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Der Autor beschreibt und reflektiert, welche liebgewordenen Tätigkeiten er einerseits nach seiner Pensionierung fortgeführt und welche neuen Wege er andrerseits in seiner dritten Lebensphase bisher im Ehrenamt beschritten hat. Wege, von denen er beständig hofft, dass sie ihn dienend zu anderen Menschen hinführen und ihm selbst Erfüllung und Zufriedenheit schenken.
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Seitenzahl: 57
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für Barbara
Das Umschlagbild zeigt Ingrid und Jürgen Hembd im Herbst 2015 in ihrem Vorgarten.
Vorwort
Nachdenken über das Älterwerden
Freude tanken durch Musik
…beim Musizieren
…beim Hören
Schicksalsort Alexanderplatz
Seniorenchorfeste im Britzer Garten
Freude beim Wandern
Nochmals Schicksalsort Alexanderplatz
…Bei der Caritas
…Computerkurs
…Englischkurs
…Weiterbildung in Seminarveranstaltungen
Seelsorgekurs
Ausbildung zum Großen Lektor
Wort, Musik & Traubensaft
Mitarbeit bei der VfJ
Nachwort
Für viele Menschen bedeutet das Ende ihrer Berufstätigkeit eine tiefe Zäsur in ihrem Leben, egal, ob sie ihrer Pensionierung entgegen gefiebert haben oder gern noch etwas länger gearbeitet hätten.
Nun zeigt es sich, ob sie genügend Weitsicht besessen und finanzielle Vorsorge getrieben haben; denn in aller Regel werden die Einkünfte per Saldo geringer und es gilt, neu zu kalkulieren.
Aber auch die mentale Seite ist wichtig; denn wer sich zeitlebens nur über seinen Beruf definiert hat, ist jetzt besonders arm dran. Nach meiner Erfahrung verblassen nämlich Inhalt und Bedeutung unserer früheren Berufstätigkeit und sozialen Position zunehmend und spielen irgendwann kaum noch eine Rolle, zumal uns vermutlich seltener jemand danach fragen wird und sich immer weniger Personen an unser soziales Rollenspiel von einst erinnern werden. Um anderen Menschen nun weiterhin partnerschaftlich begegnen zu können, müssen wir uns täglich neu bewähren − und diese Chance gilt es beherzt zu ergreifen!
Dem Jammern und Klagen meiner Altersgenossen leihe ich nur ungern mein Ohr, sofern es um die Schilderungen von Körperbeschwerden und Arztbesuchen geht – nicht, weil es mir an der Gabe des Zuhörens fehlt, sondern weil ich weiß, dass sich diese Art der aufwändigen Beschäftigung mit seiner eigenen Befindlichkeit letztlich im Kreise dreht und uns emotional schnell in einen Abwärtsstrudel reißen kann.
Ich kenne niemanden, der nicht so lange wie möglich ein selbstbestimmtes Leben führen möchte, dabei aber nicht allein gelassen werden will. Wir freuen uns, wenn uns unsere Kinder oder liebe Verwandte und Freunde auf unserer Wegstrecke begleiten.
Da wirklich alles seine Zeit hat, müssen wir lernen, mit traurigen Verlusten umzugehen.
Uns erwachsen oft neue Einsichten, die unser bisheriges Credo ins Wanken bringen und uns fühlen lassen, dass wir womöglich ganz schön allein im Weltall sind.
Für den Fall, dass wir noch ideenreich und beweglich genug sind, können wir uns hinaus in die Welt begeben, Neues unternehmen und uns nützlich machen in Bereichen, die uns lohnenswert erscheinen. Endlich können wir es wagen, uns zunehmend mit Menschen und Dingen zu befassen, die uns gut tun.
Ohne Konkurrenzneid dürfen wir uns mit den Anderen und für sie freuen.
Wenn wir wollen, können wir uns ständig neu erproben, uns in der dritten Lebensphase im Rahmen unserer Möglichkeiten in Bewegung halten und dabei Erfüllung finden und Freude tanken.
Jürgen Hembd, im Herbst 2015
Im Jahre 2013 drehte Dieter Hallervorden einen Film mit dem Titel Sein letztes Rennen.
In meiner Fernsehzeitschrift wurde dieser Film wie folgt „gecheckt und bewertet“:
Bastelstunden und Bevormundungen – Paul kann sich mit seinem Leben im Altenheim nicht anfreunden. Um der Langeweile vorm Ableben zu entfliehen, fängt der Olympiasieger von 1956 an, für den Berlin-Marathon zu trainieren.
Als Leser erfahren wir, dass sich der bei den damaligen Dreharbeiten bereits 78jährige Dieter Hallervorden noch nie so intensiv vorbereitet habe. Er habe fünfeinhalb Monate trainiert, die Ernährung umgestellt, auf Alkohol verzichtet, neun Kilo abgenommen. Den ganzen Marathon sei er zwar nicht gelaufen; aber die Kamera zeigt, wie er sich inmitten des Läuferheeres vorwärts kämpft nach dem Motto, dass, wer stehen bleibe, doch schon verloren habe.
Das Altern und das Altwerden sind durch Film und Fernsehen schon häufig thematisiert worden und wir selbst erfahren täglich, wie dies aussieht − an uns selbst und wenn wir unterwegs sind.
Stoff zum Nachdenken…
Im vorerwähnten Film erfindet sich Paul nicht gänzlich neu, sondern er besinnt sich auf das, was er früher wirklich sehr gut konnte und knüpft nun an diese schlummernden Fähigkeiten wieder an. Bei ihm war es damals der Hochleistungssport, Disziplin Langstreckenlauf. Dabei ging es nicht nur um die physische Leistung an sich, sondern auch und vor allem um Willenskraft und Ausdauer − und diese Eigenschaften und Fähigkeiten reaktiviert er noch einmal und löst damit allmählich die Bewunderung der anderen Heimbewohner aus. Die Angebote der Beschäftigungstherapeutin lehnt er in Bausch und Bogen ab und schon nach kurzer Zeit nimmt er Reißaus.
Müssen und können wir uns in der dritten Lebensphase überhaupt ständig neu erfinden oder sind und bleiben wir im Grunde genommen nicht eher so, wie wir wesensmäßig schon immer waren? Wir nehmen an uns allmähliche Veränderungen wahr, die Körper, Geist und Seele betreffen.
Da sich das Älterwerden nicht vermeiden lässt, bringt es wenig, uns jünger zu geben als wir sind. Wer mir einreden wollte, ich hätte mich im Laufe vieler Jahre überhaupt nicht verändert, schwindelt in wohlmeinender Absicht und bestreitet zugleich, dass ich gereift bin − wenigstens ein bisschen!
Wir können uns jederzeit fort- und weiterbilden, und werfen dabei angestauten Wissensballast und Gefühlsmüll ab. Im günstigen Falle wird enzyklopädisch angehäuftes Wissen der Fähigkeit des schlussfolgernden Denkens weichen. Vielleicht sind wir für andere immer noch ein Leuchtfeuer oder der Fels in der Brandung, aber wir brauchen uns gleichzeitig der Hilfe nicht zu schämen, die wir erbitten müssen. Wir werden immer noch gefragt und bleiben selbst Fragende.
Inzwischen ist es Jahrzehnte her, dass ich fast jeden Abend schweißgebadet vom Joggen nach Hause kam − bis mir meine Kniegelenke mitteilten, dass sie die stauchenden Bewegungen nicht mehr aushielten. Das Wandern hingegen tut mir weiterhin gut − gern allein, lieber jedoch in Gemeinschaft.
Noch immer komme ich beim Start mit gekonntem Hüftschwung über die Mittelstange meines 28er Herrenfahrrades − aber absteigen kann ich nur noch mit Hilfe der Bordsteinkante, weil mein rechtes Bein die Rückwärtsbewegung nicht mehr schafft. Könnte es sein, dass ich demnächst auf ein Damenfahrrad werde umsteigen müssen?
Es nervt mich zunehmend, mit dem eigenen Auto durch hektischen Berufsverkehr zu fahren. Deshalb verlagere ich neuerdings das Einkaufen auf den vormittäglichen Samstag und benutze mit meinem Seniorenticket die öffentlichen Verkehrsmittel − viel öfter als je zuvor!
Früher habe ich über Senioren gelächelt, die Matinee-Veranstaltungen im Hellen bevorzugten. Heute weiß ich den Vorteil zu schätzen, nicht spätabends nach Hause kommen zu müssen.
Man stelle sich vor − in der U-Bahn ist mir schon mehrmals ein Sitzplatz angeboten worden. Mir!
Sehe ich denn wirklich schon so betagt und leidend aus?
Es gibt Tage, an denen ich mich gewaltig konzentrieren muss um nichts Wichtiges zu vergessen und Fehler zu vermeiden.
Ich kann es mir gar nicht mehr leisten, ohne Einkaufszettel in den Supermarkt zu gehen, weil mir dann am Ende wichtige Artikel fehlen würden.
Eine Wanderung mit der Seniorengruppe ohne meine geliebten Spickzettel unterwegs wäre für mich ein Risiko, weil ich schnell vergesse, was ich sagen wollte.