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Ein spannender Kurz-Thriller von Bestsellerautor Wolfgang Burger und seiner Frau Hilde Artmeier. Ein kinderleichter Job, denken Marc van Heese und Linda Wanzl, als sie den ersten Auftrag für ihr gerade erst gegründetes Ermittlungsbüro übernehmen: Sie sollen eine verschwundene Kuh aufspüren. Die Spur führt das Duo nach Frankreich zu einem undurchsichtigen Pharmaunternehmen, und bald wird den beiden frisch gebackenen Detektiven klar, dass sie in eine Schlangengrube geraten sind, in der der sichere Tod auf sie wartet … Die kostenlose Vorgeschichte zum actionreichen und mörderisch spannenden Polit-Thriller »Schmutziges Gift«
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Seitenzahl: 85
Wolfgang Burger / Hilde Artmeier
Schmutzige Deals
Thriller
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Ein spannender Kurz-Thriller von Bestsellerautor Wolfgang Burger und seiner Frau Hilde Artmeier.
Ein kinderleichter Job, denken Marc van Heese und Linda Wanzl, als sie den ersten Auftrag für ihr gerade erst gegründetes Ermittlungsbüro übernehmen: Sie sollen eine verschwundene Kuh aufspüren. Die Spur führt das Duo nach Frankreich zu einem undurchsichtigen Pharmaunternehmen, und bald wird den beiden frisch gebackenen Detektiven klar, dass sie in eine Schlangengrube geraten sind, in der der sichere Tod auf sie wartet …
Die spannende Vorgeschichte zum Thriller »Schmutziges Gift«!
Der Pilot legt einen Alarmstart hin. Der Hubschrauber schießt nach oben wie der Expresslift eines Wolkenkratzers mit dreihundert Stockwerken. Ich halte Marcs Hand, die eiskalt und blutüberströmt ist, und zittere und kämpfe mit den Tränen und hoffe, hoffe, hoffe, dass er nicht stirbt …
Was ist das für ein merkwürdiger Krach? Wieso wackelt die Welt wie verrückt?
»Nicht einschlafen!«, schreit mich jemand an, ein Mann offenbar, und rüttelt an meiner Schulter, was ich aber kaum spüre.
Jemand hat geschossen. Auf mich etwa? Ich fühle keine Schmerzen. Wenn er mich getroffen hätte …
»Sie müssen wach bleiben!«, schreit der andere wieder. »Hören Sie mich? Sehen Sie mich an! Sehen! Sie! Mich! An!«
Wie soll ich den Blödmann ansehen, wenn ich die Augen nicht aufkriege? Gott, ist mir schlecht. Jemand hält meine Hand fest. Das fühlt sich seltsam gut an. Gleich muss ich kotzen. Der Irre schreit immer noch. Aber ich kann … Wie soll ich …?
Er wird leiser.
Auch der Krach wird leiser.
Was ist denn nur passiert, verdammt? Wieso ist alles auf einmal so anders, so merkwürdig?
Während ich sanft entschwebe aus diesem Geschrei und überlauten Chaos, kommen wie kleine Engel Bruchstücke von Erinnerungen …
Vierzehn Stunden früher
»Wie war das noch mal?«, sinnierte Linda neben mir mit finsterer Miene. »Eine entlaufene Kuh zu finden kann doch kein Problem sein?«
Sie war sauer, weil wir schon seit Tagen durch die Weltgeschichte gegurkt waren auf der Suche nach Marie Antoinette, einer im hintersten Münsterland vermissten Milchkuh.
»Der Job bringt immerhin eine Menge Geld«, warf ich ein. »Außerdem: No risk, no fun.«
»Und wo, bitte schön, bleibt hier der Fun?«, fragte sie giftig.
Sie war außerdem sauer, weil sie in der Nacht schlecht geschlafen hatte.
»Fünftausend Euro sind Spaß genug«, fand ich.
»Die wir erst mal kriegen müssen.« Damit hatte sie natürlich recht, aber das hatte ich auch schon vorher gewusst. »Sieht das hier etwa aus, als würden hier irgendwo Kühe versteckt? Glaubst du, die Firma da drüben verdient ihr Geld mit geklauten Rindviechern?«
Das tat es nicht, gab ich gerne zu. Die Firma im Osten von Reims, die wir seit Stunden beobachteten, sah wahrhaftig nicht aus, als würden hier Huftiere gehalten. Alles schien sehr reinlich zu sein. Hinter einer übermannshohen Mauer standen nüchterne, unschuldig weiß gestrichene Industriebauten. Der Name der Firma war S. Levèvre SNC.
»Die Adresse stimmt«, sagte ich zu meiner Ehrenrettung. »58 Rue du Fossé Briotin.«
Lindas Magen knurrte, als wollte er seiner Besitzerin beistehen bei unserem Streit, der im Grunde keiner war, sondern eine der zwischen uns üblichen Kabbeleien. Wenn Linda hungrig war, dann war sie unausstehlich. Leider war sie ziemlich oft hungrig. Wenn man bedachte, wie viel sie aß, dann hätte sie eigentlich fast so viel wiegen müssen wie die Kuh, die zu suchen unser Auftrag war. Stattdessen hatte sie eine Figur wie ein Model für Teenie-Klamotten.
»Wenn du nicht immer so etepetete wärst«, fuhr ich Marc über den Mund, »dann hätte ich mir beim Frühstück was zu essen eingepackt. Ein, zwei Semmeln, ein bisschen Obst, irgendwas. Obwohl, wenn ich an den Fraß heute Morgen denke, wird mir jetzt noch speiübel.«
»Und wenn du nicht die billigste Fernfahrer-Pension gebucht hättest, sondern das Continental, das ich vorgeschlagen habe, dann wärst du jetzt so satt und zufrieden wie ein, ein«, er plusterte die Dreitagebart-Backen auf, »ein Kängurubaby im Beutel seiner Mutter.«
Er war sichtlich nicht zufrieden mit seinem Vergleich.
»Geht das schon wieder los?« Allmählich wurde ich wirklich sauer. »Bevor wir Geld ausgeben, müssen wir es erst einmal verdienen, und wenn wir es verdient haben, dann werfen wir es garantiert nicht dem erstbesten Kapitalisten in den Rachen, der mit seinem Bonzenschuppen reich und fett wird, weil er sein Personal ausbeutet.«
Marc hatte keine Lust auf solche Vorträge, ich wusste es. Außerdem war er der Meinung, dass er mit seiner Hälfte des Honorars tun und lassen durfte, was er wollte, womit er irgendwie ja sogar recht hatte. Aber das sagte ich natürlich nicht.
»Mir war von Anfang an klar, dass diese Sache stinkt«, sagte ich stattdessen. »Fünftausend Euro für eine Kuh, die höchstens ein Viertel davon wert ist – für wie blöd hält dieser Bauer uns eigentlich?«
Bis vor wenigen Tagen stand Marie Antoinette, wie unser alles andere als sympathische Klient seine blöde Milchkuh getauft hatte, noch in seinem Stall in Altenberge. Das lag im Münsterland, und dort wiederum residierte auch »Private Eye«, die Agentur für private Ermittlungen, die Marc van Heese und Linda Wanzl – das sind Mister Schlaumeier und meine Wenigkeit – erst seit wenigen Wochen betrieben. Oder zu betreiben versuchten. Marc nannte unser Baby im Spaß immer noch hin und wieder AFAM, was meine erste Idee zum Firmennamen gewesen war: Agentur für alles Mögliche. Der Auftrag, wegen dem wir hier auf der Lauer und uns außerdem ständig in den Haaren lagen, war unser erster. Wir durften ihn unter keinen Umständen vermasseln.
Angeblich hing das Herz von Bauer Krempel so sehr an seiner schönen Marie Antoinette, dass er bereit war, ein Mehrfaches ihres Marktwerts für die Wiederbeschaffung zu bezahlen. Marie Antoinette war übrigens nicht entlaufen, sondern entführt worden. So viel wussten wir immerhin schon mal.
In der Nachbarschaft von Bauer Krempel erfuhren wir nämlich einige interessante Details. Die alte Frau Petersen, die glücklicherweise unter Schlaflosigkeit litt, sah zum Beispiel in der Nacht von Marie Antoinettes Verschwinden einen Pferdetransporter zu seinem Hof rollen und kurz darauf wieder zurück. Leider konnte sie das Kennzeichen nicht lesen, weil sie schwer kurzsichtig war. Ihr Sohn Egon, der nicht besonders intelligent, dafür aber umso redseliger war, behauptete, bei dem ungeliebten Nachbarn gehe es auch sonst nicht mit rechten Dingen zu. Einen sündteuren Traktor habe der seit Neuestem, den größten und stärksten weit und breit, und einen fetten Mercedes gleich noch dazu. Außerdem fuhren bei unserem Auftraggeber alle paar Tage Möbelwagen vor, alle kanariengelb und mit französischen Nummernschildern, seit vielen Wochen ging das angeblich schon so.
Zwei der Kennzeichen hatte Frau Petersens Sohn netterweise mit dem Handy fotografiert, und deshalb saßen Marc und ich jetzt hier in diesem öden Industriegebiet am Stadtrand von Reims. Die Möbelwagen waren nämlich auf die S. Levèvre SNC zugelassen. Bis auf die Anschrift und eine Telefonnummer war im World Wide Web seltsamerweise nichts über diese Firma zu finden. Wenn man dort anrief, landete man auf einer Sprachbox, und wenn man eine Nachricht hinterließ, rief nie jemand zurück.
Auf dem großen Firmengelände bewegte sich nur selten etwas. Wenn, dann die ungewöhnlich zahlreichen Wachmänner, die allesamt aussahen wie Arnold Schwarzenegger in jungen Jahren und in regelmäßigen Abständen auf dem Gelände patrouillierten, und die auffallend vielen Überwachungskameras, die überall montiert waren und manchmal hin und her schwenkten. Über der ohnehin schon hohen Mauer war noch jede Menge Stacheldraht angebracht. Wenn die hier wirklich etwas mit Kühen zu tun haben sollten, was ich längst nicht mehr glaubte, dann mussten es verdammt wertvolle Kühe sein.
»Als Kapitalist muss man erst mal investieren, damit man später was verdienen kann«, dozierte ich, nur um Linda zu ärgern. »So funktioniert unser System nun mal.«
Linda hasste den Kapitalismus wie die Pest, und ich hasste ihre ewigen pseudolinken Sprüche. Im Grunde übernachtete sie nämlich auch ganz gerne in teuren Hotels oder verzehrte mit großem Appetit vielgängige Menüs in Sternerestaurants. Sie wollte es nur nicht zugeben.
»Siebenhundertfünfzig Euro haben wir allein für deinen Technikkram bezahlt«, rechnete sie mir zum ich weiß nicht wievielten Mal vor und fuhr sich unwirsch durch das lange hexenrote Haar, »hundertzwanzig wird uns der Mietwagen kosten, wenn’s reicht, fünfhundertdreißig Kilometer sind wir schon gefahren, und dein Scheißlieferwagen hat einen Spritverbrauch wie ein Düsenjäger und …«
»Fünfhundertfünf laut Google«, korrigierte ich.
»Fünfhundertdreißig, weil du bei Düsseldorf falsch abgebogen bist.«
»Da tut sich was.«
Sofort war sie still, beobachtete wie ich auf dem Siebzehn-Zoll-Bildschirm meines nagelneuen und sensationell schnellen Notebooks, wie das schwere hellgraue Gittertor, das die Einfahrt zum Firmengelände versperrte, gemächlich zur Seite glitt. Wie ein dunkelgrüner Lieferwagen aufs Gelände fuhr. Wie das Tor sich wieder schloss.
»Mist«, sagte Linda, »ich konnte die Aufschrift nicht lesen.«
»Tja.« Endlich konnte ich zeigen, wozu mein Technikkram gut war. Wir saßen uns nämlich nicht etwa wie klassische Detektive in einem Auto den Hintern platt und beobachteten durch ein Loch in der Zeitung, was um uns herum geschah. Vor dem Tor der S. Levèvre SNC parkte ein Peugeot 204, ein Mietwagen mit französischem Kennzeichen, auf dessen Armaturenbrett eine winzig kleine Videokamera mit Leica-Objektiv, Funkübertragung und diversem anderem Schnickschnack montiert war. Wir selbst saßen über hundert Meter davon entfernt gemütlich in unserem geräumigen Lieferwagen und konnten alles live und in Farbe sehen, was die Kamera aufnahm.
»Ich kann zurückspulen, während die Aufzeichnung weiterläuft.«
Die Software erlaubte es außerdem zu zoomen, und plötzlich war der Name auf dem grünen Transporter problemlos zu lesen. Er gehörte Rosalis Catering, einer Firma, die vermutlich die Kantine von S. Levèvre SNC belieferte. Was Linda daran erinnerte, dass sie immer noch hungrig war.
Fünf Minuten später kletterte ich aus unserem zugegebenermaßen nicht unbequemen Lieferwagen. Ich brauchte dringend etwas, um das Loch in meinem Magen zu stopfen. Hoffentlich gab es in diesem von Gott verlassenen Industriegebiet irgendwo ein Lebensmittelgeschäft oder wenigstens einen Kiosk.