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TANZ MIT MIR, BIS DER MORGEN KOMMT von SORAYA LANE Goodbye, Sofia: Die königliche Pflicht ruft, Prinz Nikandros muss unerwartet den Thron von Akathinia besteigen. Da ist für seine Geliebte kein Platz mehr. Doch dann erfährt er, dass er die schöne Bürgerliche nicht allein in Manhattan zurückgelassen hat … GEFÄHRLICHE SEHNSUCHT NACH DEINEN KÜSSEN von STEFANIE LONDON Dieser Mann ist unwiderstehlich! Doch Elise darf nicht schwach werden: Col hat sie vor fünf Jahren nach nur einer gemeinsamen Nacht schmählich verlassen! Als er jetzt wieder vor ihr steht, würde sie ihn am liebsten davonjagen – aber der sexy Millionär macht ihr ein Angebot, das sie unmöglich ausschlagen kann. Immerhin könnte es ihr damit gelingen, ihr finanzschwaches Ballettstudio zu retten. Elise sagt Ja. Und weiß sofort, dass es ein Fehler ist. Denn sie sehnt sich immer noch nach Cols Küssen – aber darf sie ihr Herz ein zweites Mal so wissentlich in Gefahr bringen? DU HAST DICH IN MEIN HERZ GETANZT von ALLISON LEIGH Nie wieder wird Lucy nach einer Verletzung als Ballerina auf der Bühne stehen! Aber das Leben ist trotzdem schön. Wovon sie unbedingt ihren verwitweten Nachbarn Beck Ventura überzeugen will. Und dessen süße, schüchterne Tochter, die davon träumt, Ballerina zu werden … FEURIGES VERLANGEN - UNERFÜLLTE SEHNSUCHT von BARBARA DUNLOP Was für eine Schönheit ist aus dem Mädchen geworden, das damals die Ranch verlassen hat! Reed begehrt die grazile Ballerina Katrina – und auch in ihren Augen lodert Verlangen. Doch die Tänzerin liebt die Großstadt und hasst die Einsamkeit Colorados. Bald steht Reed vor der schwersten Entscheidung: Soll er mit Katrina nach New York gehen? Oder ihre Liebe nur als leidenschaftlichen Tanz eines Sommers in Erinnerung behalten? SINNLICHES DINNER FÜR ZWEI von KIMBERLEY LANG Evan Lawford ist nicht nur der arroganteste Mann, der Olivia je begegnet ist, sondern leider auch der erfolgreichste. Und das ist das Einzige, was im Moment für die schöne Ballerina zählt. Zwar hat sie nie vergessen, dass Evan sie einst nach nur einer Nacht kalt fallen ließ. Aber jetzt muss sie ihren Stolz vergessen und ihn zum Dinner treffen. Schließlich braucht sie einen Sponsor, der ihre Karriere fördert! Allerdings ist Evan attraktiver denn je, sodass es sofort wieder sinnlich zwischen ihnen prickelt. Und ehe Olivia sich versieht, gerät ihr Herz erneut in Gefahr …
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Seitenzahl: 958
Cover
Titel
Inhalt
Tanz mit mir, bis der Morgen kommt
Cover
Titel
Impressum
1. KAPITEL
2. KAPITEL
3. KAPITEL
4. KAPITEL
5. KAPITEL
6. KAPITEL
7. KAPITEL
8. KAPITEL
9. KAPITEL
10. KAPITEL
EPILOG
Gefährliche Sehnsucht nach deinen Küssen
Cover
Titel
Impressum
1. KAPITEL
2. KAPITEL
3. KAPITEL
4. KAPITEL
5. KAPITEL
6. KAPITEL
7. KAPITEL
8. KAPITEL
9. KAPITEL
10. KAPITEL
11. KAPITEL
12. KAPITEL
EPILOG
Du hast dich in mein Herz getanzt
Cover
Titel
Impressum
PROLOG
1. KAPITEL
2. KAPITEL
3. KAPITEL
4. KAPITEL
5. KAPITEL
6. KAPITEL
7. KAPITEL
8. KAPITEL
9. KAPITEL
10. KAPITEL
Feuriges Verlangen – unerfüllte Sehnsucht?
Cover
Titel
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1. KAPITEL
2. KAPITEL
3. KAPITEL
4. KAPITEL
5. KAPITEL
6. KAPITEL
7. KAPITEL
8. KAPITEL
9. KAPITEL
10. KAPITEL
Sinnliches Dinner für zwei
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4. KAPITEL
5. KAPITEL
6. KAPITEL
7. KAPITEL
8. KAPITEL
9. KAPITEL
10. KAPITEL
11. KAPITEL
12. KAPITEL
EPILOG
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Contents
IMPRESSUM
Tanz mit mir, bis der Morgen kommt erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
© 2016 by Soraya Lane Originaltitel: „Married for Their Miracle Baby“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRA Band 429 - 2017 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Sabine Reinemuth
Umschlagsmotive: Jun / Getty Images
Veröffentlicht im ePub Format in 12/2023 .
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH , Pößneck
ISBN 9783751528337
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag: BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY
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Blake Goldsmith ließ sich den Whiskey auf der Zunge zergehen. Er genoss das leichte Brennen in seiner Kehle und die angenehme Wärme in seinem Inneren. Er trank nie übermäßig viel, doch der Alkohol half ihm, Galaveranstaltungen wie diese zu überstehen.
Nachdenklich betrachtete er das, was in seinem Glas von dem Eiswürfel übrig geblieben war. Eine schwere Entscheidung, entweder würde er auf einen weiteren Whiskey verzichten oder sich an der dicht besetzten Bar einen holen müssen. Keine der beiden Lösungen sagte ihm zu.
Lieber wollte er raus aus dem Gedränge und etwas frische Luft schnappen. Wie er diese Veranstaltungen hasste! Die Versteigerung musste er noch abwarten, doch anschließend würde er sofort nach Hause gehen.
Wäre er doch im Märchen und hätte einen Wunsch frei! Dann wollte er wieder dort sein, wo er sich am wohlsten gefühlt hatte, am Steuerknüppel seines Hubschraubers und bei den Kameraden in der Armee. Doch wünschen half heutzutage nichts mehr.
Als er im Gedränge versehentlich gegen eine Frau stieß, entschuldigte er sich, ohne sie dabei anzusehen. Er hatte kein Interesse daran, mit jemandem ins Gespräch zu kommen. Irgendwie wirkten alle gleich.
Obwohl er sich mittlerweile mit seinen geänderten Lebensumständen hätte abfinden müssen, war er dazu nicht in der Lage. Mit seiner Rolle als schwarzes Schaf, das wieder zurück in die heimische Herde gekehrt war, konnte und wollte er sich einfach nicht abfinden.
Blake öffnete die Tür zum Foyer und blieb wie vom Blitz getroffen stehen. Wow! Unwillkürlich straffte er sich.
Die aufregende Fremde stand allein am Fenster, die bunt illuminierte Skyline des nächtlichen New York im Rücken. Tizianrotes Haar fiel ihr offen über die Schultern, die kirschrot geschminkten, sinnlichen Lippen bildeten einen atemberaubenden Kontrast zu ihrer außergewöhnlich hellen und zarten Haut. Die Frau glich einer von Meisterhand geschaffenen Puppe, denn auch Figur und Haltung waren perfekt. In der einen Hand hielt sie ein volles Champagnerglas, in der anderen eine elegante Clutch.
Unter all den Frauen mit ihren durchgestylten Hochsteckfrisuren, deren Haarlack mit den Pailletten ihrer Kleider um die Wette glänzte, bildete sie die große Ausnahme. Sie war so erfrischend wie die kühle Nachtluft, nach der er sich einige Minuten zuvor so gesehnt hatte.
Blake verschwendete keine Sekunde. Da er nicht wusste, ob sie wirklich solo war oder lediglich auf ihren Begleiter wartete, hieß es, die Gelegenheit beim Schopfe zu packen. Obwohl er an keiner festen Partnerschaft interessiert war, sprach nichts gegen einen Flirt mit einer schönen Frau.
Er drängte mehrere Menschen beiseite, die ihm im Weg standen – natürlich nicht, ohne dabei eine halbherzige Entschuldigung zu murmeln. Er wollte nur eins, nämlich möglichst schnell die Frau erreichen, die ihn wie magisch anzog. Was für eine Wende an diesem langweiligen Abend, der für ihn als reiner Pflichttermin begonnen hatte! Er musste sich auf dieser Wohltätigkeitsgala zeigen und ein Kunstwerk ersteigern, weil das gut für das Image des Familienunternehmens war, der Luftcharterfirma Goldsmith Air.
Die faszinierende Fremde lächelte ihn amüsiert an, als er so plötzlich vor ihr auftauchte. Einen Moment lang war Blake verlegen und musste sich räuspern, fing sich jedoch schnell.
„Ich würde Ihnen gerne einen neuen Drink holen.“ Jetzt lächelte auch er. „Anscheinend haben Sie für Champagner nichts übrig, sonst hätten Sie schon längst einen Schluck getrunken.“
Sie lachte und legte den Kopf leicht zurück. Die roten Locken fielen ihr über die Schultern und betonten die helle, zarte Haut, die Blake schon von Weitem aufgefallen war.
„Ganz im Gegenteil, ich liebe Champagner, aber die Stimmung hier …“
„… schlägt einem aufs Gemüt“, ergänzte Blake und nickte.
„Ja, das kann man wohl sagen.“ Sie verzog den Mund, den Blake am liebsten auf der Stelle geküsst hätte.
„Blake“, stellte er sich vor und reichte ihr die Hand. „Blake Goldsmith.“
Ihr Händedruck war fest und machte sie ihm noch sympathischer.
„Saffron Wells, meine Freunde nennen mich Saffy.“
„Und was machte eine aufregende Frau wie Sie auf einer derart langweiligen Veranstaltung?“
„Ich hatte meiner Freundin fest versprochen, hier zu erscheinen.“ Sie zuckte die Schultern. „Für sie ist dieser Event von größter Wichtigkeit, da eins ihrer Bilder heute Abend versteigert wird – Claire ist nämlich Künstlerin. Außerdem war es für mich eine Gelegenheit, groß auszugehen, normalerweise lebe ich nämlich sehr zurückgezogen.“
Saffron Wells mochte sich auf dieser Veranstaltung deplatziert vorkommen, doch das sah man ihr nicht an. Ganz im Gegenteil, man hätte meinen können, die Glitzerwelt der High Society sei genau ihre Welt.
Anerkennend betrachtete Blake ihr kurzes, schulterfreies Kleid aus blauem Satin. Er wusste nicht, was er attraktiver fand, ihr Dekolleté oder ihre fantastischen Beine. Und er musste sich beherrschen, Saffron Wells nicht wie ein verzückter Schuljunge anzustarren.
„Und was machen Sie, wenn Sie Ihrer Freundin gerade keinen Gefallen tun?“, erkundigte er sich.
„Nicht viel.“ Ihr Lächeln war plötzlich wie weggewischt. „Ich nehme mir gerade eine Auszeit und arbeite als Barista in einer Espressobar.“
Blake biss sich auf die Lippe. Offensichtlich hatte er genau die falsche Frage gestellt.
„Was Kaffee angeht, bin ich auch äußerst wählerisch und anspruchsvoll“, versuchte er, seinen Fehler wiedergutzumachen, und lächelte sie aufmunternd an. „Die Barista in meinem Lieblingscafé ist die wichtigste Frau in meinem Leben.“
„Und was treiben Sie – außer Kaffee trinken?“
Das Gespräch nahm einen Verlauf, den Blake nicht gewollt, jedoch selbst in Gang gesetzt hatte. Er war ärgerlich auf sich selbst. „Ich arbeite in unserem Familienunternehmen“, erklärte er. „Das ist auch der Grund, weshalb ich überhaupt hier bin. Ich bin geschickt worden.“
„Sie Ärmster!“
„Das kann man wohl sagen.“ Blake war angenehm überrascht. Saffron Wells hatte anscheinend keinen blassen Schimmer, wer er war, und würde daher auch keinen Bericht über das Treffen mit ihm in den sozialen Netzwerken posten. Der Hype um ihn als einen der begehrtesten Junggesellen New Yorks war ihm unerträglich. Bei all den Gerüchten, die über den Tod seines Vaters kursierten, war ihm das Aufsehen doppelt lästig.
Das Gespräch mit Saffron empfand er als Geschenk des Schicksals, es war eine Auszeit, in der er nur er selbst sein durfte und keine Rolle spielen musste. Blake winkte einem Ober mit einem Tablett voller Getränke. Er nahm Saffron das unberührte Glas aus der Hand und gab es zusammen mit seinem leeren Whiskybecher zurück. Dafür nahm er sich zwei Kelche, in denen der Champagner noch perlte.
„Nichts schmeckt schlimmer als abgestandener Champagner.“ Er reichte Saffron eins der Gläser und lächelte gewinnend. „Lassen Sie uns nach draußen gehen.“
Seine Taktik zeigte Erfolg, Saffrons Traurigkeit verflog, und sie nickte erfreut. „Eine fabelhafte Idee, nichts wie raus hier.“
Blake legte ihr die Hand an die Taille und führte sie Richtung Balkon – der wahrscheinlich fest in der Hand von Rauchern war, doch das interessierte ihn nicht. Stickiger als hier im Saal konnte die Luft auch dort nicht sein.
Die gläserne Schiebetür war nur einen Schritt entfernt, als die Lautsprecher eingeschaltet wurden. „Meine Damen und Herren, darf ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten …“
Blake stöhnte. Wäre er doch nur eine Sekunde schneller gewesen … Er beugte sich nah an Saffrons Ohr. Wie seidig sich ihr Haar an seinem Kinn anfühlte, wie es duftete! „Sollen wir einfach schwänzen?“
Sie schüttelte den Kopf. „Erst die Pflicht, dann das Vergnügen.“ Sie zwinkerte ihm zu.
Obwohl er lieber mit ihr auf den Balkon gegangen wäre und per Handy geboten hätte, gab Blake sich geschlagen. Doch um nichts in der Welt hätte er sich von Saffron getrennt, die ihn anscheinend verhext hatte.
Ob das an ihrem roten Haar lag? Zwischen all den meist blonden oder schwarzhaarigen Frauen fiel sie jedenfalls auf. Auch ihre Figur war aufsehenerregend. Saffron war ausgesprochen grazil, ohne dabei jedoch zerbrechlich zu wirken, ihre Beine waren sogar ausgesprochen muskulös. Und ihre Körperhaltung, die ihm schon von Weitem aufgefallen war, wirkte aus der Nähe betrachtet noch anmutiger.
Blake war überzeugt, noch nie einer so schönen und anmutigen Frau begegnet zu sein.
Während Saffron wahrscheinlich gar nichts sah, konnte er mühelos über die Köpfe der anderen Gäste hinweg bis zu Bühne sehen. Der Moderator justierte gerade sein Mikro und redete dann weiter.
„Zuallererst möchte ich mich bei Ihnen für Ihr zahlreiches Erscheinen bedanken. Wie Sie wissen, geht es heute Abend darum, möglichst viel Geld zu sammeln, um Kinder aus unterprivilegierten Schichten mit warmer Wintergarderobe auszustatten. Lassen Sie uns also ohne weitere Vorreden mit der Versteigerung beginnen. Das Bild mit der Katalognummer eins bitte auf die Bühne.“
Saffron nippte an ihrem Champagner.
„Das ist von meiner Freundin“, meinte sie. „Sie hat ein ganzes Jahr immer wieder daran gearbeitet, bis es endlich ihren Vorstellungen entsprach.“
Blake zog den zerknitterten Flyer aus der Innentasche seines Smokings und warf einen Blick auf das entsprechende Foto. Er war nicht sonderlich an Kunst interessiert, ihm ging es in erster Linie darum, für einen guten Zweck zu spenden.
Doch dieses Bild gefiel ihm ausgesprochen gut. Der Anblick der bunten Farbwirbel stimmte den Betrachter positiv und optimistisch. Zudem klang die Biografie der Künstlerin vielversprechend, sie schien auf dem besten Weg, sich unter Kennern einen Namen zu machen. Wenn er für ein Bild bot, das im Laufe der Zeit an Wert gewann, schlug er zwei Fliegen mit einer Klappe: Er spendete für einen wohltätigen Zweck und investierte gleichzeitig in die Zukunft.
Jetzt übernahm der Auktionator das Mikro. „Hiermit eröffne ich die Versteigerung dieses Bildes“, kündigte er an. „Fünfhundert Dollar zum Ersten …“
Blake hob die Hand gerade so hoch, dass sie dem geschulten Blick des Auktionators nicht entging. Bei den anschließenden Geboten nickte er lediglich, um keinerlei Aufmerksamkeit im Saal zu erregen. Selbst Saffron bekam nicht mit, dass Blake es war, der den Preis in die Höhe trieb, weil er sich nicht geschlagen geben wollte.
Bei zehntausend Dollar erhielt er den Zuschlag. Für eine bisher in der Öffentlichkeit noch relativ unbekannte Künstlerin musste es den Durchbruch bedeuten. Auf einer derart prestigeträchtigen Auktion für eines ihrer Werke so einen enormen Preis erzielt zu haben war ein sensationeller Erfolg.
„Claire wird ihr Glück kaum fassen können!“ Strahlend blickte Saffron zu Blake auf. „Unter all den bekannten Künstlern war sie die einzige Außenseiterin und trotzdem …“ Sie kniff die Augen zusammen. „Was ist? Warum lächeln Sie so?“
„Das Bild gehört jetzt mir“, klärte er sie auf. „Hoffentlich wird Ihre Claire eines Tages eine berühmte Künstlerin, dann habe ich eine lustige Anekdote zu erzählen. Außerdem kann ich mich dann damit brüsten, ein großes Talent bereits im Ansatz zu erkennen und mein Geld äußerst klug in Kunst zu investieren.“
Saffron hob ihr Glas und prostete ihm zu. „Sie sind verrückt!“
„Nein, lediglich in Spendierlaune.“
Da Blake seinen Vorsatz, für einen guten Zweck zu spenden, wahr gemacht hatte, konnte er jetzt ruhigen Gewissens gehen. Er legte Saffron die Hand auf den Arm.
„Warten Sie auf dem Balkon auf mich? Ich muss noch die Formalitäten erledigen.“ Eigentlich hatte er noch ein zweites Bild ersteigern wollen, doch stattdessen würde er einen großzügigen Spendenscheck ausstellen.
Sie nickte. „Mache ich.“
Blake zögerte. Würde Saffron die Gelegenheit nutzen und auf Nimmerwiedersehen verschwinden? Er runzelte die Stirn.
„Sie haben mir gar nicht gesagt, in welcher Espressobar Sie arbeiten“, meinte er.
„Mag sein“, antwortete sie lächelnd.
Blake gab sich geschlagen und trat den Rückzug an, jedoch nicht ohne sich noch etliche Male nach ihr umzudrehen. Normalerweise warfen sich ihm die Frauen an den Hals, angelockt von Ruhm und Reichtum. Saffron war erfrischend anders.
Diese Schönheit war nicht auf Männerfang, und das machte sie noch interessanter. Obendrein schien sie offensichtlich wirklich keinen blassen Schimmer zu haben, wer er war. Das bot ihm eine völlig neue Perspektive: einfach nur er selbst zu sein.
Saffron blickte Blake hinterher, bis er in der Menge verschwand. Sie hatte Claires Einladung zu der Wohltätigkeitsgala nur widerwillig angenommen. Small Talk lag ihr nicht, und außerdem hatte sie sich vor Fragen nach ihrer Verletzung gefürchtet. Bislang hatte sich jedoch niemand sonderlich für sie interessiert. Bis auf Blake.
Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wer er war, oder ob sie ihn hätte kennen müssen. Er hatte jedoch Claires Bild gekauft, als wären Ausgaben in dieser Größenordnung nichts Besonderes. Entweder war er sehr reich, oder er handelte im Auftrag eines Großunternehmens. Beides interessierte sie nicht, was sie faszinierte, war Blake als Mann.
Langsam schlenderte sie auf den Balkon. Bis auf ein Liebespaar, das eng umarmt in einer dunklen Ecke stand, war sie allein. Saffron trat ans Geländer, um die Aussicht zu genießen. Sie liebte New York, besonders bei Nacht, sie liebte die bunten Lichter und die Dynamik dieser Stadt, die nie zu schlafen schien. Nur hier fühlte sie sich wirklich zu Hause.
„Nicht erschrecken!“
Langsam drehte Saffron sich um und sah Blake an. Er hielt sein fast leeres Champagnerglas in der Hand, der oberste Knopf seines Hemdes war geöffnet, die Fliege saß schief und seine Smokingjacke stand offen. Er wirkte unbeschreiblich sexy.
„Ich war ganz in den herrlichen Anblick versunken“, erklärte sie. „Ich kann mich an New York einfach nicht sattsehen.“
Blake stellte sich neben sie und betrachtete das Panorama. „Sie sind keine New Yorkerin, oder?“
„Klingt mein Akzent immer noch so deutlich durch?“ Saffron seufzte. Sie war mit sechzehn, also vor zehn Jahren, in die Stadt gekommen und hätte schwören können, so zu sprechen, als sei sie hier geboren worden.
„Wenn man ganz genau hinhört, bemerkt man ab und zu ein leichtes Näseln. Aus welchem Staat kommen Sie?“
„Kentucky, aus einem verschlafenen Nest namens Maysville, dem ich längst den Rücken gekehrt habe, aber das mich anscheinend grundlegend geprägt hat.“
Blake stützte die Arme auf das Geländer und musterte sie ungeniert und voller Bewunderung. Eine innere Stimme riet ihr, sich umzudrehen und zu gehen. Stattdessen hob Saffron selbstbewusst den Kopf.
Von klein auf hatte sie nur für das Ziel gelebt, als Solotänzerin auf der Bühne zu stehen. Sie hatte hart trainiert und auf alle Annehmlichkeiten einer normalen Kindheit und Teenagerzeit verzichtet. Jungen und Partys hatte es für sie nicht gegeben. Doch Blake gefiel ihr. Außerdem war sie in Laune für einen Flirt, weil sie dabei zum ersten Mal in ihrem Leben nicht in Konflikt mit Karriere und Selbstdisziplin geriet.
„Und was macht ein Mädel vom Lande in einer Stadt wie New York?“
Saffron trank einen Schluck. Sie war sich nicht sicher, wie viel oder wie wenig sie Blake über sich verraten sollte. „Das ist eine lange Geschichte.“
Blakes Lächeln und die kleinen Fältchen, die sich dabei in den Augenwinkeln bildeten, waren einfach unwiderstehlich. Dieser Mann mit seinen dunklen Augen, dem fast schwarzen Haar und der sonnengebräunten Haut, seiner athletischen Figur, dem maßgeschneiderten Smoking und dem blütenweißen Hemd war der geborene Verführer.
„Dann erzählen Sie“, forderte er sie auf. „Zufällig habe ich die ganze Nacht Zeit zum Zuhören.“
Seine sonore, leicht rauchige Stimme verursachte Saffron ein angenehmes Prickeln. Sie räusperte sich verlegen.
„Erzählen Sie lieber von sich, das ist bestimmt interessanter.“
Blake lachte. „Anscheinend haben wir uns gesucht und gefunden. Der eine möchte ebenso wenig über sich verraten wie der andere.“
Wieder setzte Saffron ihr Glas an die Lippen. Sie trank mehr als üblich. Bisher hatte sich ihr gesamtes Dasein stets allein um Training und ausgewogene Ernährung gedreht. Wenn sie ausgegangen war oder gefeiert hatte, dann stets mit Kollegen, die den gleichen Verzicht leisten mussten wie sie.
Heute brauchte sie an Disziplin nicht zu denken, und sie fühlte sich herrlich unbeschwert. Das mochte am Champagner liegen oder auch an dem Mann, der neben ihr stand.
Sie sah Blake über den Rand ihres Glases an. „Dann meiden wir doch gewisse Themen einfach“, schlug sie vor. „Zum Beispiel, über meinen Beruf zu reden.“
Diesen einen Abend wollte Saffron in vollen Zügen genießen. Für einige Stunden wollte sie vergessen, wie sehr ihr Bein bei der geringsten Belastung schmerzte. Nur noch wenige Wochen würden ihr in der geliebten Stadt bleiben, denn ihr Traum von einer großen Karriere war geplatzt wie eine Seifenblase.
„Einverstanden. Dann lassen Sie uns irgendwohin gehen, wo wir uns wohler fühlen.“ Er leerte sein Glas in einem Zug. „Dieser Event nach dem Motto sehen und gesehen werden, ödet mich an.“
„Ganz meiner Meinung, ehrlich gesagt bin ich auch enttäuscht. Früher habe ich mir immer vorgestellt, wie aufregend es sein müsste, ansonsten unerreichbare Promis persönlich zu treffen. Doch niemand ist an einem ernsthaften Gespräch interessiert. Allen geht es lediglich darum, sich möglichst vorteilhaft in Szene zu setzen. Sie hungern danach, am nächsten Tag ein Bild von sich in den sozialen Netzwerken zu finden oder in den Klatschspalten der Illustrierten erwähnt zu werden.“
Saffron reichte Blake ihr leeres Glas. Sie hatte genug getrunken, wenn sie schon das Risiko einging, sich mit einem fremden Mann einzulassen, wollte sie wenigstens einen kühlen Kopf bewahren.
Während Blake die Gläser wegbrachte, nutzte sie die Gelegenheit, Claire zu texten.
Hey, Glückwunsch zu deinem tollen Erfolg. Habe ein Date mit dem Typen, der dein Bild gekauft hat. Falls du nichts mehr von mir hörst …
Sie lächelte, als sie die SMS abschickte. Claire würde sterben vor Neugier – oder vielleicht auch ein Gläschen auf sie trinken. Claire wurde nicht müde, ihr immer wieder zu empfehlen, mehr Spaß zu haben und das Leben nicht so ernst zu nehmen. Doch Claire hatte leicht reden, sie war es nicht, die zurück nach Maysville musste, falls es mit dem Tanzen nicht mehr klappte.
Als Ballerina musste sie das Leben ernst nehmen, sonst hätte sie keine Tänzerin werden können. Aber es machte ihr nichts aus, denn sie liebte ihren Beruf und die damit verbundene Disziplin. Sie konnte sich für sich nichts anderes vorstellen.
Ihr Handy summte bereits, als sie es noch nicht ganz verstaut hatte.
Amüsier dich gut. Ich werde ihn schon finden, falls es nötig sein sollte. Xoxo
„Sollen wir gehen?“ Blake bot ihr den Arm an.
„Gern.“ Schnell ließ Saffron das Handy in der Tasche verschwinden und hakte sich ein.
Sie kannte sich selbst nicht mehr. Noch nie war sie mit einem Mann von einer Party verschwunden, den sie dort zum ersten Mal getroffen hatte. Doch seit ihrer Verletzung war nichts mehr so wie früher. Da sie nichts mehr zu verlieren hatte, konnte sie sich Freiheiten erlauben.
Dennoch empfand sie den Gang zur Garderobe als Spießrutenlauf. Sie hatte das Gefühl, im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses zu stehen. Entweder war Blake Goldsmith eine bekannte Persönlichkeit, oder sie war überempfindlich und bildete sich nur ein, Aufsehen zu erregen.
„Tanzen Sie gern?“, erkundigte sich Blake.
Tanzen. Gab es in ihrem Leben etwas, das sie lieber tat?
„Manchmal“, antwortete sie vorsichtig, weil sie nicht wusste, worauf er hinauswollte.
„Ich hatte gehofft, Sie würden Nein sagen.“ Mit komischer Verzweiflung sah er sie an.
Saffron lachte, Blake besaß wirklich Humor. „Dann sage ich auch Nein – jedenfalls für heute.“
„Wenn Sie nicht in ein Tanzlokal möchten, können wir auch zu mir gehen.“
Blake spürte, wie sie sich versteifte. Er blieb stehen und sah sie an. „Entschuldigung, so war das nicht gemeint.“
Saffron schluckte. Obwohl ihr nicht so ganz klar war, was sie eigentlich wollte, wusste sie eins genau. Keinesfalls würde sie auf der Stelle mit ihm ins Bett springen. Ob Blake das von ihr erwartete? Sie war sich plötzlich unsicher, ob sie ihn richtig eingeschätzt hatte.
„Ich wollte nur vorschlagen, den anstrengenden Abend in Ruhe ausklingen zu lassen“, erklärte Blake. „Wenn wir nicht tanzen wollen, können wir uns auch eine ruhige Bar suchen oder eben zu mir fahren.“
Sie sah ihm in die Augen. Sie war sich ziemlich sicher, dass er keine Hintergedanken hegte. „Weshalb sollte ich Ihnen trauen, wenn ich Sie überhaupt nicht kenne?“, fragte sie dennoch.
Er lächelte und salutierte. „Gestatten, Blake Goldsmith, Ex-Offizier der US Air Force, Experte auf dem Gebiet des Personenschutzes. Bei mir sind Sie absolut sicher.“
Saffron war verblüfft. Blake ein ehemaliger Berufssoldat? Darauf wäre sie nie gekommen. Trotzdem stellte er eine Bedrohung für sie dar: Er weckte gefährliche Sehnsüchte in ihr.
Sie würde sich bestimmt auf keinen One-Night-Stand einlassen, wenn der Gedanke, in Blakes Armen zu liegen, auch noch so verlockend war.
„Die Entscheidung liegt allein bei Ihnen, Saffron. Mein Auto steht ganz in der Nähe, und wir können entweder in ein Lokal oder zu mir fahren.“
Um Zeit zu gewinnen, reichte Saffron der Gardobenfrau ihre Marke. Blake nahm den Mantel entgegen und half ihr beim Anziehen. Vorhin auf dem Balkon hatte Saffron die frische Nachtluft nichts ausgemacht, doch jetzt fröstelte sie.
„Wenn Sie mir versprechen, dass Ihre Wohnung geheizt ist, lassen Sie uns zu Ihnen fahren“, meinte sie schließlich.
„Sie werden garantiert keinen Grund zur Klage haben“, versprach er.
Arm in Arm gingen sie auf die Straße und standen nach wenigen Schritten vor einer schwarzen Luxuslimousine, die Blake per Fernbedienung öffnete.
Elegant ließ Saffron sich in den weich gepolsterten Sitz sinken und runzelte die Stirn.
„Das müssen Sie mir erklären“, meinte sie, nachdem Blake ausgeparkt hatte. „Wie bringt es ein Veteran der US Air Force dazu, ein Vermögen für ein Gemälde auszugeben und ein derartiges Auto zu fahren?“
„Goldsmith Air“, antwortete er lakonisch. „Familienunternehmen. Ich habe versucht, mich auszuklinken, und stehe jetzt voll in der Verantwortung.“
Saffron konnte sich vorstellen, wie es in ihm aussah. „Tut mir leid“, entschuldigte sie sich schnell. „Wir hatten ja abgemacht, keine Fragen zum persönlichen Hintergrund zu stellen.“
Bereits einige Querstraßen weiter hielt Blake schon wieder an und parkte vor einem altmodischen Wohnblock aus rotem Backstein, der tipptopp saniert war. Im Erdgeschoss war ein Café untergebracht, dessen Fensterfront noch hell erleuchtet war.
„Ist das Ihre Espressobar?“, fragte Saffron. „Die sieht ja echt edel aus!“
„Das ist sie auch, hier wird auch nur allerbester Kaffee aus eigener Röstung ausgeschenkt. Jeden Morgen werde ich von dem herrlichen Duft geweckt, und zum Frühstück bekomme ich einen perfekt gebrühten Kaffee serviert.“
„Er wird Ihnen in die Wohnung gebracht?“
„Ja, eins der Privilegien, wenn man nicht nur Kunde, sondern gleichzeitig auch der Hausbesitzer ist.“
Saffron enthielt sich eines Kommentars. Eins war sicher, Blake Goldsmith entsprach nicht dem Bild, das man sich von einem ehemaligen Soldaten machte, der ins zivile Leben zurückgekehrt war.
Dieser Eindruck bestätigte sich, als ihr Blake nach etlichen Sicherheitskontrollen seine Wohnungstür öffnete. Erstaunt sah sich Saffron in dem geräumigen und luxuriösen Loft um. Etwas Ähnliches hatte sie bisher nur in Architekturzeitschriften gesehen.
Das unverputzte Mauerwerk war im Originalzustand belassen worden. Die breiten, auf Hochglanz polierten Dielen zeugten von ihrer ehemaligen Bestimmung als Bodenbelag einer Maschinenhalle, die Gebrauchsspuren waren noch deutlich zu erkennen. Ergänzt wurde der hohe Raum durch eine moderne, offene Edelstahlküche, die hervorragend zu dem Industriedesign passte.
Sie ließ sich nicht anmerken, wie beeindruckt sie war. „Und das also ist Ihr Zuhause?“, fragte sie lediglich.
Blake zuckte die Schultern. „Ja, momentan wohne ich hier.“
Er nahm ihr den Mantel ab und warf ihn achtlos über die Lehne eines riesigen L-förmigen Sofas. Als sich Saffron umdrehte, um sich bei ihm dafür zu bedanken, stieß sie gegen ihn, so dicht hatte er hinter ihr gestanden. Sofort legte er ihr die Hände auf die Hüften, um sie zu stützen.
Saffron blickte zu ihm auf.
Ihr charmanter Gastgeber war attraktiv, stark und faszinierend, alles Eigenschaften, die ihr Interesse weckten. Saffron befand sich auf dünnem Eis. Einerseits wollte sie seine Hände wegschieben und fliehen, andererseits wünschte sie, er würde sie in die Arme ziehen.
Er sah sie an, als wolle er sie hypnotisieren. Sein Gesicht kam immer näher. Sie spürte seinen Atem auf ihrer Haut. Ihr Herz raste. Worauf ließ sie sich ein? Was tat sie in der Wohnung dieses Mannes? In seinen Armen? Sie wusste nicht viel mehr von ihm als seinen Namen.
„Ich möchte dich küssen.“ Seine Lippen berührten beim Sprechen fast die ihren.
Wie in Trance nickte sie, ihr Verstand schien sich verabschiedet zu haben. Anfangs war sein Kuss eine leichte und überaus zärtliche Liebkosung. Als sie ihm jedoch instinktiv die Arme um den Hals legte und sich an ihn schmiegte, wurde daraus ein leidenschaftliches Inbesitznehmen.
„Vielleicht sollten wir wirklich lieber etwas trinken“, meinte er, ohne die Lippen ganz von ihren zu lösen.
„Ja“, stimmte sie zu, ohne sich jedoch aus seinen Armen zu befreien. Blake zog sie an den Hüften noch näher zu sich heran.
Bis auf die Langzeitbeziehung zu einem Kollegen aus dem Ballett hatte Saffron keinerlei Erfahrung mit Männern. Das hielt sie jedoch nicht davon ab, Blake in diesem Moment heiß zu begehren. Sie würde alles dafür geben, ihn zu bekommen.
Auch Blake dachte nicht länger an Getränke. Er hob Saffron hoch, trug sie ums Sofa herum und ließ sie in die Kissen gleiten.
Ehe Saffron sich’s versah, hatte er Fliege und Smokingjacke zu Boden geworfen, lag neben ihr und machte weiter, wo er aufgehört hatte.
Saffron wusste, was sie tat, war falsch. Doch in dieser Nacht würde sie sich nehmen, wonach sie verlangte, und ihre Prinzipien vergessen. Wenn dieses Wochenende schon eins ihrer letzten in New York sein würde, dann sollte es wenigstens ein unvergessliches sein.
Ihre Karriere mochte vorbei sein, doch ihr Leben war es noch lange nicht.
Saffron öffnete die Augen, nur um sie schnell wieder zu schließen und sich unter der Decke zu verkriechen. Sie wusste nicht, wie man sich nach einer Liebesnacht am Morgen verhielt, und ein cooler Spruch fiel ihr auch nicht ein. Auf was hatte sie sich nur eingelassen?
„Guten Morgen.“
Sie atmete einmal tief durch, um sich Mut zu machen, und kam aus ihrem Versteck hervor. Sie setzte sich auf, die Decke krampfhaft vor die Brust gepresst.
Blake kam auf sie zu. Er war barfuß, trug ein weißes T-Shirt, eine verwaschene Jeans, und das helle Morgenlicht schien ihm ins Gesicht. Trotzdem wirkte er ebenso attraktiv und sexy wie am vergangenen Abend im Smoking und bei Kerzenschein. Saffron wusste genau, weshalb sie in seinem Bett gelandet war.
„Hallo“, antwortete sie unsicher, als er zu ihr ans Bett kam. Saffron schluckte. Wenn sie doch nur die Gelegenheit gehabt hätte, sich das Gesicht zu waschen und die Zähne zu putzen!
„Hier, sieh dir das an.“ Er reichte ihr sein Smartphone. „Es wäre wohl doch klüger gewesen, uns besser miteinander bekannt zu machen. Wäre uns bewusst gewesen, wie sehr jeder von uns im Fokus des allgemeinen Interesses steht, hätten wir überlegter handeln können. So sind wir den Reportern direkt vor die Linse gelaufen, statt uns durch einen Nebeneingang zu verdrücken.“
Neugierig blickte Saffron auf das Display – und hielt entsetzt den Atem an. Mit der einen Hand die Decke vor die Brust gepresst, wischte sie mit der anderen über den Touchscreen. Bilder von Blake und ihr. Blake, der sie anlächelte. Sie, die den Kopf in den Nacken legte und ihn anlächelte. Blake und sie, wie sie ins Auto stiegen.
Und dann die Kommentare! Während Blake als der begehrteste Junggeselle New Yorks gefeiert wurde, bezeichnete man sie als ausgemusterte Primaballerina.
Tränen brannten ihr in den Augen. Mit gesenktem Kopf gab sie Blake sein Smartphone zurück.
„Saffron, so schlimm ist es doch nun auch wieder nicht!“ Blake setzte sich auf die Bettkante, griff ihre Hand und küsste zärtlich die Innenfläche. „Nimm es nicht so schwer, in einigen Tagen wird kein Mensch mehr darüber reden.“
Sie schüttelte den Kopf. „Es sind nicht die Bilder, es macht mir nichts aus, mit dir gesehen zu werden. Es sind die Texte.“
Blake runzelte die Stirn. „Wieso? Meinst du, weil ich als Playboy hingestellt werde, der keine Gelegenheit auslässt, statt sich zu binden, wie es sich gehört? Das alles ist hoffnungslos übertrieben, kümmere dich nicht darum.“
Traurig winkte sie ab. „Mich als ausgemusterte Primaballerina zu bezeichnen ist kein leeres Gerede. Es ist die bittere Wahrheit, und das schmerzt.“
Er drückte ihre Hand. „Wahrheit? In deinem Alter und ausgemustert? Das glaubst du doch selbst nicht.“
Saffron erwiderte den Händedruck. „Danke für die netten Worte. Aber in der Welt des Balletts zähle ich wirklich nicht mehr zu den Jüngsten. Mein Körper hat mich vorzeitig im Stich gelassen, das bedeutet das Aus.“
„Du hast dich verletzt, das ist nicht das Ende, sondern du musst lediglich eine Zeit lang pausieren. Nach allem, was ich über dich in Erfahrung bringen konnte, bist du ein Ausnahmetalent.“
Sie lachte. „Hast du mich gegoogelt?“
„Ja, ich bin schon früh aufgestanden und habe dich noch schlafen lassen. Sofort nachdem ich die Bilder gesehen hatte, habe ich gründlich recherchiert.“
Wenigstens war er ehrlich. Und es schien, als bedeute sie ihm mehr als lediglich ein One-Night-Stand. Sie presste die Decke nicht mehr ganz so krampfhaft an die Brust. „Und was hast du über mich erfahren?“, fragte sie.
„Du bist als Teenager nach New York gekommen, hast hart trainiert und die entscheidenden Leute beeindruckt. Du hast deinen Kindheitstraum verwirklicht und den Part der Odette in Schwanensee bekommen.“
„Stimmt.“ Saffron nickte und schwieg. Was sollte sie auch mehr dazu sagen? Gab es für sie überhaupt noch eine Perspektive? Ihr ganzes bisheriges Leben hatte sich um ihre Karriere als Ballerina gedreht, und jetzt machte ihr die Gesundheit einen Strich durch die Rechnung. Gab es überhaupt noch eine Zukunft für sie? Wenn ja, wie sollte sie aussehen?
Blakes nächste Worte überraschten sie. „Ich weiß, wie du dich fühlst“, meinte er. Er streichelte ihr die Wange und sah ihr liebevoll in die Augen.
Saffron glaubte ihm nicht, rang sich jedoch ein Lächeln ab. „Hättest du vielleicht einen Kaffee für mich?“, wechselte sie abrupt das Thema.
„Natürlich.“ Wie sie gehofft hatte, stand er auf, um in die Küche zu gehen. „Ich brühe sofort welchen auf.“
Kaum hatte er das Zimmer verlassen, sprang Saffron mit einem Satz aus dem Bett. Da ihr Kleid noch im Wohnzimmer lag, sammelte sie lediglich ihre Dessous vom Boden auf und öffnete Blakes Schranktür. Sie fand ein mit Fleece gefüttertes Hoodie, das als Kleidersatz taugte, riss es vom Bügel und stürzte ins Badezimmer.
Nachdem sie ihre Morgentoilette in Rekordzeit erledigt hatte, musterte sie sich kritisch im Spiegel. Das Hoodie reichte ihr fast bis zum Knie, und wenn man bedachte, was für eine Nacht sie hinter sich hatte, sah sie wirklich nicht schlecht aus.
Das dachte wohl auch Blake. Als er kam, um sie zu holen. „Ich …“ Er verstummte. „Das steht dir wirklich gut“, meinte er schließlich anerkennend.
„Tut mir leid, dass ich einfach so deine Klamotten klaue. Aber ich wollte mich nicht halb nackt zu dir an den Frühstückstisch setzen“, entschuldigte sie sich.
Blake lachte nur. „Komm mit, ich habe alles fertig.“ Er hielt ihr die Tür auf.
Im Hintergrund erklang dezente Musik, und Saffron fiel es schwer, sich nicht neugierig umzusehen. Alles in dem Loft zeugte von Geld und gediegenem Geschmack.
Blake deutete auf die Küchenzeile. „Der Kaffee ist fertig, wenn du jedoch einen besonderen Mix mit Sirup bevorzugst, müssen wir den unten bestellen.“
Saffron schüttelte den Kopf. „Normaler schwarzer Kaffee ist völlig okay – allerdings mit viel Zucker.“
„Das hätte ich von einer Balletttänzerin nun nicht erwartet! Ich dachte, die meiden Zucker wie der Teufel das Weihwasser und hätten alle Essstörungen.“ Kaum hatte er die Worte geäußert, nahm er sie auch schon wieder zurück. „Entschuldigung, das war geschmacklos von mir.“
Doch Saffron zuckte die Schultern, an Vorurteile wie diese war sie gewöhnt. „Vergiss es“, meinte sie nur. „Außerdem ist wirklich etwas Wahres daran, viele Tänzer haben Probleme mit ihrer Ernährung.“
„Trotzdem war es ein ausgemacht dummer Spruch. Möchtest du mir nun erzählen, was im letzten Jahr passiert ist?“
Er schenkte ihr einen Becher Kaffee ein, fügte reichlich Zucker hinzu und schob ihn ihr über die matt glänzende Edelstahltheke zu. Er dagegen blieb auf der anderen Seite stehen und schob die Hände in die Taschen. „Ich würde sagen, es waren schwere Monate für dich“, versuchte er, ihr den Einstieg ins Gespräch zu erleichtern.
„Richtig.“ Saffron seufzte.
„Ich würde gern mehr darüber erfahren.“
„Muss das sein?“ In komischer Verzweiflung sah sie ihn an.
Blake lachte. „Unbedingt, ich bestehe darauf. Ich habe uns vorhin frische Waffeln bestellt, lass uns gemütlich frühstücken, und dabei erzählst du mir alles.“
Saffron überlegte. Sie wollte sich vor der Aussprache nicht drücken, obwohl sie sich zwingen musste, über ihren Leidensweg zu reden. Außerdem hatte sie Hunger und fand frische Waffeln attraktiver als die Wahrscheinlichkeit, den vor dem Haus wartenden Paparazzi direkt in die Arme zu laufen.
„Wir könnten uns auch über das unterhalten, was die Nacht zwischen uns gelaufen ist“, bot Blake großzügig an. Sein selbstgefälliges Lächeln reizte Saffron, ihm einen Dämpfer zu verpassen.
„Und wenn ich beides ablehne?“
„Dann rate ich eben, und du sagst mir, ob es stimmt.“
Doch noch bevor er die erste Frage stellen konnte, klingelte es, und Blake ging zur Sprechanlage. „Ich komme“, kündigte er an und verschwand.
Saffron blickte ihm hinterher. Erst heute Morgen fiel ihr auf, wie voll und lockig sein Haar war. Gestern Abend musste er es mit Gel gebändigt haben. Schon im Smoking hatte ihr Blakes Anblick den Atem verschlagen, doch barfuß und lässig gekleidet gefiel er ihr noch besser.
Sie trank langsam einen Schluck Kaffee und legte beide Hände um den Becher. Jetzt wäre eine gute Gelegenheit zur Flucht gewesen. Sie könnte schnell in ihr Kleid schlüpfen und das Treppenhaus hinunterlaufen, anstatt den Fahrstuhl zu nehmen, wie Blake es bestimmt getan hatte. Höchstwahrscheinlich würde sie ihn auf diese Weise umlaufen, und mit etwas Geschick würde sie Blake nie wieder begegnen müssen.
Doch wollte sie das wirklich?
Die vergangenen Monate waren die schlimmsten ihres Lebens gewesen. Die Schmerzen waren zwar erträglicher geworden, was jedoch nichts an den Tatsachen änderte. Der Unfall hatte ihr Leben zerstört. Sie fühlte sich unterfordert und orientierungslos, sie hatte sämtlichen Halt verloren.
Wie fremdbestimmt hatte sie an der Espressobar gestanden, Kaffee zubereitet, gelächelt und die Menschen bedient. Lediglich ihre gymnastischen Übungen hatte sie konsequent und mit Feuereifer ausgeführt, eine grundlegende Änderung hatte das jedoch nicht bewirkt. Der Bänderriss und die chronische Arthritis im Knie ließen keine schnellen Erfolge zu – wenn überhaupt Hoffnung auf Heilung bestand.
Blake war für sie das sprichwörtliche Licht am Ende des Tunnels gewesen, er hatte sie sofort fasziniert und ihre Lethargie vergessen lassen. Da alle ihre Freunde Kollegen waren und sie nicht mehr zur Ballettszene gehörte, hatte sie die letzte Zeit kaum noch gesellschaftliche Kontakte gepflegt.
Sie beschloss, nicht zu fliehen, sondern sich der Situation zu stellen. Entschieden stand sie auf, holte ihre Tasche, die sie gestern auf dem Sofa hatte liegen lassen, und suchte nach ihrem Lipgloss. Mehr hatte sie nicht dabei, um ihrem Aussehen nachzuhelfen, doch es würde reichen, sich etwas attraktiver zu fühlen.
Natürlich kontrollierte sie bei der Gelegenheit auch ihr Handy. Claire hatte ihr schon dreimal getextet – natürlich hatte auch sie die Bilder und Kommentare im Netz bereits entdeckt. Saffron schrieb in aller Eile zurück.
Mach dir keine Sorgen, alles bestens. Er ist ein Traum. Weißt du mehr über ihn?
Als sie ein Geräusch an der Tür hörte, steckte sie das Handy schnell zurück in die Tasche und warf sie wieder aufs Sofa. Schade, sie hätte Blake gern noch gegoogelt. Er schien ihr kein verwöhnter Sprössling reicher Eltern zu sein, und auch der Name Goldsmith Air sagte ihr nichts. Trotzdem musste Blake einem bekannten und einflussreichen Familienclan angehören, sonst hätten ihn die Medien nicht als New Yorks begehrtesten Junggesellen bezeichnet.
„Frühstück ist fertig!“ Blake stellte die Papiertüte auf die Frühstücksbar und packte sie aus.
Saffron setzte sich auf einen der hohen, mit schwarzem Leder gepolsterten Hocker. „Mmmh, das duftet ja lecker.“
„Waffeln mit Schlagsahne, Karamellsirup und frischem Obst. Ich mag es gern süß.“ Er zwinkerte ihr zu.
„Ich wollte noch etwas klarstellen“, meinte sie abrupt. „Wegen letzter Nacht.“
„Wenn du möchtest. Aber du musst dich zu nichts zwingen.“
Er reichte ihr einen Teller mit einer dicken Waffel, einem Berg von Sahne, frischen Blaubeeren und Ananas. Saffron schluckte.
„Normalerweise mache ich so etwas nicht. Ich wollte nur, dass du das weißt.“
Blake holte Besteck aus einer Schublade und setzte sich auf den Barhocker ihr gegenüber. „Danke für den Hinweis, doch er war unnötig. Der verschreckte Blick, mit dem du heute Morgen unter der Decke hervorgeschaut hast, hatte es mir längst verraten.“
„Ehrlich?“ Zweifelnd sah sie ihn an.
Er beugte sich vor und küsste sie leidenschaftlich – um sich im nächsten Moment wieder seiner Waffel zuzuwenden, als wäre nichts geschehen.
„Du bist echt eine ganz Süße“, meinte er zwischen zwei Bissen.
Saffron war pikiert. Der Kuss hatte offensichtlich keine tieferen Gefühle in ihm geweckt.
„Und du bist echt ein ganz Abgebrühter!“ Unnötig heftig spießte sie ein Stück Ananas mit der Gabel auf. Sie ärgerte sich maßlos über sich selbst. Während sie bei der kleinsten Zärtlichkeit nur so dahinschmolz, blieb Blake völlig cool. Er war ihr eine Spur zu selbstherrlich.
„Für dich versteht es sich anscheinend von selbst, dass eine Frau dich nur zu sehen braucht, um sofort mit dir ins Bett gehen zu wollen“, bemerkte sie bissig.
„Hey“, er legte die Gabel beiseite. „Ich wollte dir ein Kompliment machen, und du regst dich darüber auf!“
Saffron zuckte lediglich die Schultern.
„Außerdem verkennst du meine Situation. Seit ich unsere Firma leite, habe ich keine Zeit mehr für Frauen – und auch kein sonderliches Interesse. Der Einstieg in das zivile Leben und der anspruchsvolle Job haben mich voll und ganz gefordert. Wenn ich nicht im Büro war, habe ich mich hier in meiner Wohnung erholt. Ausgegangen bin ich nur, wenn ich unsere Firma repräsentieren musste.“
„Ja, stimmt, du hast es mir gesagt. Du hattest ursprünglich eine ganz andere Karriere im Auge.“
„Ja, damals, als meine Welt noch in Ordnung war“, antwortete er, ohne auszuführen, was er darunter verstand. „Aber wir wollten uns über dich unterhalten. Also erzähl, warum tanzt du nicht mehr?“
Blake staunte über sich selbst. Normalerweise langweilten ihn Frauen, sobald er das Bett mit ihnen geteilt hatte. Doch bei Saffron war das genaue Gegenteil der Fall. Sie faszinierte ihn umso mehr.
Seine Schwester war so freundlich gewesen, ihm bereits in den frühen Morgenstunden die Links zu schicken, unter denen er die Bilder von Saffron und sich abrufen konnte. Sie wäre nicht seine Schwester gewesen, wenn sie ihm nicht unverblümt ihre Meinung zu Saffron gesagt hätte: Endlich einmal eine ernst zu nehmende Kandidatin und keine seiner üblichen Modepüppchen, wie sie sich ausdrückte.
Blake aß ruhig weiter. Er wollte Saffron mit seinem Drängen nicht nervös machen. Sie war unsicher und wusste nicht, wie sie sich nach einem One-Night-Stand verhalten sollte, das lag auf der Hand.
Ursprünglich hatte er vorhin gleich wieder zu ihr kommen wollen. Ihr gehetzter und verängstigter Blick hatte ihn jedoch bewogen, seine Taktik zu ändern. Er begehrte sie zwar heftiger als zuvor, doch er musste mit Bedacht vorgehen und durfte sich nicht einfach nehmen, was er wollte.
Auch ihm tat diese Vorgehensweise gut. Einfach gemütlich frühstücken und sich entspannen hatte auch auf ihn eine positive Wirkung. Er hatte sich in den vergangenen Monaten offensichtlich viel zu stark auf seine neue Aufgabe konzentriert. Er hatte wie ein Besessener gearbeitet, um seine fachliche Kompetenz und seine Führungsqualitäten unter Beweis zu stellen. Erst jetzt fiel ihm auf, wie viel ihm dadurch entgangen war.
Verstohlen betrachtete er Saffron. Im Morgenlicht und ohne künstliche Beleuchtung wirkte das Rot ihrer Locken dunkler und ihre Haut noch heller und zarter. Saffrons braune Augen waren die schönsten, die er je gesehen hatte. Seine schöne Ballerina brauchte ihn nur anzusehen, und er war wie verzaubert.
Er räusperte sich und legte die Gabel beiseite.
„Komm, erzähl mir deine Geschichte“, forderte er sie ein zweites Mal auf. „Vielleicht kann ich dir ja helfen.“ Dabei dachte er an seine vielen Kontakte, vielleicht kannte ja jemand jemanden, der Saffron bei ihren gesundheitlichen Problemen helfen konnte.
Zu seinem Ärger summte sein Handy genau in diesem Moment. Er ließ es auf dem Tisch liegen, warf jedoch einen flüchtigen Blick auf das Display. Sein Assistent hatte ihm getextet. Sein wichtigster potenzieller Investor hatte die Fotos im Internet gesehen und daraufhin im Büro angerufen. Er war wieder unsicher geworden, weil Blake Goldsmith anscheinend doch kein zuverlässiger Geschäftspartner war, sondern lediglich ein reicher Playboy, der nichts als Frauen und Partys im Kopf hatte. Na prima!
Saffron hielt den Kopf gesenkt. „Mir kann keiner helfen“, meinte sie leise. „Alle Tänzer verletzen sich irgendwann einmal und müssen pausieren. Das ist einfach so. Doch bei mir geht es nicht um eine Auszeit, sondern um das Ende meiner Karriere. Ich muss mich geschlagen geben und bin gezwungen, als gescheiterte Ballerina nach Hause zurückzukehren. Für die horrenden Honorare von anerkannten Physiotherapeuten und Fachärzten fehlt mir trotz des Jobs das Geld. Die Lebenshaltungskosten in New York sind einfach zu hoch.“
Blake vergaß die SMS und dachte konzentriert über Saffrons Probleme nach. „Gibt es für dich keine anderen beruflichen Alternativen?“
Sie stocherte in ihrer Waffel herum. Als sie den Kopf wieder hob, standen ihr Tränen in den Augen.
„Schon als Kind träumte ich davon, einer weltberühmten Balletttruppe anzugehören. Dafür trainierte ich bis an die Grenzen meiner Leistungsfähigkeit – und der Erfolg ließ nicht auf sich warten. Ich wurde zur besten Ballettschule Kentuckys zugelassen und bekam schon wenig später ein Stipendium für meine weitere Ausbildung bei der New York Ballet Company. Mit achtzehn erhielt ich dort meinen ersten Vertrag.“
„Habe ich dich richtig verstanden? Du bist schon als Teenager nach New York gekommen? Ohne deine Eltern?“
„Ja, die ersten Monate war ich bei einer entfernten Verwandten untergebracht. Kurz nach meinem siebzehnten Geburtstag setzte ich meinen Kopf durch und zog zu anderen Tänzern meiner Truppe in eine Wohngemeinschaft. Meine Eltern hatten kapituliert. Sie wollten sich später nicht vorwerfen müssen, mich in meiner Karriere behindert und mein Leben zerstört zu haben.“
Verständnisvoll nickte Blake. Auch er hielt es für richtig, dass Eltern ihre Kinder förderten, statt ihnen Steine in den Weg zu legen.
„Und was geschah weiter? Wieso betrachtest du deine Karriere als gescheitert?“
„Ich zog mir einen komplizierten Bänderriss zu. Ironischerweise hatte ich gerade meine Traumrolle in Schwanensee erhalten – ich tanzte die Odette noch nicht einmal eine Saison.“ Sie blickte an ihm vorbei.
Blake wollte sie trösten, war dazu jedoch außerstande. Er konnte Saffron weder mit Worten noch durch Gesten trösten. Er selbst war ein Gezeichneter, und das Leben hatte für ihn seinen Sinn verloren. Wie sollte er Saffron da aufrichten können?
„Der Bänderriss wird irgendwann auskuriert sein“, meinte er lahm.
„Bei mir wahrscheinlich nicht. Schon seit Jahren habe ich gegen eine seltene Form von Arthritis zu kämpfen, besonders bei hoher Belastung. Doch meine Ärzte hatten die Krankheit im Griff und waren optimistisch, aber nach dem Bänderriss sieht das anders aus. Niemand glaubt mehr an eine Heilung. Deshalb wurde ich als berufsunfähig entlassen.“
Blake kochte vor Wut. Wie konnte sich jemand ein derartiges Urteil anmaßen? Wie konnte man einen Idealismus, wie Saffron ihn gezeigt hatte, bei der Prognose unberücksichtigt lassen? Seiner Meinung nach war der Kampf noch lange nicht verloren.
„Du brauchst mehr Spezialisten, alternative Heilmethoden, du bist jung und stark, du wirst dich wieder erholen!“ Seine Stimme klang heiser vor Erregung. „Du kannst dein Ziel nicht so leichtfertig aufgeben!“
„Willst du mir vorwerfen, voreilig die Flinte ins Korn geworfen zu haben? Sprichst du mir ab, nicht alles mir Mögliche getan zu haben?“ Jetzt war es Saffron, die wütend war.
Betroffen hob er die Hände. „Entschuldigung, ich habe mich wohl ungeschickt ausgedrückt. Meine Worte sollten wirklich kein Vorwurf sein! Ich wollte lediglich damit sagen …“
„Du brauchst mich nicht zu belehren!“ Kämpferisch sah sie ihn an. „Ich kenne die Wahrheit und bin bereit, ihr ins Auge zu sehen. Mich kann nur ein Wunder retten oder ein Hauptgewinn im Lotto. Geld ist der Schlüssel zu allem. Ich brauche es für kostspielige Therapien und um meinen Lebensunterhalt während meiner Genesung zu finanzieren.“
Sie seufzte und senkte den Blick. „Stattdessen heißt es für mich zurück nach Maysville. Ich werde als die kleine Saffron Wells bemitleidet werden, die es trotz ihres Talents zu nichts gebracht hat.“
Blake ballte die Hände zu Fäusten. Wenn er doch nur etwas für sie tun könnte! Er wusste auch nicht, weshalb ihn Saffrons Lage so in Rage brachte, aber es war so.
Wieder summte sein Handy. Die zweite Nachricht an diesem Tag von seiner Schwester. Wieso musste sie sich dauernd in sein Leben einmischen? Er las den kurzen Text.
Also? Wie steht es um euch? Ist sie wirklich eine Ballerina? Sie sieht bezaubernd aus. Behalte sie.
Blake blies ärgerlich die Luft durch die Nase. Was bildete sich seine kleine Schwester eigentlich ein, ihm gute Ratschläge geben zu wollen? Oder versteckte sich hinter ihrer flapsigen Aufforderung doch eine tiefere Weisheit?
Nachdenklich runzelte er die Stirn.
Saffron brauchte jemanden, der für ihre Therapie aufkam – er brauchte eine Frau, am besten natürlich eine Ehefrau, um sein Image als seriöser Firmenchef zu festigen. Er sah Saffron an. Sie war wirklich die schönste Frau, die er je getroffen hatte. Trotzdem hätte er nie an Ehe gedacht, wenn da nicht die Textnachrichten seines Assistenten und seiner Schwester gewesen wären.
Er stand an der Spitze eines millionenschweren Familienunternehmens und sein Privatleben wurde in den Medien breitgetreten. Bisher hatte er in der öffentlichen Meinung als reicher Playboy dagestanden. Das schien sich negativ auf die laufenden Verhandlungen für einen Riesenauftrag auszuwirken. Zudem schreckte es einen Investor ab, den er gern mit ins Boot geholt hätte.
Dieser hatte ihm offen ins Gesicht gesagt, kein wirkliches Vertrauen in ihn zu haben. Ein Mann wie Blake, der sich von einer Schönen zur anderen treiben ließ, anstatt Verantwortung für Frau und Familie zu übernehmen, könne seiner Meinung nach kein seriöser Geschäftsmann sein.
Mit dieser Ansicht stand der Mann nicht allein. Auch sein Vater hatte es Blake immer wieder erklärt: Ein erfolgreicher Unternehmer brauchte gesundes Kapital als Basis und eine starke Familie im Hintergrund.
Eine Heirat würde sein gesellschaftliches Ansehen steigern und seine Position in den Verhandlungen enorm stärken.
Blake stürzte seinen restlichen Kaffee in einem Zug hinunter. Eine wirkliche Ehe kam für ihn nicht infrage. Als gebranntes Kind scheute er das Feuer. Seine erste und bisher einzige Liebe hatte ihn von heute auf morgen im Stich gelassen und getan, als hätte er nie existiert. Diesen Verrat hatte er bis heute nicht verwunden.
Doch eine Ehe aus reinen Zweckgründen, von der beide Partner gleichermaßen profitierten, war etwas völlig anderes. Dazu war er bereit.
„Du musst nicht zurück nach Maysville.“ Blake setzte seinen Kaffeebecher zurück und lächelte Saffron zu. „Ich weiß eine bessere Lösung: Heirate mich.“
„Wie bitte?“ Hatte er den Verstand verloren? „Den Witz verstehe ich nicht.“
„Kannst du auch nicht, denn es ist keiner.“
Blake wusste, er würde geschickt argumentieren müssen, wenn er Saffron für seinen Plan begeistern wollte. Ansonsten würde sie ihn für verrückt erklären und das Weite suchen.
„Saffy, denk nach!“ Beschwörend sah er sie an. „Wenn du einen reichen Mann wie mich heiraten würdest, könntest du die berühmtesten Ärzte konsultieren, hättest keine Geldsorgen und brauchtest New York nicht zu verlassen.“
Saffron lächelte ironisch. „Die Idee ist nicht neu. Etliche meiner Freunde haben es mir bereits empfohlen: Angele dir einen gut betuchten Ehemann, und du bist all deine Sorgen los. Doch das kommt für mich nicht infrage. Ich bin es gewöhnt, meine eigenen Entscheidungen zu treffen und zu tun, was ich für richtig halte, und so soll es auch bleiben.“
„Steht das im Widerspruch zu meinem Vorschlag? Ich würde dir sozusagen nur helfen, wieder auf die Beine zu kommen, um weiterhin deinen eigenen Weg zu gehen. Ich kann dir die materielle Sicherheit und die Möglichkeiten bieten, die du momentan dazu brauchst.“
Mit undurchdringlicher Miene sah sie ihn an. „Okay, das wären meine Vorteile. Aber wo liegen deine?“
„Ich könnte mich mit einer bildschönen Primaballerina als Ehefrau schmücken.“
„Blake, ich meine es ernst. Dein Vorschlag ist garantiert nicht selbstlos. Wo ist der Haken an der Sache?“
„Es gibt keinen Haken. Viele Menschen heiraten aus praktischen Erwägungen, die meisten Homosexuellen zum Beispiel. Sie gehen eine Ehe ein, um Ruhe vor ihrer Familie zu haben oder berufliche Nachteile zu meiden.“
Saffron schüttelte den Kopf. „Blake, du bist nicht homosexuell, oder du hast letzte Nacht eine Vorstellung hingelegt, um die dich jeder Oscarpreisträger beneiden würde. Außerdem stimmt das heutzutage nicht mehr. Ich kenne etliche Homosexuelle, denen ihre Orientierung nicht das Geringste geschadet hat.“
„Ja, in der Künstlerszene. In der Finanzwelt herrscht eine andere Moral. Da ist man längst nicht so tolerant wie man tut.“
„Zurück zum Thema, Blake, lenk nicht ab!“ Sie legte den Kopf zurück und sah ihm in die Augen. „Wenn du nicht offen zu mir bist, erübrigt sich jede Diskussion von selbst.“
Blake nickte. Klar, dass Saffron nicht bereit war, einen wildfremden Mann zu heiraten, nur weil ihr das Geld für eine Therapie fehlte. Er musste ihr daher seine Situation verständlich machen.
„In das Familienunternehmen einzusteigen war nie meine Absicht gewesen, obwohl ich stolz auf unsere Firma bin“, begann er. „Jetzt bin ich geschäftsführender Direktor, obwohl ich nicht die optimale Besetzung für diesen Posten bin. Ich habe die Verantwortung übernommen, damit Goldsmith Air nicht in falsche Hände fällt. Um unsere Marktposition weiter zu festigen und auszubauen, stehe ich in Verhandlungen um die zwei größten Abschlüsse, die es in der Geschichte unserer Firma je gegeben hat.“
„Es tut mir leid für dich, wenn du dich mit deiner Arbeit im Grunde genommen nicht identifizieren kannst, doch eine Ehefrau löst das Problem auch nicht. Also, weshalb willst du heiraten und warum ausgerechnet mich?“
Blake überlegte fieberhaft, denn über seine ureigensten Motive wollte er nicht sprechen. Seine Bindungsangst und die Umstände, wie es dazu gekommen war, wollte er ihr lieber verschweigen. Irgendwann würde er fairerweise seine Karten offen auf den Tisch legen müssen. Doch dazu war es noch zu früh. Er kannte Saffron kaum und wusste nicht, wie weit er ihr trauen durfte.
„Ich will heiraten, weil ich den ganzen Medienrummel satthabe“, erklärte er. „Solange ich in den Medien als New Yorks begehrtester Junggeselle gehandelt werde, kann ich keinen Schritt tun, ohne von Paparazzi verfolgt zu werden. Ständig werden Bilder von mir veröffentlicht, und die unglaublichsten Geschichten werden mir angedichtet.“
Als ehemaliger Elitesoldat, der jetzt ein millionenschweres Familienunternehmen leitete, galt er in New York als einer der interessantesten Promis. Er wurde von Frauen verfolgt, und die unsinnigsten Gerüchte über angebliche Affären waren im Umlauf. Diese zweifelhafte Publicity schreckte potenzielle Geschäftspartner natürlich ab. Ein Mann mit einem derart schillernden Lebenswandel galt als unseriös.
„Mein Vater hat hart daran gearbeitet, unserer Firma den Ruf eines soliden Familienunternehmens zu verschaffen. Und genau den setze ich aufs Spiel, wenn ich an meinem Image nichts ändere. Und da ich mitten in entscheidenden Verhandlungen stehe, muss das umgehend erfolgen. In ein, zwei Jahren, wenn ich mich in der Finanzwelt bewiesen habe, wird mein Familienstand niemanden mehr interessieren.“
Saffron ließ sich nicht anmerken, was sie von seinen Ausführungen hielt. Sie schwieg und sah ihn an.
Blake lachte. „Außerdem nerven mich meine Mutter und meine beiden Schwestern. Ständig machen sie mich unter den fadenscheinigsten Argumenten mit Frauen bekannt, die sie für die Position als meine Ehefrau geeignet halten.“
Er war sich nicht ganz sicher, ob das wirklich ein kluges Argument gewesen war. Gespielt lässig schob er die Hände in die Taschen. „Also, was sagst du zu meinem Vorschlag?“
„Das Ganze ist ein Ding der Unmöglichkeit.“
„Nicht, wenn wir geschickt vorgehen. Aber Einzelheiten können wir später diskutieren. Versprich mir einfach, darüber nachzudenken.“
„Abgemacht. Ich werde mir alles gründlich überlegen, höchstwahrscheinlich wird es jedoch bei meinem Urteil bleiben.“
„Okay.“ Blake fiel ein Stein vom Herzen. „Ich muss zurück ins Büro und werde erst gegen Abend zurückkommen. Du hast einen ganzen Tag lang Zeit, um in Ruhe über alles nachzudenken. Die Formalitäten lassen sich durch meine Anwälte schnellstens regeln, und wenn du Ja sagst, können wir morgen zum Juwelier gehen und deinen Verlobungsring aussuchen.“
Saffron schüttelte den Kopf und lachte. „Blake, das kann doch wirklich nicht dein Ernst sein!“
„Du unterschätzt mich, Darling, es ist nicht nur mein Ernst, es ist mein voller Ernst.“
Er beugte sich vor und umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen. Langsam senkte er den Kopf und küsste sie, erst zärtlich, dann fordernd. Als er Saffron wieder freigab, war sie atemlos.
„Ich will dich wirklich heiraten“, wiederholte er und betrachtete sie.
In seinem Hoodie sah sie wirklich zum Anbeißen aus.
„Die Entscheidung, ob es auch eine intime Beziehung sein soll, überlasse ich dir. Nach außen hin muss es jedoch wie eine Liebesheirat aussehen.“
Er küsste sie ein zweites Mal.
Saffron hatte sich entschlossen, zu Fuß in ihre Wohnung zu gehen, um sich umzuziehen. Sie hoffte, die frische Luft würde Klarheit in ihre Gedanken bringen. Doch die erhoffte Wirkung blieb aus. Das Gefühl, alles nur zu träumen, wollte nicht weichen.
Die gemeinsame Nacht war märchenhaft gewesen, doch trat man deshalb gleich vor den Traualtar?
Als sie den kleinen Park durchquerte, setzte sie sich auf eine Bank.
Sollte sie wirklich einen Mann heiraten, den sie noch nicht einmal vierundzwanzig Stunden kannte, nur um New York nicht verlassen zu müssen? Nur um ihren Traum von einer einmaligen Ballettkarriere doch noch zu verwirklichen?
So irrwitzig Blakes Vorschlag auch klang, er wäre die perfekte Lösung all ihrer Probleme. Blake! Sie versuchte, die Gedanken an ihn aus ihren Überlegungen auszuklammern, um zu einer bodenständigen und vernünftigen Entscheidung zu kommen. Es gelang ihr nicht.
Sie würde sich zu Hause hinsetzen und eine Gegenüberstellung ausarbeiten müssen. Genau das hatte sie auch vor ihrem folgenschweren Entschluss getan, mit sechzehn ihr Elternhaus zu verlassen, um in New York Ballett zu studieren. Damals hatte sie eine Liste mit zwei Spalten erstellt. In der einen hatte sie gesammelt, was dafür –, in der anderen, was dagegensprach. Die positiven Aspekte hatten eindeutig überwogen, das einzig wirklich Negative war die Trennung von ihren Eltern gewesen.
Bei ihrer neuen Liste würden sich wahrscheinlich Vor- und Nachteile eher die Waage halten.
Für Saffron waren Heirat und Ehe schon immer eine ernste Angelegenheit gewesen, keinesfalls etwas, zu dem man sich leichtfertig entschloss. Trotzdem: Tanzen bedeutete ihr mehr. Es war alles, was sie hatte. Es war ihr Leben.
Wenn sie durch eine Heirat die Chance bekam, wieder in ihre Truppe zurückkehren und tanzen zu können, durfte sie diese nicht ungenutzt verstreichen lassen.
Wenn sie auf Blakes Angebot einging, hätte sie die besten Aussichten, ihrem Leben wieder einen Sinn zu geben.
Das Klingeln ihres Handys schreckte sie aus ihren Überlegungen auf. Claire.
Claire war ihr in den letzten Monaten eine echte Freundin gewesen, mit ihr hatte sie reden, ihr hatte sie sich anvertrauen können. Bei ihren ehemaligen Kollegen und Freunden war ihr das unmöglich gewesen. Es hätte zu sehr geschmerzt.
„Hey, Claire“, meldete sie sich.
„Bist du noch bei ihm?“ Claire lachte. „Ich kann immer noch nicht fassen, was du getan hast! Wenn ich jemanden für altjüngferlich und prüde gehalten habe, dann dich!“
Saffron erwiderte das Lachen. „Ich bin nicht verklemmt, nur weil du eine lockere Moral hast.“
„Das siehst du falsch, Darling. Es entspricht lediglich nicht meiner Lebensphilosophie, abzulehnen, was das Leben an Schönem zu bieten hat. Offensichtlich hat mein weltanschaulicher Ansatz auf dich abgefärbt.“
Sie musste lächeln. Typisch Claire, ihr gelang es immer wieder, Optimismus und gute Laune zu verbreiten.
„Er …“, begann sie, verstummte jedoch sofort wieder. Es wäre besser, Blakes Vorschlag nicht zu erwähnen. Selbst eine großzügige Frau wie Claire würde wohl kein Verständnis dafür haben.
„Was wolltest du sagen? Beichte es!“ So leicht ließ Claire sich nicht abspeisen. „Er war im Bett wie ein junger Gott? Erzähl mir mehr.“
Was sollte sie darauf sagen? „Er möchte sich heute Abend wieder mit mir treffen“, antwortete sie hilflos.
„Da scheint sich ja eine echt heiße Affäre zu entwickeln! Dieser Mann muss ein absoluter Knaller sein. Nachdem er mein Bild gestern Abend ersteigert hat, steht mein Telefon nicht still. Ich bekomme Anfragen nach weiteren Werken und Angebote von Galerien, Exklusivverträge mit mir abzuschließen.“
Blake hatte eine enorme Wirkung auf seine Mitmenschen, wer wusste das besser als sie? Er hatte sie dazu gebracht, etwas zu tun, was sie noch nie getan hatte, und das auch noch zu genießen! Blake näher kennenzulernen und zu sehen, wie sich die Dinge entwickelten, war eine Sache. Ihm vierundzwanzig Stunden, nachdem sie sich das erste Mal getroffen hatten, ein Eheversprechen zu geben, dagegen eine ganz andere. Doch wohin verirrten sich ihre Gedanken? Sie war Claire eine Antwort schuldig.
„Du hast es verdient, endlich den Durchbruch zu schaffen, Claire“, meinte sie schnell. „Und, um ehrlich zu sein, war es für mich die schönste Nacht, die ich je mit einem Mann verbracht habe. Ich bin immer noch nicht wieder ganz auf den Boden der Tatsachen zurückgekehrt.“
Claire schwieg einen Moment. „Saffy, bist du wirklich entschlossen, nach Maysville zurückzukehren?“
„Ja.“ Das war nicht gelogen, denn Saffron hatte sich noch nicht entschieden. Deshalb wollte sie mit Claire auch nicht über die neue Alternative, die sich ihr bot, reden. Sie wollte ihre Entscheidung unbeeinflusst treffen. Sollte es tatsächlich zur Heirat kommen, wäre noch Zeit genug, Claire in das Geheimnis einzuweihen. Sie würde ihr Wissen bestimmt nicht an die Medien verkaufen, dessen war sich Saffron ganz sicher.
„Sind deine Rücklagen wirklich völlig aufgebraucht? Kannst du nicht noch etwas in New York bleiben? Du findest hier bestimmt einen Therapeuten, der dir helfen kann.“ Claire ließ nicht locker.
Obwohl Claire das natürlich nicht sehen konnte, schüttelte Saffron energisch den Kopf. „Ich habe wirklich alles ausgeschöpft, meine finanziellen Mittel und auch meine Kontakte. Eine Heilung steht in den Sternen, und ein Engagement bekomme ich bei meiner alten Truppe im Moment nicht. Aber genau das will ich, mit etwas Geringerem gebe ich mich nicht zufrieden: Ich will da weitermachen, wo ich aufhören musste. Ich werde alles geben, um als Primaballerina zur New York Ballet Company zurückzukehren.“
„Oh Saffy, ehrgeizig bis zum bitteren Ende! Doch ich bewundere dich dafür. Gib nicht auf.“
„Einen Joker habe ich noch, Claire, ich werde dir davon beim nächsten Treffen berichten. Doch wenn ich ihn einsetze, muss ich ein Prinzip verraten, das mir bisher heilig war.“
„Tu es, Saffy. Tu alles, um deinen Traum zu verwirklichen, das bist du dir schuldig.“
„Das ist einfacher gesagt als getan. Ich überlege noch. Auf alle Fälle vielen Dank für das Gespräch, Claire. Du hast mir sehr geholfen.“
„Schön, aber bitte ruf mich morgen unbedingt an und erzähl mir haarklein, ob die zweite Liebesnacht ebenso phänomenal war wie die erste.“
Saffron lachte. „Okay und bis dann.“