Summa Theologica, Band 2: Prima Pars, Quaestiones 43- 83 - Thomas von Aquin - E-Book

Summa Theologica, Band 2: Prima Pars, Quaestiones 43- 83 E-Book

Thomas von Aquin

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Beschreibung

Die Summa Theologica (übersetzt "Zusammenfassung der Theologie"), oft einfach als Summa bezeichnet, ist das bekannteste Werk von Thomas von Aquin (1225-1274), einem scholastischen Theologen und Kirchendoktor. Sie stellt ein Kompendium der wichtigsten theologischen Lehren der katholischen Kirche dar, das als Leitfaden für Theologiestudenten, Seminaristen und Laien dienen soll. Die Themen der "Summa", in denen die Argumentation für fast alle Inhalte der christlichen Theologie im Abendland dargelegt wird, folgen dem folgenden Zyklus: Gott, die Schöpfung, der Mensch, die Bestimmung des Menschen, Christus, die Sakramente und zurück zu Gott. Obwohl sie unvollendet ist, gehört die "Summa" nicht nur zu den Klassikern der Philosophiegeschichte, sondern ist eines der einflussreichsten Werke der abendländischen Literatur und bleibt Aquins vollkommenste Schrift, die Frucht seiner reifen Jahre, in der sich das Denken seines ganzen Lebens verdichtet. Der Autor zitiert immer wieder christliche, muslimische, hebräische und heidnische Quellen, darunter die Heilige Schrift, Aristoteles, Augustinus von Hippo, Avicenna, Averroes, Al-Ghazali, Boethius, Johannes von Damaskus, Paulus der Apostel, Pseudo-Dionysius, Maimonides, Anselm von Canterbury, Platon, Cicero und einige andere. Dies ist Band zwei von zehn mit den Quaestiones 43 - 83 der Prima Pars.

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Seitenzahl: 937

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Summa Theologica

 

Band 2

 

Quaestiones 43 – 84

(Prima Pars)

 

THOMAS VON AQUIN

 

DIE SCHRIFTEN DER KIRCHENVÄTER

 

 

 

 

 

 

Summa Theologica, Band 2, Thomas von Aquin

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

 

ISBN: 9783849663889

 

Cover Design: Basierend auf einem Werk von Andreas F. Borchert, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=35892522

 

Der Text dieses Werkes wurde der "Bibliothek der Kirchenväter" entnommen, einem Projekt der Universität Fribourg/CH, die diese gemeinfreien Texte der Allgemeinheit zur Verfügung stellt. Die Bibliothek ist zu finden unter http://www.unifr.ch/bkv/index.htm.

 

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

 

 

INHALT:

Vorwort des Herausgebers. 1

Quaestio 43. Die Sendung der drei göttlichen Personen. 2

3. Band. Dritte Abhandlung. Gott, der Schöpfer. 24

Quaestio 4. Über die erste Ursache alles dessen, was ist. 24

Quaestio 45. Über die Art und Weise wie die Kreaturen von Gott ausgehen. 32

Quaestio 46. Über den Anfang der Dauer der Geschöpfe. 49

Quaestio 47. Die Verschiedenheiten der Dinge im allgemeinen. 63

Quaestio 48. Das Übel in den Dingen. 70

Quaestio 49. Über die Ursache des Übels. 83

Quaestio 50. Über die Substanz der Engel. 92

Quaestio 51. Verhältnis der Engel zum Körperlichen. 107

Quaestio 52. Verhältnis der Engel zum Orte. 119

Quaestio 53. Über die Bewegung der Engel von Ort zu Ort. 126

Quaestio 54. Die Kenntnis der Engel. 135

Quaestio 55. Über die das Erkennen in den Engeln vermittelnde Idee. 146

Quaestio 56. Die Erkenntnis der Engel rücksichtlich der stofflosen Wesen. 155

Quaestio 57. Die Kenntnis der Engel rücksichtlich der stofflichen Dinge. 166

Quaestio 58. Über die Art und Weise wie die Engel erkennen. 178

Quaestio 59. Über den Willen der Engel. 191

Quaestio 60. Über die Liebe, welche die Engel haben. 201

Quaestio 61. Über die Erschaffung der Engel. 210

Quaestio 62. Über die Gnade und die Herrlichkeit in den Engeln. 216

Quaestio 63. Über die Sünde der Engel. 232

Quaestio 64. Die Strafe der Dämonen. 249

Quaestio 65. Die Erschaffung der körperlichen Natur. 261

Quaestio 66. Die Beziehung des Erschaffens zu der des Scheidens. 272

Quaestio 67. Das Werk der Scheidung an und für sich. 286

Quaestio 68. Der zweite Tag. 296

Quaestio 69. Der dritte Tag. 304

Quaestio 70. Das Werk des Schmuckes am vierten Tage. 309

Quaestio 71. Der fünfte Tag. 316

Quaestio 72. Der sechste Tag. 318

Quaestio 73. Der siebte Tag. 320

Quaestio 74. Über alle sechs Tage zusammen. 324

Quaestio 75. Der Mensch. 331

Quaestio 76. Über die Vereinigung des Leibes und der Seele. 352

Quaestio 77. Die Vermögen der Seele im allgemeinen. 381

Quaestio 78. Über die Vermögen der Seele im besonderen. 399

Quaestio 79. Über das Vernunftvermögen im allgemeinen. 415

Quaestio 80. Über die begehrenden Vermögen im allgemeinen. 441

Quaestio 81. Über die Sinnlichkeit. 444

Quaestio 82. Über den Willen. 452

Quaestio 83. Der freie Wille. 463

Summa Theologica, Band 2

Bibliographische Angaben:

Summe der Theologie / Die katholische Wahrheit oder die theologische Summa des Thomas von Aquin deutsch wiedergegeben durch Ceslaus Maria Schneider. Verlagsanstalt von G. J. Manz, Regensburg 1886-1892. [12 Bände] 1880

Vorwort des Herausgebers

Sehr geehrter Leser,

die "Summa Theologica" war in ihrer Gänze sicher das herausforderndste Werk innerhalb der Reihe "Die Schriften der Kirchenväter." Es gibt kaum eine Textvorlage, ganz speziell von dieser Schneider-Übersetzung, die diesen Begriff – "Vorlage" – verdient hätte.

Wir haben versucht, so viele Fehler wie möglich auszumerzen. Dennoch ist dieses Werk nicht perfekt, da ein komplettes Korrektorat schlicht nicht wirtschaftlich ist. Bitte sehen Sie uns nach, wenn Sie an der einen oder anderen Stelle über einen Fehler stolpern, insbesondere bei der Umsetzung von griechischen Buchstaben. Thomas von Aquinas war nicht perfekt, seine "Summa" mitnichten, wir sind es schon gar nicht. Wir glauben dennoch, dass das Preis-Leistungsverhältnis dieser Ausgabe stimmt und jeder interessierte Leser auf seine Kosten kommen wird.

Herzlich Grüße,

Ihr Jazzybee Verlag (Jürgen Beck)

 

 

Quaestio 43. Die Sendung der drei göttlichen Personen.

 

Überleitung.

 

„Wenn jemand mir dient, so wird ihn mein Vater ehren, der im Himmel ist.“ (Joh 12, 16.) Wie dienen wir Christo? „Wie die Augen der Magd auf die Hände ihrer Herrin gerichtet sind, so seien unsere Augen auf den Herrn gerichtet, bis Er Sich unser erbarme.“ (Ps 122 .) Dann dient der Knecht wahrhaft seinem Herrn, wenn das Wort des Herrn den einzig bestimmenden Grund seiner einzelnen Handlungen bildet. Kann der Knecht auf die Frage, warum er gerade dies tue und nichts Anderes, gerade hier sei und nicht dort, einfach antworten, weil so mein Herr es will und sucht er nicht nach anderen Gründen, so ist er wahrhaft in dem, was er tut, der folgsame Knecht seines Herrn. So lehrte uns Christus durch sein Beispiel. „Meine Speise ist es, den Willen meines himmlischen Vaters zu tun.“ Zur Herrschaft über die ganze Erde war Er berufen; — und arm lag Er in der Krippe. Noch ärmer war Er in seinem übrigen Leben: „Die Vögel haben ihre Nester, die Füchse ihre Höhlen; aber der Menschensohn hat nicht, wohin Er das Haupt legen soll.“ Nackt hing Er am Kreuze. Mit Weisheit sollte Er die durstende Menschenseele anfüllen; — und gleich einem Thoren ward Er verspottet. Der Urheber neuen, reichen Lebens sollte Er sein; — und der schimpfliche Kreuzestod beendete seine irdische Laufbahn. Da war kein anderer Grund, um solche Armut freiwillig zu übernehmen, solcher Torheit sich auszusetzen und all seine Macht dahin zu benutzen, dass Er seine Seele, sein Leben einsetzte; wie jener, der in den Worten liegt: „Was mein Vater will, das tue ich immer.“ Deshalb wird uns der Vater selber ehren, wenn wir seinem Eingeborenen in ähnlicher Weise dienen; wenn wir im einzelnen nicht handeln, wie die im Geschöpflichen liegenden und offenbaren Gründe einladen, sondern Ihn, den Herrn, sein Beispiel, sein Wort als den allein genügenden Grund dafür ansehen, dass wir dies tun und nicht jenes, hier sind und nicht dort. Denn durch den Herrn spricht der Vater. „Er hat seinen eingeborenen Sohn dahingegeben. Er hat Ihn auf die Erde gesandt, damit jeder, der an Ihn glaubt, nicht zu Grunde gehe, sondern das ewige Leben habe.“ Und der Sohn hat kraft des Vaters „den heiligen Geist gesandt, damit wir wieder Ihn, den Sohn selber, lieben, sein Wort halten“ und „dass der Vater uns liebe und so der Vater, der Sohn und der heilige Geist zu uns komme und Wohnung in uns nehme.“ Dass doch die heilige Wissenschaft alle jene Mittelwesen zwischen Gott und dem Geschöpfe verwerfe, welche nichts Schöpferisches und nichts Geschöpfliches an sich haben oder besser halb Gott halb Kreatur, halb Fisch halb Fleisch sind. Nur einen Mittler hat unsere Seele zu Gott. Und dieser eine, der glorreiche und in Ewigkeit gebenedeite Erlöser, ist deshalb gerade unser wahrer Mittler, weil Er uns nach allen Seiten hin zeigt, wir seien von uns aus nichts; nur Gottes Bestimmung, nur Gottes Einwirken bringe uns Sein, Leben, Seligkeit. Gerade weil die heilige göttliche Wissenschaft anderen Mittelwesen nicht selten einen Platz einräumt, wie z. B. einem zwitterhaften Mittelwissen, welches vermitteln soll zwischen der geschöpflichen freien Tätigkeit und der schöpferischen Einwirkung, gerät sie in Schwierigkeiten, Zweifel, Widersprüche, welche am Ende aus der Theologie nur eine Menge abstrakter Formeln und Einteilungen machen und sie dem vollen praktischen Leben entziehen. Aus ihnen rettet schließlich kein anderer Ausweg, wie der volle Verzicht auf all diese wesenlosen Schatten. Zwischen Gott und dem Nichts vermittelt nur die göttliche Macht und Güte; zwischen der Tatsächlichkeit Gottes und dem wahrhaft frei geschöpflichen Wirken vermittelt nur das Geschenk der Liebe, der heilige Geist. Und dass nichts Anderes da vermittelt, das zeigt der Tod Jesu; und deshalb ist Jesus unser sichtbarer Mittler. Zu diesen wesenlosen Schatten, welche vermitteln sollen und doch nur verfinstern, gehört auch die „vermittelnde“ Annahme, die menschliche Natur sei erst in sich selber erhöht worden, damit sie überhaupt fähig werde, Gott wie Er ist zu schauen. Wir haben bereits im zwölften Kapitel darauf hingewiesen, wie Thomas keine sogenannte „Übernatur“ kennt, sondern nur „Übernatürliches“; nicht eine Erhebung des Menschen, als ob seine Substanz erhoben worden wäre, sondern weil seiner Natur Mittel, nämlich Vermögen und Eigenschaften gegeben worden sind, um das „natürliche“ Verlangen der Vernunft, kraft dessen sie den letzten Grund zu schauen begehrt, kraft der Gnade zu erfüllen. Nicht auf einer Übernatur baut sich die Gnade auf, nicht auf einer bloßen Annahme der Vernunft; sondern die Natur, wie sie Gott gebildet, mit ihrer Vernunft, mit ihrem von allen beschränkten Gütern losgelösten freien Willen, wird durch die Gnade mit dem Dreieinigen verbunden und vermittelst der menschlichen Natur dann die ganze sichtbare Natur. Also ist die Gnade ein natürliches Geschenk Gottes? Die menschliche Natur verlangt sie, um ihrem Zwecke nachzustreben? Muss Gott sie geben als Urheber der Natur; weil Er doch nicht die Natur lassen kann, ohne ihr die Mittel zu verleihen zur Erreichung ihres natürlichen Zweckes?! Weit entfernt! Wie wenig doch der Mensch sich damit befreunden kann, dass er aus dem Nichts ist und dass er sein Nichts immerdar mit sich herumträgt! Gerade die menschliche Natur ist es — und das geben alle zu — unter allen sichtbaren Kreaturen, die von sich aus, von ihrer Natur aus auf keinen einzelnen bestimmten Zweck hin gerichtet ist. Gerade „sie schaut nach oben und nach unten, nach rechts und links; und siehe da: Nirgends findet sie Hilfe“. Nirgends begegnet ihr ein einzelnes Wesen, in deren Besitz sie notwendig ihre endliche „Vollendung“ fände. Sie kann ja ihre Vollendung nur erhalten gemäß der Vernunft. Diese Vernunft aber ist wesentlich Forschen nach dem Grunde. Vom Einzelnen, vom Wirklichen nun als solchen, was allein vollenden kann, kennt sie keinen Grund. Nur soweit das Allgemeine, Indifferente reicht, erfasst die Vernunft Gründe. Die menschliche Natur besagt es eben ihrem Wesen nach; dass sie von sich aus ihre endliche Vollendung gar nicht fordern kann. Sie hat kraft ihrer Vernunft das natürliche Verlangen, den Grund von allem zu erkennen und ist erst dann ruhig, wenn der ausreichende Grund von etwas ihr klar ist. Gerade aber darauf, vom Einzelnen als Einzelnen, also vom schließlich Maßgebenden, den ausreichenden Grund zu wissen, hat sie als geschöpfliche, hat sie der Natur nach keinen Anspruch. Sie hat also auf ihre schließliche Ruhe und Seligkeit eben kraft ihrer Natur gar keinen Anspruch. So hoch die menschliche Natur steigen mag, immer behält sie auf diesem Pilgerwege die Fähigkeit zu fallen. Und sie fällt tatsächlich mit Notwendigkeit von ihrer Vollendung ab, wenn der „Herr nicht mit seiner Hand sie stützt“; sowie jedes Sein ohne den Beistand Gottes zum Nichts fällt. Hat deshalb der Mensch nach seiner Natur keinen Endzweck? Gewiss hat er einen und zwar hat er gerade kraft seiner Natur, die zu keinem beschränkten einzelnen Gute im Bereiche der Natur in notwendiger Beziehung steht, aus sich heraus einen über alle Natur erhabenen. Und da als über alle Natur erhaben nur der Dreieinige dasteht, so ist notwendig mit der menschlichen Natur der Dreieinige als einzig möglicher Zweck gegeben. Aber ebenso notwendig besagt die menschliche Natur, dass sie weder diesen ihren Zweck aus sich heraus erkennen noch ihn wollen kann. Sie kann ihn nicht erkennen; denn dieser Zweck ist die einzelne Wirklichkeit dem Wesen nach, d. h. die einzelne Wirklichkeit, die in sich allein ihren Grund, ihr Prinzip hat. Die natürliche Vernunft aber weist es von sich ab, vom Einzelnen als Einzelnem den Grund zu erkennen. Sie erkennt das Einzelne nur kraft der Sinne, also insoweit als etwas Grundloses; und deshalb erkennt sie es vernünftigerweise nur insoweit das Einzelne im allgemeinen Wesen seinen Grund hat, d. h. sein kann und nicht sein kann; nicht aber insoweit es einen Grund hat, infolge dessen es so ist, dass es zugleich nicht nicht sein kann. Der natürliche Wille weißt es ebenso von sich ab, den Endzweck der menschlichen Natur von sich aus zu wollen. Denn er kann nur bestimmt wollen, je nachdem die Vernunft erkennt; er kann nur wollen so, dass er zugleich auch nicht oder Anderes wollen kann. Ist mit der Tatsache, dass Gott eine Natur geschaffen, die nur Er als Dreieiniger schließlich beglücken kann, nun auch für den Dreieinigen die Verpflichtung gegeben, die menschliche Natur mit ihrem Zwecke zu verbinden? Dem widersteht die menschliche Natur selber. Dadurch dass sie mit Notwendigkeit in keinem beschränkten, in keinem natürlichen Gute ihren vollbefriedigenden Abschluss findet, trägt sie wohl in sich die Möglichkeit, in nichts Geschöpflichem zu ruhen, somit über sich selber erhoben zu werden. Aber sie hat nichts Positives in sich, um diese Möglichkeit von sich aus nach dem Dreieinigen hin zu richten; und somit von sich her diese Erhebung über sich selber hinaus zu veranlassen. Gott bleibt vollständig frei der menschlichen Natur gegenüber; und zwar eben liegt dies in der menschlichen Natur. Gerade dass in die menschliche Natur ein gewisses Etwas (was dies ist, können auch die Freunde der so verstandenen „Übernatur“ nicht bestimmen) gelegt worden sein soll, wonach sie über sich selbst als Natur eine Erhebung zum übernatürlichen Zwecke hin trüge, wonach sie also zuerst als Natur gegründet und dann zur „Übernatur“ erhoben wäre; — gerade dies steht der Freiheit Gottes und der Freiheit des Menschen schroff gegenüber. Denn dieses Etwas muss doch eben ein Positives sein; sonst diente es zu nichts. Dann aber liegt es positiv in jedem Menschen, dass er zum letzten Zwecke hin bezogen ist; und es geschieht ihm unrecht, wenn dafür nicht die nötigen Mittel gegeben werden; gerade so wie dem Steine an sich unrecht geschieht, wenn er nach oben geworfen wird. Ein Zwang wäre es für die menschliche Natur, infolge der in sie selber niedergelegten Erhebung, wenn ihr die Gnade nicht gegeben würde; denn sie neigt dann aus sich heraus, abgesehen im einzelnen Menschen vom Willen Gottes, ohne weiteres positiv zum übernatürlichen Zwecke. Es kann doch die so gewollte Erhebung nicht in die Absicht Gottes allein gelegt werden, dass Er zuerst die Natur gewollt hätte und darauf die Erhebung derselben zur Übernatur. Dies würde nichts Anderes bedeuten, wie eine Zusammensetzung und Veränderlichkeit in Gott, während doch, wenn auch in seinen Werken Veränderung ist, in Ihm stets der eine, reine, tatsächliche Ratschluss besteht. Dass aber auch tatsächlich mit dieser „Übernatur“ ein solcher positiver Anspruch auf den letzten Zweck, den Besitz des Dreieinigen, ausgesprochen werden soll; dass also damit die volle souveräne Freiheit Gottes in Sich selber gestört wird; geben auch die Freunde derselben, freilich nicht mit ausdrücklichen Worten, zu. Denn wozu bedürfen sie der Annahme einer solchen in die Menschennatur gelegten „Erhebung“? Gott soll vermittelst der „Mittel-Wissenschaft“ in den menschlichen Vermögen sehen, wozu diese sich von sich aus mit Rücksicht auf den Endzweck positiv in einzelnen Fällen bestimmen Werden und danach seine Entschließungen einrichten! Wir verwerfen alle diese Vermittlungen zwischen Gott und seinem Geschöpfe als der Ehre und der Güte Gottes zuwider und dem Besten, der Freiheit des Geschöpfes entgegen. Wir erkennen nur eine Vermittlung an zwischen Gott und dem Geschöpfe: Das Einwirken Gottes, durch welches das Geschöpf, je wie es beschaffen sein soll, Wesen, Sein, Tätigkeit, Freiheit, Selbständigkeit eben deshalb zu eigen bekommt, weil es von sich aus durchaus nichts ist und nichts bleibt. Wir sagen mit dem Engel der Schule ganz formell: „Denn obgleich der Mensch kraft seiner Natur zum letzten Endzwecke Beziehung hat (naturaliter inclinetur ad finem ultimum); so kann er diesen Endzweck nicht erreichen kraft der Natur, sondern allein durch die Gnade (non tamen potest consequi illum naturaliter, sed solum per gratiam); und zwar auf Grund der über alles hervorragenden Erhabenheit dieses Endzweckes“ (et hoc est propter eminentiam illius finis. In lib. Boëtii de Trinitate; qu. 6, art. 4, ad 5.). Man soll nur mit Thomas das wahrhafte Nichts der Kreatur anerkennen; und man wird nicht notwendig haben, auf Grund unhaltbarer Annahmen denselben „weiterzuführen“, d. h. zu verwerfen. Ist damit, dass die Natur des Menschen selber in der angegebenen Weise zum Zwecke hinneigt, insofern sie nämlich in nichts Beschränktem ihre Vollendung finden kann, eine Notwendigkeit für Gott gegeben, ihr sowie Er sie gemacht, nun auch in jedem Falle die Vollendung zu verleihen, respektive die Mittel dazu? Es ist bereits gesagt worden, die Natur des Menschen selber und in ihr alle Natur schließt dies aus. In keinem einzelnen Menschen ist etwas, was den Allmächtigen bestimmen könnte, ihm die Gnade, die Seligkeit zu geben; eben dass ein solches Moment in keinem Menschen liegt, das sagt die Natur. Nur jene Notwendigkeit besteht in Gott, vermittelst deren Er, vorausgesetzt dass Er einmal eine Pflanze will, ihr auch eine Wurzel, Fortpflanzungskraft, Leben geben muss; denn Er kann nicht eine Pflanze wollen und ihr die Natur der Pflanze verweigern. Nur also vorausgesetzt, dass Gott einen einzelnen Menschen ewig selig machen will; muss Er ihm die Gnade als Mittel dazu geben. Für keinen Menschen aber hat Gott notwendig zu wollen, dass er seine Herrlichkeit schaue. Ist damit der Mensch schlimmer gestellt, als die anderen Geschöpfe, die da, sich selbst überlassen, ihre Zweckrichtung mit Notwendigkeit verfolgen? Wie soll dies der Fall sein, wenn die Liebe selber sich mit dem Menschen beschäftigt? Kommt nicht alles Wohl und alles Sein von der göttlichen Liebe? Der Mensch unterscheidet sich nur dadurch seiner Natur nach von den anderen Geschöpfen, dass er offen bleibt für die Hand des Schöpfers, für die Hand dessen, der ihm bereits seine Natur und sein Sein gegeben. Wie soll ihm aus dieser reichen Hand etwas Anderes zukommen als Wohl, als Gut, als Herrlichkeit. Seine Natur dankt er bereits der göttlichen Liebe, jene Natur, die ihn erhebt über alles Sichtbare und ihn zum Könige der Schöpfung macht; — wie wird diese Natur nicht erst tätig sein, wenn ihr Meister selber sie erfüllt! Gott ist überall der Schöpfer. Er ist überall der Meister. Er ist von jeder Kreatur der Endzweck und die Vollendung. Aber während die übrigen Kreaturen in der stofflichen Welt sich in der Weise gegenseitig vollenden, dass kraft der Allmacht die eine in der anderen ihren Zweck und ihren betätigenden Grund findet, will die menschliche Natur aus reiner, überreicher Liebe Er, unser Gott, selber unmittelbar von ihrem eigenen Innern aus leiten und beseligen. Oder ist jenes Kunstwerk schlimmer daran, welches seiner ganzen Anlage nach von keinem Gehilfen, sondern nur vom Meister selbst vollendet werden kann; welches so für seine Vollendung auf die Liebe des Meisters allein zu seinem Werke angewiesen ist? Wird es aus äußeren Gründen auf dem Wege zur Vollendung liegen gelassen; dann ist es allerdings hässlicher, wie die minderwertigen, welche der Gehilfe vollenden konnte. Aber an dieser Vernachlässigung wird niemals der Künstler schuld haben, der sein Werk liebt wie kein anderer. Der Mensch soll nur nicht auf sich selber hören, nicht sich selber in erster Stelle leiten wollen. Er soll auf Christum sehen, der, „was Er gehört hatte, lehrte“ und „was Ihm der Vater aufgetragen, immer hat“. Der Mensch soll für alles Einzelne, was geschieht und was ihm selber begegnet, in Gott allein den ausreichenden Grund sehen. Er soll seine Tätigkeit nur nach Gottes Gebot einrichten und erst auf Grund von Gottes Gebot nach anderen Ursachen forschen und sich richten; — und seine Natur wird sich in Gott, durch Gott, zu Gott hin vollenden. Der Vater sendet den heiligen Geist in das Herz; dass es nun kraft desselben Christum liebe und Ihm diene. Der heilige Geist führt das Herz nach dem ewigen Worte; — und der Vater selber wohnt dann im Herzen. Was heißt denn „Senden“ anderes, als das Vermögen der menschlichen Natur erhöhen? Was heißt es anderes, dass der „Geist“ gesandt wird, als dass nun das Vermögen des Menschen fähig gemacht wird, aus „Liebe“ allein, aus Liebe Gottes allein zu wirken? Was heißt es anderes, das Wort senden, als dass die Vernunft durch die Liebe von ihrem Innern aus erleuchtet werde, um im Lichte des Glaubens allein zu wandeln und nicht mehr im Lichte der Natur; um unter der alleinigen Leitung des „Wortes“ zu erkennen und demgemäß zu leiten? Nicht die heiligen Personen verlassen ihren Platz in der Dreieinigkeit, um in der Kreatur zu wohnen. Sie erheben vielmehr zu Sich selber die Vermögen der Natur, dass diese nun unmittelbar von ihnen in ihrer Tätigkeit geleitet werden. Der Vater wird nicht gesandt; weil eben alle Erhebung der natürlichen Vermögen dazu dient, zu Ihm und in Ihm zum Urprinzip alles Seins zu gelangen; zu schauen, wie in diesem Urprinzip, dem göttlichen Wesen, die drei Personen in gegenseitiger Beziehung stehen und wie von selbem nach außen die Kreaturen gewirkt werden; — weil die Natur selber als Urprinzip im Menschen und im Engel nicht erhoben wird, sondern als einmal gelegte feste Grundlage bleibt. Welch’ wunderbarer Abschluss nun in der menschlichen Natur! Aus dem Nichts ist sie geworden, um etwas zu sein. Soweit sie ist, soweit sie Vermögen hat, soweit alle Kreaturen es verneinen, ihr Endzweck zu sein; — ist sie dem Wesen Gottes ähnlich und gelangt zur Kenntnis des Wesens Gottes als des wirkenden Prinzips der Kreaturen. Soll sie tätig sein gemäß ihrem letzten Endzwecke, soll sie ihren Endzweck erreichen; dann werden ihre Vermögen, es wird ihre Kraft erhoben über alle Kreatur, dass alle Kreaturen auch tatsächlich ein Nichts für sie werden und dass sie es in ihr selbst verneinen, sie endgültig bestimmen und betätigen zu können. Der heilige Geist wird dann in ihr unmittelbar das bewegende anstoßgebende Prinzip für die verdienstvolle Tätigkeit; Er erhebt ihren Willen. Das Wort leuchtet im Glauben in ihr; es erhebt ihre Vernunft. Vom Vater strömt die Offenbarung seiner Liebe und verbindet die innerste Natur selber mit dem Endzwecke. Das Nichts der Kreatur in der verdienstvollen Tätigkeit des Menschen führt zu den drei Personen als dem unmittelbar allbestimmenden Grunde des Wirkens in der Seele. Und wozu dient dieses Innewohnen der drei Personen? Dazu dass die Seele einmal künftig schaue den Grund alles Seins, der dem Wesen nach alles aus dem Nichts gezogen, für alles im Einzelnen maßgebend ist, allein der Grund wahrer Tätigkeit und wahren Seins sein kann: — dass sie schaue, mit ähnlicher Sicherheit, ähnlich wie sie jetzt mit den Sinnen schaut, dass in der göttlichen inneren Tätigkeit, gemäß der die drei Personen zu einander in Beziehung stehen respektive hervorgehen, der unmittelbare Grund ist für alle frei vernünftige Tätigkeit und vermittelst deren der Grund für alles geschöpfliche Sein und Wirken. Das ist die Ehre, von der Christus spricht: „Wer mir dient, den wird mein Vater ehren, der im Himmel ist.“ „Durch die sichtbare Sendung Christi in diese Welt,“ sagt Augustin (4. de Trin. 20 .), „sind wir befähigt worden, der unsichtbaren Sendung des heiligen Geistes und des Wortes teilhaftig zu werden und so in der Welt zu sein und doch nicht aus der Welt.“ Der Tod des menschgewordenen Eingeborenen ist das sichtbare Nichts der geschöpflichen Wirklichkeit geworden, die so gern sein will, was sie nicht ist; die so gern den vernünftigen Willen von sich allein aus bestimmen will, trotzdem sie gar keinen Grund dafür, dass sie einzelne Wirklichkeit ist, in sich besitzt. Aus dem Tode Christi, der nicht nur das Nichts der geschöpflichen Wirklichkeit zeigt, sondern die Kraft in sich schließt, uns über alle sichtbare und unsichtbare Natur zu erheben, fließt jene Liebe, von welcher der Heiland spricht: „Wenn jemand mich liebt und meine Worte hält, den wird der Vater lieben und wir werden kommen und in Ihm Wohnung nehmen.“ Die vernünftige Natur führt zuvörderst zum Nichts; und deshalb kann, erst wenn das Nichts der Kreatur die Seele füllt, der lebenspendende Geist sie zur Lebensfülle hin bewegen. Nun ist das Thor weit geöffnet für den Ausgang alles kreatürlichen Seins und Wirkens aus der Dreieinigkeit bis zum letzten Zwecke hin. Nachdem Thomas noch die Sendung der hochheiligen Personen behandelt haben wird, wird er hinabsteigen und die Früchte ernten seiner mühevollen Darlegung dessen, was Gott angeht.

 

Erster Artikel.  Dem Charakter einer göttlichen Person widerstrebt es nicht, dass sie gesandt werde.

 

a) Dagegen spricht: I. Der Gesendete ist geringer als derjenige, welcher sendet. Die göttlichen Personen aber sind alle einander gleich. II. Hieronymus sagt (in Ezech. lib. 5. ut portes): „Was verbunden ist und zu einem Körper vereint, kann nicht gesandt werden.“ Die göttlichen Personen aber sind im höchsten Grade eins im einen Wesen. III. Was gesendet wird, geht von einem Platze hinweg und kommt zu einem anderen. Die göttlichen Personen aber sind überall. Also kommt es ihnen nicht zu, gesendet zu werden.

Auf der anderen Seite heißt es bei Joh 8, 16.: „Ich bin nicht allein, sondern ich, und der mich gesandt hat, der Vater.“

b) Ich antworte, zum Charakter einer Sendung gehören zwei Dinge: 1. Die Beziehung dessen, der sendet, zu dem, der gesandt wird; 2. die Beziehung des Gesendeten zu dem, wohin und wozu er gesendet wird. Dadurch nun, dass jemand gesendet wird, offenbart sich ein „Ausgehen“ des Gesendeten vom Sendenden; entweder gemäß einem Befehle, wie der Herr den Knecht sendet; oder gemäß einem Rate, wie vom Ratgeber gesagt wird, er schicke den König in den Krieg; oder gemäß dem Ursprünge, wie von der Blüte gesagt wird, der Baum entsende sie. Die Beziehung des Gesendeten aber zum Abschlüsse seiner Sendung offenbart sich dadurch, dass etwas da, am Endpunkte seiner Sendung, in irgend einer Weise zu sein beginnt; sei es dass es vorher in keiner Weise da war, wohin es gesendet wird, sei es dass es in einer Art und Weise da ist, in der es früher da nicht war. Demnach kann nun einer göttlichen Person es zukommen, gesendet zu werden, insofern in der Sendung ein „Ausgehen“ vom Sendenden eingeschlossen wird dem Ursprünge nach; und insofern die göttliche Person auf eine neue Art im anderen existiert, wie sie vorher da nicht existiert hat. So z. B. ist der Sohn in die Welt gesendet worden, insofern Er anfing, in der Welt zu sein gemäß dem angenommenen Fleische; während Er doch früher auch schon in der Welt war.

c) I. „Gesendet werden“ schließt mit Rücksicht auf den Sendenden ein Mindersein ein, insofern der Gesendete vom Sendenden ausgeht, sei es gemäß dem Befehle oder gemäß dem Rate; denn der Befehlende ist mächtiger und der Ratende weiser. In Gott aber wird darunter nur das „Ausgehen“ dem Ursprünge nach verstanden; und dieses „Ausgehen“ geschieht gemäß vollkommener Gleichheit. II. Was so gesendet wird, dass es früher da in keiner Weise war, wohin es gesendet wird, das bewegt sich kraft seiner Sendung dem Orte nach; — und somit trennt es sich vom Sendenden. So verhält es sich aber mit der Sendung in Gott nicht. Die göttliche Person fängt nicht an, da zu sein, wo sie früher nicht war; noch hört sie auf, da zu sein, wo sie früher war. Es besteht da nur gemäß dem Ursprünge, dem „Ausgehen“ ein Unterschied. III. Damit ist zugleich auf den dritten Einwurf geantwortet.

 

Zweiter Artikel. Die Sendung im Verhältnisse zu Zeit und Ewigkeit.

 

a) Es scheint, dass die Sendung von Ewigkeit sein könnte. Denn: I. Gregor der Große sagt, „dass der Sohn eben dadurch gesandt wird, dass Er gezeugt ist.“ Die Zeugung aber ist eine ewige. II. Wem es zukommt, der Zeit nach gesandt zu werden, der unterliegt einer Änderung; was von einer göttlichen Person nicht gelten kann. III. Das „Gesendetsein“ schließt ein „Ausgehen“ dem Ursprünge nach ein. Letzteres aber ist bei den göttlichen Personen von Ewigkeit.

Auf der anderen Seite sagt Paulus Gal 4, 4.: „Da die Fülle der Zeit kam, sendete Gott seinen Sohn.“

b) Ich antworte, dass in dem, was mit Rücksicht auf das „Ausgehen“ der göttlichen Personen gesagt wird, ein Unterschied sich geltend macht. Denn manche Prädikate schließen nur die Beziehung zum Prinzip ein: wie „Ausgehen“, „Hervorgehen“. Andere Prädikate bezeichnen zugleich mit der Beziehung zum Prinzip den Abschluss des „Ausgehens“ mit. Und unter diesen drücken die einen den Abschluss in und gemäß der Ewigkeit aus; wie „Zeugen“ und „Hauchen“; — die anderen aber richten sich zugleich mit der Beziehung zum Prinzip auf einen zeitlichen Abschluss wie „Senden“, „Schenken“. Denn es wird etwas entsendet, damit es in irgendetwas sei; und es wird geschenkt, damit es vom anderen besessen werde. Dass aber eine göttliche Person in einer Kreatur auf eine neue Art und Weise sei und dass sie von dieser besessen oder gehabt werde; das ist etwas Zeitliches. Sonach wird „Senden“ und „Schenken“ von Gott nur der Zeit nach ausgesagt; — „Zeugen“ und „Hauchen“ nur von Ewigkeit her; — „Ausgehen“ aber und „Hervorgehen“ der Ewigkeit und der Zeit nach. Denn der Sohn ist von Ewigkeit ausgegangen, dass Er Gott sei; und Er ist in der Zeit ausgegangen, dass Er Mensch sei gemäß der zeitlichen Sendung oder auch, dass Er im Menschen sei gemäß der unsichtbaren Sendung.

c) I. Gregor spricht von der zeitlichen Zeugung Christi seitens der Mutter; oder weil der Sohn daraus selber es hat, dass Er gesendet werden kann, weil Er in Ewigkeit gezeugt ist. II. Dass eine göttliche Person nach einer neuen Art und Weise in einer Kreatur ist; dies kommt nicht von einer Änderung in der göttlichen Person, sondern von der Änderung in der Kreatur; wie Gott der Zeit nach Herr genannt wird infolge der Änderung in der Kreatur. III. „Sendung“ schließt nicht nur ein das Ausgehen von einem Prinzip, sondern drückt zugleich den Abschluss des Ausgehens ein. Deshalb ist das „Gesendetsein“ entweder nur der Zeit nach ausgesagt; — oder es schließt wohl das „Ausgehen“ in der Ewigkeit ein, aber fügt etwas hinzu, nämlich die Wirkung in der Zeit. Denn die Beziehung der göttlichen Person zu ihrem Prinzip ist nur ewig. Deshalb wird von einem doppelten „Ausgehen“ in Gott gesprochen, von einem ewigen und einem zeitlichen; nicht etwa als ob die Beziehung zum Prinzip verdoppelt würde, sondern dieses Zweifache rührt von seiten des Abschlusses her; da das eine „Ausgehen“ in die Ewigkeit hineinmündet, das andere in die Zeit.

 

Dritter Artikel. Die unsichtbare Sendung göttlicher Personen vollzieht sich nur gemäß der heiligmachenden Gnade.

 

a) Dagegen spricht: I. Dass die göttliche Person gesendet wird, ist ganz das gleiche wie dass sie geschenkt wird. Wenn also die göttliche Person gesendet wird nur gemäß der heiligmachenden Gnade; so wird nicht die Person selber geschenkt, sondern vielmehr ihre Gaben. Und dies ist der Irrtum jener, die da sagen, nicht der heilige Geist werde geschenkt, sondern seine Gaben. II. Dieses „gemäß“ bedeutet die Beziehung der Ursächlichkeit. Nun ist aber die göttliche Person die Ursache davon, dass die heiligmachende Gnade besessen wird und nicht umgekehrt; wie Paulus sagt (Röm 5.): „Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unseren Herzen durch den heiligen Geist, der uns gegeben worden.“ Also darf nicht gesagt werden, dass eine göttliche Person gesendet werde gemäß der heiligmachenden Gnade. III. Augustin sagt (4. de Trin. 20 .): „Wenn der Sohn Gottes der Zeit nach durch die Vernunft wahrgenommen wird; dann wird gesagt, Er werde gesendet.“ Der Sohn Gottes wird aber nicht allein vermittelst der heiligmachenden Gnade erkannt, sondern auch durch den Glauben und die II. Wissenschaft, im allgemeinen durch die Gnade, welche nicht immer den Einzelnen heiligt, sondern oft zum Besten des Ganzen gegeben wird. IV. Rabanus Maurus sagt, der heilige Geist sei den Aposteln gegeben worden zur Wirkung von Wundern. Das ist aber keine heiligmachende, sondern eine zum Besten der anderen verliehene Gnade (gratis data). IV.

Auf der anderen Seite sagt Augustin (3. de Trin. 4 .): „Der heilige Geist geht der Zeit nach aus, um die Kreatur zu heiligen.“ Senden aber deutet auf ein Ausgehen der Zeit nach hin. Da nun also eine Heiligung der Kreaturen nicht stattfindet außer durch die heiligmachende Gnade; so folgt, dass die unsichtbare Sendung einer göttlichen Person sich nicht vollzieht außer durch die heiligmachende Gnade.

b) Ich antworte, es komme den göttlichen Personen zu, gesendet zu werden gemäß dem, dass eine von selben auf eine neue Art und Weise existiert in einer Kreatur; es komme sodann ihnen zu, geschenkt zu werden, insofern sie von einer Kreatur besessen wird. Beides aber vollzieht sich nur gemäß der heiligmachenden Gnade. Denn es besteht eine gemeinsame Art und Weise, gemäß welcher Gott in allen Kreaturen ist; durch sein Wesen nämlich, seine Macht und seine Gegenwart Dies ist die Art und Weise, wie Er als Ursache in den Wirkungen sich findet, die an seiner Güte teilnehmen. Erhaben über diese Art und Weise aber besteht eine besondere, wonach Gott in der vernünftigen Kreatur ist, wie der Erkenntnisgegenstand im Erkennenden und das Geliebte im Liebenden. Und weil die vernünftige Kreatur durch Erkennen und Lieben kraft ihrer Tätigkeit zu Gott gelangt, so wird von Gott gesagt, dass er nach dieser besonderen Weise nicht nur in der vernünftigen Kreatur ist, sondern dass Er da auch wohnt wie in seinem Tempel. Somit kann keine andere Wirkung der maßgebende Grund sein, dass die göttliche Person auf eine neue Weise in der vernünftigen Kreatur sei als die heiligmachende Gnade. Also nur gemäß der heiligmachenden Gnade wird eine göttliche Person gesendet und geht aus der Zeit nach. Zudem wird von uns nur dann gesagt, wir hätten etwas, wann wir dessen frei genießen und es frei gebrauchen können. Die freie Gewalt aber, der göttlichen Person zu genießen, beruht nur auf der heiligmachenden Gnade. Jedoch wird im Geschenke der Gnade selbst der heilige Geist erhalten und besessen; und Er wohnt im Menschen. Also wird der heilige Geist selber geschenkt und gesendet.

c) I. Durch das Geschenk der heiligmachenden Gnade wird die vernünftige Kreatur in der Weise vollendet, dass sie nicht nur frei das geschaffene Geschenk gebraucht; sondern auch der Gegenwart der göttlichen Person selber genießt. Und deshalb vollzieht sich die unsichtbare Sendung gemäß dem Geschenke der heiligmachenden Gnade; und doch wird die göttliche Person selber gegeben. II. Die heiligmachende Gnade bereitet die Seele vor, dass sie die göttliche Person besitze; und dies wird durch die Worte besagt, der heilige Geist werde gegeben gemäß der heiligmachenden Gnade. Jedoch ist das Geschenk der Gnade selber vom heiligen Geiste als Wirkung; und dies wird in jener Stelle ausgedrückt. III. Der Sohn kann wohl durch andere Wirkungen erkannt werden von uns; aber keine andere Wirkung macht, dass Er in uns wohne und von uns besessen werde. IV. Das Wunderwirken ist ein Offenbarwerden der heiligmachenden Gnade; und ebenso die Gabe der Prophezeiung und jede andere zum Besten aller verliehene Gabe. Danach werden diese letzteren Gnaden „ein Offenbarwerden des heiligen Geistes“ genannt. (1 Kor 12.) So also ist die Gabe, Wunder zu wirken, den Aposteln verliehen worden; denn es ward ihnen gegeben: nicht nur die heiligmachende Gnade, sondern auch das diese offenbarmachende Zeichen. Wird letzteres, das Zeichen also, allein zum Besten anderer einem gegeben ohne die heiligmachende Gnade, so heißt das nicht ohne weiteres ebenso viel, als dass der heilige Geist gegeben worden wäre; außer mit einem bedingenden und beschränkenden Zusätze, wie z. B. der „prophetische Geist“; der „Geist des Wunderwirkens“; insofern der Betreffende nur die Gabe der Prophetie, des Wunderwirkens vom heiligen Geiste hat.

 

Vierter Artikel. Dem Vater kommt es nicht zu, gesendet zu werden.

 

a) Das Gegenteil scheint wahr zu sein. Denn: I. „Gesendet werden“ nämlich heißt für eine göttliche Person ebenso viel wie „geschenkt werden“. Der Vater aber schenkt Sich selbst, da Er nicht besessen werden kann außer wenn Er Sich selbst gibt. Also kann gesagt werden, Er werde gesendet. II. Eine göttliche Person wird gesendet gemäß der Inwohnung der Gnade. Durch die Gnade aber wohnt die ganze Dreieinigkeit in uns nach Joh 14: „Wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen.“ Also jede Person in Gott wird gesendet. III. Was einer Person zukommt, das kommt allen Dreien zu; ausgenommen die Personen und die Notionen des Zeugens, Hauchens etc. „Gesendet werden“ aber bezeichnet keine Person und auch keine Notion, da deren nur fünf sind.

Auf der anderen Seite sagt Augustin (2. de Trin. 5 ): „Nur vom Vater allein wird niemals gelesen, dass Er gesendet worden sei.“

b) Ich antworte; „gesendet werden“ schließt seiner Natur nach das „Ausgehen“ vom anderen ein; und es wird in Gott einzig und allein ausgesagt mit Rücksicht auf den Ursprung. Da nun also der Vater von keinem ist, so kommt es Ihm auch nicht zu, gesendet zu werden.

c) I. Soll das „Geben“ oder „Schenken“ nur die freigebige Mitteilung bedeuten, so gibt der Vater Sich selbst, insoweit Er Sich freigebig der Kreatur mitteilt, damit sie Ihn genieße. Soll aber die Autorität des Gebenden ausgedrückt werden mit Rücksicht auf das, was gegeben wird, so kann das „Geschenktwerden“ nur ausgesagt werden von einer Person, die vom anderen ist. II. Die Wirkungen der Gnade sind auch vom Vater, der durch die Gnade innewohnt, wie der Sohn und der heilige Geist; weil der Vater jedoch nicht von einem anderen ist, wird nicht gesagt, Er werde gesendet. Und darauf weist Augustin mit den Worten hin (4. de Trin. 20 .): „Wenn der Vater in der Zeit von jemandem gekannt wird, so wird Er doch nicht als gesendet bezeichnet: denn Er hat keinen, von dem Er ist oder ausgeht.“ III. Da „Gesendetwerden“ in sich einschließt das Ausgehen vom Sendenden, so ist damit auch die entsprechende Notion bezeichnet; freilich nicht mit einem besonderen Worte, sondern im allgemeinen, insoweit das Sein vom anderen gemeinsam ist den beiden Notionen.

 

Fünfter Artikel. Dem Sohne kommt es zu, unsichtbarerweise gesendet zu werden.

 

a) Dagegen spricht: I. Das „Gesendet werden“ einer göttlichen Person unsichtbarerweise vollzieht sich gemäß den Geschenken der Gnade. Alle Geschenke der Gnade aber sind dem heiligen Geiste zugehörig; wie Paulus (1 Kor 12.) schreibt: „Alles wirkt ein und derselbe Geist.“ Also wird unsichtbarerweise keine andere Person gesendet als der heilige Geist. II. Die Sendung einer göttlichen Person geschieht gemäß der heiligmachenden Gnade. Die Gnadengeschenke aber, welche zur Vollendung der Vernunft gehören, sind keine Geschenke der heiligmachenden Gnade; da sie ohne Liebe besessen werden können, wie der Apostel (1 Kor 13.) schreibt: „Wenn ich alle Prophetie hätte und alle Geheimnisse kannte und alle Wissenschaft; und wenn ich allseitigen Glauben besäße, so dass ich Berge versetzen könnte; hätte aber die Liebe nicht, so wäre ich nichts.“ Da nun der Sohn „ausgeht“ nach Weise des vernünftigen Wortes, so scheint es Ihm nicht zuzukommen, dass Er unsichtbarerweise gesendet wird. III. Die Sendung einer göttlichen Person ist ein gewisses „Ausgehen“. Ein anderes ist aber das „Ausgehen“ des Sohnes, ein anderes das des heiligen Geistes. Also würde auch eine andere Sendung sein die des Sohnes und eine andere die des heiligen Geistes, wenn beide gesendet würben; — und somit würde eine von beiden überflüssig sein.

Auf der anderen Seite wird von der ewigen Weisheit gesagt (Weish 9, 10.): „Sende sie von Deinen heiligen Himmelshöhen herab und vom Sitze Deiner Größe.“

b) Ich antworte, dass kraft der heiligmachenden Gnade die ganze Dreieinigkeit im vernünftigen Geiste wohnt; wie es bei Joh 14. heißt: „Wir werden zu Ihm kommen und Wohnung bei Ihm nehmen.“ Gesendet werden zu jemandem durch die unsichtbare Gnade aber bedeutet für die göttliche Person eine neue Weise des Existierens in dieser Kreatur; und zugleich den Ursprung oder die Ableitung von einem anderen. Da es also dem Sohne und dem heiligen Geiste zukommt sowohl in der vernünftigen Seele zu wohnen durch die Gnade als auch von einem anderen zu sein, so kommt es beiden zu, unsichtbarerweise gesendet zu werden. Dem Vater aber kommt es wohl zu, durch die Gnade in der Seele zu wohnen; nicht jedoch, von einem anderen zu sein. Also wird Er auch nicht gesendet.

c) I. Wohl alle Gnadengeschenke werden dem heiligen Geiste zugeschrieben, weil Er den Charakter des ersten Geschenkes hat, insoweit Er die Wurzel aller Geschenke, die Liebe ist. Jedoch werden jene Gaben, welche zur Vernunft gehören gemäß ihren eigensten Charaktereigentümlichkeiten dem Sohne zugeeignet. Und gemäß dieser Geschenke wird der Sohn gesendet. Deshalb sagt Augustin (4. de Trin. 20 .): „Dann wird der Sohn unsichtbarerweise gesendet, wenn Er von jemandem erkannt und wahrgenommen wird.“ II. Die Seele wird kraft der Gnade Gott gleichförmig. Dazu also, dass eine göttliche Person vermittelst der Gnade zu Einem gesendet werde, muss dieser durch ein Gnadengeschenk jener göttlichen Person ähnlich gemacht werden. Und weil nun der heilige Geist die Liebe ist, so wird die Seele durch die Gabe der Liebe dem heiligen Geiste ähnlich. Also wird die Sendung des heiligen Geistes betrachtet nach dem Maßstabe der Liebe in der Seele. Der Sohn aber ist das Wort; und zwar nicht ein beliebiges Wort, sondern jenes Wort, von dem die Liebe ausgehaucht wird; weshalb Augustin (9. de Trin. 10 .) sagt: „Das Wort aber, welches wir euerem Verständnisse nahe zu bringen versuchen ist Kenntnis mit Liebe.“ Nicht somit gemäß einer beliebigen Vervollkommnung der Vernunft wird der Sohn gesendet, sondern gemäß einer solchen, aus welcher die Liebe folgt. So sagt darum der Herr bei Joh 6, 45.: „Jeder, welcher gehört hat vom Vater und gelernt hat, kommt zu mir.“ Und Ps 38,4 .: „In meiner Betrachtung wird das Feuer erglühen.“ Es ist dies im eigentlichen Sinne die Kenntnis, welche Weisheit genannt, gleichsam welche den Weg weist: „Die Weisheit der Lehre ist gemäß ihrem Namen.“ (Koh 6, 23.) III. Da „Gesendetwerden“ den Ursprung der gesendeten Person einschließt und die Inwohnung durch die Gnade, so wird, wenn wir von der Sendung sprechen mit Rücksicht allein auf den Ursprung, die Sendung des Sohnes unterschieden von der des heiligen Geistes wie die Zeugung vom „Ausgehen“. Wenn wir aber von der Sendung sprechen mit Rücksicht auf die Wirkung der Gnade, so kommen beide Sendungen überein in der Wurzel der Gnade; — sie unterscheiden sich in den Wirkungen, welche die Gnade hervorbringt, je nach dem dies die Erleuchtung des Verstandes ist oder die Erwärmung des Herzens. Und sonach erhellt klar, wie die eine Sendung nicht sein kann ohne die andere; weil keine ist ohne die heiligmachende Gnade und keine Person ohne die andere.

 

Sechster Artikel. Auf alle, welche der Gnade teilhaftig sind, erstreckt sich die unsichtbare Sendung.

 

a) Dagegen spricht: I. Die Väter des Alten Testamentes waren teilhaftig der Gnade. Aber zu ihnen gelangte keine unsichtbare Sendung; wie dies aus Joh 7, 39 hervorgeht: „Noch nicht war der Geist gegeben; denn noch nicht war Jesus verherrlicht.“ II. Der Fortschritt in der Tugend vollzieht sich nur auf Grund der Gnade. Die unsichtbare Sendung aber scheint sich nicht nach dem Fortschritte in der Tugend zu richten, denn der letztere ist ein ununterbrochener; und so wäre also die Sendung eine ununterbrochene. III. Christus und die Seligen haben in höchster Vollkommenheit die Gnade. Auf sie scheint sich aber die Sendung nicht zu erstrecken; denn jede Sendung richtet sich auf einen Punkt, der in etwa fern ist. Christus als Mensch aber sowohl wie auch die Seligen sind vollkommen vereint mit Gott und in keiner Weise Ihm fern. IV. Die Sakramente im Neuen Bunde enthalten die Gnade. Zu ihnen hin aber vollzieht sich keine unsichtbare Sendung. Also letztere erstreckt sich nicht auf alles, was der Gnade teilhaftig ist.

Auf der anderen Seite steht, was Augustin (vgl. oben) sagt, die unsichtbare Sendung vollziehe sich wegen der Heiligung der Kreaturen. Jede Kreatur aber, die in der Gnade ist, wird geheiligt. Also auf alle derartige Kreaturen erstreckt sich die unsichtbare Sendung.

b) Ich antworte, das „Gesendetsein“ schließe in seiner Natur es ein, dass jener, welcher gesendet wird, da beginnt zu sein, wo er vorher nicht war; wie dies in den geschöpflichen Dingen zutrifft; — oder dass er in einer neuen Art und Weise da beginne zu sein, wo er vorher schon war; wie ein solches Gesendetsein den göttlichen Personen entspricht. Also muss in jenem, zu dem hin die Sendung sich vollzieht, ein zweifaches Moment in Betracht gezogen werden: Die Innewohnung der Gnade — und eine gewisse Erneuerung im Sein durch die Gnade. Auf alle also erstreckt sich die unsichtbare Sendung, in welchen dieses zweifache Moment gefunden wird.

c) I. Die unsichtbare Sendung ist den Vätern geworden. Deshalb sagt Augustin (4. de Trin. 20 .): „Insofern der Sohn unsichtbarerweise gesendet wird, beginnt Er in den Menschen zu sein oder mit den Menschen.“ Dies aber ist vorher geschehen in den Vätern und Propheten. Was also gesagt wird: „Noch nicht war der heilige Geist gegeben;“ das ist von jenem Verleihen zu verstehen, welches zugleich mit dem äußeren Zeichen am Pfingsttage stattfand. II. Wohl vollzieht sich die unsichtbare Sendung gemäß dem Fortschritte in der Tugend; weshalb Augustin (4. de Trin. l. c. ) sagt: „Dann wird der Sohn gesendet, wenn Er von Jemandem erkannt und wahrgenommen wird; insofern Er erkannt und wahrgenommen werden kann nach dem Verständnisse entweder dessen, der zu Gott hin fortschreitet oder dessen, der mit seiner Seele vollkommen mit Gott vereinigt ist.“ Jedoch wird nach jenem Fortschritte in der Tugend oder nach jener Vermehrung der Gnade in vorzüglicher Weise eine unsichtbare Sendung angenommen, wonach jemand fortschreitet zu einem neuen Alte oder zu einem neuen Zustande der Gnade; wie wenn jemand die Gabe der Prophetie oder der Wunder erhält oder wenn er aus Liebeseifer sich dem Martyrium aussetzt oder ähnlich. III. An die Seligen ist die unsichtbare Sendung geschehen im Beginne ihrer Seligkeit. Nachher aber vollzieht sich nach ihnen keine solche Sendung mehr auf Grund der Erhöhung in der Gnade; jedoch wohl mit Rücksicht auf einzelne Geheimnisse, die ihnen von neuem offenbart werden bis zum jüngsten Tage. Und diese Vermehrung geschieht gemäß der Ausdehnung der einmal bestehenden Gnade auf mehreres. An Christum aber geschah die unsichtbare Sendung im Beginne seiner Empfängnis; nicht aber nachher. Denn von diesem Beginne an war Er aller Weisheit und Gnade voll. IV. Die Gnade ist in den Sakramenten des Neuen Bundes wie ein Werkzeug; gleichwie die Form des Kunstwerkes in den Werkzeugen ist, mit denen der Künstler arbeitet. Eine Sendung wird aber nur gemeint mit Rücksicht auf den Abschluss; nicht mit Rücksicht auf ein Werkzeug. Die unsichtbare Sendung also erstreckt sich nicht auf die Sakramente, sondern auf jene, welche durch die Sakramente Gnade empfangen.

 

Siebenter Artikel. Dem heiligen Geiste kam es zu, sichtbarerweise gesendet zu werden.

 

a) Dagegen spricht: I. Der Sohn, der sichtbar in die Welt gesandt worden, wird insoweit als geringer wie der Vater bezeichnet. Niemals aber wird dies vom heiligen Geiste gesagt. Also kommt es Ihm nicht zu, sichtbarerweise gesendet zu werden. VI. II. Sollte vom heiligen Geiste eine sichtbare Sendung gelten, so müsste Er eine sichtbare Kreatur angenommen haben wie der Sohn die Menschnatur. Das ist aber nicht geschehen. Er hat bloß durch einzelne sichtbare Kreaturen wie durch Zeichen Sich geoffenbart; wie dies noch geschieht in den Sakramenten und früher in den Figuren. Entweder also muss nach allem diesem eine sichtbare Sendung des heiligen Geistes angenommen werden oder gar keine. III. Jede sichtbare Kreatur ist eine Wirkung der ganzen Dreieinigkeit. Also wird durch bestimmte sichtbare Kreaturen der heilige Geist nicht mehr gesendet, wie eine andere Person. IV. Der Sohn ist sichtbar gesendet worden gemäß der würdigsten unter den sichtbaren Kreaturen. Also musste auch der heilige Geist gemäß einer vernünftigen Kreatur sichtbar gesendet werden. V. Was von seiten Gottes in sichtbarer Weise geschieht, das vollzieht sich vermittelst des Dienstes der Engel. (Augustin 3. de Trin. 4 . 5 . 9 .) Erschienen also einzelne sichtbare Gestalten wie die Taube etc., so wurden diese durch die Engel hergestellt; und so wurden vielmehr die Engel gesendet wie der heilige Geist. VI. Nur um die unsichtbare Sendung zu offenbaren, würde der heilige Geist in sichtbarer Weise gesendet worden sein; denn das Sichtbare dient der Offenbarmachung des Unsichtbaren. An jenen also, an den die unsichtbare Sendung nicht ergangen war, durfte auch nicht die sichtbare Sendung gerichtet werden; und an alle, an welche die unsichtbare Sendung, sei es im Alten sei es im Neuen Testamente, ergangen ist, muss auch die sichtbare Sendung sich richten; was offenbar nicht der Fall ist. Also wird der heilige Geist sichtbarerweise nicht gesendet.

Auf der anderen Seite heißt es bei Mt 3., dass der heilige Geist herabstieg auf den Herrn unter der Gestalt einer Taube.

b) Ich antworte, dass Gott für alle sorgt und vorsieht je nach der Seinsweise eines jeden. Nun entspricht es aber der natürlichen Seinsweise des Menschen, dass er durch Sichtbares zum Unsichtbaren hingeleitet wird. Und somit ziemte es sich, durch Sichtbares das Unsichtbare zu offenbaren. Sowie also Gott Sich selbst und das verschiedenartige „Ausgehen“ der Personen durch einzelne sichtbare Kreaturen gemäß gewissen äußeren Zeichen den Menschen einigermaßen dargelegt hat; so war es zukömmlich, dass auch die unsichtbaren Sendungen der göttlichen Personen an einigen sichtbaren Kreaturen einigermaßen offenbar würden. Anders aber verhält sich da der Sohn und anders der heilige Geist. Denn dem heiligen Geiste, der als Liebe „ausgeht“, kommt es zu, das Geschenk der Heiligung zu sein. Dem Sohne aber, von dem der heilige Geist ausgeht, kommt es zu, das Prinzip der Heiligung zu sein. Und deshalb ist der Sohn sichtbarerweise gesendet worden als der Urheber und das Prinzip der Heiligung; der heilige Geist aber als das Anzeichen der Heiligung.

c) I. Der Sohn hat die menschliche Natur zur Einheit der Person erhoben; so zwar dass, was von dieser erhobenen Kreatur ausgesagt wird, vom Sohne Gottes gilt. Und deshalb heißt es vom Sohne auf Grund der angenommenen Natur, Er sei geringer als der Vater. Der heilige Geist aber nahm nicht jene Kreatur, in welcher Er erschien, in die Einheit der Person auf, so dass, was von jener ausgesagt würde, auch von Ihm gelte. Also kann Er nicht wegen der sichtbaren Natur als geringer wie der Vater bezeichnet werden. II. Die sichtbare Sendung des heiligen Geistes wird nicht erwogen gemäß solcher Gesichte, welche in der Einbildung ihren Sitz haben, also nicht gemäß prophetischen Gesichten und Figuren. Denn Augustin (2. de Trin. c. 6 .) sagt: „Die prophetische Vision hat sich nicht den Augen des Leibes dargestellt vermittelst körperlicher Formen, sondern im Geiste durch geistige Bilder des Körperlichen. Jene Taube aber und jene Zungen sahen mit Augen alle, welche dabei zugegen waren. Und nicht wiederum verhielt sich so der heilige Geist zu solchen Bildern und Gestalten wie der Herr zum Felsen, weil gesagt wird: Der Felsen aber war Christus. (1 Kor 10.) Denn jener Felsen war schon in der Natur vorhanden und nur wegen der Ähnlichkeit in der Wirkung oder Tätigkeit wird er mit dem Namen Christi belegt, den er bezeichnete. Jene Taube aber und jenes Feuer erstanden plötzlich und einzig und allein, um dies zu bezeichnen. Ähnlich war dies vielmehr dem flammenden Feuer, welches im Dornbusche dem Moses erschien und jener Säule, welcher das Volk in der Wüste folgte und dem Donner und den Blitzstrahlen, die da schreckten, als das Gesetz dem Moses gegeben wurde auf dem Berge. Denn dazu erhielten Existenz die Bilder jener körperlichen Dinge, dass sie etwas bezeichneten und etwas vorherverkündeten.“ So also wird der heilige Geist nicht sichtbarerweise gesendet wie nach Weise prophetischer Visionen, die nur in der Einbildungskraft bestanden und nicht im körperlichen Leben; und auch nicht nach Weise der Zeichen in den Sakramenten des Neuen Bundes, wo bereits bestehende Dinge genommen werden, um etwas zu bezeichnen. Vielmehr heißt es vom heiligen Geiste, Er sei sichtbarer Weise gesendet worden, insoweit Er offenbar wurde in einigen Kreaturen wie in Zeichen, die dazu speziell hergestellt wurden. III. Wohl hat jene sichtbaren Kreaturen die ganze Dreieinigkeit gewirkt; sie sind aber hergestellt worden, um im besonderen diese oder jene Person zu bezeichnen. Denn sowie der Vater und der Sohn und der heilige Geist durch verschiedene Namen bezeichnet werden, so konnten sie auch durch verschiedene sichtbare Dinge bezeichnet werden; trotzdem unter ihnen keinerlei Trennung und Verschiedenheit besteht. IV. Die Person des Sohnes sollte hingestellt werden als der Urheber der Heiligung; und deshalb musste die sichtbare Sendung des Sohnes vermittelst einer vernünftigen Kreatur sich vollziehen, deren Natur es zusteht, Prinzip des Handelns zu sein und der es sonach zukommt, geheiligt zu werden. Das Anzeichen der Heiligung aber konnte eine beliebige Kreatur sein; und es war zudem nicht notwendig, dass diese Kreatur vom heiligen Geiste in die Einheit der Person aufgenommen würde, da sie ja nicht dazu dienen sollte, zu handeln, sondern nur, um zu bezeichnen; und aus demselben Grunde war es nicht notwendig, dass sie dauerte, außer solange als ihr Zweck es mit sich brachte. V. Jene Kreaturen werden hergestellt durch den Dienst der Engel; nicht aber um einen Engel zu bezeichnen. Weil also der heilige Geist in jenen sichtbaren Kreaturen war, wie das Bezeichnete im Zeichen, so wurde der heilige Geist gemäß ihnen sichtbar gesendet, und nicht ein Engel. VI. Das wird von der unsichtbaren Sendung nicht erfordert, dass sie immer durch ein sichtbares Zeichen offenbar werde; sondern wie es 1 Kor 12. heißt, „wird die Offenbarung des Geistes einem gegeben zum Nutzen;“ nämlich zum Nutzen der Kirche. Dieser Nutzen besteht nun darin, dass durch derartige Zeichen der Glaube gekräftigt und verbreitet werbe. Das geschah hauptsächlich durch Christum und die Apostel, wie Heb 2. der heilige Paulus sagt: „Da nun der Glaube begonnen hatte, durch den Herrn gepredigt zu werden, ist er durch die, welche gehört haben, bis zu uns hin gekräftigt worden.“ Und deshalb musste die sichtbare Sendung des heiligen Geistes hauptsächlich an Christus sich richten und an die Apostel und an einige Hauptheilige, in welchen gewissermaßen die Kirche begründet wurde. Eine solche sichtbare Sendung aber richtete sich auf Christus, um die unsichtbare Sendung zu offenbaren, welche bereits im Augenblicke seiner Empfängnis an Ihn ergangen war. Diese sichtbare Sendung ist nun erfolgt bei der Taufe unter der Form einer Taube, die da ein fruchtbares Tier ist; um darzutun die Autorität Christi, mit welcher Er Gnade verleiht vermittelst geistiger Wiedergeburt. Deshalb ertönte die Stimme des Vaters: „Das ist mein geliebter Sohn;“ damit nach seiner Ähnlichkeit andere wiedergeboren würden. In der Verklärung aber geschah die sichtbare Sendung unter der Form einer leuchtenden Wolke, um den überfließenden Reichtum der Lehre des Herrn zu zeigen; wonach auch gesagt ward: „Ihn höret.“ An die Apostel endlich erging die sichtbare Sendung des heiligen Geistes unter der Form des Hauches, um die Macht zu zeigen, die sie besaßen in der Spendung der Sakramente; weshalb ihnen gesagt wurde: „Deren Sünden ihr vergebet, denen sind sie vergeben;“ — dann unter der Form von Feuerzungen, um ihre Pflicht darzulegen, dass sie die Welt belehren; weshalb da gesagt ist: „In verschiedenen Sprachen redeten die Apostel.“ An die Väter des Alten Testamentes aber durfte eine sichtbare Sendung des heiligen Geistes nicht ergehen. Denn zuerst musste sich vollzogen haben die sichtbare Sendung des Sohnes, da der heilige Geist den Sohn offenbart; ähnlich wie der Sohn den Vater. Jedoch hatten die alten Väter sichtbare Erscheinungen der drei göttlichen Personen, die aber nicht (Aug. 2. de Trin. ) als sichtbare Sendungen bezeichnet werden können; denn sie geschahen nicht, um das Innewohnen der göttlichen Person durch die Gnade, also die innere unsichtbare Sendung zu kennzeichnen, sondern um anderer Zwecke willen.

 

Achter Artikel. Es kann eine göttliche Person von einer anderen gesendet werden, wie von jener, von welcher sie in Ewigkeit ausgeht.

 

a) Dagegen spricht: I. Augustinus (4. de Trin.  cap. ult.), der da sagt: „Der Vater wird von keinem gesendet, weil Er von keinem ausgeht.“ Also damit eine Person von einer anderen gesendet werde, muss sie in Ewigkeit von dieser ausgehen. II. Der da sendet, hat Autorität rücksichtlich desjenigen, den er sendet. In Gott aber ist keine Autorität der einen Person über die andere, außer gemäß dem Ursprünge. Also die Person, die gesendet wird, ist von jener, von der sie gesendet wird. III. Könnte eine göttliche Person gesendet werden von jenem, von dem sie nicht ist, so könnte der heilige Geist auch vom Menschen gegeben werden, trotzdem Er nicht vom Menschen ist. Das aber ist gegen Augustin (15. de Trin. 26 .).

Auf der anderen Seite heißt es Jes 48, 16.: „Nun hat mich gesendet Gott der Herr; und sein Geist;“ wonach der Sohn, der dies spricht, vom heiligen Geiste gesendet wäre. Der Sohn aber ist nicht vom heiligen Geiste. Also kann die eine Person von einer anderen gesendet werden, von welcher sie nicht ist.

b) Ich antworte, dass betreffs dieses Punktes verschiedene Meinungen existieren. Nach einigen nämlich wird eine göttliche Person nur von jener gesendet, von der sie ist. Und wird deshalb an einigen Stellen der Schrift gefunden, dass der heilige Geist den Sohn sendet, der nicht von Ihm ist, so beziehen sie dies auf die menschliche Natur des Sohnes, gemäß welcher Er vom heiligen Geiste zur Predigt der Wahrheit gesendet worden ist. Augustin aber sagt (2. de Trin. c. 5 .): „Der Sohn wird gesendet sowohl von Sich selber wie vom heiligen Geiste; und auch der heilige Geist wird gesendet sowohl von Sich selber wie auch vom Sohne.“ Und danach würde das „Gesendet werden“ in Gott nicht jeder Person zukommen, sondern nur der Person, welche von einem anderen ist; das „Senden“ aber käme jeder Person zu. Beides ist in gewisser Weise wahr. Denn wenn von einer Person gesagt wird, sie werde gesendet, so wird sowohl eine Person bezeichnet, die von einem anderen ihr Sein hat als auch die sichtbare oder unsichtbare Wirkung, gemäß der man von einer Sendung spricht. Wenn also jener, der da sendet, bezeichnet wird als das Prinzip der Person, welche gesendet wird; so sendet nicht eine beliebige Person, sondern jene allein, welche das Prinzip der betreffenden Person ist. So also wird der Vater nur vom Sohne gesendet und der heilige Geist von Vater und Sohn. Wenn aber darunter, dass jemand sendet, verstanden wird, dass Er das Prinzip der Wirkung sei, gemäß der die Sendung aufgefasst wird, so sendet die ganze Dreieinigkeit die gesendete Person. Deshalb aber vermag nicht der Mensch, den heiligen Geist zu geben, denn er kann die Wirkung der Gnade nicht verursachen. Damit schließt der Engel der Schule seine tiefe, lichtvolle Abhandlung über die Dreieinigkeit. Das erhabenste Geheimnis bleibt in seiner vollen, unzugänglichen Innerlichkeit. Aber Thomas hat geöffnet die Katarakten des Himmels, dass heilsame Wasserwogen herabströmen. Die Natur leuchtet unter den wonnigen Lichtstrahlen von oben. Bald wird nun der Meister auch die Quellen der Untiefen des geschöpflichen Seins und Lebens öffnen, auf dass von beiden Seiten her, von unten und von oben, die Erde überschwemmt werde von den Wassern des Heiles und so es erscheine, wie sehr recht der Psalmist hat, wenn er sagt: „Die Erde ist voll der Barmherzigkeit Gottes.“ Wovon hängt all unser Wirken schließlich ab? „Von der unsichtbaren Sendung der heiligen drei Personen.“ Sie bringen mit sich als reines Geschenk die heiligmachende Gnade. Erst weil die heiligen drei Personen der Seele das Vermögen dazu gegeben; erst weil sie dieselbe bis zu ihnen selbst über alle sichtbare Natur erhoben haben; erst auf Grund ihrer eigenen Wirkung also nehmen sie Platz in der Seele. Was bringt aber diese Gnade mit sich? Die Freiheit, die wahre Selbständigkeit im Handeln. Denn so sagt Paulus: „Gebrauchet die Freiheit, welche Christus euch gebracht.“ Erst aber diese Freiheit und vor allem diese verdienstvolle Selbständigkeit macht unser Wirken fruchtbar. Was will das heißen, dass die göttlichen Personen in uns gesendet werden? Nichts Anderes, als dass wir Gott, den höchsten Grund, im Glauben erkennen; nichts Anderes, als dass wir Ihn wie unseren einzigen Zweck lieben. Der gekannte Gegenstand ist ja im Erkennenden; der geliebte Gegenstand ist im Liebenden. Wie fruchtbar aber muss dann das Wirken der vernünftigen Kreaturen sein, wenn der höchste und allbestimmende Grund es leitet; wenn das einzig fruchtbare Gut es anzieht! Dann kann es gar nicht fehlen, dass eine solche Tätigkeit alle andere rein natürliche Tätigkeit erhebt und heiligt und die wahre Herrschaft in höherem Grade wieder bringt, welche dem Menschen einst tatsächlich verliehen worden war. Wozu auch können denn die hochheiligen drei Personen in unserer Seele uns anders führen als zu dem Schatze, aus welchem sie selbst gleiches Sein, gleiches Leben, gleiche Macht, Weisheit, Güte, undurchbrechbare Einheit, schöpfen; zur Anschauung und zum seligen Besitze jenes allerhabenen, allherrschenden, alles erfüllenden Gutes, woraus jegliches Ding es hat, dass es ist, dass es gut, dass es wahr ist! Von der unsichtbaren Sendung in uns hängt unser Wirken, hängt unser Heil somit ab. Der Sohn wird gesendet, weil er vom Vater ausgeht und von Ihm alles Sein hat; der heilige Geist wird gesendet, weil Er von Vater und Sohn ausgeht und von diesem gemeinsamen Prinzip alles Sein hat. Was will das bedeuten? Soll Gutes in dir sein, soll Wahrheit, soll irgendwie Sein in dir sich finden; du hast es nur, soweit du es durch die Sendung erhalten hast. Die heiligen drei Personen wirken in dir nur in der Weise, dass der Sohn alles vom Vater hat, der heilige Geist alles von Vater und Sohn; und dass der heilige Geist, der zuerst dir geschenkt wird, so leitet, wie Er selber gesendet worden, wie Er selber ausgegangen ist. Er lehrt dich das, was Er vom Sohne empfangen hat; und der Sohn hat es vom Urprinzip. Du darfst nur lehren, wozu dich die Sendung befähigt. Alles in Gott beruht auf der Sendung. Alles in der Kirche beruht auf der Sendung. Du kannst dein Heil, du kannst Gott den Vater nur finden, wenn du schrankenlos mit dem heiligen Paulus ausrufst: „Was hast du, das du nicht empfangen.“ Siehe da die vorzügliche Lehre, welche du aus der Betrachtung der heiligen Dreieinigkeit behalten sollst. Es ist das Fundament alles christlichen, alles kirchlichen Lebens. Es ist die Vorbedingung für das Wirken des heiligen Geistes in deiner Seele. Die heiligste Dreieinigkeit ist rein in Sich. Der Vater sendet den Sohn, der Sohn den heiligen Geist gerade so wie Er ihnen Sein gegeben hat. In die Zeugung des Sohnes, in das Ausgehen des heiligen Geistes hat sich kein fremdes Element einzumischen; keinerlei Nichts hat sich da geltend zu machen. Auch die Sendung fließt rein aus der Liebe und Güte des Vaters. Nichts darf sich da hineinmischen, als die Ratschlüsse der ewigen Weisheit. Willst du dieser Sendung teilhaftig werden oder vielmehr willst du ein etwaiges Merkmal haben, dass die unsichtbare Sendung in dir waltet? Lass dich nicht von der Welt und dem Fleische bestimmen; nicht endgültig von deiner natürlichen Vernunft; Gott, sein Wille, seine Gebote müssen in erster Linie für dich bestimmend sein. „Vierzig Tage und vierzig Nächte hörte es nicht auf zu regnen.“ O, dass doch die Wasser des Heiles von unten aus den Quellen der Untiefen und die Wasser des Heiles von oben aus den Katarakten des Himmels deine Seele überschwemmten! Dass du immerdar und nach allen Richtungen, bei Tag und bei Nacht, in Glück und Unglück die vier Kardinaltugenden in der Erfüllung der zehn Gebote ohne Unterlass betätigest und so alle Kreatur, die unter dir ist, durch gerechtes Urteil, weises Maßhalten, unverbrüchliche Festigkeit, stets den letzten Zweck in himmlischer Klugheit vor Augen, in die Arche hinein nähmest, die auf den vielen Wassern schwimmt und auf nichts Irdisches mehr stößt! Bestimme über die Stofflose Natur; mach’ dich nicht zum Sklaven derselben, dass sie über dich bestimme! Bestimmst du in freier Selbständigkeit, so ist dies eine Wirkung der unsichtbaren Sendung von oben! Wenn wir anfangen zu hassen, was die Welt liebt; als Gäste uns zu fühlen in dieser wechselvollen, wesenslosen Wirklichkeit, die uns umgibt und nur das annehmen, was uns der himmlische Verwalter zuteilt; wenn wir auf das blicken, was noch nicht erscheint und alles Zeitliche an sich verachten; wenn wir der Welt uns bedienen, als ob wir dieselbe nicht gebrauchten; wenn unser Aufenthalt, der Gedanke unseres Geistes, die Liebe unseres Herzens im Himmel ist; — dann werden wir ähnlich dem Vater, der im Himmel ist; wir leben dann von seiner bestimmenden Kraft, denken in seiner Weisheit, verlangen nach seiner Liebe, werden selber fähig, einstmals in uns sein Wesen zu schauen und schauend zu besitzen. „O Wahrheit;“ so schließen wir mit den Worten des heiligen Bernard (11. in Cant.); „o Liebe; o Ewigkeit! O selige und beseligende Dreieinigkeit! Zu dir seufzt die Dreieinigkeit meines Elends! Meine Vernunft täuscht sich in ihren Urteilen, mein Wille ist hin- und hergejagt von ruhelosen Begierden, mein Gedächtnis ist beschämt in seinem vielfachen Vergessen. Du, der du einst das volle Licht meiner Vernunft sein wirst, der du anfüllen wirst all das Verlangen meines Willens und in der Ewigkeit mein schwindendes Gedächtnis festigen wirst; du, sei mir nahe in meiner unglückseligen Verbannung! Ach! welches dreifache Elend haben wir anstatt deiner eingetauscht: Irrtum, Schmerz, Angst. Mein Herz ist verwirrt; daher der Schmerz. Meine Kraft hat mich verlassen; daher die Angst. Das Licht meiner Augen ist nicht mehr mit mir; daher der Irrtum. Siehe da, o heilige Dreieinigkeit meiner Seele, welch unähnliche Dreieinigkeit du da findest. Aber warum bist du traurig, meine Seele; und warum bringst du mich in Verwirrung? Hoffe auf Gott; denn ich will Ihn noch preisen; dann nämlich, wann der Irrtum von der Vernunft, der Schmerz vom Willen, die Angst vom Gedächtnisse entfernt sein wird; und wenn an die Stelle getreten sein wird, wie wir hoffen, wundervolle Heiterkeit, ausnahmslose Lieblichkeit, ewige Sicherheit. Die erste wird verleihen Gott die Wahrheit, die zweite Gott die Liebe, die dritte Gott die Allmacht; dass Gott sei alles in allem und die Vernunft in sich aufnehme unverlöschliches Licht, der Wille unstörbaren Frieden, das Gedächtnis mangellosen Halt in der Ewigkeit!“

3. Band. Dritte Abhandlung. Gott, der Schöpfer.

Quaestio 4. Über die erste Ursache alles dessen, was ist.

Überleitung.

Nachdem wir nun das Ausgehen der drei Personen betrachtet haben, erübrigt die Behandlung der Kreaturen, welche von Gott ausgehen. Dieselbe hat drei Teile. Der erste hat zum Gegenstande die Hervorbringung; — der zweite den Unterschied; — der dritte die Erhaltung und Regierung der Kreaturen. Der erste Teil behandelt:

a) welches die erste Ursache alles Seienden sei;

b) die Art und Weise, wie die Kreaturen von der ersten Ursache ausgehen;

c) den Anfang der Dauer für die Dinge.

Erster Artikel. Alles, was ist, hat notwendig sein Sein von Gott.