Tarnished Empire - Ava Harrison - E-Book
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Tarnished Empire E-Book

Ava Harrison

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Beschreibung

Deshalb ist sie so gefährlich. Sie ist die weibliche Version von mir.

Alaric kann nicht vergessen, was seiner Familie vor Jahren angetan wurde. Seither leitet er die Geschäfte und hat nur das eine Ziel: Rache für seinen Bruder. Es passt perfekt in seinen Plan, dass die Tochter seines größten Feindes ihn heimlich ausspionieren und ihren Vater vor ihm beschützen möchte. Doch Alaric weiß von ihrem Vorhaben und nutzt dieses Wissen für sich. Das Liebste, das sein Widersacher besitzt, ist nun alleine mit ihm auf seiner Yacht. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse und Alaric weiß bald nicht mehr, wer Feind, wer Freund und wer sein Schicksal ist …

USA Today-Bestsellerautorin Ava Harrison endlich auch auf Deutsch erhältlich! Alle Titel der "Corrupt Empire" Reihe können unabhängig voneinander gelesen werden. 

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Liebe Leserin, lieber Leser,

Danke, dass Sie sich für einen Titel von »more – Immer mit Liebe« entschieden haben.

Unsere Bücher suchen wir mit sehr viel Liebe, Leidenschaft und Begeisterung aus und hoffen, dass sie Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern und Freude im Herzen bringen.

Wir wünschen viel Vergnügen.

Ihr »more – Immer mit Liebe« –Team

Über das Buch

Deshalb ist sie so gefährlich. Sie ist die weibliche Version von mir.

Alaric kann nicht vergessen, was seiner Familie vor Jahren angetan wurde. Seither leitet er die Geschäfte und hat nur das eine Ziel: Rache für seinen Bruder. Es passt perfekt in seinen Plan, dass die Tochter seines größten Feindes ihn heimlich ausspionieren und ihren Vater vor ihm beschützen möchte. Doch Alaric weiß von ihrem Vorhaben und nutzt dieses Wissen für sich. Das Liebste, das sein Widersacher besitzt, ist nun alleine mit ihm auf seiner Yacht. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse und Alaric weiß bald nicht mehr, wer Feind, wer Freund und wer sein Schicksal ist …

USA Today Bstsellerautorin Ava Harrison endlich auch auf Deutsch erhältlich! Alle Titel der »Corrupt Empire« Reihe können unabhängig voneinander gelesen werden.

Über Ava Harrison

USA Today Bestsellerautorin Ava Harrison liebt das Schreiben. Wenn sie sich nicht gerade neue Romances ausdenkt, kann man sie bei einem ausgiebigen Schaufensterbummel, beim Kochen für ihre Familie oder mit einem Buch auf der Couch antreffen.

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Ava Harrison

Tarnished Empire

Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Ivonne Senn

Meiner Mom gewidmet.

Danke, dass du mir immer zuhörst, wenn ich dir von meinen verrückten Plotideen erzähle.

Bitte überspringe alle Szenen, in denen die Charaktere … einander küssen.

Die eigene Dunkelheit zu kennen, ist die beste Methode, um mit Schattenseiten anderer Menschen umzugehen.

- Carl Gustav Jung

Inhaltsübersicht

Informationen zum Buch

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Prolog

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

33. Kapitel

34. Kapitel

35. Kapitel

36. Kapitel

37. Kapitel

38. Kapitel

39. Kapitel

40. Kapitel

41. Kapitel

42. Kapitel

43. Kapitel

44. Kapitel

45. Kapitel

46. Kapitel

47. Kapitel

48. Kapitel

49. Kapitel

50. Kapitel

51. Kapitel

52. Kapitel

53. Kapitel

54. Kapitel

Epilog

Danksagung

Impressum

Prolog

Alaric

Das Leben ist verdammt gut zu mir.

Meine Geschäfte florieren. Ich habe mehr als genug Geld. Es steht immer ein williges Mädchen bereit, um mich zu unterhalten. Und heute Abend habe ich einen Geschäftstermin, der meinem Leben eine komplett neue Richtung geben könnte.

In der Stadt kursiert das Gerücht, dass Michael Lawrence sich zur Ruhe setzen will. Als ich das gehört habe, habe ich sofort ein Treffen arrangiert. Offenbar will er verkaufen, wenn der Preis stimmt, was ein Grund zum Feiern ist. Er ist der größte Waffenhändler der südlichen Hemisphäre.

Die honigfarbene Flüssigkeit auf der anderen Seite meines Schreibtisches ist verlockend. Ich lehne mich in meinem Stuhl vor und greife nach der Karaffe, die dank meiner Angestellten immer gut gefüllt ist.

Die Information klingt beinahe zu gut, um wahr zu sein, aber es ist genau das, was ich brauche, um die nächsthöhere Stufe zu erreichen. Um das ins Schwimmen geratene Unternehmen, das mein Vater mir nach seinem Tod vor ein paar Jahren hinterlassen hat, zu meinem eigenen zu machen.

Der Mensch zeigt einem immer das wahre Gesicht, man muss nur genau hinsehen. Das habe ich bei meinem Vater nicht getan.

Was eine sehr lehrreiche Lektion war.

Eine, die ich nie vergessen werde.

Aber die ganze Wut der Welt kann die Vergangenheit nicht ändern, also muss ich stattdessen in die Zukunft schauen.

Ich hänge meinen Gedanken nach, bis ein Geräusch von der anderen Seite des Raumes mich aufschauen lässt. Die Tür zu meinem Büro schwingt auf und mein Bruder Damian kommt herein.

Wir haben uns seit einer gefühlten Ewigkeit nicht gesehen.

Er sieht anders aus. Älter. Seine dunklen Augen sind die gleichen – meine sind im Gegensatz ganz hell –, aber seine Haare sind länger und zerzaust. Genau wie ich sieht er immer so aus, als wäre er gerade aus dem Bett gestiegen, aber heute ist da noch mehr.

Er wirkt, als wäre es ihm egal.

Er kommt auf meinen Schreibtisch zu, als gehöre ihm der Laden. Die Hände in die Hosentaschen vergraben neigt er den Kopf und fragt: »Um wie viel Uhr ist das Meeting?«

Trotz seiner permanenten Abwesenheit halte ich ihn über meine Geschäfte auf dem Laufenden.

»In einer Stunde.«

Er verzieht missbilligend den Mund. »Bist du dir sicher, dass du das machen willst?«

»Ja.«

»Meinst du nicht …«

Ich hebe eine Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. »Damian, wenn du dein eigenes Unternehmen leitest, kannst du tun, was für dich das Beste ist. Das hier aber ist mein Laden, und dieser Schritt ist genau das, was wir brauchen.« Das war ein Tiefschlag, selbst für mich.

Vor Jahren, als mein Vater noch lebte und Damians Handeln wichtig war, war er leichtsinnig. Seine frühen Lebensjahre hat er damit verbracht, Dinge zu tun, die er nicht hätte tun sollen. Dadurch hat er alles verloren.

Was sein Leben hätte sein sollen, ist nun meines. Dafür hasst er mich, und ich kann es ihm nicht vorwerfen. Ich hasse mich auch. Ich habe ihm sein Geburtsrecht genommen.

Aber sein Verlust ist mein Gewinn. Zumindest hat mein Vater das zu mir gesagt, als er mir die Schlüssel zu dem halb verfallenen Schloss überreicht hat.

Mein Vater war immer schnell dabei, mir zu versichern, dass es nicht meine Schuld sei, sondern Damians. Er habe das alles verdient, weil er eine Frau über die Familie gestellt hätte. Als er hätte arbeiten sollen, hat er an einem gebrochenen Herzen gelitten. Wegen einer verlorenen Liebe, die nie seine war.

In der Welt, in der ich lebe, gibt es keine Zeit für die Liebe. Und keinen Platz.

Ich war immer der Sandsack meines Vaters und habe deshalb früh gelernt, niemals Schwäche zu zeigen.

Das Wichtigste ist das »Geschäft«.

Die Familie kommt an zweiter Stelle.

Und eine Frau …

Die hatte er nicht mal auf dem Radar.

Meine Mutter war nach ihrem Weggang schnell vergessen. Nachdem mein Vater sie nicht nur einmal, sondern zweimal geschwängert hatte, war sie sehr zufrieden damit, sich mit einem dicken Batzen Bargeld aus dem Staub zu machen.

Damian ist ein Idiot, der zugelassen hat, dass Gefühle sich ihm in den Weg stellen. Als mein Vater gestorben ist, waren Drogen und Alkohol Damians einzige Freunde.

Doch selbst wenn er nie anwesend ist, arbeitet er für mich.

»Lawrence könnte etwas planen«, sagt er jetzt.

Ich zucke mit den Schultern. »Der alte Mann hat keine Lust mehr.«

»Hast du je daran gedacht, dass es eine Falle sein könnte?«

Seine Frage trifft mich unerwartet. Es passiert nur selten, dass jemand mein Urteil infrage stellt, und schon gar nicht mein Bruder.

»Nein«, erwidere ich mit fester Stimme.

Damian schweigt einen Moment, doch dann streckt er die Hände aus und legt sie auf meinen Schreibtisch. Seine Finger klopfen einen schnellen Rhythmus. Ich frage mich, ob er sich dessen bewusst ist. Diesen nervösen Tick hatte er schon immer.

Ich neige den Kopf und warte darauf, dass er das sagt, was er offensichtlich so dringend loswerden will.

»Du solltest aber darüber nachdenken. Man kann nie wissen, wem man trauen kann.«

Seine Worte treffen mich. Erreichen ihr anvisiertes Ziel. Aber auch wenn es mir nicht egal ist, auch wenn ich mich schuldig fühle wegen der Rolle, die ich bei seiner Verbannung aus der Firma gespielt habe, reagiere ich nicht auf seine Spitze.

Stattdessen verenge ich die Augen zu Schlitzen und sehe ihn an. »Willst du für mich hingehen?«

»Was?«

Ich mustere ihn eindringlich. »Willst du an meiner Stelle hingehen?«

»Weil …?« Sein Kiefer ist angespannt und er atmet einmal tief ein, bevor er fortfährt: »Warum sollte ich das tun? Du hast mir bereits alles genommen. Muss ich jetzt wirklich noch deinen Laufburschen spielen?«

Ich beuge mich vor und schlage mit der Faust auf den Tisch. Mein Scotchglas wackelt und die bernsteinfarbene Flüssigkeit schwappt beinahe über. »Es ist nicht meine Schuld, dass du dein Leben verhunzt hast.«

Schweres Schweigen senkt sich auf uns herab.

Die Miene meines Bruders ist undurchdringlich. Er hustet einmal. »Das alles hätte mir gehören sollen.« Seine Stimme ist tiefer und ernster als üblich.

»Hätte«, betone ich. »Aber das hast du verbockt, als du mit Nutten gevögelt und Kokain geschnupft hast.« Es hat keinen Sinn, die Sache zu beschönigen. Mein Bruder hat es gründlich vermasselt.

»Ich habe getrauert.«

Selbst fünfzehn Jahre später hat er immer noch nichts gelernt. Sein lächerlicher Kommentar lässt mich den Kopf schütteln. »Du benimmst dich, als wäre sie deine Frau gewesen.«

»Das hätte sie sein können …« Sein Blick bohrt sich in meine Augen. Ich spüre den Schmerz in seinen Worten. Sie war niemals die Seine. Aber in seinem Kopf hätte sie es sein können. Sein sollen.

Er hat sie geliebt, seit wir Kinder waren.

Sie war die Tochter eines Geschäftspartners unseres Vaters. Wir alle waren davon ausgegangen, dass die beiden eines Tages heiraten und so unsere Familien vereinen würden. Vielleicht wäre es auch so gekommen, wenn das Schicksal nicht andere Pläne gehabt hätte.

Er starrt mich weiter an und sein unbeugsamer Blick verursacht mir Unbehagen. Die alte Narbe, die von der linken Augenbraue über seine Wange verläuft, sieht dunkler aus als sonst. Sie ist eine krasse Erinnerung an all die Arten, auf die ich meinem Bruder in der Vergangenheit wehgetan habe. Bedauern sickert in mein Blut und weckt in mir das Verlangen, ihm seinen Schmerz zu nehmen. Das ist keine leichte Aufgabe und Gefühle wie diese lösen in mir den Wunsch aus zu trinken.

Wenn ich ihn ansehe, sehe ich immer noch den Mann, der unter den Neuigkeiten zusammengebrochen ist, der sich unter dem erlittenen Verlust in sein Schneckenhaus zurückgezogen hat. Ein Verlust, den er mir ankreidet. Noch immer spüre ich die schwere Last der Schuld auf meinen Schultern. Und wenn er recht hat und es mein Fehler gewesen ist, habe ich es noch schlimmer gemacht, weil ich außerdem das Arschloch bin, das ihm sein ganzes Leben gestohlen hat.

»Es hat nicht sollen sein«, wiederholt er.

»Es ist mein Unternehmen«, rufe ich ihm in Erinnerung. Egal, ob meine Handlungen uns hierhergebracht haben oder nicht, es waren seine, die den Deal besiegelt haben.

»Würde es dich umbringen, einfach aufzuhören?«

Ich atme langsam aus und starre den Mann an, zu dem ich einst aufgeschaut habe. Den Mann, der mir geholfen hat, der zu werden, der ich heute bin. Diese Klarheit und Entschlossenheit in seinen Augen habe ich seit Jahren nicht gesehen. Er sieht aus wie der Bruder, den ich verloren habe, und ich erkenne, was für ein Idiot ich gewesen bin.

Meine Wut über die Jahre hat mich demgegenüber blind gemacht, dass er jetzt da ist. Und vielleicht hat er recht. Vielleicht können wir das Unternehmen gemeinsam führen. Dazu hat mein Vater uns ausgebildet – bevor das mit Grace passiert ist.

»Setz dich.« Ich deute auf den Stuhl mir gegenüber.

Damian zögert nicht und nimmt Platz. Vielleicht kann das hier der Anfang von etwas Neuem sein. Es war immer so gedacht, dass wir zwei Brüder zusammenarbeiten.

Ich greife nach dem Glas und reiche es ihm.

»Was machst du da?« Seine dunkelbraunen Augen beobachten jede meiner Gesten.

»Ist das nicht offensichtlich? Ich lade dich auf einen Drink mit mir ein.«

Kurz zieht er die Stirn in Falten, dann nickt er. Er fühlt sich immer noch unbehaglich, wartet immer noch auf meine Antwort.

»Du gehst«, sage ich schließlich und er sieht mich ausdruckslos an. Wie ich meinen Bruder kenne, will er sich vermutlich keine Hoffnungen machen. »Du wirst an meiner Stelle zu dem Meeting gehen. Du willst mitarbeiten? Dann musst du das tun. Ohne Widerspruch«, sage ich geschmeidig.

Seine Miene erstarrt. »Meinst du das ernst?«

»Es ist nicht das endgültige Meeting; nur ein Gespräch, um die Einzelheiten durchzugehen. Aber wenn du aktiv dabei sein willst, musst du irgendwo anfangen.«

Seine Miene bleibt weiter unlesbar, aber ich erwarte auch wenig von ihm. Ich werde ihm meine Pläne erst mitteilen, wenn ich sicher bin, dass er damit umgehen kann. Wenn seine Zeit kommt, werde ich Damian die Schlüssel zu seiner Hälfte des Schlosses zurückgeben.

»Auf das Ende einer Ära.« Ich nehme mein Glas Scotch und hebe es zu einem Toast.

»Nur die Toten haben das Ende des Krieges gesehen.« Er grinst, während er seine liebste Redewendung zitiert, die er von Plato gestohlen hat.

Ich lache leise. Erst jetzt fällt mir auf, dass ich das vermisst habe. »Dies hier ist der Anfang.«

»Wir werden sehen.« Er massiert sich den Nacken und steht auf.

»Nimm mein Auto. Und richte meine Entschuldigung aus. Sag ihm, dass etwas Unvorhergesehenes dazwischengekommen ist.«

»Mache ich, Bruder.«

Das Wort Bruder löst einen stechenden Schmerz in mir aus. Es ist zu lange her, dass wir so miteinander umgegangen sind.

Als er aus der Tür geht, hat er bereits sein Handy am Ohr. Ich bin nicht sicher, wen er anruft, lehne mich aber entspannt in meinem Stuhl zurück.

Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit wirkt alles nicht mehr ganz so schwer.

1. Kapitel

Phoenix

Vier Jahre später

Mein Vater tigert in seinem Büro auf und ab.

Hin und her. Hin und her.

Was stimmt nicht mit ihm? Das ist kein normales Verhalten.

Als ich meinen Collegeabschluss in der Tasche hatte, verlangte er meine Anwesenheit zu Hause. Dann hat er mich in sein Büro beordert, um über die »Arbeit« zu reden. Ein Teil von mir fragt sich, ob er vorhat, mir die Firma zu übergeben, aber das würde keinen Sinn ergeben. Er weigert sich, überhaupt darüber zu reden. Aber irgendetwas bringt ihn definitiv dazu, sich wie ein Wahnsinniger zu benehmen. Kein normaler Mensch verhält sich so um zwei Uhr morgens. Sicher, das Herumlaufen ist nicht unbedingt ein Anzeichen dafür, dass etwas nicht stimmt, aber der Zustand seines Büros schon.

Es herrscht das reinste Chaos.

Anders kann man das, was in den vier Wänden dieses Zimmers los ist, nicht nennen.

Ich löse den Blick von meinem Vater und sehe mich um. Eigentlich sollte das hier ein ordentlicher Rückzugsort für Dad sein, an dem er seine Geschäfte erledigen kann. Stattdessen sieht es hier aus wie auf einer Baustelle, auf der gerade etwas abgerissen wurde.

Das Erste, was mir ins Auge fällt, ist der Schreibtisch. Er ist umgeworfen worden. Stirnrunzelnd betrachte ich ihn.

Wow.

Man braucht ordentlich Kraft, um das zu schaffen.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass das der Mann gewesen ist, der mich aufgezogen hat.

Ich bin beeindruckt.

Doch nicht nur der Schreibtisch liegt auf der Seite. Auf dem Boden darum sind etliche Papiere verstreut, das Telefon ist zerschmettert worden.

»Was ist passiert?« Ich trete einen Schritt näher, Dad einen zurück. Seine in Falten liegende Stirn und die geballten Fäuste verraten mir, dass er kurz vorm Explodieren ist und all seine Kraft aufbringen muss, um mich nicht anzufauchen.

»Geh, Phoenix«, stößt er durch zusammengebissene Zähne aus.

Ich gehe weiter auf ihn zu und schüttle dabei den Kopf. Als ich so nahe bin, dass ich ihn berühren kann, lege ich ihm eine Hand auf die Schulter. »Du hast mich gebeten, zu kommen, und hier bin ich. Sprich mit mir«, sage ich.

Er dreht den Kopf und sieht mich an. Dann schließt er die Augen. Nicht lange – nur einen Herzschlag –, doch lange genug, dass sein Brustkorb sich unter einem Atemzug heben und senken kann.

Während er mir in die Augen schaut, wird sein Blick weicher. »Ich will nicht …«

»Nein.« Ich stemme eine Hand in die Hüfte und mache ihm damit klar, dass ich es ernst meine. »Du kannst mich nicht länger wegstoßen. Du hast mich aus einem Grund hergerufen. Ich bin deine Tochter, und das hier ist auch mein Vermächtnis …«

»Willst du nicht mehr?«

»Nein, Dad«, sage ich und lasse das Wort in der Luft hängen. Er mag nicht mein leiblicher Vater sein, aber er hat mich aufgezogen, und das hier ist meine Entscheidung. »Ich will helfen.«

Seine Schultern sacken nach unten und er geht zu der Couch in der Ecke seines Büros. Ich folge ihm und setze mich ihm gegenüber.

»Wenn wir übers Geschäft reden, können wir das genauso gut bei einem Drink tun.«

»Das sehe ich auch so.«

Er setzt sich und schenkt uns beiden ein Glas Scotch ein. Das ist eigentlich nicht mein Getränk, aber wenn ich mich beweisen will, nehme ich es besser an.

»Was ist mit der Firma los?«

Mein Vater reibt sich das Kinn. »Nix, es gibt etwas, das ich dir sagen muss …«, fängt er an und ich lache. Er hat meinen Kosenamen benutzt, was nur selten vorkommt. Der ist reserviert für die Zeiten, wenn er fürchtet, mich zu enttäuschen.

»Dad, ich weiß, was du tust«, sage ich nonchalant. Er kann gerne so tun, als wäre er nur im Import-Export-Geschäft, aber ich bin nicht dumm.

Seine Augen weiten sich. »Woher?«

»Du hast mich zwar auf ein Internat geschickt und dann in die Schweiz zum Studieren, aber ich habe es immer gewusst.«

Ich sehe, wie ein Muskel in seinem Kiefer zuckt. Er ist nicht glücklich, das weiß ich. Aber das ist egal. Der heutige Tag wäre früher oder später sowieso gekommen.

»Du hast es gewusst?«

»Natürlich.«

Er reißt sich sichtlich zusammen und neigt den Kopf, während er mich immer noch komplett geschockt ansieht. »Und du hasst mich nicht?«

»Du hast mich gerettet. Wie könnte ich dich hassen?« Emotionen schwingen in meiner Stimme mit. Ich denke nicht gerne an mein vorheriges Leben, aber das ändert nichts daran, dass es wahr ist. Er hat mich gerettet. Nachdem meine Eltern gestorben waren, hat er mich bei sich aufgenommen und wie sein eigenes Kind behandelt. Ich schulde ihm mein Leben. Selbst wenn er ein Krimineller ist, ich werde ihn immer lieben.

Er denkt über meine Worte nach, dann nickt er und hebt sein Glas zum Mund.

Ich tue es ihm gleich und trinke einen Schluck. Als der erste Tropfen meine Zunge berührt, unterdrücke ich den Drang zu husten. Mein Vater soll mich ernst nehmen, und zu husten würde ihm vermutlich nur zeigen, wie wenig erwachsen ich bin.

Er behandelt mich wie sein kleines Mädchen – kompetent und klug, aber immer noch ein Kind. Jetzt, wo ich mein Studium abgeschlossen habe, will ich aber, dass er mich als Erwachsene ansieht, denn das ist meine einzige Chance, dass er mir je erlauben wird, ihm zu helfen.

Nach allem, was er für mich getan hat, bin ich ihm was schuldig. Ich möchte ihm etwas zurückgeben dafür, dass er mich aufgenommen und sich um mich gekümmert hat.

Die meisten Mädchen meines Alters hätten kein Problem damit, ein Leben im Luxus zu führen. Aber ich bin nicht wie die meisten Mädchen. Umsorgt zu werden ist nichts für mich. Ich will mir meinen Lebensunterhalt selbst verdienen und mich beweisen.

Also lasse ich den Scotch meine Kehle hinunterrinnen und ertrage das Brennen, als er sich in meinem Magen sammelt und mir ganz warm wird.

Das lässt meinen Dad lächeln. »An den Geschmack muss man sich gewöhnen.« Er trinkt noch einen Schluck und das Geräusch, als er das Glas schwungvoll auf dem hölzernen Couchtisch abstellt, hallt durch das Büro. Es erinnert mich an den Schlag einer Standuhr in der Nacht – dunkel und unheilvoll. Aber es gibt keinen Grund, mich in Watte zu packen, und das wird mein Vater noch früh genug herausfinden.

»Wie viel weißt du?«, fragt er und stützt die Ellbogen auf die Knie.

»Alles«, gebe ich zu.

Schweigend nimmt er diese Information in sich auf. Auf einer Privatschule kann ein Mädchen sehr viel über seine Familie lernen. Einiges Gutes, aber hauptsächlich Schlechtes. Verzogene reiche Mädchen lieben nichts mehr, als Fantasien zu zerstören. Aber das ist in Ordnung. Ich bin froh, dass ich der Wahrheit gegenüber nicht länger blind bin.

Ich will gerade etwas sagen, als er eine Hand hebt. »Die Waffen …« Er zieht die rechte Augenbraue in die Höhe, um zu sehen, wie weit mein Wissen reicht.

»Ich weiß alles«, betone ich. Ich weiß, dass mein Adoptivvater einer der größten Waffenhändler der Welt ist. »Ich weiß, was du tust. Du verkaufst Waffen.«

»Meine Klienten …«

»Dad.« Nun hebe ich meine Hand. »Ich weiß, dass deine Klienten keine ehrbaren Leute sind. Und vermutlich hält sich auch keiner von ihnen ans Gesetz.«

Tiefe Sorgenfalten bilden sich auf seiner Stirn. »Und du hasst mich wirklich nicht?«

»Natürlich nicht. Du definierst dich nicht nur darüber, was du tust. Du bist mein Vater, und ich liebe dich, egal, was du getan hast. Also, jetzt erzähl mir, was passiert ist, und lass mich dir helfen.«

Langsam atmet er aus. »Ich will nicht, dass du ein Teil davon wirst. Ich wollte mehr für dich.« Seine sanften und mächtigen Worte sind voller Liebe, aber das hier ist mein Leben, und das werde ich ihm klarmachen.

»Ich bin jetzt erwachsen und ich will dir helfen.« Ich schaue ihm direkt in die Augen. »Jetzt rede.« Es gibt keinen Raum für Widerspruch. Er kennt mich gut genug, um das zu wissen.

»Okay.« Er lacht leise auf, bevor er sein Glas nimmt, sich zurücklehnt und es sich auf der Couch bequem macht. Ich weiß, dass dies eine lange Unterhaltung wird.

»Meine Waffen wurden entwendet.«

Damit habe ich nicht gerechnet. Sofort bin ich alarmiert und hoffe, dass er nicht ins Gefängnis muss.

»Von …?«

»Von der Konkurrenz. Von einem kleinen Scheißer, der versucht, mich zu zerstören. Ich wollte nie, dass du damit in Berührung kommst.«

»Erzähl mir alles.«

»Sein Name ist Alaric Prince und er ist der Schlimmste. Seit Jahren versucht er systematisch, mich zu zerstören. Ganz zu schweigen von dem Kopfgeld, das er auf mich ausgesetzt hat und dem ich bisher durch einen glücklichen Zufall irgendwie entgangen bin.«

Kopfgeld?

Das Wort ist wie ein Faustschlag in den Magen. Es ist ein Kopfgeld auf meinen Vater ausgesetzt worden. Dieses eine Wort ist wie ein Puzzleteil, das jahrelang verloren war und jetzt seinen Platz gefunden hat. Nun endlich ergibt alles, was im Laufe der Jahre passiert ist, einen Sinn. Warum mein Vater sich auf seinem Anwesen versteckt. Jemand hat ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt und ich muss unbedingt mehr darüber erfahren.

»Ich verstehe das nicht. Wer ist er?«

»Ein kleiner Scheißer, das sagte ich bereits.« Die Kraft in seiner Stimme erwischt mich kalt.

»Ich brauche schon mehr als das.« Ich sehe ihn herausfordernd an. Da steckt eine Geschichte hinter, und er muss sie mir erzählen, damit ich ihm helfen kann. »Wir sind so weit gekommen. Wenn wir das hier machen, kannst du mir genauso gut alles erzählen.«

»Es ist eine lange, komplizierte Geschichte.«

Ich beuge mich vor und stütze die Ellbogen auf die Knie. Dann neige ich den Kopf und lächle. »Tja, dann ist es ja gut, dass ich wieder zu Hause bin. Denn Zeit ist etwas, das ich im Überfluss habe. Ich habe alle Zeit der Welt, Dad. Erzähl es mir. Wie lange liegt ihr schon im Krieg?«

»Vier Jahre.«

Mit einem Mal fallen weitere Puzzleteile an ihren Platz. Warum er mich auf ein privates College mitten im Nirgendwo geschickt hat. Warum ich nie seinen Namen annehmen durfte. Warum er mich nie öffentlich anerkannt hat. Ich dachte, es läge daran, dass ich mich noch nicht bewiesen hatte, aber er war im Krieg. Er hat mich beschützt.

Wärme breitet sich in mir aus, gefolgt von einer Eiseskälte. Dieser Alaric hat den einzigen Menschen verletzt, der je versucht hat, mich zu beschützen. Ich muss etwas unternehmen. Ich muss mehr wissen. Aber zuerst muss ich sichergehen, dass ich Dad richtig verstehe. Dass ich die ganze Zeit über genug war.

»Deshalb hast du …« Tränen steigen mir in die Augen.

Er streckt den Arm über den Couchtisch und nimmt meine Hand. »Du warst mir nie peinlich. Du bist meine Tochter, auch wenn wir kein Blut teilen. Aber weil ich dich liebe, durfte er nichts von dir erfahren.«

Die Liebe und Zuneigung, die ich für diesen Mann empfinde, lassen mich aufstehen und auf und ab tigern. Jetzt bin ich da, wo er vor wenigen Minuten war. Nervöse Energie kreist durch meine Adern, während ich darüber nachdenke, was das alles bedeutet.

Ich gehe ein paarmal auf und ab, aber es bilden sich keine Wörter. Mein Mund ist so trocken, als würde ich auf Sand kauen. Doch ich muss etwas sagen. Irgendetwas.

»Und jetzt?«, presse ich hervor. »Weiß er es jetzt?«

»Ich habe keinen Grund anzunehmen, dass er es tut.« Doch in seinen Worten klingt Zweifel mit.

»Warum hasst er dich?«

Er zuckt mit den Schultern, aber ich spieße ihn mit meinem Blick auf. Er muss es mir sagen. Was immer es ist, ich muss es wissen.

»Weil er glaubt, ich hätte seinen Bruder ermordet.«

Es überrascht mich nicht zu hören, dass Dad jemanden getötet hat. Michael Lawrence ist ein rücksichtsloser Mann. Aber so, wie er mich ansieht, glaube ich nicht, dass er es getan hat.

Dennoch frage ich: »Hast du?«

Seine Augen weiten sich. »Nein.«

Ich halte inne und nicke, weil ich weiß, dass es nur eine Lösung gibt. »Dann müssen wir diesen Krieg beenden.«

»Vertrau mir, das habe ich versucht. Aber ich kann nichts tun. Wir sind weit über den Punkt hinaus, an dem er mir zuhört oder glaubt.«

Schweigen senkt sich über uns, als ich mich wieder setze. Eine Million Gedanken schießen mir durch den Kopf. Meine Knie zittern vor Nervosität, aber ich unterdrücke es. Nichts zu tun, ist keine Option, und auch wenn ich mir selbst nicht sicher bin, was meine Idee angeht, muss ich sie laut aussprechen.

»Ich schätze, dann gibt es nur eine Lösung.«

»Und die wäre?«

»Ihn zu zwingen.« Meine Lippen verziehen sich zu einem breiten Lächeln.

Dad erwidert es nicht, sondern schenkt mir nur einen Blick, der besagt: Okay, Miss Offensichtlich, aber wie?

»Wir nehmen ihm alles, und sobald wir es niedergebrannt haben, muss er zuhören.«

»Dann wird es zu spät sein.«

»Warum?«

»Es gibt keine Möglichkeit, nahe genug an ihn heranzukommen.«

Weitere Ideen fluten mein Gehirn, aber sie sind dunkler, schmutziger, und ich bin mir sicher, dass mein Vater jede einzelne davon hassen wird.

»Ich kann es. Er kennt mich nicht. Niemand kennt mich. Ich kann dir die Informationen besorgen, die du brauchst.«

»Phoenix.«

»Nein, Dad. Das hier ist meine Entscheidung. Ich bin nicht mehr das kleine Mädchen, das du weggeschickt hast. Lass mich dir helfen.«

Er presst die Lippen zusammen und steht auf, um wieder auf und ab zu laufen. Die Idee gefällt ihm nicht, aber wenigstens denkt er darüber nach. »Ich will nicht, dass du verletzt wirst«, sagt er.

»Das werde ich nicht.«

»Das kannst du nicht wissen …« Er fährt sich mit der Hand durch die Haare. »Alaric Prince ist auf Rache aus. Er ist der schlimmste aller Männer. Glaub mir, ich muss es wissen.«

Ich gehe um den umgeworfenen Schreibtisch herum zu ihm. Als ich direkt neben ihm stehe, schaue ich zu ihm hoch. »Zweifle nicht an mir.«

»Das tue ich nicht. Ich kann nur nicht …«

Tief in den Augen meines Vaters sehe ich seine Liebe, Angst und Verzweiflung.

»Vertrau mir. Glaube an mich. Lass mich dir helfen.«

Lass mich dich retten, so wie du mich gerettet hast.

»In Ordnung.«

Damit besiegeln wir mein Schicksal und das von Alaric Prince.

Ich werde finden, was ich brauche, um den Feind zu besiegen. Egal, was dafür nötig ist.

2. Kapitel

Alaric

Nachdem meine Geschäfte in den Staaten geregelt sind, ist es an der Zeit für einen Tapetenwechsel. Meine Waffen sind gesichert – oder besser gesagt, die AK-47, die ich von Michael Lawrence gestohlen habe, befinden sich gut bewacht auf dem Anwesen von Cyrus Reed. Normalerweise würde ich meine Waffen nicht außerhalb meiner Lagerhäuser aufbewahren, aber da ich diese der Konkurrenz geklaut habe, kann ich sie noch nicht in Umlauf bringen.

Die Reise von Cyrus‘ Haus in die Karibik dauert nur eine Woche und ist die perfekte Gelegenheit, mich zu entspannen, bevor die Arbeit wieder losgeht.

Zuerst geht es auf die Bahamas, danach habe ich mehrere Stopps und Umwege geplant. Irgendwann muss ich nach Venezuela, und während ich in Südamerika bin, werde ich die restlichen Treffen planen.

Aber für mich geht es auf dieser Reise nicht nur ums Geschäft. Ich habe auch vor, mich ein wenig zu vergnügen. Was der Grund dafür ist, dass ich meinen Trip auf den Bahamas beginne.

Mathis hat einen neuen Club in dem großen Hotel auf der Insel eröffnet und schmeißt nächste Woche eine gigantische Party.

Das ist ein ausgezeichneter Ort, um ein paar Meetings abzuhalten.

Man mag nicht denken, dass ein Club die passende Location ist, um Waffen zu verkaufen, aber seitdem ich das Geschäft übernommen habe, habe ich herausgefunden, dass Clubs für diese Art von Verhandlungen perfekt sind. Frauen, Alkohol, Drogen und Waffen sind eine hervorragende Mischung. Männer neigen dazu, mehr Geld auszugeben, wenn sich ein hübsches junges Ding an ihrem Schwanz reibt.

***

Als die Yacht anlegt, bin ich bereit, loszulassen. Die Zeit auf See habe ich dazu genutzt, die Meetings für dieses Wochenende anzuberaumen. Als Erstes das mit Xavier. Er will fünfzehntausend Waffen für einen Staatsstreich.

Mir ist es scheißegal, wofür sie die Dinger benutzen; mich interessiert nur das Geld. Dieser Deal allein wird mir zwanzig Millionen einbringen.

In meinem Büro auf dem Hauptdeck nehme ich das Telefon in die Hand und wähle Cristians Durchwahl. Er geht nach dem ersten Klingeln ran. »Seid um elf Uhr zum Abmarsch bereit«, befehle ich, bevor er etwas sagen kann.

»Ja, Boss«, erwidert er und ich lege auf. Es gibt nicht mehr zu sagen. Meine Männer kennen den Drill. Sie begleiten mich überall hin – auch zu einer Nacht in einem Club auf einer tropischen Insel.

Cristian ist meine rechte Hand und Leiter des Sicherheitsteams. Ich vermische Geschäftliches und Privates nicht, diese Männer sind also nicht meine Freunde. Ich führe mit eiserner Hand und habe keine Verbindungen zu irgendwem. Was das Leben sehr viel leichter macht.

Der einzige Mensch, der mir je wirklich etwas bedeutet hat, ist tot. Das war meine Schuld, und diesen Fehler werde ich nicht noch einmal begehen. Wenn ich mich emotional nicht einlasse, ist jeder entbehrlich.

Ich stehe von meinem Schreibtisch auf und begebe mich in die Eignerkabine im Bug der Yacht. Dort ziehe ich mich aus und gehe unter die Dusche.

Die Yacht ist mein Zuhause. Auch wenn ich ein paar Anwesen rund um die Welt besitze, bleibe ich nur selten auf einem von ihnen. In meinem Business ist es besser, sich nicht zu lange irgendwo aufzuhalten.

Den Winter und Frühling verbringe ich in der Karibik und den Sommer meistens in Europa. Aber dieses Jahr habe ich aus geschäftlichen Gründen die Reise über den Atlantik nicht antreten können, was in Ordnung ist. Mir gefällt, wie leer die Inseln im Moment sind.

Wo die meisten Menschen Lebensmittel und Ähnliches im Rumpf des Bootes lagern, habe ich die kleineren Waffenlieferungen, die noch transportiert werden müssen. Meine Yacht ist groß genug. Mit über hundertsiebzig Fuß fasst sie alles, was ich brauche, ist aber immer noch klein genug, um unter dem Radar zu schwimmen. Und das meine ich wortwörtlich.

Nachdem ich geduscht habe, gehe ich in den Salon. Meine Männer stehen zum Aufbruch bereit in ihren schwarzen Anzügen da, die Knöpfe im Ohr.

Wir brauchen nicht lange bis zum Club. Mathis hat eine wunderschöne Frau organisiert, die schon auf mich wartet. Mein Freund ist nicht in der Stadt. Offenbar ist er irgendwo in Südfrankreich, vermutlich Saint-Tropez, aber er weiß, was er tun muss, damit ein Mann sich besonders fühlt. Als die Schönheit in dem roten Kleid mich zu meinem Tisch in dem abgetrennten VIP-Bereich hoch über dem Club führt, tanzen bereits halb nackte Frauen in der Nähe.

Ich muss nicht mal eine Bestellung aufgeben, alles ist für mich vorbereitet: Wodka, Tequila, Scotch und Champagner – etwas für jeden, der bei mir vorbeischaut.

Der Erste, der kommt, ist Xavier.

»Was kann ich dir anbieten?«, frage ich.

»Wodka«, antwortet er und ich nicke der Kellnerin zu, die uns beiden einen Drink einschenkt.

»Wie viele?« Ich kenne die Zahl, auf die wir uns während unserer vorausgegangenen Telefonate geeinigt haben, aber alles ist stets im Wandel, deshalb ist es besser, noch mal nachzufragen.

»Fünfzehntausend«, bestätigt er. Für einen Krieg mag das nicht genug sein, aber es würde mich nicht wundern, wenn er auch bei der Konkurrenz kauft.

Aber nicht mehr lange. Wenn alles läuft wie geplant, wird Lawrence am Monatsende so gut wie tot sein. Ich muss nur noch den richtigen Köder finden, um ihn in meine Falle zu locken.

Ich hebe mein Glas und trinke einen Schluck, um alle Gedanken an Rache beiseitezuschieben, damit ich mich um die anstehenden Themen kümmern kann – den Grund, warum ich überhaupt in diesem Club bin.

»Wann?«

»Am Ende des Monats.«

»Ort?«

»Wie immer.«

Gut. Die Gegend kenne ich. Lawrence lagert auch einige seiner Waffen dort, was bedeutet, Xavier geht auf Nummer sicher. Er weiß, dass Michael vermutlich nicht liefern kann, nachdem ich ihm die kleinere Lieferung gestohlen habe. Aber wie es scheint ist mein Kumpel hier bereit, ihm noch eine Chance zu geben.

Ich spüre das Lächeln auf meinen Lippen. Diese Lieferung werde ich auch stehlen, und nachdem ich ihn ruiniert habe, werde ich Michael Lawrence dazu bringen, mich anzubetteln.

»Der gleiche Preis wie vorher«, sage ich.

»Danke, mein Freund.«

Ich wünschte, er würde mich nicht so nennen. Er ist nicht mein Freund. Er ist ein Kunde, mehr nicht, und, schlimmer noch, er ist nicht sonderlich loyal. Aber das ist in Ordnung. Er hat keine Ahnung, dass er nur ein Pfand in meinem Spiel ist.

»Sonst noch was?«, frage ich und er schüttelt den Kopf. »Dann lass uns trinken.«

»Und jemanden flachlegen.« Er lacht. Sie sind alle gleich, jeder Einzelne von ihnen. Sosehr ich es lieben würde, genau das zu tun – wenn ich mich so im Club umschaue, sehe ich keine Frau, die meine Aufmerksamkeit erregt. Sie alle strahlen diese laute Verzweiflung aus, wie sie ihre Körper verführerisch winden, damit ich sie bewundere.

Ich trinke einen Schluck und schaue mich um. Wie immer hat Mathis auch diesen Club mit Dekadenz und Sünde im Blick entworfen. Der Hauptteil ist modern. Kühl und steril, mit einer Decke und Bar aus Metall. Aber der VIP-Bereich, in dem ich mich befinde, sticht wirklich heraus. Jede private Nische hat weiße Chiffonvorhänge, die zugezogen werden können, um die Öffentlichkeit auszuschließen. Meine sind im Moment offen, so habe ich den perfekten Überblick und kann alles beobachten.

Mathis hat ausgezeichnete Arbeit geleistet.

Während wir beide unsere Gläser an die Lippen führen, fällt mir auf, dass Cristian mich nicht ansieht, also folge ich seinem Blick. Ich brauche nicht lange, um zu sehen, was oder besser wen er da anstarrt.

Am Ende der Reihe von privaten Nischen steht die schönste Frau, die ich je gesehen habe.

Sie hat lange braune Haare, die ihr über die üppigen Brüste fallen. Doch es sind ihre Augen, von denen ich den Blick nicht abwenden kann. Von meinem Platz aus kann ich die Farbe nicht erkennen, aber als sie mich erblickt, bin ich fasziniert. Sie schaut mich jedoch nur eine Sekunde lang an, bevor sie den Kopf dreht und mir die kalte Schulter zeigt.

Das haben bisher nur wenige Frauen getan. Und schon gar nicht an einem Ort wie diesem. Die meisten Frauen werfen sich mir an den Hals. Sie hingegen steht da, den Rücken mir zugewandt. Ihr Hintern ist nicht der schlimmste Anblick, den ich je hatte. Und ihr kurzes Kleid, das von vorn so sittsam aussah, ist alles andere als das. Nein. Aus diesem Blickwinkel wird nichts der Fantasie überlassen. Zwei dünne Träger gehen in einen tiefen Rückenausschnitt über, der bis zu den kleinen Grübchen über ihrem Po reicht.

Wie besessen stehe ich auf. Ich muss wissen, wer diese Frau ist – und warum sie mich so lässig abgetan hat.

Ich gehe zu ihr hinüber. Mein Team folgt mir, also ist mein Auftritt ziemlich einschüchternd. Ich könnte meinen Männern sagen, dass sie sich zurückhalten sollen, aber ich will sehen, wie sie sich windet. Denn das wird so ein kleines Ding wie sie definitiv tun.

Als ich endlich bei ihr bin, rage ich über ihr auf. Sie hat mich nicht gesehen, aber sie muss meine Anwesenheit spüren, denn ich sehe, wie ihre Rückenmuskeln sich anspannen.

Langsam und gezielt dreht sie sich zu mir um. Sie muss den Kopf ein wenig in den Nacken legen, und als ihr Blick meine Augen erreicht, weiten sich ihre Pupillen.

Ich bin heute Abend nicht in der Hoffnung auf eine schnelle Eroberung hergekommen. Aber nachdem ich sehe, wie sich ihr Mund langsam öffnet und sie den Atem zwischen ihren vollen Lippen ausstößt, will ich sie ficken. Ich will diese Lippen um meinen Schwanz fühlen.

»Ich bin nicht interessiert«, faucht sie, bevor ich etwas sagen kann.

Ihre Reaktion lässt mich den Kopf in den Nacken werfen und laut lachen – etwas, was ich dieser Tage sehr selten tue.

»Du weißt doch noch gar nicht, was ich fragen wollte.«

»Sie wollten mich fragen, ob ich etwas trinken will. Und da ich bereits einen Drink habe …« Sie hebt ihr Glas, das ich bisher nicht gesehen hatte, in die Luft. Es ist frisch eingeschenkt, die Bläschen perlen noch im Glas. »Brauche ich nicht noch einen.«

»Und was ist, wenn du dich irrst?«

»Ach so, Sie sind nicht hergekommen, um mich zu fragen, ob ich … was?« Sie hebt eine Augenbraue. »Mit Ihnen reden will?«

»Wieder falsch.« Nicht ganz falsch, aber falsch genug.

»Jetzt bin ich fasziniert. Sie sind den ganzen Weg hierhergekommen …«

»Ich bin dir aufgefallen.« Ich grinse und sie scheint ihren Fehler zu bemerken. Mein Lächeln wird breiter. »Hier ist, was ich denke: Ich denke, du wolltest, dass ich herkomme. Ich glaube, dir gefällt das Katz-und-Maus-Spiel.«

»Und ich denke, Sie wissen gar nichts.«

»Schade«, sage ich und wende mich zum Gehen.

»War das alles?«, fragt sie hinter mir.

»Jupp.« Ich drehe den Kopf und sehe sie über die Schulter hinweg an. »Aber …« Ich mache eine bedeutungsvolle Pause. »Wenn du eine andere Antwort für mich hast: Ich bin morgen wieder hier. Gleiche Zeit. Gleicher Ort.« Damit verlasse ich den VIP-Bereich und marschiere aus dem Club.

Draußen bleibe ich stehen und werfe einen Blick nach rechts, zu Cristian.

»Ja, Boss?«

»Ihren Namen. Ihre Sozialversicherungsnummer. Finde bis morgen alles über diese Frau heraus, was es über sie zu wissen gibt.«

Cristian fragt nicht nach. Ich habe vor, mit dieser Frau zu schlafen, aber ich fasse niemanden an, ohne vorher gebührende Sorgfalt walten zu lassen.

3. Kapitel

Phoenix

Ich habe es getan.

Ich fasse immer noch nicht, dass ich das durchgezogen habe.

In dem Moment, in dem er sich umdreht und weggeht, würde ich am liebsten zu Boden sinken und den Atem ausstoßen, den ich während unseres Wortwechsels immer wieder angehalten habe. Aber ich halte mich zurück. Ich bin mir nicht sicher, ob er sich noch einmal umdrehen wird, also muss ich mich noch ein paar Augenblicke zusammenreißen.

Komm schon. Komm schon. Geh endlich.

Ich halte den Blick fest auf ihn gerichtet, als er flankiert von seinen Bodyguards in der Menge verschwindet. Sie bilden einen einschüchternden Schutzschild. Mein Herz hämmert in meiner Brust, während die Angst, die ich in Schach gehalten habe, wie eine zum Angriff bereite Klapperschlange in mir rattert.

Er ist beinahe außer Sicht. Dann kann ich endlich wieder atmen. Dann wird die Panik versiegen.

Vielleicht noch ein paar Augenblicke mehr.

Während des Wartens vergeht die Zeit langsam, wie winzige Sandkörner, die durch eine Sanduhr rieseln. Ich will sie schütteln, damit sie schneller fallen, doch ich weiß, dass das sinnlos ist. Also atme ich tief ein und zwinge meine Hände dazu, nicht zu zittern.

Eins, zwei, drei, vier …

Als ich bei zehn ankomme, sind die Kerle endgültig in der Menge untergetaucht und es bleibt nur eine Gruppe von Frauen zurück, die sich sehnlichst wünschen, dass dieser gut aussehende Mann zurückkehren möge. Aber nicht ich. Egal, wie umwerfend attraktiv er ist, ich bin froh, dass er weg ist. Denn jetzt kann ich endlich wieder normal atmen.

Mein Instinkt drängt mich dazu, den Club zu verlassen und ins Hotel zurückzukehren, um meinen Vater anzurufen, aber das gestatte ich mir nicht.

Ich muss mich kühl und gefasst geben. Nur für den Fall.

Mit erhobenem Kopf gehe ich zur Bar. Ich bin immer noch im VIP-Bereich, deshalb muss ich nicht warten. Die meisten Gäste hier haben eine eigene Bedienung an ihren Tischen. Es wäre leicht, mich zu irgendeinem verzweifelten Mann zu setzen, um an einen Drink zu kommen, aber das tue ich nicht. Nicht nach der Begegnung mit Alaric Prince.

Äußerlich mag ich komplett cool gewirkt haben, aber innerlich habe ich während unseres Gesprächs die ganze Zeit gezittert. Ich war nicht vorbereitet. Seine Fotos werden ihm nicht gerecht. Ich wusste, dass er attraktiv ist, aber der Mann, den ich heute Abend getroffen habe, war noch so viel mehr.

Das Wort »göttlich« kommt mir in den Kopf.

Wie ein echter Poseidon. König der Meere.

Von den Fotos wusste ich, dass er braunes Haar hat, aber was auf den Bildern nicht zu sehen war, ist, dass sich darunter blonde Strähnen von seiner Zeit auf der Yacht verstecken. Sonnengeküsste Haut und kristallblaue Augen.

Er ist umwerfend. Auch wenn das Wort vermutlich nicht stark genug ist.

Meine Nerven verknoten sich. Mein Atem stockt in meiner Kehle aus Angst, dass ich etwas falsch mache.

Das hier ist der Moment, meinem Vater zu zeigen, dass ich ihm helfen kann. Ich weiß, dass ich das nicht tun muss, aber nach allem, was er für mich getan hat, will ich es.

Ich muss mich abkühlen und lächle den gut aussehenden Barkeeper an. »Tequila«, sage ich. Meine Hände zittern immer noch.

»Irgendeine spezielle Marke?«

»Den besten.« Was auch immer hilft, die Anspannung zu lösen. Seit meinem Collegeabschluss trinke ich eigentlich nicht viel, aber der heutige Abend verlangt nach einem oder zwei Drinks. Ich wünschte, meine beste Freundin Hannah wäre hier. Sie wäre in der Lage, mich wieder auf die Erde zurückzuholen.

Kurze Zeit später begleiche ich die Rechnung und kehre ins Hotel zurück. Ich bin nicht betrunken, aber auch nicht ganz nüchtern. Trotz meiner geringen Körpergröße vertrage ich relativ viel. Ich bin klein und zierlich, was eigentlich kontraproduktiv sein sollte, aber ich kann mich behaupten. Dafür danke ich meiner Zeit im Internat. Egal, wie viel ich trinke, ich werde nie wirklich betrunken. Jetzt habe ich einen leichten Schwips und will mich nur entspannen, in mein Bett kriechen und einschlafen.

***

Ich bin mir nicht sicher, wie lange ich geschlafen habe, aber als ich die Augen öffne, fällt Licht durch den Spalt in den Vorhängen.

Ich drehe mich auf die Seite, entsperre mein Handy und gucke auf die Uhr. Es ist bereits elf. Ich muss mehr getrunken haben, als ich dachte.

Obwohl es so spät ist, habe ich ausreichend Zeit, um mich fertig zu machen. Heute Abend werde ich mich ihm wieder nähern. Aber zuerst muss ich meinen Vater anrufen.

Er geht nach dem ersten Klingeln ran. »Hallo«, sagt er, während ich im Zimmer auf und ab laufe.

»Hi«, erwidere ich schüchterner, als ich will. Ich habe keine Angst vor dem, um was er mich bitten wird. Ich habe Angst davor, ihn zu enttäuschen.

»Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.« Und dazu hatte er jedes Recht. Ich bin mir sicher, dass ich hier noch ein Loch in den Teppich laufen werden. Er kann es nicht sehen, aber ich bin genauso nervös wie er.

Als mein Blick in den Spiegel gegenüber von meinem Bett fällt, spanne ich mich am ganzen Körper an. Das sieht nicht gut aus. Nein. Dieses Gesicht hat schon bessere Tage gesehen. Ich sehe müde aus. Meine Augen sind normalerweise härter, aber jetzt wirke ich einfach nur erschöpft.

»Mir geht es gut.«

»Hast du Kontakt hergestellt?«, fragt er. Mit meinem Plan war er nicht einverstanden, aber es war der einzige, den wir hatten.

»Ja«, antworte ich und muss lächeln. Gestern habe ich darüber gar nicht nachgedacht, aber ich habe es getan. Ich habe das geschafft, was ich wollte: Kontakt mit Alaric Prince herzustellen. »Ich habe den Köder ausgelegt.« Meine Stimme klingt schon kräftiger.

»Und was genau ist der Köder? Bitte sag mir nicht …«

»Ich habe alles unter Kontrolle«, unterbreche ich Dad. »Ich habe nicht mehr getan, als einfach dazustehen. Er hat den Rest erledigt.«

»Und dieser Rest ist …?«

Auch wenn mein Adoptivvater mich mein halbes Leben lang weggeschickt hat, er hat mir immer gezeigt, wie wichtig ich ihm bin. Seine Stimme ist beinahe unhörbar, was mich an die Zeit erinnert, als ich in seine Obhut kam.

Mein Herz zieht sich zusammen, aber ich schüttle schnell den Kopf. Diese Gedanken haben hier gerade keinen Platz.

Ich schiebe die Vergangenheit beiseite und denke an die Zukunft. Und damit meine ich den heutigen Abend.

»Phoenix, sag mir, was du geplant hast«, sagt Dad flehentlich.

Seine Nervosität lässt meine wieder aufflackern. »Er hat mich für heute Abend in den Club eingeladen. Ich habe vor, etwas mit ihm zu trinken und mehr herauszufinden.«

»Du glaubst wirklich, dass er dir sagt, wo sich die Waffen befinden?« Ich höre den Zweifel in seiner Stimme, was in mir nur den Wunsch weckt, mich noch mehr anzustrengen, um Erfolg zu haben.

»Natürlich nicht. Aber vielleicht finde ich eine Möglichkeit, an sein Handy zu kommen.«

»Das ist zu gefährlich. Ich schicke …«

Ich weiß, was er sagen will. Er will seine Männer herschicken. Aber das wäre Krieg. Als ich Alaric gestern gesehen habe, hatte er mindestens zwanzig Männer bei sich, und das waren nur diejenigen, die ich sehen konnte. Die Entourage dieses Mannes ist größer als die aller Promis.

»Du kannst niemanden herschicken. Das habe ich gestern Abend gesehen. Sie werden nicht nahe genug an ihn herankommen. Außer, du willst einen Krieg anzetteln.«

»Das will ich nicht. Es hat bereits zu viele Verluste gegeben. Ich will ihn ausschalten, aber ich will keine unschuldigen Leute töten …« Seine Stimme ist weich und traurig. Er klingt so gar nicht wie der Geschäftsmann, den ich im Laufe der Jahre kennengelernt habe. Ja, er hat mich immer geliebt und sich um mich gekümmert, aber das hier ist anders. Ich weiß nur nicht, warum.

Schnell schüttle ich die Gedanken ab und atme aus. »Ich verspreche, dass ich sicher bin. Ich finde nur heraus, wo er wohnt und wie ich an sein Handy kommen kann. Das sollte nicht allzu schwer sein.«

Lüge. Es wird unmöglich sein, aber mir fällt schon etwas ein. Ich bin sehr einfallsreich. Wie meinen Namensvetter haben sie mich zu Asche verbrannt, aber ich habe mich daraus erhoben. Deshalb trage ich den Namen Phoenix. Aus der Asche bin ich wiedergeboren worden, und ich habe nicht vor, in dieser Mission zu versagen.

Ich schulde Michael Lawrence, meinem Vater, in allen Belangen, die wichtig sind, mein Leben. Und wenn diesen Krieg zu beenden der Weg ist, um ihm etwas zurückzugeben, werde ich genau das tun.

4. Kapitel

Alaric

Es dauert nicht lange, bis Cristian kommt. Als er die Tür zu meinem Büro öffnet, lehne ich mich im Stuhl zurück und trinke einen Schluck von meinem Scotch.

Wir haben den Anker geworfen, also schwankt das Boot nur leicht, aber es reicht, um die bernsteinfarbene Flüssigkeit wie eine Welle hin und her zu wiegen.

»Was hast du für mich?«, frage ich zwischen zwei Schlucken.

»Ehrlich gesagt ziemlich viel«, antwortet er, und erst da fällt mir auf, dass seine Hände nicht leer sind. Das allein lässt mich das Glas abstellen und mich vorbeugen. Ich stütze die Ellbogen auf die Schreibtischplatte und neige den Kopf als Geste, dass er sich setzen soll.

Er zieht den Stuhl zurück und das Geräusch hallt durch den Raum. »Erinnerst du dich noch an den Adoptivsohn, nach dem du gesucht hast?«

Ich weiß genau, wovon er spricht. Gerüchte besagen, dass mein Feind eine einzige Schwäche hat: Der Mann ohne Familie hat einen geheimen Sohn. Nach dem ich seit dem Tod meines Bruders suche. Auge um Auge – oder in diesem Fall: ein Bruder für einen Sohn.

»Phoenix, richtig?«

Das ist alles, was ich habe. Keinen Nachnamen. Nichts. Alle wissen, dass Phoenix für Michael wichtig ist, aber mehr wissen wir nicht. Seitdem Michael vor vier Jahren den Krieg angezettelt hat, hat ihn niemand mehr gesehen. Er hat sich komplett zurückgezogen, was es beinahe unmöglich macht, Rache zu üben.

»Tja, wie es scheint, haben wir mit ein paar Einzelheiten falschgelegen.«

»Sprich.« Meine Stimme klingt barsch und aggressiv, aber ich habe jahrelang darauf gewartet, Munition gegen den Mann zu finden.

Klar, ich habe ihn ausbluten lassen, indem ich so oft wie möglich seine Lieferungen geklaut habe. Aber seine Gewinnspanne anzugreifen ist nicht der harte Schlag, der mir vorschwebt. Der tut zwar weh, brennt aber nicht. Ich will diesen Hurensohn in Rauch und Asche aufgehen lassen. Ich will mir das nehmen und foltern, was auch immer ihm lieb und teuer ist.

Erst vor sechs Monaten haben wir gehört, dass es einen Sohn geben könnte. Viel Gerede, aber kein Aufenthaltsort. Ich bin mir nicht sicher, ob das irgendetwas mit der vor uns liegenden Aufgabe zu tun hat, aber ich bin fasziniert.

»Er hat keinen Sohn.«

Das kann nicht stimmen. Wir hatten gute Informationen über diesen Phoenix. Ich presse die Zähne aufeinander und merke, dass ich ungeduldig werde. Warum erzählt er mir das, wenn es nur in eine Sackgasse führt?

»Und wie genau soll mir diese Information helfen?«

Ein Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus.

»Was verschweigst du mir?«

»Wie es aussieht, hat er eine Tochter. Eine Adoptivtochter namens Phoenix Michaels. Sie trägt nicht mal seinen Nachnamen.« Er legt eine Mappe auf den Tisch, und von ihr starren mich die großen blauen Augen der Göttin von letzter Nacht an. Ihr Foto ist mit einer Büroklammer an die Mappe geheftet. Ich schlage sie auf und sehe Schulzeugnisse. Offenbar ist sie auf eine Privatschule in der Schweiz gegangen.

Ich blättere weiter, doch es kommt nicht mehr viel.

»Sie ist nicht formell adoptiert worden.«

Ich lege die Mappe ab und schaue Cristian an. »Woher weißt du dann, dass sie ihm wichtig ist?«

»Er hat für ihre Schule und ihr Studium bezahlt. Wir haben ihre Kreditkartendaten verfolgt, und von da haben wir einen Namen bekommen. Nachdem wir wussten, wo wir suchen müssen, war es nicht allzu schwer, zwei und zwei zusammenzuzählen. Außerdem kann es kein Zufall sein, dass sie seinen Vornamen als ihren Nachnamen benutzt.«

Ich trommle mit den Fingern auf die Tischplatte, während ich diese Informationen in mich aufnehme. Diese Angewohnheit lässt mich an meinen Bruder denken – offensichtlich habe ich damit angefangen, nachdem ich ihn verloren habe. »Das kommt mir zu einfach vor.«

»Nicht, wenn wir nicht gewusst hätten, dass Michael einen Sohn hat. Das war ein Glückstreffer. Der Mann hat nie auch nur den kleinsten Hinweis darauf gegeben, dass irgendjemand ihm etwas bedeutet.«

Ich nicke. Das stimmt. All die Jahre konnte ich nie etwas finden, und jetzt hat sie mich gefunden.

»Das kann kein Zufall sein.«

Cristian nickt zustimmend. »Stimmt. Das kann es nicht.« Wir schweigen, während ich weiter die exotische Schönheit mustere. Gestern Abend war sie umwerfend, aber auf diesem Foto ist sie noch faszinierender. Volle Lippen, kleine Sommersprossen auf der Nase, wellige dunkelbraune Haare, die ihr über die Brüste fallen, und strahlend blaue Augen.

Gestern hat sie mich umgehauen. Sie war jemand, von dem ich mir vorstellen konnte, in ihr zu ertrinken. Aber sie ohne einen Hauch Make-up zu sehen, ist noch besser. Sie sieht unschuldig aus, was den Wunsch in mir verstärkt, sie zu korrumpieren.

»Was wirst du unternehmen, Boss?«

Ich lehne mich zurück. Gedanken und Ideen rasen durch meinen Kopf.

Was werde ich mit Phoenix tun? Der Name passt nicht wirklich zu ihr. Sie ist zu klein und zu schwach. Was tue ich nur mit dem kleinen Täubchen?

Ich schaue auf und greife nach meinem Glas. Dann hebe ich es an die Lippen und trinke einen großen Schluck.

Was werde ich tun?

Was soll ich tun?

Als ich halb ausgetrunken habe, fange ich Cristians Blick auf.

»Du hast diesen Blick, Boss.« Er lacht.

»Nimm dir ein Glas.« Ich brauche ein paar Minuten, um einen Plan zu überlegen, und während ich das tue, werden wir uns einen Drink genehmigen.

Cristian steht auf und geht zum Beistelltisch. Dann höre ich, wie die Karaffe angehoben und der Scotch in ein Glas eingeschenkt wird. Als er sich schließlich wieder mir gegenübersetzt, hebe ich mein Glas für einen Toast. Ich sage nichts, sondern schenke ihm nur ein niederträchtiges, verschlagenes Lächeln.

Sie ist zu mir gekommen, und sie wird bekommen, was sie verdient. Aber zuerst werde ich mit meinem neuen Haustier spielen.

»Also, was soll es sein?«, fragt er und runzelt die Stirn, während er auf meine Antwort wartet.

Ich lächle breit, als er sich vorbeugt, und stelle mein Glas ab. Dann stehe ich auf, um in meine Kabine zurückzukehren und mich für den Abend fertig zu machen. Bevor ich die schwere Bürotür aufziehe, drehe ich mich noch mal um und schaue zu Cristian. »Ist das nicht offensichtlich?« Ein diabolisches Lächeln spielt um meine Mundwinkel.

»Für mich nicht«, erwidert er.

»Tja …« Die Idee gefällt mir immer besser, je länger ich darüber nachdenke. »Offensichtlich werden wir einen Vogel fangen.«

»Und sobald wir das getan haben?«

Seine Frage lässt mich auflachen. »Stecken wir ihn in einen Käfig.«

***

Es ist selten, dass mich jemand hereinlegt. Und noch seltener, dass ich mich überraschen lasse. Aber dieses Mal ist es passiert.

Sie weiß nicht, dass ich sie kenne.

Doch das tue ich.

Ich weiß alles über sie.

Wenn sie glaubt, sie kann mich weiter an der Nase herumführen, hat sie sich geirrt. Tödlich geirrt.

Tatsache ist, sie hat keine Ahnung, und ich habe vor, diese Schwäche auszunutzen. Deshalb bin ich erneut im VIP-Bereich des Clubs – die Falle ist gestellt.

Sie ist noch nicht hier, aber das hatte ich auch nicht erwartet. Nein. Sie wird mich warten lassen.

Mich ködern.

Ein anderer Mann würde vielleicht darauf hereinfallen, aber ich nicht. Beinahe empfinde ich es als beleidigend, dass Michael glaubt, sein Plan könne funktionieren. Dass er glaubte, er wäre clever, wenn er seine Tochter gegen mich einsetzt.

Das zeigt nur, wie verzweifelt er sein muss.

Ich nehme auf der Samtcouch in der Nische Platz, die Mathis für mich reserviert hat. Links und rechts von mir tanzen Frauen, aber ich habe keine Augen für sie. Ich warte auf einen Vogel, auf meine kleine Taube.

Denn genau das ist sie. Sie mag sich für einen Phoenix halten, aber für mich ist sie ein kleiner, hilfloser Vogel, den Michael aus seinem Hut gezaubert hat.

Als könnte sie meinen inneren Monolog hören, betritt sie den Club. Jetzt, wo ich weiß, wer sie ist, sollte ich sie nicht mehr so umwerfend finden. Doch selbst wenn sie mir ein Messer ans Herz halten würde, wäre sie immer noch die schönste Frau im Raum.