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Seit mehr als 30 Jahren ist Sebastian Thiel Marathonläufer und Triathlet. Fast von Beginn an berichtet er in Briefen an einen Freund von seinen Wettkämpfen; angefangen von einem Extremlauf über knapp 70 Kilometer in den Schweizer Bergen, über Ironman-Triathlons bis hin zu Teilnahmen am Triple-Ultra-Triathlon, bei denen er 11,4 Kilometer schwamm, 540 Kilometer Rad fuhr und 126,6 Kilometer lief. In den Briefen schreibt Sebastian Thiel nicht nur über die sportlichen Aspekte wie Zeiten und Platzierungen, sondern mehr auch über sehr persönliche Dinge, die ihn zur Teilnahme an diesen extremen Ausdauerbelastungen motivieren. Im vorliegenden Bericht schreibt er über seine Vorbereitung und Teilnahme am Swiss Alpine Marathon in Davos 2010, einem Extremlauf über 78 Kilometer, dort, wo er 17 Jahre zuvor auch seinen ersten Ultralauf absolvierte.
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Seitenzahl: 23
Swiss Alpine Marathon Davos 2010
[...] Was hat es für einen Sinn, hier zu laufen? Man hat nichts davon, in der wunderschönen Alpenwelt zu sein, weil man doch nur auf den Weg vor sich starrt, um nicht auf die Fresse zu fallen. Und ist es nicht viel schöner vom Tal auf den Berg hinauf zu schauen, als vom Berg hinab ins Tal? [...]
Berlin, den 7. August 2010
Lieber B.!
Ich bin leer, ich war leer. Du bist es gewöhnt, dass ich Dir ein oder zwei Tage nach einem Rennen schreibe. Das ging diesmal nicht. In dem Buch, das ich z. Zt. lese (Extrem laut und unglaublich nah von Jonathan Safran Foer), ist ein Neunjähriger der Ich-Erzähler. „Hammerhart“ und „krass“ sind seine Lieblingswörter. Hammerhart und krass war auch dieser Lauf. In der Nacht danach habe ich den Lauf phasenweise noch einmal durchgemacht und schlief furchtbar schlecht. Immerhin habe ich mir am Morgen ein paar Gedanken notiert und so hoffe ich, dass ich jetzt alles einigermaßen geordnet zu Papier bringen kann.
Rupert hatte die Idee, in diesem Jahr beim Swiss Alpine Marathon in Davos mitzulaufen. In den letzten Wochen konnte er aber nicht ausreichend trainieren und entschied sich für einen Start beim Marathon, auf dem zweiten Teil der 78 Kilometer langen Strecke, die ich in Angriff nahm. Vielleicht erinnerst Du Dich, dass ich mit diesem Lauf meine Ultralauferei begonnen habe und dass ich Dir danach den ersten Brief schrieb. Vor 17 Jahren. Damals war der Lauf noch 67 Kilometer lang und neben dieser Strecke konnte man die ersten 28 oder die folgenden 39 Kilometer mitlaufen, was ich in den Jahren davor tat. Inzwischen also ist der Lauf elf Kilometer länger und aus dem Sertiglauf über 39 Kilometer wurde der Marathon, den Rupert lief.
Er und seine Freundin brachten mich zum Start in Davos. Um acht Uhr ging es los. Auf den ersten Kilometern hatte ich keine besonderen Gefühle. Die Gedanken davor waren, dass ich den fünf Kilometer kürzeren Rennsteiglauf in 8:43 Stunden gelaufen war und hier, weil es auch mehr Höhenmeter zu bewältigen gab, etwa eine Stunde länger brauchen würde. Auf den ersten sechs Kilometern lief man sich in Davos ein, verließ dann die Stadt und war schon auf einem anderen Weg als damals. Aber die Richtung war die gleiche. Es ging über Monstein, Wiesen und Filisur bis Bergün und erst ab dort war die Strecke komplett gegenüber der abgeändert, die ich 1993 gelaufen war. Sie führte nicht mehr über den Sertigpass auf 2700 Metern Höhe, sondern über die Keschhütte auf 2600 Meter, dann über sieben Kilometer einen Panoramaweg entlang bis zum Scalettapass auf fast gleicher Höhe und von dort ab nach Davos ins Ziel.