Tiffany Sexy Band 63 - Jo Leigh - E-Book

Tiffany Sexy Band 63 E-Book

JO LEIGH

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Beschreibung

VOR SCHÖNEN MÄNNERN WIRD GEWARNT von LEIGH, JO Paul sieht einfach verboten gut aus! Doch Gwen ahnt: Sicher kommt für ihn nur eine makellose Schönheit wie ihre Schwester in Frage. Aber dann küsst er Gwen so heiß, dass sie nach Atem ringen muss. Hat sich Mr. Perfect etwa in sie verliebt? HEISSE NÄCHTE IN PARIS von MAYBERRY, SARAH Sex mit Max? Das war für die hübsche Primaballerina Maddy ausgeschlossen. Er war immer ihr bester Freund, aber nie mehr! Bis sie ihn in Paris, der Stadt der Liebe, besucht. Plötzlich beginnt ein erotischer Pas de deux - ein Tanz der Verführung … SEXY LEDIG - UNWIDERSTEHLICH von ETHERINGTON, WENDY Eine sinnliche Affäre mit ungewissem Ausgang will Sally nach einer Enttäuschung unbedingt vermeiden. Doch als sie dem geheimnisvollen Aidan Kendrick begegnet, sind alle Vorsätze vergessen. Sally hat schlaflose Nächte! Und daran ist nur Aidan schuld …

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Seitenzahl: 587

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Sarah Mayberry, Jo Leigh, Wendy Etherington

TIFFANY SEXY, BAND 63

IMPRESSUM

TIFFANY SEXY erscheint im CORA Verlag GmbH & Co. KG, 20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1

Redaktion und Verlag: Brieffach 8500, 20350 Hamburg Telefon: 040/347-25852 Fax: 040/347-25991
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Cheflektorat:Ilse BröhlProduktion:Christel Borges, Bettina SchultGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)Vertrieb:asv vertriebs gmbh, Süderstraße 77, 20097 Hamburg Telefon 040/347-27013

© 2008 by Small Cow Productions Pty Ltd. Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Claudia Biggen

© 2008 by Jolie Kramer Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Christian Trautmann

© 2009 by Etherington, Inc. Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Christiane Bowien-Böll

Fotos: mauritius images

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe TIFFANY SEXYBand 63 - 2009 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

Veröffentlicht im ePub Format im 02/2011 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-86295-230-4

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

SARAH MAYBERRY

Heiße Nächte in Paris

Maddys Träume drohen zu zerplatzen: Beim Training hat sich die junge Primaballerina verletzt. Um sich abzulenken, fliegt sie nach Paris, zu ihrem ehemaligen Tanzpartner Max Laurent. In Sydney war er ein guter Freund, doch an der Seine knistert es plötzlich gewaltig zwischen ihnen! Lichterloh brennt ein erotisches Feuerwerk über der Stadt der Liebe …

JO LEIGH

Vor schönen Männern wird gewarnt

Keine Frau ist schöner: Paul begehrt Autumn heiß. Doch statt auf seine Avancen einzugehen, verlangt sie: Er soll mit ihrer Schwester Gwen ausgehen – die leider längst nicht so attraktiv ist! Aber auf den zweiten Blick findet er Gwen mit ihrem frischen Charme aufregender als jede andere der makellosen Schönheiten, die er je kennengelernt hat …

WENDY ETHERINGTON

Sexy, ledig – unwiderstehlich

Was hat den erfolgreichen Unternehmer Aidan Kendrick in Sallys verschlafenen Heimatort geführt? Warum ist er manchmal total abweisend – und dann wieder auf mysteriöse Weise so sexy, dass sie ihm am liebsten die Kleider vom Leib reißen würde? Keine Frage: Aidan ist ein Rätsel, und einem Rätsel konnte Sally noch nie widerstehen …

Sarah Mayberry

Heiße Nächte in Paris

1. KAPITEL

Maddy Greens Atem ging schwer, dennoch beschleunigte sie ihre Schritte, um möglichst rasch den Probenraum zu erreichen. Sie glaubte, die glatte Ballettstange schon unter den Händen zu fühlen, bildete sich ein, die hellen Lichter in den Spiegeln strahlen zu sehen und die gleichmäßigen Geräusche der anderen Tänzer um sich herum zu hören, während sie sprangen, wieder auf dem Boden aufkamen, sich drehten und sich in den Hüften wiegten.

Gerade jetzt brauchte sie dringend etwas, das ihr vertraut war.

Die Doppeltür des Probenraums A der Sydney Dance Company erschien zu ihrer Linken. Maddy schob sie auf. Sobald sie eingetreten war, umfing sie der Geruch nach sauberen warmen Körpern, frischem Schweiß und einem Dutzend verschiedener Deodorants, Parfums und Aftershaves.

Daheim. Sie war daheim.

„Maddy! Wie war dein Termin beim Arzt?“, fragte Kendra sofort, als sie Maddy entdeckte.

Mit erwartungsvollen Gesichtern drehten sich nun auch die anderen Tänzer zu ihr um. Maddy zwang sich zu lächeln und zuckte gleichmütig mit den Schultern.

„Alles in Ordnung“, sagte sie. „Keine Probleme.“

Sie brachte es einfach nicht über sich, den Befund laut auszusprechen, denn dadurch würde er real werden. Wenigstens eine Weile wollte sie sich noch in der Welt verlieren, die sie verzaubert hatte, seit sie als Vierjährige zum ersten Mal das Bild einer Ballerina gesehen hatte.

Kendra flog förmlich quer durch den Raum auf sie zu und zog sie in ihre schlanken kräftigen Arme.

„Fantastisch. Großartige Neuigkeiten. Einfach super“, sagte sie.

Der durchscheinende Trainingsrock flatterte um ihre Beine, als sie zu ihrem Platz in der Mitte des Raumes zurückkehrte. Kendra war erst zweiundzwanzig und hatte ihre Karriere noch vor sich. Sie war eine wundervolle Tänzerin – kraftvoll, grazil, gefühlvoll und leidenschaftlich. Sie würde es an die Spitze schaffen, davon war Maddy überzeugt.

Sie merkte, dass jemand sie beobachtete. Als sie den Blick hob, entdeckte sie Stephen Jones, den Choreografen.

Rasch drehte sie sich weg, um Blickkontakt zu vermeiden. Stephen hatte sie in letzter Zeit oft beobachtet, ihre Bewegungsfähigkeit geprüft und das Leistungsvermögen ihres verletzten Knies. Hatte er gewusst oder geahnt, was der Arzt ihr sagen würde? War irgendjemandem außer ihr klar gewesen, dass es mit ihr vorbei war? Dass sie nie wieder tanzen würde?

Ihr Herz schlug so heftig, dass sie erneut das Gefühl hatte, ihr würde die Luft abgeschnürt.

Sie warf ihre Tasche in die Ecke, schlüpfte aus den Straßenschuhen und beugte sich hinunter, um mit zitternden Händen die Ballettschuhe anzuziehen. Die Bänder raschelten leise, als sie sie um die Knöchel wickelte und sorgfältig festband. Unter dem Rock, den sie nun auszog, trug sie Trikot und Strumpfhose. Als sie fertig war, ging sie an die Stange und fing an, sich aufzuwärmen.

Zuerst machte sie pliés, dann ein paar rond de jambes. Dabei hielt sie den Kopf gerade und entspannte die Arme. Jedes Mal, wenn sie sich auf die Fußspitzen stellte, fühlte sie, wie sich ihr Körper geschmeidig und makellos nach ihrem Willen bewegte, und sie sah in dem von der Decke bis zum Boden reichenden Spiegel eine perfekte Haltung und eine formvollendete Figur.

Ihr Herzschlag beruhigte sich. Sie war Tänzerin. Das war sie immer gewesen und das würde sie immer sein.

„Maddy.“

Als sie den Blick von ihrem Spiegelbild löste, entdeckte sie Andrew McIntyre, den Direktor der Company. Er hatte ebenfalls ihren perfekten Körper und ihre Bewegungen im Spiegel betrachtet.

„Könntest du bitte einen Augenblick in mein Büro kommen“, bat er sie. Seine Stimme klang sanft.

Er wusste Bescheid.

Er hat mit Dr. Hanson gesprochen, dachte Maddy. Natürlich hatte er das. Hanson war schließlich der Arzt der Company. Als sie aufgenommen worden war, hatte sie einen Vertrag unterschrieben und darin zugestimmt, dass die Company Zugriff auf alle Berichte hatte, die ihre Gesundheit und körperliche Verfassung betrafen und Einfluss auf ihre Karriere hatten.

„Nach der Probe“, erklärte sie. „Jetzt bin ich aufgewärmt, und alle anderen warten auf mich.“

„Ich denke, wir sollten sofort miteinander reden, nicht wahr?“, erwiderte er. Dabei legte er die Stirn in Falten, als würden seine Worte ihm Schmerzen bereiten. Er kam näher und streckte die Hand aus, um Maddy zu berühren.

Sie trat einen Schritt zurück, ging mit dem verletzten Bein auf die Spitze und hob das rechte Bein zum seitlichen grand battement. Sie hob es hoch, hoch, hoch, bis ihre Zehen zur Decke zeigten und sich ihr Oberschenkel neben ihrem Ohr befand.

Diese Position hielt sie, als wollte sie ihre Geschicklichkeit und Stärke deutlich machen, während sie im Spiegel wagemutig Andrews Blick begegnete.

Er hielt ihrem Blick stand und sah nicht eine Sekunde weg. Als ihre Muskeln in dieser äußerst anstrengenden Haltung zu schmerzen und zu zittern anfingen, trat er zu ihr und legte ihr eine Hand auf die Schulter.

„Genug, Maddy. Komm in mein Büro.“

Sie senkte das Bein und ruhte sich auf dem flachen Fuß aus. Der Schmerz in ihrem Knie pulsierte, wie er das in den letzten Tagen ständig tat, sobald sie das Bein überforderte. Maddy ließ den Kopf hängen und starrte auf den polierten Holzfußboden.

Sie spürte, wie Andrew den Arm um ihre Schultern legte und ließ sich von ihm zur Tür führen. Die anderen Tänzer unterbrachen ihre Übungen und sahen ihnen nach. Sie konnte das Schweigen und die Blicke förmlich fühlen, als sie mit Andrew auf den Flur hinausging. Er ließ sie erst los, als sie in seinem Büro ankamen.

„Setz dich“, forderte er sie auf.

Er ging zum Einbauschrank aus Holz, der eine ganze Wand seines Büros einnahm, und öffnete eine Tür. Maddy hörte Glas gegen Glas stoßen, während er etwas einschenkte.

„Trink das.“

Der Duft von Brandy stieg ihr in die Nase, als er ihr ein Glas an die Lippen hielt.

„Nein“, sagte sie und drehte den Kopf weg.

Abwartend hielt Andrew ihr weiterhin das Glas hin. Endlich trank sie.

„Und noch einmal“, forderte er sie auf.

Diesmal nahm sie einen größeren Schluck. Der Alkohol brannte in ihrer Kehle. Als Andrew ihr das Glas zum dritten Mal anbot, schüttelte sie entschieden den Kopf, und er stellte es auf den kleinen Tisch neben ihr. Dann setzte er sich in einen Sessel ihr gegenüber.

Andrew war Ende fünfzig und hatte früher ebenfalls getanzt. Sein Körper war schlank und durchtrainiert, obwohl er schon viele Jahre nicht mehr auf der Bühne stand. Seine Haut war gebräunt und spannte sich über hohen Wangenknochen. Nur um seinen Mund waren feine Linien zu sehen. Mit sanftem Blick musterte er Maddy. In der Ballettwelt war Andrew in erster Linie als Perfektionist bekannt, aber gleich danach für seine Menschlichkeit.

„Wir werden auf dich aufpassen, Maddy. Das musst du wissen. Rente, eine Aufgabe als Lehrerin – du brauchst nur zu sagen, was du willst. Du warst eine unserer großartigsten Tänzerinnen, und wir werden dich nicht vergessen.“

Maddy spürte, wie ihr Körper in dem klimatisierten Raum kühl wurde.

„Ich will weiterhin tanzen“, erklärte sie. „Das ist es, was ich will.“

Entschieden schüttelte Andrew den Kopf. „Das geht nicht. Nicht bei uns. Nicht beruflich. Dein Verstand will das vielleicht, doch dein Körper schafft es nicht. Dr. Hanson hat sich in diesem Punkt sehr klar ausgedrückt. Wir wussten immer, dass bei einem derartig signifikanten Kreuzbandriss sehr wenig Aussicht auf vollständige Heilung besteht. Es ist Zeit, die Ballettschuhe an den Nagel zu hängen, Maddy.“

Ihre Kehle fühlte sich an wie zugeschnürt. Maddy empfand Zorn, Kummer, Ärger, Trotz, alles auf einmal, und wusste nicht, was sie sagen oder wie sie reagieren sollte.

„Ich will auch in Zukunft tanzen“, sagte sie erneut. „Gib mir mehr Zeit. Ich beweise dir, dass ich es schaffen kann. Ich mache noch mehr Krankengymnastik, noch mehr Pilates. Alles, was nötig ist.“

Einen Moment war Andrews Miene angespannt. Er lehnte sich zurück und schloss die Augen, während er sich die Nasenwurzel rieb. Er sah plötzlich sehr niedergeschlagen aus.

„Maddy. Ich weiß genau, wie schwer es ist, das Tanzen aufzugeben. Glaub mir. Ich wäre an diesem Problem beinahe zugrunde gegangen, aber ich habe mir eine neue Aufgabe gesucht.“ Er machte eine kurze Pause, um seine Worte wirken zu lassen. „Du bist eine wunderschöne, kluge und findige Frau. Dort draußen gibt es ein anderes Leben, das auf dich wartet. Du musst es bloß finden.“

Ich will es nicht finden.

Beinahe hätte sie ihre Gedanken laut ausgesprochen, doch der Alkohol entspannte sie etwas.

„Wir veranstalten eine Party für dich. Eine richtige Abschiedsparty. Und wir helfen dir, wo wir nur können. Umschulung oder, wie ich vorhin schon sagte, falls du unterrichten willst …“

Ihr kam die Galle hoch bei dem Gedanken an eine Party, bei der sie vor ihren gleichaltrigen Kollegen stand, während die Leute Toasts auf ihr früheres Talent ausbrachten.

„Nein. Keine Party“, erklärte sie.

Mit einem Mal wollte sie nicht länger in diesen Räumen sein. Als der Arzt ihr vor einer Stunde die Nachricht überbracht hatte, war ihr die Company wie ihr Zuhause vorgekommen, wie ein sicherer Ort. Doch jetzt wusste sie, dass sie sich hier nie wieder daheim fühlen würde.

„Die Kollegen werden sich verabschieden und dir ihre Aufwartung machen wollen“, meinte Andrew.

„Ich bin nicht tot“, sagte sie, stand abrupt auf und stürmte aus dem Büro.

Vor der Tür zum Probenraum zögerte sie einen Moment, dann riss sie sich zusammen und ging hinein, um ihre Tasche zu holen. Sie hielt den Kopf gesenkt und gab keine Antwort, als Kendra wissen wollte, ob alles in Ordnung sei.

Sie würden alle noch früh genug Bescheid wissen. Eine andere Tänzerin würde aufrücken und ihren Part in der aktuellen Produktion übernehmen. Vielleicht Kendra. Vielleicht eine der anderen Solistinnen. Das Leben ging weiter.

Draußen in der warmen Sommerluft atmete Maddy tief ein und aus, weil sie mit den Tränen kämpfte. In ihrem ganzen Leben hatte sie sich noch nie so alleine gefühlt oder sich mehr gefürchtet. Ihr ganzes Leben schien zerstört zu sein – die Disziplin und die Leidenschaft, die ihre Tage und Nächte bestimmt hatten, hatten sich in nichts aufgelöst. Sie hatte keine Zukunft, und ihre Vergangenheit spielte keine Rolle. Sie hatte einen kaputten Körper, zerbrochene Träume und sonst herzlich wenig.

In ihrer Handtasche befanden sich die Autoschlüssel, aber sie wusste nicht, wohin sie fahren sollte. Zurzeit gab es keinen Liebhaber, der ihr eine Schulter zum Ausweinen bieten konnte. Ihre Mutter war meilenweit entfernt in Amerika, wo sie gerade zum dritten Mal geheiratet hatte, und ihren Vater hatte sie nie kennengelernt. Ihre Freunde waren alle Tänzerinnen und Tänzer, und der Gedanke an das Mitgefühl, das sie sicher zeigen würden, schnürte ihr erneut die Kehle zu. Wo sollte sie hin?

Wo sollte sie bloß hin?

Mit einem Mal tauchte ein Gesicht in ihrer Erinnerung auf. Klare graue Augen, schwarzes Haar und ein Lächeln, das gleichzeitig Schalk, Humor, Trost und Verständnis ausdrückte.

Max.

Ja, sie brauchte Max, obwohl es Jahre her war, seit sie sich gesehen hatten, und sich ihre Freundschaft mittlerweile auf gelegentliche E-Mails und eine Postkarte zu Weihnachten beschränkte.

Er würde verstehen, das hatte er immer. Er würde sie mit seinen starken, kräftigen Armen festhalten, und sie würde sich geborgen fühlen, so wie früher.

Und dann konnte sie vielleicht auch nachdenken und sich eine Welt ohne Ballett vorstellen. Nach vorne blicken.

Max.

Max klappte die Lasche an der Kiste zu und hielt sie mit einem Unterarm fest, während er nach dem Klebeband griff und mit dem Daumennagel den Anfang ertastete.

„Ich bin fertig. Was ist mit dir?“, tönte eine Stimme von der Tür her.

Er blickte hoch und betrachtete seine Schwester Charlotte, die die Hände in die Hüften gestemmt mit einem selbstgefälligen Lächeln im Türrahmen stand.

„Das kannst du vergessen“, sagte er, während er ein Stück Klebeband abriss und die Lasche zuklebte.

„Mein Raum ist fertig. Technisch gesehen bedeutet das, meine Arbeit ist erledigt“, erklärte sie.

Max warf ihr eine zweite Rolle Klebeband zu. Bis jetzt hatten sie gerade mal die Hälfte der Bücher aus der umfangreichen Sammlung ihres verstorbenen Vaters eingepackt.

„Je früher du anfängst, mir zu helfen, desto eher können wir beide hier weg“, meinte er.

Charlotte lehnte sich gegen den Türrahmen.

„Du hättest dir ein leichteres Zimmer aussuchen sollen, Max“, neckte sie ihn.

„Ich war einfach nur galant. Indem ich dir die Küche überließ und mich an diese Herkulesaufgabe machte, habe ich dir stundenlange harte Arbeit erspart. Nur für den Fall, dass du das nicht gemerkt hast.“

Charlottes Lächeln verschwand, und sie straffte sich. „Wo soll ich anfangen?“

Max warf einen Blick auf die massive Wand aus Büchern, die immer noch die Regale zierte. „Such dir irgendeins aus.“

Charlotte stellte sich einen neuen Faltkarton zurecht, während Max anfing, Bücher in eine weitere Kiste zu stapeln. Staub hing in der Luft und tanzte im schwachen Licht der Wintersonne, die durch die schmutzigen Fenster der Wohnung schien.

Es war ein merkwürdiges Gefühl, nach zwei Monaten wieder hier zu sein. Die ganze Welt schien sich seitdem verändert zu haben.

Sein Vater war tot.

Max konnte das immer noch nicht wirklich glauben. Vor zehn Wochen war Alain Laurent einer Lungenentzündung erlegen, eine ständige Gefahr für Quadriplegiker. Nach wochenlangem Kampf war er schließlich ruhig im Schlaf gestorben. Er, Max, war gerade nicht im Zimmer gewesen, weil er einen Telefonanruf entgegengenommen hatte. Nachdem er acht Jahre ständig für seinen gelähmten Vater gesorgt und ihn hingebungsvoll gepflegt hatte, nachdem er so viele Krisen seiner Krankheit mit ihm durchgestanden hatte, war er im schwersten Augenblick nicht bei ihm gewesen.

Hatte sein Vater gewusst, dass er alleine war? Oder, wie seine Schwester behauptete, hatte sein Vater diesen Moment gewählt, um für immer zu gehen, um seinem Sohn den Kummer zu ersparen, Zeuge seiner letzten Atemzüge zu werden?

„Hör auf, dir das Leben schwer zu machen“, sagte Charlotte von der anderen Seite des Raumes.

Max runzelte die Stirn. „Was?“

„Du hast schon verstanden. Jetzt behaupte bloß nicht, du hättest nicht schon wieder über Père nachgedacht. Du hast alles getan, was du konntest. Das haben wir beide“, fügte Charlotte mit bestimmtem Ton hinzu.

Er machte eine wegwerfende Handbewegung und wandte sich wieder den Büchern zu.

„Das stimmt, weißt du. Was du eben gesagt hast. Du bist galant. Einerseits ist das charmant, aber andererseits kann einen das auch zur Weißglut bringen.“

Er lächelte über die Wortwahl seiner Schwester. Sie waren zur Hälfte Australier und zur Hälfte Franzosen, aber für ihn war Charlotte im Grunde immer europäisch gewesen mit ihrem dunklen Haar und ihrem erlesenen Modegeschmack. Aus heiterem Himmel benutzte sie dann aber plötzlich wieder ein paar australische Slangausdrücke und erinnerte ihn daran, dass sie beide als Jugendliche in Sydney in Australien gelebt hatten und ihre Zeit mit Schwimmen, Surfen und damit verbracht hatten, beim Grillen im Garten die Mücken zu vertreiben.

„Ich meine das ernst, Max“, sagte sie. „Du eilst immer allen zu Hilfe, denkst an alle anderen, nur nicht an dich selbst. Du musst lernen, egoistischer zu sein.“

Er schnaubte verächtlich und arbeitete weiter. „Den Tag, an dem du zuerst an dich selbst denkst, werde ich mir im Kalender rot anstreichen.“

Stirnrunzelnd schob Charlotte sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. „Das ist etwas anderes. Ich habe eine Familie. Als ich Mutter wurde, habe ich das Recht aufgegeben, egoistisch zu sein.“

Max ließ das Buch fallen, das er gerade hielt, und presste eine Hand auf sein Herz. Nicht mehr so atemberaubend wie früher, aber immer noch anmutig und graziös stolzierte er tänzelnd zu Charlotte hinüber, wobei er übertriebene Aufopferungsbereitschaft und Martyrium darstellte.

„Sehr lustig“, sagte seine Schwester.

Rasch wich er dem dünnen Buch aus, das sie nach ihm warf, und sie schüttelte den Kopf.

Eine Weile arbeiteten sie schweigend weiter, jeder in Gedanken versunken. Max fragte sich, wer auf Eloise und Marcel aufpasste. Das waren die beiden Kinder, die Charlotte mit ihrem Ehemann Richard hatte. Richard arbeitete als Handelsbankier. Max wusste, dass Charlotte im Augenblick Schwierigkeiten hatte, einen Babysitter zu finden, der in der Lage war, Eloises ganz bestimmte Bedürfnisse zu erfüllen, dennoch wäre es unmöglich gewesen, die beiden Kinder in diese Wohnung mitzunehmen. Jede Änderung in Eloises Routine war für das Kind eine unerträgliche Qual.

„Ich habe mich nie wirklich bei dir bedankt, oder?“, unterbrach Charlotte die Stille.

Er schloss die Klappen einer neu gefüllten Bücherkiste. Der Händler für antiquarische Bücher würde mit der Sammlung seines Vaters einen großen Fang machen. Angefangen bei Groschenromanen aus den Sechzigerjahren bis hin zu Proust und Dante war alles vorhanden.

„Weil es nichts gibt, für das du mir danken musst.“

„Vermisst du das Ballett?“, fragte Charlotte.

Er begann, einen neuen Karton zu falten.

„Manchmal. Nicht mehr so sehr. Seitdem ist viel Zeit vergangen.“

„Erst acht Jahre. Vielleicht könntest du …“

„Nein“, unterbrach er sie in schärferem Ton, als er beabsichtigt hatte. „Im Ballett sind acht Jahre eine Ewigkeit, Charlie. Dafür bin ich jetzt zu alt. Ich habe meine Beweglichkeit verloren und meinen Vorsprung.“

Als man ihm vor acht Jahren mitteilte, dass ihr Vater einen schweren Autounfall gehabt hatte, war Max direkt von Sydney nach Paris geflogen. Damals hatte er inständig gehofft, ihm bliebe genügend Zeit, um sich vor dessen Tod von seinem Vater verabschieden zu können. Wie sich dann herausstellte, blieben ihm dazu acht Jahre.

Sobald klar war, dass ihr Vater seine Verletzungen überleben würde, aber in Zukunft an einen Rollstuhl gefesselt wäre, hatte Max alle notwendigen Vorkehrungen getroffen, um die Versorgung sicherzustellen. Er kündigte bei der avantgardistischen Danceworks Company, durch die er sich in Australien bereits einen Namen gemacht hatte, und veranlasste, dass seine Sachen nach Paris geschickt wurden. Dann zog er in das Apartment seines Vaters im vornehmen Arrondissement St. Germain und begann mit den Umbauten, die dort nötig waren, damit er seinen alten Herrn zu Hause versorgen konnte.

Die Entscheidung war ihm nicht leichtgefallen, und es hatte Augenblicke gegeben – besonders in der Anfangszeit, als er und sein Vater sich noch an ihre neuen Rollen gewöhnen mussten –, in denen er sie bitter bereute. Er hatte so viel aufgegeben. Seine Karriere, seine Träume, seine Freunde. Die Frau, die er liebte.

Alain Laurent war immer ein großmütiger und liebevoller Vater gewesen. Als ihre Mutter starb – damals war Max zehn und Charlotte erst acht Jahre alt – hatte Alain alles in seiner Macht Stehende getan, damit sie den Verlust der Mutterliebe nicht spürten. Er war einzigartig gewesen, und für Max hatte es nie Zweifel gegeben, dass er und Charlotte alles tun würden, was notwendig war, um ihrem Vater die verbleibende Zeit so angenehm wie möglich zu gestalten.

„Du hättest die Sorge für Vater mir überlassen können. Tausende andere Männer hätten das getan“, sagte Charlotte.

„Na, du hast ja eine hohe Meinung von meinem Geschlecht“, erwiderte er trocken.

„Du weißt, was ich meine.“

Er hielt mit der Arbeit inne und blickte seine Schwester an. „Lass uns ein für alle Mal einen Schlussstrich unter diese Sache ziehen. Ich habe gemacht, was ich tun wollte, okay? Er war auch mein Vater. Ich habe ihn geliebt. Ich wollte für ihn sorgen. Anders hätte ich das gar nicht ertragen. Genauso wie du nicht ertragen hättest, wenn du dich zwischen Richard und den Kindern und Dad hättest entscheiden müssen. Ende der Geschichte.“

Charlotte öffnete den Mund, dann schloss sie ihn wieder, ohne etwas zu äußern.

„Gut. Können wir jetzt weitermachen?“, fragte Max.

Charlotte grinste. „Ich hatte ganz vergessen, wie herrisch du sein kannst. Es ist schon eine Weile her, seit du mir die Leviten gelesen hast.“

„Gib es ruhig zu, dass du das vermisst hast“, sagte er grinsend und war froh, dass sie mit dem Gerede von Dankbarkeit aufhörte.

Er hatte sich bewusst dafür entschieden, seinen Vater zu unterstützen. Trotzdem hatte das sein Unterbewusstsein nicht völlig davon abgehalten, sich manchmal die Frage zu stellen, was gewesen wäre, wenn … Das geschah besonders häufig in stillen, entspannten Momenten, zum Beispiel vor dem Einschlafen.

Was wäre gewesen, wenn er seinen Traum hätte verwirklichen können und in London, New York, Moskau und Paris getanzt hätte? Wäre er ein vollendeter Solotänzer geworden? Hätte er seinen Namen in großen Leuchtbuchstaben an den großen Opernhäusern lesen können?

Und was wäre mit Maddy geschehen? Hätte er ihr jemals seine Gefühle gestanden? Hätte er ihr gesagt, wie sehr er sie liebte, und zwar nicht nur als zuverlässiger Freund und gelegentlicher Tanzpartner?

Wie immer, wenn er an Maddy dachte, stellte er sie sich auf der Bühne vor. Sie stand im Scheinwerferlicht, und ihr schlanker, anmutiger Körper bildete eine perfekte arabesque. Dann tauchten Erinnerungen daran auf, wie sie lachend zusammen auf der schäbigen Couch in der Bruchbude von einem Haus saßen, das sie zusammen mit zwei anderen Tänzern bewohnt hatten. Bei großer Hitze hatten sie am Abend manchmal auf der Veranda gefaulenzt.

Trügerische Erinnerungen, dachte er. Die Zeit und die große Entfernung beschönigten alles. Unmöglich konnte Maddy so witzig, herzlich, schön und sinnlich sein, wie er sie in Erinnerung hatte. Für ihn war sie zum Symbol für das geworden, was er aufgegeben hatte.

„Was wirst du jetzt tun?“, fragte Charlotte, während sie eine Kiste über den abgenutzten Parkettboden zu den anderen schob, die er an einer Wand aufgestapelt hatte.

Absichtlich tat er so, als würde er die Frage missverstehen, und erwiderte: „Ich packe diese Kisten fertig, und anschließend suche ich mir ein warmes Plätzchen, um ein kühles Bier zu trinken.“

Sie verdrehte die Augen. „Das meine ich nicht. Was wirst du jetzt tun, nachdem du sozusagen dein Leben zurückbekommen hast?“

Er zuckte die Achseln, obwohl ihm sofort das Apartment einfiel, das er auf der anderen Seite des Flusses gemietet hatte. Seine Schwester hatte es noch nicht gesehen, obwohl es sehr schwierig war, etwas vor ihr geheim zu halten. Bald würde er ihr seine Pläne verraten müssen, doch er war noch nicht bereit, sich missbilligende Kritik von ihr anzuhören, denn im Augenblick musste er sich noch an die eigene Courage gewöhnen.

„Darüber habe ich wirklich noch nicht nachgedacht“, schwindelte er.

Charlotte wischte sich die staubigen Hände am Hosenboden ab. „Das solltest du aber. Du könntest Pères Geld dazu benutzen, um zu studieren und ein Diplom zu erwerben. Oder du kaufst dir eine Wohnung. Fang an, dein eigenes Leben zu leben. Liebe Güte, du könntest dir sogar eine Freundin anschaffen. Bring endlich Leben in die Bude.“

Nun war Max an der Reihe, die Augen zu verdrehen. „Woran liegt es bloß, dass verheiratete Leute immer glauben, auch der Rest der Welt könnte nur in einer Beziehung glücklich werden?“

„Weil das stimmt. Außerdem bist du geradezu zum Ehemann geschaffen, Max. Wenn ein Mann Kinder haben sollte, dann du. Sie würden bestimmt prächtig werden. Und talentiert. Und klug und liebenswürdig.“

„Irgendwie klingt das wie eine Partnerschaftsannonce.“

„Entspann dich. Ich werde nicht gleich eine Anzeige in der Zeitung aufgeben, aber ich habe einige wunderhübsche Freundinnen, die ich dir gerne vorstellen möchte.“

„Nein.“

„Warum nicht? Nenn mir einen triftigen Grund, weshalb du keine attraktive, alleinstehende Frau treffen willst.“

„Ich finde meine eigene Frau, wenn ich das will.“ In Wahrheit würden die nächsten zwölf Monate Herausforderung genug sein, ohne dass er auch noch eine Partnerschaft einging.

„Liebe Güte, du musst doch zumindest an Sex interessiert sein. Wie lange hält ein Mann es überhaupt mit reiner Handarbeit aus?“, fragte Charlotte jetzt allen Ernstes.

Max verschluckte sich beinahe. Halb belustigt, halb überrascht musterte er seine Schwester. Sie war vielseitig, aber gewandt darin, lockere Sprüche zu klopfen, war sie sicher nicht.

„Handarbeit? Ist das dein Ernst?“

„Weißt du einen besseren Begriff dafür? Happy Ending? Mit dem Lukas spielen? Sich einen runterholen?“

Unvermittelt musste er lachen. „Bist du jetzt fertig?“

„Max, ich meine das ernst“, erklärte Charlotte.

Leicht betreten bemerkte er, dass ihr Tränen in den Augen standen. „Sieh mal, deine Sorge um meinen … ähm … Lukas ist nett, glaube ich, aber ich werde mein Sexualleben nicht mit meiner Schwester diskutieren.“

„Weil du gar keines hast. Dabei ist das echte Verschwendung. Ich kenne Frauen, die würden über Glasscherben robben, um an dich ranzukommen. Warum darf ich dich nicht mit einer davon zusammenbringen?“

Abwehrend hob er die Hände. „Erspar mir robbende Frauen. Bitte. Lass dir außerdem versichert sein, ich habe ein Sexleben.“

Marie-Helen und Jordan fielen ihm ein. Das waren Frauen, mit denen er gelegentlich während der letzten Jahre geschlafen hatte. Er mochte sie beide und hatte den Sex mit ihnen genossen, doch er war keiner von ihnen in irgendeiner Weise verpflichtet. Keine Bindung einzugehen war ihm sehr wichtig gewesen, da er seine ganze Energie auf das Wohlergehen seines Vaters verwendet hatte.

„Nun, ich hoffe, das stimmt.“ Charlotte sah ihn direkt an. „Ich will, dass du alles hast, auf das du in den letzten Jahren verzichten musstest.“

„Verstehe. Danke“, erwiderte er. „Können wir jetzt das Thema wechseln und von irgendetwas anderem reden? Meinetwegen über globale Erwärmung oder über die Wucherpreise für tropische Früchte.“

Charlotte drang nicht weiter in ihn, und die nächsten zwei Stunden verbrachten sie damit, Bücher einzupacken. Als sie schließlich das Apartment verließen, waren sie beide staubig und müde.

„Wann lässt du denn morgen den Händler rein?“, fragte er.

„Gegen zehn.“

Auf der Schwelle blieben sie stehen und sahen sich in der Wohnung um, die das Zuhause, das Pflegeheim und das Gefängnis ihres Vaters gewesen war.

„Wirst du das hier vermissen?“, fragte Charlotte.

„Nein. Du?“

Sie schüttelte den Kopf. „Zu viele traurige Erinnerungen.“

Er warf einen letzten Blick in die Wohnung und reichte seiner Schwester die Schlüssel. Auf der Straße trennten sich ihre Wege.

Es war Anfang Februar, und der Atem hing noch als heller Nebel in der kalten Luft. Auf dem Heimweg kaufte Max eine Flasche Wein und frisches Brot. Bevor er die Tür zu einem ehemaligen Laden aufsperrte, den er in einer mit Kopfstein gepflasterten Seitenstraße gemietet hatte, atmete er tief durch. Ein neuer Lebensabschnitt begann.

Seine Schritte hallten auf den Dielenbrettern, als er in die Küche ging. Normalerweise würde die Miete für eine Wohnung in dieser Größe ein Heidengeld kosten, doch ihm war es gelungen, das letzte nicht renovierte Loch im dritten Arrondissement zu finden. In der Gegend wohnten größtenteils soziale Aufsteiger. Was an Ambiente und sanitären Einrichtungen fehlte, wurde durch die Größe wettgemacht. Es war mehr als genug Platz vorhanden, um ein Bett, ein Sofa, einen Sessel, einen Küchentisch und alle Werkstattutensilien unterzubringen. Trotzdem blieb noch reichlich Raum, den er mit Kunstobjekten füllen konnte.

Seine Kunstobjekte.

Max betrachtete die Handvoll kleiner Skulpturen und die lebensgroße Figur in Bronze, die neben der Werkbank standen.

Lange Zeit hatte er sich selbst vorgemacht, seine Skizzen und Skulpturen in kleinem Maßstab seien ein Hobby, ein netter harmloser Zeitvertreib, um die große Lücke zu füllen, die entstanden war, als er mit dem Tanzen aufgehört hatte. Seit seiner Kindheit hatte er schon immer gezeichnet und mit Ton experimentiert.

Sein Können hatte sich entwickelt, und der Drang war größer und größer geworden, seine Ideen in Ton, Gips und Bronze zu gestalten. Jedes Mal wurden die Figuren größer und besser, auch wenn er das Verlangen, in dieser Richtung weiterzuarbeiten, zurückgestellt hatte. Als sich der Gesundheitszustand seines Vaters allerdings vor ein paar Monaten deutlich verschlechterte, ertappte er sich bei dem Gedanken, was wohl sein würde, wenn sein Vater seinen Frieden gefunden hätte. Seine Hände hatten gekribbelt, wenn er sich vorstellte, was er mit seiner Kunst erreichen konnte, sobald ihm mehr Zeit, mehr Raum und mehr Energie dafür zur Verfügung stand.

Charlotte und er hatten eine kleine Summe aus dem Nachlass ihres Vaters geerbt. Wenn die Wohnung verkauft wäre, bekäme jeder noch mehr. Allerdings nicht viel, denn sie hatten einen Kredit aufgenommen, um die Pflege ihres Vaters zu finanzieren. Max wollte seinen Anteil dafür verwenden, sich ein Jahr Zeit zu nehmen, um sich zu beweisen. Die Miete war beglichen, für Essen war gesorgt und sein Arbeitsmaterial war bezahlt. Wenn er am Ende des Jahres nichts vorweisen konnte, dann wäre diese Episode seines Lebens beendet. Zumindest hätte er dann einen seiner Träume bis zum Ende verfolgt.

Er fühlte sich schmuddelig, weil er stundenlang mit staubigen Büchern hantiert hatte, daher zog er sich aus und duschte rasch. Mit feuchtem Haar schlüpfte er in eine ausgewaschene Jeans und einen Kaschmirpullover, der schon bessere Tage gesehen hatte. Dann öffnete er die Flasche Merlot, füllte ein Glas und stellte es auf die Anrichte.

In diesem Moment ertönte die Türglocke. Besorgt warf er einen Blick zum Eingang.

Er traute Charlotte zu, dass sie nach der heutigen Unterhaltung hinter ihm hergeschlichen war, um ihn vielleicht dabei zu erwischen, wie er mit jemandem Sex hatte, bloß damit sie sich in dieser Hinsicht keine Sorgen mehr machen musste.

Max strich sich durch das Haar. Irgendwann würde seine Schwester sowieso herausfinden, dass er den Schatz am Ende eines Regenbogens suchte. Das konnte genauso gut auch jetzt geschehen.

Barfuß ging er zur weiß gestrichenen Eingangstür aus Glas. Draußen entdeckte er eine schmale Silhouette und runzelte die Stirn. Die Person auf der anderen Seite der Tür war zu klein für Charlotte und zu zierlich für Jordan oder Marie-Helen.

Er öffnete das Schloss und zog die Tür auf.

Als er sah, wer auf seiner Schwelle stand, erstarrte er.

„Maddy.“

„Max“, sagte sie, dann fiel sie ihm um den Hals.

2. KAPITEL

Maddy befreite sich aus Max’ Umarmung und wischte sich die Tränen aus den Augen. Sie zu sehen, schien ihn beinahe umzuwerfen. Mit einem Mal merkte sie, wie unpassend es wirken musste, unangemeldet vor seiner Tür zu erscheinen und dann auch noch zu weinen.

Acht Jahre waren vergangen, seit sie ihn zuletzt gesehen hatte. Er wirkte älter und erwachsener. Natürlich war er jetzt auch schon einunddreißig, und sie hatte nicht wirklich erwartet, dass die Zeit keine Spuren bei ihm hinterlassen hatte. Mit den feinen Linien um Mund und Augen wirkte er fast wie ein Fremder auf sie. Sein früher langes, immer leicht zerzaustes Haar war jetzt kurz und zweckmäßig geschnitten. Auch sein Körper war verändert. Er war schlank, muskulös und geschmeidig wie früher, doch der Mann, der nun vor ihr stand, wirkte größer, breiter und kräftiger auf sie als der Freund, den sie in Erinnerung hatte.

Sie lachte verlegen, als ihr bewusst wurde, dass sie sich anstarrten.

„Ich wusste schon immer, wie man einen Auftritt inszeniert, nicht wahr?“, sagte sie.

„Schön, dich zu sehen“, erwiderte er. „Ich hatte keine Ahnung, dass du in der Stadt bist. Wo tanzt du denn? Oder vielleicht sollte ich fragen, wer versucht, die großartige Maddy Green von der SDC abzuwerben?“

Sie öffnete den Mund, um ihm die Neuigkeit mitzuteilen, doch statt Worten kam nur ein tiefes Schluchzen aus ihrer Kehle. Maddy merkte, wie sich ihre Mundwinkel nach unten zogen und ihr erneut die Tränen kamen.

„Hey“, sagte Max. Er machte einen Schritt auf sie zu und nahm sie am Ellbogen. „Was ist denn los? Was hat dich so durcheinandergebracht?“

Maddy bedeckte ihr Gesicht mit den Händen, weil sie Max nicht ansehen konnte, während sie ihm alles erzählte. Sie brachte ja kaum die Worte heraus.

„Ich soll mit dem Tanzen aufhören. Vergangenes Jahr im Juli hatte ich eine Knieoperation, nachdem das vordere Kreuzband gerissen ist. Die OP verlief gut, mir geht es gut und mein Bein wird immer besser, aber der Chirurg der Ballettcompany gibt mir keine Erlaubnis zum Tanzen. Deshalb ist alles vorbei“, stieß sie aus.

„Maddy. Das tut mir so leid“, sagte Max.

Sie ließ die Hände sinken. „Ich wusste nicht, was ich tun soll oder wohin ich gehen soll. Dann bist du mir eingefallen. Ich habe den ersten Flug nach Paris genommen und habe mir nicht einmal die Mühe gemacht, einen Koffer zu packen“, erklärte sie. Sie wollte über ihren verrückten Einfall lachen, doch das einzige Geräusch, das zu hören war, klang mehr wie ein leiser Schluckauf.

Max hob die Augenbrauen, und sein Blick fiel auf ihre Sporttasche, die sie fallen gelassen hatte, als er die Tür öffnete.

„Ich schätze, das war nicht wirklich vernünftig“, meinte sie.

Ein kalter Wind wehte durch die Gasse, rüttelte an den Fenstern und drang durch Maddys dünnen Baumwollpullover. Sie erschauerte, und Max schüttelte den Kopf.

„Du frierst ja.“ Mit diesen Worten zog er sie in die Wohnung und griff gleichzeitig nach ihrer Tasche. „Ich habe gerade eine Flasche Wein geöffnet. Nimm einen Schluck, das wird dich wärmen.“

Sie sah sich um, während er sie durch einen großzügigen Raum führte. Alte Balken stützten hoch oben das Dach. Die Wände bestanden aus groben Ziegeln und waren an manchen Stellen scheinbar willkürlich und flickenhaft verputzt. An einer Seite stand eine Werkbank, auf der jede Menge Werkzeuge lagen. Vor einem Fenster, dessen Scheiben übergestrichen waren, standen einige Skulpturen.

Aus den Rundmails, die Max gelegentlich an seine Freunde schickte, wusste sie, dass er nach dem Tod seines Vaters in eine neue Wohnung gezogen war, aber an einem Ort wie diesen hätte sie sich ihn niemals vorgestellt. Früher war immer er derjenige gewesen, der sich am meisten über das schäbige Badezimmer und die uralte Küche in dem gemeinsam genutzten Haus beschwert hatte.

Möglicherweise hatte er sich nicht nur äußerlich verändert. Vielleicht hatte sich im Lauf der Jahre auch seine Einstellung dazu geändert, was ein Heim ausmachte.

„Es tat mir sehr leid, als ich vom Tod deines Vaters hörte“, sagte sie, als er ihre Tasche auf eine niedrige moderne Ledercouch fallen ließ. Zumindest dieses Möbelstück entsprach mehr der Vorstellung, die sie von seinem Geschmack hatte. Das Sofa hatte eine ansprechende Form, war elegant und von guter Qualität.

„Ja. Danke übrigens für die Blumen. Ich weiß nicht mehr, ob ich dir eine Dankeskarte geschickt habe oder nicht“, meinte er. „Um ehrlich zu sein, habe ich die ganze Beerdigung nur noch nebelhaft in Erinnerung.“

„Du hast mir gedankt.“

Beide waren verlegen. Maddy überlegte, ob das daran lag, dass sie seinen Vater erwähnt hatte. Vielleicht war es aber auch ein Fehler gewesen, einfach so bei ihm hereinzuschneien. Sie hatte nicht daran gedacht, dass das peinlich werden könnte. Eigentlich hatte sie erwartet, sich sofort wieder mit ihm verbunden zu fühlen, sobald sie zur Tür hereinspazierte. Max hatte für sie immer Sicherheit und Geborgenheit ausgestrahlt.

Wie albern das war, konnte sie nun begreifen. E-Mails, Weihnachtskarten und gelegentliche Telefonate reichten nicht aus, um das Vertrauen zu erhalten, das sie früher zueinander gehabt hatten. Sie war um die halbe Welt gereist, auf der Jagd nach einem Phantom.

„Vielleicht sollte ich lieber morgen wiederkommen“, sagte sie und blieb zwischen dem provisorischen Wohnbereich und der Küche stehen, die aus Anrichte, Spüle und einem Herd bestand. „Wahrscheinlich hast du Pläne. Ich hätte vorher anrufen sollen. Wir können uns treffen, sobald du Zeit hast.“

Max kam zur ihr und blieb direkt vor ihr stehen. Dann legte er ihr die Hände auf die Schultern. Sie fühlten sich warm und kräftig an.

„Maddy, ich freue mich sehr, dich zu sehen. Wirklich. Um deinetwillen wünschte ich bloß, der Anlass wäre nicht so traurig. Aber ich fühle mich geehrt, dass du an mich gedacht hast. Jetzt mach es dir bequem und fühl dich wie zu Hause. Ich habe nichts zu erledigen und niemand wartet auf mich.

Also gehöre ich ganz dir.“

Schon wieder traten ihr Tränen in die Augen. Rasch blinzelte sie sie weg und nickte. „Okay, also gut“, sagte sie und setzte sich auf die Couch.

Maddy war körperlich und emotional erschöpft. Beinahe fühlte sie sich, als hätte sie die Luft angehalten, seit Andrew ihr in die Augen gesehen und Dr. Hansons Meinung bestätigt hatte, dass es mit ihrer Karriere vorbei sei.

„Hier.“ Max reichte ihr ein Weinglas, das fast bis zum Rand gefüllt war, und Maddy blickte ihn erstaunt an.

„Das spart mir den Weg zurück in die Küche, um Nachschub zu holen“, erklärte er.

„Ich bin seit Jahren nicht mehr betrunken gewesen“, erwiderte sie und betrachtete die tief dunkelrote Flüssigkeit. „Aber falls jemals der richtige Zeitpunkt dafür ist, dann bestimmt jetzt.“

„Absolut“, stimmte er ihr zu.

Sie trank einen Schluck und dann einen zweiten.

„Ich hatte mir schon überlegt, was noch anders an dir ist“, sagte Maddy. „Abgesehen von deiner Frisur und deinem Gesicht. Es ist dein Akzent. Er ist jetzt viel stärker.“

„Das kommt daher, weil ich seit acht Jahren ständig in meiner Muttersprache rede.“ Er lächelte schwach. „Die einzige Gelegenheit, englisch zu sprechen, ist, wenn jemand von früher anruft oder mich besucht.“

„Das klingt hübsch“, meinte sie. „Die Mädchen aus der Tanztruppe wären ganz begeistert. Ich erinnere mich noch, dass sie wegen deines Akzentes ständig an dir klebten.“

„Vergisst du da nicht mein herausragendes Talent auf der Bühne und meinen legendären Ruf als Liebhaber?“, spöttelte er belustigt.

Maddy entspannte sich etwas, als sie den vertrauten Glanz in seinen Augen sah. Hier war der Max von früher, den sie kannte und liebte, der Max, nach dem sie sich gesehnt hatte, als die Welt um sie herum zusammengebrochen war.

„Richtig, entschuldige. Das verdränge ich immer wieder. Wie lautete noch mal der Spitzname, mit dem du immer angesprochen werden wolltest?“

Er fing an zu lachen, und sie beobachtete fasziniert, wie sein Gesicht sich veränderte.

Er war zu lange Zeit viel zu ernst, wurde ihr bewusst. Auch das war eine Veränderung an ihm.

Maddy konnte nur ahnen, wie es für ihn gewesen sein musste, für seinen an den Rollstuhl gefesselten Vater zu sorgen. Zweifellos war das schrecklich, erschöpfend, frustrierend und lohnend zugleich.

„Zauberflöte“, erwiderte er. „Das hatte ich völlig vergessen, vor allem, weil mir niemand den Gefallen tat.“

„Na ja, wir hatten unsere eigenen Spitznamen für dich.“ Sie zog die Schuhe aus, was immer eine Wohltat für ihre Füße war. Wenn es nach ihr gegangen wäre, wäre sie den ganzen Tag barfuß herumgelaufen.

„Ach ja? Das hast du mir nie erzählt. Wie habt ihr mich denn genannt?“ Er setzte sich auf die Couch und lehnte sich zurück. Mit seinen breiten muskulösen Schultern füllte er die gesamte Ecke aus.

„Ich nicht, die Truppe. Wonder Butt war der beliebteste Spitzname“, erzählte sie. „Weil du deine Hose so gut ausgefüllt hast.“

Erneut lachte Max, und Maddy fühlte, wie sich die wohlige Wärme des Alkohols in ihr ausbreitete. Je mehr er lachte, desto mehr schienen die Jahre von ihm abzufallen, und ihr alter Freund kam zum Vorschein. Vielleicht war die Idee schließlich doch nicht so dumm gewesen, hierherzukommen.

„Einige der Mädchen nannten dich auch Legs aus dem gleichen Grund.“

„Okay, aber jetzt kommen wir besser bald zu dem Teil mit der Zauberflöte, weil ich sonst noch Komplexe bekomme.“

Sie merkte, wie sich ihre Wangen röteten, als ihr der letzte Spitzname einfiel, den die anderen Tänzerinnen Max gegeben hatten. Nervös schluckte sie. Eigentlich verstand sie gar nicht, weshalb ihr ein bisschen albernes Gerede plötzlich peinlich war. Das war ihr schon lange nicht mehr passiert.

Sie räusperte sich. „Ich glaube, sie nannten dich auch Rex.“

Fragend runzelte er die Stirn, und Maddy machte eine vage Geste mit der Hand. Sie konnte nicht glauben, dass er sie zwang, näher darauf einzugehen.

„Du weißt schon, wie Tyrannosaurus Rex. Groß und unersättlich.“

Er warf den Kopf zurück und lachte lauthals, und kurz darauf stimmte sie ein.

„Maddy Green“, sagte er, als er endlich aufgehört hatte zu lachen, und warf ihr einen bewundernden Blick zu. „Es ist verflixt gut, dich wiederzusehen. Das war viel zu lang her.“

Eine Weile herrschte Stille, während sie ihren Wein und die Gegenwart des anderen genossen.

„Willst du darüber reden?“, fragte Max dann schließlich. „Willst du dich über die anderen auslassen, schimpfen, einen Wutanfall bekommen? Ich höre dir gerne zu.“

Sie zog die Beine an. „Ich war nicht bereit dafür. Ich meine, man sagte mir, dass die Operation wenig Aussicht auf Erfolg hätte, aber meine Heilungskräfte sind immer gut gewesen. Das Knie wurde auch besser. Wenn sie mir bloß mehr Zeit gegeben hätten …“

Sie merkte, dass ihre linke Hand über ihrem Knie zur Faust geballt war, während ihre rechte das Glas beinahe zerdrückte.

„Was hat der Arzt denn gesagt?“

„Eine Menge warnendes Geschwätz, dass mein Körper müde sei und die Verletzung nicht mehr ausgleichen könne. Ich kenne meinen Körper besser als jeder andere. Ich weiß, wozu ich fähig bin und was in mir steckt.“ Sie erhob die Stimme und schlug sich mit der Faust gegen ihren zierlichen Oberkörper.

„Bleib ganz ruhig“, sagte Max.

Maddy nahm einen großen Schluck Wein.

„Ich kann immer noch nicht verstehen, dass Andrew Hansons Worten einfach kritiklos Glauben schenkt, als wären sie das Evangelium.“

„Hanson? Ich habe mich schon gefragt, wer dich behandelt hat. Er soll doch ziemlich gut sein, nicht wahr?“

Herablassend zuckte sie mit den Schultern. „Ja. Laut Andrew ist er der Beste. Deshalb arbeitet er exklusiv für die Company, aber er ist schließlich nicht der einzige Arzt auf der Welt. Erinnerst du dich an Sasha? Ihm wurde gesagt er würde für den Rest seines Lebens zum Krüppel werden, wenn er weitertanzt. Er machte weiter und fand einen Platz im Joffrey Ballet. Jetzt ist er einer ihrer führenden Solotänzer.“

Max lächelte. „Fantastisch. Das ist schön für ihn. Ich habe so viele Leute aus den Augen verloren. Was ist mit Liza? Ich habe gehört, sie ging zu einer europäischen Company, aber mehr nicht.“

Max und Liza hatten einmal eine Affäre gehabt, das wusste Maddy. Dachte er, da sie ihn mit ihrem Auftauchen an die Vergangenheit erinnert hatte, nun darüber nach, mit ihr Kontakt aufzunehmen, nachdem er jetzt wieder frei war, seine eigenen Entscheidungen zu treffen?

„Sie arbeitet beim Nederlands Dans Theatre“, sagte sie. „Allerdings habe ich gehört, sie sei verheiratet.“

Das schien Max zu freuen. Maddy entschied, dass er sich lediglich aus Neugier nach einer alten Freundin erkundigt hatte. Außerdem war sie sicher, dass er mit jemandem zusammen war. Sie hatte zwar noch keine Anzeichen in seiner Wohnung entdeckt, dass es eine Frau in seinem Leben gab, und er hatte in seinen E-Mails auch nie eine Freundin erwähnt, doch schließlich sah er sehr gut aus und war nicht umsonst Rex genannt worden. Ein Mann, der den Sex so sehr genoss wie Max, würde ganz bestimmt nicht lange enthaltsam bleiben.

Seit wann spielte Max’ Sexleben überhaupt eine Rolle für sie? Ihre Freundschaft war immer nur platonisch gewesen. Herzlich, liebevoll, rücksichtsvoll und frei von jeder körperlichen Anziehung, trotz der Tatsache, dass sie beide heterosexuell waren und einen gesunden Sexualtrieb hatten. Ohne jemals darüber zu sprechen, waren sie stillschweigend übereingekommen, dass sie keine leidenschaftliche, aber kurzlebige Affäre miteinander haben wollten, sondern lieber eine lange, dauerhafte Freundschaft. Genau deshalb war Max ein wertvoller Freund für sie geworden. Sie hatte ihre Beziehung zu ihm nie verdorben, indem sie mit ihm geschlafen hatte.

Sie hob das Glas an die Lippen und stellte erstaunt fest, dass es leer war.

Vielleicht machte sie sich deshalb Gedanken über Dinge, über die sie, was Max betraf, normalerweise nicht nachdachte. Zu viel Wein zusammen mit der verwirrenden Erkenntnis, dass ihr alter Freund sich verändert hatte, während sie sich auf der ganzen Welt die Seele aus dem Leib getanzt hatte.

Max stand auf. „Ich hole Nachschub.“

Maddy beobachtete ihn, wie er Richtung Küche ging. Er bewegte sich immer noch leichtfüßig, aber seine Füße drehten sich nicht mehr automatisch nach außen, als er vor der Anrichte stehen blieb. Es gab auch kein anderes Anzeichen dafür, dass er einmal einer der vielversprechendsten und talentiertesten Tänzer gewesen war, mit denen sie je gearbeitet hatte.

Max hatte seine Ballettkarriere für seinen Vater aufgegeben, als sein Stern gerade am Aufgehen war. Zumindest hatte sie, Maddy, die Chance gehabt, viele ihrer Träume zu verwirklichen, ehe Andrew und Dr. Hanson sie abschrieben.

In diesem Augenblick kam Max zurück und hielt ihr einen Teller mit Baguettescheiben hin, die mit Pastete bestrichen waren.

„Iss etwas, das mildert die Wirkung des Alkohols.“

„Ich esse keine Kohlehydrate“, sagte sie, ohne nachzudenken. „Ich muss Gewicht verlieren.“

Wie albern klangen diese Worte. Sie brauchte nie wieder Gewicht zu verlieren. Sie konnte essen, bis sie dick wie eine Tonne war, wenn sie das wollte.

Hilfe suchend blickte sie Max an, als hoffte sie in seinem Gesicht den Namen eines Wunderheilmittels gegen die Leere zu lesen, die sie in sich fühlte.

„Wie hast du es geschafft, darüber hinwegzukommen?“, fragte sie leise. „Wie konntest du einfach weggehen? Hast du das Tanzen nicht vermisst? Hast du es nicht gebraucht?“

Er stellte den Teller auf den Tisch. In seinem Blick lagen Mitgefühl und alter Schmerz.

„Ich hatte viele Dinge, die mich ablenkten. Die Sorge um Père, praktische Sachen, um die ich mich kümmern musste. Eine ganze Weile hatte ich keine Zeit, um überhaupt darüber nachzudenken.“

„Und dann?“

„Es war schwer. Nichts fühlt sich an wie Tanzen. Nichts.“

Sie nickte. „Tanzen ist mein Leben. Ich habe alles dafür gegeben, jede einzelne Stunde, jeden Tag.“

„Ich weiß. Das war eines der Dinge, die ich immer an dir bewundert habe. Du warst die leidenschaftlichste Tänzerin, die ich kannte.“

Ein harter Zug erschien um ihren Mund.

„Tut mir leid. Ich wollte nicht in der Vergangenheit sprechen“, entschuldigte er sich.

Meine Güte, er hatte sofort gemerkt, was los war, aber er war ja schon immer sehr scharfsinnig gewesen.

„Ich kann nicht glauben, dass es vorbei sein soll. Das geht einfach nicht“, meinte sie.

Schweigen breitete sich aus. Sie spürte, dass Max nach Worten suchte, die alles leichter machen würden, aber es gab nichts, was er sagen oder tun konnte. Die Entscheidung war gefallen.

„Jetzt erzähl mir aber von dir“, wechselte sie das Thema, um die schlechte Stimmung zu vertreiben. „Und über deinen Dad und … Charlotte, richtig? So heißt doch deine Schwester, oder?“

Während sie die erste Flasche Wein und dann noch eine zweite leerten, redeten sie. Maddy aß mehr als die Hälfte des Baguettes, und um zehn wurden ihre Augen schwer vor Müdigkeit und vom Alkohol.

„Ich muss mir noch ein Hotelzimmer suchen“, sagte sie.

„Sei nicht albern. Du bleibst hier.“

Sobald er das gesagt hatte, entspannte sie sich noch mehr. Dieses Angebot seinerseits hatte sie erhofft, denn sie erinnerte sich noch gerne daran, wie sie immer zu ihm unter die Bettdecke gekrochen war, wenn es kalt war. Sie liebte den Duft von Max, liebte es, seinen warmen Körper neben sich zu spüren. Max hatte sie dann immer nah an sich gezogen, und mit dem Kopf auf seiner Schulter war sie eingeschlafen.

Allein der Gedanke daran, wie geborgen sie sich immer gefühlt hatte, weckte die Sehnsucht in ihr.

„Du kannst mein Bett haben, ich mach es mir auf der Couch bequem“, sagte er und stand auf, um das Geschirr abzuräumen.

Sie suchte seinen Blick.

„Es macht mir nichts aus, das Bett mit dir zu teilen. Das haben wir früher immer gemacht. Erinnerst du dich?“ Sie hoffte, sie klang nicht so verzweifelt, wie sie sich fühlte.

Er zögerte einen Augenblick. „Sicher. Ich werde versuchen, dir nicht die Decke wegzuziehen. Es ist nämlich eine Weile her, seit ich das Bett mit jemandem geteilt habe.“

Erleichtert strahlte sie ihn an. „Weißt du, ich bin froh, dass ich hergekommen bin. Am Anfang war alles ein bisschen sonderbar, aber das lag bloß daran, weil wir uns so lange nicht gesehen hatten. Jetzt fühlt sich alles wieder wie in alten Zeiten an.“

Er wandte den Blick ab. „Die alten Zeiten. Richtig.“

„Kann ich vielleicht vor dem Schlafen noch duschen?“, fragte sie.

„Natürlich. Ich hol dir ein Handtuch.“

Er verschwand durch eine Tür, und Maddy drehte ihr langes Haar zu einem Knoten, damit es nicht nass wurde.

Sie hatte keine Ahnung, was der kommende Tag bringen würde, was ziemlich erschreckend für eine Tänzerin war, die immer sehr streng und diszipliniert gelebt hatte.

Einen Augenblick war ihr wieder schwindelig, und ihr Herzschlag beschleunigte sich. Kein Training. Keine Kostümproben. Kein Unterricht. Keine Dehnungsübungen oder Pilates. Was würde sie mit ihrer Zeit anfangen? Liebe Güte, was würde sie mit dem Rest ihres Lebens anfangen?

Max kam zurück mit einem flauschigen weißen Badetuch und einem frischen Stück Seife.

„Das Badezimmer ist ziemlich primitiv, aber ausreichend ausgestattet.“

Ihre Angst verflog, als sie in seine klaren grauen Augen blickte.

Sie stand auf, nahm das Badetuch und legte kurz die Hand auf Max’ Unterarm, um seine beruhigende Wärme zu spüren.

Ganz sicher hatte sie das Richtige getan, als sie hergekommen war, egal wie verrückt das im ersten Moment auch gewesen zu sein schien. Ganz sicher.

Max strich sich durch sein kurz geschnittenes Haar, als Maddy durch die Badezimmertür verschwand.

Maddy Green. Kaum konnte er glauben, dass sie nach all diesen Jahren in seiner Wohnung war.

Der Schock, sie so plötzlich vor seiner Tür zu sehen, steckte immer noch in ihm. Fast war es, als ob er sie herbeibeschworen hätte, weil er in der Wohnung seines Vaters an sie gedacht hatte.

Sie war schön mit ihrem langen dicken Haar und den dunkelbraunen Augen. Mit ihr im selben Raum zu sein, war immer ein Erlebnis – ihr Körper strahlte Gefühl und Intensität aus, wodurch man sofort gefesselt wurde. Das war einer der Gründe, weshalb es so viel Vergnügen bereitete, sie auf der Bühne zu beobachten. Sie hatte die Ausdruckskraft und Präsenz eines Stars, und die Menschen hatten sich schon immer zu ihr hingezogen gefühlt.

Ein blumiger beschwingter Duft hing in der Luft. Das war das Parfum, das sie schon früher benutzt hatte.

Liebe Güte, er erinnerte sich sogar an ihr Parfum. Wie rührselig!

Einesteils fühlte er sich geschmeichelt, dass sie an ihn gedacht hatte, als es ihr schlecht ging, andererseits war er sich nicht sicher, ob es gut für ihn war, wenn sie wieder in seinem Leben auftauchte.

Die Weinflaschen klirrten laut, als sie auf den Boden des Mülleimers aufschlugen. Max wischte sich die Hände an den Oberschenkeln ab.

Er dachte an ihren verletzten Gesichtsausdruck, als sie ihm das Urteil des Arztes mitgeteilt hatte, und obwohl er sich hin- und hergerissen fühlte, wünschte er doch, er könnte Maddy helfen. Er wollte nicht, dass ihr jemand wehtat.

Rasch stieg er die Stufen zum Schlafbereich hoch, der sich über der Küchenzone befand. Da Maddy in seinem Bett schlafen würde, wollte er die Bettwäsche wechseln.

Max breitete gerade ein frisches Laken über die Matratze, als Maddy hinter ihm sagte: „Das musst du aber nicht extra machen.“

Er drehte sich um, und tief im Innern regte sich etwas in ihm.

Sie trug eines seiner T-Shirts. Der Saum reichte ihr bis zur Mitte der Oberschenkel, und ihr Haar hing offen über ihre Schultern. Durch den abgetragenen Stoff zeichneten sich ihre Brustwarzen ab. Wie die meisten Tänzerinnen hatte Maddy kleine Brüste, aber sie waren hübsch gerundet mit kessen Spitzen. Sein Blick ging zu ihren nackten muskulösen Schenkeln. Ob sie wohl Unterwäsche trug?

Verflixt.

„Ich habe mir ein T-Shirt von dir geliehen. Das war hoffentlich okay?“

Er richtete die Aufmerksamkeit wieder auf das Bettlaken und konzentrierte sich darauf, es so ordentlich wie noch nie um die Matratze zu schlagen.

„Sicher.“

„Ich wollte schon immer so eine großzügige Wohnung haben“, sagte sie, während sie an das Geländer trat und das gesamte Apartment überblickte.

Wenn er jetzt hochsah, könnte er einen großartigen Blick auf ihren Po und die Rückseite ihrer schlanken Beine erhaschen, doch er hielt den Blick gesenkt.

Acht Jahre waren vergangen. Wieso begehrte er diese Frau bloß noch immer so heftig?

Sie trösten zu wollen war ja in Ordnung, aber sie körperlich zu begehren stand auf einem ganz anderen Blatt. Diesen Weg war er schon früher gegangen und er wusste, dass er nirgendwo hinführte.

Er faltete die Zudecke auseinander und schwang sie so heftig über das Bett, dass sie wie ein Ballon niedersank.

Du liebst sie nicht mehr, sagte er sich. Du hast vor Jahren damit aufgehört, sie zu lieben.

Das stimmt, versicherte er sich. Er war seit Langem über Maddy hinweggekommen. Er hatte aufgehört, über sie nachzudenken und von ihr zu träumen. Dass er sich zum Sklaven seiner Gefühle für sie gemacht hatte, war schon lange vorbei.

Das war beruhigend, erklärte allerdings nicht ganz, wieso ihm seine Hose plötzlich zu eng war.

Sie ist eine Frau. Eine großartige, beinahe nackte Frau. Du hast jahrelang von ihr geträumt. Starke sexuelle Anziehung stirbt nicht einfach so, aber sie bedeutet auch nichts anderes, als dass du scharf bist, und sie heiß ist.

Er blickte zu Maddy.

Zweifellos war sie schön und verführerisch. Wahrscheinlich würde jeder andere Mann sie ebenfalls begehren, wenn sie sich nur mit einem T-Shirt bekleidet in seiner Wohnung befände.

Also gut. Es gab eine vernünftige Erklärung für seine körperliche Reaktion. Nun musste er sich mit dem kleinen Problem befassen, wer wo schlafen würde. Auf keinen Fall wollte er, dass Maddy bemerkte, wie scharf er auf sie war. Sie suchte Trost bei ihm, keinen Sex.

„Weißt du, ich glaube, du hast es bequemer, wenn ich die Couch nehme“, schlug er beiläufig vor. „Ich schlafe sehr unruhig, und du musst erst deinen Jetlag überwinden.“

Sie drehte sich um und sah ihn erstaunt an. „Ich möchte dich nicht aus deinem Bett vertreiben, Max. Wenn du dir darüber Sorgen machst, werde ich auf der Couch schlafen.“

„Ich mache mir keine Sorgen. Ich habe nur an dich gedacht.“

Völlig unnötig, wie sich herausstellte.

„Also, wenn ich die Wahl habe, schlafe ich lieber zusammen mit dir. Im Augenblick möchte ich eigentlich nicht gerne alleine sein, verstehst du?“

Der verlorene Ausdruck in ihren Augen besiegelte die Angelegenheit.

„Also gut. Ich putze mir nur noch die Zähne“, sagte er.

Und versuche etwas zu finden, in dem ich schlafen kann. Vorzugsweise etwas wie eine Ritterrüstung.

Nachdem er im Bad fertig war, stellte er fest, dass er die Wahl hatte zwischen einer Trainingshose und Boxershorts. Er entschied sich – zögernd – für die Boxershorts, denn er konnte sich Maddys Reaktion gut vorstellen, wenn er mit einer Jogginghose ins Bett kletterte.

Zehn Minuten später stieg er die Stufen zum Schlafbereich hoch. Maddy lag zusammengerollt auf einer Seite des Bettes. Ihre Augen waren geschlossen, und sie hatte die Hand unter den Kopf geschoben.

Als Max sich neben ihr ausstreckte, rührte sie sich.

„Ich dachte schon, du würdest nie mehr kommen.“

„Ich musste noch den Hund rauslassen und nach den Kindern sehen“, scherzte er.

Sie lächelte schwach und sah ihn schläfrig mit ihren großen Augen an. Jetzt, wo er ihr so nah war, konnte er sehen, wie zart und klar ihre Haut war und dass sie immer noch ein paar liebenswerte Sommersprossen auf der Nase hatte. Diese Sommersprossen hatte sie früher gehasst und ihren Fluch genannt. Ständig versuchte sie, sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit abzudecken.

Er grinste.

„Was ist?“, wollte sie wissen.

„Ich hatte ganz deinen Fluch vergessen.“

Sie verzog das Gesicht. „Ich dachte mir schon, dass du sie bemerken würdest.“

„Sie sind niedlich.“

„Bei einer Zehnjährigen. Nicht bei einer Primaballerina. Ich wette, Anna Pavlova hat keine Sommersprossen.“

In diesem Augenblick erinnerte sie sich, dass sie nicht länger eine Primaballerina war, und presste die vollen Lippen zusammen.

„Komm her.“

Max hielt ihr den Arm hin, und sie rückte zu ihm und legte den Kopf an seine Schulter.

Wenn er sich auf den verlorenen und fassungslosen Ausdruck in ihren Augen konzentrierte, hatte er eine kleine bis mittlere Chance, die Nacht mit ihr durchzustehen, ohne sie beide in Verlegenheit zu bringen. Sie brauchte ihn. Dieser Gedanke sollte reichen, um alles andere in den Hintergrund zu drängen.

„Alles wird gut, Maddy“, sagte er. „Du wirst sehen.“

„Ich hätte darauf vorbereitet sein sollen. Alle Balletttänzer müssen irgendwann aufhören, das weiß ich.“ Jetzt flüsterte sie nur noch. „Aber ist es falsch und vermessen, ein wenig mehr zu verlangen? Ein weiteres Jahr? Zwei?“

Max zog sie näher an sich. Er spürte, wie sehr sie sich verkrampfte und wie groß ihr Kummer und ihre Verzweiflung waren.

„Alles wird gut“, wiederholte er und streichelte dabei sanft ihren Rücken.

Nach ein paar Minuten ließ ihre Anspannung nach, weil der Wein, der Jetlag und die aufgewühlten Gefühle ihren Tribut forderten, und sie schlief ein. Max betrachtete die Zimmerdecke und lauschte auf Maddys regelmäßige Atemzüge.

Wie er sie kannte, würde sie morgen oder übermorgen wahrscheinlich wieder nach Hause fliegen, nachdem ihr verrückter und spontaner Ausflug seinen Zweck erfüllt, und sie ihren Kummer und ihre Verwirrung zum Ausdruck gebracht hatte. Zu Hause hatte sie Freunde. Dort spielte sich ihr Leben ab. Sie würde in die vertraute Umgebung zurückkehren wollen, um herauszufinden, was als Nächstes in der Geschichte der Maddy Green geschah.

Sie bewegte sich im Schlaf, und ein Hauch ihres Parfums stieg ihm in die Nase. Ihm fiel ein Abend ein, als sie noch zusammenwohnten, und er beschloss, Maddy zu gestehen, was er für sie empfand. Er hatte Monate gebraucht, um genug Mut dafür aufzubringen, denn immerhin riskierte er dadurch ihre Freundschaft.

Die Küche ihres gemieteten Hauses sah richtig kitschig aus, nachdem er sie mit Rosen und Kerzen geschmückt hatte, seiner damaligen jugendlichen Vorstellung von Romantik entsprechend. Er hatte sogar extra eine Flasche französischen Champagner gekauft. Dann kam Maddy nach Hause und platzte fast vor Glück, weil sie zum Tanzen beim Royal Ballet nach London eingeladen worden war. Er sah ihre riesige Freude, die kein bisschen vermindert wurde durch Bedauern darüber, was sie zurücklassen würde. Als sie in ihrem Zimmer verschwand, um ihre Mom anzurufen, machte er schweigend die Kerzen aus, versteckte den Champagner ganz hinten im Kühlschrank. Seine Liebeserklärung sprach er nicht aus.

Wenn er jetzt daran dachte, konnte er nur froh sein, dass Maddy so beschäftigt mit sich selbst und den Neuigkeiten war, dass sie nie daran gedacht hatte zu fragen, warum die Küche so hergerichtet gewesen war. Damit hatte sie ihnen beiden eine schmerzliche und peinliche Unterhaltung erspart.

Maddy murmelte im Schlaf und bewegte ruhelos den Kopf an seiner Schulter. Dann rollte sie von ihm weg und streckte sich auf ihrer Seite aus.

Entschlossen wandte Max ihr den Rücken zu und schloss die Augen. Am Morgen hatte er die erste Sitzung mit dem Aktmodell, das er für seine neuen Ideen gesucht hatte. Er musste schlafen, trotz der vielen Gedanken, die ihm im Kopf herumspukten und trotz des Wissens, dass Maddy nur wenige Zentimeter von ihm entfernt lag. Er war kein Jugendlicher mehr, der seinen Köper und seine Gefühle nicht im Griff hatte. Wenn er in den vergangenen acht Jahren etwas gelernt hatte dann das, dass er schlafen musste, sobald die Möglichkeit dazu bestand.

Dicht an Maddys Rückseite gekuschelt wachte Max auf. Er hatte den Arm um ihren Oberkörper gelegt, und sie lag mit dem Po in dem Winkel, den sein Becken und seine leicht angezogenen Beine bildeten.