Schreckliches getan, um auf das Geschenk eines Gefährten hoffen zu dürfen. Es ist ein bittersüßes Gefühl, seine Freunde am Weihnachtsabend mit jeweils der einen Person zu sehen, die speziell für sie bestimmt ist. Er freut sich für sie, aber es ist wie Salz in einer offenen Wunde. Es tut weh. Bitte, kann ich einfach sterben? Kassian hat nur einen Wunsch im Leben – seiner Schwester und seinen Eltern in den Tod zu folgen. Er hätte mit ihnen zusammen sterben sollen, anstatt in jener furchtbaren Nacht als Einziger zu überleben. In diesem Jahr ist er entschlossen, sich von nichts und niemandem aufhalten zu lassen. Seine Schwester ist, obwohl sie tot ist, immer noch bei ihm und hindert ihn auf frustrierende Weise immer wieder daran, sich im Tod noch einmal mit seiner Familie zu vereinen. Aber dieses Jahr könnte auch ihr bester Versuch sein, denn während er auf dem Boden liegt, sein Leben an sich vorüberziehen lässt und auf das Ende wartet, wird er plötzlich von dem berauschendsten Duft zurück in die Gegenwart gerissen, den er je an einem Mann gerochen hat. Ein Mann, der ihm etwas gibt, das er seit über siebzig Jahren nicht mehr empfunden hat: Frieden. Vielleicht gibt es doch Hoffnung für beide. Hudson und Kassian stellen fest, dass die kleine Stadt Miracle ihren Namen zurecht trägt, denn es war ein Wunder nötig, um sie zusammenzubringen. Wichtiger noch – sie werden ein weiteres Wunder brauchen, um einen Weg zueinander zu finden und die Schatten der Vergangenheit zu vertreiben. Ein homoerotischer Liebesroman für Erwachsene mit explizitem Inhalt. Jeder Band dieser Reihe geht auf die romantische Beziehung eines anderen Paares ein. Länge: rund 34.000 Wörter

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Inhaltsverzeichnis

KAPITEL 1

KAPITEL 2

KAPITEL 3

KAPITEL 4

KAPITEL 5

KAPITEL 6

KAPITEL 7

KAPITEL 8

KAPITEL 9

KAPITEL 10

KAPITEL 11

KAPITEL 12

KAPITEL 13

KAPITEL 14

KAPITEL 15

KAPITEL 16

KAPITEL 17

KAPITEL 18

EPILOG

ÜBER SHEA BALIK

LESEPROBE:

Schatten der Vergangenheit

Er verdient kein Happy End.

All seine besten Freunde haben ihre wahren Gefährten gefunden, während er nur zuschauen konnte. Hudson Martin weiß, dass er selbst seinen niemals finden wird. Er verdient es nicht. Er hat in seinem Leben zu viel Schreckliches getan, um auf das Geschenk eines Gefährten hoffen zu dürfen.

Es ist ein bittersüßes Gefühl, seine Freunde am Weihnachtsabend mit jeweils der einen Person zu sehen, die speziell für sie bestimmt ist. Er freut sich für sie, aber es ist wie Salz in einer offenen Wunde. Es tut weh.

Bitte, kann ich einfach sterben?

Kassian hat nur einen Wunsch im Leben – seiner Schwester und seinen Eltern in den Tod zu folgen. Er hätte mit ihnen zusammen sterben sollen, anstatt in jener furchtbaren Nacht als Einziger zu überleben. In diesem Jahr ist er entschlossen, sich von nichts und niemandem aufhalten zu lassen. Seine Schwester ist, obwohl sie tot ist, immer noch bei ihm und hindert ihn auf frustrierende Weise immer wieder daran, sich im Tod noch einmal mit seiner Familie zu vereinen.

Aber dieses Jahr könnte auch ihr bester Versuch sein, denn während er auf dem Boden liegt, sein Leben an sich vorüberziehen lässt und auf das Ende wartet, wird er plötzlich von dem berauschendsten Duft zurück in die Gegenwart gerissen, den er je an einem Mann gerochen hat. Ein Mann, der ihm etwas gibt, das er seit über siebzig Jahren nicht mehr empfunden hat: Frieden.

Vielleicht gibt es doch Hoffnung für beide.

Hudson und Kassian stellen fest, dass die kleine Stadt Miracle ihren Namen zurecht trägt, denn es war ein Wunder nötig, um sie zusammenzubringen. Wichtiger noch – sie werden ein weiteres Wunder brauchen, um einen Weg zueinander zu finden und die Schatten der Vergangenheit zu vertreiben.

Ein homoerotischer Liebesroman für Erwachsene mit explizitem Inhalt. Jeder Band dieser Reihe geht auf die romantische Beziehung eines anderen Paares ein.

Länge: rund 34.000 Wörter

SHEA BALIK

Schatten der Vergangenheit

Miracle, Oregon 7

Ein homoerotischer Liebesroman für Erwachsene

ME AND THE MUSE PUBLISHING

www.meandthemuse.com

Copyright © der englischen Originalausgabe „Shadows of the Past“:

Shea Balik

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe und veröffentlicht von:

Me and the Muse Publishing – Sage Marlowe

Hohenstaufenring 62, 50674 Köln, 2021

Copyright © Cover Design: Sinfully Sweet Designs

Übersetzt von: Betti Gefecht

URHEBERRECHTLICH GESCHÜTZT:

Dieses Buch darf ohne vorherige eindeutige schriftliche Zustimmung des Urheberrechtsinhabers in keinerlei Form, weder ganz noch auszugsweise, vervielfältigt und / oder vertrieben werden. Dies beinhaltet auch die elektronische und fotografische Vervielfältigung sowie zukünftig entwickelte Methoden. Ebenso ist die kostenlose Weitergabe dieses Buches, beispielsweise über sogenannte File-Sharing Sites ausdrücklich untersagt.

Mit dem Erwerb eines E-Books erhält der Käufer die Lizenz zur persönlichen Nutzung, ist jedoch nicht zur Weitergabe des Inhaltes an Dritte, weder gegen Entgelt noch kostenlos, berechtigt.

Alle in diesem Buch vorkommenden Personen und Handlungen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit zu realen, lebenden oder verstorbenen Personen ist rein zufällig. Sofern Namen real existierender Personen, Orte und Marken verwendet werden, geschieht dies in einem rein fiktiven Zusammenhang.

Bitte beachten:

Einige unserer Titel enthalten Hinweise auf und Beschreibungen sexueller Handlungen, die möglicherweise eine Gefährdung körperlicher und geistiger Gesundheit darstellen können. Mit der Beschreibung solcher Praktiken erheben wir keinen Anspruch auf deren tatsächliche Durchführbarkeit und übernehmen keine Verantwortung für etwaige Verletzungen oder Schäden, die bei der Nachstellung solcher oder vergleichbarer Handlungen entstehen. Generell raten wir unseren Lesern davon ab, potenziell gefährliche Sexualpraktiken ohne entsprechende Sicherheitsvorkehrungen und Anleitung durch Personen mit ausreichender Sachkenntnis durchzuführen.

Du kannst nicht mit dem nächsten Kapitel deines Lebens beginnen, wenn du immer und immer wieder das vorangegangene liest.

KAPITEL 1

Ein langes, tiefes Stöhnen erklang aus dem alten Gebäude, dessen Wände erzitterten, als wollten sie noch einmal alle Kraft mobilisieren, um aufrecht stehen zu bleiben. Niedergeschlagen beobachtete Hudson seinen Freund Chadwick und dessen Crew beim Abriss der letzten Gebäude, die einstmals die Stadt gebildet hatten. Nun ja, die alte Stadt jedenfalls.

Inzwischen waren vier neue Gebäude errichtet worden, wo einst nur die Vergangenheit existiert hatte. Sie alle waren mit Holz verkleidet, und Plankenwege führten zu den Eingängen – ein Design, das an das ursprüngliche Miracle erinnern sollte. Aber wie sehr Chadwick sich auch bemühte, die frühere Atmosphäre der einst verlassenen Stadt zu erhalten – die neuen Bauten konnten den Geist nicht ersetzen, der früher in diesen alten Mauern gewohnt hatte.

Als die letzten Mauern den Kampf aufgaben und zu einem Haufen Geröll in sich zusammenfielen, konnte Hudson beinahe die verzweifelten Schreie der Geister hören, die einst über die Teppiche in den Korridoren gewandelt waren. Aber unter den Männern, die daran arbeiteten, die Stadt zu modernisieren, erhob sich Jubel. Sie hatten diese Stadt zu ihrer Heimat gemacht. Miracle.

„Alles in Ordnung?“, fragte Nole.

Hudson war nicht sicher, was er darauf antworten sollte. Nole war der Gefährte von Edrick, Hudsons Alpha und bestem Freund. Aus irgendeinem verrückten Grund schloss sich Nole Hudson an, wann immer der zu einer seiner Geisterjagden aufbrach.

Ja, Hudson glaubte an Geister. Genaugenommen glaubte er nicht nur an sie, er jagte sie. Er wurde so ziemlich von allen ausgelacht, sobald sie herausfanden, dass er Tausende von Dollar in technisches Equipment zum Aufspüren von Geistern investiert hatte, aber das war Hudson egal. Er wusste, dass sie existierten.

Allerdings …

„Was, wenn sie nicht zurückkommt?“, flüsterte er. Bis jetzt hatte er sich davor gefürchtet, seinen Sorgen Ausdruck zu verleihen für den Fall, dass er sie dadurch überhaupt erst wahr machen würde. Wäre Nole kein Gestaltwandler mit überlegenem Gehörsinn gewesen, hätte er Hudsons Worte höchstwahrscheinlich gar nicht gehört.

„Ich glaube nicht, dass sie an bestimmte Gebäude gebunden ist.“ Nole dachte immer so praktisch. Er sorgte dafür, dass Hudson mit beiden Beinen auf dem Boden blieb. Auch in Bezug auf den Geist, den sie kurz nach ihrer Ankunft in Miracle entdeckt hatten.

Es war Monate her, seit Hudson und seine Freunde – Edrick, Lucca, Chadwick und Kellan – aus ihrem Rudel geflüchtet waren, nachdem sie Kellan gefunden hatten, halb zu Tode geprügelt von seinem eigenen Vater, weil der ihn beim Küssen mit einem anderen Mann erwischt hatte. In der Wandlerwelt galt Homosexualität als ultimative Sünde und wurde mit dem Tod bestraft.

Da sie alle schwul waren, hatten sie vorsorglich bereits einen entsprechenden Fluchtplan geschmiedet. Wenn sie doch nur fortgegangen wären, bevor jemand von ihrer sexuellen Orientierung erfahren hatte. Vielleicht hätten sie dann nicht um ihr Leben kämpfen müssen. Vielleicht hätte der Rat dann nicht seine Soldaten geschickt, um sie jagen.

Edrick hatte Miracle gekauft, eine alte, verlassene Stadt. Dann hatten sie herausgefunden, dass die Stadt irgendwann Schauplatz einer grausigen Reihe von Morden gewesen war, weshalb die ehemaligen Einwohner entsetzt geflohen waren. Überzeugt davon, dass es irgendwo an diesem Ort zumindest einen Geist geben musste, hatte Hudson angefangen zu suchen.

Nachdem Nole Edricks Gefährte und somit Teil des Rudels geworden war, hatte er begonnen, Hudson auf seiner Geisterjagd zu begleiten. Anfangs war Hudson sicher, dass Nole nur Mitleid mit ihm hatte, aber er zog weiterhin mit Hudson los, wann immer der nach Geistern suchte, Tag oder Nacht.

„Wenn wir sie gesehen haben, war sie nie im Inneren eines der alten Gebäude.“ Nole hatte recht.

Jedenfalls hoffte Hudson das. „Es ist nur … Wir haben sie seit Wochen nicht mehr gesehen. Was, wenn sie für immer verschwunden ist?“

Nole legte seine Hand auf Hudsons Arm. „Ich bin sicher, sie kommt zurück.“

„Ja“, sagte Harper. „Ich glaube immer noch, dass sie uns etwas sagen wollte. Sie wird zurückkommen.“

Harper war ebenfalls ein neues Mitglied des Rudels, gewissermaßen. Er war mit Kirill verpaart, dem einstigen Alpha eines Rudels von Ausgestoßenen, die der auf seinen Reisen eingesammelt hatte. Eigentlich hatte Kirill nie ein Anführer sein wollen, weil es ihm zu anstrengend war, Entscheidungen über das Schicksal anderer treffen zu müssen. Als er nach Miracle gekommen war, hatte er deshalb bereitwillig zugestimmt, als Alpha zurückzutreten und Edrick als seinen Alpha anzuerkennen.

Die Männer in seinem Gefolge hatten entscheiden müssen, ob sie gehen oder aber Edrick ihre Treue schwören wollten. Alle waren geblieben, selbst als sie gegen die Armee des Rates in die Schlacht ziehen mussten.

Harper hatte kein einfaches Leben hinter sich. Sein eigener Bruder hatte ihn gefoltert und den Männern seines Rudels als Sexsklave überlassen. Kirill war derjenige, der ihn befreit hatte. Es hatte eine lange Zeit gedauert, aber schließlich war Harper aus seinem Schneckenhaus gekommen. Dann hatte auch er sich Hudson und Nole bei der Geisterjagd angeschlossen.

Es war Harper gewesen, der entdeckt hatte, dass ihr ortsansässiger Geist offenbar versuchte, mit ihnen zu kommunizieren. Aber sie kamen einfach nicht dahinter, was das Wesen von ihnen wollte.

„Ich verstehe immer noch nicht, woher du wissen willst, dass der Geist weiblich ist.“ Kirill legte einen Arm um Harpers Schultern und zog den viel kleineren Mauswandler schützend an seine Brust.

Es war herzig, aber auch irgendwie widerwärtig. Okay, das war nicht fair. Hudson wusste, dass nur der Neid aus ihm sprach, weil er als Einziger keinen Gefährten hatte. Trotzdem – mussten sie ihr Glück so zur Schau stellen, wenn er in der Nähe war? Besonders jetzt, so kurz vor Weihnachten, während er immer noch allein war?

„Ich weiß es einfach“, antwortete Harper. Obwohl es eine berechtigte Frage war, denn anfangs hatte auch er gedacht, der Geist wäre männlich. Aber je mehr er mit der Erscheinung interagierte, umso deutlicher spürte er, dass er es mit einem jungen Mädchen zu tun hatte.

„Wie auch immer … welchen Unterschied macht das?“

Harper stupste seinen Gefährten mit dem Ellenbogen in die Rippen. „Ich habe dir gesagt, du sollst aufhören, mich das zu fragen“, flüsterte Harper. „Du hast es versprochen.“

Kirill rieb seine Nase an Harpers Hals. „Du hast recht, mein Blütenblatt.“ Dann warf er einen Blick zu Hudson. „Tut mir leid. Ich wollte das Thema nicht aufbringen.“

Hudson wollte gerade den Mund aufmachen, um Kirill vom Haken zu lassen, als er plötzlich kleine, kalte Pikser auf seinem Gesicht und seinen Händen fühlte. Er sah zum Himmel hinauf und sog scharf die Luft ein. Schnee. Es war, als würde selbst Mutter Natur ihr Missfallen über den Abriss des letzten Hauses zum Ausdruck bringen wollen. Oder vielleicht beweinte sie auch den Verlust der Erinnerungen, die in Miracle verwurzelt waren.

Das Ende mochte eine traurige Zeit gewesen sein, aber Hudson musste einfach daran glauben, dass es hier irgendwann auch etwas Glück gegeben hatte. Er hoffte, mit Hilfe des Geistes eine Chance zu bekommen, die Geheimnisse zu lüften, die immer noch in der kleinen Stadt vergraben waren.

Um dem Geist, der so viel Traurigkeit verströmte, ein wenig Frieden geben zu können. Hudson wusste nicht, ob irgendetwas davon überhaupt möglich war, aber er wünschte sich verzweifelt, es gäbe einen Weg, mit den Schrecken der eigenen Vergangenheit zu leben und sie hinter sich zu lassen. Falls nicht, wäre er dazu verdammt, immer und immer wieder den Alptraum zu durchleben, der sein Leben gewesen war, als er noch für seinen früheren Alpha gearbeitet hatte.

Das war etwas, was er niemandem je erzählt hatte, nicht einmal seinen besten Freunden. Es fühlte sich einfach falsch an, andere damit zu belasten. Zur Hölle, er wünschte, er könnte es selbst einfach vergessen. Aber diese Lektionen hatten sich für immer tief in sein Gedächtnis gebrannt.

Das war einer der Gründe, warum er so entschlossen war, dem kleinen Geist zu helfen, der in dieser Stadt umging. Denn niemand sollte die Ewigkeit in einer kummervollen Vergangenheit verbringen müssen. Vielleicht – sollte ihm diese gute Tat gelingen – würde auch Hudson die Chance bekommen, ein wenig Glück für sich selbst zu finden.

KAPITEL 2

„Lass mich in Ruhe!“, schrie Kassian Miller in den leeren Raum. Nur, dass der Raum gar nicht leer war. Oder zumindest glaubte er das nicht.

Er wusste es nicht mehr.

Kassian lebte in einem trüben Nebel zwischen Vergangenheit und Gegenwart, mit Erinnerungen an eine Zeit, die er verzweifelt aus seinem Gedächtnis löschen wollte. Alkohol, Drogen, unzählige Selbstmordversuche. Aber nichts hatte funktioniert.

Oft schon war es ihm beinahe gelungen, seinem Leben ein Ende zu setzen, aber immer dann tauchte der Geist auf und hielt ihn davon ab, in den Tod hinüberzugleiten, nach dem er sich so sehr sehnte. Kassian hasste dieses verdammte Gespenst, das ihn einfach nicht in Ruhe lassen wollte.

„Ich will dich hier nicht haben!“, schrie er. Aber er glaubte sich nicht einmal selbst. So sehr er es hasste, dass der verfluchte Geist ihn immer wieder vom Sterben abhielt – er wusste, wer es war, und er wollte sie verzweifelt noch einmal sehen. Er würde alles geben für nur noch eine Chance, mit ihr zu kuscheln und über alles und nichts reden zu können.

In der Nähe flatterte der Stoff einer Gardine in der Luft wie in einem fröhlichen Tanz. Er wusste, dass sie es war. Sie musste es sein. Das Haus war rundum geschlossen. Es gab keine offenen Fenster oder Türen, sodass kein Luftzug von draußen für das Schauspiel verantwortlich sein konnte. Selbst wenn – keine Brise hätte den Stoff in solch verrückte Formen verdrehen können.

Er weigerte sich zu lächeln, als beide Seiten des Vorhangs auf und ab wehten, als würde er durch den Raum hüpfen – nun, jedenfalls so weit es ging, bevor er wieder zum Fenster zurückkehrte. Nachdem Kassian sich mehrere Minuten lang geweigert hatte, auf das absurde Spektakel zu reagieren, gab der Geist auf, und der Vorhang stellte das Flattern ein.

Kassian hätte am liebsten geweint und sie angefleht zurückzukommen, aber er sagte nichts. Es tat zu weh, sie bei sich zu haben. Wem wollte er etwas vormachen? Es tat zu weh zu atmen.

* * * *

„Frohe Weihnachten“, sagte Nole, als Hudson in die Küche stolperte und betete, es möge Kaffee da sein. Er konnte ihn riechen, aber mit sieben Männern, die derzeit im Haus lebten, reichte der Kaffee nie lange.

Er verkniff sich eine Grimasse, als Nole ihn daran erinnerte, welcher Tag heute war. Ihm graute es vor diesem Tag, weil er niemanden hatte, mit dem er ihn teilen konnte. Um ehrlich zu sein, hasste er alle Feiertage; sie erinnerten ihn immer nur aufs Neue daran, wie allein er wirklich war – irgendwie seltsam, wenn man bedachte, dass er zusammen mit sechs weiteren Männern hier lebte, in einer Stadt, die vor lauter neuen Einwohnern beinahe platzte.

Aber so war es nun einmal.

Hudson seufzte erleichtert beim Anblick der fast vollen Kaffeekanne und schenkte sich eine Tasse ein. Er hob sie an seine Nase und inhalierte das himmlische Aroma, dann nahm er einen Schluck. Oh verdammt, das war gut. Er blieb stehen, wo er gerade stand, bis er die halbe Tasse geleert hatte. Erst dann, als er endlich das Gefühl hatte, auch diesen Tag überleben zu können, drehte er sich um und begrüßte seine Freunde.

Was er sah, drehte ihm den Magen um. Nole saß auf Edricks Schoß, und die beiden fütterten sich gegenseitig mit Happen vom Frühstück und neckten einander verspielt. Lucca, Edricks Stellvertreter, hatte seinen Gefährten Jari auf dem Schoß, und die beiden knutschten selbstvergessen. Dann war da noch Kellan, der sich an seinen Gefährten kuschelte und vor Wohlbehagen geradezu schnurrte.

Angewidert wandte Hudson sich wieder ab und trank den Rest seines Kaffees. Dann machte er die Tasse wieder voll und marschierte aus der Küche. Sein Magen protestierte mit einem lauten Knurren dagegen, aber Hudson würde lieber verhungern, als zwischen seinen glücklich verpaarten Freunden zu sitzen.

Er mochte sich für sie freuen, aber es tat trotzdem weh, ihnen beim Schmusen zuzusehen, während er wusste, dass es niemanden auf der Welt gab, der ihn je auf diese Weise lieben würde. Wie auch, nach allem, was er getan hatte?

Seit ihrem fünften Lebensjahr waren er und seine Freunde unzertrennlich. Eigentlich schon lange davor, aber erst zu dieser Zeit hatten sie richtig verstanden, was Freundschaft bedeutete. Sie hatten gemeinsam daheim bei Chadwick gespielt, als der verkündete, er würde eines Tages seinen Prinzen finden.

Chadwicks Mutter hatte das gehört und sie alle streng darauf eingeschworen, zu niemandem ein Wort zu sagen, denn selbst im zarten Alter von fünf Jahren wäre Chadwick für seine Sexualität mit dem Tode bestraft worden.

Sie wussten immer noch nicht, wie es dazu gekommen war, denn früher war es unter Gestaltwandlern nicht so gewesen. Ein Gefährte war ein Geschenk des Himmels, das in Ehren gehalten und geliebt werden musste.

Dennoch hatte der hohe Rat Homosexualität zur Sünde erklärt, bevor Hudson und seine Freunde überhaupt geboren waren. Nun änderten sich die Dinge – die alten Ratsmitglieder waren herausgefordert worden, um ihre Positionen zu kämpfen, und sie waren besiegt worden. Der neue Rat hatte das Gesetz umgehend abgeschafft. Aber das auch in den Köpfen der Leute zu ändern, stellte sich schwieriger dar als gedacht.

Manche Rudel töteten immer noch jeden, der sich als schwul outete, und rebellierten nun gegen den neuen Rat. Früher oder später würden Hudson und seine Freunde erneut im Namen des Rats kämpfen müssen, aber im Augenblick fragte Hudson sich, ob es nicht besser für ihn wäre, Miracle zu verlassen und woanders einen Platz zum Leben zu finden.

Einen Platz, wo nicht jeder um ihn herum glücklich verpaart war, während er innerlich um etwas flehte, das er nie haben würde. Leicht würde ihm das nicht fallen. Aber je länger er jeden Tag die Liebe und gegenseitige Hingabe seiner Freunde und ihrer Gefährten mitansehen musste, desto mehr wünschte Hudson sich, er wäre nie geboren worden.

Als er auf die Veranda hinaustrat, blieb Hudson wie angewurzelt stehen und starrte die ihn umgebende Schönheit an. Strahlendes Weiß bedeckte die Landschaft, wie um die Narben auszulöschen, die in der einst so desolaten Stadt zurückgeblieben waren.

Hudson und seine Freunde hatten bedeutende Fortschritte im Wiederaufbau von Miracle gemacht – eigentlich hauptsächlich Chadwick, denn er war der Baufachmann unter ihnen und hatte den Aufbau der neuen Geschäftsgebäude und Wohnhäuser geleitet. Als sie anfangs hier angekommen waren, hatte der ganze Ort ausgesehen, als würde die leichteste Brise genügen, um die gerade noch stehenden Gebäude zum Einsturz zu bringen.

Nun waren all die alten Häuser abgerissen und durch stabile Wände ersetzt worden, die auf noch stabileren Fundamenten ruhten. Es war nicht mehr dasselbe, und Hudson bedauerte immer noch den Verlust der Geschichte, die in den historischen Gebäuden gesteckt hatte. Aber Chadwick hatte Großartiges geleistet und versucht, so viel wie möglich von der Atmosphäre zu bewahren, die Miracle so besonders gemacht hatte.

---ENDE DER LESEPROBE---