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Die Jagd auf den Aramov-Clan geht weiter!
In seinem ersten Undercover-Einsatz hat Ryan Ethan, dem Sprössling des kriminellen Aramov-Clans, das Leben gerettet. Doch die Aramovs sind noch lange nicht besiegt. Die schmutzigen Geschäfte gehen weiter und Leonid, Ethans Onkel, versucht die Clan-Herrschaft an sich zu reißen. Um an die Milliarden der todkranken Großmutter zu kommen, lässt Leonid Ethan als Geisel nach Afrika verschleppen. Für Ryan beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, denn nur über Ethan hat CHERUB die Chance, dem Clan endlich das Handwerk zu legen. Wird es Ryan auch gelingen, Ethan ein weiteres Mal das Leben zu retten?
Knallharte Action, spannend bis zur letzten Seite!
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Seitenzahl: 362
Robert Muchamore
Top Secret – Die neue Generation
Die Intrige
Aus dem Englischen von Tanja Ohlsen
cbj
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© 2013 für die deutschsprachige Ausgabe
cbt/cbj Verlag, München,
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH
© 2012 by Robert Muchamore
Die englische Originalausgabe erschien unter dem Titel »CHERUB: Guardian Angel« bei Hodder Children’s Books, London.
© 2013 der deutschsprachigen Ausgabe bei cbt/cbj, Münchenin der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München.
Übersetzung: Tanja Ohlsen
Lektorat: Ulrike Hauswaldt
Umschlagkonzeption: schwecke.mueller Werbeagentur GmbH, München
KK · Herstellung: kw
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
ISBN: 978-3-641-12046-7V005
www.penguinrandomhouse.de
Was ist CHERUB?
CHERUB ist Teil des britischen Geheimdienstes. Die Agenten sind zwischen zehn und siebzehn Jahre alt. Meist handelt es sich bei den CHERUB-Agenten um Waisen aus Kinderheimen, die für die Undercover-Arbeit ausgebildet wurden. Sie leben auf dem Campus von CHERUB, einer geheimen Einrichtung irgendwo auf dem Land in England.
Warum Kinder?
Kinder können sehr hilfreich sein. Niemand rechnet damit, dass Kinder Undercover-Aktionen durchführen, daher kommen sie mit vielem durch, was Erwachsenen nicht gelingt.
Wer sind die Kinder?
Auf dem CHERUB-Campus leben etwa dreihundert Kinder. Die wichtigsten Eigenschaften eines CHERUB-Agenten sind überdurchschnittliche Intelligenz und physische Belastbarkeit sowie die Fähigkeit, unter Stress zu arbeiten und selbstständig zu denken.
Normalerweise werden sie im Alter von sechs bis zwölf Jahren rekrutiert. Ab zehn Jahren können sie als Agenten arbeiten, vorausgesetzt, sie überstehen die hunderttägige Grundausbildung.
Unsere Helden sind RYAN SHARMA und FU NING, beide dreizehn Jahre alt. Ryan gilt als vielversprechender CHERUB-Agent, auch wenn er von seiner ersten Mission abgezogen wurde. Die in China geborene Ning ist erst seit Kurzem bei CHERUB und beendet gerade ihre Grundausbildung.
Das CHERUB-Personal
Die Größe des Geländes, die speziellen Trainingseinrichtungen und die Kombination aus Internat und Geheimdienststelle bringen es mit sich, dass CHERUB mehr Personal als Schüler hat. Dazu gehören Köche und Gärtner ebenso wie Lehrer, Ausbilder, Krankenschwestern, Psychiater und Einsatzspezialisten. CHERUB wird von der Vorsitzenden ZARA ASKER geleitet.
Die CHERUB T-Shirts
Den Rang eines CHERUB-Agenten erkennt man an der Farbe des T-Shirts, das er oder sie auf dem Campus trägt. ORANGE tragen Besucher. ROT tragen Kinder, die auf dem Campus leben, aber zu jung sind, um schon als Agenten zu arbeiten. BLAU ist die Farbe während ihrer 100-tägigen Grundausbildung. Ein GRAUES T-Shirt heißt, dass man auf Missionen geschickt werden darf. DUNKELBLAU tragen diejenigen, die sich bei einem Einsatz besonders hervorgetan haben. Ein SCHWARZES T-Shirt ist die höchste Anerkennung für hervorragende Leistungen bei vielen Einsätzen. Wenn man CHERUB verlässt, bekommt man ein WEISSES T-Shirt, wie es auch das Personal trägt.
1
12. März 2012
Im Dezember hatten zwölf Kinder mit der Grundausbildung angefangen, doch vier hatten aufgegeben. Dazu kamen zwei Knochenbrüche, ein arg verstauchter Knöchel, eine Lungenentzündung und ein Asthmaanfall, sodass, als am hundertsten und letzten Tag die Sonne aufging, nur noch drei Teilnehmer übrig waren.
Die Trainer Kazakov und Speaks hatten die Nacht in der Kabine eines heruntergekommenen Fischkutters verbracht, Karten gespielt und Whiskey getrunken, während ihr Kapitän sie durch das unruhige Fahrwasser vor der Westküste Schottlands navigierte.
Der Sonnenaufgang kam mit herber Schönheit: ein goldener Himmel, im Nebel kaum sichtbare Inseln und das kleine Schiff, das sich mühsam durch die Wellen kämpfte. Doch die drei Kinder konnten es nicht so recht genießen, da sie die Nacht an Deck verbracht hatten und bei Temperaturen um den Gefrierpunkt immer wieder von der Gischt überspült worden waren.
Als einzige Art von Schutz diente dem Trio ein Haufen Fischernetze. Sie hatten sich unter Bojen und Netzen zusammengekauert und sich in die glitschigen Netze gekrallt, damit die großen Wellen sie nicht über das Deck schleuderten.
Der zehnjährige Leon Sharma saß auf dem wärmsten Platz in der Mitte, an seinen Zwillingsbruder Daniel gelehnt und mit dem Gesicht am breiten Rücken der zwölfjährigen Fu Ning. Leon hatte ein Auge geöffnet, und es war gerade hell genug, dass er die knallroten Mückenstiche auf Nings Hals erkennen konnte und dass ihr hellblaues Trainings-T-Shirt voller Gras-, Blut- und Staubflecken von der rostbraunen australischen Erde war.
Vor der Grundausbildung wäre Leon nicht in der Lage gewesen, auf einem Holzdeck zu schlafen, über das das eiskalte Atlantikwasser schwappte, aber die Trainer hielten ihre Schüler fast permanent in einem Zustand am Rande der Erschöpfung, sodass sich sein Körper daran gewöhnt hatte, zu schlafen, wann immer es möglich war.
Doch die Schmerzen hatten ihn früher wach werden lassen als die anderen. Während eines Gewaltmarsches am Tag zuvor war er ausgerutscht und in einen Busch gestürzt. Unter seinen Daumennagel hatte sich ein Dorn gebohrt, ihn in der Mitte gespalten und an seiner Fingerspitze eine blutige Wunde zurückgelassen.
Es war nur der letzte von weit über zwanzig Kratzern, Schrammen und Blasen an Leons Körper, doch noch größeres Unbehagen bereitete ihm sein knurrender Magen. Der Sturz hatte zur Folge gehabt, dass er sein Ziel nicht rechtzeitig erreicht hatte, und zur Strafe hatte Trainer Speaks sein Essen ins Feuer geworfen.
Die Versuchung befand sich in Leons unmittelbarer Nähe. Die Schüler durften zwar eigentlich keine Lebensmittel bei sich haben, aber Leon wusste, dass Ning Kekse in ihrem Rucksack versteckt hatte, weil er gesehen hatte, wie sie sie vor zwei Tagen der Stewardess auf dem Rückflug von Australien aus dem Snackwägelchen geklaut hatte.
Ning hatte sich die Riemen ihres Rucksacks um die Knöchel gewickelt, damit er nicht weggeschwemmt wurde. Als eine Miniwelle über das Deck rollte und durch den Netzhaufen spülte, griff Leon nach dem Reißverschluss der Tasche.
Es war riskant: Ning war zwei Jahre älter als er und ein Boxchampion. Sie hätte Leon windelweich prügeln können, wenn er sie ärgerte. Trotz des tuckernden Motors und der Geräusche von Wind und Wellen hatte er das Gefühl, jeder Zahn am Reißverschluss knackte wie ein Pistolenschuss.
Sobald er weit genug auf war, dass er mit der Hand hineingreifen konnte, tastete Leon blind in Nings Rucksack herum. Er grub sich an ihrer Unterwäsche vorbei, die sie von Hand ausgewaschen, aber noch feucht eingepackt hatte. Als er weiter hineingriff, spürte er Sandkörner auf seiner Haut und den glatten Griff ihres Jagdmessers und ganz unten zwei in Zellophan verpackte Shortbread-Kekse.
Als er sie herauszog, berührte er eine größere Packung, rechteckig, bei der die Kekse in einer Plastikschale lagen. Sie fühlten sich weich an, als er darauf drückte. Das mussten Jaffakekse sein!
Leon lief die Spucke im Mund zusammen, als er sich vorstellte, wie Orange und Schokolade auf seiner Zunge zerschmolzen. Als eine kleine Welle das Deck überspülte, zog er das kleine Päckchen heraus und riss es mit den Zähnen auf. Er hatte seit achtzehn Stunden nichts gegessen und musste ein erleichtertes Stöhnen unterdrücken, als er sich einen Keks in den Mund steckte.
Das tat ja sooo gut!
Den zweiten Keks inhalierte er förmlich, doch als er den dritten gerade in den Mund stecken wollte, berührte ihn eine Hand an der Schulter und ließ ihn zusammenzucken.
»Willst du die alle allein in dich hineinstopfen?«, erkundigte sich sein Zwillingsbruder Daniel leise.
Leon drehte sich zu seinem Bruder um und flüsterte: »Du hast gestern schließlich Abendessen bekommen, ich nicht!«
»Ich sage es Ning«, drohte Daniel und zeigte mit dem Finger auf ihren Rücken. »Die knackt dich wie eine Eierschale!«
Leon wusste zwar, dass sein Bruder ihn nicht wirklich verpetzen würde, aber dieses Wissen erinnerte ihn auch an seine enge Bindung an seinen Zwilling, also brach er den Keks durch und gab Daniel die größere Hälfte.
Daniel gab ein leises Mmmmh! von sich, als plötzlich mit lautem Krach die Schiebetür der Kajüte aufflog.
»Wisch dir die Oberlippe ab!«, verlangte Leon ängstlich, kaute schnell und schnippte sich die Schokoladenkrümel von der Brust. »Wenn er uns beim Essen erwischt, sind wir tot!«
Während Leon schnell Nings Rucksack zuzog und die Beweismittel für sein Vergehen hinunterschluckte, kam Trainer Speaks auf das schräg liegende Deck hinaus. Speaks sah durch und durch nach hartem Kerl aus, von der eng anliegenden Sonnenbrille und dem kahl geschorenen schwarzen Kopf bis zu den glänzend polierten Kampfstiefeln in Größe 52.
»Ausgeschlafen, ihr Gewürm?«, begrüßte er sie dröhnend und verzog grinsend die Lippen, als er Ning mit einem Stoß in die Rippen weckte. »Hoch mit euch! Aufstellen, zack, zack!«
Mit vom Schlaf verquollenen Augen befreite sich Ning aus den Netzen. Ihr taten beide Schultern weh, weil ihr Rucksack auf dem Gewaltmarsch am Vortag gescheuert hatte. Als Speaks näher kam, erwartete sie, dass sie noch einen Stoß bekam, weil sie so langsam war, doch er griff hinter ihr in den Seilhaufen und fischte die Hülle der Jaffakekse hervor.
Er hielt sie hoch, um sie zu betrachten, und riss in gespieltem Entsetzen den Mund auf. Ning erkannte, dass einer der Zwillinge die Packung aus ihrem Rucksack geklaut haben musste, und sah sie finster an.
»So, so!«, verkündete Speaks, während die drei Probanden versuchten, sich auf dem schwankenden Deck in einer Reihe aufzustellen. »Ein schwerer Verstoß gegen die Regeln. Mr. Kazakov! Sehen Sie sich das mal an!«
Kazakov war Mitte fünfzig, doch der grauhaarige ukrainische Trainer sah genauso aus wie vor dreißig Jahren, als er für die russischen Spezialeinheiten in Afghanistan gekämpft hatte. Er war bereits auf dem Weg nach draußen, als Speaks rief, und kam mit einem Beutel voller Rettungswesten in Neonfarben heraus.
»Wer hat diese Jaffakekse gegessen?«, schrie Speaks. »Gebt es gleich zu, dann werde ich nicht zu hart sein.«
Ning befürchtete, dass die Trainer bei einer Inspektion die anderen Kekse finden würden, die sie im Flugzeug gemopst hatte.
»Das ist nur Müll, Sir«, entgegnete Leon. »Ist wahrscheinlich an Deck geflogen, als das Schiff im Hafen lag.«
Doch das war eine armselige Lüge und Speaks bemerkte sofort die Schokoladenreste an seinen Zahnrändern. Der riesige Trainer kniff Leon in die Wangen und zog ihn aus der Reihe.
»Wenn ich eines nicht ausstehen kann, dann sind es Lügner!«, brüllte er und schüttelte Leon. Dann packte er ihn an seinem verletzten Daumen und drückte fest zu. »Jammerst du immer noch über diesen lächerlichen kleinen Kratzer?«
Leon jaulte vor Schmerz auf, weil der Schorf über seinem gesplitterten Daumennagel aufriss und ihm das Blut über die Hand lief.
»Wie kannst du es wagen, mich anzulügen?«, zischte Speaks. »Nur weil heute der letzte Trainingstag ist, heißt das noch lange nicht, dass ich mit euren mickrigen Hintern Mitleid habe! Bring mir deinen Rucksack, damit ich nachsehe, was du sonst noch so schmuggelst!«
Mit Tränen in den Augen und blutendem Finger ging Leon zum Netzhaufen und holte seinen Rucksack.
Während sich die Trainer mit Leon befassten, sah sich Ning gähnend um. Der Kutter näherte sich einem Naturhafen, dessen fast senkrechte Felswände ein paar Hundert Meter weiter aus dem Nebel aufragten.
Kazakov deutete aufs Land und begann mit seiner Rede, während Speaks Leons Rucksack aufriss und all seine Sachen über das nasse Deck verteilte.
»Es ist jetzt kurz vor sieben Uhr. Die Grundausbildung endet genau um Mitternacht«, begann Kazakov. »Irgendwo auf dieser Insel findet ihr drei graue CHERUB-T-Shirts. Wenn ihr ein T-Shirt findet und es anzieht, könnt ihr euch zu eurer bestandenen Grundausbildung gratulieren. Gebt über Funk Bescheid, dann holen wir euch ab. Aber wer um Mitternacht kein graues T-Shirt anhat, der sieht mich in drei Wochen auf dem Campus wieder und darf die Grundausbildung von Tag eins an wiederholen. Irgendwelche Fragen?«
Daniel hob die Hand.
»Sir, sind die T-Shirts alle an einem Ort oder sind sie einzeln versteckt?«
Kazakov dachte über die Frage nach, griff in das Netz und reichte Ning eine Schwimmweste.
»Findet es selbst heraus«, meinte er schließlich.
Sobald sie ihre Schwimmweste angelegt hatte, bückte Ning sich und zog eine wasserdichte Gummihülle über ihren Rucksack. Währenddessen begann Leon seine Sachen einzusammeln, die auf dem Deck herumschwammen. Doch als er sich nach seiner Wasserflasche bückte, packte ihn Trainer Speaks an seinen Shorts und hob ihn mit einem muskulösen Arm in die Luft.
»Jaffakeks-fressender kleiner Jammerlappen!«, schrie er den vor seiner Nase baumelnden Leon an. »Ich will dich nicht mehr sehen, also verschwinde ohne deine Sachen!«
Damit machte Speaks zwei große Schritte zum Heck des Kutters und warf Leon über Bord.
»Viel Spaß beim Schwimmen!«, rief er und warf ihm seine Schwimmweste nach. »Die hier brauchst du vielleicht!«
Kazakov sah die beiden anderen finster an, als Leon mit lautem Platsch ins Wasser fiel.
»Ab mit euch!«, befahl er. »Das Wasser wird bestimmt nicht wärmer!«
2
Die ersten zwölf Lebensjahre hatte Ethan Kitsell in einer Acht-Millionen-Dollar Strandvilla in Kalifornien verbracht, bei einer Mutter, der eine Firma für Computersicherheit gehörte und die einen Ferrari fuhr. Er war bekennender Streber und seine Hobbys waren Schachspielen und Roboterbauen.
Doch dieses Leben war auf einer Lüge gegründet worden. Ethans Mutter hieß in Wirklichkeit nicht Gillian Kitsell, sondern Galenka Aramov. Sie war die Tochter von Irena Aramov, die ein milliardenschweres Verbrechersyndikat leitete. Ihr Hauptquartier lag in der landumschlossenen zentralasiatischen Republik Kirgistan.
Dem Aramov-Clan gehörten sechzig Frachtflugzeuge, mit denen alles transportiert wurde, mit dem gewöhnliche Fluglinien nichts zu tun haben wollten: Drogen, Waffen, Fälschungen, Kriminelle, Söldner und illegale Einwanderer. Ethan hatte das erst vor fünf Monaten herausgefunden, als zwei Killer bei ihnen zu Hause in Kalifornien eingebrochen waren und seine Mutter umgebracht hatten.
Sie hatten auch Ethan töten wollen, doch er hatte überlebt, weil die Killer an seiner Stelle versehentlich seinen besten Freund erschossen hatten. Als seine Großmutter Irena herausgefunden hatte, was vorgefallen war, hatte sie Ethan vor der Nase der US-Behörden entführen und nach Kirgistan schmuggeln lassen.
Das Gute daran war, dass ihn wohl niemand, der Ethan Aramov töten wollte, auf dem Gebiet seines Clans anzugreifen wagte. Das Schlechte daran war, dass Ethan Kirgistan abgrundtief hasste. Er war gelegentlich sogar der Meinung, dass eine Kugel in den Hinterkopf die angenehmere Alternative zum Leben an einem Ort war, der ihm schlimmer vorkam als die Hölle.
Es war ein milder Frühlingsnachmittag und aus dem tristen dreistöckigen Gebäude der OS 11, der Oberschule Elf, strömten die Kinder ins Freie. Bischkek war die Hauptstadt von Kirgistan und die reichste Gegend des Landes, doch Ethan saß in einem Klassenzimmer, in dem Schimmel an den Wänden wuchs, und seine ärmlichen Klassenkameraden warfen ihm hungrige Blicke zu, wenn er sein Butterbrot auspackte.
Zwei Dinge hielten Ethan davon ab, allen Lebensmut zu verlieren, und eines davon beschleunigte gerade seine Schritte, um zu ihm aufzuschließen. Sanft tippte ihm das Mädchen auf den Rücken und sprach ihn auf Russisch an:
»Wie war es denn heute bei dir?«
Natalka war nur einen Monat älter als Ethan, doch aufgrund ihres Geburtstages ging sie in eine höhere Klasse. Sie war ein wenig kleiner als er, aber während Ethan spindeldürr war, hatte sie eine sportliche Figur, ein hübsches Gesicht und Kurven genau da, wo Jungs sie gerne sehen.
»Mein Tag war beschissen«, erklärte Ethan.
»Dann hatten wir ja denselben Tag«, fand Natalka, und ein Grinsen breitete sich auf ihrem sommersprossigen Gesicht aus. »Ich lechze nach einer Zigarette!«
Als sie an einer Gruppe älterer Jungen vorbeikamen, rief einer von ihnen:
»Warum hängst du denn mit dem Loser rum, Natalka?«
»Nur, weil er ein Aramov ist?«, fügte ein anderer hinzu.
Natalka zeigte den Jungen den Finger.
»Ignorier die Idioten«, empfahl sie Ethan, als sie weitergingen.
Es war eine große Sache, mit jemandem aus dem superreichen Aramov-Clan befreundet zu sein, besonders an einem Ort, wo Kinder oftmals nicht einmal genug zu essen bekamen, aber nicht Ethans Status war die Grundlage ihrer Freundschaft. Sie hatten sich vom ersten Augenblick an gemocht und Natalkas »Ich hasse alles«-Einstellung passte gut zu Ethans Depressionen.
»Ich musste den ganzen Nachmittag lang neben Kadyr sitzen«, erzählte Ethan stöhnend. »Schon schlimm genug, dass er tierisch stinkt, aber er kratzt sich auch noch die ganze Zeit am Hintern und leiht sich dann ohne zu fragen meinen Taschenrechner aus.«
»Iii!«, machte Natalka und fischte eine Zigarettenpackung aus ihrer Hosentasche. »Schon lästig mit den armen Leuten. Scheiß auf die Wohlfahrt, gebt mir ein Maschinengewehr, dann knall ich die Stinker einfach ab.«
»Genau«, erwiderte Ethan lachend, wenn auch nicht ganz sicher, ob Natalka wirklich scherzte. »Ich konnte das Teil nicht mehr anfassen, nachdem Stinkefinger darauf herumgetatscht hat, und habe es einfach liegen lassen.«
»Versuchst du immer noch, deine Großmutter zu bequatschen, dass sie dich ins Ausland schickt?«
»Ich versuche es«, gab Ethan zu. »Aber sie hat so einen Knall, von wegen ich dürfe nicht in Watte gepackt leben und soll die Kultur meines eigenen Volkes kennenlernen. Was zum Teufel das auch immer heißen soll …«
»In dieser Gegend bedeutet das hauptsächlich Ziegen schlachten und Bräute entführen«, antwortete Natalka und zog an ihrer Zigarette, die sie anschließend Ethan anbot. »Willst du auch mal?«
Ethan nahm einen langen Zug von Natalkas Zigarette. Das Nikotin machte ihn schön schwindelig, als er zum Himmel aufsah, und er meinte verträumt: »Im Augenblick gäbe ich alles für einen schönen, fetten Burrito, einen Film im Multiplex und einen großen Apple-Store, in dem ich die Kreditkarte meiner Mutter zum Glühen bringen kann.«
»Bin dabei«, behauptete Natalka, als Ethan einen weiteren langen Zug machte. »Wenn du mich mitnimmst nach Amerika, geben wir das ganze Aramov-Geld aus, das du von deiner Mutter geerbt hast. Und gib mir meine Kippe wieder. Ich habe nur noch zwei und du rauchst das ganze verdammte Ding auf!«
»In Amerika raucht niemand«, antwortete Ethan lachend und zog kühn noch einmal an der Zigarette, bevor er sie zurückgab, »da machen sie sich sogar Sorgen, sie könnten vom Zigarettenrauch anderer Krebs kriegen.«
Natalka lachte. »Hier säuft man sich zu Tode, lange bevor man alt genug ist, Krebs zu kriegen.«
Mittlerweile waren sie ein paar Hundert Meter von der Schule entfernt an der Hauptstraße angekommen, wo der Kreml-Bus auf sie wartete.
Der Kreml war der Spitzname für ein großes, hauptsächlich aus Mietwohnungen bestehendes Gebäude am Rand des Flugplatzes, von dem aus der Aramov-Clan seine Unternehmungen führte. Die Einheimischen hatten ihn nach dem russischen Präsidentenpalast benannt, weil die Aramovs, ihre Piloten und die Mechaniker, die hier wohnten, meist Russen oder Ukrainer waren und keine Kirgisen.
Die meisten Bewohner des Kreml waren Männer, deren Familien anderswo lebten, aber einige von ihnen hatten Kinder im schulpflichtigen Alter, so wie Natalkas Mutter, eine knallharte Frachtpilotin aus der Ukraine.
Alle Kreml-Kinder mussten eine halbe Stunde mit dem Bus nach Bischkek fahren, um die OS 11 zu besuchen, in der auf Russisch unterrichtet wurde und nicht auf Kirgisisch, wie an den Schulen der Umgebung.
Bei den kleineren Kreml-Kindern endete der Unterricht zwanzig Minuten früher als bei den älteren und sie sprangen bereits gelangweilt um den Bus herum. Der vierundzwanzigsitzige Bus hatte ein Vierteljahrhundert auf dem Buckel. Er war ein altes sowjetisches Fabrikat und eigentlich kaum ein Bus, sondern eher ein Laster mit einer auf der Ladefläche aufgeschweißten Wellblechhütte.
Der Fahrer war Alex Aramov, der sechzehnjährige Sohn von Ethans Onkel Leonid. Wie sein neunzehnjähriger Bruder Boris stand er in der Tür des Busses und hielt eine Bierdose in der Hand.
Mit seinen beiden Cousins hatte Ethan nichts gemein. Die beiden hatten die Schule mit fünfzehn aufgegeben und verbrachten ihre Zeit nun damit, auf dem großen Trainingsgelände hinter dem Kreml Gewichte zu stemmen, zu reiten, Mädchen zu jagen und den Namen Aramov ganz allgemein dazu zu nutzen, als die großen Macker aufzutreten.
Nachdem er seine leere Bierdose auf den Boden geworfen hatte, stieg Alex ein. Sein Fahrstil entsprach dem eines betrunkenen Teenagers, und wie alle in Bischkek fuhr er mit einer Hand am Steuer und einer Hand an der Hupe, die er jedes Mal betätigte, wenn er eine enge Kurve oder über eine Kreuzung fuhr oder an einer schönen Frau vorbeikam.
Der Bus war nur halb besetzt, daher ließen sich Ethan und Natalka jeder auf einem Doppelsitz nieder, legten die Füße auf den Platz neben sich und lehnten die Köpfe ans Fenster. Sie versuchten erst gar nicht, sich zu unterhalten, da sie gegen die Hupe, fünf kleine Kinder, die unter den Sitzen herumkrochen und mit Pistazienschalen herumwarfen, und den dumpfen Beat aus dem iPhone der starr dreinsehenden Tochter eines weißrussischen Mechanikers hätten anschreien müssen.
»Ich will raus aus diesem Zoo«, stöhnte Natalka.
Ethan nickte zustimmend, denn sein älterer Cousin nahm gerade eine Kurve viel zu schnell. Während draußen die schäbigen Vorstadtsiedlungen von Bischkek vorbeizogen, bemerkte Ethan, dass Natalka zwei Knöpfe an ihrer karierten Bluse aufgemacht hatte und er somit einen ausgezeichneten Einblick in ihren Ausschnitt bekam.
»Hey!«, sagte ein Junge auf Englisch. Zuerst glaubte Ethan, er sei beim Gaffen erwischt worden, doch es war sein kleiner Cousin Andre. Es war schwer zu glauben, dass dieser zehnjährige Knabe mit dem Engelsgesichtchen der Sohn von Leonid Aramov war und der Bruder der grobschlächtigen Kerle Alex und Boris.
»Nimm die Füße runter«, verlangte Andre und quetschte sich auf den Sitz neben Ethan. »Ich will mit dir Englisch üben.«
Andre verfügte über einen gewissen Charme, der es ihm ermöglichte, im Kommandoton zu sprechen, ohne dass man es ihm übel nahm.
»Ich bin ziemlich erledigt«, wehrte Ethan ab. »Vielleicht später, in meinem Zimmer?«
Natalka, die die kleineren Kinder gerne aufzog, schrie Andre ins Ohr: »Her mit deinen Zigaretten!«
»Ich bin nicht so dumm, zu rauchen«, behauptete Andre entrüstet. »Das ist schlecht für die Gesundheit und man stinkt wie eine alte Socke.«
»Willst du damit sagen, dass ich stinke?«, knurrte Natalka und ballte die Faust. »Los, her mit den Zigaretten oder ich hau dir eine rein!«
Andre sah Natalka mitleidig an, um ihr zu zeigen, dass er keine Angst vor ihr hatte, und sagte auf Englisch zu Ethan: »Ich habe einen Witz gelesen, den ich nicht verstehe …«
»Na, dann los …«, meinte Ethan müde.
»Was bedeutet WWW?«, wollte Andre wissen.
»Na?«
»Weltweites Warten«, sagte Andre. »Verstehst du das?«
Ethan lächelte.
»WWW heißt eigentlich World Wide Web, das kennst du doch, oder? Aber manchmal gibt es lange Ladezeiten für Webseiten, und das ist ein Problem, das überall auf der Welt auftritt.«
»Okay.« Andre nickte eifrig. »Ich hab noch einen.«
Doch bevor Andre weitermachen konnte, ruckte der Bus kräftig, und Alex trat auf die Bremse, sodass alle nach vorne geschleudert wurden. Natalka traf es am schlimmsten, weil sie seitlich gesessen hatte, und Andre machte sich nicht die Mühe, seine Schadenfreude zu verhehlen, als sie bäuchlings auf dem nicht allzu sauberen Boden landete.
»Was war das denn?«, fragte Natalka und sah Andre böse an. Der Bus kam mit quietschenden Reifen zum Stehen. »Haben wir etwas überfahren?«
»Würde mich nicht wundern, so wie mein Bruder fährt«, meinte Andre.
Ethan drehte sich um, um aus dem Fenster zu sehen. Sie hatten das Stadtgebiet von Bischkek verlassen und fuhren auf die trostlose Bergstraße, die zum Kreml führte. Diese schlaglochübersäte Piste wurde auch von den Lastern benutzt, die Waren von China nach Russland brachten, und ein paar Einheimische versuchten, dort ihr Auskommen zu finden, indem sie an Ständen Essen und Getränke verkauften.
Zwanzig Meter hinter der Stelle, an der sie angehalten hatten, arbeitete einer dieser Verkäufer. Er verkaufte an seinem Stand würzige Lamm-Kebabs, die er auf einem Grill zubereitete, der aus einer alten Öltonne gefertigt war. Natalka hatte Ethan einmal gezwungen, einen zu essen, und nachdem er über die Tatsache hinweggekommen war, dass der Fleischspieß von einem alten Kerl zubereitet worden waren, unter dessen nikotingelben Fingernägeln ganze Ökosysteme Platz fanden, schmeckte er ihm köstlich.
Nur Sekunden, nachdem sie angehalten hatten, waren Alex und Boris aus dem Bus gesprungen und stürmten auf den Kebabverkäufer zu. Boris blies die kräftige Brust auf und schrie auf Kirgisisch los, einer Sprache, die er selbst nicht beherrschte und von der Ethan kaum ein Wort verstand.
»Was hat der denn für ein Problem?«, fragte Ethan.
Keiner antwortete ihm, weil die Kids alle zum hinteren Teil des Busses liefen, um besser sehen zu können. Es wurde noch weiter auf Kirgisisch geschrien und der alte Mann sah den beiden muskelbepackten Teenagern ängstlich entgegen.
Alex schlug brutal zu und schrie dazu: »Ka-wumm!«
Als der Alte zu Boden ging, stieß ihm Alex den Turnschuh in den Bauch und stieg über ihn hinweg. In der Zwischenzeit hatte Boris die heiße Öltonne umgetreten, sodass Funken und Kohle über die Fahrbahn schossen.
Der Kebabverkäufer stöhnte, als ihm Alex auf die Hand trat.
»Bist du jetzt zufrieden, du alter Geier?«, schrie Alex und strahlte vor sadistischem Vergnügen.
Boris hatte sich eine Grillzange genommen und eine der glühenden Kohlen von der Straße aufgehoben. Als er sich damit dem alten Mann näherte, zuckten die Kinder im Bus zusammen und sahen weg.
Ethan wandte sich an Andre und rief vorwurfsvoll: »Warum schlagen sie ihn?«
»Woher soll ich das wissen?«, schrie Andre zurück. »Glaubst du, ich bin für die beiden Idioten verantwortlich, nur weil sie meine Brüder sind?«
»Wir sind die Aramovs!«, schrie Alex auf Russisch und trat erneut zu. »Niemand legt sich mit den Aramovs an!«
Boris hielt dem Alten die glühende Kohle so dicht vor das Gesicht, dass sie ihm die Barthaare versengte.
»Wenn wir dich noch einmal hier sehen, bist du tot!«, drohte er. »Keine weiteren Warnungen! Verschwinde aus der Stadt!«
3
Ning war zwar kräftig, aber keine besonders gute Schwimmerin. Als sie aus dem kalten Wasser stieg und atemlos den Kiesstrand hinauflief, hatten sich die Zwillinge bereits ausgezogen, trockneten sich die kurz geschorenen Haare ab und zogen sich trockene Sachen an.
Leon sah ihr ein wenig ängstlich entgegen, als sie auf ihn zukam.
»Ich hätte fragen sollen«, sagte er und hob die Hände, als erwarte er einen Schlag.
»Ist doch egal«, meinte Ning, ließ den Rucksack fallen und begann, ihre triefende Schwimmweste auszuziehen.
Sie war wütend, nicht so sehr weil sie Leon nicht einen Jaffakeks gönnte, sondern weil das Durchwühlen ihres Rucksacks ein Eingriff in ihre Privatsphäre war. Aber sie sagte nichts, weil sie später vielleicht noch auf die Hilfe der Zwillinge angewiesen war.
Ning hatte trockene Sachen, aber die Trainer hatten ihr keine Zeit gelassen, ihre Schuhe auszuziehen, bevor sie ins Wasser sprang, also würde sie den Rest des Tages mit nassen, kalten Füßen herumlaufen.
»Sollen wir uns aufteilen oder zusammenbleiben?«, fragte Leon und sah sich nachdenklich um. »So groß scheint die Insel ja nicht zu sein.«
»Ich schätze, wir brauchen ungefähr eine Stunde, um sie abzusuchen«, meinte Daniel. »Sie dürfen es uns nicht zu schwer machen. Neun Rekruten sind bereits durchgefallen und sie müssen ein paar neue Agenten aus diesem Kurs bekommen!«
»Ich bin mir nicht sicher, dass das so funktioniert«, wandte Ning ein. »Der Standard für die Prüfungen ist fest. Entweder man schafft es oder man schafft es nicht.«
Doch während Daniel und Ning noch diskutierten, ging Leon über den Strand auf etwas zu, das er aus dem Schilf ragen sah.
Aufgeregt rief er: »Hört auf zu jammern und kommt her, ihr Loser!«
Ning zog sich einen trockenen Kapuzenpullover über und eilte den Strand entlang. Leon ging vorsichtig ins Schilf und betrachtete eine alte Munitionskiste aus Metall.
»Pass bloß auf«, warnte Daniel. »Vielleicht ist das eine Falle!«
Diese Lektion hatte Ning am dritten Tag des Lehrgangs auf die harte Tour gelernt, als sie eifrig auf ihr Ziel zugelaufen war, nur um in eine Schlinge zu treten und die nächsten zwei Stunden in einem Netz an einem Baum schaukelnd zu verbringen.
»So blöd bin ich nun auch wieder nicht«, entrüstete sich Leon. »Gebt mir mal einen Stock oder so etwas.«
Der Deckel der Kiste war mit einem Bügel verschlossen, doch es war kein Vorhängeschloss daran. Daniel suchte ein schönes langes Stück Treibholz und reichte es seinem Bruder.
»Ich hab die Kiste gefunden«, erklärte Leon und wich vor dem Stock zurück. »Du machst sie auf.«
»Ich würde ja eine Münze werfen«, erwiderte Daniel, »wenn ich eine hätte.«
Seufzend nahm ihm Ning den Stock weg.
»Werdet mal erwachsen«, verlangte sie grimmig.
Die Kinder lernen in der Grundausbildung schnell, dass ihre Trainer es nicht direkt darauf anlegen, sie umzubringen, und so befürchtete sie eher, einem Schwarm wütender Insekten zu begegnen, einen Elektroschock zu bekommen oder von einer Betäubungsgranate getroffen zu werden, als dass ihr eine Mine die Beine abreißen würde.
Leon und Daniel hielten die Hände vor die Augen, als Ning aus der größtmöglichen Entfernung den Deckel der Kiste anhob.
Das hohle Scheppern des Metalldeckels war geradezu enttäuschend. Die Kiste schien voll zu sein und ganz obenauf war etwas in ein rot-weiß kariertes Tischtuch gewickelt. Ning zog die Zipfel auseinander und zum Vorschein kam ein luxuriöses Picknick mit hart gekochten Eiern, Käse, Wurst und einer Thermosflasche mit heißem Tee.
»Nimm es vorsichtig raus, man kann ja nie wissen«, warnte Daniel.
Aber Leons knurrender Magen verlieh ihm Mut und er begann, sich mit Salami vollzustopfen.
»Oh Mann, das habe ich gebraucht!«, sagte er breit grinsend.
Ning war mehr daran interessiert, dass ihr wieder warm wurde, und schraubte die Thermoskanne auf. Unter den Fressalien waren Mineralwasserflaschen zu sehen und direkt darunter etwas, das in braunes Papier gewickelt war.
»Kann ich das letzte gekochte Ei haben?«, fragte Leon eifrig und mit vollen Backen. »Ich habe ein gutes Gefühl für den heutigen Tag. Und ich glaube, du hast recht, Daniel. Sie können nicht nach dreieinhalb Monaten Grundausbildung ohne einen einzigen qualifizierten Agenten zurückkommen.«
»Das könnten die berüchtigten letzten Worte sein«, meinte Ning, rollte eine Scheibe Salami um ein Stück Käse und steckte es sich in den Mund. »Einer von euch nimmt mal das Tuch, ich will wissen, was da drunter ist.«
Leon hob das Tuch hoch und tippte mit der Fingerspitze ein paar Krümel auf, während Ning die Wasserflaschen aus der Kiste nahm und dann das braune Päckchen an einer Ecke aufriss.
»T-Shirts!«, stieß sie hervor, als sie den grauen Stoff und das unverkennbare CHERUB-Logo in einer rechteckigen Glaskiste sah.
Die Zwillinge beugten sich so schnell darüber, dass sie fast mit den Köpfen zusammengestoßen wären.
»Sind es alle drei?«, fragte Leon begierig.
Nur ein T-Shirt leicht erreichbar zu hinterlegen, damit die drei sich darum stritten, wäre genau die Art von Trick, die die Trainer anwenden würden. Das Frühstück hatte ihre Laune deutlich angehoben, aber sobald Leon nach der Anzahl der T-Shirts gefragt hatte, breitete sich eine üble Spannung aus.
»Wenn ihr eure riesigen Schädel mal wegnehmt, könnte ich es euch sagen«, meinte Ning ärgerlich.
Aber die Zwillinge wollten nicht zurückweichen. Ning war stärker als sie, und wenn sie ein T-Shirt zuerst in die Finger bekam, könnten sie sie nicht davon abhalten, es anzuziehen.
»Am fairsten wäre es, wenn wir es auslosen«, schlug Daniel vor.
»Aber ich bin verletzt!«, wandte Leon ein.
»Das ist nur dein blöder Finger!«, fuhr ihn sein Bruder an. »Außerdem kann der mit dem T-Shirt ja immer noch den beiden anderen suchen helfen.«
»Haltet die Klappe, alle beide!«, verlangte Ning. Sie wurde ungeduldig, weil es in der Kiste dunkel war und das braune Packpapier von einer Kordel gehalten wurde, die sich absolut nicht zerreißen lassen wollte.
Als sie es schließlich schaffte und das Papier wegriss, konnte sie sofort die Anzahl der T-Shirts feststellen.
»Es sind alle drei«, sagte sie. »Aber das ist viel zu einfach.«
Als Ning den Glaskasten auf die Seite legte, um die Verpackung darunter hervorzuziehen, bemerkte sie erschrocken, wie schwer er war. Dann fiel ihr auf, dass sich die T-Shirts nicht bewegt hatten, als sie sie umgekippt hatte.
»Das Ding ist massiv!«, konstatierte sie. »Weg da!«
Die Jungen traten von der Kiste zurück und Ning nahm die T-Shirts im Glasblock hoch. Sie brauchte alle Kraft, um ihn aus der Kiste zu heben, doch dann glitt er ihr aus den Fingern und prallte knirschend auf den Kies.
»Oh Gott, das wiegt ja mindestens eine Tonne«, stöhnte Ning.
»Wir brauchen etwas Dickes, Schweres, um es aufzuschlagen«, behauptete Daniel.
»Wie wäre es mit deinem Kopf?«, schlug Leon vor.
»Sehr witzig«, fand Daniel und nahm den größten Stein, den er finden konnte. »Passt auf eure Augen auf, hier könnten gleich Glassplitter fliegen.«
Daniel hob den Stein hoch über seinen Kopf und warf ihn auf die Mitte des Glaskastens. Es gab einen hohlen Klang und beim zweiten Versuch noch einen, doch Ning sah enttäuscht auf, als sie sich bückte, um das Glas zu untersuchen.
»Nicht mal ein Kratzer«, stellte sie fest.
»Vielleicht ist es besser, kleine Stücke vom Rand abzuschlagen, als das ganze Ding in der Mitte auseinanderbrechen zu lassen«, meinte Leon.
»Das ist einen Versuch wert«, gab Daniel zu.
Doch er schrie vor Schmerz auf, als er den Stein gegen den Rand des Glasblockes schlug. Der Stein war gesplittert und der scharfe Rand hatte ihn in die Hand geschnitten.
»Verdammt!«, schrie Daniel, taumelte zurück und hielt sich die blutende Hand. »Verdammter blöder Klumpen!«
»Leon, mach ihm einen Verband aus dem Tischtuch«, riet Ning.
»So schlimm ist es nicht«, behauptete Daniel und rieb sich die blutige Hand am Ärmel seines Fleecepullovers ab. »Es brennt nur höllisch.«
»Und was jetzt?«, fragte Leon. »Sollen wir ein Feuer machen und ausprobieren, ob es schmilzt?«
»Schon möglich«, meinte Ning nachdenklich, »aber ich bezweifle, dass es so einfach ist. Es muss auf dieser Insel etwas geben, womit wir dieses Glas zerbrechen können. Wir müssen danach suchen!«
»Ich hasse Kazakov und Speaks«, verkündete Leon dumpf und trat mit dem Fuß einen Kieselschauer los. »Ich wette, die beiden Mistkerle sitzen gerade schön warm im Trockenen und lachen sich über uns kaputt.«
4
Einen Flugplatz legt man am besten dort an, wo man ein großes, ebenes Gelände hat, genügend Auslauffläche für den Fall einer missglückten Landung und nichts allzu Hohem in der Nähe, damit ein Flugzeug sanft abheben und notfalls sogar wieder zur Startbahn zurückkehren kann, falls es beim Start zu Problemen mit der Maschine kommt.
Der Flugplatz der Aramovs war ungefähr das glatte Gegenteil davon. Dicht neben der Start- und Landebahn standen eng aneinander Hangars, Tanklaster und ausgeschlachtete sowjetische Militärmaschinen. Außerdem lag er in einem Tal. Beim Landeanflug sowie beim Start mussten die Piloten halsbrecherisch durch einen dreihundert Meter breiten Korridor fliegen, und wenn sie dabei einen Fehler machten, konnte das Flugzeug leicht an einem Berghang zerschellen.
Doch die gute alte Luftwaffe der Sowjetunion hatte den Flugplatz nicht ohne Grund dort angelegt: Durch Berge können keine Radarwellen dringen und Spionagesatelliten erhaschen nur selten einen Blick durch die dichte Wolkendecke über den Gipfeln.
In den Siebziger- und Achtzigerjahren konnten hier sowjetische Bomber und Spionageflugzeuge starten und landen, ohne dass die Amerikaner oder Chinesen wussten, was sie vorhatten. Dreißig Jahre später bot das heruntergekommene ehemalige Militärgelände die perfekte Ausgangsbasis für eine Schmugglerorganisation.
Das Kreml-Gebäude selbst war eine typische Monströsität aus der Sowjetzeit. Als sechsstöckiger Betonplattenbau lag es einen halben Kilometer vom Flugplatz entfernt, aber nah genug, dass die größten Flugzeuge des Aramov-Clans das bronzene Hammer-und-Sichel-Emblem auf dem Dach beim Starten klappern ließen.
Als die Kinder aus dem Kreml-Bus stiegen, hielten ihnen zwei mit Kalaschnikows bewaffnete Wächter die Türen zur Eingangshalle auf. Der Weg zum Aufzug führte über abgetretene orangefarbene Teppichfliesen und durch eine Bar, in der zu dieser Tageszeit nur die Blinklichter aus einer Reihe von Spielautomaten Lebenszeichen von sich gaben.
»Willst du nachher zu mir hinaufkommen?«, fragte Ethan Natalka. »Ich habe am Samstag einen Haufen Filme auf dem Basar in Dordoi gekauft.«
Natalka schien nicht gerade begeistert von der Idee.
»Mal sehen«, meinte sie lahm.
Ethan war enttäuscht, versuchte aber, es sich nicht anmerken zu lassen.
Natalka wohnte mit ihrer Mutter in einem Zimmer im ersten Stock, daher nahm sie die Treppe. Die Aramovs wohnten alle im obersten Stockwerk, und Ethan beschleunigte seine Schritte, als er sah, dass ihm Andre die Aufzugstür aufhielt.
»Danke«, sagte er und trat in die enge Kabine, in der nur eine von drei Glühbirnen funktionierte und wo man durch ein fehlendes Paneel an der Rückseite den Arm in den Liftschacht stecken konnte.
»Diese Natalka ist eine blöde Kuh«, fand Andre, »und sie geht nie mit dir aus!«
»Wir sind nur Freunde«, wehrte Ethan gereizt ab. »Und wer sagt dir denn, dass ich auf sie stehe?«
Die Lifttüren schlossen sich halb und gingen erst weiter zu, als ihnen Andre einen kräftigen Tritt versetzte.
»Dieser Lift ist Scheiße.«
»Wie alles andere hier auch«, bestätigte Ethan.
Beim zweiten Versuch hätten sich die Türen beinahe ganz geschlossen, hätte sich nicht ein Turnschuh in den Spalt gezwängt. Boris und Alex, jeder mit einer weiteren Bierdose in der Hand, drängelten sich in den Lift.
»Sieh mal, wer da ist«, sagte Alex angetrunken. »Mein spinnerter kleiner Bruder und der noch spinnertere Yankee-Cousin!«
Boris lachte. »Wahrscheinlich sind sie auf dem Weg nach oben, um miteinander rumzuknutschen.«
»Zeigt uns mal, wie ihr das macht«, verlangte Alex lautstark, als sich der Aufzug in Bewegung setzte. Aggressiv baute er sich vor Ethan auf und verlangte: »Los doch!«
»Was zeigen?«, wollte Ethan wissen und bemühte sich, seine Furcht zu verbergen.
»Küss deinen Lover«, erklärte Alex, packte Ethan am Nacken und stieß ihn auf Andre zu.
»Ich bin doch nicht schwul!«, protestierte Andre und quetschte sich hinter Boris in eine Ecke. »Lass ihn los!«
»Sonst was?«
»Sonst sage ich Großmutter, dass ihr den alten Kebabverkäufer zusammengeschlagen habt«, stieß Andre hervor. »Warum habt ihr das eigentlich gemacht? Der war doch ganz okay.«
Boris lüftete das Geheimnis.
»Heute Morgen haben wir bei ihm Kebab gekauft und haben ihm zwanzig Som gegeben, aber er hat mir nur auf zehn herausgegeben.«
»Er hat uns dreckige kleine Lügner genannt, stimmt’s, Boris?«, fügte Alex hinzu und ließ Ethan los, weil ihm das mit dem Küssen zu langweilig wurde. »Das tut ihm jetzt bestimmt ziemlich leid.«
»Die Prügel wird er wohl noch ein paar Tage lang spüren«, meinte Boris und nahm fröhlich einen Schluck Bier. »Er kann von Glück sagen, dass ich ihn nicht verbrannt habe.«
Mittlerweile war der Aufzug stehen geblieben. Wieder klemmte die Tür, aber Alex zwang sie mit seinen kräftigen Armen auseinander.
»Bis später, ihr Spinner!«, rief er, als sie in den Gang des sechsten Stockwerks traten.
Bevor sie verschwanden, versetzte Boris Ethan noch einen Stoß vor die Brust. Er war nicht sonderlich heftig, aber Ethan traf mit dem Ellbogen an einen Heizkörper und jaulte vor Schmerz auf.
»Deine Brüder sind echt durchgeknallt«, stellte er fest und schüttelte den Kopf. »Die totalen Psychos.«
Andre machte sich Sorgen, weil Ethan der Stoß gegen die Wand mehr Schmerzen zu bereiten schien, als normal war.
»Ist das die Stelle, wo dein Arm bei dem Unfall gebrochen ist?«
Ethan nickte.
»Meist ist der Arm ganz in Ordnung, nur nicht, wenn ihn irgendein Schwachkopf irgendwo dagegenscheppert.«
»Ich fasse nicht, was sie mit dem alten Mann gemacht haben«, meinte Andre. »Ich wünschte, ich könnte ihm helfen.«
»Wahrscheinlich versteckt er sich jetzt«, vermutete Ethan.
»Ich sehe mal nach Großmutter«, verkündete Andre. »Kommst du mit?«
Ethan fand seine krebskranke Großmutter deprimierend, aber alles, was er sonst tun konnte, war in sein eigenes Zimmer zu gehen und zu schmollen, daher lief er hinter Andre her.
Im sechsten Stockwerk waren ursprünglich die Offiziersquartiere gewesen, daher war er hauptsächlich in kleine Einzimmer-Apartments mit einer Kochnische und einem Bad mit grauenvoller Sanitäreinrichtung aufgeteilt.
Die Aramovs hatten mehr Geld als Geschmack, was sich unter anderem in einem laubgrünen Flokatiteppich auf dem Boden äußerte. An den Wänden hingen zwischen bunten abstrakten Bildern Fotos der Aramov-Familienmitglieder, die Politikern, Prominenten oder minderen königlichen Hoheiten die Hände schüttelten. Den Ehrenplatz hatte ein Bild von Irena Aramov, die einem US-General die Hand schüttelte, nachdem sie einen lukrativen Vertrag für die Lieferung von Waren für die US-Armee in den Irak bekommen hatte.
Außerdem hatten die Aramovs auch Feinde, daher hatten Fenster und Oberlichter granatensichere Gitter. Die gepanzerten Türen konnten im Fall eines Angriffs geschlossen werden, und es gab einen Fluchtschacht für den Notfall, der in einen atomsicheren Bunker im Keller führte.
Ethans Großmutter Irena war der Boss des Aramov-Clans und hatte ein paar Wände einreißen lassen, um sich eine vernünftige Wohnung zu schaffen, zu der ein Balkon mit Aussicht auf den Flugplatz gehörte. Die Jungen fanden sie auf einem weißen Ledersofa liegend, umgeben von ihrer Sammlung bunter Glasvasen und einem großen LCD-Bildschirm, auf dem eine chinesische Seifenoper ohne Ton lief.
Irenas Alter war für alle außer ihr selbst ein Rätsel, aber sie litt seit über zwei Jahren an Lungenkrebs und wirkte äußerst gebrechlich. Ein Tropf führte in ihren Arm, und neben ihr stand ein Sauerstoffgerät, doch die Frau, die den Aramov-Clan von einer kleinen regionalen Schmugglerbande zu einem der reichsten Verbrechersyndikate der Welt gemacht hatte, war noch vollkommen klar im Kopf.
Beim Anblick ihrer beiden jüngsten Enkel begann sie zu strahlen.
»Meine Jungs!«
Dann rief sie nach ihrer leidgeprüften chinesischen Krankenschwester. »Yang! Bring Milch und Schokoladenkekse! Aber die guten aus Dubai!«
»Wie geht es euch?«, fragte sie dann. »Wie war die Schule?«
»Schule ist Schule«, meinte Andre achselzuckend. »Du siehst besser aus. Schön, dass du heute aufstehen konntest.«
Irena lächelte, als sich die Jungen in weichen Ledersesseln niederließen und die Schwester ihnen einen Teller Schokoladenkekse auf den Couchtisch stellte.
»Ich fühle mich grauenvoll«, bekannte Irena. »Aber es ist nett, dass du mir schmeichelst, Andre. Wenn nur dein Vater nicht so streitsüchtig wäre!«
»Hattet ihr wieder Streit?«, fragte Andre.
Irena schlug auf das Lederkissen neben sich.
»Wenn ich tot bin, wird Leonid wohl der Boss unseres Clans werden, aber noch bin ich am Leben!«
Lächelnd schüttelte Andre den Kopf.
»Ich wette, du wirst auch noch lange leben.«
»So viel Schmeichelei!«, erwiderte Irena. »Du willst doch etwas von mir?«
Andre war bei seiner Großmutter aufgewachsen und konnte sich ganz zwanglos mit ihr unterhalten, aber Ethan hatte sie bis vor vier Monaten, als er in Bischkek angekommen war, nur sehr selten gesehen. Er fühlte sich in Gegenwart des alten Mädchens unwohl und konzentrierte sich darauf, sich mit Schokoladenkeksen vollzustopfen, bis er der Meinung war, dass er gehen konnte, ohne unhöflich zu wirken.
»Ich muss noch ein paar Hausaufgaben machen«, log er, als er sich erhob. »Vielen Dank für die Kekse, Großmutter.«
»Es ist mir immer eine Freude, dich zu sehen, Ethan«, sagte Irena liebevoll. »Du bist hier aber immer noch nicht glücklich, nicht wahr?«
Ethan brachte es nicht übers Herz, seiner kranken Großmutter zu sagen, dass er ihr Zuhause für den größten Misthaufen der Welt hielt, daher zuckte er nur mit den Achseln und sagte: »Es ist so völlig anders als das, was ich gewohnt bin.«
Irena zog eine Augenbraue hoch.
»Es ist bestimmt nicht Kalifornien, nicht wahr?«, sagte sie und unterdrückte ein Lachen, das sie doch nur hätte husten lassen. »Deine Mutter ist hier verschwunden, sobald sie alt genug dazu war, und ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sich für dich eine Zukunft im Kreml gewünscht hätte. Ich habe dir ein paar Papiere aufs Zimmer legen lassen. Sieh sie dir an und sag mir, was du davon hältst.«
5
Die drei Kinder teilten sich auf. Ning blieb am Strand und bereitete aus trockenem Schilf und Treibholz ein Feuer vor. Dazu benutzte sie die Aluminiumkiste in der Hoffnung, dass sie die Hitze reflektieren würde und das Feuer heißer wurde, damit sie eine bessere Chance hatten, das Glas um die T-Shirts herum zu schmelzen.
Daniel und Leon gingen indessen auf die Suche, jeder an einer Seite der Insel entlang, in der Hoffnung, irgendetwas zu finden, mit dem sie das Glas zerschmettern konnten, oder vielleicht sogar ein bis drei leichter zugängliche T-Shirts zu finden. Doch nach einer halben Stunde waren sie wieder zurück und keiner der beiden Zwillinge sah begeistert aus.
»Nichts?«, fragte Ning.
Leon schüttelte den Kopf. »Ich habe überall nachgesehen. Die Insel ist vielleicht fünfhundert mal achthundert Meter groß. Hauptsächlich wachsen hier kleine Bäume und Büsche, es gibt auch ein paar kleine Höhlen, die nichts ergeben haben. Das Einzige, was ich gefunden habe, waren ein paar rostige Bolzen und jede Menge verschossene Munition und Patronenhülsen.«
Bei Daniel war es fast das Gleiche. »Ich habe nur einen alten Turm mit ein paar Kanonen gefunden. Damit hat man sich früher wohl gegen Eindringlinge gewehrt.«
Ning nickte nachdenklich, dann erklärte sie, was sie am Strand getan hatte.