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Die Summa Theologica (übersetzt "Zusammenfassung der Theologie"), oft einfach als Summa bezeichnet, ist das bekannteste Werk von Thomas von Aquin (1225-1274), einem scholastischen Theologen und Kirchendoktor. Sie stellt ein Kompendium der wichtigsten theologischen Lehren der katholischen Kirche dar, das als Leitfaden für Theologiestudenten, Seminaristen und Laien dienen soll. Die Themen der "Summa", in denen die Argumentation für fast alle Inhalte der christlichen Theologie im Abendland dargelegt wird, folgen dem folgenden Zyklus: Gott, die Schöpfung, der Mensch, die Bestimmung des Menschen, Christus, die Sakramente und zurück zu Gott. Obwohl sie unvollendet ist, gehört die "Summa" nicht nur zu den Klassikern der Philosophiegeschichte, sondern ist eines der einflussreichsten Werke der abendländischen Literatur und bleibt Aquins vollkommenste Schrift, die Frucht seiner reifen Jahre, in der sich das Denken seines ganzen Lebens verdichtet. Der Autor zitiert immer wieder christliche, muslimische, hebräische und heidnische Quellen, darunter die Heilige Schrift, Aristoteles, Augustinus von Hippo, Avicenna, Averroes, Al-Ghazali, Boethius, Johannes von Damaskus, Paulus der Apostel, Pseudo-Dionysius, Maimonides, Anselm von Canterbury, Platon, Cicero und einige andere. Dies ist Band acht von zehn mit den Quaestiones 129 - 189 der Secunda Pars.
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Seitenzahl: 825
Summa Theologica
Band 8
Quaestiones 129 – 189
(Secunda Pars/ Secundae Partis)
THOMAS VON AQUIN
DIE SCHRIFTEN DER KIRCHENVÄTER
Summa Theologica, Band 8, Thomas von Aquin
Jazzybee Verlag Jürgen Beck
86450 Altenmünster, Loschberg 9
Deutschland
ISBN: 9783849663940
Cover Design: Basierend auf einem Werk von Andreas F. Borchert, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=35892522
Der Text dieses Werkes wurde der "Bibliothek der Kirchenväter" entnommen, einem Projekt der Universität Fribourg/CH, die diese gemeinfreien Texte der Allgemeinheit zur Verfügung stellt. Die Bibliothek ist zu finden unter http://www.unifr.ch/bkv/index.htm.
www.jazzybee-verlag.de
Quaestio 129. Über die Hochherzigkeit, die Cicero als Zuversicht bezeichnet. 2
Quaestio 130. Über die Vermessenheit. 14
Quaestio 131. Über den Ehrgeiz. 17
Quaestio 132. Über den eitlen Ruhm. 20
Quaestio 133. Über den Kleinmut 27
Quaestio 134. Über die Prachtliebe. 30
Quaestio 135. Über die Knauserei. 35
Quaestio 137. Über die Beharrlichkeit. 45
Quaestio 138. Die der Beharrlichkeit entgegenstehenden Laster. 51
Quaestio 139. Über die Gabe der Stärke. 54
Quaestio 140. Vorschriften der Stärke. 56
Quaestio 141. Über die Mäßigkeit an sich. 59
Quaestio 142. Über die der Mäßigkeit entgegenstehenden Laster. 69
Quaestio 143. Über die Teile der Mäßigkeit im allgemeinen. 75
Quaestio 144. Über die Verschämtheit. 77
Quaestio 145. Über die Ehrbarkeit. 83
Quaestio 146. Über die Abstinenz selber oder den Unterschied der Speisen. 88
Quaestio 147. Über das Fasten. 91
Quaestio 148. Über die Gaumenlust. 102
Quaestio 149. Über die Nüchternheit. 109
Quaestio 150. Über die Trunkenheit. 113
Quaestio 151. Über die Keuschheit. 118
Quaestio 152. Über die Jungfräulichkeit. 123
Quaestio 153. Über das Laster der Wollust. 132
Quaestio 154. Über die Teile der Wollust. 139
Quaestio 155. Über die Enthaltsamkeit. 160
Quaestio 156. Über die Unenthaltsamkeit. 166
Quaestio 157. Über die Milde und Sanftmut. 173
Quaestio 158. Über den Zornmut. 179
Quaestio 159. Über die Grausamkeit. 188
Quaestio 160- Über die Bescheidenheit. 191
Quaestio 161. Über die Demut. 194
Quaestio 162. Über den Stolz. 204
Quaestio 163. Über die Sünde des ersten Menschen. 216
Quaestio 164. Über die Strafen der Sünde des ersten Menschen. 222
Quaestio 165. Über die Versuchung der Stammeltern. 229
Quaestio 166. Über die Wissbegierde. 233
Quaestio 167. Über die Neugierde. 236
Quaestio 168. Über die Bescheidenheit in den äußeren Bewegungen des Körpers. 240
Quaestio 169. Über die Bescheidenheit in der äußeren Umgebung. 247
Quaestio 170. Über die Vorschriften der Mäßigkeit. 252
Quaestio 171. Über die Prophetie. 255
Quaestio 172. Über die Ursache der Prophetie. 266
Quaestio 173. Über die Art und Weise der prophetischen Kenntnis. 274
Quaestio 174. Über die Einteilung der Prophetie. 282
Quaestio 175. Über die Verzückung. 293
Quaestio 176. Über die Sprachengabe. 303
Quaestio 177. Über die Gabe der Rede. 307
Quaestio 178. Über die Wundergabe. 310
Quaestio 179. Über die Teilung in ein tätiges und beschauliches Leben. 314
Quaestio 180. Das beschauliche Leben. 316
Quaestio 181. Über das tätige Leben. 329
Quaestio 182. Das tätige Leben im Vergleich zum beschaulichen. 334
Quaestio 183. Über die verschiedenen Stände unter den Menschen im allgemeinen. 341
Quaestio 184. Über den Stand der Vollkommenheit im allgemeinen. 347
Quaestio 185. Über den bischöflichen Stand. 363
Quaestio 186. Über die zum Ordensstande wesentlichen Erfordernisse. 380
Quaestio 187. Die Befugnisse der Ordensleute. 399
Quaestio 188. Über die Verschiedenheit der Orden. 414
Quaestio 189. Über den Eintritt in einen Orden. 432
Bibliographische Angaben:
Summe der Theologie / Die katholische Wahrheit oder die theologische Summa des Thomas von Aquin deutsch wiedergegeben durch Ceslaus Maria Schneider. Verlagsanstalt von G. J. Manz, Regensburg 1886-1892. [12 Bände] 1880
Sehr geehrter Leser,
die "Summa Theologica" war in ihrer Gänze sicher das herausforderndste Werk innerhalb der Reihe "Die Schriften der Kirchenväter." Es gibt kaum eine Textvorlage, ganz speziell von dieser Schneider-Übersetzung, die diesen Begriff – "Vorlage" – verdient hätte.
Wir haben versucht, so viele Fehler wie möglich auszumerzen. Dennoch ist dieses Werk nicht perfekt, da ein komplettes Korrektorat schlicht nicht wirtschaftlich ist. Bitte sehen Sie uns nach, wenn Sie an der einen oder anderen Stelle über einen Fehler stolpern, insbesondere bei der Umsetzung von griechischen Buchstaben. Thomas von Aquinas war nicht perfekt, seine "Summa" mitnichten, wir sind es schon gar nicht. Wir glauben dennoch, dass das Preis-Leistungsverhältnis dieser Ausgabe stimmt und jeder interessierte Leser auf seine Kosten kommen wird.
Herzlich Grüße,
Ihr Jazzybee Verlag (Jürgen Beck)
Erster Artikel. Die Hochherzigkeit hat zum Gegenstande die Ehren.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Die Hochherzigkeit ist in der Abwehrkraft, der irascibilis; wie aus dem Worte selbst hervorgeht, das da etwas Hohes, Großes, Schwieriges ausdrückt. Die Ehre aber ist etwas Begehrenswertes. Also beschäftigt sich die Hochherzigkeit nicht mit den Ehren. II. Die Hochherzigkeit ist eine moralische Tugend. Sie hat aber nicht zum Gegenstande die Tätigkeiten nach außen hin; denn sie ist kein Teil der Gerechtigkeit. Also hat sie zum Gegenstande ihres Regelns und Leitens die Leidenschaften. Die Ehre aber ist keine Leidenschaft. III. Der Charakter des Wesens der Hochherzigkeit gehört mehr zum Verfolgen von etwas wie zum Fliehen; denn hochherzig wird jemand genannt, weil er zu Hohem hin sein Herz hat. Die Ehren aber machen nicht, dass die tugendhaften gelobt werden; vielmehr fliehen die tugendhaften alle Ehre und werden danach gelobt. Also die Hochherzigkeit hat mit den Ehren nichts zu tun.
Auf der anderen Seite ist nach 4 Ethic. 3 , „Gegenstand der Hochherzigkeit Ehre und Unehre.“
b) Ich antworte, die Hochherzigkeit schließe gemäß ihrem Namen die Ausdehnung gewissermaßen des Herzens zu Hohem ein. Nun wird das Verhältnis der Tugend zu zwei Dingen erwogen: 1. zum Gegenstände, mit dem sich ihr Wirken beschäftigt; und 2. zur eigenen Tätigkeit, die da besteht im gebührenden Gebrauche eines solchen Gegenstandes. Weil aber die Tugend von seiten der Tätigkeit in erster Linie bestimmt wird, so wird in leitender Weise jemand hochherzig genannt, weil sein Herz auf eine hohe Tätigkeit hin gerichtet ist. Es kann jedoch eine Tätigkeit „hoch“ oder „groß“ genannt werden einmal gemäß einem gewissen Verhältnisse; dann schlechthin. In erstgenannter Weise ist eine Tätigkeit „hoch“, wenn man sich eines an sich geringen Gegenstandes in einer im höchsten Grade guten Weise bedient; — schlechthin „hoch“ ist eine Tätigkeit, die sich im höchsten Grade gut eines sehr wichtigen Gegenstandes bedient. Die in den Gebrauch des Menschen kommenden Dinge nun sind die außen befindlichen Güter. Und unter diesen steht schlechthin am höchsten die Ehre; sowohl weil sie als ein gewisses Zeugnis der innen bereits bestehenden, wahren Vorzüge am nächsten der Tugend steht, als auch weil sie Gott und den besten dargebracht wird; und ebenso weil die Menschen, um Ehre zu erlangen und Tadel zu vermeiden, alles Andere hintenansetzen. So aber wird jemand großherzig genannt wegen dessen, was schlechthin und allseitig etwas Großes ist, wie jemand als ein starker bezeichnet wird wegen dessen, was schlechthin schwierig ist. Und somit berücksichtigt der hochherzige in erster Linie die Ehren.
c) I. Böses und Gutes schlechthin betrachtet, gehört zur Begehrkraft. Insoweit jedoch der Charakter des Schwierigen hinzutritt, gehört es zur Abwehrkraft. Und auf diese Weise, weil die Ehre den Charakter des Hohen und schwer Erreichbaren hat, richtet sich die Hochherzigkeit auf die Ehren. II. Die Ehre ist keine Leidenschaft; wohl aber der Gegenstand einer solchen, nämlich der Hoffnung, welche sich auf ein schwer erreichbares Gut richtet. Unmittelbar also richtet sich die Hochherzigkeit zwar auf die Leidenschaft der Hoffnung; mittelbar aber auf die Ehre; — wie ja auch die Stärke sich auf die Todesgefahren richtet, insoweit diese Gegenstand der Furcht und der Kühnheit sind. III. Wer um der Ehre willen nichts Unerlaubtes tut und dieselbe nicht allzu hoch achtet, ist lobenswert. Wer aber so die Ehren verachten wollte, dass er nichts thäte, was der Ehre wert ist, der würde Tadel verdienen. Die Hochherzigkeit also trägt Sorge, das zu tun, was Ehre verdient; nicht aber in der Weise, dass sie für etwas Großes hielte die Ehre vor den Menschen.
Zweiter Artikel. Die Hochherzigkeit richtet sich auf große Ehre.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. „Groß“ und „klein“ sind äußere Zutaten zur Ehre, die deren Wesen nicht ändern. Der Wesenscharakter der Hochherzigkeit aber geht einfach auf Ehre; Also nicht auf große Ehre. II. Wie die Hochherzigkeit die Ehre, so hat die Sanftmut den Zorn zum Gegenstande. Das Wesen der Sanftmut aber verlangt es nicht, großen oder kleinen Zorn vor sich zu haben. Also ist dies ähnlich auch bei der Hochherzigkeit nicht der Fall. III. Die kleinere Ehre ist weniger entfernt von der großen Ehre wie die Unehre. Die Hochherzigkeit aber weiß sich gut zu verhalten gegenüber der Unehre; also auch gegenüber der kleineren Ehre.
Auf der anderen Seite steht Aristoteles. (2 Ethic. 7 .)
b) Ich antworte, die Tugend sei eine Vollendung des Vermögens, soweit das Äußerste dieses letzteren in Betracht kommt. Die Vollendung also eines Vermögens wird nicht beurteilt nach irgend einer beliebigen Tätigkeit, sondern nach einer solchen, welche eine gewisse Bedeutung oder Schwierigkeit hat; insofern jedes Vermögen, so gering es auch ist, etwas durch seine Tätigkeit leisten kann, je nach seiner Anlage. Demnach gehört es zum Wesen der Tugend, auf das Gute und Schwierige sich zu richten. Nun kann 1. eine Schwierigkeit darin gefunden werden mit Rücksicht auf die Vernunft, nämlich die rechte Mitte im entsprechenden Gegenstande zu finden; und dieses Schwierige wird nur in jenen Tugenden gefunden, die in der Vernunft ihren Sitz haben und in der Tätigkeit der Gerechtigkeit, wo diese Mitte außen in den Dingen aufgefunden werden muss. Die zweite Schwierigkeit hält sich auf seiten des Gegenstandes, der da von sich aus der auf ihn bezüglichen Bewegung der Vernunft widerstreitet; und dieses Schwierige findet sich zumal in den anderen moralischen Tugenden, die sich mit den Leidenschaften, also mit etwas an sich der Vernunft Widerstreitenden, beschäftigen. (Dionys. 4. de div. nom. ) Bei solchen Leidenschaften ist nun zu berücksichtigen, dass manche als Leidenschaften selber eine große Widerstandskraft gegen die Vernunft besitzen; manche aber mehr auf Grund der Gegenstände, auf welche sie sich richten. Die ersteren haben nur insoweit große Widerstandskraft als sie heftig sind; da es dem sinnlichen Begehren, wo die Leidenschaften sich finden, eigen ist, von Natur der Vernunft Untertan zu sein. Die Tugenden also, welche auf diese Leidenschaften sich richten, stehen nur zu dem Großen, zum Heftigen in diesen Leidenschaften im Gegensatz; wie die Stärke sich mit den größten Befürchtungen beschäftigt, die Mäßigkeit mit den heftigsten sinnlichen Ergötzungen, die Sanftmut mit den höchsten Stufen des Zornes. Andere Leidenschaften aber haben große Widerstandskraft gegen die Vernunft auf Grund der äußeren Dinge selbst, die da Gegenstände der Leidenschaften sind, wie die Liebe zum Gelde oder Ehrbegier. Und da muss die Tugend sich beschäftigen nicht nur mit dem, was als Größtes und Höchstes in ihnen auftritt, sondern auch mit dem Geringeren und Mittelmäßigeren; weil die äußeren Dinge nämlich, als für das menschliche Leben notwendige, immer eine große Anziehungskraft ausüben. Deshalb bestehen gegenüber dem Begehren nach Geld zwei Tugenden: eine, welche sich auf mäßige, geringere Ausgaben richtet, d. h. die Freigebigkeit; und die zweite, welche große Geldausgaben zu regeln hat, die Prachtliebe. Ähnlich geht es mit der Ehre. Da sind zwei Tugenden. Die eine gegenüber den geringeren Ehren, welche keinen eigenen Namen hat und sonach benannt wird nach ihren beiden Elementen, nämlich φιλοτιμία Ehrliebe, und ἀθιλοτιμία „ohne Ehrgeiz“; — denn bisweilen wird jemand gelobt, weil er in gebührender Weise Ehre liebt; und bisweilen wird jemand gelobt, weil er um die Ehre sich nicht viel bekümmert; beides in geregelter Weise. Auf große Ehren erstreckt sich aber die Hochherzigkeit und danach strebt der hochherzige; auf das nämlich was vieler Ehre wert ist.
c) I. „Klein“ und „groß“ ist äußerlich für die Ehre, wenn diese an sich betrachtet wird. Einen großen Unterschied macht es aber, insoweit das Verhältnis zur Vernunft man erwägt. Denn bei weitem schwerer ist es, das von der Vernunft vorgeschriebene Maß zu beachten bei großen Ehren wie bei kleinen. II. Im Zorne und in anderen Leidenschaften hat eben nur das Größte, das Heftige bemerkbare Schwierigkeit; und deshalb darf nur mit Rücksicht darauf eine Tugend bestehen. Anders verhält es sich mit der Ehre, dem Reichtum; das sind Dinge, welche außerhalb der Seele bestehen. III. Wer gut Großes anwendet, wird um so besser Kleines gebrauchen. Der hochherzige also berücksichtigt große Ehren, insoweit er sie verdient hat, oder auch wie geringer als die, welche er verdient hat; kann doch die Tugend gar nicht ausreichend von Menschen geehrt werden, da ihr von Gott selber Ehre gebührt. Deshalb erhebt sich der hochherzige nicht über selbst, wenn ihm große Ehren werden. Denn er hält sie nicht für höher als er verdient hat; sondern er verachtet sie vielmehr, und um so mehr verachtet er mäßige oder kleine Ehren. Ebenso wird er durch Unehre nicht gebrochen, sondern er verachtet sie; denn er erachtet, dass sie ihm unverdienterweise zu teil wird.
Dritter Artikel. Die Hochherzigkeit ist eine Tugend.
a) Das scheint unwahr. Denn: I. Die Tugend besteht in der rechten Mitte. Die Hochherzigkeit aber richtet sich auf das Größte; „der hochherzige nämlich erachtet sich der höchsten Ehren wert.“ (4 Ethic. 3 .) II. Wer eine Tugend hat, der hat alle insgesamt. (I., II. Kap. 65, Art. 1.) Es kann jedoch jemand ganz wohl Tugend haben, ohne dass er die Hochherzigkeit hat. Denn, sagt Aristoteles (l. c.): „Wer Geringes verdient hat und dessen sich für wert hält, ist gemäßigt; das ist aber nicht der hochherzige.“ Also ist es keine Tugend. III. „Die Tugend ist eine gute Eigenschaft der Seele.“ Die Hochherzigkeit aber ist begleitet von gewissen körperlichen Eigentümlichkeiten. Denn Aristoteles schreibt (l. c.): „Der hochherzige bewegt sich langsam, sein Wort ist schwerwiegend, sein Sprechen hält immer dieselbe Art und Weise ein.“ Also ist die Hochherzigkeit keine Tugend. IV. Die Hochherzigkeit steht im Gegensatze zur Demut. Denn „der hochherzige hält sich würdig großer Dinge und verachtet die anderen“ (l. c.). Keine Tugend aber ist einer anderen entgegengesetzt. V. Jede Tugend hat nur lobwürdige Eigentümlichkeiten. Die Hochherzigkeit aber besitzt manche tadelnswerte Eigenheiten: 1. der hochherzige ist der empfangenen Wohltaten uneingedenk; 2. er ist langsam und hat immer müßige Zeit; 3. er gebraucht gegenüber vielen die Ironie; 4. er kann nicht gut mit anderen zusammenleben; 5. er besitzt mehr Unfruchtbares und Unnützes wie Nützliches. Also kann da von keiner Tugend die Rede sein.
Auf der anderen Seite heißt es zum Lobe einzelner in 2 Makk 14.: „Da Nicanor hörte von der Tugend der Begleiter des Judas und von ihrer Hochherzigkeit, welche sie in den Kämpfen für das Vaterland zeigten, scheute er es, ein Blutgericht zu halten.“
b) Ich antworte, zum Wesen der menschlichen Tugend gehöre es, dass in den menschlichen Dingen das vernunftgemäße Gute gewahrt werde, was da ist: das dem Menschen als solchem entsprechende Gute. Unter den menschlichen Angelegenheiten aber stehen an bevorzugter Stelle die Ehren. Also ist die Hochherzigkeit, die den Maßstab der Vernunft an die höchsten Ehren anlegt, eine Tugend.
c) I. Ebenso (4 Ethic. 3 .) heißt es bei Aristoteles: „Der hochherzige strebt zwar nach dem Höchsten, aber gemäß der rechten Mitte; denn er strebt nach dem Maßstabe der Vernunft, wie, wann etc. es sich gebührt; hält er sich doch nicht größerer Ehren wert als er erachtet, verdient zu haben.“ II. Die Verknüpfung der Tugenden ist nicht gemäß den Tätigkeiten zu verstehen, dass es jedem nämlich zukomme, alle Tugenden tatsächlich zu üben; denn die Tätigkeit der Hochherzigkeit kommt nur den großen zu, nicht jedem tugendhaften. Vielmehr sind gemäß den Prinzipien der Tugenden, der Klugheit und der Gnade, alle Tugenden verbunden; insoweit alle Tugenden zuständlich in der Seele sind und zwar entweder nach einem tatsächlich bestehenden Zustande oder nach einer nahen Vorbereitung dazu Und so kann jemand, dem die Tätigkeit der Hochherzigkeit nicht zukommt den entsprechenden Zustand haben, kraft dessen er vorbereitet ist für eine solche Tätigkeit, wenn sie ihm nach seinem Stande gebühren sollte. III. Die körperlichen Bewegungen gestalten sich verschieden je nach den verschiedenen Auffassungen und Hinneigungen der Seele. Und danach begleiten die Hochherzigkeit gewisse bestimmte äußere Zutaten mit Rücksicht auf die körperlichen Bewegungen. Die Schnelligkeit der Bewegung nämlich kommt daher, dass jemand auf Vieles seine Meinung gerichtet hat, was er eilig zu verwirklichen sucht. Der hochherzige aber hält seine Absicht nur auf Großes gerichtet und somit auf Weniges; da dies selbstverständlich aber große Aufmerksamkeit verlangt, so ist seine Bewegung eine langsame. Ähnlicherweise kommt die helle Stimme und die Schnelligkeit im Sprechen jenen zu, welche über alles Mögliche streiten wollen. Das aber ist nicht Sache der hochherzigen, die nur in Großes sich hineinmischen. Und weil nun solche natürliche Bewegungen den hochherzigen gemäß den Hinneigungen derselben innewohnen, so finden sich dergleichen natürliche Eigenheiten auch in jenen, welche eine natürliche Anlage zur Hochherzigkeit haben. IV. Im Menschen findet sich etwas Großes, was er als Geschenk Gottes besitzt; — und es findet sich da mancher Mangel, der infolge der Schwäche seiner Natur ihm innewohnt. Die Hochherzigkeit nun bewirkt, dass der Mensch sich großer Dinge für wert hält in Anbetracht der Gaben, die er von Gott empfangen; wie z. B., wenn er eine große Tugend in der Seele hat, die Hochherzigkeit macht, dass er nach den im höchsten Grade vollendeten Werken oder Tätigkeiten dieser Tugend strebt; und dasselbe gilt vom Gebrauche eines jeden beliebigen anderen Gutes, wie der Wissenschaft, des zeitlichen Besitzes. Die Demut aber bewirkt, dass der Mensch sich selbst geringschätzt in Anbetracht der eigenen Mängel. Ebenso verachtet die Hochherzigkeit andere, insofern sie abfallen von den Gaben Gottes; denn sie schätzt die anderen nicht in der Weise, dass sie um derentwillen etwas Ungeziemendes tun möchte. Und umgekehrt ehrt die Demut die anderen als ihre Vorgesetzten, insoweit sie in ihnen etwas von den Gaben Gottes erblickt. Deshalb heißt es Ps 14 . vom gerechten Manne: „Zu nichts ist geworden vor ihm der böswillige,“ was zur Verachtung seitens des hochherzigen gehört; und: „die aber Gott fürchten, ehrt und verherrlicht er,“ was zur Ehre gehört, die der demütige erweist. Also ist danach offenbar, wie die Hochherzigkeit und die Demut in keinem Gegensatze zu einander stehen, obgleich sie auf einander Entgegengesetztes hinzuzielen scheinen; denn jede von beiden Tugenden geht von verschiedenen Anschauungen aus. V. Jene Eigenheiten, soweit sie auf den hochherzigen sich beziehen, sind nicht tadelnswert, sondern im Übermaße lobenswert: 1. Dass der hochherzige der empfangenen Wohltaten nicht gedenkt, will sagen, es sei für ihn keine Freude, von anderen Wohltaten zu empfangen, ohne dass er mit größeren wiedervergilt; was zur vollendeten Dankbarkeit gehört, in deren Akte er, wie in allen Tugendakten, das Höchste leisten will. 2. Er ist langsam und scheint müßig zu sein; nicht als ob er nicht tätig sei, sondern weil er nicht mit vielerlei, sondern nur mit Großem sich beschäftigt, was Nachdenken verlangt, wie sich das für ihn gebührt. 3. Er bedient sich der Ironie; nicht insoweit sie der Wahrheit entgegengesetzt ist, dass er nämlich von sich Erniedrigendes sagte, was nicht in Wirklichkeit besteht, oder bedeutende Vorzüge von sich ableugnete, welche in Wirklichkeit bestehen; — sondern weil er nicht seine ganze Größe offenbar macht und zumal nicht vor einer großen Menge solcher, die tiefer stehen: „Als groß soll der hochherzige dastehen mit Rücksicht auf die hochgestellten und reichen; mit Rücksicht auf die tieferstehenden aber als maßvoll gering.“ (4 Ethic. 3 .) 4. Er lebt nicht gern mit anderen zusammen, nämlich in vertraulicher Weise. Das tut er nur mit seinen Freunden, damit er Schmeichelei vermeide und Verstellung, was einen niedrigen Geist verrät. Er lebt aber mit allen, ob sie groß oder klein seien, zusammen, wie es sich mit Rücksicht auf einen jeden gebührt. 5. Er will vielmehr Unfruchtbares; aber nicht alles Beliebige, sondern Ehrbares, was er das Größere dem Nützlichen vorzieht, da Letzteres gesucht wird, um einem Mangel abzuhelfen, der zum hochherzigen als solchem im Gegensatze steht.
Vierter Artikel. Die Hochherzigkeit ist eine eigene besondere Tugend.
a) Dies wird bestritten. Denn: I. Die Hochherzigkeit wirkt in allen Tugenden, nach 4 Ethic. 3 .: „Der hochherzige wirkt in jeder Tugend das Hervorragende.“ Das kann aber von keiner besonderen Tugend gesagt werden. II. Dem hochherzigen werden die Tätigkeiten der verschiedensten Tugenden zugeschrieben, was bei keiner besonderen, von den anderen unterschiedenen Tugend eintritt. Denn 4 Ethic. 3 . wird gesagt: „Der hochherzige flieht nicht vor dem, der ihn zu etwas überreden will (ein Akt der Klugheit), er tut nichts Ungerechtes (ein Akt der Gerechtigkeit), er ist zum Wohltun bereit (ein Akt der Liebe), er leistet schnell Dienste (ein Akt der Freigebigkeit), er ist wahrhaft (ein Akt der Wahrheit), er klagt nicht (ein Akt der Geduld).“ Also ist die Hochherzigkeit keine besondere Tugend. III. Jede Tugend ist ein gewisser Schmuck der Seele, nach Jes 61,10.: „Es bekleidete mich der Herr mit den Gewändern des Heiles… wie eine verlobte, die mit Edelgestein geschmückt ist.“ Die Hochherzigkeit aber ist der Schmuck aller Tugenden, nach 4 Ethic. 3 .
Auf der anderen Seite steht die Autorität des Aristoteles. (2 Ethic. 7 .)
b) Ich antworte, jede besondere Tugend gebe das Maß und die Richtschnur an in einem besonderen Bereiche von Gegenständen. Die Ehren aber, mit denen die Hochherzigkeit sich beschäftigt, bilden einen besonderen Bereich von Gegenständen und ein besonderes Gut. Also ist an sich betrachtet die Hochherzigkeit eine besondere Tugend. Weil aber die Ehre der Lohn für alle Tugenden ist, so berücksichtigt auf Grund ihres Gegenstandes die Hochherzigkeit alle Tugenden.
c) I. Die Hochherzigkeit richtet sich auf große Ehren. Wie aber Ehre gebührt der Tugend, so gebührt große Ehre einem hohen Tugendwerke. Und sonach will der hochherzige Großes tun in jeder Tugend, insoweit er nach dem strebt, was große Ehre verdient. II. Die Hochherzigkeit erstrebt ihrem Wesen nach alles Hervorragende und flieht jeglichen Mangel. Dass aber jemand wohltue, mitteile, reichlich vergelte ist; gewissermaßen etwas Hervorragendes. Also dazu zeigt sich der hochherzige bereit; nicht insofern diese Dinge den Akt anderer Tugenden einschließen, sondern insoweit sie den Charakter des Hervorragenden haben. Ein Mangel aber ist es, insoweit äußere Güter oder Übel zu beachten, dass man um ihretwillen von der Gerechtigkeit sich entfernt. Ein Mangel wiederum ist alles Verbergen der Wahrheit, denn da ist Furcht der Grund. Ein Mangel ist die Gewohnheit zu klagen, denn infolgedessen scheint die Seele äußerem Übel zu unterliegen. Dies und Ähnliches vermeidet der hochherzige; aber immer unter dem ihm eigenen besonderen Gesichtspunkte, dass es dem Charakter des Hervorragenden widerstreite, nach dem er strebt. III. Jede Tugend hat ihrem Wesenscharakter nach einen ihr eigenen Schmuck. Dazu kommt dann der Schmuck, welcher aus der Größe des Tugendwerkes herrührt; und dieser ist der Hochherzigkeit gedankt, welche alle Tugenden zu größeren macht. (4 Ethic. 3 .)
Fünfter Artikel. Die Hochherzigkeit ist ein Teil der Stärke.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Die Hochherzigkeit scheint genau dasselbe zu sein wie die Stärke. Seneca nämlich sagt (de 4. virtut.): „Die Hochherzigkeit, welche man auch als Stärke bezeichnet;“ und Cicero (1. de offic. ): „Starke Männer, die wir zugleich als hochherzige bezeichnen, Freunde der Wahrheit.“ Also ist die Hochherzigkeit kein Teil der Stärke. II. 4 Ethic. 3 . heißt es: „Der hochherzige liebt nicht die Gefahren.“ Der starke aber setzt sich Gefahren aus. Also ist die Hochherzigkeit kein Teil der Stärke. III. Die Hochherzigkeit berücksichtigt Großes in den zu erhoffenden Gütern, die Stärke in den zu fürchtenden oder kühn zu wagenden Übeln. Das Gute aber steht an bevorzugterer Stelle wie das Übel. Also ist die Haupttugend die Hochherzigkeit und nicht die Stärke.
Auf der anderen Seite stellt Macrobius und Andronicus die Hochherzigkeit als einen Teil der Stärke auf.
b) Ich antworte, Haupttugend im Bereiche einer gewissen hauptsächlichen Tätigkeit sei jene, welche an erster Stelle dieser Art von Tätigkeit Maß und Richtschnur bestimmt. Nun ist eine der hauptsächlichsten, allgemeinen Bedingungen für jede tugendhafte Tätigkeit „fest zu sein“ (2 Ethic. 4 .); und vorzugsweise wird Festigkeit gelobt in den Tugenden, deren Gegenstand etwas Schwieriges ist, weil bei ihnen es schwer ist Festigkeit zu wahren. Je schwerer also es erscheint, in etwas schwer Erreichbarem Festigkeit zu bewahren; desto hauptsächlicher ist die Tugend, welche darin der Seele Festigkeit verleiht. Nun ist es schwerer, fest zu bleiben gegenüber den Todesgefahren, wo die Stärke Festigkeit dem Geiste verleiht; wie in der Hoffnung oder im Besitze der größten Vorzüge oder Güter, wo die Hochherzigkeit den Geist festmacht; weil, wie der Mensch am meisten das Leben liebt, er auch am meisten Todesgefahren entflieht. Also kommt die Hochherzigkeit darin mit der Tugend der Stärke überein, dass sie den Geist festigt mit Rücksicht auf etwas schwer Erreichbares; sie erreicht aber die Erhabenheit der Tugend der Stärke nicht, insoweit sie in etwas Leichterem der Seele Festigkeit verleiht. Also ist die Hochherzigkeit ein Teil der Stärke, wie die untergeordnete Tugend ein Teil der Haupttugend ist.
c) I. „Das Übel entbehren wird als etwas Gutes betrachtet,“ heißt es 5 Ethic. 1 . Also nicht besiegt zu werden z. B. von den Todesgefahren, wird betrachtet als die Erreichung eines großen Gutes. Das Erste ist Gegenstand der Stärke, das Zweite Gegenstand der Hochherzigkeit. Und danach stehen Hochherzigkeit und Stärke auf der gleichen Stufe. Weil aber von einem anderen Gesichtspunkte die Stärke ausgeht und von einem anderen die Hochherzigkeit, so wird von Aristoteles die eine dieser Tugenden von der anderen unterschieden. II. „Gefahren lieben“ wird von jenem ausgesagt, der da in der Meinung „Vielerlei“ sei dasselbe wie „Großes“, sich für viele Dinge unterschiedslos der Gefahr aussetzt. Für das wahrhaft Große setzt sich auch der hochherzige bereitwillig der Gefahr aus; denn er leistet Großes in der Stärke, wie in den anderen Tugenden. Deshalb sagt da Aristoteles „der hochherzige setze sich nicht für Kleinigkeiten der Gefahr aus (μικροκίνδυνος), sondern für ein Großes (μεγαλοκίνδυνος);“ und Seneca (l. c.): „Hochherzig bist du, wenn du nicht vermessen nach Gefahren suchst und sie nicht furchtsam fliehst. Nur das Bewusstsein eines tadelnswerten Lebens nimmt der Seele die Furcht.“ III. Man geht gegen das Übel an um der Bewahrung des Guten willen. Das Gute aber ist an sich erstrebenswert. Also mehr widersetzt sich der Festigkeit des Geistes das Schwierige im Übel wie das Hervorragende im Guten. Und so ist die Stärke mit Bezug darauf eine höhere Tugend wie die Hochherzigkeit. Es mag also schlechthin das Gute hauptsächlicher sein wie das Böse. Hier in diesem einzelnen Falle aber ist das Böse hauptsächlicher wie das Gute; nämlich mit Beziehung auf die Festigkeit.
Sechster Artikel. Die Zuversicht gehört zur Hochherzigkeit.
a) Dies wird bestritten. Denn: I. Es kann jemand nicht auf sich selbst seine Zuversicht setzen, sondern vielmehr auf andere, nach 2 Kor 3.: „Eine solche Zuversicht haben wir durch Jesum Christum auf Gott; nicht als ob wir genügend wären, von uns aus etwas zu denken, als ob dies aus uns wäre.“ Dies ist aber gegen den Wesenscharakter der Hochherzigkeit. II. Die Zuversicht ist der Furcht entgegengesetzt, nach Jes 12.: „Mit Zuversicht werde ich handeln und nicht fürchten.“ Dies gehört aber viel mehr zum Bereiche der Furcht wie zur Hochherzigkeit. III. Lohn gebührt einzig der Tugend. Der Zuversicht aber gebührt Lohn, nach Heb 3.: „Wir sind das Haus Christi, wenn wir unsere Zuversicht und die Herrlichkeit unserer Hoffnung bis zum Ende festhalten.“ Also ist die Zuversicht eine Tugend für sich.
Auf der anderen Seite scheint Cicero anstatt der Hochherzigkeit Zuversicht als so ziemlich die nämliche Tugend zu setzen.
b) Ich antworte; nach Hiob 11.: „Du wirst Zuversicht haben auf Grund der dir vorgelegten Hoffnung,“ scheint die Zuversicht hauptsächlich zu bezeichnen, dass jemand Hoffnung schöpfe auf Grund dessen dass ein anderer ihm etwas vorgelegt; also auf Grund des Glaubens an die Worte eine anderen, der etwas verheißt. Es findet sich aber, dass jemand an einer Meinung oder an einen Glauben festhält nicht nur auf Grund dessen, was von einem anderen gesagt; sondern auch auf Grund dessen, was in einem anderen betrachtet worden ist. Und danach kann jemand Hoffnung fassen auf irgend etwas auf Grund des in einem Betrachteten; sei dies in der eigenen Person betrachtet, wie wenn jemand, der sich gesund sieht, die Zuversicht fasst, noch lange zu leben; oder sei dies in einem anderen betrachtet, wie wenn jemand, der da sieht, sein Freund sei mächtig, die Zuversicht hat, von ihm unterstützt zu werden. Nun ist die Hochherzigkeit vorzugsweise mit der Hoffnung auf etwas schwer Erreichbares beschäftigt. Weil also die Zuversicht einschließt eine gewisse Kraft der Hoffnung, die aus dem in einer Person Betrachteten herrührt und welche die feste Meinung erweckt, man werde das erwartete Gut erreichen; daher kommt es, dass die Zuversicht zur Hochherzigkeit gehört.
c) I. Zu der Stelle: „Dem hochherzigen komme es zu, niemandes zu bedürfen“ (4 Ethic. 3 .), weil dies einen Mangel bezeichnet, fügt Aristoteles hinzu: „oder kaum“. Denn das geht über den Menschen hinaus, niemandes schlechthin zu bedürfen. Erstens nämlich bedarf er des Beistandes Gottes; und dann des Beistandes anderer Menschen, da der Mensch ein seiner Natur nach zur Gesellschaft geeignetes Wesen ist, das sich nicht allein für alle Lebensbedürfnisse genügt. Insofern er also anderer bedarf, setzt der hochherzige in andere seine Zuversicht; weil dies etwas Hervorragendes für den Menschen ist, andere zu haben, die bereit sind, ihm zu helfen. Und insofern der hochherzige selber etwas kann, setzt er seine Zuversicht in sich selber. II. Die Hoffnung ist zwar direkt oder unmittelbar der Verzweiflung entgegengefetzt (I., II. Kap. 23, Art. 2; Kap. 40, Art. 4), welche den gleichen Gegenstand hat, nämlich das Gute. Vermittelst des Gegensatzes zwischen den Gegenständen jedoch ist sie entgegengesetzt der Furcht. Die Zuversicht aber schließt eine gewisse Kraft der Hoffnung ein; und steht sonach wie die Hoffnung im Gegensatze zur Furcht. Weil aber die Stärke den Geist festigt gegen die Übel, die Hochherzigkeit im Streben nach dem Guten; deshalb gehört die Zuversicht mehr zur Hochherzigkeit wie zur Stärke. Jedoch gehört die Zuversicht infolgedessen zur Stärke, weil die Hoffnung Kühnheit verursacht und somit den eigentlichen Gegenstand der Stärke herstellt. III. Die Zuversicht ist Hoffnung, welche durch eine festgehaltene Meinung gekräftigt ist. Nun kann wohl die Art und Weise, welche zu einer Hinneigung hinzutritt, der betreffenden Tätigkeit zum Lobe gereichen, dass dieselbe verdienstvoll sei; eine solche Art und Weise ist aber kein Grund, dass man eine besondere Gattung in der Tugend annehme, dies hängt vielmehr vom Gegenstande ab. Also drückt die Zuversicht keine eigene Tugend aus, wohl aber die Eigentümlichkeit einer Tugend. Und deshalb wird sie wohl als integraler, den Akt der Stärke vervollständigender Teil einer Tugend betrachtet; nicht aber als potentialer, d. h. als eigene besondere Tugend; außer in dem Falle wo sie wie bei Cicero an Stelle der Hochherzigkeit steht.
Siebenter Artikel. Die Sicherheit gehört zur Hochherzigkeit.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Die Sicherheit schließt eine gewisse Ruhe ein mit Rücksicht auf die Verwirrung, welche von der Furcht kommt. Das aber gehört zur Stärke. II. Isidor (10 Etymol. S.) sagt, „sicher sei ebenso viel wie sorglos.“ Sorglosigkeit überhaupt aber ist gegen die Tugend, nach 2 Tim 2.: „Sei besorgt, dich selbst vor Gott als tüchtig zu erweisen.“ III. Tugend und Lohn der Tugend ist nicht dasselbe. Bei Job aber ist Sicherheit als Lohn der Tugend angegeben: „Wenn du die Sünde, die in deiner Hand ist, hinwegnimmst, dann wirst du sicher schlafen unter der Erde.“
Auf der anderen Seite sagt Cicero (1. de offic. ): „Dem hochherzigen kommt es zu, weder irgendwelcher inneren Unruhe, noch einem Menschen, noch dem Glücke zu unterliegen.“
b) Ich antworte, „die Furcht bewirke, dass die Menschen sich gut raten“ (2 Rhet. 5 . Arist.); insofern sie Sorge tragen, in welcher Weise dem Gefürchteten entgehen. Sicherheit nun will besagen die Entfernung dieser Sorge, welche von der Furcht herrührt. Und sonach schließt die Sicherheit eine vollendete Beruhigung der Seele von aller Furcht ein; wie die Zuversicht eine gewisse Kraft der Hoffnung einschließt. Wie aber die Hoffnung direkt zur Hochherzigkeit gehört, so die Furcht direkt zur Stärke und somit gehört die Sicherheit unmittelbar zur Stärke und nicht zur Hochherzigkeit. Jedoch muss man dabei berücksichtigen, dass, wie die Hoffnung Ursache der Kühnheit ist, so die Furcht Ursache der Verzweiflung. (I., II. Kap. Art. 2.) Wie also die Zuversicht folgegemäß zur Stärke gehört, wenn auch nicht unmittelbar, insofern sie der Kühnheit sich bedient; so gehört folgegemäß die Sicherheit zur Hochherzigkeit, denn sie vertreibt die Verzweiflung.
c) I. Die Stärke wird nicht so sehr deshalb gelobt, weil sie die Furcht ausschließt; sondern weil sie eine gewisse Festigkeit den Leidenschaften gegenüber hervorbringt. Die Sicherheit also ist nicht dasselbe wie die Stärke sondern vielmehr eine Eigentümlichkeit derselben. II. Nur dann ist die Sicherheit lobenswert, wenn sie die Sorge in dem abwirft, wo man nicht besorgt sein soll. III. In den Tugenden liegt eine gewisse Ähnlichkeit mit der künftigen Seligkeit und eine Anteilnahme an derselben. (I., II. Kap. 5, Art. 3 u. 7) Also kann eine gewisse Sicherheit schon hier die Tugend selber begleiten, wenn auch die volle Sicherheit zum vollendeten Lohne der Tugend gehört.
Achter Artikel. Glücksgüter tragen bei zur Tugend der Hochherzigkeit.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. „Die Tugend genügt sich selbst.“ (Seneca l. de ira 9. ) Die Hochherzigkeit macht aber groß alle Tugenden. Also tragen Glücksgüter nicht zu ihr bei. II. Kein tugendhafter verachtet das, was ihm hilft. „Der hochherzige aber wird gelobt, weil seine Seele die äußeren Dinge verachtet;“ sagt Cicero (1. de offic. ) III. „Der hochherzige,“ so wieder Cicero, „soll das, was im Leben Bitteres kommt, in der Weise ertragen, dass er in nichts der Würde seiner Natur, der Würde des Weisen etwas vergibt.“ Und Aristoteles (4 Ethic. 5 „Der hochherzige trauert nicht in Unglücksfällen.“ Jeder aber trauert über die Entziehung dessen, was ihm hilft. Also helfen die Glücksgüter in nichts dem hochherzigen.
Auf der anderen Seite sagt Aristoteles (l. c. ): „Die Glücksgüter sind nützlich dem hochherzigen.“
b) Ich antworte, die Hochherzigkeit richte sich einerseits auf die Ehre als auf ihren Gegenstand, und andererseits auf etwas Großes wie auf den Zweck, den sie erreichen will. Und nach beiden Seiten hin tragen die Glücksgüter zur Hochherzigkeit bei. Denn weil den tugendhaften nicht nur von seiten der Weisen, sondern auch von seiten der Menge Ehre dargebracht wird; so folgt daraus, insofern die Menge solche äußere Güter sehr hoch schätzt, dass denen man mehr Ehre darbringt, welche mehr äußere Glücksgüter besitzen. Ebenso dienen letztere den Tätigkeiten der Tugenden und dem dadurch Bezweckten in der Art von Werkzeugen; denn durch Reichtum, Macht, Freunde ersteht für uns eine gewisse Leichtigkeit, Gutes wirken zu können.
c) I. Die Tugend genügt sich selbst, weil sie auch ohne solche äußere Güter sein kann. Sie bedarf aber deren, damit ihr Tätigsein leichter von statten gehe. II. Der hochherzige verachtet die äußeren Güter, weil er sie nicht für so groß hält, dass er dafür etwas Ungeziemendes machen möchte; er benützt sie aber, um leichter und schneller seinen Zweck zu erreichen. III. Wer etwas nicht für wichtig hält, freut sich nicht viel, wenn er es erlangt; und trauert nicht tief, wenn er dessen entbehrt. Weil also der hochherzige die äußeren Glücksgüter nicht für etwas Großes hält, erhebt er sich nicht über sich selbst, wenn er sie hat; und ist nicht sehr betrübt, wenn er deren entbehrt.
Nun gilt es über die Laster zu handeln, welche der Hochherzigkeit wegen des Übermaßes entgegengesetzt sind: 1. die Vermessenheit; 2. den Ehrgeiz; 3. die Eitelkeit. Also zuerst:
Erster Artikel. Vermessenheit ist eine Sünde.
a) Dies wird bestritten. Denn: I. Phil 3. sagt der Apostel: „Was hinter mir liegt, vergesse ich; auf das hin, was über mir ist, dehne ich mich aus.“ Danach aber zu streben, was über die eigenen Kräfte geht, scheint vermessen zu sein. Also ist Vermessenheit keine Sünde. II. 10 Ethic. 7 . sagt Aristoteles: „Nicht gemäß denen, die schmeicheln, soll der da Mensch ist an Menschlichem Gefallen haben, und der da sterblich ist an Vergänglichem, sondern insoweit er kann, soll er Unsterblichem sich zuwenden;“ — und 1 Metaph. : „Zu Göttlichem soll der Mensch sich möglichst wenden.“ Göttliches und Unsterbliches aber ist über dem Menschen. Also ist es Vermessenheit, danach zu streben. Nun ist dies löblich. Also ist Vermessenheit keine Sünde. III. 2 Kor 3. heißt es: „Wir genügen nicht dazu, auch nur etwas zu denken aus uns, wie wenn dies seinen Ursprung in uns hätte.“ Wäre also Vermessenheit, vermöge deren doch jemand nach dem strebt, wozu seine Kräfte nicht genügen, Sünde, so könnte der Mensch nicht einmal etwas Gutes erlaubterweise denken.
Auf der anderen Seite heißt es Sir 37.: „O ruchloseste Vermessenheit, von woher bist du geschaffen worden?“ wozu die Glosse bemerkt: „nämlich vom bösen Willen her.“ Also ist Vermessenheit Sünde, da sie vom bösen Willen kommt.
b) Ich antworte, da das, was gemäß der Natur besteht, geregelt ist durch die göttliche Vernunft, welche die menschliche Vernunft nachahmen soll, so sei Alles fehlerhaft und Sünde, was gemäß der Anordnung der menschlichen Vernunft gegen die Ordnung sich richtet, wie sie den natürlichen Dingen mitgeteilt worden. Dies aber findet sich gemeinhin in allen natürlichen Dingen, dass die Tätigkeit eines Dinges genau entspricht dem Maße der ihm entsprechenden wirkenden Kraft; und keine tätige Kraft in der Natur versucht, über den Bereich ihrer Möglichkeit hinaus tätig zu sein. Also ist es fehlerhaft und Sünde, wenn ein Mensch sich anschickt zu tun, was über seine Kräfte geht. Und dies gehört zum Wesenscharakter der Vermessenheit, wie der Name selbst anzeigt; denn der betreffende folgt nicht dem ihm und seinem Tätigsein gegebenen Maße, er vermisst sich.
c) I. Was nicht von einem natürlichen Dinge gewirkt werden kann, dazu kann immerhin dieses Ding ein leidendes, empfangendes Vermögen in sich haben; so hat die Luft nicht in sich die Kraft zu wärmen, kann sie aber vom Feuer her empfangen. Deshalb wäre es vermessen, wenn jemand, der nur eine unvollkommene Tugend hat, sogleich versuchen wollte, was der vollendeten Tugend eigen ist. Aber danach streben, dass er Fortschritte mache in der Tugend, das ist keine Sünde; und demgemäß spricht Paulus. II. Göttliches und Unsterbliches steht gemäß der Natur des Menschen über ihm. Er hat aber das Vermögen der Vernunft, wodurch er sich Unsterblichem und Göttlichem zuwenden kann. Er kann, und so meint dies Aristoteles, kraft der Vernunft und des Willens mit Gott vereinigt werden. III. „Was wir durch Freunde können, das können wir selbst.“ (3 Ethic. 3 .) Weil wir also Gutes tun und denken können kraft des göttlichen Beistandes, so geht dies nicht über unser Vermögen hinaus. Vermessen wäre es nur, wenn jemand ein gutes tugendhaftes Werk zu tun sich anschicken wollte ohne die Zuversicht auf den Beistand Gottes.
Zweiter Artikel
Die Vermessenheit steht im Gegensatze zur Hochherzigkeit gemäß dem „zu viel“.
a) Dies wird bestritten. Denn: I. Die Vermessenheit wird zu den Sünden gegen den heiligen Geist gezählt; diese aber stehen im Gegensatze zur Liebe. II. Die Hochherzigkeit macht, dass jemand sich großer Dinge für würdig hält. Vermessen aber ist jener, der etwas versucht über die eigene Kraft hinaus, wenn dies auch gering ist und Geringes verdient. Also ist da kein Gegensatz. III. Der hochherzige erachtet die äußeren Güter als etwas Geringes. „Die vermessenen aber verachten und beleidigen andere wegen ihrer Glücksgüter und meinen, dieselben seien etwas Großes.“ Also steht die Vermessenheit im Gegensatze zur Hochherzigkeit; nicht auf Grund eines Übermaßes oder des „zu viel“, sondern vielmehr auf Grund eines Mangels oder eines „zu wenig“.
Auf der anderen Seite sagt Aristoteles (2 Ethic. 7 .): „Der Hochherzigkeit steht als Übermaß gegenüber die Vermessenheit oder Aufgeblasenheit.“
b) Ich antworte, die Hochherzigkeit halte die rechte Mitte ein gemäß dem eigenen Vermögen im Streben und den eigenen Verhältnissen; sie strebt nach dem Größten, aber angemessen den eigenen Kräften. Dagegen strebt der vermessene wohl auch nach dem Größten, jedoch unangemessen seinen Kräften und Verhältnissen; und darin ist das „zu viel“ bei ihm, denn der hochherzige überschreitet diese Grenzen nicht.
c) I. Nur jene Vermessenheit, mit der jemand die Gerechtigkeit Gottes verachtet und in ungeregelter, freventlicher Weise auf die Barmherzigkeit Gottes baut, ist Sünde gegen den heiligen Geist. Und diese Vermessenheit steht auf Grund ihres Gegenstandes, der etwas Göttliches ist, im Gegensatze zur heiligen Liebe oder besser zur Gabe der Furcht, der es zueignet, Gott zu ehren. Insoweit nun eine solche Vermessenheit die Verhältnisse der eigenen Kraft beiseite lässt, ist auch sie der Hochherzigkeit entgegengesetzt. II. Wie die Hochherzigkeit, so strebt auch die Vermessenheit nach etwas Großem; denn man nennt nicht jenen einen sehr vermessenen, der nur in geringen Dingen seine Kräfte überschätzt. Wird jedoch ein solcher wirklich als vermessen bezeichnet, so ist diese Vermessenheit im Gegensatze zur Ehrliebe, welche auf kleinere Ehren sich richtet. III. Jeder, welcher etwas über seine Kräfte tut, überschätzt letztere. Dieser Irrtum kann ein zweifacher sein: 1. einzig und allein rücksichtlich des Umfanges, wie jemand meinen kann, er habe mehr Wissen, Fähigkeit etc. als er tatsächlich besitzt; — und 2. rücksichtlich der „Art“ seiner Kräfte; wenn jemand sich großer Ehren für wert hält auf Grund von Vorzügen, die dies nicht verdienen, wie auf Grund des Reichtums oder sonstiger Glücksgüter. Denn „die solche Güter ohne die Tugend besitzen, meinen ungerechterweise, sie seien großer Ehren wert und werden mit Unrecht als hochherzige bezeichnet.“ Auch ist ebenso bisweilen das, wonach jemand über seine Kräfte hinaus strebt, etwas in Wirklichkeit Großes; wie z. B. Petrus für Christo leiden wollte, was über seine Kräfte war. Bisweilen ist aber das so Erstrebte nicht der Wirklichkeit nach etwas Großes, sondern nur gemäß der Meinung der Thoren; wie z. B. jene, die kostbare Kleider haben, andere in Schatten stellen; was dann ein Übermaß ist gegenüber der Hochherzigkeit nicht zwar der Wirklichkeit, sondern nur der Meinung der Leute nach. Deshalb sagt Seneca (l. c.): „Wenn die Hochherzigkeit das Maß überschreitet, macht sie aus dem Menschen einen aufgeblasenen, einen Störenfried, unruhigen, der andere bedroht und in Alles, was gemäß den Worten oder Taten einigermaßen hervorragend ist, unter Beiseitelassung der Ehrbarkeit und des Anstandes in vermessener Übereilung sich stürzt.“ So kann der vermessene bisweilen der Wirklichkeit nach unter der Hochherzigkeit zurückbleiben; aber der Meinung der Leute, also dem äußeren Scheine nach, besitzt er ein Übermaß an Hochherzigkeit.
Erster Artikel. Der Ehrgeiz ist eine Sünde.
a) Das scheint nicht. Denn: I. Der Ehrgeiz ist ein Geizen nach Ehre. Die Ehre aber ist ein Gut; und werden jene getadelt, die sich nicht darum kümmern. II. Jeder kann begehren, was ihm als Lohn gebührt. Die Ehre aber ist der Lohn der Tugend. (1 Ethic. 12 .) III. Sünde kann nicht sein das, was zum Guten aneifert und vom Bösen abhält. Durch die Ehren aber werden die Menschen zum Guten angeeifert und vom Bösen abgehalten. Deshalb sagt Aristoteles (3 Ethic. 8 .): „Im höchsten Grade stark sind jene, bei denen die furchtsamen ohne Ehren, die starken geehrt sind;“ und Cicero (l. Tuscul. ): „Die Ehre ist die Nahrung der Künste.“
Auf der anderen Seite sagt Paulus (1 Kor 13.): „Die Liebe ist nicht ehrgeizig.“
b) Ich antworte, die Ehre sei eine gewisse Achtung, die man jemandem erweist zum Zeichen eines Vorzuges, den er besitzt. Nun hat aber 1. Mensch seine Vorzüge nicht von sich selbst, sondern von Gott; und somit gebührt Gott in erster Linie die entsprechende Ehre; — 2. soll er mit dem von Gott Verliehenen anderen nützen, so dass insoweit die erwiesene Ehre dem Menschen gefallen soll, als dieselbe ihm den Weg öffnet, anderen zu nützen In dreifacher Weise also kann das Verlangen nach Ehre ungeregelt sein: 1. insofern der Mensch Ehre verlangt, ohne den entsprechenden Vorzug zu besitzen; was da heißt Ehre über die bestehenden Kräfte verlangen; 2. wenn er die ihm erwiesene Ehre nicht auf Gott bezieht; — 3. wenn er an der Ehre allein sich sättigt und nicht an den Nutzen anderer denkt. Also ist der Ehrgeiz oder die ungeregelte Sucht nach Ehre Sünde.
c) I. Das Verlangen nach Gutem muss durch die Vernunft geregelt werden; und diese Regel lässt der Ehrgeizige beiseite. Getadelt wird, wer nicht um die Ehre sich kümmert in der Weise, wie die Vernunft es anordnet; der nämlich nicht das vermeidet, was Schande verdient. II. Die Ehre ist nicht Lohn der Tugend mit Rücksicht auf den tugendhaften, so dass dieser sie als Lohn erstreben sollte; dafür ist die Seligkeit der erstrebte Zweck der Tugenden. Aber es wird die Ehre als Lohn der Tugend bezeichnet mit Rücksicht auf die anderen, die nichts Höheres haben, um dem tugendhaften damit zu entgelten wie die Ehre; denn die Ehre hat eben darin ihren Wert, dass sie ein Zeugnis der Tugend ist. Also ist sie offenbar kein hinreichender Lohn. (4 Ethic. 3 .) III. Wie die Ehre, vernunftgemäß begehrt, zum Guten antreibt und vom Bösen abzieht; so ist ebenfalls die Ehre, ungebührend verlangt, Gelegenheit zum Bösen; — wenn jemand nämlich ganz unbekümmert darin ist, in welcher Weise er Ehre erlangt. Deshalb sagt Sallust (Catilina): „Ruhm, Ehre und Herrschaft werden gleichermaßen vom guten wie vom Feiglinge erstrebt. Jener aber bedient sich des rechten Weges; dieser der List und des Betruges, da wahre Vorzüge ihm fehlen.“ Jedoch sind auch jene, welche einzig im Hinblicke auf die Ehre das Gute tun und das Böse meiden, nicht tugendhaft: „Nicht sind wahrhaft stark, die nur um der Ehre willen Starkes tun.“ (3 Ethic. 8 .)
Zweiter Artikel. Der Ehrgeiz steht der Hochherzigkeit wegen des Übermaßes gegenüber.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Bereits die Vermessenheit ist ein „zu viel“ mit Rücksicht auf die Hochherzigkeit. Also steht nicht aus dem gleichen Grunde eine zweite Tugend, der Ehrgeiz, im Gegensatze zur Hochherzigkeit. II. Die Hochherzigkeit beschäftigt sich mit den Ehren; der Ehrgeiz mit Würden und hohen Stellungen, wie es 2 Makk 4,7 heißt: „Jason verlangte aus Ehrgeiz nach dem Hohenpriestertum.“ Also ist da kein Gegensatz. III. Der Ehrgeiz scheint zu der äußeren Schaustellung zu gehören, wie es Apg 25. heißt: „Agrippa und Berenice zogen mit großem Ehrgeize in die Stadt ein;“ und 2 Chr 16,14: „Über dem Körper des Asa verbrannten sie viele Salben und Rauchwerk mit großem Ehrgeize.“ Also ist da kein Gegensatz zur Hochherzigkeit.
Auf der anderen Seite sagt Cicero (1. de offic ): „Im selben Maße wie jemand durch Geistesgröße hervorragt, will er im höchsten Grade allein der erste unter den anderen sein.“ Das gehört aber zum Ehrgeize. Also bedeutet der Ehrgeiz ein Übermaß der Hochherzigkeit.
b) Ich antworte, der Ehrgeiz schließe ein das ungeregelte Begehren nach Ehre. Die Hochherzigkeit aber lehrt, die Ehren zu gebrauchen wie es sich gebührt. Also ist der Ehrgeiz im Gegensatze zur Hochherzigkeit wie das Ungeregelte zum Geregelten.
c) I. Die Hochherzigkeit berücksichtigt 1. etwas als ihren Zweck, nämlich das Hervorragende gemäß der vorhandenen Kraft des Vermögens; und danach steht ihr gegenüber die Vermessenheit, welche auf etwas Hervorragendes sich richtet, aber über die bestehende Kraft hinaus; — 2. berücksichtigt sie etwas als ihren Gegenstand, mit dem sie sich beschäftigt, nämlich die Ehre; und danach steht ihr entgegen der Ehrgeiz, gemäß dem man über Gebühr nach Ehre verlangt. II. Den mit irgend einer Würde bekleideten kommt gemäß ihrem hervorragenden Stande Ehre zu; und danach gehört die ungeregelte Begier nach Würden und Ämtern zum Ehrgeize. Wer nämlich ungeregelterweise eine Würde erstrebte, nicht um der Ehre willen; sondern um sie recht zu gebrauchen, während die Würde mit ihren Anforderungen seine Kräfte übersteigt; — der wäre nicht ehrgeizig, sondern vermessen. III. Die Feierlichkeit des äußeren Kultes gegenüber einer Person gehört auch zu einer gewissen Ehre. Deshalb heißt es Jak 2.: „Wenn in euere Versammlung tritt ein Mann mit goldenem Ringe und glänzendem Kleide; und ihr sagt ihm: „Setze dich hier.“… Also auch betreffs der äußeren Schaustellung und des äußeren Glanzes besteht kein Ehrgeiz außer in Beziehung auf die damit verbundene Ehre.
Erster Artikel. Die Ruhmsucht ist eine Sünde.
a) Dagegen spricht Folgendes: I. Darin dass der Mensch nach Ruhm strebt, ahmt er Gott nach, der von den Menschen Ruhm verlangt, nach Jes 43.: „Bringe meine Söhne von der Ferne her und meine Töchter von den Enden der Erde und jeden der meinen Namen anruft; zu meinem Ruhme habe ich ihn geschaffen.“ Gott aber nachahmen sollen wir nach Eph 5.: „Seid Nachahmer Gottes, wie überaus teure Söhne.“ Also ist Ruhmsucht keine Sünde. II. Durch die Ruhmsucht wird der Mensch zum Guten angeeifert. Denn Cicero (1. Tuscul. ) sagt: „Alle werden zu ihren Arbeiten entzündet durch den Ruhm.“ In der heiligen Schrift ebenfalls wird der Ruhm als Lohn versprochen für gute Werke (Röm 2.): „Denen, die gemäß der Geduld im guten Werke beharren, Ruhm und Ehre.“ Also ist in der Ruhmsucht keine Sünde. III. Cicero (2. de Inv.) sagt: „Der Ruhm ist weitverbreiteter Ruf der da mit Lob verbunden ist.“ Ebenso Augustin (3. cont. Maxim. 15.) „Der Ruhm ist weitverbreitete mit Lob verbundene Kenntnis.“ Einen guten Ruf aber zu erstreben, ist keine Sünde, sondern lobenswert, Sir 41.: „Sorge für einen guten Namen;“ und nach Röm 12.: „Wir tragen Vorsorge für das Gute nicht nur vor Gott, sondern auch vor allen Menschen.“ Also ist Ruhmsucht keine Sünde.
Auf der anderen Seite sagt Augustin (5. de civ. Dei 13. ): Heilsamer noch sieht jener, der da erkennt, auch die Liebe zum Lobe sei Sünde.“
b) Ich antworte, der Ruhm besage eine gewisse Herrlichkeit, weshalb nach Augustin (tract. 82. in Joan. ) „Ruhmreich-werden dasselbe ist wie Verherrlicht-werden.“ Herrlichkeit aber und Glanz schließen eine gewisse Offenbarmachung ein. Und deshalb besagt der Ausdruck „Ruhm“ im eigentlichen Sinne eine Offenbarmachung von etwas, was bei den Menschen als glänzend oder geziemend gilt; sei dies etwas Körperliches oder etwas Geistiges. Weil aber das, was schlechthin glanzvoll ist, von vielen und auch von fernstehenden erblickt werden kann; deshalb bezeichnet im eigentlichen Sinne der Ausdruck „Ruhm“, dass das in jemandem bestehende Gute zur Kenntnis und zur Billigung vieler kommt, wie Sallust (Catilina) sagt: „Ruhm genießen bei einem einzigen geht nicht gut an.“ Wird nun der Ausdruck „Ruhm“ im weiteren Sinne genommen, so besteht der Ruhm nicht nur in der Kenntnis vieler, sondern auch in der Kenntnis weniger oder eines einzigen oder auch des betreffenden selber allein; insofern nämlich jemand das in ihm befindliche Gute als lobwürdig betrachtet. Dass aber jemand das in ihm befindliche Gute kennt und billigt, ist nicht tadelnswert; nach 1 Kor 2.: „Wir aber haben nicht den Geist dieser Welt empfangen, sondern einen Geist, der aus Gott ist, damit wir wissen, welche Gaben uns geworden sind.“ Auch ist es keine Sünde, dass jemand seine guten Werke anerkannt wissen will, nach Mt 5.: „Lasset euer Licht leuchten vor den Menschen.“ Das Verlangen also nach Ruhm ist an sich nichts Fehlerhaftes; aber das Begehren nach eitlem oder leerem Ruhme ist eine Sünde, wie alles Eitle sündhaft ist, nach Ps 4 .: „Was liebt ihr die Eitelkeit und suchet nach Lüge.“ Eitel nun wird der Ruhm genannt in dreifacher Weise: 1. von seiten der Sache her; wie wenn jemand Ruhm sucht auf Grund einer Sache, die keinen Ruhm verdient, wie dies bei hinfälligen, vergänglichen Dingen der Fall ist; — 2. von seiten desjenigen her, von dem jemand Ruhm sucht; nämlich von einem Menschen, dessen Urteil ja kein zuverlässiges ist; — 3. von seiten dessen her, der Ruhm sucht; wenn er nämlich was er tut nicht zum gehörigen Zwecke, zu Gottes Ehre oder zu des Nächsten Heile, hinlenkt.
1. Augustin bemerkt zu Joh 13. (Vos vocatis me): „Gefahrvoll ist es, sich selber zu gefallen; denn man muss sich da hüten, nicht hochmütig zu werden. Der aber über Alles ist, der kann sich loben soviel Er will; Er erhebt sich nicht über sich selbst. Uns nämlich nützt es, Gott zu kennen, nicht Gott ist dies von Nutzen; und niemand kann Ihn erkennen, wenn Er sich nicht selber vorstellt, der ja Alles kennt.“ Gott also sucht seinen Ruhm nicht um Seinetwillen, sondern zu unserem Nutzen. Und so kann auch der Mensch lobwerterweise seinen Ruhm erstreben um des Nutzens der anderen willen, nach Mt 5.: „Sie sollen sehen euere guten Werke und preisen eueren Vater, der im Himmel ist.“ II. Der Ruhm, der von Gott kommt, ist kein leerer, eitler; sondern der wahre; — und solcher Ruhm wird als Lohn versprochen. Von ihm heißt es 2 Kor 10.: „Wer sich rühmt, der rühme sich im Herrn; denn nicht wer sich selbst empfiehlt ist erprobt, sondern wen Gott empfiehlt.“ Auch durch die Aussicht auf weltlichen Ruhm werden manche zu Tugendwerken angeeifert, wie ja auch durch das Verlangen nach zeitlichen Gütern. Wer jedoch wegen weltlichen Ruhmes tätig ist, der ist nicht wahrhaft tugendhaft, wie Augustin beweist. (5. de civ. Dei 12. ) III. Dass der Mensch sich selbst kennt, gehört zur Vollkommenheit; dass er aber von anderen gekannt wird, das gehört nicht zur Vollkommenheit; und sonach muss man nicht an und für sich danach streben. Es kann jedoch danach gestrebt werden, insoweit es zu etwas nützlich ist; nämlich dass Gott von den Menschen verherrlicht werde; oder dass die Mitmenschen Fortschritte machen im Guten, wenn sie das Gute im anderen erblicken; oder dass der betreffende Mensch kraft des Zeugnisses des Lobes, das er erhalten, nun um so mehr im Guten verharrt und zu Besserem fortschreitet. Und danach kann er lobenswerterweise Sorge tragen für einen guten Namen und dass er für Gutes vorsorge vor Gott und den Menschen; nicht aber damit er am Lobe der Menschen sich eitel ergötze.
Zweiter Artikel. Der eitle Ruhm steht im Gegensatze zur Hochherzigkeit.
a) Dies wird nicht zugelassen. Denn: I. Zum eitlen Ruhme gehört, dass jemand sich rühme auf Grund dessen, was er nicht ist; und dies ist Falschheit; — oder auf Grund irdischer, hinfälliger Dinge; und das ist Begierde; — oder auf Grund des Zeugnisses der Menschen, deren Urteil in jedem Falle unzuverlässig ist; und das ist Unklugheit. Da besteht also kein Gegensatz zur Hochherzigkeit. II. Der eitle Ruhm ist der Hochherzigkeit nicht entgegengesetzt auf Grund des „zu wenig“, wie der Kleinmut, welcher dem eitlen Ruhme widerstreitet; — ebenso nicht auf Grund des „zu viel“; denn so steht der Hochherzigkeit gegenüber der Ehrgeiz und die Vermessenheit. Also besteht kein Gegensatz zwischen der Hochherzigkeit und dem eitlen Ruhme. III. Zu Phil 2. (Nihil per contentionem) sagt Ambrosius: „Es gab unter ihnen einige widersprechende, unruhige, die da Streit machten aus eitlem Ruhme.“ Der Streit aber steht nicht im Gegensatze zur Hochherzigkeit.
Auf der anderen Seite sagt Cicero (1. de offic. ): „Man muss sich vor der Ruhmgier hüten; denn sie nimmt dem Geiste die Freiheit, für welche ein hochherziger Mann streiten muss.“ Also ist der eitle Ruhm entgegen der Hochherzigkeit.
b) Ich antworte, der Ruhm sei eine gewisse Wirkung der Ehre und des Lobes; denn eben weil jemand gelobt oder geehrt wird, wird er bekannt bei anderen. Und weil nun die Hochherzigkeit sich mit den Ehren befasst, so beschäftigt sie sich auch folgerichtig mit dem Ruhme; dass nämlich, wie jemand in maßvoller Weise der Ehre gegenüber, er sich ebenso verhält dem Ruhme gegenüber. Also steht die Regellosigkeit in der Begierde nach Ruhm unmittelbar der Hochherzigkeit gegenüber.
c) I. Dies eben widerstreitet der Hochherzigkeit, dass jemand geringe Dinge soweit hochschätzt, um sich deren zu rühmen: „Dem hochherzigen erscheint gering die Ehre;“ heißt es 4 Ethic. 3 . Auch was um der Ehre willen gesucht wird, wie Macht und Reichtum, wird von ihm geringgeschätzt. Ebenso widerstreitet dies dem hochherzigen, dass sich jemand rühmt dessen, was in Wirklichkeit nicht ist: „Mehr trägt der hochherzige Sorge für die Wahrheit, wie für die Meinung der Leute“ (l. c.). Dasselbe gilt vom menschlichen Lobe als dem Zeugnisse guter Werke: „Der hochherzige bekümmert sich nicht darum, dass er gelobt werde“ (L. c.). Mögen also die erwähnten Dinge anderen Tugenden immerhin entgegengesetzt sein; dies hindert nicht, dass sie der Hochherzigkeit gegenüberstehen, insoweit der hochherzige Jenes für gering achtet, was der eitle für groß hält. II. Der nach eitlem Ruhme begierige bleibt gemäß der wirklichen Sachlage unter dem hochherzigen zurück; denn er rühmt sich dessen, was dieser für gering achtet. Aber gemäß der Anschauungsweise des ruhmsüchtigen ist ein Übermaß vorhanden; denn er selber erachtet den ersehnten Ruhm für etwas Großes und strebt danach mehr als es seine Verdienste und Vorzüge mit sich bringen. III. Die Wirkung bildet nicht den Grund für den Gegensatz der Laster. Und doch widerstreitet wieder dieses selbst der Hochherzigkeit, dass jemand Streit beabsichtigt. Denn keiner streitet, wenn ihm nicht der Gegenstand des Streites als etwas Großes erscheint. Daher heißt es l. c.: „Der hochherzige ist nicht streitsüchtig, denn nichts erscheint ihm als etwas Großes.“
Dritter Artikel. Der eitle Ruhm ist an sich keine Todsünde.
a) Das Gegenteil scheint wahr. Denn: I. Nur die Todsünde schließt vom Himmel aus. Mt 6. aber heißt es: „Gebet acht, dass ihr euere Gerechtigkeit nicht vor den Menschen tut, damit ihr von ihnen gesehen werdet; sonst werdet ihr keinen Lohn haben bei euerem Vater, der im Himmel ist.“ II. Durch die eitle Ruhmsucht maßt sich jemand an, was Gottes ist, nach Jes 42.: „Meinen Ruhm werde ich keinem anderen geben;“ und 1 Tim 1.: „Gott allein der Ruhm.“ Das ist aber schwere Sünde. III. Die eitle Ruhmgier ist eine höchst gefährliche Sünde. Denn zu 1 Thess 2. sagt Augustin (ep. 22. ): „Wie viele verschiedenartige Kräfte um zu schaden die eitle Ruhmgier besitzt, empfindet nur jener, der ihr steten Krieg angesagt hat. Denn es mag noch leicht sein, das Lob nicht zu wünschen, was verweigert wird; aber schwer ist es, daran sich nicht zu erfreuen, wenn es dargeboten wird.“ Ebenso Chrysostomus zu Mt 6. (hom. 19. ): „Der eitle Ruhm tritt heimlich ein und unmerkbar nimmt er Alles fort, was an Gutem drinnen sich findet.“ Also ist der eitle Ruhm eine Todsünde.
Auf der anderen Seite sagt Chrysostomus (ap. imp. hom. 13.): „Während die anderen Sünden sich finden in den Knechten des Teufels, ist der eitle Ruhm auch in den Dienern Christi,“ denen nämlich keine Todsünde innewohnt.
b) Ich antworte, Todsünde sei eine Sünde auf Grund ihres Gegensatzes zur heiligen Liebe. Mit Rücksicht auf die Nächstenliebe nun scheint der eitle Ruhm nicht der heiligen Liebe gegenüberzustehen. Mit Rücksicht auf die Liebe zu Gott aber kann dies in zweifacher Weise der Fall sein: 1. Auf Grund des Gegenstandes, dessen man sich rühmt; wenn jemand etwas Falsches sich zum Ruhme anrechnet, was der Ehre Gottes widerstreitet; wie Hes 28. gesagt wird: „Dein Herz hat sich erhoben; und gesagt hast du: Ich bin Gott“ und 1 Kor 4.: „Was hast du, was du nicht empfangen hättest; hast du es aber empfangen, was rühmst du dich, als ob du es nicht empfangen hättest?“ — oder wenn man etwas Zeitliches Gott vorzieht, was Jer 9. verboten wird: „Es rühme sich der weise nicht in seiner Weisheit und der starke nicht in seiner Kraft und der reiche nicht in seinem Reichtum; dessen aber rühme sich der, welcher sich rühmt, dass er mich weiß und kennt;“ — oder wenn man das Zeugnis der Menschen dem Gottes vorzieht, nach Joh 12.: „Die da liebten mehr den Ruhm vor den Menschen wie den vor Gott.“ 2. Auf Grund desjenigen, der sich rühmt und der im Ruhme seinen letzten Endzweck sieht, zu welchem hin er alles Andere, was er tut, bezieht und um dessentwillen er selbst davon nicht ablässt, zu tun, was gegen Gott ist. Deshalb sagt Augustin (5. de civ. Dei 14. ): „Diese Sünde,“ nämlich die Sucht nach Menschenlob, „ist, wenn im Herzen größer ist die Ruhmgier wie die Gottesfurcht und Gottesliebe, dem wahren Glauben so feindlich, dass der Herr (Joh 5.) sagte: Wie könnt ihr glauben, die ihr doch Ruhm von euch gegenseitig erwartet und den Ruhm, der von Gott allein kommt, nicht suchet.“ Also ist in diesen beiden Fällen die eitle Ruhmsucht Todsünde. Treten diese beiden Fälle aber nicht ein; d. h. ist sie nicht gegen die Liebe Gottes weder auf Grund des Gegenstandes, um dessentwillen man sich rühmt, noch auf Grund der Absicht des ruhmsüchtigen; so ist da lässliche Sünde.
c) I. Keiner verdient durch irgend welche Sünde das ewige Leben. Das tugendhafte Werk also verliert die Kraft, das ewige Leben zu verdienen, wenn es aus eitlem Ruhme geschieht; mag auch dieser eitle Ruhm keine Todsünde sein. Verliert aber jemand das ewige Leben überhaupt wegen des eitlen Ruhmes und nicht bloß das Verdienst eines einzelnen Aktes, so ist der eitle Ruhm schwere Sünde. II. Nicht jeglicher eitle will jenes Hervorragende, was Gott allein zukommt. Ein anderer Ruhm gebührt Gott allein und ein anderer dem tugendhaften oder reichen Menschen. III. Nicht allein weil sie manchmal schwere Sünde ist, sondern auch weil sie zu anderen Sünden den Weg bahnt, ist die eitle Ruhmsucht gefahrvoll. Denn durch dieselbe wird der Mensch vermessen, gewinnt zu große Zuversicht zu sich selbst; und wird so dazu vorbereitet, dass er seine inneren Güter verliert.
Vierter Artikel. Der eitle Ruhm ist eine Hauptsünde.
a) Das scheint nicht. Denn: I. Der eitle Ruhm kommt immer vom Hochmute; also ist er keine Hauptsünde. II. Die Ehre scheint dem Ruhme voranzustehen, der ja nur ihre Wirkung ist. Der Ehrgeiz aber ist keine Hauptsünde; also noch weniger die eitle Ruhmsucht. III. Eine Hauptsünde muss in irgend etwas hervorragen. Der eitle Ruhm aber ragt nicht hervor als Sünde, denn er ist nicht immer Todsünde; und auch nicht mit Bezug auf seinen Gegenstand, denn der Ruhm ist etwas Hinfälliges.
Auf der anderen Seite nennt Gregor (31. moral. 17 .) den eitlen Ruhm eine Todsünde.
b) Ich antworte: manche setzen den Stolz als Hauptsünde an und demgemäß nicht die eitle Ruhmsucht. Gregor aber nennt den Stolz den König aller Laster und die eitle Ruhmsucht betrachtet er als Hauptsünde. Und das mit Grund: Denn der Stolz (vgl. unten Kap. 162) schließt das ungeordnete Begehren nach einem Vorrange ein. Aus jedem Gute aber, was jemand begehrt, folgt ein gewisser Vorrang. Und somit ist der Zweck des Stolzes zugleich der Zweck aller Sünden. Danach hat also der Stolz eine gewisse Kraft, alle Sünden zu verursachen und darf demgemäß nicht unter die besonderen Prinzipien von Sünden gesetzt werden. Unter den Gütern aber, wodurch der Mensch einen gewissen Vorrang gewinnt, steht voran der Ruhm, insoweit er die Offenbarmachung der Vorzüge jemandes besagt; denn das Gute, auf dem ja die Vorzüge beruhen, wird kraft der Natur von allen geliebt und geehrt. Wie also der Mensch kraft des Ruhmes, den er vor Gott hat, einen Vorrang erreicht in göttlichen Dingen, so erreicht er durch den Ruhm vor den Menschen einen Vorrang in menschlichen Dingen. Und sonach ist der Ruhm, weil er so nahe steht dem Vorrange, welchen die Menschen im höchsten Grade erstreben, im höchsten Grade begehrbar. Da zudem aus der ungeregelten Sehnsucht danach viele Sünden entspringen, so ist die Ruhmsucht eine Hauptsünde.
c) I. Der Stolz ist der König und der Quell aller Sünden. II. Lob und Ehre haben den Ruhm zur Wirkung; und somit ist der Ruhm für sie wie der Zweck. Denn deshalb will jemand gelobt und geehrt werden, damit er bei vielen bekannt werde. III. Der eitle Ruhm hat den Charakter von etwas in erster Linie Begehrenswertem; und das genügt für die Natur einer Hauptsünde. Dazu ist nicht notwendig, dass die eitle Ruhmsucht immer Todsünde sei; denn auch aus einer lässlichen Sünde kann eine Todsünde entspringen, insofern die lässliche Sünde dazu den Weg bahnt.
Fünfter Artikel. Die Kinder der eitlen Ruhmgier sind: der Ungehorsam, die Prahlerei, die Heuchelei, der Streit, die Hartnäckigkeit, die Zwietracht, die Vermessenheit zu neuern.
a) Diese Aufzählung (Gregor. 31. moral. 17 .) genügt nicht. Denn: I. 23. moral. 4 . setzt Gregor die Prahlerei unter die Kinder des Stolzes. Die eitle Ruhmgier aber ist nicht die Quelle des Stolzes, sondern umgekehrt. II. Streit und Zwietracht kommen vom Zorne, auch einer Hauptsünde. III. Nach Chrysostomus (in Mt 19. ) ist in der Menschenfreundlichkeit oder Barmherzigkeit der eitle Ruhm besonders ein Übel; diese ist aber nichts Neues, sondern etwas Altgewohntes. Also ist die Vermessenheit in den Neuerungen kein Kind des eitlen Ruhmes.
Auf der anderen Seite steht die Autorität Gregors. (31. moral. 17 .)
b) Ich antworte, jene Sünden werden als Kinder einer Hauptsünde betrachtet, welche an und für sich dazu da sind, um zur Erreichung des Zweckes der Hauptsünde mitbeizutragen. Der Zweck nun der eitlen Ruhmgier ist die Offenbarmachung der eigenen Vorzüge. Nach solcher Offenbarmachung kann aber der Mensch streben: 1. direkt durch Worte und das ist
c) Prahlerei; oder durch Tatsachen und so ist
d) die Vermessenheit in Neuerungen, falls die Tatsachen in Wirklichkeit bestehen, denn das Neue wird bewundert,
e) die Heuchelei, falls die Tatsachen nicht bestehen; — 2. indirekt oder mittelbar, indem der Mensch zeigt, er sei nicht geringer wie der andere und das geschieht:
f) mit Rücksicht auf die Vernunft; und so besteht die Hartnäckigkeit, kraft deren jemand zu sehr auf die eigene Meinung sich verlässt, überzeugt, die andere sei nicht besser; —
g) mit Rücksicht auf den Willen; und so besteht die Zwietracht, wenn jemand von seinem Willen nicht ablassen will, um mit anderen einträchtig zu leben; —
h) mit Rücksicht auf die Rede; und so ist der Streit, wenn jemand schreiend dem anderen widerstreitet; —
i) mit Rücksicht auf die Tat; und so ist der Ungehorsam, wenn nämlich jemand der Vorschrift des Vorgesetzten nicht folgen will.
j) I. Mit Rücksicht auf die innere Ursache, die Anmaßung, ist die Prahlerei eine Tochter des Stolzes. Die Prahlerei selbst aber, soweit sie nach außen tritt, hat manchmal zum Zwecke Geldgewinn, sehr oft jedoch Ehre und Ruhm; und danach entspringt sie der eitlen Ruhmsucht. II. Der Zorn verursacht Zwietracht und Streit, nur insoweit die eitle Ruhmgier ihn begleitet; denn es meint der Mensch etwas Ruhmvolles zu tun, wenn er den Worten oder dem Willen anderer nicht nachgibt. III. Die Eitelkeit wird besonders in den Werken der Barmherzigkeit getadelt wegen des Mangels an heiliger Liebe; insofern jemand den eitlen Ruhm vorzieht dem Nutzen der Mitmenschen, da er diesen dem eitlen Ruhme dienen lässt. Nicht aber wird jemand deshalb getadelt, weil er sich vermisst, Almosen wie etwas ganz Neues zu geben.