Sommernächte am Tegernsee - Johanna Nellon - E-Book

Sommernächte am Tegernsee E-Book

Johanna Nellon

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Beschreibung

Ein Landgasthof am See der Träume und eine große Prise Romantik Für Sabine wird ein Traum wahr, als sie offiziell die Besitzerin des kleine Landgasthofs am Tegernsee wird. Sie liebt "Die Goldene Eiche" seit ihrer Kindheit und kann es kaum erwarten, das Familienlokal weiterzuführen. Alles wäre perfekt, wären da nicht der eigensinnige Koch und die vielen anspruchsvollen Gäste. Als Sabine eines Abends Thorsten begegnet, spürt sie augenblicklich diese gewisse Magie und fühlt sich von dem charmanten Mann auf unerklärliche Weise angezogen. Doch ist in ihrem geregelten Leben überhaupt Platz für die Liebe? Als ein Unfall passiert, wird Sabines Herz auf eine schwere Probe gestellt …

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Sommernächte am Tegernsee

Die Autorin

JOHANNA NELLON begeistert ihre Leserinnen mit romantischen Liebesgeschichten vor den schönsten Kulissen. Sie lebt im Rheinland, ist aber gern auf Reisen und liebt die bayerischen Seen. Von Johanna Nellon sind in unserem Hause bereits erschienen:Ein Sommer am Gardasee · Die kleine Pension am Ammersee · Herzklopfen am Bodensee · Nussgipfel und Apfelglück · Marillenglück und Gummistiefel · Liebesleuchten am Bodensee · Ein Sommer am Chiemsee

Das Buch

Sabine kann ihr Glück kaum fassen, als sie offiziell die Besitzerin eines kleinen Landgasthofs am Tegernsee wird. Sie liebt die Goldene Eiche seit ihrer Kindheit und ist stolz darauf, das Familienlokal weiterzuführen. Alles wäre perfekt, wären da nicht der eigensinnige Koch und die vielen anspruchsvollen Gäste. Als Sabine eines Abends Thorsten begegnet, fühlt sie sich augenblicklich von dem charmanten Reitlehrer angezogen. Doch ist in ihrem geregelten Leben überhaupt Platz für die Liebe? Als ein Unfall passiert, wird Sabines Herz auf eine schwere Probe gestellt …

Johanna Nellon

Sommernächte am Tegernsee

Roman

Ullstein

Besuchen Sie uns im Internet:www.ullstein-buchverlage.de

Originalausgabe im Ullstein Taschenbuch1. Auflage Juli 2020© 2020 by Johanna Nellon© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2020Umschlaggestaltung: bürosüd° GmbH, MünchenTitelabbildung: © Flora Press / flora productionAutorinnenfoto: Anne-Marie von SarosdyE-Book-Konvertierung powered by pepyrus.comAlle Rechte vorbehalten.

ISBN 978-3-8437-2305-3

Emojis werden bereitgestellt von openmoji.org unter der Lizenz CC BY-SA 4.0.

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Inhalt

Die Autorin / Das Buch

Titelseite

Impressum

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

33. Kapitel

34. Kapitel

35. Kapitel

36. Kapitel

Leseprobe: Ein Sommer am Gardasee

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Cover

Titelseite

Inhalt

1. Kapitel

1. Kapitel

Die letzten Sonnenstrahlen tauchten die große Terrasse vor dem Haus in ein warmes Licht. Der Wind, der vom See heraufwehte, blähte die zartgelben Leinentischdecken auf und wirbelte ein paar rote Tulpenblätter durch die Luft.

»Morgen muss ich unbedingt die Blumenkästen neu bepflanzen. Die Primeln sind total hin nach dem Regen der letzten Tage, und jetzt macht der Wind den Zwergtulpen auch noch den Garaus.« Sabine Moser schob sich eine lange blonde Haarsträhne hinters Ohr, dabei sah sie stirnrunzelnd hinaus. Nur noch drei Gäste saßen auf der Terrasse, von der aus man einen wundervollen Blick zum Tegernsee hatte. »Wenn es nur nicht wieder regnet morgen. Die letzten Tage hat sich kaum jemand hierher verirrt, wir hatten nur wenig Umsatz.« Ein kleiner Seufzer folgte.

»Nun mach nicht gleich ein Drama draus, ein paar schlechte Tage kann der Betrieb schon verkraften.« Sebastian Moser trank einen Schluck von dem ausgezeichneten Rotwein und griff dann nach einer braunen, leicht abgeschabten Ledermappe, die er an den Tischrand gelegt hatte. »Und mach mal einen Moment Pause, Sabine, und hock dich her zu mir.«

»Gleich. Ich will nur noch draußen abkassieren.« Und schon eilte sie hinaus, wo sich die letzten Gäste gerade zum Aufbruch fertig machten.

Sebastian sah seiner Nichte nach und nickte beinahe unmerklich. »Ist schon recht so«, murmelte er und nahm noch einen Schluck Rotwein.

Aus der Küche war Geschirrklappern zu hören. Dann setzte das Summen des erst vor Kurzem angeschafften Kaffeevollautomaten ein, begleitet von einem unterdrückten Fluchen, das Sebastian nur zu gut kannte.

»Der Alois und die neue Technik werden wohl in diesem Leben keine Freunde mehr.«

Sabine kam zurück zum Tisch und setzte sich Sebastian gegenüber. »Wir werden übrigens eine neue Spülmaschine anschaffen müssen, Onkel Sebastian, die alte tut’s wirklich nur noch bedingt.«

»Dann mach das. Du hast hier jetzt das Sagen.« Sebastian Moser griff nach der Mappe und holte einige Papiere heraus, die den Briefkopf einer renommierten Notariatskanzlei in Bad Wiessee trugen. »Es ist schon alles bei Dr. Reichenberg geregelt worden.«

»Aber wir hatten doch vereinbart, dass du noch zwei Jahre lang der Chef hier sein wirst.« Sabine schüttelte den Kopf, dann schob sie das Schriftstück beiseite. »Onkel Sebastian, das kann ich nicht annehmen.« Sie biss sich auf die Lippe. Ihr Herz begann, wie verrückt zu schlagen, als sie sich vorstellte, was dieses großzügige Angebot für sie bedeutete. Sie würde selbstständig arbeiten können, würde ihre eigene Herrin sein und schalten und walten können, wie es ihr beliebte.

»Dein Angebot … es ist unglaublich«, stieß sie hervor. »Weißt du überhaupt, was du da tust? Dein Gasthof ist ein Schmuckstück, wie man es am Tegernsee suchen muss. Und es ist ein Vermögen wert. Das … das kann ich doch nicht annehmen!«

Der alte Herr lächelte. »Sicher kannst du das. Und sei unbesorgt, ich weiß genau, was ich tue.«

»Warum hast du es denn jetzt so eilig? Du bist doch nicht krank, oder?« Besorgt schaute sie ihn an. Er sah gut aus, leicht gebräunt, das weiße Haar sorgfältig frisiert, und in seinem geliebten Trachtenjanker machte er wie immer eine gute Figur.

»Aber nein, mir geht es blendend. Ich will nur keine Verantwortung mehr tragen. Und mein Lokal ist bei dir in den besten Händen, da bin ich sicher.« Er legte seine Hand auf ihre und drückte sie liebevoll. »Freu dich einfach, Sabine. Ich überlasse dir mein Lebenswerk von Herzen gerne. In den letzten Jahrzehnten hab ich genug gearbeitet. Da drunten in Wiessee will ich nur noch tun, was mir gefällt. Und glaub mir, ich hab da so viel Abwechslung …« Ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht.

»Im Seniorenstift Abwechslung?«

»Natürlich. Schließlich hab ich mir das beste Haus weit und breit ausgesucht.« Er zwinkerte ihr zu. »Mit sehr interessanten Bewohnern, muss ich gestehen.«

»Jetzt verstehe ich!« Sabine lächelte. »Du alter Casanova hast dir doch nicht etwa eine der Damen dort angelacht!«

»So würde ich es nicht ausdrücken.« Sebastian schob ihr das Schriftstück wieder zu. »Aber es gibt schon sehr viele Möglichkeiten, sich das Leben angenehm und spannend zu gestalten. Und deshalb will ich mit alledem hier …«, er machte eine weit ausholende Handbewegung, »… nix mehr zu tun haben. Du hast in den letzten Monaten bewiesen, dass du alles im Griff hast und dass ich dir mein Lebenswerk guten Gewissens anvertrauen kann.«

»Ach, Onkel Sebastian, das ist so eine große Verantwortung …«

»Red keinen Schmarrn. Du bist eine exzellente Köchin, das hast du mit dem Rehrücken wieder bewiesen, den wir eben gegessen haben. Außerdem hast du die Hotelfachschule mit Bravour absolviert, da wirst du einen einfachen Landgasthof wie die Goldene Eiche mit links führen können.«

»Der Gasthof ist seit hundertfünfzig Jahren im Besitz der Familie, und ich soll nun ganz alleine die Verantwortung für alles übernehmen.« Auf Sabines Gesicht wechselten sich Skepsis und Freude über das großzügige Geschenk ab. »Wir hatten doch besprochen, dass ich erst einmal unter deiner Leitung arbeite. Du musst mir schließlich noch so viel erklären und beibringen.«

»Ich weiß, dass du es jetzt schon kannst. Und ich bin nicht aus der Welt. Kannst mich immer fragen.« Sebastian drückte aufmunternd Sabines schmale Hand. »Wirst schon alles richtig machen. Und jetzt kein Wort mehr. Ich will keine weiteren Bedenken von dir hören.«

Sabine nickte. »Also gut, wenn du es wirklich so willst …« Rasch stand sie auf und umarmte den Onkel. »Ich werde mir die größte Mühe geben, dein Vertrauen nicht zu enttäuschen.«

Sie hauchte ihm einen Kuss auf die Wange.

Er war ihr einziger noch verbliebener Verwandter, hatte sich nach dem frühen Tod ihrer Eltern stets um sie gekümmert und ihr die beste Ausbildung zukommen lassen, die es in dieser Berufssparte gab.

Dass sie etliche Jahre in einem Sternerestaurant in München gearbeitet hatte, pflegte er stets mit Stolz zu erzählen – allerdings nur dann, wenn Alois Burgstaller, sein langjähriger Koch, es nicht hören konnte.

»Ich möchte nicht, dass er denkt, ich sei total abgehoben mit meinen Rezepten«, hatte Sabine gesagt. Er tat sich eh schon schwer damit, eine Frau in seiner Küche zu akzeptieren. Dabei kochte Sabine auch gern bürgerlich, allerdings gab sie den traditionellen Gerichten der Region immer einen besonderen Pfiff.

»Weiß es der Alois schon?« Sie warf einen Blick in Richtung der Küchentür, hinter der es jetzt leise geworden war.

»Ja. Und die beiden anderen auch.«

»Die Fanny und der Richard werden sicher keine Schwierigkeiten machen, aber der Alois …« Sabine zuckte mit den Schultern. »Er ist ein Koch vom alten Schlag, schon jetzt will er nicht, dass ich ihm in die Töpfe spucke, wie er immer sagt.«

»Er wird sich schicken, glaub mir. Und jetzt hol eine Flasche vom Jahrgangssekt. Wir sollten stilvoll anstoßen.«

»Ich trinke auch gerne ein Glas Roten«, erwiderte Sabine, die genau wusste, dass Sebastian es nicht so sehr mit Sekt oder Champagner hatte.

»Auch gut! Aber dann nimm den alten Bordeaux, der links unten im Regal liegt.«

»Ich hole ihn sofort. Und den Alois bring ich mit zum Anstoßen, ja?«

Sebastian Moser nickte zustimmend, und so tranken sich die drei wenig später zu.

»Dann hab ich also jetzt eine Chefin.« Alois Burgstaller wirkte nicht besonders erfreut, als er sein Glas sowohl in Sebastians als auch in Sabines Richtung hob.

»Wir werden schon gut miteinander auskommen, da bin ich sicher.«

»Hoffentlich«, murmelte der Sechzigjährige fast unhörbar, aber er verkniff sich, nachdem er einen warnenden Blick von Sebastian aufgefangen hatte, jedes weitere Wort. »Bin noch mal in der Küche«, sagte er und trank sein Glas in einem Zug aus. »Muss noch den Jägertopf für morgen vorbereiten. Oder wirst du gleich die ganze Speisekarte ändern?« Ein skeptischer Blick traf Sabine.

»Natürlich nicht! Und der Jägertopf bleibt ganz sicher auf der Karte. Und auch der Rehrücken.« Sie zwinkerte ihrem Onkel zu, der, statt etwas zu sagen, noch einen Schluck Rotwein trank.

»Hoffentlich bleibt mir der Alois treu. Er tut sich echt schwer damit, nicht mehr das alleinige Sagen in der Küche zu haben«, flüsterte sie ihrem Onkel zu, nachdem Alois in der Küche verschwunden war.

»Der bleibt, da bin ich sicher.« Sebastian Moser schob die alte Holztür, die von außen mit üppiger Schnitzerei verziert war, weit auf. »Der Betrieb hier ist so was wie sein zweites Zuhause. Und dass ich seinen Neffen, den Richard, als Küchenhilfe eingestellt hab, vergisst er mir nie.«

»Der Richard ist ein lieber Kerl. Anstellig und geschickter, als ich dachte. Dass er geistig beeinträchtigt ist, merkt man fast gar nicht.«

»Ja, er hat sich wirklich gut gemacht in den letzten Monaten.« Sebastian lächelte. »Ich glaub, er gibt sich deinetwegen besonders viel Mühe.«

»Ich mag ihn. Und ich versuche, ihn zu fördern, wo es nur geht.«

»Er mag dich auch sehr. Und mit dem Alois wirst du auch auskommen. Er ist mit dem Gasthof verwachsen, hat bisher immer so gearbeitet, als sei es sein eigener Betrieb.«

»Das verstehe ich. Und es soll auch so bleiben. Zumindest will ich alles dafür tun.«

»Das wirst du sicher, mein Mädel.«

»Ich fühle mich auch sehr wohl hier. Fast so, als hätte ich schon immer hier gelebt.«

»Das freut mich.« Sebastian strich ihr kurz über die Wange. »Denk dran, dass wir morgen schon um neun in der Bank verabredet sind.«

»Ich vergess es schon nicht. Danke nochmals, Onkel Sebastian.«

»Mach weiter so wie bisher, das ist mir Dank genug. Und jetzt fahre ich heim, ehe es ganz dunkel wird.«

»Heim … Das klingt in meinen Ohren immer noch fremd.« Sabine umarmte den alten Herrn, der sie fast um Kopfeslänge überragte. »Fühlst du dich wirklich in dieser Seniorenresidenz wohl?« Sie legte den Kopf ein wenig schräg und sah Sebastian zweifelnd an. »Da gehörst du doch noch gar nicht hin, so aktiv und gesund, wie du bist.«

»Gerade deshalb wollte ich ja umziehen. Noch kann ich an den vielen Aktivitäten, die dort angeboten werden, teilnehmen. Ich kann neue Leute kennenlernen und vielleicht sogar ein paar interessante Bekanntschaften schließen. Wenn ich erst senil und tattrig bin, geht das nicht mehr.«

»Wenn man es so sieht, hast du recht.« Sabine zwinkerte ihm zu. »Irre ich mich, oder hast du schon jemanden kennengelernt, der dein ganz besonderes Interesse geweckt hat?«

Sebastian lächelte verschmitzt. »Du bist zu neugierig, mein Kind.«

»Sorry.«

»Schon gut. Wenn es an der Zeit ist, wirst du mehr erfahren. Aber jetzt muss ich wirklich los.«

»Aber du kommst wirklich oft her, versprochen?«

»Versprochen.« Kurz hob er die Hand und ging dann zu seinem Wagen, den er links vom Haus geparkt hatte.

»Sebastian, warte!« Hastig kam ein Mann vom Parkplatz her auf ihn zugelaufen.

»Thorsten! Was ist passiert? Hat es einen Unfall auf dem Reiterhof gegeben?« An die offene Wagentür gelehnt, wartete Sebastian auf den späten Besucher.

»Passiert ist nichts, zum Glück. Aber ich bin in einer misslichen Lage. Vor einer Viertelstunde hab ich unerwarteten Besuch bekommen – und außer ein paar Scheiben Brot und einer Hartwurst gibt meine Küche nichts mehr her.«

»Da lässt sich sicher Abhilfe schaffen.«

»Danke, darauf hab ich gehofft.« Erst jetzt bemerkte er Sabine, die noch in der Eingangstür stand. »Guten Abend.« Leicht neigte er den Kopf.

»Das ist Sabine, meine Nichte – und die neue Eigentümerin der Goldenen Eiche. Und das, Sabine, ist Thorsten Bernhammer.«

»Oh, da gratuliere ich.« Ein überraschter Blick streifte Sabine. »Davon wusste ich nichts. Bekomme ich von Ihnen denn auch etwas Essbares? Sie würden mir aus einer großen Klemme helfen.«

»Natürlich. Was soll’s denn sein? Es ist noch ein bisschen vom Rehrücken da. Ich hab aber auch noch Lachsterrine und frische Forellen, die könnte ich rasch braten.«

»Klingt gut, aber ich möchte keine Umstände machen. Am liebsten wäre mir etwas, das ich rasch in die Mikrowelle schieben kann.«

»Der Jägertopf ist noch nicht fertig. Aber ich kann Ihnen ein paar Scheiben vom Rehrücken aufschneiden und dazu noch ein paar Schupfnudeln einpacken. Einverstanden?«

»Ja, sehr gerne.«

»Kommen Sie doch einfach mit in die Küche.« Sie wandte sich zurück zum Haus.

»Gern, wenn ich darf.«

Dann drehte Thorsten sich noch einmal zu Sebastian um. »Ich hab gar nicht mitgekriegt, dass du verkauft hast.«

»Ich hab der Sabine vor einigen Tagen alles überschrieben. Sie ist meine einzige Erbin. Hast du sie noch nie hier gesehen?«

»Nein. Dabei wäre sie mir sicher aufgefallen …«

»Sie ist ein ganz liebes Mädel. Klug, fleißig und eine ganz hervorragende Köchin. Sie hat in einem der besten Hotels in München gelernt, hat sich sogar einen Stern erkocht.«

»Alle Achtung. Da ist es erst recht unverzeihlich, dass ich sie noch nie gesehen hab.«

»Sie war sicher immer in der Küche, wenn du hier essen warst.«

»Kann gut sein. Es hat mir jedenfalls immer sehr gut geschmeckt.« Thorsten sah hinüber zur Eingangstür, die sich hinter Sabine geschlossen hatte. »Allzu oft war ich ja leider nicht hier in letzter Zeit. Es ist einfach viel zu viel zu tun.«

»Es gibt auch noch was anderes als Arbeit. Glaub mir, ich hab es viel zu lange vergessen gehabt.« Sebastian legte ihm die Hand auf den Arm.

»Recht hast du.« Thorsten zuckte mit den Schultern. »Ich geh dann mal zu ihr in die Küche. Danke, Sebastian.«

»Ist doch selbstverständlich. Ich muss auch endlich los.«

Während Sebastian vom Hof fuhr, betrat Thorsten die Küche, wo Sabine bereits eine breite Auflaufform mit dem Fleisch und den Schupfnudeln füllte.

»Guten Abend, Alois. Auch noch fleißig?«, grüßte Thorsten den Koch, der gerade in einem großen Topf rührte, aus dem es schon verführerisch duftete.

»Wie immer«, erwiderte Alois knapp. Dann goss er großzügig eine halbe Flasche Rotwein in den angesetzten Jägertopf.

»Soll ich noch etwas Salat einpacken?«, fragte Sabine Thorsten.

»Danke, nicht nötig. Aber wenn Sie noch etwas Aufschnitt für morgen früh dahätten …« Er biss sich auf die Lippe. »Es ist unverschämt, ich weiß, aber ich werde morgen früh einfach nicht zum Einkaufen kommen. Einer meiner Mitarbeiter ist von unserem jüngsten Hengst getreten worden und fällt eine Weile aus, da muss ich früh mit raus zum Ausmisten.«

»Kein Problem.« Sabine packte ihm Wurst und auch etwas Käse ein. Schließlich hielt sie Thorsten ein Glas Marmelade hin. »Marillen. Selbst eingekocht.«

»Super. Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken kann.«

»Schon gut. Das ist doch Nachbarschaftshilfe.«

Thorsten folgte ihr zur Tür. »Ich hoffe, ich kann meine neue Nachbarin bald ein wenig besser kennenlernen«, sagte er und nahm ihr die Auflaufform ab.

»Gerade halten«, mahnte Sabine. »Warten Sie, ich komme mit.« Sie begleitete ihn zu seinem Wagen, einem Land Rover, an dessen beiden Seitentüren das Logo des Reiterhofs prangte.

»Komisch, ich hab den Hof noch nie gesehen«, sagte Sabine. »Dabei bin ich schon zwei Monate hier.«

»Dann wird es Zeit, dass Sie mich besuchen kommen.« Thorsten stellte das Essen in einen breiten Korb, dann gab er Sabine die Hand. »Ich würde mich sehr freuen.« Er schaute sie mit einem verschmitzten Lächeln an, und auf seinen Wangen zeigten sich zwei Grübchen.

Sie konnte den Blick nicht von ihm lösen, und ihr Herz machte einen kurzen Sprung, bevor sie sagte: »Ich komme, sobald ich Zeit habe.«

»Wenn Sie mich zu lange warten lassen, dann komme ich Sie holen.« Er lächelte wieder, und sie starrte fasziniert auf seine süßen Grübchen.

»Bis bald. Und … danke nochmals.« Nun ließ er ihre Hand los, die er die ganze Zeit festgehalten hatte.

Sabine erwiderte nichts, senkte nur leicht den Kopf. Es kam ihr schon seltsam vor, dass es ihr vor Aufregung regelrecht die Sprache verschlagen hatte. Doch jetzt und hier war das so. Ihr Herz begann heftig zu klopfen, als sie Thorsten hinterherschaute.

»Guten Appetit«, murmelte sie schließlich, doch da saß er bereits in seinem Wagen und startete den Motor.

»Sicher ist der Konstantin wieder da«, sagte Alois, als sie zurück in die Küche kam. »Der kommt nach dem Tod seiner Frau öfter her. Manchmal zusammen mit der Kleinen. Sie liebt die Pferde, und das Leben auf dem Hof lenkt die beiden gewiss von ihrem Kummer ab.«

»Das ist traurig.« Sabine stellte die benutzten Töpfe auf den Spültisch. »Und wer ist dieser Konstantin? Ich hab noch nie von ihm gehört.«

»Er ist Juwelier, hat wohl einen Laden in München. Da war ich noch nie.« Alois zuckte mit den Schultern. »Was hätt ich da auch sollen? Aber ich weiß, dass er und der Thorsten gute Freunde sind. Und der Thorsten … mei, der hat auch sein Packerl zu tragen. Er war mal ein erfolgreicher Springreiter, hatte aber vor zwei oder drei Jahren einen schweren Unfall. Seither ist nix mehr mit den großen Turnieren.« Er seufzte unterdrückt auf. »Jetzt züchtet er Pferde. Und gibt Reitunterricht.«

»Ich sollte mal auf dem Hof vorbeischauen«, murmelte Sabine. »Pferde hab ich schon immer gemocht. Und ein bisschen Abwechslung wär auch nicht schlecht.«

»Warum? Hast etwa Kummer?« Alois zog sich die Kochjacke aus, die voller Soßenflecken war. »Hast doch wahrlich keinen Grund dazu.«

»Stimmt, so hab ich es auch nicht gemeint. Ich dachte mir nur, dass ich die Nachbarn endlich mal kennenlernen sollte. Meinst du nicht auch? Schließlich wohne ich jetzt ja hier am Tegernsee.« Sabine ging zu ihm und streckte ihm die Hand entgegen. »Bitte, Alois, sei auch mir gegenüber so loyal, wie du es immer dem Onkel gegenüber warst. Ich bin sicher, wir können prima zusammenarbeiten.«

Nur zögernd griff Alois nach der ausgestreckten Hand, drückte sie kurz und fuhr sich dann über den breiten Schädel, den nur noch ein grauer Haarkranz schmückte.

»Passt schon. Wenn ich nur net so verrückt kochen muss wie du.«

»Verrückt ist die Sterneküche nun wirklich nicht. Anspruchsvoll und kreativ, das allerdings. Aber so werde ich hier nicht kochen, das hast du doch sicher schon gemerkt. Nur vielleicht ein bisschen raffinierter als die traditionelle bayerische Küche.« Sie sah ihn mit einem leichten, um Verständnis bittenden Lächeln an. »Ich mag’s auch bodenständig, das solltest du schon mitbekommen haben. Wir werden uns sicher gut ergänzen.«

Alois schaute sie eindringlich an, dann zuckte er mit den Schultern.

Rezept Rehrücken

1 kg Rehrücken, ausgelöst200 ml Rotwein, am besten trocken100 ml Portwein400 ml Wildfond1 Zwiebel2 Lorbeerblätter20 WacholderbeerenSuppengrün2 Zweige Rosmarin2–3 EL Brombeer-/Johannisbeergelee2 EL MondaminOlivenöl, Balsamico, Wildgewürz, Pfeffer, etwas Salz

Wildknochen, Zwiebeln und Suppengrün andünsten, mit 200 ml Wildfond ablöschen. Rotwein und Portwein zugeben, Lorbeerblätter und Wacholderbeeren hinzufügen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken und ca. 40 Minuten köcheln lassen.

Rehrücken mit Olivenöl einreiben, in Salz, Pfeffer und Wildgewürz wälzen. Dann kräftig in Öl anbraten.

Die Rosmarinzweige auflegen und im vorgeheizten Backofen bei ca.140–150 Grad 20–25 Minuten garen.

Den Wildfond durch ein Sieb passieren, auf kleiner Flamme köcheln lassen und mit Balsamico, Portwein, Salz und Pfeffer und dem Gelee abschmecken. Mit Mondamin die Soße leicht andicken.

Dazu evtl. Rosenkohl, kleine Kartoffeln und Birnenhälften, mit Preiselbeeren gefüllt, reichen.

2. Kapitel

Es war noch früh am Morgen, Wolken verhüllten die Bergspitzen und ließen das Wasser des Tegernsees geheimnisvoll dunkel schimmern. Noch war kaum jemand unterwegs, doch schon bald würde die Sonne die Morgennebel verscheuchen und die Touristen nach draußen locken.

»Es sieht nach einem schönen Tag aus. Aber noch ist es ein bisschen kühl.« Sebastian Moser zog sich die graue Walkjacke mit den Hirschhornknöpfen enger um die Schultern. »Musst du noch mehr einkaufen?«

»Hab gleich alles.« Sabine, in Jeans und einer leicht abgeschabten Lederjacke, wuchtete die letzten drei Kisten mit Obst und Gemüse auf die Ladefläche ihres dunkelroten Kombis.

»Warte, die Kräuter!« Ein junger Mann in kariertem Hemd und blauer Latzhose kam eilig auf sie zu. »Die hättest du fast vergessen.«

»Dank dir, Lukas.« Sabine gab ihm die Hand. »Schreib alles auf bis zur Monatsmitte, ja?«

»Wie immer.« Lukas Weißkirchen, ein junger Ökobauer, winkte ihnen nach. Seit sie in der Goldenen Eiche kochte, kaufte Sabine bei ihm ein. Sie war eine seiner besten Kundinnen.

»Damit muss sich der Alois auch noch abfinden«, sagte sie schmunzelnd, während sie den Wagen startete. »Ich mag die Produkte aus der Region am liebsten, auch wenn sie vielleicht etwas teurer sind als die Ware aus dem Großhandel. Aber es geht nichts über Frische.«

»Du hast jetzt das Sagen, also mach, wie du’s für richtig hältst.« Sebastian lehnte sich entspannt zurück. »Aber jetzt müssen wir uns beeilen, sonst kommen wir noch zu spät zu unserem Termin bei der Bank. Der Hirzler wird sich freuen, dich zu sehen – und bald eng mit dir zusammenarbeiten können.«

»Der Hirzler …« Ein kleines Lächeln glitt über Sabines Gesicht, und mechanisch schob sie sich eine Locke, die sich aus ihrem hochgesteckten Haar gelöst hatte, hinters Ohr. »Den will ich nicht zu sehr animieren. Seit ich einmal mit ihm aus war, lädt er mich immer wieder ein. Aber ich hab einfach keine Zeit dafür.«

»Privatleben muss aber sein.«

»Ja, muss es. Nur im Moment nicht.« Schwungvoll lenkte sie den Wagen auf einen der reservierten Parkplätze vor der Bankfiliale. »Geh du schon vor, Onkel Sebastian, ich muss noch mal kurz telefonieren.« Sie holte ihr Handy aus der großen blauen Umhängetasche, die auf der Rückbank gelegen hatte. »Martina war gestern auf einer Party, ich bin sicher, dass sie den Wecker wieder nicht gehört hat.«

»Mach nicht zu lange. Ich bin dann erst mal unten am Schließfach.«

Sabine nickte nur, während sie auf die eingespeicherte Nummer ihrer Freundin Martina drückte, die sich auch sofort mit leicht belegter Stimme meldete.

»Hey, guten Morgen, Langschläferin. Zeit, aufzustehen und endlich mit der Arbeit zu beginnen.«

»Sabine, der fröhliche Wecker. Morgen.« Deutlich war ein unterdrücktes Gähnen zu hören. »Wie spät ist es?«

»Nach neun.«

»Oh, Mist. Ich hab tatsächlich verschlafen. Gut, dass du anrufst.«

»Verbuch es unter Freundschaftsdienst.«

»Danke. Gibt’s was Besonderes?«

»Nö. Der Onkel ist gerade zur Bank rein, ich wollte nicht mit zu dem Schließfach mit seinen Wertgegenständen.« Sie zuckte mit den Schultern. »Ist mir einfach peinlich. Ich will gar nicht wissen, was er alles besitzt.«

»Dann wird der Herr Filialleiter aber traurig sein, dass du nicht währenddessen mit ihm plauderst. Er sieht dich doch zu gern.«

»Was du nicht alles weißt!«

»Das ist dir doch auch klar. Gib’s zu«, sagte Martina.

»Ja, schon. Und ich finde ihn eigentlich auch ganz nett.«

»Ich nicht. Er ist schleimig und berechnend. Wetten, dass er dich gleich wieder einladen wird?«

»Mal sehen.« Sabine lachte. »Und damit er die Gelegenheit auch bekommt, muss ich jetzt rein. Der Onkel wird hoffentlich fertig sein.«

»Und ich muss mich beeilen, sonst stehen die ersten Kunden vor der geschlossenen Ladentür.«

Martina besaß eine exklusive Boutique in Rottach-Egern, gleich an der Promenade. Das Haus, in dem sich sowohl ihre Wohnung als auch das Geschäft befanden, gehörte ihrem Bruder, der als Geschichtsprofessor in Wien lebte und von ihr nur eine geringe Miete verlangte. Im Gegenzug sorgte sie dafür, dass alles instand gehalten wurde.

»Wir sehen uns spätestens am Montag, ja? Dann ist Ruhetag.«

»Ich werde abends pünktlich sein und erwarte ein köstliches Abendessen.« Die Freundin lachte fröhlich.

»Versprochen! Bis dahin.«

Sabine lächelte noch, als sie das Bankgebäude betrat. Mit der Freundin zu reden tat ihr immer gut. Sie kannte Martina schon länger, hatte sich hin und wieder ein reduziertes Teil in der Boutique gekauft, wenn sie mal zu Besuch an den See gekommen war. Doch erst seit sie hier lebte, waren sie gute Freundinnen geworden. Martina aß für ihr Leben gern und kam oft in die Goldene Eiche.

Bei einem der Besuche hatte Martina auf der Bank vor dem Haus das Buch eines bekannten skandinavischen Krimiautors entdeckt. Der Wind blätterte die Seiten durcheinander, und das Lesezeichen, ein eng beschriebenes Blatt, flatterte Martina vor die Füße.

Spontan hob sie es auf und nahm auch das Buch an sich.

»Oh, Sie haben meine Sachen gerettet. Danke.« Sabine und Martina prallten an der Tür beinahe zusammen.

»Gern. Sie mögen Krimis?«

»Ich liebe sie! Aber sie müssen raffiniert konzipiert sein. Und das können die Skandinavier am besten.«

»Ganz meine Meinung.« Martina reichte ihr das Buch, hielt aber das handgeschriebene Blatt noch in der Hand. »Was ist das?«

»Ein neues Rezept.« Sabine zuckte mit den Schultern. »Es ist mir eingefallen, als ich im Buch etwas über Königskrabben und Flusskrebse gelesen habe.«

»Flusskrebse liebe ich!«

»Ich auch.« Sabine hielt Martina die Tür auf. »Dann haben wir ja schon zwei Gemeinsamkeiten.«

»Das werden sicher noch mehr, meinst du nicht?« Sie reichte der jungen Wirtin die Hand. »Ich bin Martina.«

»Sabine.«

So hatte ihre Freundschaft begonnen, denn sie stellten bald fest, dass sie noch sehr viele gemeinsame Interessen hatten. So liebten sie beide Italien, mochten Jazz und Mozart. Sie ergänzten sich allerdings auch, denn durch Sabine lernte Martina ein wenig kochen – etwas, das sie bisher vermieden hatte und auch jetzt noch nicht mit Begeisterung tat –, und Sabine begann, sich mehr für Mode zu interessieren. Auch jetzt trug sie einen Pulli aus Martinas vorjähriger Kollektion. Er war ein wenig verwaschen, doch das störte Sabine nicht. Für den Besuch beim Ökobauern war er allemal gut genug, und auch für den Bankbesuch reichte er, fand Sabine. Allerdings hatte sie sich noch einmal kurz die blonden Locken gekämmt, bevor sie ausgestiegen war. Ein bisschen Eitelkeit konnte ja nicht schaden!

Sebastian Moser kam in dem Moment wieder in die Schalterhalle, als Sabine die Bank betrat.

»Liebe Sabine – Herr Moser!« Mit verbindlichem Lächeln kam Markus Hirzler, der Filialleiter, hinter dem Tresen hervor. »Grüß Gott! Folgen Sie mir bitte ins Büro. Da sind wir ungestört.«

»Haben Sie alles vorbereitet?«, erkundigte sich Sebastian, als sie Hirzlers Büro betraten.

»Selbstverständlich. Alle Unterlagen liegen bereit. Sie müssen nur noch unterschreiben.«

Sebastian Moser streifte die Papiere nur mit einem flüchtigen Blick, ehe er schwungvoll seinen Namen an den angegebenen Stellen zeichnete.

Sabine hingegen las alles gründlich durch.

»Du kannst mir vertrauen, ich habe alles selbst zusammengestellt. Alles ist korrekt.« Hirzler hielt Sabine seinen Kugelschreiber hin. Dass seine Finger die ihren ein wenig länger als notwendig berührten, registrierte Sabine genau, aber sie tat, als sei ihr das nicht aufgefallen. Sie gab sich ganz geschäftsmäßig.

»Ja, sicher. Tut mir leid, aber ich bin es nun mal gewohnt, alle Dokumente zu lesen, unter die ich meinen Namen setze.«

»Es sind doch nur die Konten, die jetzt auf dich laufen«, warf Sebastian Moser ein.

»Nur! Wie du das sagst …« Mit einem leisen Seufzer unterschrieb Sabine schließlich die Papiere.

»Danke. Dann ist jetzt alles erledigt.« Betont sachlich schob Hirzler die Unterlagen zusammen. Dabei klopfte sein Herz ein paar Takte rascher. Hatte er es doch gewusst, dass die hübsche Sabine ein richtiger Goldfisch war! Jetzt galt es nur noch, sie für sich zu gewinnen. Aber er musste vorsichtig sein, durfte nicht zu forsch rangehen, das hatte er schon bei dem ersten Treffen bemerkt.

Als sie vor Monaten ein Konto bei ihm eröffnet hatte, war er von ihr fasziniert gewesen. Sie war genau sein Typ mit ihren langen blonden Haaren, der schlanken Figur und den fast veilchenblauen Augen, die von langen dunklen Wimpern umrahmt wurden.

Als er dann noch erfuhr, dass sie die Nichte des wohlhabenden Sebastian Moser war, wurde sein Interesse noch größer. Und jetzt war sie gar die Besitzerin des bekannten Landgasthofs Goldene Eiche! Wenn das kein Grund war, sich so rasch wie möglich mit ihr zu treffen.

Im Beisein von Sebastian verkniff er sich aber eine entsprechende Bemerkung, gratulierte ihr geschäftsmäßig höflich zur Übernahme und meinte abschließend: »Ich würde gerne in den nächsten Tagen mal hochkommen und bei dir essen.«

»Gerne doch. Ruf vorher an, ich reserviere dir dann einen besonders schönen Tisch.«

»Super.« Er erhob sich.

Sebastian war bereits auf dem Weg in Richtung Tür. »Bis dahin. Auf Wiedersehen, Herr Moser.«

»Adieu.« Sebastian drehte sich um und nickte ihm nur kurz zu, ehe er das Büro verließ.

»Bis dahin, Markus.« Sabine gab ihm lächelnd die Hand.

»Bis bald.« Er sah ihr tief in die Augen. »Schade, dass du Samstagabend arbeiten musst. Auf dem Wallberg feiert ein Freund von mir seine Geburtstagsparty. Wäre schön gewesen, wenn wir zusammen hätten hingehen können.«

»Tut mir leid, aber daraus wird nichts, hast es ja eh schon geahnt. So ist das nun mal in der Gastronomie. Wenn die anderen feiern, arbeiten wir.« Sie entzog ihm die Hand. »Du, ich muss. Der Onkel wartet.«

Sebastian stand schon vor dem alten Kastenwagen. »Was wollte denn der Hirzler noch von dir?«

»Mich einladen. Aber samstags geht das ja nie.«

»Aha«, war Sebastians einziger Kommentar, doch seiner Miene war anzusehen, dass er nicht gerade begeistert war. »Lass uns fahren«, sagte er. »Gleich wird’s einen Wolkenbruch geben. Siehst du, wie sich das Wasser kräuselt?«

Kurz schaute Sabine zum Himmel, an dem sich die Wolken bedrohlich aufgetürmt hatten. Von den nahen Bergen her trieb der Wind die dunklen Wolken über den See. Sie wusste inzwischen, dass hier das Wetter sehr rasch umschlagen konnte.

Sie hatten Bad Wiessee noch nicht ganz erreicht, da öffnete der Himmel schon seine Schleusen. Der Regen prasselte gegen die Windschutzscheibe, und die Scheibenwischer hatten Mühe, freie Sicht zu schaffen.

Auf dem Parkplatz der Seniorenresidenz hatten sich drei große Pfützen gebildet.

»In wenigen Tagen soll der Platz neu geteert werden«, erklärte Sebastian und löste den Sicherheitsgurt.

»Das nutzt dir heute aber nichts.« Sabine stellte den Motor aus. »Warte ein bisschen, das Unwetter zieht sicher bald ab.«

»Unsinn, ich bin nicht aus Zucker, und du musst heim.« Sebastian öffnete die Tür. »Bis bald, mein Mädchen. Mach’s gut.«

»Du auch. Und … danke nochmals.«

Sebastian Moser hob nur kurz die Hand, dann eilte er mit langen Schritten zur breiten gläsernen Eingangstür. Zwei Blumenkübel, üppig mit weißen Narzissen und hellroten Ranunkeln bestückt, standen neben der Tür.

Sabine wartete, bis er im Haus verschwunden war, dann wendete sie und fuhr die Uferstraße zurück bis Rottach-Egern. Genau wie in Bad Wiessee waren auch hier die Straßen fast menschenleer. Der immer heftiger werdende Wind zerrte am jungen Grün der Bäume, und auf den Wellen des Sees tanzten helle Schaumkronen.

Gerade als Sabine auf die schmale Straße einbiegen wollte, die hoch zum Gasthof führte, kam ihr ein Geländewagen entgegen. Der Fahrer bremste ab, und Sabine erkannte Thorsten Bernhammer.

Sie hielt an und ließ die Fensterscheibe zur Hälfte herab.

»Ist das ein Sauwetter!« Der Reitstallbesitzer lächelte sie an, dabei zeigten sich wieder seine süßen Grübchen, die Sabine schon bei ihrem ersten Zusammentreffen so fasziniert hatten. »Aber den Wiesen tut der Regen gut.«

»Meinem Geschäft leider nicht.«

»Das stimmt wohl. Aber vielleicht machen Sie das Beste draus und kommen mal rüber zu mir? Sie mögen doch Pferde, oder?«

»Schon, aber heute muss ich etliche Vorbereitungen für morgen treffen, da hab ich zu Mittag eine große Gesellschaft. Ein andermal gern.«

Lautes Hupen ließ Sabine zusammenzucken. Hinter ihr standen zwei Autos, denen sie den Weg versperrte.

»Ich muss los.«

»Schade.« Für einen Moment trafen sich ihre Blicke, aber da ertönte schon neuerliches nervöses Hupen. Beide gaben Gas und fuhren in entgegengesetzte Richtungen davon.

3. Kapitel

Als Sabine die grünen Fensterläden ihres Schlafzimmers aufstieß, musste sie in helles Sonnenlicht blinzeln. Die Apfelbäume, die auf der Wiese links vom Haus standen, hatten die weißrosa Blütenkelche weit geöffnet. Bienen summten durch die Luft, ein Schwalbenpaar flatterte aufgeregt hin und her, und von irgendwoher hörte sie das Muhen etlicher Kühe.

Sabine hatte bis weit nach Mitternacht einen spannenden Krimi gelesen. Die Handlung spielte zum Teil auf einem Gestüt, und Sabine mochte sich kaum eingestehen, dass sie ihn allein aus diesem Grund gekauft hatte. Aber es war so: Thorsten und sein Gestüt interessierten sie.

Ben, der sechsjährige Berner Sennenhund, legte ihr auffordernd eine Pfote auf den Oberschenkel und schubste sie gleichzeitig mit der Schnauze an.

»Ich weiß, du musst raus.« Sabine kraulte ihn kurz am Hals. »Hättest mich eben früher wecken sollen, du dummer Hund.«

Ben antwortete mit einem unterdrückten Bellen. Eigentlich gehörte der Hund Sebastian, doch in der Seniorenresidenz waren Tiere nicht erlaubt. Zudem sollte das Tier nicht aus seiner gewohnten Umgebung gerissen werden. Hier, auf dem weitläufigen Areal, das den Landgasthof umgab, konnte Ben ungehindert herumlaufen.

»Schon gut, geht ja gleich los.«

Sabine sog die frische Morgenluft ein, dabei schaute sie hinunter ins Tal, von wo der Tegernsee sie mit seinem tiefen Blau zu grüßen schien.

Ein Fahrradklingeln zerriss die morgendliche Stille.

»Grüß dich, Frau Chefin! Schön ist es heut, gell?« Richard winkte ihr zu, ehe er mit seinem Rad ums Hauseck fuhr. Er war fast immer der Erste morgens.

Es gehörte eigentlich nicht zu Richards Aufgaben, den Gastraum zu putzen, dazu hatte Sabine zweimal in der Woche eine Putzfirma engagiert. Doch Richard ließ es sich nicht nehmen, morgens einmal die alten Holzbohlen zu wischen. »Das mach ich gerne«, sagte er immer, wenn Sabine ihm klarmachen wollte, dass er das nicht tun musste. »Es soll alles perfekt sein. Willst du doch auch, oder?«

Inzwischen hatte sie es aufgegeben, ihn davon abzubringen. Als Dank bekam er hin und wieder einen Extraschein, und Richard war überglücklich darüber. Seine Leidenschaft war der Modellbau, und jeden Euro, den er erübrigen konnte, steckte er in dieses Hobby. Er besaß schon zwei Modellflugzeuge, die sein ganzer Stolz waren.

Für diesen Tag lagen bereits etliche Reservierungen vor, unter anderem feierte eine Touristin, die seit vielen Jahren ihren Urlaub am Tegernsee verbrachte, ihren 75. Geburtstag. Gegen halb zwölf sollte es einen Sektempfang geben, danach hatte sie sich ein leichtes, aber exquisites Essen gewünscht.

»Ich komme gleich runter, Richard!« Sabine winkte dem jungen Mann aus dem Fenster zu und beeilte sich dann, fertig zu werden.

»Wenn du willst, geh ich ein bisschen mit Ben spazieren.«

»Wär mir recht, danke. Hab viel zu tun heute.«

Der Hund wedelte aufgeregt mit dem Schwanz, als Richard nach ihm rief und Sabine ihn aus dem Haus ließ. Die beiden machten sich auf in Richtung Wald. Dort konnte Ben ausgiebig im alten Laub schnüffeln und vielleicht ein paar Kaninchen aufschrecken.

In der Küche war es noch still, als Sabine mit ihrer Arbeit begann. Alois würde erst gegen zehn Uhr kommen, ebenso Fanny, die Bedienung. Rasch suchte sich Sabine alles zusammen, was sie für die Zubereitung des Menüs benötigte. Am Tag zuvor hatte sie bereits die Vorspeise zubereitet. In Proseccoschalen, die sie im Keller gefunden hatte und die nach Sebastians Ansicht nicht mehr zeitgemäß waren, hatte sie Rote-Bete-Gelee gefüllt, den sie an diesem Morgen mit leichtem Meerrettichschaum bedeckte, den sie zuvor mit steif geschlagener Sahne verfeinert hatte. Darauf kam als Dekoration ein Klecks Kaviar.

»Was ist denn das da?« Alois kam in die Küche und musterte mit zusammengekniffenen Augen die beiden Tabletts mit der ausgefallenen Vorspeise. »Tut’s kein normaler Salat für die Frau Reichelsbach?«

»Sie wollte etwas Ausgefallenes, also bekommt sie das auch. Ist alles abgesprochen.«

»Spinnerte Neuerungen«, murmelte Alois. »Was gibt’s denn als Hauptspeise? Auch wieder so was Verrücktes?«

»Kalbsmedaillons. Ganz einfach.« Sabine sah kurz von ihrer Arbeit auf. »Sei so gut und kümmere dich um den Salat, ja?«

»Hast du die Kartoffeln schon geschält?«

»Nein, noch nicht.«

»Dann fang ich damit an.«

Sabine widersprach nicht, sie wollte die Stimmung nicht verschlechtern. Alois würde noch früh genug merken, dass es beim Festmenü keine Salzkartoffeln als Beilage geben würde, sondern Mandelkroketten. Aber fürs normale Tagesgeschäft brauchten sie auch Kartoffeln, also konnte er ruhig ein paar Pfund schälen.

»So, fertig. Das bring ich wieder in die Kühlung, dann kümmere ich mich ums Fleisch.« Sie hatte vor, das Kalbsfilet mit einer Kräuterkruste zu bedecken, dazu sollte es frische Morcheln in einer leichten Soße geben.

Ohne noch etwas zu sagen, sah Alois ihr bei der Arbeit zu. Er selbst portionierte den Salat so, wie er es immer gemacht hatte, und Sabine ließ ihn gewähren. Nach und nach würde sie auch hier einige Veränderungen vornehmen, doch alles sollte in kleinen Schritten geschehen.

Sie waren gerade mit der Vorbereitung fertig, und Fanny hatte sich ihre Arbeitskleidung angezogen, ein leichtes hellblaues Dirndl mit weißer Schürze, da trafen die Gastgeberin und die ersten Gäste ein.

Sabine gratulierte zunächst Frau Reichelsbach und überreichte einen hübsch gebundenen Blumenstrauß.

»Das ist reizend von Ihnen, meine Liebe. Und die Dekoration … einfach bezaubernd! Ich hab doch gewusst, dass ich auch das Ihnen überlassen kann.«

Sabine hatte sich während ihrer Zeit in den Luxushotels einiges von den dort arbeitenden Floristen abgeschaut. Für den heutigen Tag hatte sie verschieden große Gläser mit einzelnen gelben Rosen und frischem Grün bestückt. In einem mit Wasser gefüllten Glas brannte eine Schwimmkerze. Am Abend zuvor hatte sie alles vorbereitet, und sie freute sich, dass es der alten Dame gefiel.

Als sich am frühen Abend dann die Geburtstagsgesellschaft auflöste, sparte Frau Reichelsbach nicht mit Lob und versprach: »Wir werden Sie weiterempfehlen, meine Liebe. Es war exzellent.«

»Danke. Freut mich, dass Sie zufrieden waren.« Sabine begleitete die Gäste noch bis zu ihren Autos. Sie freute sich über den Erfolg, zeigte die Reaktion der Gäste doch, dass sie mit ihrem Konzept richtiggelegen hatte.

»Deine Sorbets waren der Hit«, schwärmte Fanny, als Sabine in die Küche kam. »Dazu die frischen Früchte und die kleine Pyramide aus Mandelkeksen und Baiser … toll!«

»Normales Eis hätte es auch getan«, murmelte Alois. »Aber nein, jetzt müssen Sorbets gemacht werden.«

»Hast du mal probiert?«, fragte Sabine. »Ich hab noch ein paar Portionen für uns reserviert.«

Ein unterdrücktes Knurren war Alois’ einzige Antwort, aber dann setzte er sich doch mit den anderen an den Tisch und genoss das Dessert. »Ganz in Ordnung«, gab er dann zu.

Fanny grinste. »Brich dir keinen ab, Alois. Das hier ist zehnmal besser als fertig gekauftes Eis.«

»Das ist echt lecker!« Richard leckte sich die Lippen. »Davon kannst du ruhig öfter was machen.«

»Mal sehen, was sich ergibt.« Sabine stand auf. »Teilt euch den Rest, ich sehe draußen mal nach, ob neue Gäste gekommen sind.« Sie nickte kurz in die Runde und verschwand nach draußen.

Auf der Terrasse hatten gerade drei Wanderer Platz genommen, die die herrliche Aussicht auf den See bewunderten. Essen wollten sie nichts, doch gegen ein kühles Bier hatten sie nichts einzuwenden.

Erst nach einer weiteren Viertelstunde trafen wieder Gäste ein, und bis zum Einbruch der Dunkelheit hatte Sabine dann doch noch alle Hände voll zu tun.

Müde, aber zufrieden schloss sie gegen zweiundzwanzig Uhr die Tür des Lokals hinter Fanny ab.

»Wir sehen uns dann erst Dienstag. Viel Spaß bei deiner Freundin in Salzburg.«

»Den werden wir haben. Danke, dass du mir den Sonntag freigegeben hast. Normalerweise hätte ich nicht drum gebeten, aber den dreißigsten Geburtstag möchte ich gerne mitfeiern.«

»Das versteh ich doch. Genieß die Feier!«

»Das werd ich. Die Gerti hat eine Band engagiert. Ex-Mitschüler von ihr. Mal sehen, was die Jungs noch draufhaben. Montag wollen wir dann noch shoppen gehen.« Sie wirkte aufgeregt und voller Vorfreude.

»Habt Spaß!«

Sabine sah Fanny hinterher, dann griff sie nach Bens Leine, die wie immer an einem Haken neben der Tür hing. »Komm, Ben, wir laufen noch ein Stück.«

Darauf schien der Hund schon gewartet zu haben. Aufgeregt mit dem Schwanz wedelnd, lief er zur Tür. Draußen stürmte er sofort in Richtung Wald.

»Bleib hier, Ben!« Sabine beeilte sich, dem Hund zu folgen, doch Ben hatte die Spur eines Kaninchens in der Nase und machte keine Anstalten zu gehorchen.

»Du Biest«, schimpfte Sabine vor sich hin. Zwar wusste sie, dass sowohl der Jagdpächter als auch die zwei Bauern, die hin und wieder von diesem eingeladen wurden, Ben kannten und ihn nicht als einen wildernden Hund abschießen würden, doch es war schon recht dunkel, und sie hatte keine Lust, über eine Baumwurzel zu stolpern.

»Na, ist der Hund wieder mal ausgerissen?« Auf dem schmalen Pfad, der zwei Wiesen voneinander trennte, kam Sabine ein Reiter entgegen.

»Thorsten! Guten Abend. Sie sind aber auch noch spät unterwegs.«

»Der Landro muss bewegt werden, sonst wird er übermütig. Und am Tag hatte ich einfach keine Zeit.« Mit einem Satz saß er von dem dunkelbraunen Wallach ab, der brav stehen blieb, obwohl Thorsten ihm die Zügel nur lässig über den Hals geworfen hatte.

»Du bist aber ein ganz Feiner.« Sabine machte ein paar Schritte auf das Pferd zu und tätschelte ihm den Hals.

»Das weiß er auch.« Thorsten lachte leise. »Er ist jetzt fünf Jahre alt, und sein Vater war eins meiner besten Springpferde, die Mutter ebenfalls preisgekrönt.«

»Dann ist er also etwas ganz Besonderes.« Sabine strich über das seidig glänzende Fell des Pferdes. Gleichzeitig mit ihr hob auch Thorsten die Hand – beide zuckten zusammen, als sich ihre Finger berührten.

»Ich muss weiter, Ben suchen.«

»Ich kann Ihnen gerne helfen.«

»Ich will Sie nicht aufhalten.« Ein wenig skeptisch sah sie ihn an. »Es wird immer dunkler, und Sie haben noch einen längeren Heimweg vor sich.«

Thorsten lächelte. »Machen Sie sich darüber keine Gedanken. Der Wallach findet seinen Stall im Schlaf. Und ich würde gern noch ein bisschen mit Ihnen gehen. Oder mögen Sie aufsitzen? Landro ist kräftig, der kann uns beide tragen.«

Entschieden schüttelte Sabine den Kopf, sodass ihr Pferdeschwanz hin und her wippte. »Das lieber nicht. Es ist eine gefühlte Ewigkeit her, dass ich im Sattel saß.«

»Das Reiten verlernt man nicht. Aber wenn Sie nicht wollen, gehen wir eben ein Stück.« Er schnalzte leise mit der Zunge, und sofort setzte sich Landro in Bewegung und folgte den beiden, die auf dem schmalen Pfad dicht nebeneinandergehen mussten. Helles Mondlicht ließ die Konturen der Bäume am Waldrand heller erscheinen, und der schmale Weg zwischen den Wiesen war recht gut zu erkennen. Dennoch stolperte Sabine einmal.

»Achtung!« Thorsten hielt ihren Arm fest, und Sabines Herz klopfte ein paar Takte schneller, als sie ihm auf einmal ganz nah war. Thorsten sah interessant aus mit seiner schlanken, durchtrainierten Gestalt, dem gut geschnittenen Gesicht und dem dunklen Haar, das leicht gewellt war. Zu einer dunklen Reithose trug er ein Polohemd, darüber eine Weste.

»Bestanden?«

»Wie bitte?«

»Na, hab ich Ihren kritischen Blicken standhalten können?«

Sabine verzog leicht den Mund. »Tut mir leid, ich wollte Sie nicht anstarren.« Verlegen sah sie zu ihm auf, er überragte sie um mehr als einen halben Kopf.

»Kein Problem. Ich hoffe nur, dass ich Gnade vor Ihren Augen gefunden habe.«

Sabine nickte nur. Sie war verlegen. Was musste er nur von ihr denken?

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