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Das Buch "Schicksal, Liebe, Schmunzel & Co." beinhaltet alle Kurzgeschichten aus dem Gesamtwerk "Science Fiction, Horror & Co.". Sie lesen Kurzgeschichten aus den Bereichen Liebe, Glück, Depression, Demenz, Familie u.v.m.
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Seitenzahl: 190
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Die Liebe am Strand von Malibu
Da müssen wir alle durch
Das hat er nun davon
Depression
Die große Chance
Die Krankheit, die jeden schafft
Die letzte Fahrt
Ein langer Schlaf
Ein unglaublicher Zufall
Flaschenpost
Glück im Unglück
Im Alten Berlin um 1900
Seelenraub
Sie wollten nur leben
Verlobung in Westerland – 54,9°
Drei nette ältere Herren
Fünf Stunden Angst
Alterslos waren sie
Am Rande der Verzweiflung
Aus der Sicht zweier Gäste im Restaurant
Bärenerinnerung
Bittere Kälte in Kanada
Das Haus des Herrn Brixx
Der Baum
Der Geist der Zukunft
Der letzte Zug
Der Spaßvogel
Der Überfall mit Folgen
Die Jukebox
Die Kraft der Liebe
Die Wendeltreppe
Doppelleben
Ein gemeiner Mord
Ein Traumpaar
Eine Amerikanische Liebesgeschichte
Eine nette ältere Dame - Teil 1
Eine Straßenbekanntschaft
Flucht in die Einsamkeit
Omas letzter Auftrag - Teil 2
Gefahr aus dem Erdinneren
Im Schatten des Geldes
Im Schweiße deines Angesichtes
Kannst du mich verstehen?
Niemand will unser Glück teilen
Knockout
Sein Rennen
Vorahnung
Konstanzes Vermächtnis
Ich wanderte in ein anderes Land aus. Geistig war ich relativ jung geblieben und mein Äußeres konnte ich ohne Bedenken zeigen. Mein bisheriges Leben war aus den Fugen geraten. Daher wollte ich mir eine neue Existenz aufbauen. Von dem Geld, das ich während meiner grauenhaften Ehe zusammengespart hatte, kaufte ich mir ein wunderbares Strandhaus. Wenn ich am Strand entlang lief, flatterten meine langen schwarzen Haare im Wind. Oft wälzte ich mich übermütig im Sand und kam jedes Mal dem Wasser so nah, dass mein dünnes Kleid nass wurde. Meine makellose Figur war durch das nasse Kleid zu sehen. Mit mir und der Welt wieder zufrieden, legte ich mich im gelben Bikini in meinen Liegestuhl. Ich war Autorin. Meine Bücher wurden gern gelesen und viel verkauft. Ich schrieb bei jeder Gelegenheit, denn davon gab es viele. Zeit spielte für mich keine Rolle. Ich hatte genug davon. Die Sonne bräunte meine von Natur aus braune Haut noch mehr. Meine Nachbarn waren schon älter, besaßen auch ein Strandhaus und spielten regelmäßig Strandball. Oft fuhren sie mit dem Segelboot hinaus. Nicht unbedingt mein Ding. Ich hatte einfach keine Lust auf Kommunikation, wollte nur meine Ruhe haben. Viele Jahre musste ich mich vor meinem verstorbenen Mann verkriechen, ich hatte Angst vor ihm. Sein laut dröhnendes Organ hatte ich noch lange in den Ohren. Nun aber war alles gut, ich musste unbedingt zu mir finden, mich ordnen, meine Gedanken wieder auf die schönen Dinge richten. Ich versuchte es jeden Tag. Doch es fehlte etwas ganz Entscheidendes. Die Liebe und Zärtlichkeit, die ich nie erfahren hatte. Ich wollte ohne diese Gefühle nicht mehr durchs Leben gehen. Aber was sollte ich nur tun? Ich konnte mir doch keinen Partner aus dem Meer fischen. Meine Nachbarn Elli und Steve Baker hatten einen Sohn. Ich konnte nicht anders und musste ständig an ihn denken. Eigentlich wollte ich keinen Mann mehr kennenlernen. Aber Dan sah verdammt gut aus, war im richtigen Alter und hatte alles, was eine Frau sich wünschen konnte. Oft kam er unter einem Vorwand zu mir. War doch eindeutig, dass er mich kennenlernen wollte.
Eines Tages sagte er zu mir: „Dana, willst du meine Freundin werden? Ich meine richtig, du weißt schon.“ Abgeneigt war ich nicht und willigte ein. Das Leben war herrlich, keine Sorgen und Probleme waren zu wälzen und die Sonne schien immer. Mal lagen wir am Strand, dann trug Dan mich hinauf, wenn die Sonne unterging. Wir liebten uns in meinem Haus, das eine riesige Terrasse zum Meer hatte. Dann aber kam Dan nicht mehr. Bisher war er jeden Tag bei mir gewesen. Ich konnte es nicht fassen. Ich ging hinüber und klopfte an die schwere Eichentür der Bakers. Sie verbarrikadierten sich seit einiger Zeit. Zu oft wurde eingebrochen. Dans Vater kam zur Tür. „Ja, bitte?“, sprach er in einem nervösen Tonfall. „Ich bin Dana aus dem Nachbarstrandhaus“, sagte ich, „was ist mit Dan los? Ich sehe ihn nicht mehr.“ Der Vater antwortete: „Dan hatte einen schweren Unfall, wissen Sie das denn nicht? Er lag bewusstlos am Strand, man fand ihn am späten Abend und brachte ihn ins Krankenhaus. Das Schlimmste ist, er hatte sich die Pulsadern aufgeschnitten. Viel Blut ging verloren. Nun ist er auf dem Weg der Besserung, will aber mit keinem sprechen.“ „Wissen sie denn, warum er das tat?“, fragte ich ihn. „Ja, er hat seine gesamten Ersparnisse verloren. Seine Bank hatte das Geld in die falschen Geldanlagen investiert und dann war von heute auf morgen alles weg.“ „Und jetzt?“, fragte ich. „Kann man ihn besuchen?“ „Ja, das können Sie. Aber wundern Sie sich nicht, wenn er Sie nicht sprechen will.“ „Wir werden sehen“, meinte ich und machte mich mit meinem Strandbuggy auf den Weg zum Krankenhaus. Ich ging hinauf. Die zuständige Krankenschwester versuchte mich abzublocken. „Bitte lassen Sie mich zu Herrn Baker, ich muss mit ihm reden, ich bin seine Verlobte.“ „Ja, Sie dürfen zu ihm“, sagte die Schwester. Dana öffnete vorsichtig die Tür, ging hinein und sah, dass Dan sehr blass war. Anders gesagt, er sah schlimm aus. Dan hob seinen Blick und schaute Dana direkt in die Augen. „Ich habe alles verloren Dana. Ich wollte dir was bieten, du solltest alles von mir bekommen. Nun bin ich arm.“ „Erstens kannst du nichts dazu und zweitens ist Geld nicht alles im Leben“, sagte Dana. „Bitte bedenke, dass ich dich sehr liebe, auch ohne Geld. Das was ich habe, wird für uns beide reichen und wir müssen auf nichts verzichten. Bitte lass den Kopf nicht hängen.“ „Ja, Dana, mittlerweile habe ich mich wieder gefangen. In einigen Tagen bin ich wieder bei dir.“ „Ich warte auf dich Liebster“, sagte Dana. Dan hatte seinen aufwendigen Lebensstil nicht mehr halten können. Das war ihm aber egal, denn seine Ansicht vom Leben, hatte sich grundlegend geändert. Dan und Dana haben Wochen später geheiratet. Eine Strandhochzeit. Alle aus den Nachbarhäusern waren eingeladen. Sie feierten und nichts erinnerte an Dans Selbstmordversuch. Ein glückliches Paar wohnte nun am Strand von Malibu in einem wunderschönen Haus mit einer riesigen Terrasse, einem roten Sofa, auf dem sie sich liebten, wenn Dan sie nach dem Sonnenuntergang hinauf getragen hatte.
Jack war sein Leben lang ein Ganove, er betrog bei allen Geschäften, er war Geldeintreiber, ja, er tötete sogar. Es war 1933, dieses Mal ging Jack in eine Falle. Jack öffnete die Pendeltür der Bar Rocky in Rom, es war nach ein Uhr, der letzte Gast war gegangen. Wie in jedem Monat, erpresste Jack eine Million Lire von Gastwirt Enzo. Für Enzo reichte es hinten und vorne nicht.
Seine drei Kinder und seine Frau Roberta sparten, wo sie nur konnten. Aber Jack war erbarmungslos, forderte jeden Monat das Geld. „Sonst geht die Hütte wieder in Flammen auf!“, lachte Jack jedes Mal. Nur dieses Mal nicht, es gab kein Geld, es gab blaue Bohnen. Roberta nahm den Colt aus dem Tresor und drückte einfach ab. Jeden Monat nahm sie es sich vor, betete zu Gott: „Gib mir die Kraft das zu tun und vergib mir, Gott, bitte!“ Jack zog das MG unter dem Mantel hervor und schoss fallend umher.
Drei Kugeln trafen Roberta. Maria war eine Krankenschwester in Madrid. Sie opferte sich für kranke Menschen auf. Maria wurde als junge Frau vergewaltigt. Sie ging ins Kloster, hier wurde sie zur Krankenschwester ausgebildet. 82 Jahre ist Maria nun alt, ihr Gehör und die Augen lassen nach. Maria konnte den schweren Mercedes weder hören noch sehen. Alle Hilfe kam zu spät, Maria starb in den Armen eines heraneilenden Priesters. Fröhlich spielte die kleine Sonja im Vorgarten ihrer Eltern in einem Vorort von Paris. Es war ein herrlicher Frühlingstag im Jahr 1933. Am Nachbarhaus wurde fleißig gearbeitet. Für Sonja wurde es immer interessanter.
Dachdecker waren am Werk. „Die können ja gut schnappen“, dachte sich die Zehnjährige und kam der Bedrohung immer näher. Drei Mann waren am Werk. Von ganz oben bis zum Abfallcontainer warfen sie sich die Dachdecker die Ziegel zu. „Mädchen! Geh zurück, es ist gefährlich hier!“, rief Dachdecker-Meister Cloude dem Mädchen zu. Da ist es passiert. Geselle Lois war abgelenkt, schnappte die Dachpfanne nicht ... Sonja konnte nicht gerettet werden. Das sind nur drei Beispiele von Menschen, die 1933 zum Himmelstor kamen und um Einlass baten. Petrus war wie immer viel beschäftigt. Alle, aber auch wirklich alle, studierte er gründlich und entschied dann über ihr Schicksal. Vor Maria stand ein etwa 32 jähriger Musiker. Maria kannte ihn sogar. Herrliche Klavierkonzerte gab er in Madrid. Eine großartige Karriere hatte er vor sich. Bei einem Konzert im Opernhaus erlitt Antonio einen Herzinfarkt. Antonio trat ohne Gage auf, alles sollte gespendet werden. Das Kinderheim freute sich jedes Mal, wenn Antonio persönlich vorbei kam, nun war er tot. „Antonio!“, rief Petrus.
„Antonio, du hast den Menschen so viel Gutes getan. Hast sie mit deiner Musik beglückt. Aber viel wichtiger war, du hast an die Menschen gedacht, die nichts hatten, du hast fast dein ganzes Geld gespendet. Ich lass dir die Wahl, möchtest du noch einmal auf die Erde, mit deinem Talent, mit deiner Begabung? Oder möchtest du durch das Universum reisen, die Geburten von Sonnen und Planeten beobachten, mit allen hier bei mir dein Wissen und deine Gefühle teilen?“ Antonio entschied sich für ein weiteres Leben auf der Erde. „Na, das sind ja herrliche Aussichten“, dachte sich Jack, der ebenfalls in der Reihe stand. „Maria!“, rief Petrus. „Maria, dein Schicksal war hart. So vielen Menschen hast du geholfen. Babys zur Welt gebracht, Sterbende begleitet, warst immer da wenn du gebraucht wurdest. Sage mir, was ist dein Wunsch?“
„Petrus, ich weiß es nicht, ich möchte wieder helfen, aber mein Schicksal als junge Frau war zu schlimm. Gib mir einen Rat, bitte“, schluchzte Maria. „Nun, Maria, dann rate ich dir, geh einen ganz neuen Weg. Es warten so viele Freunde auf dich. So viel Schönes ist im Universum zu sehen. Auch andere bewohnte Planeten, mit viel Gefühl und Liebe. Ich lass dich durch die Pforte. Du kannst als Geist jetzt, hier und überall sein. Finde, wonach du suchst!“, sagte Petrus. „Das wird ja immer besser!“, staunte Jack.
„Etwas Geduld, bitte“, sagte Petrus. „Ich bitte meinen Engel Elisabeth zu mir. Elisabeth, hilf Roberta im Krankenhaus, dass sie überlebt. Sie wurde von Kugeln getroffen. Drei Kinder und ein lieber Ehemann brauchen sie dringend.“ „So, nun Sonja, bitte!“, rief Petrus. „Kleine Sonja, du hast noch alles vor dir, die Erde ist so wunderbar. Ehepaar Hölzl in Österreich erwartet bald ein Kind. Nimm diesen Körper, in acht Monaten kommst du auf diese Welt zurück!“ – „Jack, nun zu dir!“, rief Petrus. „Ja, Petrus, ich habe schon gewählt!“, sagte Jack. „Nein, du hast nichts zu wählen. Kleine Sünden lasse ich durchgehen. Jeder hat die Chance sich zu bessern, jeder kann ein guter Mensch werden. Aber du hast Menschenleben auf dem Gewissen. Acht Menschen nahmst du ihr Leben, nun nehme ich deine Energie. Du wirst ausgelöscht!“ Jack war einfach verschwunden, nichts erinnerte an den Mörder Jack. Jahre später wunderten sich viele Konzertbesucher über einen achtjährigen jungen Künstler, der unübertreffliche Klavierkonzerte zum Besten gab, ganz ohne Noten lesen zu können, einfach so.
In Wien hatten wir ein riesiges Unternehmen. Unsere Firma stellte Wurstwaren für ganz Österreich und darüber hinaus her. Uns ging es gut, besser gesagt, wir waren reich. Die Millionen häuften sich auf dem Konto und damit auch die Affären meines Mannes Gerd. Fremdgehen war für ihn zur Normalität geworden. Nicht nur das, nein er tat es offensichtlich, sodass ich sofort merken und sehen konnte, was Sache war. Einmal war es ein Mädchen aus dem Versand, dann wieder eine Büroangestellte oder die Kellnerin aus dem Pup an der Ecke. Kurz gesagt, dieser alte Sack war sexbesessen. Was bildete er sich denn ein? Schön war er nicht gerade und über die anderen Dinge, na ja, da möchte ich lieber nichts sagen. Aber mit Geld ist ja bekanntlich alles käuflich. Nur gut, dass wir keine Kinder hatten. Verpflichtungen in der Kindererziehung konnte ich nicht übernehmen, denn ich arbeitete in der Firma kräftig mit, war überall präsent und eine kompetente Ansprechpartnerin für die Angestellten. Mit meinen 55 Jahren sah ich noch recht passabel aus. Ich nutzte aber nie die Gelegenheit, dies auszunutzen. Obwohl die Versuchung schon manchmal groß war, zumal ich oft allein in den Urlaub fuhr. Irgendwann hatte ich die Nase voll von dem Treiben meines Mannes. Der Kerl konnte es einfach nicht lassen, seine Geilheit auszuleben. Da er regelmäßig ein Herzstärkungsmittel einnehmen musste und zusätzlich noch Viagra schluckte, überlegte ich mir einen teuflischen Plan. Was wollte er eigentlich? Wollte er die ganze Welt befruchten? Eines Morgens, bevor er zum Frühstück kam, löste ich die dreifache Menge seines Herzmittels in etwas Saft auf und gab noch Sekt dazu. Ich fragte ihn anschließend ob er mit mir auf den Firmenerfolg der letzten Monate anstoßen wolle. Er willigte gern ein, denn in seinem Hinterkopf geisterte schon wieder die nächste Verabredung herum. Aber egal, es kam ja doch nicht mehr darauf an. Viagra brauchte er bald nicht mehr, das wusste ich. Kurze Zeit später sackte er bewusstlos vom Stuhl, fiel auf den Boden und war mausetot. Gott sei Dank, hatte er mir nicht den neuen Perser versaut. Ich hatte ihn um die Ecke gebracht, wie man so schön sagt. Das hatte er nun davon, dieser Scheißkerl. Der Hausarzt stellte Herzstillstand fest und machte noch eine beiläufige Bemerkung: „Nahm er denn immer noch regelmäßig Viagra?“ Er konnte sich das Schmunzeln nicht verkneifen, so schrecklich die Situation auch war. Die Trauerfeier fand nur im engsten Kreis statt. Aber erst als er schon verbuddelt war. Einen teuren Sarg und einen Marmorgrabstein sparte ich mir. Ich machte lieber einen schönen Urlaub von dem Geld. Ich war wieder glücklich, die Firma lief auch ohne ihn bestens. Leider bedachte ich nicht, dass ich eine Doppelgruft vor seinem Ableben gekauft hatte. Selbst, als ich krank wurde, verschwendete ich keinen Gedanken daran. In meinem Testament bedachte ich meine Schwester und wohltätige Vereine mit ins Erbe. Aber meine Beerdigung sollte etwas Besonderes werden. Alle waren da. Freunde, Geschäftspartner und noch ein paar andere Leute, die ich nicht kannte. Ein Meer voller Blumen – meine Lieblingsblumen – und die Musik wurde gespielt, die ich vorher festgelegt hatte.
Elvis sang, es war toll. Nun war es soweit. Sie ließen meinen schweren Eichensarg langsam hinunter. Eine schlimme Situation für mich. Nicht etwa, dass ich mich hier einquartieren musste, nein. Er lag neben mir, welch ein Ekel. Sein billiger Sperrholzsarg war schon auseinandergefallen, sein Körper von Maden durchfressen. Ein Teil von ihm war noch relativ unversehrt. Noch nicht einmal die Maden hatten Interesse daran. Aber gut, ich war erst mal in Sicherheit in meiner Eichenbehausung und er hatte es nicht besser verdient, dieser sexgierige Sack. Für Geld konnte er sich alles kaufen. Nun ist es gut so, wie es ist. Brrr es ist ziemlich kalt hier unten, schade dass es noch keine beheizten Särge gibt! Hi, hi, hi…
Fred hatte seine Mutter nicht wirklich verstanden, er konnte es auch gar nicht, denn man muss schon ein Experte sein, um sich mit einer Depression auszukennen. Und doch hörte er sich immer alles an, was Mutter zu sagen hatte. Er sprach ganz ruhig mit ihr, wollte für eine Vertrauensbasis sorgen. Mutter sagte zu ihrer besten Freundin: „Ich bin immer sehr froh, wenn Fred zu mir kommt. Die anderen sind so hektisch und verlangen, dass ich auf andere Gedanken kommen soll. Aber das geht doch einfach nicht.“ Im Laufe der Zeit, die Gespräche wurden intensiver, erhielt Fred eine Vorstellung davon, was in seiner Mutter vorging. Er verstand immer mehr ihren Gemütszustand. Er las die Wünsche in ihren Augen. Immer tiefer tauchte Fred in diese andere Welt ein. Fred hatte einen guten Job, er war erfolgreich. Und dann kam, was Fred nie für möglich gehalten hätte, denn Fred war ein charakterstarker und lebensbejahender Mann, er fiel in eine Depression. Auslöser war der Tod seiner Frau, mit der er über dreißig Jahre durch dick und dünn ging. Kurz darauf folgte auch noch die Kündigung im Job. Und dann kam es immer näher und näher. Anfangs tat er es noch als ein Unwohlsein ab. Aber es war mehr. Plötzlich konnte Fred am eigenen Körper und im eigenen Geist erfahren, was Depression bedeutete. Heute fiel er in ein Loch, morgen war er wieder obenauf, ganz langsam schlich sich eine innere Unruhe an.
Negative Gedanken kamen auf; früher konnte er seine Gedanken steuern, im richtigen Augenblick abschalten, zu einem anderen Zeitpunkt einschalten. Probleme zum richtigen Zeitpunkt zu lösen, das war Freds Stärke. Auch für andere war er immer bereit. Plötzlich waren Gedanken da, die ihn hinunterzogen. Lohnte sich das Leben noch? Wozu sollte er die Wohnung säubern? Der Pullover musste nur warm sein, wie er aussah, spielte doch keine Rolle! Warum sollte er heute überhaupt aufstehen? Fred empfand das Leben als sinnlos. Morgens bekam er Brechreiz. Schon die Zahnbürste im Mund verursachte eine Übelkeit. Seine geliebten Eier mit Speck mochte er überhaupt nicht mehr. Fred zitterte am ganzen Körper, er wollte sich einfach nur verkriechen. Früher, als seine Frau noch lebte, war er morgens fit. Heute zog Fred sich die Bettdecke höher, verdunkelte das Zimmer und zog sich zurück in seine Träume und Gedanken der Vergangenheit. Er wusste von seiner Mutter, dass auch dieser Zustand nicht lange anhalten würde, demnächst würden die Gedanken über ihn herrschen. Die tägliche Arbeit verrichtete Fred mit Widerwillen, auch dazu wusste er, dass er bald völlig gleichgültig werden würde. Aus einem guten Glas Wein, würden bald einige Gläser werden. Früher wachte Fred nachts auf, drehte sich um, hörte das Schnorcheln seiner Frau und schlief mit guten Gedanken wieder ein. Heute lag er lange wach, die Gedanken steuerten ihn. Ein Teufelskreislauf sollte beginnen. „Stopp!“, schrie er eines Tages. „Wie habe ich meiner Mutter geholfen?“ Und nun hielt sich Fred an die eigenen Ratschläge, die er seiner Mutter und anderen lieben Menschen gegeben hatte. Er öffnete die Fenster, atmete tief durch, sah den Sonnenaufgang.
Jetzt rief er seinen alten Schulfreund Bernd an. Er zwang sich, aus dem Haus zu gehen, suchte die Kommunikation. Er ließ das Radio spielen, den ganzen Tag, aber ein Sender mit Moderation musste es sein. So hatte Fred auch das Gefühl, dass er nicht allein auf dieser Welt war. Es dauerte noch sehr lange, bis Fred sich wieder ganz gefangen hatte. Nun wohnte er in einer anderen Stadt, im Café um die Ecke war er ein gern gesehener Gast. Auch hatte Fred eine neue Aufgabe für sich entdeckt. Er nahm an Seminaren für die begleitende Seelsorge teil. Er war prädestiniert dafür, andere zu verstehen, zuzuhören, Ruhe zu vermitteln und vor allem, sich selbst zu verstehen. Es war eine höchst verantwortungsvolle Tätigkeit, denn Menschen in Not sollten und wollten nie allein gelassen werden.
Mein Weg führte mich durch Indian Springs, einer kleinen Ortschaft in Nevada. Ich hatte an diesem Tag bereits über 1.000 Kilometer abgespult, die Route 66 wäre mir lieber gewesen, aber mein Weg führte mich von Norden nach Süden. In meiner Aktentasche befanden sich Verträge, Schallplattenverträge, einige Künstler verlangten eben, die Verträge in ihrem Privathaus zu unterzeichnen. Na ja, sie konnten es sich noch erlauben, denn einige hatten nun wirklich keine Stimme. Aber das sollte nicht mein Problem sein, wenn ich einmal Plattenboss werden würde. Das würde jedoch wohl nichts mehr in diesem Leben werden. Die kleine Bar hatte noch geöffnet. Jetzt ein kühles Bier und etwas zu Essen, das wäre schön. Mal sehen, ob es in der Nähe noch ein Motel gab. Aber nicht in Bates Motel, der Film Psycho lief gerade in den Kinos, da würde ich jetzt lieber mit meinem Colt unter dem Kopfkissen schlafen. In Marindas Bar fand ich alles, was ich suchte, mein Bier, vier Frikadellen und gute Musik. Ja, wirklich, eine vorzügliche Sängerin gab hier ihr Bestes. Mit jedem Lied, das ich hörte, schmolz ich mehr dahin.
Da war dieses gewisse Extra in der Stimme, etwas Erotisches, etwas Leises. Dann wieder eine Kraft, eine Fröhlichkeit mit viel Power.
Ich fragte Lisa, die etwa fünfzigjährige Wirtin eines verstorbenen Fliegers der Air Force, ob sie mich mit der Sängerin bekannt machen möchte. Mein äußeres Erscheinungsbild war wohl sehr positiv, denn die Sängerin kam in der Pause an meinen Tisch. „Hallo, mein Name ist Diana, Diana Miller“, sagte sie. Wir plauderten die ganze Nacht, immer in ihren Pausen sprachen wir über Gott und die Welt. Diese Frau faszinierte mich, ihr Gesang, ihre Stimme, ihr Aussehen. Nicht, dass ein falscher Eindruck entsteht, wir gingen um fünf Uhr morgens zu ihr, ich suchte kein Abenteuer, ich schlief auf ihrer Couch im Wohnzimmer. Um zehn Uhr frühstückten wir, ungeschminkt saß Diana am Tisch, bei Ei und Toast mit Marmelade. Was für eine schöne Frau! Würde ich sie wieder irgendwann sehen? Nach dem Frühstück fuhr ich nach Bakersfield. Wir verabschiedeten uns sehr herzlich. Bei jedem Kilometer, den ich in meinem Chevy fuhr, wurde mir immer klarer, was für ein Juwel Diana war. Ich hätte noch so viele Fragen, ich fuhr schneller und schneller, wollte diesen Vertrag mit John unter Dach und Fach bringen. Jahn war Country-Sänger, hielt sich für Johnny Cash, aber da lagen Lichtjahre zwischen. Mein Problem sollte es nicht sein, ich dachte nur noch an Diana.
„Willst du einen Drink?“, fragte John.
„Danke nein, ich will deinen Vertrag noch heute nach Los Angeles bringen, damit du schnell an deine Aufnahmen kommst“, antwortete ich. „Hey, das ist ja sehr korrekt, so liebe ich es als Star!“, entgegnete er. „Du Loser“, dachte ich mir nur. Die Verträge übergab ich in Los Angeles der Agentur, nun ging es mit Höchstgeschwindigkeit zurück zu Diana.
Um acht Uhr abends saß ich in der Bar. „Hi, Lisa! Wann kommt Diana?“, fragte ich. „Oh mein Gott, du weißt es noch nicht? Diana hatte einen Autounfall. Der Typ war betrunken, fuhr schnell wie ein Henker.
Diana wurde durch die Luft gewirbelt, direkt in die Schaufensterscheibe von Bill’s Eisenwaren“, sagte Lisa weinend. Sofort fuhr ich die 250 Kilometer zum Krankenhaus in St. George. „Die Patientin hat tiefe Schnittwunden, einige Brüche und einen Schock“, sagte der behandelnde Arzt.
Tagelang saß ich an ihrem Bett, ich kündigte meine Stellung, ich suchte mir eine kleine Wohnung. Drei Monate vergingen, Diana lachte mich immer an, wenn ich zu ihr kam, aber sie konnte nichts sagen. „Was ist mit ihren Stimmbändern?“, fragte ich den Arzt.
„Daran liegt es nicht. Sie hat einen schweren Schock“, antwortete der Arzt. Ich saß nur noch an Dianas Bett im Krankenhaus. Immer wieder erzählte ich ihr aus meinem Leben, alles, was mir so einfiel.