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Es ist wichtig, im alltäglichen Chaos das eigene Glück als Leitstern im Blick zu behalten. Aber mitunter verschwindet es hinter Wolken, sodass wir die Orientierung verlieren. Das mag uns nicht immer sofort auffallen. Doch irgendwann kommt die Zeit, in der Unruhe und Unzufriedenheit uns zwingen, die eigene Ausrichtung zu überprüfen. Dann fragen wir uns: Was macht mich eigentlich glücklich? Auf der Suche nach Antworten begleitet Sie das Buch von Silke Heimes. Es lädt Sie ein, sich schreibend Ihren Bedürfnissen, Wünschen und Zielen zu nähern, um zu erkennen, wie Ihr ganz persönliches Glück aussieht. Interaktiv und in kleinen Etappen erfahren Sie anhand von 141 Schreibübungen viel über sich selbst und das Glück der kleinen Dinge. Unterstützt werden Sie zudem von einem siebenwöchigen Glückstagebuch mit 33 zusätzlichen Schreibübungen, sodass Sie Ihrem ganz persönlichen Glück am Ende ein Stück nähergekommen sind.
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Seitenzahl: 186
Veröffentlichungsjahr: 2024
Für Sven
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Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com
ISSN 2750-6576
ISBN 978-3-647-99286-0
EINLEITUNG
IWAS IST GLÜCK ÜBERHAUPT?
Erste Ideen zu Ihrem Glück
Sie dürfen das Glück gern umzingeln
Vom Alltags- und Lebensglück
Was Sie glücklich macht
Eine kurze Geschichte des Glücks
IIWELCHE GESCHICHTE HAT IHR GLÜCK?
Wie sieht Ihre persönliche Glücksbiografie aus?
Steht das Müssen Ihrem Glück im Weg?
Was bedeuten Ihnen Glücksbringer?
Hatten Sie schon einmal Glück im Unglück?
Gelingt es Ihnen, das fliehende Glück zu fangen?
IIIGLÜCK ODER EINSTELLUNGSSACHE?
Wie ist Ihre Einstellung zum Glück?
Zum Glück selbstbestimmt
Geben Sie dem Glück eine Chance
Wir als kindliche Glückssucher
IVDAS ERFORSCHTE GLÜCK
Was hat Glück mit Forschung zu tun?
Macht Geld Sie glücklich?
Glück können Sie lernen
Glückliches Gehirn, glücklicher Körper
VWELCHE WEGE GIBT ES ZUM GLÜCK?
Das Glück des Denkens
Das Glück unserer Sinne
Das Glück der Gewohnheit
Das Glück der Veränderung
VIJEDES GLÜCK HAT SEINE ZEIT
Vom Glück der Faulheit
Der Weg ist das Glück
Das Glück des Augenblicks
Spielend glücklich
VIIGLÜCKLICH IST …
… wer sein Glück teilt
… wer Sinn empfindet
… wer er selbst ist
… wer sich dafür entscheidet
VIIIIHR PERSÖNLICHES GLÜCKSTAGEBUCH
1. Woche Ihres Glückstagebuchs
2. Woche Ihres Glückstagebuchs
3. Woche Ihres Glückstagebuchs
4. Woche Ihres Glückstagebuchs
5. Woche Ihres Glückstagebuchs
6. Woche Ihres Glückstagebuchs
7. Woche Ihres Glückstagebuchs
Test: The Satisfaction with Life Scale
NACHWORT
ANMERKUNGEN
LITERATUR
»Jeder hat sein eigen Glück unter den Händen, wie der Künstler die rohe Materie, die er zu einer Gestalt umbilden will. Aber es ist mit dieser Kunst wie mit allen; nur die Fähigkeit dazu wird uns angeboren, sie will gelernt und sorgfältig ausgeübt sein.«1
(Johann Wolfgang von Goethe, 1749–1832, deutscher Dichter)
Wie finde ich heraus, was mich glücklich macht, und wie kann ich mein Leben so gestalten, dass ich dieses Glück erfahre? Obwohl diese Frage uns wahrscheinlich alle umtreibt und schon zahlreiche Generationen vor uns überall auf der Welt beschäftigt hat, dürften die Antworten sehr individuell ausfallen und manchmal sogar nur temporär sein. Mit fünf Jahren macht uns wahrscheinlich etwas anderes glücklich als mit fünfzig. Obwohl es vielleicht auch Dinge gibt, die uns als Kind glücklich gemacht haben und es heute noch tun, wie ein Lächeln, eine liebevolle Geste oder Zeit, die wir mit geliebten Menschen verbringen.
So individuell das Glück auch sein mag, wird es ebenfalls Dinge geben, die viele von uns glücklich machen, wie ein sicheres und geborgenes Zuhause, Menschen, die sich um uns kümmern, eine erfüllende und sinnstiftende Tätigkeit, ausreichend zu essen. Vermutlich erfreuen sich auch viele von uns am Anblick eines Schmetterlings, einer bunten Blume oder eines Regenbogens.
Spätestens bei dieser Aufzählung dürfte klar sein, dass es unterschiedliche Formen vom Glück gibt: das Glück des Augenblicks, ein dauerhaftes Lebensglück, das Zufallsglück, ein Sinnenglück, ein Wohlfühlglück und jedes Glück, das Ihnen jetzt gerade einfällt und Ihnen vielleicht schon widerfahren ist oder in Zukunft begegnen wird.
In jedem Fall halte ich es für ein großes Glück, dass Sie zu diesem Buch gegriffen oder es geschenkt bekommen haben. Ebenfalls als großes Glück empfinde ich, dass Sie sich fürs Schreiben interessieren und es unter Umständen sogar schon seit längerer Zeit tun. Denn bereits das Schreiben über schöne Augenblicke stimuliert unser Gehirn und kann uns glücklich machen.2
Wie ist es denn aktuell um Ihr Glücksbarometer bestellt? Da Sie zu diesem Buch gegriffen habe, schlussfolgere ich, dass eine Schönwetterperiode schon etwas länger ausgeblieben ist. Damit Sie feststellen können, dass sich daran allein durch die Beschäftigung mit dem Glück etwas verändert, finden Sie hinten im Buch einen Test (»The Satisfaction with Life Scale«, S. 202 ff.), der Ihr persönliches Glücksempfinden erfasst. Es bietet sich an, diesen Test zweimal zu machen: das erste Mal jetzt, vor der Lektüre, und dann ein zweites Mal, nachdem Sie das Buch beendet haben.
Wir werden in diesem Buch das Glück gemeinsam aus vielen Perspektiven betrachten, es einsammeln, wo es sich uns anbietet; es aus den Winkeln locken, in denen es sich versteckt. Gemeinsam werden wir das Glück schreibend suchen, herausfordern, umkreisen und immer wieder in unser Leben einladen, um immer mehr glückliche Momente ganz bewusst wahrzunehmen.
Ich stelle mir das Glück wie eine Patchworkdecke vor: Je mehr lebendige und glückliche Stoffstücke ich in die Decke nähe, umso bunter und glücklicher wird mein Leben. Und wenn das arabische Sprichwort »Glück besteht in der Kunst, sich nicht zu ärgern, dass der Rosenstrauch Dornen trägt, sondern sich zu freuen, dass der Dornenstrauch Rosen trägt« stimmt, wird mir das auch gelingen, weil ich mit meiner Sichtweise zu meinem Glück beitragen kann.
Bestimmt kennen Sie die Redewendung »Jeder ist seines Glückes Schmied«. Darin steckt für mich nicht nur die Aufforderung, sein Leben und Glück selbst in die Hand zu nehmen, sondern zugleich das Vertrauen, dass wir dazu in der Lage sind.
Ob und wie es uns gelingt, glücklich zu sein, hängt von zahlreichen Faktoren ab, unter anderem von unserer Sozialisation. Leider gibt es ganze Generationen, denen schon früh beigebracht wurde, dass man sich das Glück hart erarbeiten oder sich des Glückes würdig erweisen muss. Das führt zwangsläufig dazu, dass wir uns immer wieder fragen, ob wir genug für unser Glück getan, ob wir es verdient haben. Ob wir es wert sind, glücklich zu sein. Hier die gute Nachricht: Sie haben alles Glück der Welt verdient! Einfach so, ohne dass Sie sich dafür anstrengen oder großartige Leistungen vollbringen müssen. Einfach, weil es Sie gibt und Sie sind, wie Sie sind.
Ich selbst bin mit der Annahme großgeworden, Hedonismus sei etwas Verwerfliches, bis ich für dieses Buch eingehend recherchiert und festgestellt habe, dass es sich dabei um eine philosophische Strömung handelt, in der es um ein erfülltes Leben im Hier und Jetzt geht. Nun denke ich nicht mehr, dass Hedonismus schlecht ist, sondern vielmehr, dass wir alle viel hedonistischer sein sollten, um im Hier und Jetzt glücklich zu werden. Was genau es mit dem Hedonismus auf sich hat, lesen Sie in Kapitel I.
Weitere Fragen und Themen, die uns beschäftigen werden, drehen sich darum, was Glück ist und wer darüber entscheidet, was uns glücklich macht. Freunde, Nachbarn oder Fremde, die uns vermitteln, dass wir glücklich sein müssten, weil wir vermeintlich alles haben, was wir brauchen? Oder der Happy Planet Index, der in der Forschung verwendet wird und bei dem Geld und Wohlstand eine große Rolle spielen?
Ohne spoilern zu wollen, sei hier schon einmal angemerkt, dass Geld nur insoweit glücklich macht, wie wir es für unsere Existenzsicherung brauchen. Lottospieler sind zwei Jahre nach ihrem Gewinn nicht glücklicher als vorher und Studierende, die Geld finden, sind ebenfalls nur kurz zufriedener als ihre Kommilitonen, die keines gefunden haben.3
Während der Begriff des Glücks und die damit verbundenen Vorstellungen und Ideen einem zeitlichen Wandel unterliegen, scheint das Streben danach alle Zeiten zu überdauern. In den USA wurde bereits 1776 »The Pursuit of Happiness« in der Unabhängigkeitserklärung festgehalten und in Bhutan wurde 2008 das Bruttonationalglück in der Verfassung verankert. Einen ähnlichen Weg gingen Ecuador und Bolivien, die das indigene Prinzip eines guten Lebens (sumak kawsay) in ihre Verfassungen aufnahmen. Und in Deutschland wurde immerhin im Bundestag eine Kommission eingerichtet, die nach einer neuen Messzahl für Wohlstand und Fortschritt jenseits von Wachstum und Bruttosozialprodukt suchen soll.
Neben der Frage nach dem Einfluss, den Geld auf unser Glück hat, werden wir uns mit unterschiedlichen Weisheiten und Philosophien beschäftigen, mit dem Glück des Denkens ebenso wie mit dem der Faulheit. Schreibend denken wir darüber nach, was Gewohnheiten zu unserem Lebensglück beitragen und wie viel Veränderung es braucht, um glücklich zu bleiben. Wir sehen uns an, was geteiltes Glück mit uns macht und was Glück in unserem Körper und Geist auslöst. Wir fragen uns, warum Kinder die perfekten Glückssucher sind und welche Bedeutung ein selbstbestimmtes Leben für unser Wohlbefinden hat.
Schreibend und staunend halten wir die Augen offen und suchen und finden unser Glück überall. Gerade jetzt, auf dem Weg zu meinem Lieblingscafé, in dem ich schreibe, habe ich einen Cent gefunden. Obwohl ich nicht sicher bin, ob der noch genauso viel Glück bringt wie ehedem der Pfennig, will ich das gern glauben. Und das allein macht mich glücklich und offen für weiteres Glück, sodass ich beim Betreten des Cafés lächele, woraufhin die Bedienung zurücklächelt und wir beide einen Glücksmoment teilen.
Um möglichen Missverständnissen vorzubeugen: Hier geht es nicht darum, die Dinge auf Teufel komm raus positiv zu sehen und Schwieriges auszublenden, sondern um ein Sowohl-als-auch, ein Trotzdem und ein Dennoch. Es geht darum, dass wir alle sowohl Glück als auch Unglück erfahren und es gut ist, das Glück ebenso in unser Leben zu lassen wie das Unglück, indem wir uns darin üben, gute Augenblicke zu sammeln, um schwere Zeiten besser zu überstehen. Wie die kleine Feldmaus in dem Kinderbuch »Frederick«4, die im Sommer Sonnenstrahlen, Farben und Wörter als Vorräte für kalte, graue Wintertage sammelt.
Das Stiftsymbol, das Sie durch das Buch leitet, soll Ihnen als Schreibimpuls dienen. Immer wenn es auftaucht, sind Sie herzlich eingeladen, sich schreibend mit den Themen und Fragen auseinanderzusetzen, um die es in dem jeweiligen Abschnitt geht. Sie können das Buch chronologisch durchgehen und die Übungen in der Reihenfolge durchführen, in der sie Ihnen begegnen, oder Sie springen zu den Kapiteln, die Sie aktuell am meisten interessieren, und finden eine für Sie passende Reihenfolge.
Sie können alle Übungen zu jedem Zeitpunkt machen und so oft wiederholen, wie Sie mögen. Selbstverständlich können Sie auch Übungen weglassen. Wichtig ist mir zu betonen, dass Sie nichts müssen, aber alles dürfen. Bitte entwickeln Sie nicht den Ehrgeiz, alle Übungen absolvieren zu müssen. Vertrauen Sie darauf, dass durch die Beschäftigung mit dem Buch und den Fragen automatisch etwas in Ihnen in Bewegung kommt – selbst dann, wenn Sie keine einzige Zeile schreiben.
Vielleicht haben Sie auch Lust darauf, Übungen zusammen mit anderen durchzuführen und sich über Ihre Texte, Gedanken und Gefühle auszutauschen. Am besten sammeln Sie Ihre Texte und versehen Sie mit einem Datum, sodass Sie alles jederzeit nachlesen können. Das ermöglicht es Ihnen, mit zeitlicher Distanz über bestimmte Dinge noch einmal nachzudenken und Ihre Gedanken und Gefühle zu ergänzen und zu variieren. Bewahren Sie Ihren Textschatz, der zugleich eine Sammlung von Anregungen dafür ist, was Sie benötigen, um glücklich zu sein, sowohl im Hier und Jetzt als auch auf lange Sicht. Falls Sie bei Ihrer Suche nach dem persönlichen Glück gern in einem strengeren Rahmen agieren, der Halt, Struktur und Reflexionsmomente einräumt, ist das Glückstagebuch am Ende des Buchs (S. 181 ff.) eine zusätzliche Hilfestellung. Es begleitet die Suche nach Ihren individuellen Glücksfaktoren über sieben Wochen bis zur Umsetzung im Alltag und fördert nachhaltige Veränderung.
Ich möchte Sie einladen, Ihre persönliche Reise zum Glück so zu gestalten, dass diese für Sie stimmig wird. Es gibt keine allgemeingültige Gebrauchsanweisung für das Glück oder die Suche danach. Entscheidend ist, was Sie denken, fühlen und empfinden und dass Sie sich auf die Suche nach Ihrer ganz persönlichen Glücksformel machen, die sich im Lauf Ihres Lebens auch verändern kann. Die gute Nachricht ist: Wenn Sie einmal in der Lage waren, Glück zu empfinden, können Sie das jederzeit wieder. Ich wünsche Ihnen viele glückliche Momente, wichtige Erkenntnisse und viel Spaß auf Ihrer Entdeckungs- und Schreibreise. Alles erdenklich Gute und viel Glück!
Ihre
»Da es sehr förderlich für die Gesundheit ist, habe ich beschlossen, glücklich zu sein.«5
(Voltaire, 1694–1778, französischer Schriftsteller und Philosoph)
Wie in der Einleitung bereits angemerkt, gibt es keine einheitliche oder verbindliche Definition für das Glück. Bevor wir uns aber auf die Suche danach begeben, wollen wir dennoch einen Versuch unternehmen, herauszufinden, was Sie persönlich unter Glück verstehen. Denn je genauer Sie wissen, nach was Sie überhaupt suchen und um was es Ihnen genau geht, umso leichter wird es Ihnen fallen, danach zu streben und es zu erreichen. Nur wenn Sie eine Idee haben, was Glück für Sie bedeutet, und ahnen oder wissen, was Sie glücklich macht, können Sie sich darum bemühen, Ihr Leben so zu gestalten, dass Sie glücklich werden.
Um Ihnen die Beschäftigung mit dem Begriff zu erleichtern, bekommen Sie in den nächsten Kapiteln einige Impulse für Ihre Überlegungen, wobei ich betonen möchte, dass es vor allem darum geht, was Sie selbst denken und fühlen. Deswegen werden Sie bereits in den nächsten Abschnitten ausreichend Gelegenheit zum Schreiben, Denken und Fühlen bekommen. Auch an dieser Stelle sei noch einmal angemerkt, dass Sie nicht alle Übungen machen müssen. In dem Buch geht es nicht darum, irgendeine Leistung zu erbringen, sondern es geht um Sie, Ihre Erkenntnisse, Ihr Wohlbefinden und Ihr Glück. Also verlegen Sie sich darauf, die Übungen zu machen, auf die Sie Lust haben und die Sie ansprechen.
»Gott, was ist Glück? Eine Grießsuppe, eine Schlafstelle und keine körperlichen Schmerzen, das ist schon viel.«6
(Theodor Fontane, 1819–1898, deutscher Schriftsteller und Apotheker)
Bevor wir uns mit dem Begriff des Glücks und verschiedenen Definitionen dazu auseinandersetzen, will ich Sie einladen, selbst erst einmal frei und spontan zu assoziieren und zu notieren, was Ihnen als Erstes in den Sinn kommt, wenn Sie das Wort »Glück« lesen oder hören beziehungsweise ans Glück denken.
Beginnen Sie mit den Worten »Glück ist …« und notieren Sie fünf Minuten lang alles, was Ihnen einfällt, unsortiert und ungefiltert. Lassen Sie den Stift über das Papier gleiten. Selbst wenn es Sie in andere Gefilde treibt, lassen Sie es zu. Alles, was in diesem Moment kommt, ist perfekt.
Wussten Sie, dass unsere Seele 21 Gramm wiegt? Diese Meldung erschien am 11. März 1907 in der New York Times. MacDougall, ein Arzt aus Haverhill (Massachusetts), beschäftigte sich mit der Natur der Seele und baute eine Präzisionswaage, mit der er bei Sterbenden im Moment des Todes einen Gewichtsverlust von 21 Gramm feststellte. Das, so schlussfolgerte er, muss das Gewicht der im Tod entweichenden Seele sein.7
Einen anderen Begriff der Seele gibt der Psychologe Steve Ayan: »Eine Seele ist etwa 20 Zentimeter lang, kostet 95 Cent und übersteht selten die Mittagspause.«8 Er ergänzt, dass dieses kross gebackene Baguette mit Salz und Kümmel besonders im süddeutschen Raum verbreitet ist, womit die empirisch, wissenschaftlich gesicherte Bedeutung des Wortes bereits aufhöre.
Da unsere Seele ziemlich sicher etwas mit unserem Glücksempfinden zu tun hat, wollen wir uns diesem Begriff nun ebenso assoziativ annähern wie dem des Glücks.
Notieren Sie spontan Begriffe und Assoziationen zum Thema Seele. Vielleicht mögen Sie folgenden Halbsatz als Einstieg nehmen: »Wenn meine Seele frei ist, …«
Wie Sie es wahrscheinlich schon selbst erlebt haben, hängt das Glück immer auch von der Perspektive ab. Was für einen ein großes Glück ist, kann für einen anderen ein großes Unglück sein. Bruno Heller9 schreibt, dass die Menschheit einem Meteor zu verdanken ist, der vor 65 Millionen Jahren die Erde traf und die Saurier zum Aussterben brachte. Erst danach konnten sich Säugetiere, Primaten und unsere Urahnen entwickeln. Für die Dinosaurier ein großes Unglück, für uns ein großes Glück. Pech und Glück sind also relative Größen, die vom Bezugspunkt abhängen, der je nach Situation und Kontext wechseln kann.
Für den französischen Philosophen Frédéric Lenoir besteht die Schwierigkeit, das Glück zu fassen, darin, dass es einen so wandelbaren Charakter hat und je nach Kultur, Mensch und Lebensphase ein anderes Gesicht. Hinzu komme eine subjektive Dimension: »Ein Künstler ist glücklich, wenn er seine Kunst ausübt, ein Intellektueller will mit Gedanken spielen, ein Gefühlsmensch braucht die Liebesbeziehung.«10
Wann sind Sie besonders glücklich? Schreiben Sie wieder so spontan wie möglich. Denken Sie daran, dass es sich um eine Momentaufnahme handelt, die Sie jederzeit ergänzen und ändern können. Wenn Sie mögen, nehmen Sie als Impuls den aus obigem Zitat abgeleiteten Halbsatz: »Ein Künstler ist glücklich, wenn er seine Kunst ausübt, ein Denker spielt mit Gedanken und ich bin glücklich, wenn …«
Lenoir ist der Überzeugung, dass jeder Mensch an seinem Glück arbeiten kann, indem er über sein Leben nachdenkt, kluge Entscheidungen trifft und sein eigenes Welt- und Selbstbild beständig überdenkt. Ich stimme ihm zu und glaube außerdem, dass das schreibend noch besser gelingen kann als ausschließlich denkend, weil man auf diese Weise einen guten Überblick bekommt und über einen längeren Zeitraum seine eigene Entwicklung verfolgen kann. Dadurch kann man besonders intensiv und nachhaltig beobachten, was einen glücklich macht und wie man sein Leben gestalten muss, um den flüchtigen und wandelbaren Charakter des Glücks immer wieder einzufangen und womöglich sogar zu einem dauerhaften Zustand werden zu lassen.
Deswegen finden Sie am Ende des Buches auch Ihr persönliches Glückstagebuch (S. 181 ff.), mit dessen Hilfe Sie über sieben Wochen noch genauer herausfinden können, was Sie glücklich macht, um das in einem zweiten Schritt in Ihr Leben zu integrieren. Ich bin mir sicher, dass Ihnen das auch gelingen wird. Nicht immer, aber immer wieder und vielleicht zunehmend leichter. Wenn Sie dranbleiben, Ihr persönliches Glück zu untersuchen, werden Sie nämlich zunehmend besser wissen, was Sie brauchen, um Momente des Glücks zu erfahren und Ihr Leben so auszurichten, dass Glück möglich wird.
Ich weiß nicht, wie das bei Ihnen ist, aber ich habe, wie in der Einführung angesprochen, den Hedonismus bisher immer für fragwürdig gehalten. Ein hedonistischer Mensch, so meine irrige Annahme, ist jemand, der vergnügungssüchtig ist und im Streben nach Befriedigung seiner Bedürfnisse weitgehend rücksichtslos. Mit dieser etwas verzerrten Vorstellung stehe ich allerdings keineswegs allein da, denn heutzutage ist der Begriff des Hedonismus eher negativ konnotiert, wie man bei einer Recherche im Internet leicht feststellen kann. Dort findet man auch die Theorie der hedonistischen Tretmühle, die Idee eines hedonistischen Wohlbefindens, bei dem es einzig darum gehe, so viele positive Emotionen wie möglich zu erleben. Das wiederum könne leicht in eine Tretmühle führen, in der man beständig dem Glück nachjagt und es dabei im Hier und Jetzt verpasst.11
Bei eingehenderer Recherche wird man jedoch feststellen, dass es sich beim Hedonismus um eine philosophische Strömung der Antike handelt, deren Anhänger ein glückliches und erfülltes Leben anstrebten. Einer der Begründer des Hedonismus war Aristippos von Kyrene, ein Zeitgenosse Sokrates’, der wegen der Endlichkeit des Lebens dafür plädierte, alle Chancen des Lebens anzunehmen.12
Neben Aristippos von Kyrene galt Epikur als bekennender Hedonist. Er prägte den Begriff der Ataraxie, ein Zustand, den man als Seelenruhe bezeichnen könnte. Dabei betonte er die Relevanz von Gelassenheit für unser Glück und dachte damit ähnlich wie Seneca und Augustinus, die das geglückte Leben (de vita beata13) unter anderem als Ergebnis von Gelassenheit ansahen.
Was fällt Ihnen zum Thema »Hedonismus« ein? Was haben Sie bisher darüber gedacht und was denken Sie jetzt? Wo auf einer Skala von 1 bis 10 würden Sie sich verorten, wenn 10 den absoluten Hedonismus darstellt? Woran machen Sie das fest und wie wollen Sie das in Zukunft handhaben?
Bleiben wir noch ein wenig bei dem Gedanken, ein möglichst glückliches Leben führen zu wollen. Um das zu erreichen, könnte man auf die Idee kommen, ein Maximum an Vergnügen anzustreben und alles, was Unlust bereitet, so gut wie möglich zu vermeiden. Was zunächst logisch klingt, hat allerdings so seine Tücken. Denn die Erfahrung zeigt, dass etwas, das im Augenblick angenehm sein kann (Wein trinken), in der Zukunft durchaus unangenehme Konsequenzen haben kann (Kopfschmerzen, Fettleber). Die Maxime des maximalen Vergnügens scheint als Richtschnur für unser Glück also nur bedingt geeignet.
Bedenken wir zudem, dass es Umstände gibt, die unserem Wunsch nach Glück entgegenstehen wie Krankheiten, Verluste, Scheitern und andere Ereignisse, die nicht oder nur bedingt unserem Einfluss unterliegen, gerät das Konzept schnell an seine Grenzen. Dann könnte es helfen, den Blick auf das Ganze zu richten, statt nur nach einzelnen Gefühlslagen zu fragen. Statt uns danach zu richten, was uns, ungeachtet der Konsequenzen, das reine Vergnügen bereitet, könnten wir als Richtschnur die Frage nehmen, ob wir mit unserem Leben im Großen und Ganzen einverstanden sind.
Sind Sie mit Ihrem Leben im Großen und Ganzen einverstanden? Woran machen Sie das fest?
»Das Glück ist im Grunde nichts anderes als der mutige Wille, zu leben, indem man die Bedingungen des Lebens annimmt.«14
(Auguste-Maurice Barrès, 1862–1923, französischer Schriftsteller, Journalist und Politiker)
Nachdem wir uns zunächst eher frei und assoziativ um das Glück gekümmert haben, wollen wir uns den Begriff nun etwas genauer ansehen. Wie bereits herausgefunden, gibt es Dinge, die Sie kurzzeitig glücklich machen, und solche, die langfristig zu Ihrem Glück beitragen, und es gibt Dinge, auf die Sie Einfluss haben, und solche, die sich Ihrem Einfluss entziehen. Diese Unterscheidungen halte ich für wichtig, um kluge langfristige Entscheidungen zu treffen. Nur wenn ich den Unterschied kenne, kann ich mich im Hier und Jetzt gegen etwas entscheiden, das mich vielleicht nur kurzfristig glücklich macht, zugunsten von etwas, das mir auf lange Sicht mehr Zufriedenheit und Wohlbefinden verspricht. Zudem müssen wir dann keine wertvolle Energie darauf verschwenden, das Glück in Bereichen zu suchen, auf die wir keinen oder wenig Einfluss haben. Die Unterscheidung wird auch deutlich, wenn wir uns die englischen Begriffe für Glück ansehen. To be lucky und to be happy. To be lucky meint, Glück zu haben, wie bei einem Lottogewinn, worauf wir wenig Einfluss haben, und to be happy meint, glücklich zu sein, weil man sich gut fühlt, worauf wir mehr Einfluss nehmen können.