Top Secret 2 - Heiße Ware - Robert Muchamore - E-Book

Top Secret 2 - Heiße Ware E-Book

Robert Muchamore

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Beschreibung

Aufregenden Einsätze in allen Teilen der Welt - Action und Spannung pur!

In den Fängen der Drogenmafia.

Sein Name ist Adams. James Adams. Und er ist Mitglied der Spezialeinheit CHERUB des britischen Geheimdienstes, die Jugendliche zu Undercover-Agenten ausbildet. James neuester Auftrag führt ihn in die Welt der Drogenmafia: Er soll Beweise gegen den international einflussreichsten Drogenboss Keith Moore beschaffen, der skrupellos Kinder für seine Zwecke missbraucht. Tatsächlich gelingt es ihm, dessen Geschäftsverbindungen auszuspionieren. Als das Drogenkartell Wind von der Sache bekommt, schwebt James in Gefahr …

Überzeugende, sympathische Charaktere und temporeiche Action: "Top Secret" ist brillante Action mit Tiefgang und aktuellen Themen.

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Seitenzahl: 368

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DER AUTOR

 

Robert Muchamore, Jahrgang 1972, lebt in London und arbeitet dort als Privatdetektiv. Er hasst es, von Kühen gejagt zu werden, das Landleben überhaupt, bärtige Frauen, Ketschup und Majonäse, Schnulzenfilme und Leute, die zehn Minuten lang an der Bushaltestelle stehen und erst dann anfangen, nach Kleingeld zu kramen, wenn sie vor dem Busfahrer stehen. Er hat einen sehr schwarzen Humor und seine Lieblingsfernsehserie ist »Jackass«.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen. Deutsche Erstausgabe September 2006

Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform

© 2004 der Originalausgabe by Robert Muchamore

Die englische Originalausgabe erschien unter dem Titel »CHERUB: Class A« bei Hodder Children’s Books, London. 

© 2006 der deutschsprachigen Ausgabe bei cbt/cbj,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 MünchenAlle deutschsprachigen Rechte vorbehalten 

Aus dem Englischen von Tanja Ohlsen 

Umschlagkonzeption: init.büro für gestaltung, Bielefeld If . Herstellung: CZ/JL Satz: Uhl+Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-12000-9

V003

www.cbj-verlag.de

www.randomhouse.de

1.

Milliarden von Insekten schwirrten in der Dämmerung. James und Bruce hatten längst aufgegeben, nach ihnen zu schlagen. Die Jungen waren zehn Kilometer weit einen gewundenen Kiespfad entlanggejoggt, der bergauf zu einer Villa führte. Zwei Achtjährige wurden dort als Geiseln gefangen gehalten.

»Können wir eine Minute ausruhen?«, keuchte James und stützte sich mit den Händen auf den Knien ab. »Ich bin fix und fertig.«

Aus seinem T-Shirt hätte er einen ganzen Becher Schweiß auswringen können.

»Ich bin ein Jahr jünger als du«, erinnerte Bruce ihn ungeduldig. »Eigentlich solltest du mich antreiben. Das liegt nur an deinem Bauch!«

James sah an sich herab. »Komm schon, ich bin ja wohl nicht fett!«

»Aber auch nicht gerade schlank. Bei der nächsten Untersuchung nageln sie dich ans Kreuz. Sie werden dich auf Diät setzen und zusehen, wie du deine Wampe abtrainierst.«

James richtete sich auf und trank etwas Wasser aus seinem Kanister. »Ich kann nichts dafür, Bruce, das ist Veranlagung. Du hättest sehen sollen, wie dick meine Mutter war, als sie starb.«

Bruce lachte. »In unserem Mülleimer lagen gestern Abend die Verpackungen von drei Karamellriegeln und einem Snickers! Das hat nichts mit Veranlagung zu tun. Du bist einfach ein kleiner Fresssack!«

»Nicht jeder kann so einen mickrigen, kleinen Stechmückenkörper haben wie du«, erwiderte James bissig. »Bist du so weit?«

»Wenn wir schon halten, können wir auch gleich mal einen Blick auf die Karte werfen«, schlug Bruce vor. »Schau mal, wie weit es noch bis zum Haus ist.«

James zog eine Karte aus seinem Rucksack. An Bruces Shorts war ein GPS befestigt, ein winziges Gerät, das einem seine Position auf der ganzen Welt auf wenige Meter genau anzeigen konnte. Bruce übertrug die Koordinaten auf die Karte und fuhr mit dem Finger den Kiespfad zum Haus nach.

»Zeit, sich in die Büsche zu schlagen«, meinte er. »Es sind nur noch ein paar hundert Meter.«

»Hier ist es sehr steil«, gab James zu bedenken, »und der Boden gibt nach. Das wird ein Albtraum!«

»Falls du nicht vorhast, zum Vordereingang zu spazieren, zu klingeln und zu sagen: ›Könnten wir wohl bitte unsere Geiseln wiederhaben?‹, sollten wir trotzdem lieber hier den Pfad verlassen.«

Bruce hatte Recht. James stopfte die Karte zurück in seinen Rucksack, und gemeinsam schlugen sie sich ins Unterholz, das trocken war wie Zunder und unter ihren Turnschuhen knackte. Es hatte auf der Insel seit zwei Monaten nicht mehr geregnet. Im Osten hatte es Buschfeuer gegeben. Bei klarer Sicht konnte man noch immer die Rauchwolken am Himmel sehen.

Auf James’ feuchter Haut sammelte sich bald eine dicke Schmutzschicht. Er griff nach den Pflanzen, um sich bei dem Aufstieg an dem steilen Hang an ihnen festzuhalten. Man musste vorsichtig sein, denn einige Pflanzen hatten Dornen und andere lösten sich aus dem Boden, wenn man daran zog, sodass man nur noch eine Hand voll Gestrüpp in der Hand hielt und schnell nach etwas Festerem angeln musste, um nicht rückwärts umzufallen.

Als sie den Drahtzaun erreichten, der die Villa umgab, zogen sie sich ein paar Meter zurück und legten sich flach auf den Boden. Bruce schaute jämmerlich auf seine Hand.

»Was jaulst du denn?«, fragte James.

Bruce zeigte ihm seine Handfläche. Selbst im Dämmerlicht konnte James das Blut sehen, das Bruces Arm herunterlief.

»Wie ist denn das passiert?«

Bruce zuckte die Achseln. »Irgendwie beim Heraufklettern. Ist mir nicht aufgefallen, bis wir angehalten haben.«

»Ich sollte das lieber sauber machen.«

James goss etwas Wasser aus seinem Kanister und wusch das Blut ab. Aus seinem Rucksack nahm er ein Erste-Hilfe-Set und klemmte sich eine kleine Taschenlampe zwischen die Zähne, damit er sehen konnte, was er tat, und die Hände frei hatte. Unterhalb von Bruces Mittelfinger steckte ein Dorn.

»Sieht schlimm aus. Tut es weh?«

»Was ist denn das für eine blöde Frage?«, schnappte Bruce. »Natürlich tut es weh!«

»Soll ich ihn herausziehen?«, fragte James.

»Ja«, gab Bruce müde zurück. »Hast du im Unterricht nie aufgepasst? Splitter immer entfernen, wenn es nicht übermäßig heftig blutet oder du vermutest, dass eine Vene oder Arterie verletzt ist. Dann desinfizieren und einen sauberen Verband anlegen oder ein Pflaster draufkleben.«

»Du hörst dich an, als hättest du das Lehrbuch gefressen«, grinste James.

»Ich war im selben Erste-Hilfe-Kurs wie du, James. Nur habe ich nicht die ganzen drei Tage damit verbracht, mit Susan Kaplan anzubändeln.«

»Schade, dass sie einen Freund hat.«

»Sie hat keinen Freund«, klärte Bruce ihn auf. »Sie hat nur versucht, dich abzuwimmeln.«

»Oh«, sagte James enttäuscht. »Ich dachte, sie mag mich wirklich.«

Bruce antwortete nicht. Er biss auf den Riemen seines Rucksacks, denn er wollte nicht, dass ihn im Haus jemand hörte, falls er vor Schmerz aufschreien sollte.

James zückte die Pinzette. »Bereit?«

Bruce nickte.

Der Dorn kam ganz leicht heraus. Bruce stöhnte auf, als erneut Blut über seine Hand lief. James tupfte es ab, trug desinfizierende Salbe auf und wickelte eine Bandage fest um Bruces Finger.

»Fertig«, sagte James. »Kannst du weitermachen?«

»So kurz vor dem Ziel gebe ich doch nicht auf!«

»Ruh dich trotzdem einen Moment aus«, empfahl James. »Ich schleiche mich am Zaun entlang und sehe mal nach den Sicherheitsvorkehrungen.«

»Achte auf Videokameras«, warnte Bruce. »Sie werden uns erwarten.«

Als James die Taschenlampe ausknipste, blieb ihm nur noch das schwache Licht der Dämmerung. Auf dem Bauch kriechend, näherte er sich dem Zaun. Das Haus war beeindruckend: zwei Stockwerke, eine Garage für vier Autos und ein nierenförmiger Swimmingpool an der Vorderseite. Die Wasserstrahlen des leise klickenden Rasensprengers wurden von den Lichtern an der Haustür beleuchtet. Es gab kein Anzeichen von Kameras oder anderen Hightech-Sicherheitseinrichtungen, nur die gelbe Signallampe einer billigen Einbruchsicherung, die wahrscheinlich nicht eingeschaltet war, solange jemand im Haus war. James kam wieder zu Bruce zurück.

»Hoch mit dir! Scheint nicht schwierig zu sein.«

Er zog seine Drahtschere heraus und kappte die Drähte im Zaun, bis das Loch groß genug war, um hindurchzuschlüpfen. Er folgte Bruce über den Rasen und sie krochen rasch auf das Haus zu. Plötzlich fühlte James etwas Glitschiges an seinem Bein.

»Oh Mann!«, fluchte James angewidert. »Scheiße!«

Bruce bedeutete ihm, still zu sein. »Sei leise, um Himmels willen! Was ist los?«

»Ich knie gerade in einem gigantischen Hundehaufen.«

Bruce musste grinsen, während James aussah, als würde er sich gleich übergeben.

»Das ist schlecht«, meinte Bruce.

»Das musst du mir nicht sagen. Ich hatte so etwas schon mal am Schuh, aber das hier ist direkt auf der Haut.«

»Du weißt, was ein Riesen-Hundehaufen bedeutet, nicht wahr?«

»Allerdings«, antwortete James. »Es bedeutet, dass ich ziemlich angeschissen bin.«

»Es heißt auch, dass hier ein Riesenhaufen Hund unterwegs sein muss.«

Als James klar wurde, was dies bedeutete, robbte er schnell weiter. An der Hauswand hielten er und Bruce zwischen ein paar bis zum Boden reichenden Fenstern inne. Bruce lehnte sich an die Wand und checkte den Raum dahinter. Das Licht brannte. Innen befanden sich Ledersofas und ein Billardtisch. Sie versuchten, die Fenster aufzubekommen, aber sie waren alle verriegelt. Schlüssellöcher gab es nur auf der Innenseite, daher konnten sie auch mit einem Dietrich nichts bewirken.

WUFF!

Die beiden Jungen fuhren herum. Nur fünf Meter von ihnen entfernt stand der Urahn aller Rottweiler. Unter dem glänzenden schwarzen Fell des riesigen Tieres zeichneten sich gewaltige Muskeln ab und von seinem Kiefer trieften Sabberspuren.

»Braves Hundchen«, flüsterte Bruce und versuchte, ruhig zu bleiben.

Der knurrende Hund kam näher und starrte sie aus seinen schwarzen Augen an.

»Bist du nicht ein braves Hundchen?«, fragte Bruce.

»Bruce, ich glaube kaum, dass er sich gleich auf den Rücken wirft, damit du ihn am Bauch kraulen kannst.«

»Und wie sieht dein Plan aus?«

»Na ja, zeig ihm nicht, dass du Angst hast«, bibberte James. »Wir starren ihn nieder. Wahrscheinlich hat er genauso viel Angst vor uns wie wir vor ihm.«

»Oh ja«, meinte Bruce. »Das sieht man. Der Ärmste macht sich gleich ins Fell.«

James kroch vorsichtig rückwärts. Der Hund reagierte mit tiefem Gebell. Bei seinem Manöver stieß James einen metallenen Schlauchhalter um. Einen Moment lang betrachtete er den Halter, dann lehnte er sich zurück und wickelte ein paar Meter von dem Plastikschlauch ab. Der Hund war nur mehr ein paar Schritte von ihm entfernt.

»Bruce, versuch, wegzurennen und eine Tür zu öffnen«, stieß James hervor. »Ich halte ihn hiermit auf Abstand.«

Halb hoffte James, der Hund würde Bruce nachlaufen, doch das Tier fixierte ihn und kam näher, bis James seinen Atem auf seinen Beinen spüren konnte.

»Braves Hundchen«, flüsterte er.

Der Rottweiler stellte sich auf die Hinterbeine und versuchte, James umzuwerfen, doch der drehte sich weg, und die Pfoten glitten an der Glastür ab. James holte mit dem Schlauch aus und schlug dem Hund damit gegen die Rippen. Das Tier jaulte auf und wich ein Stück zurück. James ließ den Schlauch auf die Terrasse schnalzen, in der Hoffnung, dass der Lärm den Hund vertreiben würde, aber der Schlag schien ihn nur noch wütender zu machen.

James drehte sich der Magen um, als er sich vorstellte, wie leicht das große Tier ihn in Stücke reißen konnte. Er war einmal fast ertrunken. Damals hatte er gedacht, dass es nichts Schrecklicheres geben könnte, aber dies hier war ziemlich dicht dran.

Hinter James’ Kopf klickte ein Bolzen und die Fensterflügel gingen auf.

»Wenn der Herr bitte einmal hierhinein schlüpfen möchte«, forderte Bruce ihn auf.

James warf den Schlauch von sich und sprang durch die Öffnung. Bruce schlug die Flügeltür zu, bevor der Rottweiler reagieren konnte.

»Warum hast du so lange gebraucht?«, erkundigte sich James ängstlich und versuchte, das Zittern seiner Hände zu unterdrücken. »Wo sind die anderen?«

»Keine Spur von ihnen«, sagte Bruce. »Was ziemlich merkwürdig ist. Sie müssen taub sein, wenn sie das Gekläff von dem Köter nicht gehört haben.«

James griff nach einem Vorhang und versuchte, sich damit den Hundedreck von seinem Bein zu wischen.

»Saueklig!«, fand Bruce. »Na ja, zumindest hast du es nicht auf den Klamotten.«

»Hast du in allen Zimmern nachgesehen?«

Bruce schüttelte den Kopf. »Ich dachte, ich stelle erst mal sicher, dass du nicht gefressen wirst, auch wenn das bedeutet, dass wir erwischt werden.«

»Nett von dir«, meinte James.

Sie arbeiteten sich durchs Erdgeschoss, schlichen an jede Tür heran und überprüften die einzelnen Zimmer. Das Haus sah bewohnt aus. In den Aschenbechern lagen Zigarettenstummel und überall waren schmutzige Kaffeetassen abgestellt. In der Garage stand ein Mercedes. Der Schlüssel hing am Schlüsselbrett. Bruce steckte ihn ein.

»Da hätten wir unseren Fluchtwagen«, stellte er fest.

Im Erdgeschoss war kein Lebenszeichen zu vernehmen. Die Treppe konnte zu einer gefährlichen Falle werden. Vorsichtig stiegen sie hinauf, wobei sie jederzeit damit rechneten, dass jemand oben auf den Treppenabsatz sprang und eine Waffe auf sie richtete.

Im oberen Stockwerk gab es drei Schlafzimmer und ein Bad. Die zwei Geiseln saßen im Hauptschlafzimmer. Die beiden Achtjährigen, Jake und Laura, waren an einen Bettpfosten gefesselt und geknebelt. Sie trugen schmuddelige T-Shirts und Jeans.

James und Bruce zogen ihre Jagdmesser hervor und schnitten die Kinder los. Für eine Begrüßung blieb keine Zeit.

»Laura«, rief James. »Wann hast du die Typen das letzte Mal gesehen? Hast du eine Ahnung, wo sie sein könnten?«

Lauras Gesicht war gerötet und sie wirkte schlapp.

»Keine Ahnung«, gab sie zurück. »Aber ich muss dringend aufs Klo.«

Bruce und James hatten erwartet, dass sie kämpfen mussten, um sie zu befreien. Das hier war viel zu leicht.

»Wir bringen euch zum Auto«, sagte James.

Laura humpelte zum Bad. Ihr Knöchel war verbunden.

»Wir haben keine Zeit für Pipipausen«, keuchte James. »Die haben Waffen und wir nicht.«

»Ich mach mir gleich in die Hose«, gab Laura zurück und schloss sich im Bad ein.

James war wütend. »Dann aber schnell!«

»Ich muss auch mal!«, meldete sich Jake zu Wort.

Bruce schüttelte den Kopf. »Ich will nicht, dass du verschwindest. Du kannst in der Garage in die Ecke pinkeln, während ich das Auto starte.«

Er führte Jake nach unten. James wartete eine halbe Minute, bevor er an die Badezimmertür klopfte.

»Komm schon, Laura, warum zum Teufel brauchst du so lange?«

»Ich wasche mir die Hände«, sagte Laura. »Ich konnte erst die Seife nicht finden.«

James konnte es nicht glauben. »Um Himmels willen!« , schrie er und hämmerte mit der Faust gegen die verschlossene Tür. »Wir müssen hier raus!«

Endlich humpelte Laura aus dem Bad. James warf sie sich über die Schulter und sprintete zur Garage hinunter. Bruce saß schon am Steuer des Wagens. Laura setzte sich zu Jake auf den Rücksitz.

»Er ist kaputt!«, schrie Bruce, sprang aus dem Wagen und trat gegen den Kotflügel. »Der Schlüssel lässt sich nicht drehen. Der Tank ist aber voll. Ich weiß nicht, woran es liegt!«

»Er ist präpariert worden«, rief James zurück. »Jede Wette, dass das eine Falle ist!«

Bruce sah belämmert drein, als ihm die Wahrheit dämmerte.

»Du hast Recht. Los, verschwinden wir.«

James beugte sich zu Jake und Laura: »Tut mir Leid, ihr zwei. Sieht so aus, als müssten wir zu Fuß abhauen.«

2.

Aus nächster Nähe abgeschossen, ließ die nächste Farbkugel James nach hinten auf den Betonboden stürzen. Kerry Chang hielt die Waffe auf ihn gerichtet, während sie näher kam. James hob die Hände.

»Ich ergebe mich.«

»Wie bitte?«, fragte Kerry und schoss eine vierte Farbkugel auf James’ Hüfte.

Die Farbkugeln verursachten zwar keine bleibenden Schäden, doch aus so kurzer Distanz abgefeuert, schmerzten sie gewaltig, sodass James sich auf dem Boden wand.

»Kerry, bitte nicht noch mal«, keuchte er. »Das tut richtig weh!«

»Wie bitte?«, sagte Kerry. »Ich kann dich nicht verstehen.«

Sie stand breitbeinig über James und richtete den Lauf der Farbkugelpistole auf ihn. Auf der anderen Seite des Wagens schrie Bruce auf, als Gabrielle zum wiederholten Mal auf ihn schoss.

Kerry feuerte aus einem Abstand von weniger als einem Meter auf James’ Magen, sodass er sich zusammenkrümmte.

»Du dumme Kuh!«, heulte James. »Du hättest mir ein Auge ausschießen können! Du darfst nicht mehr schießen, wenn ich mich ergeben habe!«

»Du hast dich ergeben?«, grinste Kerry. »Das habe ich missverstanden. Ich dachte, du hättest gesagt: ›Bitte schieß noch mal auf mich.‹«

Die Mädchen legten ihre Pistolen auf das Autodach.

»Na, haben wir euch den süßen kleinen Hintern versohlt oder haben wir euch den süßen kleinen Hintern versohlt?«, jubelte Gabrielle mit ihrem starken jamaikanischen Akzent.

James versuchte, sich aufzurappeln, und hielt sich die Hände vor den Bauch. Der Schmerz war schlimm, aber bei einer dummen Übung gegen die Mädchen zu verlieren, war hundertmal schlimmer.

Das elektrisch betriebene Garagentor fuhr hoch. Gegen das Mondlicht zeichnete sich die Silhouette eines großen Mannes ab. Es war Norman Large, der Trainingsleiter von CHERUB. Er hielt den Rottweiler an der Leine.

»Gut gemacht, meine Damen«, rief Mr Large. »Ihr habt eure hübschen Köpfchen diesmal gut genutzt.«

Kerry und Gabrielle strahlten. Mr Large hielt erst an, als seine Stiefel Größe sechsundfünfzig fast James’ Bein berührten. James hielt sich die Hand vors Gesicht, um den stinkenden Atem des knurrenden Hundes nicht inhalieren zu müssen.

»Das Vieh wird mich doch nicht beißen, oder?«, fragte er.

Mr Large lachte. »Zum Glück für dich und Bruce wurde Thatcher darauf trainiert, jemanden nur zu Boden zu werfen und dort festzuhalten und nie zu beißen. Bei ihrem Bruder Saddam ist das allerdings anders. Er wurde abgerichtet, zuzufassen. Hättet ihr gegen Saddam antreten müssen, hätten wir Fleischfetzen von der Wiese klauben können. Unglücklicherweise erlaubt der Vorstand nicht, dass ich ihn einsetze... Und jetzt hoch mit dir, James! Gabrielle, hilf dem anderen kleinen Idioten auf die Beine.«

Bruce humpelte um das Auto herum, wobei er sich auf dem Kühler abstützte. Die gelbe Farbe aus Gabrielles Pistole lief an seinen Beinen herunter. Beide Jungen stellten sich mit dem Rücken an den Wagen. Dann brüllte ihnen Mr Large ins Gesicht: »Sagt mir, was ihr alles falsch gemacht habt!«

»Ich weiß nicht ...«, meinte James achselzuckend.

Bruce sah zu Boden.

»Lasst uns ganz vorne anfangen«, tönte Mr Large. »Warum habt ihr so lange bis zum Haus gebraucht?«

»Wir sind die ganze Zeit gejoggt«, erklärte James.

»Gejoggt?«, schrie Mr Large. »Wenn ich mit vorgehaltener Pistole als Geisel festgehalten werde, erwarte ich, dass meine Retter wenigstens die Freundlichkeit haben, mir zu Hilfe zu rennen.«

»Aber es ist knallheiß da draußen«, wandte James ein.

»Ich wäre ja gerannt«, warf Bruce ein, »aber James war nach zehn Minuten außer Atem.«

James sah Bruce böse an. Die Teampartner sollten zusammenhalten und sich nicht bei der ersten Gelegenheit gegenseitig in den Rücken fallen.

»Du schaffst es also nicht, lächerliche zehn Kilometer zu rennen, James?«, sagte Mr Large mit einem fiesen Grinsen. »Du bist scheinbar etwas außer Form geraten in diesem Urlaub hier draußen in der Sonne.«

»Ich bin fit«, widersprach James. »Es ist nur die Hitze.«

»Und weil ihr so lange hierher gebraucht habt, war es schon dunkel, als ihr angekommen seid, was das Erkunden der Umgebung viel schwieriger machte als notwendig. Nicht dass das etwas ausgemacht hätte, da ihr sie sowieso nicht gründlich genug erkundet habt.«

»Ich habe mir die Anlage durch den Zaun hindurch genau angesehen«, verteidigte sich James.

Large ließ seine Faust aufs Autodach knallen.

»Das soll eine Erkundung sein? Was hat man euch beiden beigebracht?«

»Bevor man feindliches Gebiet betritt, sollte man eine gründliche Erkundung durchführen und das Gebäude von allen Seiten untersuchen«, antwortete Bruce mechanisch. »Nach Möglichkeit sollte man auf einen Baum klettern oder auf höher gelegenes Gelände steigen, um sich einen Überblick über die Anlage des Gebäudes zu verschaffen.«

»Wenn du dich so gut daran erinnerst, was im Trainingshandbuch steht, Bruce, warum hat dir dann ein flüchtiger Blick durch den Zaun ausgereicht?«

Bruce und James machten betretene Gesichter. Kerry und Gabrielle sahen vergnügt zu, wie sich die Jungen wanden.

»Hättet ihr das Gelände richtig ausgekundschaftet, wäre euch vielleicht der Hundezwinger aufgefallen. Vielleicht wäre euch auch eine clevere Strategie zum Eindringen und zu eurem Abgang eingefallen, anstatt einfach zum Haus zu kriechen und das Beste zu hoffen. Als ihr die Geiseln hattet, habt ihr euch entschlossen, mit dem Auto zu fliehen. Ist es euch nicht in den Sinn gekommen, dass das Auto die offensichtlichste aller Fluchtmöglichkeiten bot und somit höchstwahrscheinlich eine Falle darstellte? Oder wart ihr von der Vorstellung geblendet, mit quietschenden Reifen eine kleine Spritztour zu machen?«

»Es war schon etwas offensichtlich ...«, gab James zu.

»Warum wolltet ihr dann damit fliehen?«, schrie Large.

»Ich ... aber... Es wurde mir erst richtig klar, als Kerry auf mich geschossen hat.«

»Das ist wohl die schlechteste Trainingsleistung, die ich je gesehen habe!«, tobte Large. »Ihr beide habt alles außer Acht gelassen, was ihr im Unterricht gelernt habt. Wäre dies eine reale Operation gewesen, wärt ihr beide jetzt tot. Ihr bekommt beide eine Sechs, und James, dich setze ich auf einen Fitness-Notplan. Täglich zehn Kilometer laufen, und da dich die Hitze so stört, lasse ich dich anfangen, wenn es noch schön kühl ist. Ist dir fünf Uhr morgens recht?«

James war klug genug, keine Antwort zu geben, da das nur Liegestützen zusätzlich einbrachte. Mr Large trat zurück und holte tief Luft. Nach all der Brüllerei sah sein Kopf aus wie eine Himbeere.

»Welche Note bekommen Gabrielle und ich?«, fragte Kerry mit ihrer kriecherischsten Stimme.

»Eine Zwei«, brummte Large. »Ihr habt einen verdammt guten Job gemacht, aber ich kann euch keine Eins geben, weil ihr gegen so schwache Gegner angetreten seid.«

Gabrielle und Kerry grinsten sich an. James hätte gerne ihre eingebildeten Köpfe zusammengeschlagen.

»Gut. Zeit, zum Wohnheim zurückzugehen«, meinte Large. »Bruce, ich brauche den Autoschlüssel.«

Bruce warf ihn hinüber.

»Das funktioniert nicht«, warnte Gabrielle. »Das ist der Haustürschlüssel der Villa. Ich habe ihn an den Mercedes-Schlüsselanhänger gehängt, damit er aussieht wie ein Autoschlüssel. Hier ist der Richtige.«

Mr Large fing den richtigen Schlüssel auf und verstaute Thatcher, die Hündin, auf dem Beifahrersitz. Gabrielle und Kerry quetschten sich mit den beiden Achtjährigen auf den Rücksitz.

»Zu dumm«, grinste Mr Large, als sein schwerer Körper auf den Fahrersitz sank. »Es ist nicht genug Platz im Auto. Es scheint, als müssten James und Bruce alleine zurückfinden.«

»Aber wir sind Ewigkeiten im Lieferwagen gefahren, bevor man uns abgesetzt hat«, beschwerte sich James. »Ich habe keine Ahnung, wie wir von hier aus zum Wohnheim zurückfinden sollen.«

»Das ist schrecklich traurig«, erwiderte Mr Large sarkastisch. »Ich sage euch was: Wenn ihr es vor Mitternacht zum Wohnheim schafft, werte ich eure Note zu einer Vier auf, und ihr müsst die Übung nicht wiederholen.«

Mr Large drehte den Schlüssel im Zündschloss und das Auto rollte los. Thatcher streckte den Kopf zum Fenster hinaus und kläffte laut, als der Wagen die Kiesauffahrt hinunterfuhr. James und Bruce sahen sich betreten an.

»Ich glaube, es ist gar nicht so schwer«, meinte Bruce. »Es sind noch drei Stunden bis Mitternacht und es geht nur bergab.«

James sah erbärmlich drein. »Meine Beine fühlen sich an wie Betonklötze!«

»Gut«, sagte Bruce. »Ich laufe schon mal los. Du kannst das hier ja gerne noch mal machen; ich ganz sicher nicht.«

3.

Wenn sie nicht auf Mission sind, verbringen alle Kinder von CHERUB im Sommer fünf Wochen auf der Mittelmeerinsel C. Das sind zum größten Teil Ferien: Man kann am Strand spielen, Sport treiben, mit Quad-Rädern in den Sanddünen fahren und sich einfach wie ein normales Kind verhalten. Aber CHERUB-Kinder sind keine normalen Kinder, jederzeit können sie auf eine Undercover-Mission geschickt werden. Selbst im Urlaub müssen sie fit bleiben und gelegentlich ein Training absolvieren.

Wie vielen anderen Cherubs vor ihm fiel es auch James mit einem Strand vor der Tür und vielen anderen Kindern, mit denen man spielen konnte, leicht, abzuschalten. In den letzten vier Wochen hatte er das Fitnesstraining ausgelassen. Tagsüber hatte er sich am Strand herumgetrieben und nachts DVD-Marathons abgehalten und sich mit Popcorn und Schokolade voll gestopft. Als James die Unterlagen für die Übung bekam, ignorierte er Kerrys Empfehlung, sie gründlich zu lesen, und ging lieber Jetski fahren.

James dachte über seine Nachlässigkeit nach, während er durch die stickige Nachtluft zum CHERUB-Wohnheim zurückschlenderte. Die Fitnesstrainer würden ihm das Leben zur Hölle machen. Wenn man ihnen einen Grund gab, ließen sie einen nicht eher in Ruhe, bis man wieder in Hochform war. James hatte keine Entschuldigung: Amy, Kyle und viele seiner Lehrer hatten ihm geraten, zu trainieren und die Übungen wirklich ernst zu nehmen, aber sobald er den Strand gesehen hatte, hatte er jegliches Verantwortungsgefühl verloren.

Obwohl sie sich ein paarmal verliefen, schafften es James und Bruce, vor Mitternacht nach Hause zu kommen. James hatte einen aufgeschürften Ellbogen, weil er in der Dunkelheit über ein Schlagloch gestolpert war, und sie waren beide am Verdursten.

Eine Gruppe älterer Kinder feierte im Garten vor dem Wohnheim eine Grillparty im Mondschein. Amy Collins, eine hübsche Sechzehnjährige mit langen blonden Haaren, lief über den Rasen, als sie James sah. Sie trug kurze Jeans und ein geblümtes Top, das gerade bis zu dem Goldring in ihrem Nabel reichte.

»Schicker Anstrich, Jungs«, kicherte sie. »Gabrielle und Kerry haben erzählt, sie hätten mit euch den Boden aufgewischt.«

»Du bist ja betrunken«, sagte James.

Es war nicht erlaubt, Alkohol zu trinken, doch das CHERUB-Personal drückte bei den älteren Kindern ein Auge zu, solange sie nicht aus der Rolle fielen.

»Nur ein ganz kleines bisschen«, erwiderte Amy. »Wir sind mit einem Boot rausgefahren und haben Fisch gefangen.«

Sie breitete die Arme aus, um zu zeigen, wie groß der Fisch war, verlor dabei aber fast das Gleichgewicht und bog sich vor Lachen.

»Wollt ihr gegrillten Fisch?«, stieß sie hervor. »Und es gibt frisches Brot aus dem Dorf.«

»Es ist schon spät«, sagte James kopfschüttelnd. »Wir gehen besser duschen.«

»Wir haben das ganze Meer leer gefischt«, kicherte Amy. »Egal, ich muss dringend aufs Klo. Ich seh euch zwei Scheißer morgen früh!« Dann hielt sie inne und drehte sich noch einmal um.

»Oh, James.«

»Was ist?«

»Ich hab’s dir ja gesagt.«

James streckte ihr den Mittelfinger entgegen und marschierte mit Bruce im Schlepptau zum Haupteingang des Wohnheims. Je weniger andere Cherubs sie trafen, umso weniger würden sie wegen der verpatzten Übung aufgezogen werden. Als sie am Aufenthaltsraum vorbeikamen, wo sich etwa dreißig Kinder auf einer Leinwand einen Horrorfilm ansahen, duckten sie sich. Ein paar kleine Kinder in roten T-Shirts kicherten über ihre farbverschmierten Kleider, als die Jungen die Treppe hinauf in den zweiten Stock zu ihrem Zimmer gingen, das sie sich mit Gabrielle und Kerry teilten.

Der Raum war L-förmig. Das Bett der Mädchen stand an einem Ende und das der Jungen um die Ecke am anderen. Im Vergleich zu ihren Einzelzimmern auf dem CHERUB-Campus war das Zimmer sehr einfach: Es hatte einen Deckenventilator, Ziegelfußboden, Rohrstühle und einen kleinen Fernseher. Doch das spielte kaum eine Rolle, da die Kinder ständig beschäftigt waren und den Raum fast nur aufsuchten, um sich zu waschen und zu schlafen.

Kerry und Gabrielle waren schon seit Stunden zurück. Im Fernsehen lief eine Folge der Simpsons auf Spanisch, was beide Mädchen verstanden. Sie schwiegen und kommentierten nicht einmal den Schweißgeruch, der James und Bruce umgab.

»Nun?«, fragte James.

Kerry lächelte unschuldig. »Nun was?«

»Ich weiß, dass ihr euch über uns lustig machen wollt«, sagte James, setzte sich aufs Bett und zog seine Turnschuhe aus. »Also los, bringt es hinter euch! Reibt es uns schön unter die Nase!«

»Das würden wir nie tun«, wehrte Gabrielle ab. »Wir sind nette Mädchen.«

»Für’n Arsch«, erwiderte Bruce.

Kerry setzte sich auf ihrem Bett auf. Sie sah ganz rosa und verschrumpelt aus, als ob sie gerade ein langes Bad genommen hätte. James ließ sein dreckiges Polohemd auf den Boden fallen.

»Bringt das besser in die Reinigung, wenn ihr geduscht habt«, meinte Kerry. »Ihr verpestet das ganze Zimmer.«

»Wenn dir mein Gestank nicht passt, dann bring du das Zeug doch in die Wäscherei«, gab Bruce zurück und kickte seine Turnschuhe weg. Dann knüllte er seine dreckigen Socken zusammen und ließ sie auf Kerrys Bettdecke fallen. Sie schubste sie mit dem Ende eines Kugelschreibers fort.

»Warum habt ihr denn so lange gebraucht bis hierher?« , fragte Kerry und versuchte, nicht zu grinsen.

Gabrielle konnte sich das Lachen nicht verkneifen.

»Warum lachst du?«, fragte James. »Es sind vierzehn Kilometer von hier bis zur Villa. Als ob ihr zwei das schneller geschafft hättet!«

»Die sind so blöd«, jaulte Gabrielle, »ich glaub’s einfach nicht!«

»Was?«, fragte James. »Wieso blöd?«

»Habt ihr das Haus gecheckt?«, grinste Kerry.

»Dazu hatten wir keine Zeit«, erklärte Bruce. »Wir mussten doch vor Mitternacht zurück sein.«

»Im Küchenschrank lag jede Menge Geld«, sagte Kerry.

»Und was hätte uns das genutzt?«, fragte Bruce.

»Es gab auch ein funktionierendes Telefon«, fuhr Kerry fort. »Und sogar ein Telefonbuch.«

James wurde ungeduldig. »Na und?«

»Wir sind hier nicht in der Inneren Mongolei«, erinnerte ihn Gabrielle und hielt ihre Hand wie einen Telefonhörer ans Ohr. »Warum habt ihr euch nicht einfach ein Taxi gerufen?«

»Hä?«, japste James, fuhr herum und sah Bruce entgeistert an.

»Taxi«, schnaubte Kerry, die vor Lachen kaum sprechen konnte. »T-A-X-I, wie ein normales Auto, mit einem Mann, der dich fährt, und einer kleinen gelben Lampe auf dem Dach.«

»Oh ...«, machte James bitter und sah Bruce an. »Warum haben wir uns kein Taxi genommen?«

»Sieh mich nicht so an«, schnaubte Bruce. »Du hast auch nicht daran gedacht.«

Gabrielle hatte sich zusammengerollt und lachte, dass ihr Bett wackelte.

»Ihr zwei Blödmänner seid vierzehn Kilometer gelaufen, obwohl ihr euch ein Taxi hättet rufen können und in einer Stunde hier gewesen wärt!«, rief Kerry und strampelte vor Vergnügen mit den Beinen in der Luft.

James’ Socken waren vom langen Laufen blutig. Sein Rücken und seine Schultern schmerzten vom Tragen des Rucksacks, sein Ellbogen tat höllisch weh, und sein Bein roch immer noch nach Hundekot, obwohl er ihn abgewaschen hatte. Eines Tages würde er vielleicht darüber lachen können, aber im Moment war er kurz davor zu explodieren.

»Was für ein Mist!«, rief er und warf seine Turnschuhe an die Wand.

Er trat gegen seinen Schrank, aber er war müde, verlor das Gleichgewicht und landete auf dem Fußboden, was die Mädchen zu noch lauterem Gelächter veranlasste. Bruce sah mindestens genauso wütend aus, verwendete seine Energie jedoch lieber darauf, sich auszuziehen und in Richtung Dusche zu marschieren.

»Bitte gebt uns zwei Minuten, bevor ihr da reingeht«, bat Kerry, die sich die Tränen aus den Augen wischte. »Ich will gleich ins Bett. Kann ich mir noch schnell die Zähne putzen?«

»Mach schon«, knurrte Bruce, »aber brauch nicht die ganze Nacht!«

Kerry tapste barfuß ins Bad und drückte die Zahnpasta aus der Tube. Bruce und James warteten in Unterhosen an der Tür, während sie sich die Zähne putzte. Kerry versuchte, nicht zu lachen, konnte jedoch nicht widerstehen, noch eine Stichelei loszuwerden: »Vierzehn Kilometer«, quietschte sie und versprühte vor Lachen die Zahnpasta auf dem Badezimmerspiegel.

Bruce hatte genug von der Hänselei. »Drehen wir den Spieß doch mal um!«, schrie er.

Als Kerry sich zum Wasserhahn neigte, um ihren Mund auszuspülen, tunkte Bruce ihr den Kopf nach unten. Eigentlich wollte er ihr nur einen Schubs geben, sodass sie das Wasser ins Gesicht bekam, aber er stieß zu hart zu. Kerrys Schneidezahn traf auf den Wasserhahn und sie sprang wütend zurück.

»Idiot!«, wütete sie und fühlte in ihrem Mund nach. »Ich glaube, du hast mir ein Stück Zahn ausgebrochen!«

Bruce erkannte zwar, dass er zu weit gegangen war, aber er dachte nicht daran, sich bei jemandem zu entschuldigen, der ihn die letzten zehn Minuten bis aufs Blut gereizt hatte.

»Gut so«, fuhr er auf. »Geschieht dir recht!«

Kerry griff nach einem Wasserglas auf dem Waschbecken und warf es Bruce an den Kopf. Der duckte sich und das Glas zerschellte an der Wand.

»Beruhigt euch«, sagte James. »Es ist nicht wert, dass ihr euch streitet.«

»Glaubst du vielleicht, dass mir ein neuer Zahn wächst?«, schrie Kerry aufgebracht.

Sie trat vor und versetzte Bruce einen heftigen Stoß. Der nahm Kampfhaltung an.

»Willst du Schläge?«, rief er.

Kerry sah wütend drein, als sie ihre Lippen am Ärmel ihres Nachthemds abwischte.

»Wenn du dir heute schon zum zweiten Mal den Hintern von einem Mädchen versohlen lassen willst, nur zu«, forderte sie ihn auf.

James drängte sich zwischen die beiden Streithähne. Er war größer und kräftiger als beide.

»Geh mir aus dem Weg, James!«, verlangte Bruce.

»Ich werde es Bruce zeigen, ob du willst oder nicht«, stellte Kerry fest und durchbohrte James mit ihren Blicken. »Wenn du mir in die Quere kommst, kriegst du auch was ab.«

An Kraft war James Kerry und Bruce überlegen, zum Beispiel beim Armdrücken, aber bei einem Kampf kam es mehr auf die Geschicklichkeit an. Kerry und Bruce machten seit fünf Jahren Kampftraining bei CHERUB, James dagegen war erst vor knapp einem Jahr dazugekommen. Gegen die beiden würde er alt aussehen.

»Ihr kämpft nicht«, sagte er nicht sehr überzeugend, in der Hoffnung, dass Kerry bluffte. »Ich bleibe hier stehen.«

Kerry trat vor, zog ihm die Füße weg und stach ihn mit zwei Fingern in die Rippen. Das war eine Grundtechnik, um jemanden zu Fall zu bringen, ohne ihn ernsthaft zu verletzen. James krabbelte zu seinem Bett, während sich hinter ihm die Gewalt Bahn brach.

Nachdem Kerry James aus dem Weg geschubst hatte, hatte sie für einen Moment das Gleichgewicht verloren. Bruce nutzte den Vorteil, um Kerry mit einem Schlag außer Gefecht zu setzen. Kerry stolperte vorwärts und rang nach Luft. Im Fernsehen lief die Schlussmusik der Simpsons.

Bruce dachte schon, der Kampf wäre so gut wie gewonnen. Er versuchte, Kerry in den Schwitzkasten zu nehmen, aber Kerrys momentane Schwäche täuschte: Schnell hatte sie ihr Gleichgewicht wieder, drehte sich weg, hakte einen Fuß um Bruces Knöchel und zog ihm die Beine weg.

James kletterte auf seine Matratze, halb geschockt, halb interessiert, wer gewinnen würde. Weder er noch Gabrielle konnten Hilfe holen, da die Kämpfer die Tür blockierten.

Nachdem sie auf dem Boden gelandet waren, schrumpfte jahrelanges Selbstverteidigungstraining innerhalb weniger Sekunden auf das Niveau zweier betrunkener Raufbolde in der Gosse zusammen. Bruce hatte eine von Kerrys Haarsträhnen um die Hand gewickelt und sie fuhr ihm mit den Fingernägeln durchs Gesicht. Sie schlugen um sich, verfluchten sich gegenseitig und krachten schließlich in den Fernsehtisch. Bei den ersten Schlägen rutschte der Fernseher an den Rand des Tisches, beim dritten fiel er mit der Front zuvorderst zu Boden. Das Glas des Bildschirms knackte und orangefarbene Funken stoben über den Boden. Einige trafen Bruces und Kerrys nackte Beine, dann gingen die Lichter aus und die Deckenventilatoren blieben stehen.

James sah aus dem Fenster. Auch draußen waren alle Lichter erloschen. Der explodierende Fernseher hatte die Elektrizität im ganzen Wohnheim kurzgeschlossen. Der Kampf ging immer noch weiter, doch James konnte nur noch Schatten sehen und Grunzlaute hören.

Da Bruce und Kerry jetzt von der Tür abgerückt waren, hatte James die Gelegenheit, Hilfe zu holen. Er sprang vom Bett und griff nach der Klinke. Gabrielle hatte im selben Moment den gleichen Gedanken und sie stießen in der Dunkelheit fast zusammen.

Im Flur glimmten grüne Notausgangslämpchen. Überall steckten Kinder die Köpfe aus den Türen und fragten sich, warum der Strom ausgefallen war. James hörte Arif, einen siebzehnjährigen Jungen von über eins achtzig. Er war genau der Richtige, um den Kampf zu beenden.

»Du musst uns helfen!«, rief er. »Bruce und Kerry bringen sich gegenseitig um.«

In diesem Moment drehte jemand die Sicherung wieder ein und das Licht ging an. Arif rannte zusammen mit zwanzig anderen Kindern, die sich den Kampf nicht entgehen lassen wollten, zu James’ Zimmer. Arif erreichte es zuerst, gefolgt von James und Gabrielle.

Bruce war nirgends zu sehen. Kerry saß mit schmerzverzerrtem Gesicht mitten auf dem Fußboden und hielt sich die Hände über das Knie.

»Oh Gott«, jammerte sie. »Helft mir!«

Kerry hatte sich vor ein paar Jahren beim Training die Kniescheibe zertrümmert. Sie war zwar mit Titannadeln geflickt worden, aber immer noch anfällig. Arif hob sie vom Boden auf und sprintete mit ihr nach unten in den Erste-Hilfe-Raum.

»Wo zum Teufel steckt Bruce?«, fragte Gabrielle böse.

James scheuchte die Zuschauer hinaus und schlug die Tür zu. Er sah ins Bad.

»Keine Ahnung. Hier ist er nicht.«

Dann hörte er unter Bruces Bettdecke ein Schluchzen. Bruce war ein mageres Kerlchen, und da er die Decke über den Kopf gezogen hatte, hätte man fast glauben können, er wäre gar nicht da.

»Bruce?«, fragte James.

»Ich wollte ihr Knie nicht verletzen«, schluchzte Bruce. »Es tut mir so Leid!«

»Wenn man kämpft, wird jemand verletzt«, sagte Gabrielle ernst. »So ist das nun mal.«

James hatte mehr Mitleid. Er setzte sich auf den Bettrand zu Bruce.

»Lass mich in Ruhe, James! Ich komme hier nicht raus.«

»Bruce, komm mit mir nach unten«, bat James. »Jeder verliert mal die Nerven. Ich bin sicher, die CHERUB-Leute werden es verstehen, und ich weiß — aus eigener Erfahrung —, dass es immer am besten ist, wenn man seine Geschichte zuerst erzählen kann.«

»Nein«, jammerte Bruce. »Geh weg!«

Meryl Spencer, eine ehemalige Olympialäuferin und James’ Betreuerin, platzte ins Zimmer. Sie war schon im Bett gewesen und trug ein Nachthemd und offene Turnschuhe.

»Was ist hier los?«, rief sie.

»Sie haben sich gestritten«, erklärte James. »Bruce steckt unter der Bettdecke und will nicht rauskommen.«

Meryl zog die Augenbrauen hoch. »Er will nicht?«

Sie neigte sich über das Bett.

»Bruce!«, rief sie. »Du wirst dafür geradestehen müssen, dass du Kerry verletzt hast. Hör auf, dich wie ein Baby zu verhalten, und komm da raus!«

»Geh weg«, verlangte Bruce und zog sich die Bettdecke fester über den Kopf. »Du kriegst mich hier nicht raus!«

»Du hast drei Sekunden«, schrie Meryl, »oder ich verliere ernsthaft die Geduld!«

Bruce rührte keinen Muskel.

»Eins«, zählte Meryl, »zwei... drei.«

Bei drei griff sie den Rahmen von Bruces Bett und hob ihn an. Bruce fiel auf den Boden und sie zog ihm die Decke weg.

»Steh auf!«, rief sie. »Du bist elf und keine fünf mehr!«

Bruce kam mit tränenverschmiertem Gesicht auf die Füße. Meryl fasste ihn an der Schulter und stieß ihn gegen die Wand.

»Ihr kommt alle drei in mein Büro! Jetzt steckt ihr endgültig in der Scheiße! Dieses Verhalten ist absolut unakzeptabel!«

»Ich und Gabrielle haben nichts getan!«, verteidigte sich James. »Wir haben versucht, sie auseinander zu bringen.«

4.

»Was hast du denn jetzt schon wieder angestellt?«, fragte Lauren. »Seit wann bist du auf dem Campus? Warum haben sie dich früher heimgeschickt?«

James schlief noch halb und hatte keine Lust auf seine neunjährige Schwester. Lauren hatte dreimal an seine Tür geklopft und schließlich das Schloss aufgebrochen. Das Ärgerlichste am Leben bei CHERUB war, dass jedes Kind Schlösser knacken konnte. James würde das nächste Mal, wenn er in der Stadt war, einen Riegel kaufen.

»Komm schon!« Lauren setzte sich auf den Drehstuhl an James’ Schreibtisch. »Spuck’s aus! Alle haben den Krankenwagen gesehen, der Kerry in die medizinische Abteilung gebracht hat.«

Lauren war alles, was James nach dem Tod seiner Mutter im letzten Jahr noch an Familie geblieben war. Er liebte seine Schwester, doch die meiste Zeit wünschte er sich, sie würde irgendwohin verschwinden und den Kopf in einen Eimer stecken. Sie konnte eine fürchterliche Nervensäge sein.

»Sag’s mir!«, verlangte Lauren scharf. »Du weißt doch ganz genau, dass ich hier sitzen bleibe und dich nerve, bis du es ausspuckst!«

James warf die Bettdecke zurück, setzte sich auf und rieb sich ein verklebtes Auge.

»Warum bist du überhaupt schon so früh auf?«, fragte er. »Es ist noch stockdunkel draußen.«

»Es ist halb elf«, erwiderte Lauren und drehte sich langsam auf dem Stuhl herum. »Aber es regnet.«

James schwang sich aus dem Bett und sah durch die Jalousie. Regen rann am Fenster hinab. Der Himmel war grau und die Tennisplätze standen unter Wasser.

»Na toll«, fand James. »Es gibt nichts Besseres als den englischen Sommer, um einen aufzumuntern.«

»Du bist schön braun«, fand Lauren. »Meine Bräune ist schon fast wieder weg und ich bin erst seit drei Wochen aus dem Wohnheim zurück.«

»Das waren die besten Ferien, die ich je hatte«, grinste James. »Wir müssen versuchen, es nächstes Jahr unbedingt so zu organisieren, dass wir zusammen hinfahren können. Ich, Kerry und etwa sechs andere Kinder haben ein irres Rennen mit den Quad-Rädern gemacht.«

»Aber Rennen sind nicht erlaubt«, wandte Lauren ein.

»Tatsächlich?« James lächelte. »Auf jeden Fall sind Shakeel und ich gestürzt. Du hättest sehen sollen, wie die Räder ausgesehen haben! Die Vorderreifen waren total zerfetzt und überall war Benzin verspritzt. Es war irre.«

»Hast du dich verletzt?«

»Shakeel hat sich den Knöchel verstaucht. Ich kann das nächste Jahr kaum abwarten!«

Lauren lächelte. »Wir haben Bethanys Bruder herausgefordert, das Crossrad durch den Speisesaal zu fahren. Es war irre lustig, als sie ihn dafür zur Minna gemacht haben ... Aber du wolltest mir erzählen, warum sie dich früher nach Hause geschickt haben.«

James ließ sich kläglich wieder aufs Bett plumpsen, als er sich eingestehen musste, dass er weiter denn je von Rennen über Sanddünen entfernt war.

»Ich habe gar nichts getan!«, sagte er.

»Komm schon, James, das sagst du immer.«

»Ja, aber diesmal stimmt es. Bruce und Kerry haben sich geprügelt. Sie haben unser Zimmer verwüstet und Kerry hat sich ihr Knie verletzt, aber Meryl hat Gabrielle und mich auch früher nach Hause geschickt. Heute Nachmittag müssen wir zum Direktor.«

»Irgendetwas musst du doch angestellt haben«, warf Lauren ein.

»Lauren, alles, was Gabrielle und ich getan haben, war zu versuchen, die beiden auseinander zu bringen. Das ist ein furchtbarer Justizirrtum! Meryl hat mich nicht mal zu Wort kommen lassen.«

»Das gleicht wohl all das aus, wobei du nicht erwischt worden bist«, grinste Lauren. »Wie geht es Kerry?«

»Sie hat schreckliche Schmerzen. Sie mussten sie mit einem Spezialflugzeug nach Hause bringen, weil sie ihr Bein nicht anwinkeln konnte.«

»Arme Kerry«, sagte Lauren.

»Ich zieh mich schnell an und gehe zu ihr, um zu sehen, wie es ihr geht. Kommst du mit?«

»Ich muss in einer Minute zum Karateunterricht«, sagte Lauren kopfschüttelnd. »Ich will in Topform sein, wenn die Grundausbildung anfängt.«

»Oh ja«, grinste James. »Ist ja nur noch ein Monat. Ich freu mich schon darauf, wenn ich höre, wie dich die Ausbilder leiden lassen.«

Lauren kreuzte die Arme vor der Brust und sah ihren Bruder finster an. »Du jagst mir keine Angst ein.«

Die Krankenstation lag zehn Minuten zu Fuß vom Hauptgebäude entfernt. Als James Kerrys Zimmer erreichte, traf er dort Gabrielle an.

»Sieh dir an, was dein Freund ihr angetan hat«, sagte Gabrielle, als ob es James’ Schuld wäre.

Kerry lehnte unter einem Schild der Organisation »Nil By Mouth« in den Kissen. Aus einem tragbaren Fernseher über ihrem Bett plärrte MTV. Sie hatte Schmerzmittel bekommen, doch ihre Augen waren immer noch feucht, und sie sah aus, als hätte sie nicht geschlafen.

James legte Kerrys MP3-Player auf ihren Nachttisch.

»Ich dachte, dass dich ein paar Songs ablenken würden«, erklärte er. »Ich hoffe, es stört dich nicht, dass ich in deinem Zimmer war.«

»Kein Problem«, sagte Kerry. »Danke.«

»War der Arzt schon da?«, fragte James.

Kerry nickte und zeigte auf eine Lichttafel an der Wand.

»Zeig es James«, forderte sie Gabrielle auf.

An der Lichttafel hing bereits ein Röntgenbild. Gabrielle ging hinüber und schaltete das Licht ein.

»Das ist Kerrys Kniescheibe«, erklärte Gabrielle und wies auf einen runden grauen Bereich auf dem Röntgenbild. »Siehst du die vier schwarzen Balken?«

James nickte.

»Das sind die Metallnägel, die eingesetzt worden sind, als Kerry sich vor zwei Jahren die Kniescheibe zertrümmert hat. Als Bruce Kerrys Bein verdreht hat, hat sich dieser Nagel verschoben, daher ragt jetzt ein Stück Metall aus Kerrys Kniescheibe. Jedes Mal wenn sie sich bewegt, stößt der Nagel in die darunter liegenden Sehnen.«

»Igitt«, machte James. »Was kann man da tun?«

»Sie muss ins Krankenhaus«, sagte Gabrielle. »Heute Nachmittag wird sie operiert. Vor der Betäubung darf Kerry weder essen noch trinken. Sie gehen unter die Kniescheibe und entfernen das verbogene Metall. Der gebrochene Knochen ist wieder zusammengewachsen, der Nagel muss jetzt sowieso nichts mehr halten.«

James war ein wenig unwohl bei der Vorstellung, dass jemand mit chirurgischen Instrumenten in seinem Bein herumfuhrwerken könnte.

»OOOOOHHHHH!«, schrie Kerry.

»Was ist los?«, fragte James und eilte an ihr Bett. »Bist du in Ordnung?«

»Es ist nichts«, sagte Kerry. »Ich habe nur meinen Fuß bewegt. Ehrlich gesagt, das hier ist schlimmer als damals, als ich mir das Knie gebrochen habe.«

Sie stieß ein leises Stöhnen aus. James setzte sich neben sie und streichelte ihre Hand.

»Hat Bruce dich schon besucht?«, wollte er wissen.

»Nein«, schnaubte Gabrielle verächtlich. »Als ob der kleine Feigling genügend Anstand hätte, herzukommen und sich zu entschuldigen.«

»James«, bat Kerry. »Kannst du uns einen Gefallen tun?«

»Klar«, erwiderte James. »Was denn?«

»Geh zu Bruce, und sag ihm, dass ich keine große Sache daraus machen will.«