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Amelía ist zurück. Während Josh im Reich der Fantasie bleiben musste. Alec bezahlt einen hohen Preis, um sein Volk zu schützen: Er geht in die Menschenwelt, um Amelía zu holen. Josh lernt in der Zeit das Fantasieland und dessen Freund und Feind besser kennen. Er muss den Verräter an einen Ort bringen, an dem er niemanden schaden kann und gleichzeitig sein Trauma überwinden. Aber wie?
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Seitenzahl: 575
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The Magic Of Fantasy (1. Band)
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Prolog – Julie
1. Kapitel – Amelía
2. Kapitel – Alec
3. Kapitel – Alec
4. Kapitel – Amelía
5. Kapitel – Alec
6. Kapitel – Josh
7. Kapitel – Amelía
8. Kapitel – Alec
9. Kapitel – Josh
10. Kapitel – Amelía
11. Kapitel – Alec
12. Kapitel – Josh
13. Kapitel – Amelía
14. Kapitel – Alec
15. Kapitel – Amelía
16. Kapitel – Josh
17. Kapitel – Amelía
18. Kapitel – Alec
19. Kapitel – Josh
20. Kapitel – Amelía
21. Kapitel – Amelía
22. Kapitel – Alec
23. Kapitel – Josh
24. Kapitel – Amelía
25. Kapitel – Alec
26. Kapitel – Josh
27. Kapitel – Amelía
28. Kapitel – Alec
29. Kapitel – Josh
30. Kapitel – Amelía
31. Kapitel – Alec
32. Kapitel – Josh
33. Kapitel – Amelía
Prolog – Julie
»Eure Majestät verlangt deine Anwesenheit, Julie.«
Ihre helle Stimme ließ mich in meiner Arbeit innehalten.
Überrascht sah ich von dem rosa Stoff und dem goldenen Glitzer auf und legte meine Nadel nieder.
Die dunkelblonde Soldatin nickte mir lächelnd zu.
Ich erwiderte die Geste. »Vielen Dank, Martha. Aber ... warum? Er hat seit Monaten nicht mehr von selbst nach mir verlangt.«
Martha zuckte entschuldigend mit den Schultern. »Das weiß ich leider nicht. Er sagte mir nur, ich solle dich holen.«
Misstrauisch verengte ich die Augen. »In welcher Stimmung schien er?«
Die Kriegerin legte nachdenklich den Kopf zur Seite. »Ich würde sagen ... so entschlossen und unabbringlich wie immer.«
Ich seufzte und hob wissend die Augenbrauen.
»Dann werde ich irgendetwas falsch gemacht haben. Verflucht, ich dachte, ich hätte auf alles geachtet. Na ja, wenigstens kann ich dann endlich etwas anderes tun, als hier auf eine Aufgabe für den Krieg zu warten.«
Martha schielte zu den Stoffen, Nadeln und Geräten neben mir auf dem Bett.
»Vielleicht liegt es ... daran.«
»Aber er hat nie gesehen, dass ich die Sachen überhaupt mit dabei habe. Und die sind kein Grund, warum ich bis jetzt noch nichts außerhalb dieser Mauern machen durfte. Ich sorge für wichtige Kleidung!«
Martha lachte auf. »Entschuldigung, Julie, aber ich glaube nicht, dass eine neue Abendgarderobe bei dieser Invasion irgendwie hilfreich ist.«
Genervt verdrehte ich die Augen. »Es ist die perfekte Tarnung! Ihr wollt das alle nur nicht sehen. Na gut, führe mich zu ihm. Ich muss wahrscheinlich wieder erklären, wie Nadel und Faden wunderbare Waffen sein können.«
Martha zögerte. »Ähm ... willst du ... dich nicht noch abschminken? Zaron wird über die Schminke nicht begeistert sein.«
Genervt holte ich einen kleinen Schminkspiegel aus einer versteckten Tasche meines Kleides und sah hinein.
Die dunkle Wimperntusche und der schwarze Lidstrich sorgten dafür, dass meine graublauen Augen noch heller strahlten.
Selbst gemachtes Make–Up, welches jegliche Unreinheiten unsichtbar machte, ließ meine Haut makellos aussehen.
Der rosa Lippenstift verlieh meinen dünnen Lippen eine süße Farbe.
»Nein«, entschied ich nach dem Blick in den Spiegel. »Das bin ich und fertig.«
Damit legte ich den Schminkspiegel weg und folgte meiner Freundin.
Marthas braune Augen leuchteten stolz, als sie hinaus in den bunten Gang trat.
Natürlich wechselte sie sofort das Thema.
»Ich kann es immer noch kaum glauben, dass wir im Königsschloss sind! Im Universumschloss! In einem Schloss, was auf einem Felsbrocken in der Luft schwebt! Ehrlichgesagt habe ich schon Angst, dass dieser Brocken jeden Moment runterfallen könnte ...«
»Silberlichts Statur hält ihn oben, das weißt du doch«, beruhigte ich sie.
Bevor ich den Raum verließ, schaute ich mich noch einmal um.
Ich war mir unsicher, ob es Tapete oder etwas anderes war, das die Wände so aussehen ließ, als wäre man in einem tiefen Wald.
Das große Himmelbett in der Mitte war bedeckt mit all meinen Stoffen und Zeichnungen.
Weiterhin inspirierten mich die Seidentücher des Bettes, mit ihren lebendigen Abbildungen von sommerlichen Wäldern.
»Musst du das immer machen?«, wollte Martha amüsiert wissen. »Wir verschwenden Zeit. Wir müssen pünktlich sein.«
Gespielt entrüstet blickte ich die großgewachsene Frau an. »Wir verschwenden überhaupt keine Zeit!«
Ernster fügte ich hinzu: »Der Blick zurück hilft, Altes, Nützliches nicht zu vergessen und auf das Neue vorbereitet zu sein.«
Martha beäugte mich mit einem Blick, der sagen sollte: Wirklich? Das meinst du ernst?
Ich musste lachen. »Oder es ist einfach nur ein Tick.«
Wir spazierten durch die breiten Gänge des Schlosses und mir kam es so vor, als würde die Farbenpracht mich erschlagen wollen.
So viel Auswahl. So viel Schönheit. So viel Inspiration.
Überwältigt drehte ich mich um meine eigene Achse, während ich Martha folgte.
Dabei wehte mein Kleid.
»Es ist unglaublich, wie schön es hier ist. Bei uns müssen wir auch mal wieder Farbe spielen lassen. Ich bin gespannt, wie es draußen ist. Bestimmt genauso überwältigend! Vielleicht könnten ja auch ein paar Leute hier leben, wenn wir gewonnen haben. Die Statur ist aus dem gleichen Material – was auch immer das sein mag - wie das Schloss«, fiel mir da ein. »Solange wir ihr also nichts tun, bleibt das Schloss genau da, wo es ist. Nämlich hier oben. Und ich kann sie bestimmt bald bestaunen ... also die Statur.«
Auf den Fluren begegneten wir keinen Leichen.
Mehr als eine Woche war seit der gewaltsamen Übernahme vergangen und wir hatten uns den Fantasieleichen entledigt.
Vielleicht war es nicht ganz so nett, die Toten einfach von dem schwebenden Felsen zu werfen, aber hey ... sie umzubringen war schlimmer.
»Zu deiner Aussage eben: Ich kann es auch noch nicht glauben, dass wir wirklich hier sind. Wir haben das Herz dieser Welt eingenommen! Es wird nicht mehr lange dauern, bis sie keine Bedrohung mehr für unsere ist!«
Grinsend schlenderten wir die Flure entlang, bis wir an einem gewaltigen Tor ankamen.
Max und Leo standen an ihr Wache.
Oh nein. Ich mied es, dem tannennadelgrünen Blick des Rotschopfs zu begegnen.
Oh Lyon ... er wird nie wieder mit mir sprechen. Das ist ein Opfer, das ich bringen und akzeptieren muss. Zaron hatte gute Gründe, seinen Bruder zu töten. Die Schwachen müssen aussortiert werden, damit unsere Ebene sicher sein kann. Und Zaron wird dafür sorgen, dass wir das schaffen. Selbst, wenn er ihn auch einfach hätte verbannen können, aber ...
»Der König erwartet Julie«, informierte Martha die beiden Soldaten.
Bei den Worten meiner Freundin sah ich auf ... und direkt in Max´ dunkle Augen.
Er hatte sich keinen Millimeter bewegt, doch meine Tiefen hatten sofort die Seinen gesucht – und brennenden Zorn gefunden.
Max öffnete den Mund, da aber sog Leo fast panisch auf der anderen Seite des Tores die Luft ein.
»Natürlich! Wir öffnen euch sofort!«, rief er eilig und lächelte unsicher. Er warf seinem Kollegen einen warnenden Blick zu und zerrte die gewaltige Tür auf.
Max positionierte sich neben die Öffnung und auch Leo blieb am Türgriff stehen.
»Vielen Dank«, nickte ich Leo zu und trat durch die Tür, wohlwissend, dass Max jeden meiner Bewegungen verfolgte.
Beim Vorbeigehen zischte er mir wahrhaftig zu: »Dein Onkel ist ein tyrannischer Mörder!«
Ich schluckte schwer.
Dem trauernden Soldaten würdigte ich keines Blickes mehr, um die Aufmerksamkeit des Königs nicht auf ihn zu lenken, falls er mich bereits beobachtete.
Er darf Zaron seine Worte unmöglich hören lassen! Außerdem sind sie gelogen! Wir alle sind Mörder. Das ist sehr schlimm, doch unausweichlich, wenn wir unser Volk beschützen wollen ... zugegeben, bis jetzt hat niemand von uns, außer Zaron, einen der unsrigen getötet ...
Meine Gedanken wurden von dem Bild vor mir unterbrochen.
Warum sind sie hier?
Zehn Soldaten standen aufgereiht vor dem Thron.
Sie alle trugen ihre schwarzen Anzüge.
In welche Schlacht schickt Zaron nur zehn Leute?
»Julie, na endlich!«, rief der große Mann auf dem gläsernen Thron.
Neben ihm standen zwei Käfige.
Zaron hatte beschlossen, die beiden Kreaturen bei sich zu behalten, anstatt in den Kerker zu sperren.
Hier könnten sie schwerer entkommen oder befreit werden.
Liljana sah schrecklicher aus, als das letzte Mal, dass ich sie gesehen hatte.
Sie schien farbloser, grauer. Ihr hellgrüner Blick starrte stumpf zu Boden. Jeglichen Glanz, den sie als stolze Königin gehabt hatte, hatte sie verloren.
Im anderen Käfig kauerte Faith.
Sie starrte Zaron weiterhin mit leuchtenden eisigen Augen an, doch ihr Fell welkte. Ihre einst bunten Blumen gingen ein.
Ihr silberner Pelz verfilzte immer mehr und die Efeuranken und das Gras wurden braun.
Dennoch leuchteten ihre Augen voller Hass und Tatendrang.
Bei der kleinsten Chance würde sie sich auf Zaron werfen und ihn zerfleischen, selbst, wenn es das Letzte wäre, was sie täte.
Mein Onkel erhob sich.
Seine Augenbrauen befanden sich in der üblichen Position: Zusammengezogen.
Mich wunderte, dass er sich einen 3-Tage-Bart wachsen lassen hatte.
Seit wann mag er Haare im Gesicht?
Seine Kleidung war noch unüblicher: Er trug zwar wie eh und je seinen dunklen Anzug, doch dieser wies schreckliche Falten und Schweißflecken auf.
Ein Schauer erschütterte meinen Körper, als ich mich näherte.
Was ist geschehen, dass er nicht mehr auf seinen Anzug und sein Äußeres achtet?
Als ich neben den anderen Soldaten zum Stehen kam, verbeugte ich mich und fragte: »Ihr habt mich rufen lassen, Eure Majestät. Was kann ich für Euch tun?«
Zaron sog tief die Luft ein und zögerte mit der Antwort.
Meine Augenbrauen hoben sich erstaunt.
Noch nie zuvor hatte er das getan.
Seine Augenbrauen bewegten sich sogar auch nach oben! Und er schloss kurz die Augen!
Er ist Sekunden vor einem Herzinfarkt, hat Alzheimer oder wurde ersetzt!
Bevor ich mich für eins dieser Erklärungen entscheiden musste, verkündete Zaron mit, für seine Verhältnisse, ruhige Stimme: »Es gibt einen Grund, weshalb ihr meinen Sohn seit Einnahme dieses Schlosses nicht mehr gesehen habt.«
Seine graugrünen Augen, die heute älter wirkten, als jemals zuvor, sahen jeden Einzelnen der Anwesenden – selbst die zwei Gefangenen – durchdringend an.
Faith knurrte, fletschte die Lefzen und preschte ans Gitter vor.
Dort winselte sie und wich vor dem Gift zurück, welches sie in den stählernen Stäben spüren konnte.
Zarons Blick blieb schlussendlich an meinem hängen.
Ganz genau konnte ich den Zorn in ihnen sehen.
Ja, doch. Das ist immer noch mein Onkel.
»Alec ist fort. Er hat geschworen, mit der Tochter der Fantasie zurückzukehren, allerdings hat seitdem niemand mehr von ihm gehört. Er hat keine Fortschrittsberichte verschickt und auch sonst mit keinem Kontakt aufgenommen. Das ist unüblich für meinen Sohn. Deshalb fürchte ich ...«
Schwer schluckend lehnte ich mich vor.
Nein ... sag nicht das, was ich denke! Sag nicht das, was ich denke!
»Ich fürchte, er weilt nicht mehr unter uns.«
»Nein!«
Mein Ausruf verwandelte sich in ein Echo, welches in der riesigen Halle zurückgeworfen wurde und den Saal von Neuem erfüllte.
Die Soldaten und Soldatinnen schauten mich erstaunt an.
Zaron warf mir einen wutentbrannten Blick zu.
Dieser mochte die anderen zum Schweigen bringen, aber mich nicht. »Ich melde mich freiwillig für den Suchtrupp!«
Sogleich trat ich vor. »Gib´ mir so viele Soldaten mit, wie du für nötig hältst, aber ich werde den Suchtrupp begleiten!«
Der Blick des Königs verfinsterte sich weiter.
»Was für ein Suchtrupp?«
Seine Stimme schnitt wie ein Messer durch die Luft.
Erschrocken riss ich die Augen auf, als ich verstand.
»Ich wollte euch nur hier haben, um euch zu verkünden, dass mein Sohn tot ist. Und um dich zu meiner Nachfolgerin zu machen, Julie.«
»Mich?!«
Verstört zuckte ich zurück.
Ich soll all die Menschen leiten?! Führen? Mein Fachgebiet ist Kunst, nicht die Führung eines Landes!
Überfordert machte ich einen Schritt rückwärts.
Andererseits ... dann könnte ich endlich überall da sein, wo ich wollte ... und wäre nicht mehr auf Zaron angewiesen ...
Kopfschüttelnd verbannte ich diese lockenden Gedanken.
»Nein ... nein ... Alec ist der rechtmäßige König und irgendwo da draußen! Wir können nicht sicher wissen, dass er tot ist, ohne seine Leiche!«
Zaron seufzte übertrieben und schloss kurz die Augen.
Er tat so, als würde das Verschwinden seines Sohnes ihm nahe gehen. Das stimmte jedoch nicht. Und er tat es so, dass alle genau das wussten.
»Mach´ es mir doch nicht noch schwerer, Julie. Wäre dein Cousin noch am Leben, hätte er schon längst irgendeine Nachricht geschickt oder wäre von meinen Spähern gesichtet worden.«
»Vielleicht ... vielleicht ist er ...«
Meine Stimme begann zu zittern. Meine Kehle wurde so trocken, als hätte ich Monate nichts getrunken.
Nein! Nicht vor ihm!
Tief atmete ich durch die Nase ein, streckte die Schultern und hob den Kopf.
Ich blinzelte die Tränen zurück und sammelte Spucke zum Sprechen.
Zaron richtete sich an die Soldaten, die sich unsichere Blicke zuwarfen.
»Wir sind heute hier zusammengekommen, um einen ganz besonderen jungen Mann zu verabschieden. Er hat sich für seine Welt eingesetzt und – «
»Nein!«, rief ich entschieden aus. Meine Hände waren zu Fäusten geballt, um zu verbergen, dass sie zitterten.
Vor Wut, als auch vor Angst. Vor Trauer und vor Energie.
Unbeirrt starrte ich Zaron an, der überrascht die Augenbrauen hob.
»Nein?«, wiederholte er mit gruseliger, ruhiger Stimme.
Alec schüchtert das ein, aber mich nicht!
»Ich werde nicht einfach hinnehmen, dass er tot ist! Er ist dein Sohn, Lyon nochmal! Von dem Bruder meines Vaters hätte ich mehr erwartet, Zaron! Er hätte mich nie so einfach aufgegeben!«
Ungläubig weiteten sich die graugrünen Augen des Königs.
»Hinaus!«, wies er die anderen Soldaten kalt an, ohne den Blick von mir zu nehmen.
Die Männer und Frauen eilten raus, tuschelten und warfen mir bemitleidenswerte Blicke zu.
Herausfordernd starrte ich zurück.
Als das Tor geschlossen war und ich alleine mit dem König und seinen zwei Gefangenen da stand, versuchte ich, mich noch größer zu machen, indem ich das Kinn reckte.
»Es ist wahr, Zaron, und das weißt du ganz genau! Mein Vater hätte mich oder Alec niemals im Stich gelassen! Alec war für ihn wie ein Sohn! Du solltest nicht einfach so hinnehmen, dass – «
»Sag mir noch einmal, was ich zu tun habe und ich verbanne dich.«
Er sprach leise. Ruhig.
Doch seine Stimme brachte die Drohung und die Durchführung ihrer, sollte ich mich widersetzen, klar zum Ausdruck.
Ich biss die Zähne zusammen.
Meine graublauen Tiefen aber zeigten Zaron ganz genau, was ich davon hielt.
Er verengte die Augen.
Langsam kam er die paar Stufen hinunter auf mich zu.
Der Boden war immer noch schwarz von dem Gift.
Niemand hatte den Thronsaal gesäubert. Das teerartige Zeug klebte an seinen dunklen Lackschuhen.
Genau vor mir blieb der König stehen und sah auf mich hinab.
Ich bewegte mich keinen Millimeter.
Weiterhin starrte ich ihn an, ohne den Blick zu senken.
»Wie würdest du Alec überhaupt finden wollen?«, fragte er da bedrohlich. »Wir sind hier in einer anderen Welt. Er könnte überall sein. Es könnte Jahre dauern, bis wir seine Überreste finden.«
»Kennst du deinen Sohn so wenig, dass du ihm nicht zutraust, dort draußen alleine zu überleben?«
Ehe ich realisieren konnte, was geschah, spürte ich Schmerz an meiner Wange.
An der Wange.
Scharf sog ich die Luft ein und zuckte zurück.
Sofort berührten meine Finger die Stelle.
Brennende Wellen gingen von ihr aus. Tränen schossen erneut in meine Augen.
Als ich meine zitternde Hand sinken ließ, klebten Reste von meinem Make – Up an ihr.
Jetzt kann sie jeder sehen ...
Schwer atmend schaute ich Zaron wieder an, der tief die Luft einsog und die Augenbrauen erneut zusammenzog.
Jetzt sah er so aus, als wäre nichts geschehen.
»Mein Sohn war schwach. Es ist klar, dass er tot ist, wenn er sich nicht meldet. Er würde sich melden, wenn er noch am Leben wäre. Ihn zu suchen, wäre verschwendete Zeit. Obwohl ...«
Forschend musterte er mich, als würde eine Idee in ihm wachsen, die eine Menge mit mir zu tun hatte.
»Na schön. Du hast mich überzeugt. Vielleicht lässt dich so eine Mission auch endlich erwachsen werden.«
Beleidigt zog nun ich die Augenbrauen zusammen und verschränkte die Arme.
»Nur, weil ich mich schminke und Kleider sowohl nähe als auch trage, heißt das nicht, dass ich – «
»Du wirst nach Alec suchen. Für vier Monate. Danach kommst du wieder. In dieser Zeit werden wir das Reich der Fantasie gänzlich einnehmen und du wirst Alec womöglich finden. Ist doch eine gute Arbeitsaufteilung. Findest du nicht?«
»Du machst das nur, damit ich in keiner großen Schlacht mitkämpfen kann.«
»Und damit du vielleicht endlich verstehst, dass dieses Prinzessinnenkleid keine gute Uniform darstellt und offene Haare das Tödlichste auf einem Schlachtfeld sind.«
Angewidert zeigte er auf mein lilafarbenes Sommerkleid, welches mir luftig um die Beine fiel und fuhr herablassend mit seiner Hand durch meine langen blonden Haare.
Ich entwandt mich seiner Reichweite.
»Dafür ist es die perfekte Tarnung!«
Zaron lachte gehässig auf. »Nicht in dieser Welt. Und auch nicht in unserer.«
Er wandte sich um und ging zurück zum gläsernen Thron.
»Geh´ und such´ deinen Cousin. Ich erledige hier den Rest und danach wirst du zur zukünftigen Königin gekrönt.«
Herausfordernd grinste ich Zaron an.
»Ich werde Alec lebendig zurückbringen. Das schwöre ich dir.«
»Mach´ keine Schwüre, die du nicht halten kannst«, warnte der König düster und setzte sich auf den Stuhl.
Ohne ein weiteres Wort wandte ich mich ab.
Die Fantasiewesen werden es bereuen, was auch immer sie mit Alec gemacht haben!
1. Kapitel – Amelía
Das grelle Licht verebbte und plötzlich fand ich mich in meiner Straße wieder.
»Nein!« Vor mir sah ich noch immer den Dolch, der auf Josh zu raste.
Ich sprang vor, um ihm zu helfen, krachte aber nur auf den Asphalt.
Mit weit aufgerissenen Augen blieb ich auf allen vieren hocken.
Ich traute mich nicht, aufzublicken.
Die Straße zu sehen und mir einzugestehen, dass ich wirklich zurück war.
Tränen ließen langsam mein Sichtfeld verschwimmen, dennoch sah ich die Farbe Grau.
Überall grau.
Was, wenn Josh tot ist?
Der Gedanke überwältigte mich.
Schluchzend rollte ich mich zusammen.
Schmerz zuckte mir in die Handflächen.
Blinzelnd entdeckte ich blutende Schnitte auf ihnen.
Der Griff um das Schwert hatte seinen Tribut gefordert, aber es hatte nichts geändert.
Ich hatte Josh nicht retten können.
Ich hatte Alec nicht retten können.
Das darf nicht sein! Das darf nicht sein!
Die Vorstellung, in meiner Welt zu sein, während alle Leute, die ich die letzten Wochen kennengelernt hatte, in einer anderen und vielleicht tot waren, ließ mich verzweifelt aufschreien.
»Amelía!«
Jemand rief meinen Namen.
Aber ich kannte die Stimme nicht.
War mir ein Logiker aus der anderen Welt gefolgt?
Erschrocken und gleichzeitig hoffnungsvoll, ob vielleicht jemand – wenn auch ein Logiker – mit mir hier und ich somit nicht alleine war, schreckte ich hoch und sah zwei Polizisten auf mich zulaufen.
Ich riss die Augen auf.
Oh nein! Ich war verschwunden! Wo bin ich gewesen? Wo ist Josh?! Was soll ich ihnen sagen?!
Mein erster Instinkt sagte mir wegzulaufen.
Das konnte ich nicht tun.
Das konnte ich meiner Mutter nicht antun.
»Amelía Clover?«
Verstört starrte ich den jungen Mann an.
Er hatte hellbraunes, kurzes Haar, welches ihm auf die Stirn fiel und ziemlich helle Haut.
Auf seiner blauen Jacke stand groß Polizei.
Er war ein paar Jahre älter als ich, musste aber auf jeden Fall noch in der Ausbildung sein.
Vorsichtig hockte er sich zu mir.
»Bleib´ ganz ruhig. Es ist alles gut. Du bist jetzt in Sicherheit ...«
Ich begann, zu weinen.
Nein, es war nichts gut.
Josh war tot.
Alec war tot.
Das Reich der Fantasie war für mich auf ewig unerreichbar.
»Ruf´ einen Krankenwagen!«, ordnete der junge Polizist seinen älteren Kollegen mit Sorge in der Stimme an, der hinter ihm stand.
Sein blaubeerfarbener Blick ruhte beunruhigt auf meinen aufgeschlitzten Handflächen.
Sein Partner wandte sich ab, während der junge Mann mich verwirrt musterte.
Scheiße!
Ich trug immer noch die mittelalterliche Hose und Bluse.
Wolfsherz!
Ich packte an meine Seite, doch dort war nichts.
Weitere Tränen kullerten mir über die Wangen.
Es ist fort ...
»Wir bringen dich jetzt ins Kranken – «
»Nein!«, schrie ich panisch auf und begann, zu hyperventilieren.
Ich konnte doch jetzt nicht in das Krankenhaus!
Nicht nach allem, was ich gesehen hatte!
Nicht zurück an den Ort, an dem so viel schlecht gelaufen war.
»Nein, nein, nein!«
So schnell ich konnte, rappelte ich mich auf die Beine.
Der Polizist wusste, was ich in meiner Panik vor hatte, weshalb er mich eisern am Arm packte.
Dieser Griff war so stark, dass ihn nicht mal Alec hätte lösen können.
Alec ... er ist tot ...
Ich weinte und wollte das alles nicht wahrhaben.
»Lass mich los! Lass mich los!«
Wie wild geworden, versuchte ich vergebens, mich aus seinem Handgriff zu befreien.
Schließlich war ich so verzweifelt, dass ich nach dem Polizisten trat und schlug.
»Ich muss weg! Ich muss weg! Ich muss ...«
Ins Reich der Fantasie ...
Meine Schläge und Tritte störten den Mann überhaupt nicht.
Er ließ sie schweigend über sich ergehen.
Nach ein paar Sekunden wurden sie schwächer, langsamer.
Mein Nervenzusammenbruch raubte mir die Kraft, die ich brauchte, um zu fliehen. Um irgendwo hinzulaufen.
Egal, wo.
Nur weg.
Schließlich verebbte meine Gegenwehr und ich ließ mich von dem Fremden umarmen.
Damit wollte er mich beruhigen, weil er wahrscheinlich glaubte, ich sei entführt worden. Ich war zu schwach, um mich weiter zu wehren.
In meiner Verzweiflung, erwiderte ich schluchzend und schniefend die Umarmung.
»Es wird alles gut«, flüsterte mir der Typ beruhigend zu. »Egal, was dir passiert ist, jetzt bist du Zuhause.«
Nein ... ich bin nicht zuhause ... ich wurde aus meinem Zuhause verbannt und kann nie mehr zurück ...
»Bitte«, schluchzte ich. »Bitte, bringen Sie mich nicht ins Krankenhaus! Da kann ich jetzt nicht hin! Ich ... ich bin nicht verletzt. Meine Hände ... das sind nur Schnittwunden ... dafür muss ich nicht ins Krankenhaus!«
Der Kerl löste sich von mir und sah mich prüfend an.
»Bitte! Mir geht es gut! Wirklich! Mir fehlt nichts! Ich wurde auch nicht vergiftet oder so! Bitte, ich kann jetzt nicht ins Krankenhaus! Da sind so viele schlimme Dinge ...«
Meine Stimme brach bei der Erinnerung an all das, was ich versucht hatte, hinter mir zu lassen.
Im Reich der Fantasie wollte ich ein neues Leben beginnen.
Jetzt war auch dieser Traum tot.
Alles war tot.
Der Polizist sah die Verzweiflung in meinen Tiefen.
Er schaute zu seinem Partner, der gerade zu meinem Haus ging, um meiner Mutter die frohe Nachricht zu überbringen, dass ich zurück war.
Mama ... ich bin wieder da ...
Bei diesem Satz verspürte ich nichts als Trauer.
Der Kerl seufzte schwer und blickte mich misstrauisch an.
Nun fielen mir seine markanten Wangenknochen auf und seine dunklen Augenringe. Er hatte lange nicht geschlafen.
Doch da erschien ein erleichtertes Lächeln auf seinen schmalen, gepflegten Lippen.
Seine großen Augen strahlten hoffnungsvoll.
»Ich bin nur froh, dass wir dich gefunden haben. Na schön. Du musst nicht ins Krankenhaus. Aber die Leute vom Krankenwagen sollen dich durchchecken.«
Ich erzitterte vor Erleichterung und atmete auf.
»Danke!«, hauchte ich ehrlich. »Danke, danke, danke!«
Das Lächeln des Polizisten wurde breiter, als er meine Entlastung sah und verwandelte sich in ein Schmunzeln.
»Mein Name ist Finn. Ich werde mich um dich kümmern, bis du wieder ganz die Alte bist.«
Die werde ich nie mehr sein ...
»Amelía!« Ein erleichterter Schrei erklang aus der Richtung meines Hauses.
Ich sah an Finn vorbei und entdeckte meine Mutter, mit einem Verband an der Schulter, auf mich zu rennen.
Bei ihrem Anblick verspürte ich sowohl Freude als auch Trauer.
Ihr Dasein bewies mir unmissverständlich, dass ich zurück in meiner langweiligen Welt war, aber natürlich freute ich mich, meine Mutter wiederzusehen.
»Oh, meine Kleine!«
Finn trat zur Seite und meine Mutter fiel mir lachend in die Arme.
Sie war glücklich, mich zu sehen. Sie vergoss keine Träne.
»Oh, mein Gott, wo warst du denn nur?! Ich habe mir solche Sorgen gemacht!«
Sie umfasste mein Gesicht.
»Hier war irgend so ein Typ, der mir gesagt hat, es ginge dir gut. Die Polizei sucht ihn bereits!«
Almadus ... den werdet ihr hier nicht finden. Er ist aus einer anderen Welt ...
Sie musterte mich von oben bis unten.
»Was hast du denn an?«
Und da blieben ihre Augen an meinen Handflächen hängen.
»Deine Hände! Wer hat dir das angetan?!«
Ich zuckte vor ihren Fragen zurück.
Die konnte ich im Moment unmöglich beantworten.
Erstmal muss ich mir eine Lüge einfallen lassen! Die stecken mich sofort in die Klapse, wenn ich die Wahrheit sage!
»Lassen Sie Ihre Tochter bitte erst einmal ankommen«, meinte da Finn und legte meiner Mutter behutsam eine Hand auf die gesunde Schulter.
»Sie hat viel durchgemacht und muss erstmal Luft holen.«
Ich nickte und war dem Polizisten dankbar für seine Hilfe.
Mama ließ mich los und atmete tief durch. »Ich bin nur so froh, dass du da bist!«
Da war ich mir sicher.
Ich dagegen konnte unmöglich das Gleiche sagen.
»Dieser Mann hat uns entführt. Ich wurde in eine Hütte im Wald gebracht. Er hatte irgendwie einen Fetisch für mittelalterliche Klamotten. Josh ...«
Seinen Namen auszusprechen, trieb mir Tränen in die Augen.
»Josh hat er ... woanders hingebracht.«
Ich schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung, wohin. Ich habe ihn seit dem Tag nie wieder gesehen.«
Konzentriert starrte ich auf meine Hände, die nach dem Besuch der Sanitäter in Verbände eingewickelt waren.
Ich hatte mir schnell eine Geschichte zusammengereimt, die jeder beliebige Krimi hätte sein können.
Nun saß ich auf meinem Bett, in meinem Zimmer, mit meiner Mutter und dem Polizisten Finn.
Beim Anblick meines Zimmers, was mir vertraut sein sollte, sich aber nur noch fremd anfühlte, hatte ich erneut geweint.
Natürlich dachten alle, ich hätte ein Trauma von der Entführung davongetragen.
Nein, ich hatte eine Welt verloren, die sich mehr wie meine Heimat anfühlte, als diese hier.
»Was ... was, wenn er tot ist?«, konnte ich meine Angst nun laut aussprechen. »Was, wenn er Josh umgebracht hat?!«
Schluchzend vergrub ich mein Gesicht in den Händen.
»Wir werden ihn finden, Amelía«, versprach mir der Polizist aufmunternd.
Da musste ich traurig auflachen.
Nein, ihr werdet ihn niemals finden!
Schritte kamen die Treppe hinauf.
»Ich bin es nur«, warnte uns Frank, Finns Ausbilder, vor, um mich zu schonen.
Er kam die Tür rein und lächelte uns freundlich an.
»Und ich habe etwas mitgebracht.«
Der braunhaarige Mann mit dem Vollbart hielt eine Tüte hoch und trat in den Raum.
»Das sind Pommes und ein Cheeseburger. Ich dachte mir, du hast nach all dem sicher Hunger.«
Er reichte mir die Tüte.
Ich nahm sie an.
Bereits von dem Geruch des Essens wurde mir schlecht.
Ich will meine bunten Früchte zurück!
Vorsichtig legte ich die Tüte neben mich.
»Danke«, schniefte ich.
Frank nickte verstehend und setzte sich auf das kleine Sofa auf der anderen Seite des Raumes.
»Amelía, ich weiß, dass es schwer ist. Aber das hier ist sehr wichtig: Ist das der Mann, der euch entführt hat?«
Finn zeigte mir ein Phantombild.
Ich sah die langen, braunen Haare, die faltige Haut, die tiefen Augenringe, die Eulenaugen ...
Das war Almadus.
Bei seinem Anblick heulte ich stärker.
Nicht aus dem Grund, aus dem Finn das Bild schnell wieder wegzog und einpackte.
Am liebsten hätte ich es ihm aus der Hand gerissen und es nur noch angestarrt.
Almadus ... Joshs Lehrer ... das einzige Bild, was ich von den Leuten, die mir dort wichtig geworden waren, hatte.
Ohne Handy war es sehr schwer, Erinnerungen festzuhalten.
»Er ... er hatte Kontaktlinsen ...«, schluchzte ich, als ich mich daran erinnerte, dass kein Mensch aus dieser Welt solche Augen hatte.
»Wie hat er es geschafft, euch beide zu entführen? Zwei gegen einen ... warum konnte einer von euch nicht fliehen? Hatte er einen Komplizen? Eine Pistole?«
Kopfschüttelnd sagte ich: »Wir haben uns vor den Leuten im Bürgerhaus, draußen im Wald versteckt, von wo aus wir die Polizei gerufen haben ... was ist eigentlich mit denen passiert?«
Finn und Frank sahen sich kurz an, ehe der Auszubildende sagte: »Leider waren alle fort, als wir ankamen. Keine Spur von ihnen.«
Wenn es die Logiker waren ... werden sie sie auch nie finden.
»Ich habe einen von ihnen gesehen«, eröffnete da Mama.
Sie sah mich ernst an.
»Er ist Josh und dir hinterher. Ich wollte ihn aufhalten und habe ihn umgerannt. Ich konnte ihm genau in die Augen sehen. Diese Leute hatten keine Masken an. Sie wollten anscheinend, dass wir sie beschreiben oder so. Er hat mir in die Schulter geschossen.«
Oder sie dachten, die Menschen werden sie sowieso nie wiedersehen, weil sie aus der Logikwelt stammen!
Finn seufzte schwer. »Dank deiner Mutter und weiteren Überlebenden konnten wir Phantombilder erstellen. Ein anderes Team aus unserer Einheit sucht nach ihnen. Frank und ich kümmern uns jedoch ausschließlich um deinen Fall. Wir – «
»Zeig´ mir die Phantombilder!«
Ich musste wissen, ob es sich wirklich um die Logiker handelte. Vielleicht sah ich auf dem Bild einen von Alecs Leuten, die auch am Strand waren oder sogar Tom.
Finn zögerte kurz, ehe er ratsuchend zu Frank sah.
Der nickte zustimmend.
Daraufhin kramte Finn in seiner Tasche und holte ein Blatt heraus.
»Ich möchte dich nicht überfordern, Amelía ...«
Mit verschwommenem Blick riss ich ihm das Papier aus der Hand.
Ein ungläubiges Keuchen entfuhr mir.
Die hellgrünen Augen stachen mir schmerzhaft ins Herz.
Der blonde, strenge Zopf ... die vollen Lippen ... das kantige Gesicht ...
Alec ...
Ich atmete tief durch die Nase ein und aus.
Jetzt durfte ich keine großen Emotionen zeigen, sonst wussten die Polizisten, dass ich ihn kannte.
Konzentriert starrte ich das Bild an und blinzelte hektisch, um die Tränen, die in meinen Augen aufstiegen, zu unterdrücken.
Alec ist tot ... Alec hat das Bürgerhaus angegriffen ... er hat meine Mutter angeschossen ...
Ich schüttelte den Kopf.
Er hat sich verändert. Das da ist nicht mehr Alec. Wenn er noch leben würde, würde er sich entschuldigen und es bereuen! Er hat es getan, weil er keine andere Möglichkeit sah, Zaron zufriedenzustellen! Aber jetzt ... ist er tot ...
Länger konnte ich meine Gefühle nicht verstecken.
Tränen rannen mir meine Wangen hinunter und tropften auf das Papier.
Weinend blickte ich das Abbild von Alecs früherem Selbst an und wünschte, er wäre hier.
Finn wollte mir das Papier wieder abnehmen, doch ich zog die Hand weg.
»Nein! Ich ... ich möchte es gerne behalten ... wenn das geht.«
Der Azubi warf mir einen irritierten Blick zu.
Mama fragte verständnislos: »Warum solltest du das Bild behalten wollen?!«
Ehe ich etwas antworten musste, sagte Finn verständnisvoll: »Du kannst es gerne behalten. Wir haben das Bild im Computer, also ... alles gut.«
Zu meiner Mutter meinte er: »Fragen Sie sie nicht. Vielleicht braucht sie es einfach, um mit allem klar zu kommen.«
Dankbar atmete ich durch.
Ich hielt das Blatt fest in der Hand, als wollte ich es nie wieder loslassen.
Finn beobachtete mich neugierig, stellte aber keine Fragen zu diesem Thema.
Stattdessen kam er auf die Entführung zurück.
»Amelía, wie hat der Typ euch entführt? Du kannst einfach sagen, wenn du nicht darüber reden möchtest, dann machen wir mit der nächsten Frage weiter.«
Finn schaute mich verstehend an, ich schüttelte aber mit dem Kopf. »Nein, es ist ... alles gut ...«
Bei den Worten weinte ich wieder mehr.
Nichts war gut.
»Er ... er hat sich von hinten an uns herangeschlichen und ... und Josh ... bewusstlos geschlagen.«
Erneut erinnerte ich mich an den Josh in der Höhle. Den aufgeschlitzten, blutenden, leidenden Josh ...
»Ich habe geschrien und wollte wegrennen, da bin ich ... gestolpert. So hat er mich leicht ... überwältigen können.«
Finn hörte mir aufmerksam zu und schrieb sich meine Aussage auf.
»Glaubst du, du kannst uns sagen, wo er dich dann hingebracht hat? Also, wo diese Hütte ist? In welchem Wald?«
Ich schüttelte den Kopf. »Er hat uns Augenbinden angezogen. Keine Ahnung ... Ich habe auf nichts geachtet. Ich hatte zu große Angst ...«
Finn kniff die gepflegten Augenbrauen zusammen und ich wusste sofort, warum.
Ich hatte gesagt, er hatte uns die Augen verbunden.
Wieso sollte man einem Bewusstlosen die Augen verbinden?
Finn stellte die gleiche Frage und ich antwortete schnell: »Josh hätte ja während der Fahrt aufwachen können. Da wollte der Typ nicht, dass Josh etwas sieht. Deshalb. Ich weiß doch auch nicht, warum! Ich hatte zu viel Angst, ich habe keine Ahnung!«
»Das ist nicht schlimm«, beruhigte er mich sogleich. »Kannst du mir vielleicht sagen, wie die Hütte ausgesehen hat?«
»Braunes Holz, wie jede Hütte einfach. Sie stand mitten im Wald, umgeben von Bäumen. Habe ich gesehen, als ich geflohen bin.«
Finn schrieb sich alles auf, was ich sagte.
»Und wie sah sie von innen aus? Wie sah der Raum aus, indem du gefangen gehalten wurdest?«
»Ein Bett, ein Tisch ... das war´s.«
»Kein Fenster? Oder Bilder? Oder irgendwelche Dinge, die dir besonders aufgefallen sind?«
Das verneinte ich mit einem Kopfschütteln.
»Es ging keine Lösegeldforderung ein. Kanntest du denjenigen, der dich entführt hat?«
»Nein!«, rief ich sofort aus. »Natürlich nicht! Keine Ahnung, warum er das getan hat! Er hat mir auch nichts angetan ... er hat mich einfach nur da behalten. Vielleicht wollte er eine Tochter oder so ... keine Ahnung!«
»Das heißt, er war nett zu dir und hat mit dir geredet?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Er hat mich versorgt, mit mir über Fantasybücher gesprochen. Sonst war ich allein. Er hat die Tür abgeschlossen, also konnte ich nicht raus.«
»Deine Haare sind nicht fettig. Durftest du duschen?«
»Er ... er hat mich einmal am Tag im Bad eingesperrt, damit ich mich frisch machen konnte. Dann sollte ich immer diese Klamotten anziehen. Und ich konnte auf eine Toilette.«
»Also bist du im Haus herumgelaufen? Wie sah es aus? Eher altmodisch eingerichtet oder modern?«
»Altmodisch«, antwortete ich sofort.
Ganz kurz sah ich Finn in die blaubeerfarbenen Augen.
Er starrte mich konzentriert an, als würde er herausfinden wollen, was ich tatsächlich verbarg.
Ich bin paranoid! Er glaubt mir! Ich bin eine gute Lügnerin!
Er seufzte schwer.
»Er hat mit dir geredet, also hast du seine Stimme gehört. Hatte er einen Akzent oder hat er fließend Deutsch gesprochen?«
Erneut beantwortete ich direkt: »Fließend.«
Finn nickte leicht.
»Wie hast du die Verletzungen an deinen Händen bekommen?«
»Er hat am letzten Tag ein echtes Schwert mitgebracht. Er wollte angreifen und ich sollte ausweichen. Ich wollte die Chance nutzen und ihm das Schwert aus der Hand reißen, um mich zu verteidigen, aber ... das hat nicht funktioniert.«
»Und er hat dir dann nichts weiter angetan und auch nicht deine Wunden versorgt?«
Ich neigte zustimmend das Haupt.
»Hast du das Auto gesehen, indem er euch transportiert hat? Das Kennzeichen vielleicht?«
Wieder schüttelte ich den Kopf. »Ich habe nichts gesehen und nichts gehört. Ich hatte während der Fahrt nur Angst.«
Meine Mutter setzte sich neben mich aufs Bett und legte einen Arm um mich.
»Erinnere dich daran, wie oft wir Krimis zusammen geschaut haben. Da hast du immer gesagt, du weißt, worauf du achten musst, falls du mal entführt – «
»Wenn es wirklich passiert, ist man ein wenig zu panisch, um darauf zu achten!«, schimpfte ich weinend.
Ich sah zu Finn, der mich weiterhin konzentriert beobachtete.
»Lasst mich einfach mit den ganzen Fragen in Ruhe! Ihr seid die Polizei im 21. Jahrhundert! Ihr müsst das doch selbst hinkriegen!«
Dieser Fall würde nie gelöst werden.
Aber das konnten sie ja nicht wissen.
»Natürlich werden wir das hinkriegen«, meinte Finn sofort aufmunternd.
»Du bist auch gleich von meinen Fragen erlöst, aber eine habe ich noch: Wie hast du es geschafft, zu fliehen?«
Schnell erzählte ich: »Ich habe gewartet, bis er weg war. Die Haustür war abgeschlossen, aber er hat mich nicht in meinem Zimmer eingeschlossen, also habe ich einen Stuhl genommen und das Fenster eingeschlagen. Dann bin ich einfach nur gerannt.«
Finn blickte mich nachdenklich an, nickte aber.
»Danke für deine Informationen. Du hast uns sehr geholfen. Wir halten euch auf dem Laufenden.«
»Vielen Dank«, sagte meine Mutter.
Zu mir meinte sie: »Ich hole dir etwas zu Trinken. Magst du Apfelsaft?«
Ich nickte nur.
Mama stand auf und ging mit Frank hinaus.
Draußen hörte ich, wie der Polizist ihr weitere Fragen stellte.
Zu meiner Überraschung blieb Finn auf seinem Stuhl neben meinem Bett sitzen.
Ich starrte auf meine weiße Bluse und hoffte, sie niemals ausziehen zu müssen, um das einzig Feste, was ich aus der Welt mitgenommen hatte, nicht auch noch zu verlieren.
»Das hier ist mein erster Fall«, sagte Finn da mit einem schüchternen Lächeln.
Ich musste auflachen. »Soll mich das jetzt beruhigen?!«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, aber ich möchte ehrlich zu dir sein. Genauso, wie du ehrlich zu mir bist. Das bist du doch, oder?«
Mein Blick schnellte zu ihm.
Mit offenem Misstrauen begegnete er ihm.
Er weiß, dass ich lüge!
»Natürlich«, antwortete ich dennoch mit fester Stimme.
Finn nickte leicht, der Ausdruck verschwunden.
»Gut. Denn nur so kann ich herausfinden, wer für Joshs Verschwinden verantwortlich ist. Ich verspreche dir, Amelía, ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um Josh zu finden. Wir gehen nun rüber und reden mit seinen Eltern. Hier.«
Er legte ein kleines Kärtchen auf den Rand des Bettes.
»Falls dir noch irgendetwas einfällt oder du mit mir über irgendetwas reden möchtest ... du kannst mich jederzeit anrufen.«
Damit stand er auf und verließ ebenfalls den Raum.
Ich sprang auf die Beine, eilte zu meiner Tür und verschloss sie.
Jetzt konnte ich den Tränen freien Lauf lassen.
Niemand sollte mich in meiner Trauer stören.
2. Kapitel – Alec
Der Dolch klirrte, als er auf dem Steinboden, anstatt in Joshs Brust, landete, nachdem er von meinem Schwert abgeprallt war.
Antons siegessicheres Gesicht schmolz zu einer verstörten Grimasse.
»Ja, du siehst gerade einen Geist«, bestätigte ich ihm, ehe ich ihn mit erhobener Waffe attackierte.
Mein Überraschungsmoment hätte nicht besser sein können.
Anton hatte kaum Zeit, einen weiteren Dolch zu ziehen, da schnappte ich mir seinen Arm, zog ihn an mich heran und donnerte ihm den Knauf meiner Waffe gegen die Schläfe.
Sofort sackte der Junge bewusstlos auf den Stein.
Erleichtert atmete ich aus, ließ mein Schwert fallen und drehte mich zu Josh.
Der starrte mich ebenfalls an, als wäre ich ein Gespenst.
»Keine Sorge, ich lebe«, eröffnete ich ihm erschöpft. »Ich helfe dir gleich, ich werde nur unseren Freund hier sichern, damit er uns nicht hinterrücks erstechen kann.«
Mit diesen Worten zog ich mein Hemd aus, schlang es zu einer Wurst und verband dem Ohnmächtigen mit ihm die Hände hinter dem Rücken mit seinen Füßen zusammen.
Das sah nicht sehr bequem aus, allerdings hatte er das verdient.
Als ich mich zu Josh umwandte, stotterte dieser nur halb bei Bewusstsein: »Aber ... du warst ... tot ... dein Hals ...«
»Ja, das hat wehgetan. Ich weiß ebenso wenig, warum ich noch lebe, doch als ich aufgewacht bin, lag meine Hand in dem Wasser.«
Ich zeigte auf den Teich in der Mitte der Höhle.
»Ihr habt ja hier alles, also auch regenerierendes Wasser oder so.«
Konzentriert kniete ich mich hin und suchte in Antons Taschen nach dem Schlüssel für die Ketten, die Joshs Hände gefangen hielten.
Nebenbei suchte ich auch nach weiteren Waffen.
In seiner Hosentasche wurde ich fündig.
»Gleich bist du frei!«
Ich eilte zu dem zugerichteten Jungen und Schloss die Ketten mit dem Schlüssel auf.
Josh konnte sich nicht aufrecht halten.
Er wäre auf dem Steinboden aufgeschlagen, hätte ich ihn nicht aufgefangen.
Der Junge stöhnte vor Schmerzen, als ich seine Wunden gezwungenermaßen berührte.
»Entschuldigung!« Sofort zog ich meine Hände zurück.
Dadurch kippte er endgültig vornüber und knallte auf den Stein.
»Ach, verdammt! Entschuldigung!«
Meine Hände waren nun blutverschmiert.
Das machte mir nichts. Ich war diesen Anblick gewöhnt.
Schnell drehte ich Josh auf den Rücken.
Er hatte die Augen geschlossen.
Ich überprüfte seinen Puls.
Er lebte. Er war nur bewusstlos.
Hilflos starrte ich ihn an.
Ich hatte keine Ahnung, was ich mit ihm machen sollte.
Keine Ahnung, was ich jetzt überhaupt tun sollte.
Amelía war fort, zurück in ihrer Welt.
Wie zum Teufel sollte ich nun mein Volk retten?
Und was sollte ich mit einem Verräter und einem Schwerverletzten anstellen?
Falls ich Amelía je wiedersehe, wird sie mich umbringen, wenn Josh stirbt. Aber ... ohne Medizin kann ich ihn nicht retten!
Da wanderte mein Blick zu dem Teich.
»Natürlich! Ich bade dich im Wasser und dann bist du wieder der Alte!«
Josh hörte mich nicht, doch ich redete es mir ein. Ich hoffte es.
Sogleich legte ich meine Hände unter seinen Rücken.
»Entschuldigung, das muss jetzt sein. Gleich geht es dir besser.«
So schnell wie möglich eilte ich zum Teich.
Erst setzte ich mich an den Rand. Dann ließ ich mich vorsichtig mit ihm ins Becken gleiten, um Josh nicht zusätzlichen Schmerz zuzufügen.
Im bunten Wasser war es kühl. Es reichte mir bis zur Brust.
Ich ließ Josh an der Oberfläche schwimmen, hatte meine Hände aber unter ihm, um ihn zu stützen, falls er unterging.
Das Wasser begann sofort, sich rot zu färben.
Es kühlte meine Narben und ließ mich trotz der besorgniserregenden Farbe aufatmen.
Ich wurde ermordet. Mir wurde die Kehle aufgeschlitzt ...
Diese Tatsache musste ich erstmal verdauen.
Ich habe kein weißes Licht oder mein Leben an mir vorbeiziehen sehen ... ich wurde einfach immer schwächer und dann ... wurde es schwarz.
Das Nächste, an was ich mich erinnern konnte, war, dass ich Amelía durch ein Portal gehen sah und danach, wie Anton den Dolch hervorgezogen hatte.
Schneller, als ich je für vorstellbar gehalten hatte, war ich aufgesprungen und hatte so viel Konzentration in mir gehabt, dass ich den Dolch hatte aufhalten können.
Jetzt kam mir das alles total surreal vor.
Wie war das überhaupt möglich?!
Gänsehaut breitete sich auf meinem Körper aus, als ich an die Qualen der letzten Sekunden dachte.
Nicht nur hatte ich Schmerzen des echten Todes empfunden, sondern auch Amelías verzweifeltes Gesicht gesehen und geglaubt, mein Volk im Stich zu lassen.
Ohne Amelía werde ich diesen Krieg nicht beenden können.
Der Gedanke an den Kampf ließ mich erzittern.
Ich bin gerade gestorben ... wie kann ich mich jetzt noch in Gefahr begeben, wenn ich weiß, wie es ist, zu sterben ...?
Nun zweifelte ich zusätzlich an meinen Fähigkeiten.
Anton hat sich an mich, den angeblich besten Krieger der Logiker, herangeschlichen ... wie konnte ich ihn nicht bemerken? Das darf mir nicht nochmal passieren! Aber wenn er das kann, dann können das andere schon lange ...
Mir wurde übel.
Ich war tot ... ich wurde zurückgeholt ... ich bin ein Untoter ...
Ich schüttelte mich.
Nein! Nein ... ich bin ein ganz normaler Mensch ...
Da fiel mir ein, dass Josh immer noch im Wasser trieb.
Ich wusste nicht, wie lange ich über meinen Tod nachgedacht hatte, doch es mussten ein paar Minuten gewesen sein.
Joshs Fingerspitzen schrumpelten bereits und das Wasser hatte sich vollkommen dunkelrot gefärbt.
Jedoch waren seine Wunden immer noch nicht geheilt.
Ich zog die Augenbrauen zusammen.
»Warum heilst du nicht? Du bist noch nicht gestorben, du müsstest viel besser heilen, als ich! Oder funktioniert das anders? Verdammt! Was mache ich denn jetzt?«
Aus Ratlosigkeit drückte ich Josh kurz unter Wasser, sodass nur noch seine Nasenspitze herausragte.
Das brachte ... nichts.
Nur meine Hand lag im Teich ...
Eilig hievte ich Josh auf den Steinboden und legte allein seine Hand ins Wasser.
Mit angespannten Muskeln wartete ich.
Zur Sicherheit überprüfte ich erneut seinen Puls.
Er lebt noch. Er lebt noch.
Da hörte ich ein gequältes Stöhnen.
Mein Blick huschte zu Anton.
Er kam langsam zu sich.
Ich blieb bei Josh und übte mich in Geduld, bis Anton ganz erwacht war und an seinen Fesseln zog.
»Hey! Hey, wie kann das sein?! Ich habe dich umgebracht!«
Seine lila Augen hatten mich gefunden und starrten mich voller Hass und Unglauben an.
Ich zuckte mit den Schultern.
Kein Wort über den Teich. Er könnte das Wissen missbrauchen.
»Ja, du hast mich umgebracht. Aber deine Welt wollte anscheinend, dass ich Amelía und Josh helfe. Das werde ich jetzt auch tun. Weil ihre und meine Welt Frieden verdient haben.«
Ein wütendes Zischen entfloh Antons Kehle.
»Ich bringe ihnen Frieden! Die Grenze wird sich schließen – «
»Das ist aber der falsche Weg«, unterbrach ich ihn entschlossen.
»Du musst Amelía und Josh nicht leiden lassen, um den Krieg zu beenden!«
»Doch!«, brüllte Anton rasend und zerrte an seinen Fesseln. »Sie haben es verdient! Sie sind schuld, dass so viele gestorben sind! Meine Eltern, meine Schwester – «
»Dafür können die beiden doch nichts!«, verteidigte ich die zwei, selbst, wenn ich keine Ahnung hatte, warum ich das tat.
»Deine Eltern sind im Kampf für ihr Reich gestorben. Deine Schwester wahrscheinlich auch. Wenn du jemandem die Schuld an ihren Toden geben willst, dann mir. Ich hätte früher den Mut aufbringen müssen, mich von diesem Tyrannen abzuwenden. Vielleicht wäre dann vieles anders gekommen und unzählige Leben wären gerettet worden.«
Anton blickte mich verständnislos an, bevor das Feuer der Wut wieder in seinen Augen aufflammte, als er Josh dort liegen sah.
»Amelía wollte nicht gehen und Josh hat sie noch dazu ermutigt, zu bleiben! Wären sie einfach früher gegangen – «
»Wäre eure Welt immer noch nicht gerettet. Oder wollt ihr für immer ohne Thronfolger und Heiler bleiben?«
Anton brüllte, zischte und wandt sich in seinen Fesseln.
Das war die Reaktion auf Verzweiflung.
Er wusste, ich hatte recht.
Er wollte es sich nur nicht eingestehen.
»Das, was du getan hast und vor hattest war die einfachste Lösung. Nicht die Richtige. Früher oder später wäre Zaron wiedergekommen. Und genau das will ich verhindern. Ich suche nach dem richtigen Weg. Wie wir Zaron ein für alle mal aufhalten können.«
Anton hörte kaum zu.
Er riss an seinen Fesseln und stieß knurrende und zischende Laute aus.
Ich war froh, dass ich einen festen Knoten gebunden hatte.
Dieser Typ hat mich umgebracht ... Ich lebe nur noch wegen dem Teich ... er ist mein Mörder ...
Da Anton nicht mit sich reden ließ, konzentrierte ich mich wieder auf Josh.
Er lag genauso halb tot da wie vorher.
Obwohl seine Hand im Wasser schwamm.
Hilflos sah ich mich in der Höhle um.
Nichts außer Stein und dem Dolch, der in einer Ecke lag.
Um sicherzugehen, stand ich auf und schnappte mir die Waffe.
Es fühlte sich seltsam an, sie zu halten.
Eins von diesen Dingern hat mir die Kehle aufgeschlitzt ...
Schnell ging ich zurück zu Josh und legte den Dolch neben mich, damit Anton sich ihn nicht irgendwie unbemerkt nehmen konnte.
»Und was hast du jetzt mit uns vor?«, fragte Anton da zornig. »Willst du mich hier verrotten lassen und den Halbtoten mitschleppen? Wer soll dir helfen? Du bist der Feind. Meine Leute werden dich sofort töten.«
»Das denke ich nicht«, meinte ich nachdenklich, als ich mich an Max´ Worte erinnerte.
Sie haben nie angegriffen ... sich immer nur verteidigt ...
Womöglich war das nun, nachdem wir ihr Schloss eingenommen hatten, anders geworden, aber es bestand weiterhin die Chance.
Ich musste an die Gnade dieser Kreaturen glauben.
Anton lachte gehässig auf.
»Und was willst du tun, wenn sie dich nicht sofort töten? Ihnen erzählen, ich hätte Josh das angetan? Ich hätte Amelía gezwungen, zu gehen? Ich wäre ein Verräter? Wem werden sie wohl eher glauben? Ihrem treuen Aushilfsheiler und Berater der Königin oder dem Sohn ihres Erzfeindes?«
Da musste ich dem Arschloch recht geben.
Dennoch blieb mir nicht viel Zeit.
Je länger ich grübelte, umso geringer wurden Joshs Überlebenschancen.
Schwer seufzte ich. »Das Risiko muss ich eingehen«, entschied ich schließlich und erhob mich.
»Wenn die Deinen mich für einen Lügner halten und umbringen wollen, dann sollen sie das tun. Zumindest ist so Josh in guten Händen.«
Verständnislos starrte Anton mich an.
»Warum, bei Silberlicht, würdest du für Josh dein Leben opfern?!«
Ich sah dem Verräter tief in die Augen.
»Weil ich für den endgültigen Frieden, den unsere Völker verdient haben, alles geben würde.«
Mit Josh auf dem Rücken und Anton gefesselt an meiner Hand mühte ich mich ab, durch diesen Wald zu kommen.
Vor Stunden hatten wir bereits die Höhle verlassen.
Ich hatte Anton gequält, bis er mir gesagt hatte, wo der Heiler Almadus wohnte.
Zum Glück hat Zaron ihn mal erwähnt, sonst wäre ich total aufgeschmissen. Und zum Glück ist es nur die Grenze entlang., dachte ich immer wieder, als wir auf der Schwelle zwischen Sommer und Winter liefen.
So fühlte es sich jedenfalls an.
Auf meiner rechten Seite erhoben sich schneebedeckte Berge, während sich auf meiner Linken ein blühender, sonnendurchfluteter Wald erstreckte.
Anton nuschelte irgendetwas neben mir.
Seit einer Stunde hatte er seine Gegenwehr aufgegeben und war mit mir gegangen, ohne ständig zu versuchen, mir die Hände zu brechen.
Wegen seines gehässigen Geredes hatte ich ihm meine Socke in den Mund geschoben.
»Ich hoffe, wir sind bald da«, sagte ich jetzt zu Anton. »Josh wird immer schwerer.« Ich korrigierte die Position des Verletzten auf meiner Schulter, während Anton genervt grunzte.
»Alle sagen, wir wären die Bösen. Kann ich voll und ganz verstehen, immerhin hat mein Vater euer Schloss eingenommen und so ... aber du? Du bist echt scheiße. Für die Versöhnung unserer Welten sollten nicht genau die beiden leiden müssen, die uns schon zwei Jahrzehnte Frieden geschenkt haben. Du hast sie allerdings eiskalt verraten. Ich hätte niemals meine Leute so hintergangen, um meine Wut zu lindern oder mein Ziel zu erreichen.«
Anton sah mich verständnislos an.
Ich seufzte schwer. »Ja, ich habe sie verraten, als ich mich Amelía angeschlossen habe. Doch ich habe dabei niemanden von Meinen ins Exil geschickt oder töten wollen! Das ist eine andere Stufe des Verrats!«
Der Verräter verdrehte die Augen.
Er nuschelte etwas Unverständliches.
Ich wollte gar nicht wissen, was er sagen mochte.
»Wenn wir nicht bald bei Almadus´ Heim eintreffen, schneide ich dir jeden Finger einzeln ab, bis wir ankommen!«, drohte ich gereizt.
»Josh ist schon viel zu lange ohne Behandlung! Ich hoffe, eure Fantasie kann da jetzt noch was machen.«
Anton zuckte uninteressiert mit den Schultern.
Nun war ich derjenige, der die Augen verdrehte.
»Ich verstehe immer noch nicht, wie du nicht verstehen kannst, dass diese Lösung nicht die Richtige ist! Sobald es jemand Neues in der Thronfolge oder bei den Heilern gibt, wird der Krieg abermals ausbrechen!«
Anton sah mich an, als hätte ich vom langweiligsten Thema der Welt geredet.
»Es interessiert dich nicht«, wurde mir erstaunt klar. »Es interessiert dich nicht, wenn der Krieg erneut ausbricht. Du hast deine Rache bekommen.«
Wieder zuckte Anton mit den Schultern.
Diese Reaktion ließ Hitze in mir aufsteigen und die Kälte der Angst verrauchen.
Ich schlug Anton mit der Faust ins Gesicht.
Das tat gut.
Anton taumelte, stürzte aber nicht.
Er grunzte kurz, ehe er still blieb und mich mit einem offenen und einem geschlossenen Auge, welches sich bereits lila färbte, böse anstarrte.
»Du hast noch viel mehr verdient, Arschloch. Jetzt komm, weiter!«
Nach ein paar Minuten, in denen ich überlegt hatte, wie ich Anton am besten bestrafen konnte und mir Sorgen über Joshs Gesundheitszustand gemacht hatte, hörte ich ein leises Rauschen.
Einen Wasserfall hinunterwerfen ... oder ihn immer wieder fast ertrinken lassen ...
Hoffnungsvoll beschleunigte ich meinen Gang.
An einem Fluss oder Wasserfall wäre ein perfekter Ort für einen Heiler, sich niederzulassen.
Vor mir versperrte mir eine Waldfront die Sicht.
Wir durchquerten sie und kamen an einer Lichtung heraus.
Auf dieser blieb ich augenblicklich überwältigt stehen.
Wir sind da! Josh wird leben!
3. Kapitel – Alec
Ein Baum, größer, als das höchste Hochhaus in meiner Welt, erhob sich auf der Lichtung.
Mit offenem Mund legte ich den Kopf in den Nacken und starrte an ihm hoch.
Daher kam das Geräusch.
Wasserfälle stürzten die gigantische Krone hinunter und verschwanden in einer Schlucht, die um den Baum herum führte.
Eine Brücke war der einzige Zugang zu ihm.
Sonnenlicht brach sich in dem fallenden Wasser und verwandelte den Ort unter der Baumkrone in ein Meer aus goldenen Tupfen.
Regenbögen verschönerten noch die Wasserfälle und viele Vögel zwitscherten ringsherum.
Es roch nach Frühling und Sommer.
Rund um die Schlucht standen Zelte in allerlei Größen und Farben.
Kreaturen so unterschiedlich wie Tag und Nacht tummelten sich auf der Lichtung.
Es herrschte reges Treiben.
Mit fasziniertem Blick schaute ich mich um.
Einhörner, in jeglichen Regenbogenfarben liefen umher.
Menschen, Zwerge und Elfen bauten noch mehr Zelte auf und behandelten die Verletzten.
Geschöpfe, so klein und menschlich wie Zwerge, aber mit bunter Drachenhaut und langem Schweif sortierten Waffen.
Ein Wesen, welches den Kopf und die Flügel einer Schneeeule besaß, doch die Größe und den Körper eines Löwen hatte, aß ein Stück Fleisch in meiner Nähe.
Ihr weiß-graues Fell war zerzaust und ihre massige Pfote in einen Verband gewickelt.
Ein Einhorn mit grünen Schuppen als Haut und einer langen, feuerfarbenen Mähne half einem Hirsch, der nur aus Wasser zu bestehen schien, zu laufen.
Am Rande der Lichtung hielten gewaltige Naturdrachen Wache.
Oh je ... was mache ich denn jetzt?
Auf einmal traute ich mich nicht mehr, einfach so in das Lager der Fantasiewesen zu spazieren.
Einen Moment überlegte ich, ob ich Josh und Anton hier abstellen und weglaufen sollte.
Nein, das kann ich nicht tun!
»Hey!«
Nun war es sowieso zu spät.
Eine Frau in einer grünen Uniform und einem Verband um den Bauch hatte mich entdeckt.
»Ein Eindringling!« Sie kam mit erhobenem Schwert auf mich zu gerannt.
Sogleich war die ganze Aufmerksamkeit der Wesen in der Nähe auf mich gerichtet.
Sie kamen alle angerannt, fauchten oder brüllten böse.
Oh mist! Jetzt stehe ich hier oberkörperfrei mit den beiden. Wie seltsam sehe ich aus ...
Behutsam legte ich Josh auf das Gras und hob die Hände, um zu zeigen, dass ich keine Bedrohung darstellte.
Nach ein paar Sekunden hatte sich ein Kreis aus wütenden und misstrauischen Kreaturen gebildet, die mich alle anstarrten.
»Das ist Anton! Er hat Anton gefangen genommen!«, rief eine Löwin mit goldenen Blitzen im Fell empört auf.
Ein Nashorn, welches komplett aus Moos, Blumen und Ranken zu bestehen schien, brummte: »Und da ist Josh! Josh ist verletzt! Holt Almadus!«
Ein paar Wesen rannten zur Brücke.
Die Frau, die mich als Erste entdeckt hatte, näherte sich mir mit zwei ihrer Kolleginnen, die die gleiche Kleidung trugen, allerdings nicht verwundet schienen.
Sie sagte nichts, bis sie ein paar Meter vor mir stehen blieb.
»Wer bist du?! Warum hast du Anton gefangen genommen und wieso ist Josh so verletzt? Und wo ist Amelía?«
Ihre Stimme klang steinhart.
Doch in ihren dunkelgrünen Augen sah ich Sorge schimmern.
Ihre dunkelbraunen Haare hatte sie zu einem Knoten zusammengebunden und ihr Langschwert erhoben.
Tief atmete ich durch.
»Ich erkläre alles, aber erst muss Josh behandelt werden. Bitte, schnell! Er darf nicht sterben! Ich möchte ihn retten!«
Als ich das sagte, teilte sich bereits die angesammelte, angespannte Menge und ließ einen hochgewachsenen Mann mit Gehstock und Falten im Gesicht hindurch.
Als seine gelben Eulenaugen mich erblickten, erstarrte er für einen Moment.
»Josh braucht sofort Hilfe!«, sprudelte es aus mir heraus. »Ich habe versucht, ihn in dem Teich mit den bunten Lichtern zu baden, aber das hat nichts gebracht! Bitte, helft ihm!«
Die buschigen Augenbrauen des Alten zogen sich verärgert zusammen, doch er eilte auf den bewusstlosen Jungen zu und sah sich mit leuchtenden Augen seine Wunden an.
Sein Blick huschte misstrauisch zu mir und dann zu Anton.
»Kommt in meinen Baum. Sofort.«
Er drehte sich um und da schwebte Josh auch schon hinter ihm her. Fasziniert ging ich dem schwebenden Verletzten hinterher und zog Anton mit.
Die Menge murmelte und musterte mich argwöhnisch.
»Almadus, sollen wir nicht lieber – «
»Nein, Halia«, antwortete der Heiler der Frau in Uniform, die uns folgte. »Keiner stört uns!«
Augenblicklich blieb sie stehen. »Wie du wünschst.«
Als wir die breite Brücke passierten, konzentrierte ich mich ganz auf Josh.
Nein, links und rechts geht kein Abgrund in die Tiefe. Nein. Ich konzentriere mich einfach auf den festen Boden unter meinen Füßen und sehe nicht nach unten ...
Erleichtert atmete ich aus, als wir vor dem mächtigen Baum standen und die Schlucht überwunden hatten.
Meine Beine zitterten weiterhin.
Neben mir gab Anton beschwerende Laute von sich, jedoch achtete Almadus nicht auf ihn.
Er öffnete einen Teil der Rinde mit dem Wink seines Gehstocks und trat in einen Hohlraum, der eine Siedlung hätte beherbergen können. Bis zur Decke verstreuten sich Kreaturen und Zelte.
Eine Holztreppe schlängelte sich in hohen Bögen den Baumrand hinauf, bis zur Krone, die dort oben irgendwo sein musste.
Mehrere, breite Holzvorsprünge, die gemeinsam Platz für eine Stadt hergaben, versperrten die Sicht auf die weit entfernten Blätter.
Ich hatte nicht die Zeit, zu staunen, denn der Heiler eilte am Rand entlang zu einer ovalen Tür, vor dem Anfang der Treppe.
Sobald wir drin waren, schob sich die Rinde wieder an ihren rechtmäßigen Platz, sodass wir in einem Zimmer mit einem Bett, ganz vielen Schränken und einem Teich eingesperrt waren.
Ein rundes Fenster öffnete sich auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes, sodass Sonnenlicht hinein fiel.
Alles bestand aus dem Holz des Baumes, als hätte er sich selbst für die Wesen zur Verfügung gestellt, um ihnen Unterschlupf zu gewähren.
Josh schwebte aufs Bett und Almadus suchte sogleich in den Schränken voller Gläschen und Behältern.
»Was ist passiert?! Warum möchte Zarons Sohn Josh retten?«
Bei seinen Worten klappte mir die Kinnlade herunter.
»Du ... du weißt, wer ich bin? Und lässt mich trotzdem hier rein?!«
Der Heiler hielt nicht in seiner Suche inne. »Natürlich. Jetzt sag mir, was passiert ist.«
Neben mir brummte Anton verständnislos und ungeduldig.
Ohne sich umzudrehen, meinte Almadus: »Ich möchte es erst vom Prinzen hören. Danach kannst du deine Version erläutern.«
Wütend grummelte mein Gefangener, blieb dann jedoch still.
»Das, was ich dir zu erzählen habe, mag unvorstellbar klingen. Du wirst denken, dass ich es mir ausgedacht habe. Aber es ist die Wahrheit.«
»Komm auf den Punkt«, forderte der Heiler, während er Fläschen aus den Regalen kramte und sie neben Josh auf den Nachttisch stellte.
Innerlich bereitete ich mich darauf vor, gleich zum Tode verurteilt zu werden.
Dennoch erzählte ich: »Anton hat Josh das angetan, um Amelía leiden zu lassen. Er hat Josh entführt und in eine Höhle mit einem Teich gebracht und da angekettet, damit Amelía ihn findet. Er wollte Rache an beiden nehmen. Wofür weiß ich leider nicht. Aber er hat Amelía zurück in ihre Welt geschickt.«
Almadus ließ sich von meinen Worten nicht beirren. Im Gegenteil. Je mehr ich sprach, desto schneller arbeitete er.
Nun tunkte er einen Lappen in den Teich neben dem Bett und machte so die Wunden sauber.
»Und woher willst du das alles wissen?«, fragte er schließlich ganz normal, als hätte ich vom Wetter gesprochen. »Warst du dabei?«
Ich nickte, doch der Heiler konnte es nicht sehen, da er mir seinen Rücken zugewandt hatte.
Dass er sich das traut. Seines Erachtens könnte ich ihm wortwörtlich in den Rücken fallen.
»Ja, ich war dabei. Ich habe Amelía geholfen, nach Josh zu suchen. Wir ... wir haben uns im Wald getroffen ... na ja ... ich ... habe sie entführt ... also ...«
Ich seufzte frustriert.
Almadus schlug allerdings weiterhin ruhig vor: »Beginne doch lieber am Anfang.«
Und da sprudelte alles aus mir heraus.
Ich erzählte dem Heiler von den Bedenken meiner Freunde, von Timons Worten, von Faiths und meinem leisen Gespräch, von Zarons Brutalität und meiner Zerrissenheit.
Und auch von dem Mord an Ronny und der Realisierung, dass das, was wir getan hatten, falsch war und ein rasches Ende finden musste.
Ebenso, dass ich schon eine Idee hatte, wie ich den Krieg beenden konnte. Mit Joshs und Amelías Fähigkeiten.
Ich berichtete ihm, wie ich Amelía entführt hatte, wie wir uns unterhalten hatten und wie schnell ihre Worte mich umdenken ließen.
Zum Schluss davon, wie Anton mich getötet und wie ich wieder erwacht war.
Als ich geendet hatte, war Almadus mit seiner Behandlung fertig und Josh in Blätter, Verbände und Salben eingewickelt.
Er drehte sich langsam zu mir um und sah mir ernst in die Augen.
Meine Hände hatten sich in Fäuste verwandelt.
Angespannt wartete ich auf das Urteil des Heilers.
Dessen Blick wanderte von mir zu Anton und wieder zurück.
Mein Gefangener murrte auffordernd.
Bevor Almadus etwas sagen konnte, fragte ich: »Wird Josh es schaffen?«
Almadus goldener Eulenblick bohrte sich in mich hinein, doch er nickte ruhig.
»Ja. Du hast ihn noch rechtzeitig hergebracht. Ein paar Minuten später und meine Kräuter hätten nichts mehr für ihn tun können.«
Zutiefst erleichtert atmete ich aus.
So gab es zumindest noch Hoffnung.
Almadus Blick glitt zu Anton.
»Jetzt bist du dran.« Sein Ton war weiterhin gelassen.
Ich warnte den Heiler: »Er wird alles abstreiten und dir eine ganz andere Geschichte erzählen.«