Seattle Womanizer - Mrs Kristal - E-Book
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Mrs Kristal

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Beschreibung

In einem Netz aus Macht, Intrigen und verbotenen Gefühlen brennt die Leidenschaft stärker als je zuvor. Adam Manning gehört zu den mächtigsten und reichsten Männern von Seattle. Kaum jemand weiß, dass er neben seinem selbst geschaffenen Imperium Manning Inc. auch Boxkämpfe organisiert. Alles ändert sich, als er bei einem Kampf ausgerechnet seine persönliche Assistentin Mia trifft. Nachdem sie in sein Geheimnis eingeweiht ist, will Adam sich nicht eingestehen, wie sehr er sich zu Mia hingezogen fühlt. Und auch Mia versucht, ihren Boss auf Abstand zu halten. Doch je öfter die beiden allein miteinander sind, desto mehr zeigt ihm ihre Nähe, was ihm schon lange in seiner Ehe fehlt. Während Adam mit seinen Sehnsüchten und Schuldgefühlen ringt, stolpert Mia über ein Geheimnis, das Adams Leben grundlegend erschüttern könnte. Sein Imperium, seine Familie und seine Gefühle für Mia stehen plötzlich auf dem Spiel, und Adam wird nicht alles, was ihm wichtig ist, behalten können. Woran hängt sein Herz wirklich?   Band 3 der Manning Brothers-Serie ist das Endspiel der fesselnden Suche nach Liebe für die ruhmreichen Brüder des Footballs.

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SEATTLE WOMANIZER

MANNING BROTHERS 3

MRS KRISTAL

Die Manning Brüder sind für alle, die bereits an mich geglaubt haben, als ich es selbst noch nicht getan habe.

1

MIA

Das große Fabrikgebäude am Stadtrand von Seattle erstreckt sich vor mir. Die Fassade besteht aus unzähligen roten Backsteinen, die ordentlich aufeinandergesetzt wurden. Dazu kommen große Fenster, die Licht ins Innere der Halle bringen, und riesige Stahltüren, die an einer Schiene zum Schieben befestigt sind. Von diesen Hallen gibt es einige in Seattle, und der Großteil von ihnen dient für verschiedene Veranstaltungen. Unter anderem Boxkämpfe, an denen der Freund meiner besten Freundin Tammie teilnimmt.

Mein Outfit hat sich der düsteren Atmosphäre angepasst. Ich trage eine schwarze Skinny-Jeans, ein dunkelblaues Crop-Top und eine schwarze Lederjacke mit ebenfalls schwarzen Boots. Meine natürlichen Afrolocken trage ich offen. Vor der Arbeit glätte ich sie meistens oder fixiere sie mit viel Haarspray zu einem Dutt. Ich bin kein Fan dieser Frisur und eigentlich auch sehr stolz auf meine Haare, aber ich glaube, dass in den hohen Kreisen von Manning Inc. und als Assistentin des CEO diese Frisur besser ins Bild passt. Der Großteil unserer Kunden erwartet wohl ohnehin eine vollbusige Blondine vor dem Büro von Seattles wichtigstem Geschäftsmann Adam Manning. Meine afroamerikanischen Gene habe ich von meinem Vater geerbt. Diesen habe ich leider nie kennengelernt und weiß bis heute nicht, ob er weiß, dass es mich gibt. Meine leibliche Mutter war sechzehn Jahre alt, als sie mich zur Welt gebracht hat, und tief in die Drogenszene Seattles verstrickt. Meine Adoptiveltern haben mich zunächst mehrere Jahre als Pflegekind aufgenommen. Bis sie mich kurz nach meinem fünften Geburtstag adoptieren durften.

Mit Widerwillen habe ich zugestimmt, Tammie heute zu begleiten. Wir kennen uns seit dem Kindergarten. Sie lebte damals mit ihren Eltern in unserer Straße. Als wir zum College gegangen sind, haben sich unsere Wege getrennt. Tammie studierte in Seattle und ich in Portland. Meine beste Freundin brach ihr Studium nach wenigen Wochen ab und jobbte in einer Bar als Kellnerin. Mir ist es schleierhaft, warum sie das getan hat, aber wir haben so oft über das Thema gestritten, dass wir das Thema beide umschiffen. Meiner Meinung nach hat sie ihr Leben verfrüht weggeworfen. Ihrem Freund Jack gehört ein Tattoo-Studio in Seattle. Dort hilft sie manchmal aus. Angeblich läuft es sogar so gut, dass er expandieren möchte. Dann frage ich mich aber, warum er ständig die Boxkämpfe auf sich nimmt.

Für meinen eigenen Lebensweg sehe ich sowas nicht. Sicherlich war ich keine Einser-Schülerin, und auch mein Collegeabschluss war keine Glanzleistung, aber ich habe einen guten Job. Nach meinem Abschluss habe ich mich auf eine ausgeschriebene Stelle bei Manning Inc. beworben und den Job bekommen. Es ist nicht der bestbezahlte Job der Welt, aber es reicht, um mir eine Wohnung in Seattle zu nehmen, meine Lebensunterhaltskosten zu decken und meinen Studienkredit abzubezahlen. Der Collegefonds, den meine Eltern angelegt haben, hat nur das Nötigste an Kosten abgedeckt: einen Großteil der Studiengebühren und die Miete für mein Wohnheimzimmer. Für den Rest musste ich diesen furchtbaren Kredit aufnehmen. In den ersten Monaten unterstützte ich meine Vorgängerin. Als diese aber kündigte, um mit ihrem Mann nach Portland zu ziehen, habe ich ihren Job bekommen. Mr. Manning war der Meinung, dass er niemand Neues einstellen müsse. Ich hätte Cora die Monate zuvor unter die Arme gegriffen und wüsste über alles Bescheid. In den darauffolgenden Monaten und mit der Ankunft von Emilia, der Freundin seines kleinen Bruders Aiden, wurden wir zu einem richtig guten Team. Mr. Manning und ich verstehen uns sehr gut. Bereits wenige Wochen nach meinem Jobwechsel hat er mir, solange wir unter uns sind, das Du angeboten, das ich angenommen habe.

Ich mag Adam. Vermutlich mehr, als ich es sollte, und dass er in seinen maßgeschneiderten Anzügen so wahnsinnig heiß aussieht, trägt auch nicht dazu bei, dass ich ihn weniger gut finde. Es ist eine alberne Schwärmerei meinerseits, die niemals Erwiderung finden wird. Adam ist nett zu mir, aber darüber hinaus gibt es keinerlei Gespräche zwischen uns, die nicht auf die Arbeit fokussiert sind. Wir unterhalten uns meist über Belangloses, wenn wir zusammen zu Mittag essen, oder er erzählt mir von seinen Kindern. Rose ist zweieinhalb Jahre alt, und Leila ist eineinhalb. Das ist wohl der wichtigste und ausschlaggebendste Grund, dass das alles nur eine dumme Schwärmerei ist. Er ist nicht nur zweifacher Vater, sondern auch noch verheiratet. Adam ist seit dem College mit seiner Frau Julie zusammen, das sind fast fünfzehn Jahre.

Es ist absolut lächerlich, dass ich glaube, dass er mich manchmal ansieht, wie ein Mann eine Frau ansieht.

»Mia.« Tammie kommt strahlend auf mich zu. »Ich freue mich so, dass du mitkommst.«

Sie umarmt mich, und ich erwidere es. »Hi«, begrüße ich sie mit einem Kuss auf die Wange. »Danke für die Einladung. Du siehst heiß aus.«

»Ja, oder?« Tammie dreht sich einmal im Kreis und grinst mich an. Sie trägt ein schwarzes Minikleid, eine Netzstrumpfhose und darüber eine zerrissene Jeansjacke. »Ich habe mir extra viel Mühe gegeben.«

Tammie ist sicherlich nicht die klassische Schönheit, wie man sie sich vorstellt. Schon in unserer Jugend hatte sie immer wieder mit argen Gewichtsschwankungen zu kämpfen. Aktuell ist sie schlank, aber es kann binnen weniger Monate umschlagen. Sie selbst sagt, dass ihr dieser enorme Jo-Jo-Effekt nichts ausmacht. Manchmal weiß ich nicht, ob ich ihr das glauben kann. Ihre blonden Haare sind auf der linken Seite abrasiert und auf der rechten Seite schulterlang. Dazu hat sie am gesamten Körper, ausgenommen Gesicht und Hals, Tattoos.

»Das sehe ich.« Lächelnd zwinkere ich ihr zu. »Weißt du, wann Jack dran ist?«

»Er meinte, dass es vermutlich vor der ersten großen Pause so weit ist«, erwidert sie. »Wetten wir auf ihn?« Ich seufze. Tammie zerrt an meinem Arm. »Komm schon, Mia. Du kannst dich nicht immer raushalten.«

»Ich bin nicht hier, um mich an illegalen Wetten zu beteiligen, Tammie«, rüge ich sie. »Du weißt genau, was ich davon halte. Ich bin mir sicher, dass sich hier auch Dealer und Junkies rumtreiben.« Ich sehe mich um und versuche, eine Person, auf die meine Anschuldigungen passen, ausfindig zu machen. Tammie winkt immer ab, wenn ich das sage, aber ich bin mir sicher. Bei einem der Kämpfe, nicht hier, sondern in einer anderen Halle, habe ich eindeutig gesehen, dass Koks verkauft wurde. Mir ist es egal, ob andere Menschen sowas nehmen, aber ich will damit nichts zu tun haben. Und Tammie hat mir hoch und heilig versprochen, dass Jack und sie nur zum Boxen hier sind. Ich glaube ihr.

»Dealer und Junkies?« Sie verdreht die Augen, zeigt dem Security-Mann an der Tür ihren VIP-Pass und zieht mich hinter sich her in die Halle. Im Inneren ist es ohrenbetäubend laut. Ich verstehe kein Wort von dem, was Tammie sagt. »Ich wette zwanzig Dollar auf Jack.«

»Mehr ist er dir nicht wert?«, frage ich und wackle mit den Augenbrauen. Tammie verdreht die Augen und zieht mich hinter sich zu einem der Wettstände. »Er sagt immer, dass ich nicht mehr setzen soll. Immerhin kann er immer mal einen Gegner erwischen, der ihn besiegt.« Zugegebenermaßen ist Jack eine Größe in Seattles Boxszene. Er gewinnt so gut wie jeden seiner Kämpfe und kann sich mittlerweile aussuchen, ob er einen Kampf annimmt oder nicht.

»Na gut«, sage ich. »Dann gib deinen Einsatz ab.«

Tammie grinst mich nochmal an und quetscht sich durch die Menschen hindurch, um ihren Einsatz abzugeben. Ich sehe mich um und lasse meinen Blick über die vielen Menschen gleiten. Es wird immer voller in der Halle. Tammie und ich haben Plätze ganz am Rand des Boxrings, sodass sie nach dem Kampf schnell zu Jack kann. Neben unzähligen Frauen, die vermutlich auf eine Nacht mit einem der Boxer aus sind, sind auch viele Männer anwesend. Ich möchte wetten, dass sie alle auf ihren Liebling setzen und sich mit ihren Gesprächen hochschaukeln, wer dabei das beste Näschen hatte. Ein gutes Näschen haben und Drogen sind nicht so weit voneinander entfernt. Ich sollte wirklich aufhören, Drogen und diese Kämpfe in einen Topf zu werfen.

Tammie kann mir erzählen, was sie will, aber solche Veranstaltungen sind für Drogen prädestiniert.

»Ich bin wieder da«, ruft meine beste Freundin. »Holen wir uns Getränke, suchen Jack, wünschen ihm viel Glück und setzen uns auf unsere Plätze?«

»Sicher«, stimme ich ihr zu und lasse mich von ihr zunächst zum Getränkestand ziehen, wo wir uns ein Bier besorgen. Unsere nächste Station ist ihr Freund, der umringt von ein paar Männern steht und von seinem Trainer und Freund Walker die Hände bandagiert bekommt.

»Hi, Baby«, meint Tammie, und ich muss grinsen, weil Jack es hasst, wenn sie ihn in der Öffentlichkeit so nennt. »Mia und ich wollen dir viel Glück wünschen.« Jack zieht Tammie an sich und küsst sie unanständig vor den Augen aller Anwesenden. Ich seufze verzückt auf und wünschte, mich würde ein Typ mal mit solch einer Leidenschaft küssen.

Tammie löst sich von Jack und grinst mich an. »Wir können uns setzen.« Ich nicke und folge ihr durch die Halle zu unseren Plätzen, als ich eine mir sehr bekannte Person ausmache.

Wie vom Donner gerührt bleibe ich stehen. »Ach du Scheiße«, rufe ich aus und schlage mir die Hand vor den Mund.

Wenige Schritte von mir entfernt steht Adam Manning.

Mein Chef ist auf demselben Box-Event wie ich. Das kann ich nicht glauben. Ich schließe meine Augen und öffne sie wieder, um sicherzugehen, dass sie mir keinen Streich spielen. Niemals hätte ich gedacht, dass er sich fürs Boxen interessiert. In seinen Anzügen und mit seiner formellen und langweiligen Art hätte ich ihn eher in die Kategorie Schach und Golf geschoben. Aber Boxen? Ich weiß, dass er bis zu seinem sechzehnten Lebensjahr sehr erfolgreich Football auf der Position des Quarterbacks gespielt hat, so wie sein Bruder Aaron, aber nach mehreren schweren Kreuzbandrissen kam eine Profikarriere nicht mehr in Frage. Nun mischt er die Footballwelt anderweitig auf.

»Mia?«, fragt Tammie und dreht sich zu mir herum. »Wo bist du mit deinen Gedanken?«

»Mein … mein Chef«, stammle ich. »Er … er ist hier.«

Ein wenig unbeholfen deute ich in Adams Richtung, und Tammie folgt meinem Blick. Sie zieht die Augenbrauen zusammen und lacht. »Der Typ in der Lederjacke und Jeans?«, erkundigt sie sich, und ich nicke.

»Ja«, erwidere ich und bin doch selbst total überrascht von seinem Outfit. Ich habe Adam noch nie in Alltagsklamotten gesehen. Zwar begegnen wir uns einmal im Jahr auf den Geburtstagen von Emilia und Aiden, aber auch da trägt er in der Regel ein Hemd und eine schicke Hose. Ansonsten sehen wir uns nur im Büro.

»Dass der sowas im Schrank hat«, murmelt meine beste Freundin. »Er ist doch sonst immer so ein Schnösel.« Ich werfe ihr einen genervten Blick zu. Auch wenn sie recht hat mit ihren Worten. »Sagst du hallo?«

»Nein?«, erwidere ich, und mein Puls beschleunigt sich. Natürlich sage ich Adam nicht hallo. Wie bescheuert sieht das bitte aus, wenn ich ihm hallo sage? Er ist mein Chef und sicherlich nicht erpicht darauf, mich in seiner Freizeit zu sehen. »Auf keinen Fall sage ich ihm hallo. Am besten verschwinden wir in entgegengesetzte Richtung und –«

»Aber unsere Plätze sind dort.« Tammie zeigt in die Richtung, in der Adam steht, und ich werfe den Kopf in den Nacken. »Tammie«, jammere ich. »Das kann doch nicht wahr sein. Es sieht seltsam aus, wenn ich an ihm vorbeigehe und –«

»Wieso?«, fragt sie. »Es ist ja nicht so, dass du seinetwegen hier bist, oder?«

»Das wäre ja noch schöner«, zische ich. »Ehrlich, ich … ich kann nicht an ihm vorbeigehen.«

»Jetzt mach dich nicht lächerlich«, meint Tammie und greift nach meiner Hand. Sie will sich in Bewegung setzen, aber ich bleibe stehen. »Mia, verdammt. Komm jetzt, bitte.«

»Ich kann nicht an ihm vorbeigehen. Was … was ist, wenn er mich sieht?«

»Dann sieht er dich«, stöhnt sie und ist zunehmend genervt. »Wen interessiert es?«

»Mich«, halte ich dagegen und Tammie auf. »Tammie, bitte. Er ist mein Boss und einer der einflussreichsten Männer Seattles. Ich darf nicht von ihm gesehen werden. Wer weiß, was er hier tut?«

»Was soll er schon hier tun?«, fragt sie und zuckt mit den Schultern. »Freunde oder Bekannte treffen, ein Bier trinken und währenddessen sein Geld verjubeln. So wie all die anderen Kerle hier auch. Nur, dass er wohl mit Abstand am meisten davon hat.« Sie lacht über ihren Witz, aber mir ist nach wie vor nicht zum Lachen zumute.

Adam ist Gerüchten zufolge mittlerweile Milliardär. Wenn man einigen Zeitungsartikeln Glauben schenken mag, ist er der reichste Manning-Bruder. Was mich nicht weiter wundert, wenn ich manchmal die Abrechnungen seiner Gagen als Manager sehe. Allein an Aaron verdient er dreißig Millionen Dollar im Jahr.

»Ich glaube nicht, dass er hier ist, um sein Geld zu … verjubeln«, murmle ich. »Das ist doch gar nicht sein … sein Milieu. Er verkehrt in den besten Kreisen der Stadt und –«

»Das eine schließt das andere doch nicht aus, oder?«, meint Tammie. »Und diese Events leben von reichen Leuten wie Adam, die ihr Geld in die Boxer stecken und hochwetten.«

Ich verziehe den Mund und glaube nicht, dass er so ist. Vielleicht begleitet er auch jemand, so wie ich es tue.

»Können wir jetzt endlich zu unseren Plätzen gehen?«, fragt Tammie. »Bitte, Mia.«

»Können wir vielleicht außenherum gehen?«, frage ich und schaue wieder zu Adam. Ich bin mir nicht sicher, ob er mich auch gesehen hat. Wir stehen nicht so weit auseinander, dass es nicht möglich wäre.

»Du hast so einen Knall.« Tammie nimmt meine Hand, und ohne auf meine weiteren Proteste zu hören, zieht sie mich hinter sich her zu unseren Plätzen. Damit auch immer weiter auf Adam zu. Ich halte Ausschau nach seinen Brüdern, ob sie vielleicht auch hier sind. Vorstellen kann ich mir das nicht. Aaron wird zu Hause bei Louisa und ihrer Tochter Opal sein. Die Kleine ist ein halbes Jahr alt. Aiden wird ebenfalls zu Hause sein, weil Emilia hochschwanger ist mit ihrem ersten Kind.

Mit gesenktem Kopf folge ich Tammie durch die Halle, um zu unseren Plätzen zu gelangen. Dass Adam hier ist, kann ich mir nach wie vor nicht erklären. Er passt nicht hierher. Er gehört in ein schickes Restaurant am Hafen oder in einen Club in Downtown, aber doch nicht in eine stillgelegte alte Fabrik, in der Boxkämpfe ausgetragen werden.

Zu meinem Pech stoße ich mit jemandem zusammen und sehe erschrocken auf.

»Tut mir leid, ich …«, setze ich an und verschlucke mich sogleich, als ein bekanntes Paar braune Augen auf meine trifft. »… habe nicht geschaut, wohin ich laufe.«

Trotz der ohrenbetäubenden Lautstärke in der Halle breitet sich zwischen Adam und mir eine unangenehme Stille aus. Sein Blick trifft auf meinen, und er reißt erschrocken die Augen auf, als er mich erkennt. Mein Herzschlag beschleunigt sich, und ein Knoten bildet sich in meinem Bauch. Ich fühle mich verdammt unwohl in meiner Haut und möchte am liebsten wegrennen, aber er steht direkt vor mir. Das ist alles Tammies Schuld, weil sie keine fünf Meter außenherum gehen wollte.

»Hallo«, stößt er aus und mustert mich. Ich presse die Lippen aufeinander und sehe an mir runter. In so einem sexy Outfit hat er mich noch nie gesehen. Im Büro trage ich knielange Röcke und züchtige Blusen. Meine Haare habe ich ordentlich zusammengesteckt und meine natürlichen Afrolocken geglättet. Aber andersrum ist es dasselbe Bild. Für mich ist es ebenso ein wahnsinnig ungewohnter Anblick. »Was machst du denn hier?«, will er wissen.

»Ich bin mit meiner besten Freundin hier«, erkläre ich und deute auf Tammie. »Ihr Freund boxt.«

»Ihr Freund …« Adam sieht zu Tammie und mustert meine beste Freundin für einige Sekunden. Dann sieht er wieder zu mir. »Wer ist ihr Freund?«

»Jack Wellinger«, mischt Tammie sich in unser zugegebenermaßen peinliches Gespräch ein und reicht Adam die Hand. Das darf doch alles nicht wahr sein. Sie soll sich ihm nicht vorstellen, als wäre er ein Freund von mir. Er ist mein Boss! Tammie interessiert das überhaupt nicht. »Tamara Goldstein, aber alle nennen mich Tammie. Freut mich.«

»Adam«, sagt er immer noch perplex und lässt seinen Nachnamen wissentlich unter den Tisch fallen. »Freut mich auch.«

Ich muss dringend diese Unterhaltung kappen und Tammie zu unseren Plätzen schleusen. Wenn sie sich weiterhin mit Adam unterhält, wird das nicht gut für mich enden. »Wir müssen dann auch weiter«, klinke ich mich wieder in das Gespräch ein und greife nach ihrer Hand. »Es hat mich gefreut.«

»Mich auch«, murmelt Adam, und ich nicke und zerre Tammie hinter mir her zu unseren Plätzen. Das war so peinlich, und ich hoffe, dass er morgen im Büro kein Wort über dieses Treffen verliert. Aber so überrascht wie er war, ist er vielleicht auch nicht scharf darauf, dass jemand weiß, dass er hier war.

»Ich fand ihn nett«, meint Tammie und sieht mich lächelnd an. »Du nicht?«

»Halt einfach die Klappe.« Ich schüttle mit dem Kopf und nehme einen großen Schluck von meinem Bier. »Hier sind unsere Plätze.«

Ich zeige auf die Stühle und lasse mich auf einem nieder.

Mein Blick gleitet erneut durch die Halle, und ich bleibe wieder an Adam hängen. Er steht mit dem Rücken zu mir und unterhält sich mit einem Mann, den ich schon ein paar Mal bei Boxkämpfen gesehen habe. Seine Glatze schimmert im Scheinwerferlicht und seine Arme sind komplett mit Tattoos bedeckt. Er ist deutlich breiter gebaut als Adam. Er wirkt so gar nicht wie ein Kerl, mit dem Adam abhängt.

»Sag mal, Tammie …« Ich stoße meine beste Freundin an. »Wer ist der Typ neben Adam?«

Sie sieht zu ihnen und grinst.

»Das ist David … keine Ahnung, wie er weiter heißt«, erwidert sie. »Ihm gehört ein Box-Club in Seattle, und viele seiner Schützlinge boxen hier.«

»Ach ja?«, murmle ich. »Interessant.«

Es ist äußerst interessant, was Mr.Manning in seiner Freizeit treibt.

2

ADAM

Ungläubig sehe ich mich in der alten Fabrikhalle am Stadtrand von Seattle um, aber kann Mia nicht mehr entdecken. Mich hat es wie ein Schlag getroffen, als sie in mich gelaufen ist. Was macht sie hier? Klar, ihre Freundin, die scheinbar die Freundin von Jack ist, hat sie mitgebracht, aber ich hätte niemals gedacht, dass sie solche Kontakte pflegt. Nichts gegen Tammie oder Jack. Wobei ich niemals gedacht hätte, dass jemand wie Tammie ihre Freundin ist. Ich werfe heute wieder mit Vorurteilen um mich.

Aber Mia wirkt so gar nicht so, als wäre das ihr Umfeld. Mit den halbseitig abrasierten Haaren und Tattoos passt Tammie nicht zu meiner Assistentin. Aber das sage ausgerechnet ich. Ich passe wohl am allerwenigsten von allen hierher …

Mia hat mich angesehen, als wäre ich ein Geist. Nachvollziehen kann ich es sehr gut. Das hier sind absolut nicht die Kreise, in denen man einen Mann wie mich vermutet. Mich stellt man sich in einem schicken Restaurant mit Kaviar und Sportwetten der anderen Art vor. Diese Wetten mache ich auch, vor allem wenn es zu einem Geschäftsabschluss führt, aber nicht privat. Der Boxsport ist seit fast zwanzig Jahren ein Hobby von mir. Nach meinen Kreuzbandrissen in der Highschool brauchte ich ein Ventil, um mich abzureagieren, und so bin ich zum Boxen gekommen. Mir war früh klar, dass ich das niemals beruflich machen möchte, aber es gefällt mir. Über Kontakte habe ich mit siebzehn David kennengelernt. Seither ist er mein bester Freund. Er betreibt einige Fitnessstudios und einen Box-Club in Seattle. Vor zwei Jahren hat er mich das erste Mal auf diese Kämpfe, und natürlich auch die Wetten, aufmerksam gemacht. Er meinte, dass das etwas für mich wäre, und wenn ich möchte, darf ich gern auf seine Jungs wetten. Zunächst habe ich das Wetten abgelehnt, aber ihn begleitet. Mittlerweile wette ich regelmäßig und schaue in seinem Club vorbei, wie fit die Jungs sind. Jack ist in der Szene ein Shootingstar. Sowas wie meine Brüder im Football. Ehrlich gesagt glaube ich, dass er mit der richtigen Unterstützung auch professionell boxen könnte. Außerdem sieht er wahnsinnig gut aus mit seinen blonden Haaren, den eisblauen Augen und seinem von oben bis unten mit Tattoos übersäten Körper. Bisher konnte ich ihn noch nicht davon überzeugen, einen Managementvertrag sowie Sponsoringverträge mit unseren Partnern bei Manning Sport Management zu unterschreiben. Er sagt, dass er das nicht braucht und ihm sein Tattoo-Studio und das Boxen als Hobby ausreichen. Ich kann niemanden zu seinem Glück zwingen, obwohl ich mit meinem Näschen für gute Sportler, die auch noch ein hohes Maß an Attraktivität besitzen, extrem reich geworden bin. Meine Rolex ist nicht vom Himmel gefallen, und mein Bentley kommt nicht von nichts. Mit meinem Talent, Spieler zu managen, bin ich reich geworden. Reicher, als ich es als Profispieler jemals hätte werden können. Meine Brüder verdienen sehr gut, und ohne Aarons üppiges Rookie-Gehalt hätten wir Manning Sport Management niemals hochziehen können. Doch mittlerweile stellt mein Gehalt das meiner Brüder in den Schatten. Meine Tätigkeiten als Manager haben mit Aaron am College angefangen. Mittlerweile haben wir ein Imperium in Seattle geschaffen, an dessen Spitze ich sitze.

Dennoch möchte ich ab und zu auch mal mit Kumpels ausgehen, ein Bier trinken und der ganz normale Typ sein, der ich war, bevor ich meine erste Milliarde verdient habe. Manning Inc. ist vor einigen Monaten an die Börse gegangen und was soll ich sagen? Ich habe einfach ein verdammt gutes Näschen für Deals.

Ich suche die Halle wieder nach Mia ab, aber finde sie nicht. Jack ist als Nächstes dran, und ich habe zweihundert Dollar auf ihn gesetzt. Ich hätte auch fünfhundert oder tausend Dollar setzen können, aber heute war mir nicht danach. Meine Anwesenheit auf diesen Events stört niemanden, und sollte doch jemand ein Foto von mir machen, habe ich es spätestens am nächsten Tag auf meinem Schreibtisch liegen, und die Person bekommt Post von meinem Anwalt. Dass nun aber meine Assistentin hier ist, rückt das alles in ein ganz anderes Licht. Noch dazu, weil Mia unfassbar heiß aussieht. Im Büro hat sie ihre natürlichen afroamerikanischen Locken zu einem Zopf zusammengebunden und geglättet. Heute hingegen trägt sie sie offen. Es steht ihr wahnsinnig gut, und ich frage mich, warum sie sich im Büro nie so zeigt. Ich kann nur raten, aber glaube, dass sie denkt, dass ich es nicht mögen könnte. Ihr Outfit ist wow. Die enge Jeans schmiegt sich perfekt an ihre Beine und betont ihren süßen Hintern. Dazu das knappe Top und die lässige Lederjacke. Sie sieht wahnsinnig gut aus, und würde ich sie nicht kennen, wäre sie mir heute Abend sicherlich ins Auge gefallen. Was aber nicht bedeuten soll, dass ich eine der zahlreichen anwesenden Frauen anflirte und abschleppe. Zum einen, weil ich verheiratet bin und meine Frau liebe, und zum zweiten, weil es ein Skandal wäre, wenn ich dabei erwischt werden würde und die Frauen plaudern würden.

»Gehen wir zu unseren Plätzen?«, fragt David.

»Sicher«, meine ich und lächle ihn an.

David ist zwei Jahre älter als ich, siebenunddreißig, so wie ich verheiratet und hat zwei Kinder. Seine Frau Gina ist wundervoll. Ich mag sie sehr gern, während Julie meint, dass sie merkwürdig sei. Demnach können wir uns auch kaum zusammen treffen. Meine Frau möchte sich mit diesen Leuten nicht sehen lassen. Was mich tierisch ärgert, weil David mir sehr wichtig ist. Er ist mein bester Freund. Ich darf auch nichts gegen ihre Freundinnen sagen. Ich schiebe die Gedanken an Julie beiseite und wende mich wieder an David.

»Denkst du, Jack packt es heute?«, frage ich und schaue auf den noch leeren Ring.

»Klar«, meint er. »Bist du immer noch an ihm dran?«

Genervt stöhne ich auf. »Ja«, erwidere ich. »Er will nicht unterschreiben. Aber egal … Wir wollten heute nicht übers Geschäft reden.«

»Gina hat gesagt, dass wir das sowieso nicht schaffen.« Ich lache und stimme ihm zu. »Da muss ich deiner Frau zustimmen. Wo ist sie überhaupt? Wollte sie nicht mit?«

»Chiara ist krank, und Robin … er ist schwierig momentan.«

»Er ist ein Teenager«, sage ich. »Natürlich ist er schwierig. Denk daran, wie du in dem Alter warst …«

Robin ist fünfzehn und probiert sich aktuell aus. Im wahrsten Sinne des Wortes. David hatte sogar schon Sorge, dass er Drogen nimmt. Das wiederum halte ich für Blödsinn. Er ist ein kluger Junge, das macht er nicht. Er ist rebellisch und erinnert mich sehr an Aiden in dem Alter. »Mach dir keine Sorgen«, setze ich dennoch nach und klopfe meinem besten Freund auf die Schulter. »Robin ist ein guter Junge.« David nickt und lächelt mich an.

»Sag mal«, meint mein Kumpel. »Wer war eigentlich die süße Freundin von Jacks Freundin, die in dich gerannt ist?«

Ich schaue ihn erschrocken an, dass er das mitbekommen hat, und antworte ihm zunächst nicht. Unmöglich kann ich David sagen, wer sie war. Wenn er erfährt, dass ich eine blutjunge und noch dazu wunderschöne Assistentin habe, wird er mich ewig damit aufziehen. David weiß, dass die Ehe mit Julie in einer Krise steckt. Ich betrüge meine Frau nicht. Dennoch läuft es aktuell nicht. Auch im Bett. Das letzte Mal war es total verkrampft. Momentan habe ich das Gefühl, dass wir nur noch wegen unserer Töchter verheiratet sind. Sollte David jetzt erfahren, dass Mia für mich arbeitet, wird er mir nicht glauben, dass ich die Finger von ihr lasse. Wer kann es ihm verdenken? Sie ist wunderschön. »Keine Ahnung«, gebe ich mich unwissend. »Ich kenne sie nicht.«

»Na gut«, meint er, und wir setzen uns in die erste Reihe am Ring. Von hier aus haben wir den besten Blick auf das Geschehen.

Das Boxen ist eines der wenigen Dinge, denen ich neben der Arbeit und Zeit mit meiner Familie regelmäßig nachgehe. Ich arbeite an manchen Tagen zehn Stunden und länger. Absolut wahnsinnig, aber ohne dieses Pensum hätte ich es niemals so weit geschafft. Meine Arbeit macht mir Spaß, ich liebe es, Erfolge zu feiern und neue Sportler bei uns aufzunehmen.

Ich drehe meinen Kopf noch einmal und sehe Mia. Sie sitzt wenige Plätze von uns entfernt mit Tammie. Sie unterhalten sich, lachen und trinken Bier. Immer noch bin ich überrascht, dass sie hier ist und sich fürs Boxen interessiert. Es kann aber auch sein, dass sie Tammie zuliebe hier ist.

»Da ist sie ja«, ruft David und sieht mich an. »Du solltest sie ansprechen, wenn sie nochmal rüberschaut.«

»Hast du einen Knall?«, fahre ich ihn an. »Hör auf, da hinzuschauen.«

Als wären wir Teenager, und ich würde mich schämen, dass er meinen Schwarm ansieht, drehe ich sein Gesicht weg.

»Jetzt hab dich doch nicht so.« Amüsiert sieht er mich an. »Du findest sie doch auch heiß.«

»David«, zische ich und starre ihn wütend an. »Hör auf damit. Ich will ihr nicht das Gefühl geben, dass ich sie beobachte. Noch dazu bin ich verheiratet.«

»Auf dem Papier vielleicht«, spottet mein bester Freund, und ich atme tief durch. »Ich bin nicht nur auf dem Papier verheiratet«, stelle ich klar. »Und wenn du so weitermachst, erzähle ich dir nie wieder was.«

»Zwischen dir und Julie läuft doch nichts mehr seit Leilas Geburt oder sogar der Schwangerschaft?« Es ist eine rhetorische Frage, und ich presse die Lippen zusammen. »Eure Tochter ist eineinhalb.«

»Und was schlägst du vor?«, frage ich. »Soll ich sie betrügen?«

Nicht, dass ich seitdem keinen Sex mehr mit Julie hatte. Wir haben Sex, aber die Luft ist schlichtweg raus. Es ist das mechanische Rein-Raus-Spiel, das man so gut kennt. Keine Leidenschaft, kein Feuer und kein Spaß. Der veraltete Ausdruck, die Ehe vollziehen, trifft bei uns absolut zu.

»Nein«, sagt er und schüttelt mit dem Kopf. »Ich dachte, dass du mit ihr flirten könntest.«

»Und sowas sagt ein verheirateter Mann«, murmle ich und verdrehe genervt die Augen.

»Ein glücklich verheirateter Mann«, korrigiert er mich und sieht mich wissend an. »Und das ist der Unterschied, Adam. Gina und ich sind glücklich. Wir ficken wie am ersten Tag. Julie und du …«

»Lass stecken«, würge ich ihn ab. »Ich bin nicht hier, um über meine Ehe zu sprechen.«

David nickt, und ich konzentriere mich auf den Ring vor uns. Es wird laut in der Fabrik, die Lichter der Scheinwerfer flackern hell, als die Boxer einlaufen. Jack und sein heutiger Gegner, Pepe, betreten den Ring, und wir applaudieren ihnen. Nach einer kurzen Begrüßung des Moderators überlässt er den Ring dem Ringrichter sowie den Boxern.

* * *

Jack gewinnt gegen Pete und wird vom Publikum gefeiert. David und ich bahnen uns den Weg zu ihm, um ihm ebenfalls zu gratulieren. Außerdem möchte ich einen weiteren Versuch starten, ihn für Manning Sport Management zu gewinnen. Ich bin mir sicher, dass ich ihn groß rausbringen kann und ihn zu einem reichen Mann machen werde. Und mich zu einem noch reicheren. Ich glaube, dass ich ein Arschloch bin, wenn es ums Business geht. Da kenne ich kein Erbarmen, das haben auch schon meine Brüder zu spüren bekommen. Ich wäre nicht da, wo ich bin, wenn ich jeden meiner Klienten mit Samthandschuhen anfassen würde.

David und ich schaffen es zu Jack, und mein bester Freund schlägt mit ihm ein.

»Glückwunsch, Kleiner«, sagt David und drückt seine Schulter. »Du warst mal wieder unglaublich.«

»Danke«, sagt Jack und sieht zu mir. »Glückwunsch«, wiederhole ich die Worte meines besten Freundes und klopfe ihm auf die Schulter. »Ein wirklich guter Kampf von dir.«

»Danke«, erwidert er reserviert. »Darf ich dir jemanden vorstellen?«

Umso überraschter bin ich nun, dass er mir jemanden vorstellen möchte. Ich nicke, und er tippt Tammie an, die ich schon kennengelernt habe.

»Süße, ich will dir jemanden vorstellen«, sagt er, und sie dreht sich zu ihm um. Direkt neben ihr steht Mia und schaut mich an. Sie lächelt leicht, und ich erwidere es, was David nicht entgeht. Verdammt. Wenn ich mich weiterhin so verräterisch verhalte, muss ich David doch erklären, woher ich Mia kenne.

»Das ist Adam Manning«, sagt Jack, und ich würde am liebsten genervt aufstöhnen, dass er meinen vollen Namen nennt. »Adam, das ist meine Freundin Tammie.«

»Hallo«, sage ich, als hätten wir uns noch nicht getroffen.

»Wir kennen uns schon«, kichert sie und nimmt meine Hand an. »Er ist Mias Chef.«

Sie deutet auf Mia, die augenblicklich verlegen unter sich schaut. Sie wäre wohl überall lieber als hier. Mir geht es nicht anders. Wir haben beide versucht, unter den Tisch zu kehren, dass ich ihr Chef bin. Ich kann auch verstehen, dass es ihr unangenehm ist, mich getroffen zu haben. Falls sie Angst hat, dass ich falsche Schlüsse aus ihrem Besuch ziehe, muss sie keine Angst haben. Entweder sie begleitet ihre Freundin, oder wir haben das gleiche Hobby.

»Du bist ihr Chef?«, fragt David, und ich stöhne gequält auf. »Ja«, murre ich und verschränke die Arme vor der Brust. »Mia arbeitet bei Manning Inc.« Ich halte mich vage, weil ich nicht sagen möchte, in welcher Position sie genau für mich arbeitet. Wenn David das erfährt, dreht er völlig durch.

»Sag mal, Jack …«, lenke ich das Gespräch wieder auf unseren Box-Champ. »Darf ich dich auf einen Drink einladen und … nun ja … wir reden?«

David schmunzelt, dass ich mein Glück bei Jack schon wieder versuche. Immerhin habe ich schon einige Abfuhren von ihm bekommen.

»Aber klar«, antwortet Tammie für ihren Freund und grinst mich an. »Das klingt toll, oder?«

Jack seufzt und nickt. Er drückt ihr einen Kuss auf die Lippen und wendet sich wieder an mich. »Ich würde mich kurz umziehen und ein wenig frischmachen. Sagen wir in fünfzehn Minuten?«

»Sicher«, erwidere ich und lächle ihn an. Dann dreht er sich herum und verschwindet in der Masse. Tammie wendet sich an Mia, und David nimmt mich sofort in die Mangel.

»Mia arbeitet für dich?«, fragt er. »In welcher Position?«

»Sie … sie arbeitet im … im erweiterten Management.«

»Adam«, meint mein bester Freund und verschränkt die Arme vor der Brust. In dieser Haltung wirkt David direkt einschüchternder, als er vielleicht möchte. Er ist ein Baum von einem Mann. »In welcher Position arbeitet sie für dich?«

»Sie ist meine Assistentin«, gebe ich zähneknirschend zu. »Bist du zufrieden?«

»Sie ist deine …« Er reißt die Augen auf und dreht sich noch einmal herum, um nach Mia zu sehen. »Ach du Scheiße. Sie ist heiß.«

Natürlich ist sie heiß, das ist nichts Neues für mich.

»Können wir das Thema bitte lassen?«, frage ich genervt und massiere meine Schläfen. »Ich will nicht über sie reden.«

David grinst mich an und will noch etwas sagen, als einer der Promoter des heutigen Events auf uns zukommt. Er reicht uns die Hand, und wir begrüßen ihn freundlich. Daraufhin verfallen wir in ein Gespräch über den heutigen Abend, und er versucht, Manning Sport Management mal wieder als Sponsor zu gewinnen. Das kommt für mich aber nicht in Frage. Ich bin rein privater Natur hier. Meine Firma darf nichts mit diesen Boxkämpfen zu tun haben. Denn ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob hier wirklich alles mit rechten Dingen zugeht. Ab und zu befinden wir uns sicher an der Grenze der Legalität.

Nachdem wir uns wieder verabschiedet haben, gehe ich zur Bar und bestelle zwei Bier für Jack und mich. Ich will vorbereitet sein, wenn er zu mir kommt.

»Hi.« Ich zucke zusammen und drehe meinen Kopf herum. Mia steht neben mir und lächelt mich schüchtern an. »Ich wollte mich bedanken.«

»Wofür?«, frage ich und sehe sie skeptisch an.

»Dass du ihnen nicht gesagt hast, wo genau ich bei Manning Inc. arbeite.«

»Glaub mir«, presse ich hervor und suche ihren Blick. »Ich bin auch überhaupt nicht scharf darauf, dass sie das erfahren.«

»Hm«, murmelt Mia und wippt nervös auf ihren Füßen hin und her. »Schon klar.«

Ich sehe sie fragend an. Ist sie jetzt gekränkt, dass ich es so abgeschmettert habe, dass jemand weiß, dass sie meine Assistentin ist? Ich dachte, das wollte sie. Frauen.

»Ich meine es nicht böse«, rudere ich zurück von meiner vorherigen Aussage. »Wenn sie erfahren, dass du meine Assistentin bist, entstehen schnell Gerüchte.«

»Ich sehe es auch so«, meint sie. »Also ich … ich wollte … ich …«

»Ja?«

»Ich … also … ich …« Ich ziehe die Augenbrauen hoch. Sie stottert doch sonst nie. »Was willst du von Jack?«

Ich ziehe die Augenbrauen hoch und lache leise.

»Warum interessiert dich das?«, frage ich. »Hast du Angst, dass er doch noch erfährt, in welcher Position du für mich arbeitest?« Mia verdreht die Augen und tritt noch einen Schritt auf mich zu. Sie trägt heute ein anderes, leichteres Parfum als im Büro. Das fällt mir sofort auf. Es passt zu ihr. Sie sieht heute sowieso ganz anders aus. Niemals hätte ich gedacht, dass ich sie einmal so zu Gesicht bekommen würde. Ihre Lippen sind ungewohnt betont, durch den roséfarbenen Lippenstift, und ihr Teint leuchtet.

»Nein«, erwidert sie. »Es ist eine rein informelle Frage. Immerhin ist er der Freund meiner besten Freundin.«

Ich seufze und sehe mich um, um sicherzugehen, dass niemand uns hört. Sie ist meine Assistentin und wird den Deal sowieso mitbekommen. Da sie noch dazu Tammies beste Freundin ist, die meinen Absichten mit ihrem Freund nicht abgeneigt ist, kann mir Mia vielleicht sogar helfen.

»Ich versuche, Jack bereits seit einiger Zeit zu einer Zusammenarbeit zu bewegen«, eröffne ich ihr. »Er hat Talent, und mit der richtigen Förderung wird er professionell boxen können. Er könnte damit deutlich mehr Geld verdienen als bei diesen Kämpfen und mit seinem Tattoo-Studio.«

»Und lass mich raten.« Sie lacht vergnügt. »Er will das nicht?«

»Nein«, murre ich. »Er sagt, dass er zufrieden ist.«

»Dann akzeptier das doch«, schlägt sie mir vor, und ich verdrehe die Augen. »Mia«, seufze ich. »Ich wäre nicht da, wo ich heute bin, wenn ich jedem Sportler, den ich managen wollte, sein erstes Nein abgenommen hätte. Sein zweites und sein drittes Nein. Ich erkenne Potential, und Jack hat es. Er ist nicht nur ein guter Boxer, der mit einem professionellen Training ein ganz großer werden könnte, sondern sieht auch verdammt gut aus.«

Als ich das sage, schießen ihre Augenbrauen in die Höhe, und ich muss lachen. Keine Ahnung, was jetzt in ihrem Kopf vorgeht, aber dem ist sicherlich nicht so. Ich bin nicht an Jack als Mann interessiert. »Jack sieht mehr als gut aus, und seine Tattoos verleihen ihm ein Bad-Boy-Image. Das verkauft sich perfekt. Der raue Sport und dieser Körper sind eine Goldgrube.«

»Du hast an alles gedacht«, stellt sie fest. »Und du glaubst, dass du ihn groß rausbringen kannst?«

»Ich weiß es«, entgegne ich arrogant. »Jack ist perfekt. Er muss das nur selbst einsehen.«

»Er redet nur mit dir, weil Tammie ihn dazu gedrängt hat, richtig?«, fragt sie, und ich nicke. »Das ist ein Fortschritt. Er gibt viel auf ihre Meinung.«

»Wir haben schon ein paar Mal geredet, und er war auch schon bei mir im Büro«, seufze ich und massiere meine Nasenwurzel, als ich mich an die zähen Gespräche erinnere. »Aber bisher konnte ich ihn nicht überzeugen.«

»Dann wünsche ich dir viel Erfolg«, meint sie, dreht sich herum und verschwindet in der Menge. Ich will etwas erwidern und ihr nachrufen, als mir jemand auf die Schulter tippt.

Sofort drehe ich mich herum und sehe, dass Jack auf dem Hocker neben mir Platz nimmt. Er greift nach seinem Bier und prostet mir zu. »Guter Kampf«, lobe ich nochmal und proste ihm ebenfalls zu.

»Danke«, sagt er. »Du wolltest mit mir reden?«

Das mag ich an Jack. Er fackelt nicht lange und kommt direkt zum Punkt. Ich hasse es, wenn ich wichtige Gespräche führen möchte und die Sportler mir ein Kotelett ans Ohr quatschen.

»Ich möchte dich nach wie vor managen«, teile ich ihm mit. »Dir die Chance geben, professionell zu boxen.«

»Das hatten wir doch schon, oder?« Er ist genervt.

»Jack, mal im Ernst«, werde ich nun deutlich. »Wenn du überhaupt nicht interessiert wärst, wärst du nicht schon dreimal bei mir im Büro gewesen und würdest jetzt nicht hier sitzen.«

Er seufzt und knickt langsam ein.

»Hör zu, Adam«, meint er und sieht mich an. »Ich bin achtundzwanzig Jahre alt und möchte in naher Zukunft meine Freundin heiraten und mit ihr eine Familie gründen. Ich kann es mir momentan nicht leisten, meinen Shop schleifen zu lassen und hier nicht mehr zu boxen. Ich muss Geld verdienen.«

»Das ist mir bewusst«, sage ich ernst. »Ich bezahle dich. Dein Training, deine Wettkämpfe – ich zahle alles.«

»Und mein Shop?«, fragt er. »Ich liebe meine Arbeit als Tätowierer und –«

»Jack«, seufze ich und stehe auf. Aus meiner Jeans ziehe ich meine Visitenkarte und lege sie ihm hin. Etwas altmodisch, aber durchaus wirkungsvoll. »Du kannst mir bis Mittwoch deine Entscheidung mitteilen, ob du dabei bist oder nicht. Mit meiner Hilfe wirst du deiner Zukünftigen in einem Jahr einen Diamanten an den Finger stecken und nicht den Klunker, den du bereits gekauft hast.«

»Pisser«, knurrt er, und ich lache und klopfe ihm auf die Schulter. »Mia würde sich auch freuen, wenn du bei uns einsteigst.«

Er sieht mich an und seufzt.

»Bis Mittwoch gibst du mir?«, fragt er und steckt die Visitenkarte ein. »Das ist ein großer Schritt für mich, und ich … ich muss jemanden für den Shop einstellen, und vor allem muss ich mit Tammie darüber reden.«

»Mach das«, sage ich und weiß, dass Tammie die kleinste Hürde ist. »Du kannst dich melden.«

Er nickt, und ich lasse ihn mit seinen Gedanken allein.

Jack wird anbeißen.

3

MIA

 

Adam und Jack bei ihrem Gespräch zu beobachten, ist nicht nett, aber ich kann nicht anders. Sie reden eine Weile miteinander, bis Adam Jack schließlich ein Kärtchen – ich vermute seine Visitenkarte – über den Tresen schiebt und aufsteht. Er klopft dem Freund meiner besten Freundin auf die Schulter und lässt ihn allein. Kaum, dass Adam außer Sichtweite ist, stürmt Tammie auf ihn zu und redet aufgeregt auf ihn ein. So wie es aussieht, weiß Tammie wohl nicht, dass Adam schon länger versucht, Jack bei Manning Sport Management unter Vertrag zu nehmen. Es wundert mich auch, dass seine Verträge noch nie auf meinem Schreibtisch lagen. Bis heute wusste er nicht, dass ich Jack persönlich kenne. Adams Worten zu Folge kam es so weit noch nicht. Jack antwortet Tammie und trinkt sein Bier aus. Dann verschränkt er seine Finger mit ihren, und sie verschwinden. Wieso enden alle Besuche mit Tammie bei einem Boxkampf damit, dass sie und Jack sich zum Vögeln abseilen und ich sehen muss, wie ich nach Hause komme? Das allein ist schon Grund genug, dass ich nicht mehr zu diesen Kämpfen mitkomme. Ich gönne es meiner besten Freundin, dass sie derart glücklich mit ihrem Freund ist, aber das nervt mich.

Ich lasse meinen Blick durch die Fabrik schweifen und suche sie nach einem bekannten Gesicht ab. Leider kann ich aber niemanden ausmachen, als sich ein Typ in mein Sichtfeld schiebt. »Hey«, meint er, und bei genauerer Betrachtung fällt mir auf, dass es sich um Pete, Jacks heutigen Gegner, handelt. Er ist ungefähr einen Meter und achtzig groß, hat blonde Haare und ein rasiertes Gesicht. Seine Statur ist schmächtig für einen Boxer.

»Hallo«, sage ich und habe wenig Lust, von ihm angeflirtet und abgeschleppt zu werden. Nicht, dass ich dem Sex mit einem dieser muskelbepackten Typen abgeneigt wäre, und das letzte Mal ist auch schon ein paar Monate her, aber das ist mir doch ein bisschen zu niveaulos. Pete ist nicht mein Typ. Ich bin keines dieser Groupies, dem es egal ist, wer es anspricht. »Darf ich dich auf einen Drink einladen?«

»Nein«, antworte ich und versuche, so freundlich wie möglich zu klingen. »Ich muss los.«

Ich will mich umdrehen und gehen, als er nach meinem Handgelenk greift. Was soll das jetzt? Genervt sehe ich ihn an und will mein Handgelenk aus seinem Griff lösen, aber er lässt mich nicht. »Was soll das?«, blaffe ich ihn an. »Lass mich los.«

»Ein Drink«, besteht er weiterhin auf seine Einladung, und ich stöhne auf. »Nein«, sage ich. »Ich will nicht.«

»Ach, komm schon.« Er grinst mich schmierig an. »So eine Süße wie du ist doch nicht nur so hier … Zu wem gehörst du, Sweety?«

»Ich gebe dir gleich Sweety«, keife ich dieses Arschloch an. Was fällt ihm ein, mich »Sweety« zu nennen? Wie kommen Männer auf die Idee, dass es Frauen anturnt, so genannt zu werden? »Und jetzt lass mich endlich los.«

»Kratzbürstig also auch noch«, redet er unbeirrt weiter. »Gefällt mir.«

»Hast du ihr nicht zugehört, Pete?«, grollt eine Stimme hinter ihm, sodass selbst ich zusammenzucke. »Lass sie los.«

Adams Freund David baut sich bedrohlich hinter Pete auf. Mit seinen Tattoos, der Glatze und dem mit Muskeln bepackten Körper sieht er wirklich furchteinflößend aus. Das genaue Gegenteil von Adam, aber das weiß er wohl selbst am besten. Für einen kurzen Moment überlege ich, ob der Kerl Adams Bodyguard ist. Doch diesen Gedanken verwerfe ich wieder.

»Da… David«, stammelt dieser Pete und lässt mich endlich los. »Ich mache doch nur Spaß …«

»Siehst du mich lachen?«, erwidert David, und nun bin ich diejenige, die grinsen muss. »N… nein …« Pete stolpert einen Schritt zurück und bringt endlich die nötige Distanz zwischen uns. »Tut … tut mir leid. Das … das kommt nicht wieder vor.«

»Hoffentlich«, knurrt David. »Und jetzt zieh Leine.« Pete macht sofort auf dem Absatz kehrt und rennt in die entgegengesetzte Richtung davon. Ich sehe ihm kurz nach und dann zu David.

»Danke«, sage ich und lächle ihn an. »Er war ein wenig … aufdringlich.«

Es ist mir unangenehm, dass er mich aus dieser misslichen Lage retten musste. Auch wenn ich ihn nicht darum gebeten habe und er das augenscheinlich gern gemacht hat, denke ich immer wieder daran, was er Adam sagen wird.

»Scheinbar«, meint David und erwidert mein Lächeln. »Ich bin David Miller.«

Zwar haben wir uns schon einmal gesehen heute, aber offiziell vorgestellt wurden wir einander noch nicht. Dank Tammies großer Klappe kennt er zumindest meinen Namen.

»Mia Ferguson«, erwidere ich und nehme seine Hand an. »Danke nochmal.«

»Gerne«, erwidert er. »Möchtest du etwas trinken? Adam müsste gleich wieder da sein.«

Ich schaue an ihm vorbei zu ihrem Tisch und schüttle mit dem Kopf. Das Angebot ist sehr nett, aber ich glaube nicht, dass ich mich mit Adam sehen lassen sollte. Er wird nicht wollen, dass ich mich in seiner Nähe aufhalte. Es war schon unangenehm genug, dass wir uns zufällig getroffen haben. Tammie werde ich auch noch ein paar Takte sagen, dass sie einfach so rausgebrüllt hat, dass Adam mein Chef ist.

»Bist du sicher, dass du keinen Drink möchtest?«, fragt David erneut und zieht die Augenbrauen hoch.

»Ich denke schon, ja«, erwidere ich und lächle ihn an. »Aber danke.«

»Wirklich sicher?« Sein Grinsen wird breiter, und ich muss lachen. »Komm schon, Mia.«

David ist wirklich nett, und ich glaube nicht, dass hinter seinem Angebot falsche Absichten stecken. Immerhin hat er mich genau vor diesen gerettet und weiß, dass Adam mein Chef ist. Nun reizt es mich doch ein wenig, den privaten Adam Manning kennenzulernen. Wird dieser das überhaupt zulassen? Ich bin seine Assistentin, und wenn ich mich nun von seinem – ja, was ist David überhaupt? Bodyguard? – auf einen Drink einladen lasse und er dazukommt, wird das seltsam werden.

»Sag mal …«, wechsle ich das Thema. »Woher kennst du Adam?«

Er lacht und leckt sich über die Lippen. Mit dieser Frage hat er mich am Haken, denn er zeigt auf ihren Tisch. »Ein Drink und ich erzähle dir alles über Adam Manning, was du nicht wissen möchtest.«

Ich muss laut lachen und schüttle mit dem Kopf.

»Was auch immer er dir erzählt, glaub ihm kein Wort.« Ich fahre herum und blicke in strahlend braune Augen. Mein Herz schlägt schneller, und ich öffne den Mund, um etwas zu erwidern. Aber nichts kommt heraus. Adam hat mich definitiv aus dem Konzept gebracht. Während er total locker vor mir steht. Das gibt es doch nicht. Von acht bis vier kann der Mann mich mit all seiner Präsenz, Dominanz und Arroganz nicht einmal aus der Fassung bringen, und hier bekomme ich keinen Ton raus in seiner Gegenwart. Was ein Pullover und eine lockere Jeans doch alles bewirken können. Die Hände locker in die Taschen seiner Jeans vergraben, steht er vor mir. »Er lügt.«

»Ach ja?« Nun finde ich meine Schlagfertigkeit doch wieder.

»Definitiv«, meint Adam. »Also … was hat er dir erzählt?«

»Ehrlich gesagt hat er mich bisher nur vor diesem Pete gerettet!« Ich verziehe den Mund. »Und auf einen Drink eingeladen.«

Adam sieht an mir vorbei zu David, der ihn angrinst, und dann wieder zu mir.

»Pete?«, fragt er an mich gerichtet. »Was wollte er von dir?« Adams Körper spannt sich an, und er sieht sich um. Nach Davids Ansage hat dieser sich wohl aus dem Staub gemacht. »Er wollte mich auf einen Drink einladen, aber ich wollte nicht«, erwidere ich. »Pete wollte das nicht wahrhaben, und David hat mich gerettet.«

»Danke«, sagt Adam an David gerichtet. »Und dann hat er dich auf einen Drink eingeladen?«

»Ja, genau.« Ich sehe zwischen den Freunden hin und her. »Wenn ich nochmal darüber nachdenke, ist das tatsächlich etwas seltsam.«

Adam lacht ebenfalls und deutet auf David. »Nimmst du den Drink an?«

»Ich denke nicht«, entgegne ich und sehe, dass David zurück zu ihrem Tisch geht, sodass ich mit Adam allein zurückbleibe. Er hätte auch ruhig hierbleiben können, um mich nicht erneut in eine so unangenehme Situation mit einem Mann zu bringen. Natürlich kann man das absolut nicht vergleichen, aber ich fühle mich in Adams Gegenwart nicht weniger unwohl. Vor Pete rettet er mich, und Adam wirft er mich zum Fraß vor.

»Warum nicht?«, fragt Adam, und ich ziehe die Augenbrauen hoch.

»Ist das nicht offensichtlich?«, erwidere ich an ihn gerichtet und schüttle mit dem Kopf. »Du bist mein Boss, was Dank Tammies großer Klappe auch jeder weiß. Ich möchte nicht, dass man schlecht über dich denkt.«

»Wieso sollte jemand schlecht über mich denken?«, erwidert er und lacht auf. »Ich bin hier, weil das mein Hobby ist. Und du bist hier, weil … weil …«

»Weil Tammie mich immer wieder dazu nötigt und dann mit Jack abhaut?«

»Ja, genau«, bestätigt Adam. »Komm mit. Das wird lustig.«

Ich sehe nochmal hinter mich zu David und seinen Freunden und dann wieder zu Adam.

»Na gut«, seufze ich. »Ein Drink, aber dann muss ich nach Hause.« Adam sieht mich an, als würde er mir kein Wort glauben. Aber ich meine es ernst. Mehr als einen Drink kann ich nicht mit ihnen trinken, dann muss ich nach Hause. Wir kommen noch in große Schwierigkeiten, wenn wir hier doch noch gesehen werden. Ich will nicht wissen, was die Presse sich zusammenreimt, wenn sie tief genug gräbt und schließlich rausfindet, dass ich seine Assistentin bin. Sicher hat Adam das Geld und damit die Möglichkeit, diese Aasgeier mundtot zu machen, aber ein Restrisiko bleibt. Nicht jeder ist käuflich.

»Nach dir«, meint er, und ich nicke und drehe mich herum, um zu ihrem Tisch zu gehen. An diesem stehen neben David noch zwei Männer und eine Frau.