Sie sind mitten unter uns - Bernd Harder - E-Book

Sie sind mitten unter uns E-Book

Bernd Harder

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Beschreibung

Geister, Dämonen, Werwölfe und Vampire bevölkern immer mehr Filme, Bücher, Videos und Gruselhefte – und regen die dunklen Phantasien der Leser und Zuschauer an. Doch was die Wenigsten wissen: Auch bei Tageslicht finden sich zahlreiche Spuren dieser abgründigen Mythen. Wer weiß schon, dass es "echte" Vampire gibt? Dass renommierte Neurowissenschaftler Versuche mit Zombies durchführen – zumindest als Gedankenexperiment?

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Seitenzahl: 241

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BERND HARDER

Sie sind mitten unter uns

Die Wahrheit über Vampire, Zombies und Werwölfe

Impressum

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2012

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Umschlagkonzeption und -gestaltung:

R•M•E Eschlbeck/Kreuzer/Hanel

Umschlagmotive:

© Designbüro gestaltungssaal, Sabine Hanel/Alexandra Gober

Konvertierung Koch, Neff & Volckmar GmbH,

KN digital – die digitale Verlagsauslieferung, Stuttgart

ISBN (E-Book): 978-3-451-33919-6

ISBN (Buch): 978-3-451-30531-3

Inhaltsübersicht

Vorwort: Wir lieben Monster

1. Werwölfe

Das Morbach-Monster

Der Werwolf von Bedburg

Vollmonderotik mit Biss

Die Bestie von Gévaudan

Rote Augen in der Nacht

2. Zombies

The Dead will walk the Earth

Verdammt, die Zombies kommen

Sind wir nicht alle ein bisschen untot?

3. Vampire

Dracula in München

Bis(s) zum letzten Menschen

Der flatternde Tod

Vampirzeichen

Vampire unter uns

Vorwort: Wir lieben Monster

Normalerweise ist es so: Ein phantastischer Roman erscheint, der tief in alten Mythen schürft, etwa „Dracula“. Danach gründeln Sachbücher in den Ursprüngen des Horrors, um die verschiedenen Dichtungsmotive, abergläubischen Überlieferungen, historischen Legenden und die metaphorische Darstellung in der Prosa des Autors zu entschlüsseln. Das kann sehr spannend sein – ist aber nicht unser Thema.

Sie werden in diesem Buch nichts über Vlad Tepes finden, nichts über die ungarische Adlige Elisabeth Bathory, die in dem Ruf stand, eine „Blutgräfin“ zu sein, und auch nichts über die mormonischen Glaubensinhalte in den „Bis(s)“-Werken.

Aber wie hat es „Dracula“ auf die Liste1 der „101 einflussreichsten Personen, die nie gelebt haben“, geschafft? Das ist eine Frage, die in dem gleichnamigen Buch2 nicht einmal ansatzweise beantwortet wird. Allenfalls die Tagespresse3 tastet sich heran und enthüllt Unglaubliches: „Vampire gibt es. Sie werden nicht nur Eventkino-tauglich auf große Leinwände projiziert oder zwischen zwei Buchdeckel gepresst, sie leben unter uns. Der Vampirismus ist weltweit zu einem sehr realen Phänomen geworden.“

Mythen sind also keineswegs immer „alt“ und deuten die Vergangenheit. In diesem Buch erhellen wir das mythische Dunkel, das Vampire, Zombies und Werwölfe vor unseren Blicken verbirgt, mit dem Tageslicht des 21.Jahrhunderts. Wer weiß schon, dass es „echte“, sogenannte Real-Life-Vampire gibt? Dass renommierte Neurowissenschaftler Versuche mit Untoten durchführen – zumindest als Gedankenexperiment? Oder dass Werwölfe die neuen Öko-Freaks sind?

Wieso hat die amerikanische Seuchenschutzbehörde im Jahr 2011 eine offizielle Warnung vor einer Zombie-Invasion herausgegeben? Ist der Hunsrück das Refugium des letzten Werwolfs in Deutschland? Und was hat es mit Sex-Vampiren auf sich, von denen Frauen auch heute noch im Schlaf heimgesucht werden?

Dies alles ist kein Stoff für ein Witzbuch (die zweite gängige Möglichkeit, auf einen Film- oder Literaturhype zu reagieren) – sondern gebietet eine ernsthaft-aufregende Betrachtung, die offenbar werden lässt, dass der Vorhang zwischen Realität und Fiktion viel dünner ist, als die aufwändigen Inszenierungen von „American Werewolf“ bis „Zombie“ vermuten lassen.

Ach ja – und keine Sorge: Wir sezieren die Mythen um Dracula und Co. nicht. Wir warten auf das Monster.

Anmerkungen

1

www.101influential.com/​

2

Dan Karlan/Allan Lazar/Jeremy Salter: Die 101einflussreichsten Personen, die es nie gab. Lübbe-Ehrenwirt, München 2008

3

www.welt.de/​print/​die_​welt/​kultur/​article11855980/​Beiss-​mich-​bitte-​beiss-​mich-​Baby.html

1.WERWÖLFE

Das Morbach-Monster

Der Hunsrück. Ausgedehnte Wälder und breite Wiesen. Schmale Pfade, rauschende Bäche, schmucke Ortschaften. Einzigartige Natur – und Refugium des letzten Werwolfs in Deutschland?

Es ist ein nebliger Herbstabend im Jahr 1988.Die Dunkelheit hat sich schnell und vollkommen über die Luftwaffenbasis Hahn gesenkt und wird nur noch von einem kräftigen Vollmond beleuchtet. Eine kleine Gruppe von amerikanischen Soldaten macht sich auf den Weg zu ihrem Posten. Die fünf jungen Männer bewachen ein großes Munitionsdepot bei Morbach.

Unterwegs kommen die Soldaten an einem Heiligenhäuschen vorbei, das der Jungfrau Maria geweiht ist. Normalerweise flackert in dem Schrein eine Kerze, die nicht bloß die Finsternis etwas zurückdrängt, sondern auch eine klassische Nachtgestalt von den Menschen fernhalten soll. In der nahen Kreisstadt Wittlich habe man nämlich einstmals einen Werwolf getötet. Nach einer alten Legende kehrt die Bestie zurück, wenn die Kerze jemals erlischt. An diesem Abend erhellt kein schmales Lichtbündel das religiöse Wahrzeichen. Die Flamme ist ausgegangen.

Noch sät das merkwürdige Omen den Wachsoldaten keine Furcht ins Gemüt. Aber in derselben Nacht kommt es zu einem Zwischenfall. Sensoren an der kilometerlangen Umzäunung des Munitionslagers lösen Alarm aus. Als Sicherheitsleute die Stelle erreichen, sehen sie eine hundeartige Gestalt, die sich auf die Hinterläufe stellt und über den drei Meter hohen Zaun springt. Das Wesen löst sich in der Dunkelheit auf.

Einer der Soldaten brüllt los: „Stehen bleiben, Sie nähern sich einem Sicherheitsgelände der US-Army. Wenn Sie sich nicht zu erkennen geben, habe ich den Befehl, von der Schusswaffe Gebrauch zu machen.“ Kein Laut durchschneidet die nächtliche Stille. Auch der Wind ist eingeschlafen.

Aber dann geschieht es: „Plötzlich lief das Ding wieder in meine Richtung!“, berichtet der Wachmann später. „Ich habe meine Waffe in Anschlag gebracht und geschrien: ‚Das ist meine letzte Warnung! Geben Sie sich zu erkennen, oder ich schieße!‘ Dann brüllte etwas im Wald. Ich habe noch nie einen Waldlöwen brüllen hören, aber mein Schwager hat mir davon erzählt. Er meinte, der Löwe hört sich an wie eine Frau, wenn sie in Todesangst nach Hilfe ruft. Und genau so hat sich das Ding angehört. Natürlich weiß ich, dass es in Deutschland gar keine Waldlöwen gibt. Aber es war irgendetwas im Wald und es war mindestens zwei Meter groß und hat einen Lärm gemacht wie ein tollwütiger Wolf.“1

Kameraden rücken zur Verstärkung aus, auch ein Suchhund wird zu dem Waldstück gebracht. Aber das Tier zieht den Schwanz ein und bewegt sich keinen Meter in das Dickicht hinein.

Der amerikanische Sagenforscher D.L.Ashliman staunte nicht schlecht, als ihn im Oktober 1997 diese Geschichte anonym und per E-Mail erreichte.2 Ein deutscher Werwolf? Im ausgehenden 20.Jahrhundert?

Bald nach der Veröffentlichung meldete sich ein weiterer US-Soldat, der das Monsterwesen sah und die nächtliche Begebenheit als real bestätigte:

„I was stationed at Hahn Air Base, Germany, from May 1986 to August 1989 as a security policeman, and it was my group that witnessed the Morbach Werewolf. Whoever told you the story about the monster that you put on your website had very accurate information. The creature that we saw was definitely an animal and definitely dog- or wolf-like. It was about seven to eight feet tall, and it jumped a twelve-foot security fence after taking three long leaping steps.“3

Nicht nur in dem bekannten Volksmärchen „Rotkäppchen“ verbirgt sich eine Werwolf-Saga aus deutschen Landen.4 Auch durch den Hunsrück streift mit unverminderter Lebenskraft ein dämonisches Ungeheuer, das zum Standardrepertoire des Gruselpersonals zählt. In fiktionaler und möglicherweise auch nicht-fiktionaler Literatur. Schon antike Historien und Mythologien spiegelten den Werwolf-Glauben wider und enthielten Geschichten von Wer-Bestien, gewöhnlich mit einem persönlichen Kommentar des Autors versehen.

Herodot etwa, der antike griechische Geschichtsschreiber, berichtet von einer osteuropäischen Volksgruppe, den Neuri, die sich laut dem Zeugnis ihrer Nachbarn, der Scythianer, einmal jährlich allesamt in Werwölfe verwandelten. Herodots Anmerkung: „Ich persönlich glaube diese Geschichte nicht, aber sie versichern es dennoch und schwören, es sei die Wahrheit.“5

Ähnlich zurückhaltend äußert sich Plinius der Ältere in seiner Naturalis Historia: „Mit allem Nachdruck verurteilen wir die Geschichten von Menschen, die in Wölfe verwandelt werden und dann zu ihrer ursprünglichen Gestalt zurückkehren, als unwahr.“6

Und das Monster von Morbach? Müssen wir die Erzählungen und Berichte vom deutschen Werwolf in freier einheimischer Wildbahn ebenfalls als unwahr verurteilen? Auch wenn wiederum viele es versichern und schwören, dies sei die Wahrheit? Und was hat es mit Wittlich (im rheinland-pfälzischen Landkreis Bernkastel-Wittlich) als dem angeblich letzten Schauplatz einer Werwolfjagd auf sich?

Wir finden die Geschichte auf einer amerikanischen werewolfpage 7, die Originalquelle bleibt im Dunkeln. Und so fängt es an: „The town of Wittlich is said to be the last place in Germany where a werewolf has been killed.“

In seiner menschlichen Gestalt hieß das Untier Thomas Johannes Baptist Schwytzer, ein Elsässer, der als Soldat in Napoleons Armee diente. Der Russlandfeldzug von 1812 geriet jedoch zum Desaster für die französischen Truppen. Schwytzer desertierte und versuchte, sich bis in seine Heimat durchzuschlagen. Bei Wittlich überfiel er völlig ausgehungert einen Bauernhof. Er brachte den Gutsbesitzer um, der sich ihm in den Weg stellte, und meuchelte die drei Söhne. Die Bäuerin schrie Schwytzer eine grässliche Verwünschung entgegen, auf dass er sich bei jedem Vollmond in ein Tier verwandeln solle. Dann schlug er auch ihr den Schädel ein.

Aber der Fluch verfehlte seine Wirkung nicht. Mit Thomas Johannes Baptist Schwytzer ging eine unfassbare Veränderung vor sich. Er verlor alle Hemmungen, wurde brutal und unmenschlich. Er raubte, mordete, plünderte, brandschatzte. Selbst das Gesindel, das er um sich geschart hatte, bekam es mit der Angst zu tun und floh vor seiner Bosheit. Hinter vorgehaltener Hand flüsterte man sich Gerüchte zu, von einem großen Wolf, der wie ein Mensch auf zwei Beinen lief und in hellen Vollmondnächten Mensch und Tier grausam dahinschlachtete.

Eines Tages schändete Schwytzer ein junges Mädchen namens Elisabeth Beierle, die liebreizende Tochter eines ansässigen Bauern. Diese Tat rüttelte endlich die Bevölkerung auf. Der Ex-Soldat und Deserteur wurde gejagt und schließlich gestellt, als er nichtsahnend an seinem Lagerfeuer saß. Ein Fluchtversuch endete in der Nähe von Morbach. Schwytzer wurde getötet und an einer Wegkreuzung begraben. Dort errichteten seine Häscher ein Heiligenhäuschen und entzündeten eine geweihte Kerze, die den Geist des mutmaßlichen Werwolfs für immer bannen sollte.

Elisabeth Beierle brachte neun Monate später ein Kind zur Welt. Der Junge wuchs zu einem respektablen Bürger Morbachs heran und zeigte keinerlei Anzeichen des Werwolffluchs.

So weit die zwei Jahrhunderte alte Vorgeschichte des Morbach-Monsters, das heute in den dunklen Forsten des deutschen Mittelgebirges umgeht. Sogar bis nach Chicago, zur Metal-Band „Usurper“,8 ist das schaurige Geheul der Bestie vorgedrungen. In „Return of the Werewolf“ singen die Schwermetaller:9

„Wittlich Deutschland

The site of the Last werewolf slayed

There is a shrine to the beast Protected by eternal flame

Never to extinguish – The candle must burn

For when the light dies – The creature will return

Winds of chaos summon this lycanthropic spell

Smoke now rises – light soon killed

In the shadow of the full moon – reborn by a dying flame

The candle now extinguished – The curse now spawned

again.“

Lebt der Fluch wieder auf? Oder haben wir es bloß mit Ulk und Mummenschanz zu tun?

Das jedenfalls behauptet ein namenloser Kommentator auf der Webseite ufo-und-alienforum:10 „Als eines Abends im Jahre 1988 wieder mal heftig gefeiert wurde, verkleidete sich ein GI (Größe ca. 210cm!!) als Werwolf und begab sich zum Depot, um seinen Kameraden auf der Wache mal so richtig einzuheizen. Er rüttelte am Zaun und brach in ein Wolfsheulen aus, dass es seinen Kameraden Angst und Bang wurde. Der Erfolg blieb nicht aus: ein ziemlich heftiger Alarm und tatsächlich eine Suche nach dem vermeintlichen Eindringling (man bedenke, es war Kalter Krieg).“

Ah ja, ein über zwei Meter großer Soldat, der mal eben so ein Werwolf-Kostüm griffbereit hat und eine Lon-Chaney-Gedenkveranstaltung11 aufführt? Da ist man ja eher versucht, an einen echten Werwolf zu glauben, als an diese pseudo-rationale Deutung. Das sieht übrigens auch der Mainzer Volkskundler Matthias Burgard so: „Diese Nachricht ist die übliche Erklärung für ein sagenhaftes Phänomen von jemandem,der nicht an den Wahrheitsgehalt von Sagen glauben mag.“

Und er, der professionelle Sagenforscher? Was hält Burgard vom Morbach-Monster? „Ich bin prinzipiell ein Skeptiker und gehe daher bei den Augenzeugenberichten von Wahrnehmungsirrtümern aus“, erklärt der Kulturwissenschaftler.12 Nichtsdestotrotz stellte Burgard beim Spaziergang im Hunsrücker Wald doch fest, dass sich „mit dem Hintergedanken an die Sage mein eigenes, unterbewusstes Bild dieses Ortes ein wenig zur amerikanischen Perspektive hin verändert hat“.13

Amerikanische Perspektive? Das bedarf einer Erläuterung.

In seiner lesenswerten Forschungsarbeit „Das Monster von Morbach“14 schreibt Burgard, die monströse Kreatur gebiete Ehrfurcht vor den düsteren Hunsrückwäldern: „In der dunklen Nacht verwandelt sich die friedliche, abgelegene Hunsrück-Region in eine gefährliche Welt. Die US-amerikanischen Soldaten, die auf Patrouille gehen, verlassen ihre Gemeinschaft und geraten in ein Gebiet, in dem sie ungeschützt sind.

Wenn der Mond scheint, Nebel vom Grund aufsteigt und der Wind pfeift, kommt eine furchterregende Landschaft zum Vorschein. Ein unbekanntes Territorium, weit entfernt von der Heimat, breitet sich vor den Soldaten aus. Gruselige Geräusche aus den windigen Wäldern stören die ansonsten unheimliche Stille in der verlassenen Gegend. In der Ferne ist ein Hundebellen zu hören, oder war es doch ein Wolf? Die Landschaft scheint nicht mehr vom Menschen beherrscht zu sein.“

Sondern von etwas, das in dem Augenblick geboren wurde, als die Menschheit entschied, dass sie nun nicht länger Teil des Tierreichs war. Auf der ganzen Welt verbreiteten sich Geschichten über menschliche Monster, in denen sich die Tierhaftigkeit des Menschen ausdrückte, die offiziell verleugnet wurde. Der betreffende Mensch erhielt den Körper des Tieres, das in der jeweiligen Gegend am meisten gefürchtet war: Wer-Tiger und Wer-Bären strichen in Asien umher, Wer-Hyänen lauerten in Afrika auf Beute, Wer-Kojoten machten Mittelamerika unsicher und Wer-Echsen schlängelten sich durch Neuseeland.15

Und in Europa? Hier waren Wölfe nicht eben beliebt. Sie galten als ebenso schlaue wie bösartige Tiere. Sie wagten es, Menschen anzugreifen, und gewannen sogar hin und wieder. Das brachte ihnen den Ruf ein, selbst beinahe menschlich zu sein. In ihnen manifestierten sich einige unserer schlimmsten Ängste vor verdrängten tierischen Instinkten.16

Sollte das schon alles sein?

Ein Schmuddelmonster, das Körperlichkeit, Instinktnatur und dunkle, aufbrechende Triebe symbolisiert? Ist es letztendlich nur unsere Sehnsucht nach einer Wiederverzauberung der spätkapitalistischen Welt, die immer neue Monster gebiert?17

Schwer vorstellbar, wenn man aktuelle Berichte von Werwolf-Sichtungen analysiert. Die beiden folgenden Erlebnisse stammen aus einem englischsprachigen Online-Portal zum Thema „Übersinnliches“. Sie sind authentisch, wurden aber vom Autor dieses Buches – zur besseren und prägnanteren Darstellung – nicht nur übersetzt, sondern umgeschrieben, dramatisiert und teilweise mit ähnlichen Geschehnissen amalgamiert. In diesen Geschichten berichtet jemand aus der Ich-Perspektive von der Konfrontation mit dem Unerklärlichen. Wir werden Zeugen von Vorfällen, die sich jedem Erklärungsversuch zu entziehen scheinen. Zum Beispiel dieser:18

„Das, was ich erlebt habe, ereignete sich in Blackpool, England.

An einem Abend im Mai saß ich lange an einem Artikel, der noch am nächsten Tag erscheinen musste. Als ich das Redaktionsbüro gegen 21Uhr endlich verließ, hatte ich die mir gesetzte Zeit schon um eine halbe Stunde überschritten.

Meine Jacke hing wie eine schlaffe Fahne am Haken. Ich streifte das Lederteil über und trat auf die Straße. Die Nacht löste gerade den Tag ab. Am Himmel zog sich eine flache, graue Bewölkung streifenartig hin. Das Zeitungsgebäude lag in einem ruhigen Viertel. Nur in wenigen Etagen brannte noch Licht. Die hellen Rechteckte wirkten, als wären sie mit einer Rasierklinge aus dem Mauerwerk herausgeschnitten worden.

Es gab kein Nachtleben in diesem Teil der Stadt, und meine Nerven konnten sich endlich wieder einkriegen. An den dunklen Häuserfronten entlang schlenderte ich nach Hause. Von Straßenlaternen fielen sporadisch Lichtflecke auf den Asphalt und schufen silbrige, auseinanderlaufende Inseln. Alles schien unter einer Schweigeglocke zu liegen.

Dann massakrierte ein Geräusch die Stille!

Ich zuckte heftig zusammen, denn einen solchen Laut hatte ich noch nie gehört. Jaulend, aggressiv und fordernd. So heulte nur ein Tier, das sich in großer Not befand. Oder überhaupt nicht in diese Gegend gehörte.

Ich blieb stehen. Hinter mir gingen, in einigem Abstand, drei Passanten, die ebenfalls innehielten. Nur ein kleines Publikum. Aber alle sahen, was ich sah.

Ein Schatten wuchs aus der Dunkelheit für einen Moment hoch, bewegte sich zur Seite und wurde von der Finsternis aufgesaugt. Direkt vor uns. Ich riss die Augen weit auf, dennoch war in der Dunkelheit kaum etwas zu erkennen. Dafür hämmerte plötzlich das Klatschen von mächtigen Pfoten wie Schläge auf den Boden. Und eine monströse Kreatur wuchtete ihren Körper auf die Straße, der sich jetzt scharf von der Nachtschwärze abhob.

Das Wesen, das uns aus kalten, gelben Raubtieraugen anstarrte,war ein Wolf. Aber kein normales Tier. Die bleiche Lichtfülle des Mondes zeichnete seine Konturen deutlich nach. In der Größe war er mit einem ausgewachsenen Bären zu vergleichen. Das Biest strahlte ein Grauen ab, das an die Kälte eines Friedhofs erinnerte. Im nächsten Moment streckte es seinen Körper und erhob sich auf die kräftigen Hinterläufe. Wie aus einem Trichter drang tief aus der gewaltigen Schnauze ein lang gezogenes Grollen, dessen Echo zwischen den Häusern zitterte. Kein Wolf konnte ein so schauriges Klagen abgeben. Ein unheimlicher, fast wahnsinniger Schrei, der weithin zu hören sein musste.

Ein Vogel flog erschreckt hoch. Anscheinend hatte er in den Zweigen eines Baumes geruht und war plötzlich erwacht, gestreift von diesem Hauch des Grauens. Auch mich hatte der Schreck bis ins Mark getroffen. Die Zähne in dem offenstehenden Maul leuchteten gefährlich, wie die blanken Zinken einer Säge. Das Fell wuchs struppig von den Pfoten bis zum Kopf und war auffallend blass, wie eine Tarnfarbe, mit einem Stich ins Rötliche. Der knurrende Ton schwang noch in der Luft, als der Wolf wie ein kompakter Schatten mit geschmeidiger Hektik davonglitt.

Es dauerte einige Sekunden, bis ich mein lähmendes Entsetzen abgeschüttelt hatte. Ich rannte zu den anderen drei Zeugen, die reglos dastanden, als hätten sie einen Blackout. Wir alle hatten denselben Gedanken – aber keiner sprach ihn aus. Vor unseren Augen war eine Kreatur erschienen, die es gar nicht geben dürfte. Außer in Romanen oder Filmen. In meiner Zeitung habe ich natürlich nie ein Wort darüber geschrieben. Aber seit dieser Nacht trage ich immer eine Digitalkamera bei mir.

Gesehen habe ich das Wesen nicht mehr. Aber manchmal höre ich nachts diese klagenden, unheimlichen, zugleich auch üblen Laute wieder, bevor sie gegen den nächtlichen Himmel wehen, wo sie sich verflüchtigen.

Das Heulen klingt wie eine Botschaft. Für wen, will ich gar nicht wissen.“

Die nächste Begebenheit19 wird uns von einem amerikanischen „Investigator“ in Sachen „Paranormal Research“ berichtet, also einem Falluntersucher paranormaler Phänomene oder schlicht „Geisterjäger“:

„Gespenster, Ufos, Poltergeister... Es gibt viele seltsame Dinge, mit denen wir es schon zu tun hatten. Aber kein Fall hat mich jemals so erschreckt wie dieser. Noch heute denke ich mit einem Gefühl größten Unbehagens daran zurück.

Die Geschichte nahm ihren Anfang auf einem alten Friedhof in Walton County, Georgia, wo wir uns ein wenig umgesehen hatten. Der behauptete Spuk schien indes freigenommen zu haben, denn wir konnten keine paranormalen Aktivitäten feststellen. Es war eine normale Nacht, mit einem düsteren, wolkenverhangenen Himmel, in dem der Mond wie ausgeschnitten wirkte. Wir sprachen noch eine Weile über unsere erfolglose Geisterjagd und gingen dann zum Wagen.

Nebelschleier krochen kniehoch über das Gelände. Links von uns war es stockfinster. Ein gewaltiges Areal breitete sich dort aus. Ein großes Waldstück. Zuerst war es nur ein Geräusch, das uns aufschreckte. Eine Art Fauchen, das in ein knurrendes Jaulen überging und das wir als so außergewöhnlich und seltsam empfanden, dass wir sofort stoppten. Wir lauschten in die Tiefe des Waldes hinein. Keiner von uns konnte ausmachen, wo dieser Ton aufgeklungen war.

Wir gingen näher ran. Der Wald schlief nicht. Es war nicht völlig still, Geräusche vernahmen wir unablässig. Hier und da ein Knacken, ein leises Rascheln aus dem Unterholz. Und Laute, die sich anhörten, als würden Menschen sich gegenseitig etwas zuflüstern.

Das war nichts Außergewöhnliches. Und Ghosthunter sind auch nicht leicht aus der Fassung zu bringen. Wieder erfüllte dieses Heulen die unmittelbare Umgebung. Und was wir dann sahen, war nicht mehr normal: Zwei rote Augen glommen uns aus der tiefen Schwärze heraus entgegen, wie kalte Flecke auf einer unheimlichen Silhouette, deren Konturen nur zu erahnen waren.

Wir erstarrten. Die Bäume wuchsen sehr dicht zusammen, zwischen den Stämmen wucherte das Unterholz. Fast synchron flammten unsere Taschenlampen auf und streckten ihre bleichen Arme in den Wald. Das Licht wirkte wie eine vom Nebel umwallte Zitrone. Der Strahl berührte die Bäume, tastete in das Gespinst der Zwischenräume, erhellte auch sie, schaffte es aber nicht, das Wesen ausfindig zu machen.

Noch hatte die Situation nichts Bedrohliches, trotzdem kribbelte Angst in mir hoch. Das Wesen besaß Augen, um zu sehen, doch es entzog sich unseren Blicken. Allenfalls erahnen konnten wir, wo es lauerte und sich hinter der Düsternis verkroch. Ich weiß nicht mehr, wie lange wir da standen. Und dann sackte mein Herz im freien Fall einige Etagen tiefer. Das gefährliche Knurren war plötzlich hinter uns!

Panisch drehten wir uns um. Auch der dünne Strahl meiner Lampe zuckte herum wie ein schräg vom Himmel fahrender Blitz und riss Puzzleteile einer Alptraumgestalt aus der Dunkelheit. Der Lichtkegel traf mal das gesträubte Fell der Kreatur, mal die lang gezogene Schnauze, in der zwei messerartige Vorderzähne aus dem Unterkiefer hochwuchsen. Das war kein normales Tier. Das Wesen stand aufrecht und breitbeinig, damit es Halt hatte. Mit seinen Pranken schleuderte es imaginäre Äste und Zweige zur Seite. Wieder sahen wir die Augen. Sie funkelten in uralter Wut, waren ständig in Bewegung. Und auf einmal verschwunden.

Fast im selben Moment geriet der Himmel in Bewegung und verwandelte sich in ein graues Meer. Eine heftige Luftbewegung fegte an manchen Stellen das Firmament frei. Die Sterne wirkten wie einsame Beobachter. Sie sahen uns dabei zu, wie wir zum Wagen rannten und machten, dass wir wegkamen. Die Scheinwerfer warfen einen weißen Mantel, der an seinen Rändern über Bäume und Sträucher huschte und vergebens versuchte, in das Unterholz einzudringen. Nachts gehörte das Land den Kräften der Natur, dem Wind, der Dunkelheit.

Und möglicherweise auch einem Wesen, das uns seit Urzeiten das Gruseln lehrt. Zumeist in den phantastischen Gefilden der Literatur und Kunst. Doch was begründete einst die Mythen und Märchen von den Werwölfen? Ich bin völlig gewiss: In jener Nacht in Walton County schlug uns mehr als nur eine vage Ahnung davon entgegen.“

Zwei moderne Sagen, in denen sich Sinnestäuschungen, Angst und Autosuggestion zu einem aufwühlenden Grusical verdichten? Dass der Werwolf „derzeit keine glaubwürdige Schreckensfigur darstellt“, wie Matthias Burgard schreibt, darf durch solche Begebenheiten wohl als hinreichend widerlegt gelten. Auch zahlreiche weitere Sichtungen führen uns tief hinein in die Twilight Zone zwischen lichter Rationalität und mythologischem Dunkel:

Greggton, Texas. In einer Gewitternacht hört Mrs.Delburt Gregg20 ein Scharren an den Fensterläden ihres Schlafzimmers, wie von Klauen. Als sie die Rollos öffnet, zerreißt ein greller Blitz die Dunkelheit. Durch die Scheibe starrt ihr eine grauenvolle Wolfsfratze mit gelbweißen Reißzähnen entgegen. Das Tier huscht zu einem Gehölz in etwa zehn Meter Entfernung. Mrs.Gregg richtet eine starke Taschenlampe auf das Buschwerk und wartet, ob der Wolf sich noch einmal zeigt. Stattdessen kriecht ein Mann aus dem Unterholz und läuft mit großen Schritten in die Dunkelheit davon.

Jefferson, Wisconsin. Auf dem Highway 18 bemerkt ein Mann namens Mark Schackelman21 ein seltsames Wesen auf einem alten Indianerhügel. Die Kreatur geht aufrecht, ist fast zwei Meter groß und mit einem dichten Fell bekleidet. Das Gesicht beschreibt Schackelman als affenartig, allerdings mit einer Wolfsschnauze und einem bedrohlichen Gebiss. An den Händen zählt er nur drei Finger und einen grotesk verformten Daumen. Das Tier gibt knurrende Laute von sich und beginnt, wild in der Erde zu graben. Schackelman, der tief religiös ist, ist überzeugt davon, etwas Böses vor sich zu haben, und fährt davon, während er ein Gebet spricht.

Jahre später hat Dennis Fewless22 auf dem Highway 18 eine ähnliche Begegnung. Gegen Mitternacht erfassen die Scheinwerfer seines Autos ein wolfsähnliches dunkelbraunes Biest auf der Fahrbahn, das von Kopf von Fuß beharrt ist. Den massigen Körper schätzt Fewless auf mindestens 200Kilogramm. Trotzdem hechtet das Wesen mit einer gedankenschnellen Bewegung von der Straße, überspringt mit einem gewaltigen Satz einen Stacheldrahtzaun und ist verschwunden.

Doch nicht für immer.

Im ländlichen Jefferson County alarmiert eine Frau23 die Polizei, weil ein Monster auf der Farm sein Unwesen treibe. Das Protokoll, das die Beamten aufnehmen, liest sich wie die Beschreibung eines Werwolfs: groß, aufrecht gehend, dunkles Fell, unnatürlich lange Arme und Klauen an den Händen. Das Wesen habe in der Scheune ein Pferd angegriffen und dem Tier eine tiefe Reißwunde zugefügt.

Die achtzehn Jahre alte Doristine Gipson24 hat eine unheimliche Begegnung auf der Bray Road bei Delavan. Spät nachts merkt sie während der Fahrt ein kurzes Ruckeln, ihr Wagen schleudert und sie lenkt instinktiv dagegen, um die Spur halten zu können. Anscheinend hat sie etwas überfahren. Sie steigt aus, um nachzusehen. Licht gibt es keins, bis auf das ihrer Scheinwerfer. Doristine hört ein leises Tappen, das sich schnell über den Boden fortbewegt.

Aus der Dunkelheit hastet ein riesiger Schatten mit gelben Bernsteinaugen auf sie zu. Die junge Frau springt in den Wagen und gibt Vollgas. Im selben Moment kracht ein schwerer Körper auf den Kofferraum. Das Wesen versucht sich festzuhalten, aber es hat geregnet, und Blech und Heckscheibe sind glitschig. Ein widerliches Jaulen weht hinter dem Wagen her wie eine Sirene. Doristine Gipson entkommt. In der Folgezeit berichten immer wieder Augenzeugen vom „Bray Road Beast“.25

1988 schaltete eine amerikanische Radiostation für sechs Wochen ein „Werwolftelefon“ frei. Während dieser kurzen Zeitspanne gingen 340000Zuhöreranrufe ein, von denen viele erzählten, dass sie mindestens einmal im Leben einen Werwolf gesehen hätten.26

Auch in England werden regelmäßig „Werewolf Sightings“ gemeldet, vor allem aus der Gegend um Cannock Chase bei Staffordshire.

Und stets sehen die Menschen dabei etwas, das aussieht wie ein großer Hund – der sich dann aber plötzlich aufrichtet und auf zwei mächtigen Hinterbeinen davonrennt und in den Wäldern verschwindet: „The reports claim that witnesses sight what appears to be a large dog, however when they get closer, it becomes apparent it is not a dog, as the creature pulls itself upright, and runs into the forest on its two hind legs.“27

Das Lokalblatt Cannock Chase Post28 schreibt im Mai 2007 von einer „hairy, wolf-type creature“, welche die malerische Gegend immer wieder heimsuche.

Und in Deutschland?

In dem Portal wahrexakten stoßen wir auf folgenden Fall,29 der sich in der Nähe von Gieselwerder an der Weser ereignete:

„Als ich mit meinem Kumpel beim Wildnis-Campen draußen am Feuer saß, fiel uns nach einer Weile auf, dass wir anscheinend nicht allein waren […]. Wir machten uns also gemächlich und ziemlich unbeeindruckt auf, um mal nachzusehen. Wir waren dann etwa 50Meter vom Zelt entfernt und hörten sehr merkwürdige Geräusche, fast wie von einem Menschen, der zu viel getrunken hat. Nach einer Weile entdeckten wir im höheren Gras die Umrisse einer gebückten/knieenden Person […].

Und nun wird’s komisch im Sinne von unheimlich. Die Person stand auf einmal auf und wir konnten im fahlen Licht erkennen, dass diese komplett in Fell gekleidet war und ansonsten wohl nichts weiter […]. Mein Kumpel schrie den Kerl an (männlich oder weiblich ließ sich nicht genau bestimmen), er sah uns und brüllte einen Tierlaut, dass uns ziemlich mulmig wurde.

Spätestens nachdem er irgendetwas mit dem Mund vom Boden aufhob und dann wie von der Tarantel gebissen im Wald verschwand, wurde uns das Bizarre, aber auch Gefährliche der Situation bewusst […]. Wir verbrachten eine wache Nacht, aber nichts weiter geschah. Am nächsten Morgen fanden wir an derselben Stelle Hühnerfleisch, Flügel und Kopf.

Also es wäre sehr hilfreich, wenn irgendwer auch schon mal so etwas Ähnliches in der Gegend oder anderswo erlebt hat. Also bitte um Infos oder um eine kurze Meldung à la: Hey, ich war der Werwolf!“

Selbstbezichtigungen der gewünschten Art finden sich im „Wahre X-Akten“-Forum nicht – dafür aber weitere mysteriöse Geschichten, etwa diese:30

„Mein Freund (für den ich hier poste, weil er erstens kein Internet hat und zweitens er sonst wieder für mehrere Stunden nicht ansprechbar wäre) ist vor zwei Jahren im Wald um sein Dorf Baalborn bei Kaiserslautern spazieren gegangen. Wie die Nacht war, ob sternenklar oder nicht, weiß ich nicht, jedenfalls konnte er nicht schlafen.

Er war gerade auf dem Heimweg Richtung Dorf (drei der vier Ortseingänge sind von Wald umschlossen, in der Dämmerung kann man von seinem Fenster aus die Rehe am Waldrand sehen), als plötzlich ein Tier (?), etwa so groß wie er selbst (1,98m), vor ihm stand. Der Oberkörper war nach vorne gebeugt, die sehr langen Arme schleiften fast über den Boden. Die Augen leuchteten rot. Das Fell war schwarz und zottelig. Das ganze Wesen kam ihm wie etwas Wolfs- oder Hundeähnliches vor.

Das Nächste, woran er sich erinnern kann, ist, dass er panisch nach Hause rannte und hinter sich die Haustür zuschlug. Als er der Kreatur gegenüberstand, hatte er sofort ein Gefühl, als ob das Geschöpf ihm feindlich gesinnt wäre. Fast wie ein Raubtier kurz vorm Sprung auf seine Beute.“

Kaiserslautern ist nur rund 80Kilometer von Morbach entfernt. Sind wir mit diesem Vorfall wieder am Anfang unseres Kapitels – beim letzten Werwolf Deutschlands? Auch wenn die ehemalige Hahn Air Base heute ein ziviler Flughafen ist?

Möglicherweise. Denn die alte Horrorgestalt ist nicht verschwunden, sondern der Gegenwart erhalten geblieben. Nicht nur in dem preisgekrönten Kartenspiel „Die Werwölfe von Düsterwald“, das so beworben wird:31 „In einem kleinen Dorf im Hunsrück geschehen merkwürdige Dinge. Nachts verschwinden immer wieder Dorfbewohner. Das Einzige, was man von ihnen findet, sind blutverschmierte Kleider. Was ist geschehen? Es macht im Dorf die Runde, dass Werwölfe hier ihr Unwesen treiben und sich Nacht für Nacht ein neues Opfer holen. Ob da etwas dran ist?“

Die Popularität des Werwolfes sorgt weiterhin für sagenhaften Gesprächsstoff. „Das Angsterlebnis und das magisch-mythische Denken sind zeitlos und gehören zum Dasein des Menschen, das auch in der hochtechnisierten Gegenwart seine ungelösten Rätsel bereithält“, sagt der Kulturanthropologe Matthias Burgard.32

Sicher scheint nur eines, und das bringt die amerikanische Autorin Linda S.Godfrey33 sehr treffend in ihrem Buch „Hunting the American Werewolf“ zum Ausdruck: Jeder, der bewusst nach einem Werwolf sucht, ist bislang nicht fündig geworden.

Anmerkungen

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