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Die Vorgeschichte zum Sommer-Roman "Ein Sommer wie Limoneneis" von der Bestseller-Autorin Marie Matisek. Eine Geschichte über die Sehnsucht nach der Kindheit und die Suche nach den eigenen Wurzeln. Marco Pantanella lebt als erfolgreicher Anwalt in München, seine Heimat, die italienische Amalfi-Küste, hat er schon lange hinter sich gelassen. In letzter Zeit nagt ein leises Unbehagen an ihm, und als er bei einem Geschäftsessen mit einem Italiener ins Gespräch kommt, wandern seine Gedanken zurück in die Zeit, da er Kind gewesen ist - zu seinem Vater, dem zauberhaften Amalfi und zu jenem Tag, als er sich in der wilden Landschaft zu Hause verirrte …
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Seitenzahl: 37
Marie Matisek
Prequel
Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG.
Marco Pantanella lebt als erfolgreicher Anwalt in München, seine Heimat, die italienische Amalfi-Küste, hat er schon lange hinter sich gelassen.
In letzter Zeit nagt ein leises Unbehagen an ihm, und als er bei einem Geschäftsessen mit einem Italiener ins Gespräch kommt, wandern seine Gedanken zurück in die Zeit, da er Kind gewesen ist – zu seinem Vater, dem zauberhaften Amalfi und zu jenem Tag, als er sich in der wilden Landschaft zu Hause verirrte …
München, April 2018
Amalfi 1987
München, April 2018
Es war einer jener Abende, die man eigentlich mit einem Menschen verbringen sollte, den man liebte. Stattdessen eilte Marco Pantanella neben seiner Kollegin Nathalie über das Trottoir und sah angestrengt auf die Uhr. In wenigen Minuten sollten sie ihre Geschäftspartner im Restaurant treffen, waren aber noch drei Häuserblocks davon entfernt – typisch Schwabing, sie waren eine Viertelstunde herumgefahren, um einen Parkplatz zu ergattern.
Es war Samstagabend, einer der ersten, an denen der Frühling zu spüren war. Marco hatte die Steppjacke zu Hause gelassen und trug lediglich einen leichten Seidenpullover über dem Hemd zur Anzughose. ›Casual‹ lautete die Vorgabe für das Geschäftsessen, denn es fand halbprivat an einem Samstagabend statt. Natürlich hatte seine Frau Theater gemacht, es hatte bösen Streit gegeben, als Marco ihr vorhin gesagt hatte, dass er sie nicht zum Grillen zu den Nachbarn begleiten würde. Klar, er hätte es vielleicht etwas früher kommunizieren können, schließlich wusste er seit zwei Wochen von dem Termin, aber erstens hatte er verdrängt, dass er zugesagt hatte, und zweitens hatte er sowieso keine Lust gehabt, zu den Nachbarn zu gehen, die er gar nicht kannte.
Allerdings hatte er noch weniger Lust auf das Geschäftsessen – und schon gar nicht in der Begleitung von Nathalie, einer von Ehrgeiz zerfressenen Spaßbremse. Sie arbeitete seit einem knappen Jahr als Immobilienanwältin in der Kanzlei Renke, Heinzmann und Cie, und Marco hatte das blöde Gefühl, dass sie ihn rechts überholen wollte.
Heute Abend aber hatte sie seine Hilfe gebraucht, und weil es um einen lukrativen Auftrag für die Kanzlei ging, hatte Marco schlecht gelaunt eingewilligt, ihr den Gefallen zu tun.
Nathalie führte Verhandlungen mit Geschäftsleuten aus Mailand. Es ging um eine Shopping Mall und viel Geld – sehr viel Geld. Die Mailänder, zwei Männer und eine Frau, waren am Vortag, also Freitag, zu einem Geschäftstermin in die Kanzlei gekommen. Die Verhandlungen waren gut gelaufen, sogar sehr gut, sodass Nathalie sich sofort bereit erklärt hatte, behilflich zu sein, als die Mailänder um ein paar Tipps für München am Wochenende baten. Leider war aber das Business-Englisch der Italiener ebenso schlecht wie das Italienisch seiner Kollegin, sodass Marco Pantanella, der aus Amalfi stammte, gebeten wurde, Nathalie zu unterstützen.
Das Sightseeing am Tag mit Viktualienmarkt, Haus der Kunst, Museumsquartier und Englischem Garten samt Chinesischem Turm hatte Marco ausgelassen, aber vor dem Abendessen bei einem der angesagtesten Italiener der Stadt konnte er sich nicht drücken. Die Verhandlungen würden hier inoffiziell weitergeführt werden, da war es wichtig, dass jemand die Feinheiten und Zwischentöne beherrschte.
Als Marco und Nathalie den Szene-Italiener endlich fünf Minuten zu spät erreichten, war die italienische Delegation noch nicht eingetroffen – sie kamen mit fünfzehnminütiger Verspätung. Marco versuchte, sich leutselig zu geben, konnte seine Unlust aber nur schwer verbergen. Er half der italienischen Geschäftspartnerin galant aus dem Mantel, führte die Gesellschaft zum reservierten Tisch und verhandelte mit dem Küchenchef um ein Spezialmenü.
Nach angestrengter Konversation und dem ersten Gang entschuldigte er sich und tat, als würde er zur Toilette gehen. Stattdessen stellte er sich draußen vor das Lokal und sog gierig die Frühlingsluft in seine Lungen.
Plötzlich stellte sich jemand neben ihn – es war einer der Mailänder. Ein Mann in seinem Alter, um die vierzig, so schätzte Marco, allerdings deutlich korpulenter und mit ersten Anzeichen von Geheimratsecken.
Bevor Marco ertappt eine Entschuldigung stammeln konnte, lächelte ihn der Italiener freundlich an und sagte in ihrer beider Heimatsprache: »Geschäftstermine am Wochenende – sollte das nicht verboten werden?«
Marco lächelte verkniffen. »Ach was, halb so schlimm. Wir gehen immerhin essen und sitzen nicht im Büro …«
Aber der Mann schüttelte den Kopf. »Wie alt sind Ihre Kinder? Meine sind fünf und sieben. Und meine Frau ist nicht gerade begeistert, dass ich das Wochenende über hierbleiben muss.«