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Raus aus der Schule, rein ins wilde Unileben: Kira Licht hat 33 Studenten und Studentinnen gefunden, die über ihre aufregendsten Erlebnisse und seltsamsten Verstrickungen auf dem Campus berichten. Claudia etwa schwärmt für den attraktiven Sebastian, der sich als Vollproll mit getuntem Opel entpuppt. Jannis traut sich nicht, seinem Kommilitonen Noah zu sagen, dass er sich in ihn verliebt hat. Florians neue Freundin Katharina versucht, ihn zu zweifelhaften Verhütungsmethoden zu überreden. Und Dozent Michael muss sich einer aufdringlichen Studentin erwehren. Entstanden ist ein unterhaltsames Buch über lustig-komplizierte Liebesbeziehungen und zügellose Eskapaden. 33 wahre, witzige und herzerwärmende Geschichten, die beweisen: Zwischen ausführlicher Fachlektüre und langen Klausuren wartet es, das pralle Leben.
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Seitenzahl: 308
Kira Licht
»Hört zu Kinder. Es gibt für alles den richtigen Ort und den richtigen Zeitpunkt, und man nennt das dann Studium.«
CHEFKOCH, »SOUTH PARK«
»Unsere Jugend ist heruntergekommen und zuchtlos. Die Jungen hören nicht mehr auf ihre Eltern. Das Ende der Welt ist nahe.« KEILSCHRIFT AUS UR, CA. 2000 VOR CHRISTUS
1. GESCHICHTE
Normalerweise ist die Geschichtsbibliothek ein ruhiger Ort. Studenten suchen nach Literatur für ihre Seminararbeiten, Doktoranden wälzen alte Bücher und die Luft ist immer ein klein wenig staubig. Mein Aushilfsjob in der Information war also nicht sonderlich aufreibend. Hin und wieder war mal ein Buch unauffindbar und ein gestresster Student stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch, aber ansonsten passierte rein gar nichts. Ich hatte darauf zu achten, dass niemand seine Tasche mit hineinnahm, dass in der Bibliothek nicht gegessen, getrunken oder telefoniert wurde. Meine Chefin, Frau Heinrich, war Bibliothekarin aus Leidenschaft. Keine Signatur war ihr unbekannt und meist wusste sie sogar die Nummer des Regals, in dem ein Werk zu finden war. Sie war ein mütterlicher, korpulenter Typ und eine Seele von Mensch. Sie behandelte alle Bibliotheksnutzer, als wären sie noch im Kindergarten, und zwar vom Erstsemester bis hin zum gestandenen Prof.
Ich war gerade dabei Signaturschildchen zu erneuern, als ein Schatten auf meinen Arbeitsplatz fiel.
»Ich brauche etwas über die Französische Revolution«, sagte eine weibliche Stimme mit russischem Akzent.
»Ich bin mir sicher, hier werden Sie fündig«, erwiderte ich ruhig. Als Antwort klatschte eine gigantische Ledertasche auf meinen Schreibtisch.
»Die Französische Revolution«, sagte mein Gegenüber erneut, als wäre ich ein Computer mit Spracherkennung und an meinem Bauch würde gleich eine Klappe aufgehen, aus der sie entsprechende Literatur einfach entnehmen könnte. Nicht nur, dass das Mitsichtragen von Taschen streng verboten war, man konnte ihr Verhalten fast als körperliche Attacke bezeichnen. Dementsprechend empört schnaufte ich.
»Du arbeitest doch hier«, sagte diese unverschämte Person nun in anklagendem Tonfall.
»Also, bitte!«, motzte ich und sah endlich zu ihr hoch, woraufhin es mir prompt die Sprache verschlug. Sie war einfach unglaublich schön, sie war exotisch schön, sie war unwirklich schön. Und für jemanden wie mich sowieso viel zu schön. Ihr Haar war lang, dunkelrot und es wand sich um ihren Kopf wie flüssiges Magma. Das Gesicht apart mit hohen Wangenknochen, der Mund sinnlich und die Augen mandelförmig und katzenhaft. Ich ignorierte, dass sie bereits genervt mit dem Fuß auf den Boden tippte, und starrte sie weiter fasziniert an. Sie hatte mit mir gesprochen, Wahnsinn!
»Hallo?«, fragte sie ungeduldig und wedelte mit der Hand vor meinem Gesicht herum. Ich sprang hektisch auf. Ihr Diener, Lady, wollte ich sagen und salutieren. Oder: Ihr gehorsamer Soldat, Madame, was immer Sie verfügen! Ich konnte mich soeben noch bremsen, indem ich mir schmerzhaft auf die Unterlippe biss.
»Ja, bitte?«, fragte ich schließlich.
»Ich sage das jetzt nicht noch mal«, erwiderte sie pampig.
»Äh ja. Französische Revolution, da haben wir jede Menge da«, stotterte ich.
»Wo?«
»Na hier, das ist eine … Bibliothek?«, erwiderte ich unsicher.
»Tss«, machte sie und warf sich arrogant die langen Haare über die Schulter. In diesem Moment erschien Frau Heinrich.
»Gibt es Probleme?«, fragte sie und blickte irritiert auf die Tasche auf meinem Platz.
»Oh nein, nein!«, wehrte ich ab.
»Doch«, sagte die Schöne. »Ich brauche etwas über die Französische Revolution, aber er versteht mich nicht.«
Frau Heinrich sah in das Gesicht der rothaarigen Göttin, um zu prüfen, ob es sich hierbei um einen Scherz handelte. Dann sah sie zu mir.
»Sie haben doch sicher erklärt, dass wir Computer-Terminals haben, wo sich die Nutzer ihre Literatur selbst heraussuchen, oder?«
»Öhm«, stotterte ich und wurde rot.
»Bei diesen Computern bekomme ich dreihundert Ergebnisse, damit komme ich nicht zurecht«, sagte die Rothaarige.
»Nun«, erwiderte Frau Heinrich, »es ist unter anderem erklärtes Studienziel, dass angehende Akademiker die Literaturrecherche in Bibliotheken erlernen. Das Personal an der Information ist nicht für die individuelle Betreuung einzelner Studenten da. Ich fürchte, Sie werden die dreihundert Ergebnisse selbst auswerten müssen. Aber vielleicht möchten Sie sich für eine Einführung in die Katalogrecherche anmelden?«
»Tss«, machte die Rothaarige erneut, dann riss sie ihre Tasche von meinem Platz, Signaturschildchen flogen durcheinander, und weg war sie.
»Sie können den Mund wieder zumachen«, sagte Frau Heinrich, dann verschwand sie in ihrem Büro.
Zwei Stunden später war die Rothaarige plötzlich wieder da.
»Ist die alte Hexe weg?«, fragte sie zur Begrüßung.
»Die wer? Ach so, Frau Heinrich. Sie macht Mittagspause. Aber eigentlich ist sie ein netter Mensch.«
»Hexe«, sagte die Rothaarige und wieder flog ihre Tasche auf meinen Tisch.
»Du musst sie einschließen«, sagte ich vorsichtig.
»Die Hexe? Okay, sag mir, wo.«
»Um Himmels willen, nein …«, erwiderte ich. »Deine Tasche. Du darfst nur Papier und Schreibzeug mitnehmen.« Ich reichte ihr einen Spindschlüssel. Sie zuckte mit den Schultern und griff nach ihrer Tasche. Zwei Minuten später war sie wieder da, nur mit einem Ringbuch und einem Kuli.
»Du musst mir helfen«, sagte sie.
»Ich kann hier eigentlich nicht weg …«, sagte ich, doch in meinem Kopf ratterten gleichzeitig die Zahnräder: Wenn ich ihr zehn Minuten half, würde das bestimmt niemandem auffallen. Zur Mittagszeit war sowieso kaum etwas los. Und Frau Heinrich hatte noch eine gute halbe Stunde Pause.
»Na gut«, sagte ich schließlich. Vielleicht könnte ich bei ihr punkten, weil ich wusste, wo Bücher zu dem Thema standen, und weil ich ihr so selbstlos half. Sie lief vor, als wüsste sie, wo es langging. Ich sah auf ihren Hintern, der in der engen Jeans hervorragend zur Geltung kam. Das lange glänzende Haar reichte ihr fast bis zur Taille. Wahnsinn!
»Hier geht’s lang!«, flüsterte ich und bog in einen Gang ab.
»Schau hier, französische Geschichte … und hier …«, ich deutete auf zwei Regalreihen, »alles zur Französischen Revolution.«
»So viel?«, fragte sie, als wäre es meine Schuld.
»Bist du ein Ersti?«
Sie nickte.
»Da ist es immer etwas verwirrend, aber man bekommt schnell Übung. Je mehr Themen man bearbeiten muss, desto routinierter wird man im Umgang mit Bergen von Literatur.«
»Na, toll«, sagte sie.
»Wie heißt du?«, fragte ich mutig, sah dabei allerdings zur Sicherheit auf den Boden.
»Jelena.«
»Freut mich, ich bin Philipp.«
»Das ist zu viel«, sagte Jelena als Antwort.
»Die Bücher? Nein, das schaffst du schon!« Ich sah sie ermutigend an. Jelena kniff die Katzenaugen zusammen und schüttelte den Kopf. Okay, was sollte ich tun? Ich musste dringend zurück zur Information, gleichzeitig wollte ich Jelena helfen, einfach, um weiter in ihrer Nähe zu sein.
»Vorschlag«, sagte ich dann. »Komm morgen um zwölf Uhr wieder. Da hat Frau Heinrich Mittagspause und es ist wenig los. Dann helfe ich dir.«
»Das wäre nett«, sagte Jelena und lächelte ein ganz kleines bisschen.
Den Rest des Tages schwebte ich auf Wolken und zählte die Minuten, bis ich sie wiedersehen würde.
Am nächsten Morgen war ich extra früh aufgestanden und hatte mein T-Shirt gebügelt, um Jelena zu gefallen. Als es dann endlich zwölf Uhr war, hatte ich vor lauter Nervosität schweißnasse Hände. Jelena war pünktlich und sah noch besser aus als am Tag zuvor. Dieses Mal trug sie ein Sommerkleid, das ihre betörende Figur betonte. Ich zeigte ihr ein paar Bücher, Grundlagen-Monografien, von denen ich wusste, dass sie gut und verständlich geschrieben waren.
»Ich mag das Thema gar nicht«, sagte Jelena, »ich wollte ein ganz anderes, aber jemand hat es mir weggeschnappt. Französische Revolution, das ist doch was für Babys!«
Als ich ihr erklärte, dass sie die Bücher leider nicht ausleihen konnte, höchstens übers Wochenende, sank ihre Laune schon wieder merklich.
»Ich soll die ganze Zeit in diesem muffigen Raum hocken? Das ist ja Quälerei!«
»Nein, das ist Uni«, erwiderte ich und grinste. Jelena grinste unerwartet zurück, entblößte makellose Zähne und präsentierte herzerweichende Grübchen und ich musste mich daran erinnern weiterzuatmen.
»Da habe ich keine Zeit für heute«, sagte sie dann entschlossen und wollte sich umdrehen und gehen.
»Warte!«, flüsterte ich wie ein Ertrinkender. Sie drehte sich zurück, ihr Haar flog über ihre Schulter und sie sah mich fragend an.
»Ich könnte ein paar Sachen für dich heraussuchen bis morgen. Dann musst du hier nicht so lange herumsitzen.«
»Wirklich?«, fragte Jelena. Ich nickte wie wild.
»Für einen Bücherwurm bist du ganz niedlich«, sagte sie mit ihrem Akzent und strich einmal kurz über meinen Arm.
»Ich bin kein … !«, wollte ich noch erwidern, da war sie schon wieder verschwunden.
Am nächsten Mittag war ich noch besser vorbereitet. Ich hatte nicht nur mein Hemd gebügelt, ich war sogar beim Friseur gewesen und hatte in diversen Büchern kleine Post-its an die wichtigsten Textstellen geklebt.
»Vielen Dank«, sagte Jelena. Ich lächelte verzückt zurück.
»Ich suche noch ein bestimmtes Buch«, sagte sie und hielt mir einen Zettel unter die Nase. »Kannst du mir sagen, wo das steht, mein Professor hat es mir empfohlen.«
»Oh, ja klar …«, sagte ich und ging voraus. Am richtigen Regal angelangt, reichte ich ihr das Werk und Jelena begann sofort, darin zu blättern. Ein Lichtstrahl fiel durch ein milchiges Fenster, brach sich auf der glatten Oberfläche ihrer Haare und zerbarst in einer schillernden Woge aus verschiedenen Rottönen.
»Dein Haar ist der Wahnsinn«, sagte ich gedankenversunken. »Wenn Licht darauf fällt, glänzt es in allen Schattierungen … von Bernstein bis Granat.«
»Das war aber sehr poetisch«, sagte Jelena und lächelte.
»Ich lese viel …«, stotterte ich.
»Ich weiß, Bücherwurm«, erwiderte sie. Sie betrachtete mich eine Weile interessiert, fast als sähe sie mich zum ersten Mal. Dann klappte sie das Buch entschlossen wieder zu.
»Hast du es schon mal in der Bibliothek gemacht?«
»Was gemacht?«
»Na hier, zwischen all den Büchern? Es gemacht!?«
»Es?«, stotterte ich schwer von Begriff.
»Sex!«, flüsterte sie amüsiert und in ihren Raubtieraugen blitzte es.
»Das ist ein öffentlicher Raum!«, flüsterte ich zurück.
»Das macht es ja so interessant.«
»Ach so.«
»Also noch nicht?«
»Natürlich nicht. Du?«
»Nein. Aber ich wette, wenn ich dich jetzt küsse, würdest du hier mit mir schlafen.« Mir schoss daraufhin das Blut nicht nur ins Gesicht, sondern auch in ganz andere Regionen.
»Aber wenn uns jemand sieht … und Frau Heinrich …«
»Wir wollen doch keinen neuen Rekord aufstellen, ein Quickie, mehr nicht!«
Ich schluckte hart. Sie redete über Sex wie andere Leute über aktuelle Nachrichten: interessiert, aber nicht sonderlich beeindruckt. Ich sah sie an, dachte an den Körper unter ihrem geblümten Kleid und betrachtete den Mund, der in diesem Moment zu einem leicht spöttischen Lächeln verzogen war. Sie hatte recht, wir waren praktisch allein. Draußen war es sommerlich schön, es war Mittagszeit und Frau Heinrich würde so bald nicht zurück sein. Natürlich wollte ich Sex. Am liebsten jeden Tag. Und noch mehr wollte ich Sex mit Jelena. Was also sollte ich tun? Ja sagen und es riskieren, erwischt zu werden, oder Nein sagen und mich für den Rest meines Lebens ärgern?
»Wir könnten es versuchen«, flüsterte ich, als ich mich entschieden hatte. Jelena legte das Buch zur Seite und dann lagen ihre Lippen schon auf meinen. Sie küsste mich grob, ihre Hände griffen in meine frisch frisierten Haare und sie presste ihren Körper fest an meinen. Augenblicklich bekam ich eine gewaltige Erektion. Nun gab es kein Zurück mehr, Lust brodelte in mir hoch. Jelena schob ihre Zunge in meinen Mund.
»Ich wusste, du würdest es machen«, sagte sie triumphierend zwischen zwei Küssen. »Ich habe sogar extra ein Kondom in meinem Schreibmäppchen dabei!«
»Warum ich?«, flüsterte ich.
»Weil du ein süßer Bücherwurm bist«, raunte Jelena und riss mir den Reißverschluss meiner Hose auf. Sie befreite meinen Schwanz aus seinem beengten Zustand, zog das Kondom aus ihrem Mäppchen und kurz darauf hatte sie es mir übergestreift.
»Soll ich dir etwas sagen«, wisperte sie, während sie an meinem Ohr leckte. Ich nickte. Sie griff nach meinem Schwanz und rieb vorsichtig daran. »Ich habe kein Höschen an … schon den ganzen Tag nicht … ich bin morgens aufgestanden und habe mir gesagt: Jelena, heute vernaschst du den süßen Bücherwurm … und dann habe ich in der Vorlesung gesessen und unter dem Kleid meine Nacktheit gespürt und dann hab ich daran gedacht, wie es sein würde mit dir, und dann …«
»Aufhören bitte«, keuchte ich. Die Bewegung ihrer Hand in Verbindung mit diesen Worten und ihren Lippen an meinem Ohr ließ mich meine Erregung kaum noch im Zaum halten. Fast wäre ich schon gekommen.
»Ah …«, schnurrte sie. »Das macht dich an, wenn ich dir so schmutzige Sachen erzähle.«
»Durchaus …«
»Mich macht es auch an!« Mit diesen Worten steckte sie meinen Penis in sich rein. Ich verlor das Gleichgewicht und konnte mich soeben noch an dem Bücherregal festhalten, an das Jelena sich angelehnt hatte.
»Und jetzt fick mich«, sagte sie. »Kurz, aber heftig, so mag ich es am liebsten.« Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Jelena hielt sich an mir fest und die Bücher im Regal wackelten bedrohlich, als ich Tempo aufnahm. Sie schob mir ihr Becken entgegen, verstärkte den Druck und krallte sich an mir fest. Ihre Fingernägel bohrten sich durch den Stoff meines Hemdes in meine Haut.
»Schneller«, flüsterte sie atemlos. »Mach schneller …« Ich vergrub mein Gesicht in ihren Haaren, während ich unseren Rhythmus beschleunigte.
»Weiter, weiter, weiter«, trieb sie mich an. Ich tat, was ich konnte, aber wenn es so weiterging, konnte ich nicht mehr allzu lange. Genau genommen höchstens zwei Minuten. Höchstens.
»Oh ja«, gurrte Jelena mit ihrer rauchigen Stimme. »Deswegen hatte ich heute kein Höschen an.«
Genau an diesem Punkt konnte ich nicht mehr. Schneller als erwartet.
»Oh nein«, murmelte ich und dann war es zu spät.
»Was war das?«, knurrte Jelena in mein Ohr.
»Entschuldige …«
»Runter!«, zischte sie, stieß mich von sich und drückte mich an den Schultern nach unten. Ich taumelte auf die Knie, da hob sie ihren Rock und presste meinen Kopf an sich.
»Lecken und fingern«, befahl sie, dann suchte sie erneut nach Halt am Bücherregal. Ich war total benommen und fing brav an, sie zu lecken.
»Finger«, zischte Jelena. »Zwei Stück.«
Ich tat wie mir geheißen, befeuchtete Zeige- und Mittelfinger und schob sie dann in sie hinein. Jelena gab schon wieder ein Knurren von sich, dann begann sie, ihr Becken zu bewegen. Ich leckte wie ein Wilder, während ich mit offener Hose vor ihr kniete. Schließlich war auch sie so weit. Sie zitterte, stöhnte leise und ihre Muskeln kontrahierten sich.
»Gut, gut, es reicht«, sagte sie und schob meine Hand weg. Ich stand mit weichen Knien auf. Jelena richtete ihr Kleid und strich sich die Haare hinters Ohr.
»Gut«, sagte sie erneut. »Jetzt werde ich ein bisschen lernen.« Sie nahm das Buch aus dem Regal, packte ihr Mäppchen darauf und zwinkerte mir zu. Ich grinste wie auf Droge.
»Man sieht sich, Bücherwurm!«
»Ich bin kein …«, wollte ich erwidern, da rief jemand von der Information her laut »Hallo?«. Jelena drehte sich lächelnd um und ging. Ich riss mir das Gummi herunter, knüllte es in eine meiner Taschen und zerrte den klemmenden Reißverschluss nach oben.
»Bin gleich da!«, rief ich und stürzte davon.
Die Seminararbeit über die Französische Revolution war ein voller Erfolg. Jelena bekam eine Eins minus und ich fünf weitere Quickies in der Bibliothek. Dieses Semester muss sie über den Dreißigjährigen Krieg schreiben. Mit der Literatursuche am Computer kommt sie zum Glück immer noch nicht zurecht.
2. GESCHICHTE
Auf Marietta war ich schon seit dem ersten Semester scharf. Sie war klein und hatte eine sinnliche Figur, bei der man sehr gut erkennen konnte, wo vorne und hinten war. Ihr glänzendes dunkelbraunes Haar reichte bis knapp auf die Schultern und ihre Augen hatten die Farbe von dunklem Bernstein. Sie lachte viel und laut, und ihr typisch italienisches Temperament heizte meine Fantasie ziemlich an.
Heute wollten wir uns dem Verdauungsapparat der Muroidea widmen. Ich hatte bei der als Beispiel dienenden Murinae auf eine niedliche Maus gehofft, wurde jedoch derb enttäuscht: Eine ziemlich verbeult aussehende Ratte lag vor uns. Das Fell war feucht, die leblosen Knopfaugen schon leicht trüb und der Geruch war ebenfalls gewöhnungsbedürftig. Ich tippte sie mit einer Sonde an, Hendrik neben mir rümpfte ebenfalls angewidert die Nase.
»Fangen Sie ruhig an, wenn Sie so weit sind«, sagte unser Kursleiter in die Runde.
Marietta zwei Reihen vor mir griff nach einem Skalpell und schnitt ihr Vieh von oben bis unten auf. Meine Bewunderung für sie stieg ins Unermessliche.
Am nächsten Tag stand das »Pflanzenmorphologische Praktikum« auf dem Stundenplan. Ich hatte mich überhaupt nicht vorbereitet. Hendrik schleppte einen Strauß grünes Zeugs an und zückte sein Bestimmungsbuch.
»Machst du vielleicht mal mit?«, fragte er gerade etwas genervt, als es in meiner Nase zu kribbeln begann. Das zaghafte Prickeln steigerte sich rasant und unvorhersehbar heftig in ein ohrenbetäubendes Niesen. Tränen schossen in meine Augen und natürlich hatte ich kein Taschentuch dabei.
»Ach du Schande«, hörte ich Hendrik murmeln. Unsere resolute Kursleiterin Frau Bärbel Rittmann ignorierte erfolgreich meine akustische Untermalung ihres Vortrags. Von irgendwoher bekam ich ein Taschentuch gereicht und wischte mir gleich das komplette Gesicht damit ab. Bevor ich wieder etwas sehen konnte, zerriss ein erneutes Niesen mir fast das Gehirn, und ich ächzte deutlich hörbar. Frau Rittmann unterbrach ihren Redeschwall nur, um mich böse anzugucken, dann redete sie hochmotiviert weiter. Zwei Minuten später schwollen meine Augen so stark an, dass ich kaum etwas sehen konnte. Ich kratzte an ihnen herum, machte es damit allerdings nur schlimmer, denn nun juckten sie auch noch wie wahnsinnig.
»Du siehst aus wie ein Zombie«, sagte Hendrik, dachte allerdings nicht daran, das elende Grünzeug nur einen Millimeter von mir abzurücken. Ich schnaufte, dann verdunkelte ein bedrohlicher Schatten meinen Arbeitstisch. Frau Rittmann hatte sich vor mir aufgebaut.
Ich nieste ihr ungewollt vor die Füße, bevor sie den Mund aufmachen konnte.
»Sind Sie allergisch gegen Gräser?«, fragte sie völlig ruhig und unter Missachtung meines momentanen Zustandes, den ich nicht als »fest«, sondern als »flüssig« bezeichnet hätte.
»Weiß nicht«, krächzte ich. Meine Augen juckten, mein Hals kratzte und aus meiner Nase tropfte es.
»Sieht so aus«, urteilte Frau Rittmann ungerührt.
»Muss ich das denn jetzt alles alleine bestimmen?«, fragte Hendrik.
»Tja, also Sie könnten …«, begann Frau Rittmann.
»Entschuldigung!«, keuchte ich dazwischen. »Ich sehe gleich nichts mehr!« Dann nieste ich so heftig, dass ich mich fast verschluckt hätte. Kleine Tropfen sprenkelten meinen Arbeitsplatz.
»Kann mal jemand helfen?«, bellte Frau Rittmann in die Runde.
»Er braucht ein Antihistaminikum«, hörte ich eine Stimme. In dem verschwommenen Aquarellbild, das meine Augen an mein Gehirn weiterreichten, erkannte ich Mariettas dunkle Mähne. »Ich bringe ihn zur Krankenschwester!« Sie griff nach meinem Arm und als ich stand, hakte sie sich bei mir unter.
»Denken Sie bitte daran, dass Sie nachher Ihren Platz saubermachen«, sagte Frau Rittmann.
»Klar doch«, krächzte ich und wünschte mir eine Schüssel für meine tropfende Nase. Meine Güte, war das peinlich. Ausgerechnet Marietta! Wie stand ich nun vor ihr da?
Ich spürte ihren drallen Körper an meiner Seite und setzte Himmel und Hölle in Bewegung, nicht auch noch eine Erektion zu bekommen. Dann würde ich mich freiwillig in der nächsten Kloschüssel ertränken.
»Kein Angst!«, sagte Marietta in diesem Moment. »Ich bin gelernte Krankenschwester, so eine Allergie bekommt man gut in den Griff.« In diesem Moment war alles zu spät. Ich dachte an Marietta in einem heißen Krankenschwestern-Outfit und mein Schwanz begann, so heftig zu pochen, dass ich mir sicher war, sie würde es sehen. Etwas o-beinig watschelte ich halbblind neben ihr her. Alle Leute wichen uns höflich aus, weil sie wohl dachten, ich wäre ein klein wenig behindert.
Die Uni-Krankenschwester war eine tiefenentspannte Mittfünfzigerin, die mir ein Antiallergikum heraussuchte, während sich zwischen ihr und Marietta sofort ein fachliches Geplänkel entwickelte. Nachdem ich die Tablette bekommen hatte, wurde ich entlassen. Ich blieb noch eine Weile im Vorraum sitzen, bis die Tablette zu wirken begann, und Marietta organisierte Tücher für meine Nase und ein Kühlkissen für meine Augen. Immer, wenn sie mich berührte, schossen Blitze in meinen Körper.
»Vielen Dank!«, sagte ich. Marietta setzte sich neben mich und legte fürsorglich eine Hand auf mein Knie.
»Keine Ursache«, sagte sie. Ich lächelte zurück und versuchte, den Gedanken an ihre Hand auf meinem Knie zu ignorieren. Bitte nicht schon wieder einen Ständer!
»Also, theoretisch«, begann Marietta, »dauert das Praktikum noch gut dreieinhalb Stunden. Da die Rittmann bestimmt nicht weiß, dass die Tablette nur circa zwanzig Minuten braucht, um zu wirken, könnten wir einfach erst gegen Ende wieder hin und unsere Taschen holen.«
»Gute Idee!«, meinte ich und putzte mir die Nase. »Aber wo willst du denn so mit mir hin?«
»Das wirkt doch gleich und dann ist alles wieder gut.«
»Ja, aber …«
»Was aber?«
»Ähm«
»Glaubst du, ich hätte nicht gesehen, dass du schon zwei Mal ’ne Erektion wegen mir hattest?«
»Bitte?«, hauchte ich verblüfft.
»Ja, man hat es ganz deutlich gesehen. Aber ist nicht schlimm, du bist doch ganz süß!«, lachte sie. »Also wenn du gerade nicht aussiehst wie ein Zombie!«
»Sehr witzig«, murmelte ich, gleichzeitig jedoch klopfte mein Herz wie wild. Sie fand mich auch gut! Marietta strich spielerisch über mein Knie.
»Mach das nicht«, bat ich. In diesem Moment flog die Tür des Behandlungszimmers auf und die Krankenschwester erschien.
»Ich gehe mal eben etwas essen«, sagte sie, während sie die Tür hinter sich abschloss. »Sie können ja so lange hier im Vorraum sitzen bleiben, bis es dem jungen Mann wieder besser geht!«
»Vielen Dank!«, sagte Marietta. Die Schwester nickte uns noch mal zu, dann verschwand sie. Marietta hatte ihre Hand nicht weggenommen.
»Deine Hand …«, flüsterte ich. Mariettas Finger glitten höher, den Stoff meiner Bermudas entlang, hinauf bis zu den aufgesetzten Taschen. Es ging mir minütlich besser. Ich sah nicht mehr wie durch ein Aquarium und hatte verdächtig lange nicht mehr geniest. Marietta strich mit den Fingern wieder hinunter bis zu meinem Knie und in meinem Schwanz begann es zu pochen.
»Was meinst du, wie lange sie essen ist?«
»Keine Ahnung«, stotterte ich.
»Es könnte jemand krank sein und hierherkommen …«
»Ja?« Worauf wollte sie hinaus? Marietta kicherte leise und dann legte sie ihre Hand auf meinen Schritt. Ich schnappte überrascht nach Luft und sie kicherte erneut.
»Hey, du siehst ja plötzlich aus wie ein Mensch!«, lachte sie und beobachtete meine Mimik sehr genau.
»Ja? Der Niesreiz ist zum Glück auch total weg!«, formulierte ich mühsam. Was bitte machte ihre Hand auf meinem Schwanz? Und dann diese Andeutungen. Ich putzte mir noch ein letztes Mal die Nase, dann sah ich neugierig zu ihr hinüber. Sie war so hübsch! Und ihr Lächeln brachte mich um den Verstand … na ja, nicht nur ihr Lächeln. Marietta beugte sich zu mir herüber und leckte meinen Hals entlang. Ich stöhnte leise, was sie als Aufforderung nahm, sich rittlings auf meinen Schoß zu setzen. Ich war so perplex, dass ich sie nicht anfasste, bis sie meine Hände auf ihren Busen platzierte. Ihr Körper drückte gegen meinen Schwanz und eine halbe Sekunde später hatte ich ihre Zunge im Mund. Ich stellte mir wieder vor, wie sie wohl in Schwesterntracht aussehen würde. Also nicht in diesem formlosen Kaftan und der schlabbrigen Hose aus gestärkter Baumwolle mit Komfort-Gummibund, sondern in einem niedlichen Pin-up-Kleidchen und vielleicht sogar mit Strapsen. Ich stöhnte bei dem Gedanken daran, während Marietta an meiner Hose nestelte.
»Hast du ein Gummi?«, fragte sie atemlos in mein Ohr.
»Ich weiß nicht …« Hatte ich Gummis? Hatte ich überhaupt irgendetwas? Konnte ich überhaupt denken? Fahrig griff ich nach meinem Portemonnaie, den Blick fest auf Mariettas Dekolleté gerichtet.
»Ja, hier«, sagte ich. Zum Glück hatte ich mal irgendwo eins geschenkt bekommen. Wollte sie es wirklich hier machen? In einem öffentlichen Raum?
»Das ist so scharf«, wisperte Marietta und machte meine Hose auf. Sie schaffte es, meinen Schwanz hervorzuholen, und dann zog sie sich ihr Höschen herunter. Nur noch im Rock setzte sie sich auf mich.
»Was ist, wenn jemand kommt?«, keuchte ich.
»Das macht es doch so scharf!«, kicherte Marietta und küsste mich. Ich umfasste ihre Hüften und hielt sie fest, während sie eindeutig den Ton angab. Ich dachte daran, wie öffentlich wir es taten und was wohl die ehrenwerte Schwester dazu sagen würde, wenn sie uns so sähe. Irgendwie war es geil, aber irgendwie machte es mir auch ein bisschen Angst. Marietta schien das nicht zu kümmern: Sie riss sich ihr Top hoch, ich schaute auf ihren wackelnden Busen und dann war es mir auch egal. Sie ritt mich hart und fordernd, und verdammt, es war doch ziemlich scharf. Als sie kam, schrie sie so laut, dass ich glaubte, man hörte es bis zu unserem Kursraum. Ich kam so heftig, dass ich mich total leergevögelt fühlte. Marietta küsste mich und stieg von mir herunter. Keine fünf Minuten später war die Schwester wieder da. Sie warf uns einen komischen Blick zu, weil wir wohl so verschwitzt aussahen, sagte aber nichts. Marietta und ich machten uns grinsend davon.
Marietta und ich dateten eine Weile und waren dann ein paar Monate richtig zusammen. Dann lernte sie einen feurigen Italiener kennen und machte mit mir Schluss. Immer wenn ich sie auf den Gängen der Uni treffe, lächelt sie mich an, aber es tut leider immer noch ziemlich weh.
3. GESCHICHTE
Die Wohnheim-Party war eine absolute Zumutung. Nicht, dass ich Großartiges erwartet hatte, aber das hier? Grausam! Ich war kurz davor, mich freiwillig auf mein Zimmer zu verziehen, und das sollte an einem Freitagabend schon was heißen. Der komische DJ spielte anscheinend nur das, was ihm gefiel, denn die Musikauswahl war sehr eigenwillig, und auf der improvisierten Tanzfläche tanzten lediglich die Lichtkegel einiger bunter Scheinwerfer. Die Location bestand aus zwei Gemeinschaftsräumen, die einander gegenüber lagen: Musik und Tanz in dem einen, Alkohol und Konversation in dem anderen.
Das Einzige, was mich nicht gehen, sondern bleiben ließ, war er. Keine Ahnung, was dieser Typ hier verloren hatte. In seinen Designerklamotten wirkte er so deplatziert wie ein Fisch im Terrarium. Und mit Desigernklamotten meine ich nicht Anzug und Lackschuhe, sondern teure Jeans mit Rissen und Flecken und ein stylishes T-Shirt, das aussah wie ein besserer Putzlappen. Sein Gesicht war so schön wie gemeißelt, er war ungefähr 1,85 Meter groß, athletisch mit schmalen Hüften und langen Beinen. Seine Haut war zart gebräunt und schimmerte leicht goldig.
Seit mein bester Freund Jonas und ich hier angekommen waren, lehnte der Typ wie für ein Foto posierend an der Wand. Immer an der gleichen Stelle, immer in der gleichen Haltung: Hände tief in den Taschen vergraben, Beine locker gekreuzt. Mit arrogantem Blick sah er durch seine Kommilitonen hindurch und fixierte einen nur ihm bekannten Punkt in der Unendlichkeit.
»Der ist bestimmt Model«, sagte ich zu Jonas.
»Keine Ahnung«, brummte mein Begleiter, der schon seit einer Stunde gehen wollte.
»Ich finde ihn gut.«
»Mir ist er zu androgyn.«
»Er ist gar nicht androgyn, was meinst du, was der für ’nen Body unter dem Shirt hat?«
»Trotzdem.« Jonas hatte keine Lust mehr und ließ es mich sehr deutlich spüren.
»Also du stehst neuerdings auf Kerle mit Glatze und Lederweste, ja?«, ärgerte ich ihn deshalb.
» Jetzt mach mal ’nen Punkt, Herzchen.«
»Ja, nicht?«
»Du spinnst doch.«
»Und du willst bloß nach Hause.«
Jonas drehte sich genervt zu mir. »Dann sag du mir mal ganz ehrlich, dass diese Party irgendetwas anderes ist als öde.«
Ich antwortete nicht, stattdessen schaute ich wieder zu dem Schönling.
»Meinst du, er hat eine Freundin?«
»Herrgott, du bist ja so was von untervögelt«, stöhnte Jonas.
»Meinst du, er hat eine?«, bohrte ich weiter.
»Natürlich hat er eine! Sie ist wahrscheinlich auch Model, einen Kopf größer als du und zehn Kilo leichter. Ein ätherisches Wesen, das zwischen Paris und New York pendelt und Karl den Großen duzen darf!«
Ich schnaufte empört. »Du kannst so ein Arsch sein!«
»Mach dich doch nicht lächerlich. Such dir einen aus, der wenigstens dankbar ist, wenn du ihn flachlegst. Ist auch besser fürs Ego.«
»Na für mein Ego hast du ja jetzt schon gut gesorgt, danke.«
»Komm, lass uns gehen! Denk heute Abend vor dem Einschlafen an ihn und bemühe das Zehn-Finger-System, glaub mir, das ist angenehmer.«
»Jonas!« Ich konnte nicht verhindern, dass meine Wangen anfingen zu glühen.
»Jetzt tu mal nicht so prüde, ich kenne dich viel zu gut. Ich gebe dir jetzt mal ’nen guten Tipp und danach haue ich wirklich ab: Vergiss ihn. Keine Ahnung, aufgrund welcher widrigen Umstände er hier gestrandet ist, aber sein Blick vermittelt nicht unbedingt den Eindruck, dass er Anschluss sucht.«
»Er ist schüchtern«, konterte ich fachmännisch. »Der lässt sich aussuchen.«
Jonas riss den Reißverschluss seiner Jacke hoch. »Dir ist nicht zu helfen.«
»Gehst du jetzt wirklich?«
»Ja.«
»Ooooch …«
»Ja dann komm mit!«
Ich warf einen weiteren Blick auf den makellosen Unbekannten und meine Hormone befahlen mir zu bleiben. Jonas erkannte meinen Entschluss, bevor ich ihn in Worte kleiden konnte. Er küsste mich herzlich auf beide Wangen und mit einem »Mach’s gut, Herzchen« ließ er mich stehen. Toll, und so was schimpfte sich bester Freund.
Monsieur Ich-bin-schön-und-ihr-dürft-mich-angucken lehnte immer noch an der Wand. Na gut, ich hatte sowieso gerade schlechte Laune, da konnte ich ihn auch ansprechen.
»Hi!«, sagte ich und stellte mich dreist neben ihn.
»Allo«, sagte er und lächelte tatsächlich ein klitzekleines bisschen. Ich sah ihn an. Hatte er gerade »allo« gesagt?
»Ça va bien?«, fragte er. Oh, er war Franzose. Klar. Ich kramte nach meinen rudimentären Französischkenntnissen.
»Oui!«, sagte ich mutig. »Très bien. Und dir?«
»Danke, mir geht es gut«, sagte er.
»Wie heißt du?«
»Isch bin Emilian und du?«
»Ich heiße Maya. Studierst du hier?«
»Oui. Ein Aust-ausch-semöster.«
»Ah, wie nett! Und was studierst du?«
»Mastör in Kültüranthropologie und du?«
»Komparatistik, aber noch im Bachelor.«
»Très bien. Ist es intöressant?«
»Ja … äh … très interessant!«
»Bon«, sagte er und dann erstarb unsere Konversation. Mist, irgendwie kam ich nicht weiter. Und nun?
»Hast du eine Freundin?«, fragte ich deshalb, schon wieder dreist.
»Moi? Isch? Non, keine Freundin. Unddu?«
»Nein, ich habe auch keinen Freund«, sagte ich. Er schaute bedauernd und ich fand ihn noch niedlicher. Es half nichts, ich würde ihn mit Alkohol gefügig machen müssen. Ich kramte in meiner großen Tasche und ließ ihn den Hals einer Wodkaflasche sehen, die ich auf die Party geschmuggelt hatte.
»Willst du?«
»Oh«, sagte er. »Oui, sehr gern!«
»Okay, aber nicht hier.« Ich signalisierte ihm, mir zu folgen, und – oh Wunder – er kam tatsächlich mit. »Man darf keinen Alkohol mitbringen«, erklärte ich ihm. »Wir verziehen uns irgendwohin!« Er lächelte verschwörerisch. Ich lief relativ planlos voraus, bis mir die Waschküche im Untergeschoss einfiel. Dort wären wir garantiert ungestört.
Der lange Gang war nur schwach beleuchtet und menschenleer, und die Tür der Waschküche stand weit offen. Drinnen war es angenehm schummrig. Ich schwang mich auf eine der Waschmaschinen und er blieb einfach davor stehen. Ich schraubte die Flasche auf und hielt sie ihm hin.
»Danke.« Er nahm drei große Schlucke, dann gab er sie an mich zurück. Ich nippte nur kurz, ließ es aber so aussehen, als hätte ich deutlich mehr getrunken. Dann gab ich ihm die Flasche wieder. So ging es ein paarmal hin und her. Eine Viertelstunde später küsste er mich und begann, meine Brüste zu kneten. Bingo. Während er immer wilder fummelte, überlegte ich, ob ich Kondome dabeihatte. Er sah so gut aus, so etwas wie ihn lässt man nicht ungevögelt wieder abhauen. Ich zerrte an seinem T-Shirt.
Oh ja … das nenne ich ein Sixpack, dachte ich noch, da flüsterte er etwas in mein Ohr. »Was?«
»Isch will disch fieken«, keuchte er an meinem Hals.
»Ich will auch«, flüsterte ich und wühlte in meiner Tasche. Endlich ertasteten meine Finger die knisternde Verpackung. »Ich hab ein Gummi dabei!«
Gierig nahm er es mir aus der Hand und zerrte zeitgleich an seiner Jeans. Als er so weit war, zog er mir Hose und String herunter und ich spreizte die Beine. Okay, sein bestes Stück war nicht besonders groß, aber er sah einfach so gut aus, dass es mich andere Defizite vergessen ließ.
»Oh«, stöhnte er, als er in mich eindrang. »Isch fiek disch.«
»Ja, genau, du fickst mich«, erwiderte ich mit Schlafzimmerblick.
»Isch fiek disch«, sagte er wieder. »Isch fiek disch.«
»Jaha …«, erwiderte ich leicht genervt.
»Isch fiek disch.«
»Ja!«
»Isch fiek disch.«
Es war nervtötend. Jedes Mal, wenn er in mich glitt, sagte er diesen Satz.
»Isch fiek disch.« Rein. Raus. »Isch fiek disch.« Rein. Raus. »Isch fiek disch.« Rein. Raus. »Isch fiek disch.« Rein. Raus. »Isch fiek disch.« …
»Pst!«, zischte ich ihn an. Er machte alles kaputt! Doch mein Protest stoppte ihn nicht.
»Isch fiek disch.« Rein. Raus. »Isch fiek disch.« Rein. Raus. »Isch fiek disch.« …
»Weißt du was!«, raunzte ich. »Genau: Fiek disch!« Ich schob ihn von mir weg, rutschte von der Maschine und zog mir die Hose wieder hoch. Dann stürmte ich aus der Waschküche, zerrte an der Tür, bis sie sich endlich bewegte, und knallte sie als Zeichen meiner Enttäuschung wutentbrannt hinter mir zu.
Am nächsten Morgen fand der Hausmeister in der Waschküche einen ziemlich verängstigten französischen Austauschstudenten, der eine Nacht in kompletter Dunkelheit verbracht hatte. Ich hatte nämlich vergessen, dass die Tür immer mit einem Keil festgestellt wurde, weil es dummerweise nur von außen eine Klinke gab. Dazu kam, dass sich der Lichtschalter ebenfalls außen befand.
Das Semester ist schon längst vorbei, aber diese Geschichte erzählt man sich immer noch sehr gern. Und ich? Isch lächle dann nur.
4. GESCHICHTE
Hannes und ich lernten uns kennen, während wir an der Uni-Haltestelle auf den Bus warteten. Zuerst lächelten wir uns nur an, dann sagten wir beide im gleichen Moment einfach Hallo. Ich fand ihn total süß mit seinen dunklen strubbligen Haaren und dem blau-weiß geringelten Polohemd. Wir tauschten Handynummern und verabredeten uns direkt für den nächsten Tag.
Als ich das erste Mal bei ihm zu Hause war, lernte ich auch seinen Hund kennen. Hannes hatte mir vorher erzählt, dass er ihn vor knapp drei Wochen aus einem Tierheim geholt hatte.
»Das ist Buzzer«, sagte Hannes stolz, während ein Hund groß wie ein kleines Kalb interessiert an meinem linken Hosenbein schnüffelte.
»Buzzer?«, hakte ich nach. »Buzzer wie diese roten Dinger, auf die die Leute in den Gameshows immer draufhauen, wenn sie die Antwort wissen?«
»Öhm …« Hannes tätschelte Buzzers ausladenden Rücken. »Ja.«
»Cool …«
Ein peinliches Schweigen entstand. Hannes kraulte Buzzer immer noch. Ich glaubte zu sehen, dass es ein wenig aus Buzzers Fell staubte.
»Kannst ihn ruhig streicheln, er ist ganz lieb.«
»Ja, okay.«
Ich hatte mal gelesen, dass es bei Kindern total gut ankommt, wenn man vor ihnen in die Hocke geht – dann ist man mit ihnen auf einer Höhe. Ob dies auch für Hunde galt? Ich beschloss, es einfach mal zu versuchen. Als ich dann von Angesicht zu Angesicht vor Buzzer kniete, begann er, begeistert zu hecheln, und mich hüllte eine Wolke lauwarmen Hundeatems ein. Hannes guckte verzückt auf uns herunter. Ich kraulte Buzzer semiprofessionell hinterm linken Schlappohr und schon wieder glaubte ich, feinen Staub herumwirbeln zu sehen.
»Was für eine Rasse ist er?«
»Bernhardiner-Mischling.«
»Er ist echt knuffig!«
Hannes strahlte mich an, während Buzzer sein monströses Teddygesicht an meine Hand drückte.
»Komm, ich zeige dir den Rest der Wohnung!« Hannes hielt mir galant die Hand hin und Buzzer folgte uns in mäßigem Trott.
Als wir eine viertel Stunde später auf der Couch endeten, um ein bisschen zu knutschen, wollte Buzzer uns offensichtlich ganz nahe sein, denn er legte den Kopf auf Hannes’ Knie und sah aufmerksam zu uns hoch. In regelmäßigen Abständen leckte er sich laut schmatzend über seine große schwarze Nase. Ich wollte kein Spielverderber sein, aber diese akustische Untermalung störte mich doch ein wenig. Als Hannes die Hand unter meinen Pulli schob, nieste Buzzer sekretreich. Wer schon mal von einem Hund vollgerotzt wurde, weiß, wie ekelig das ist.
Hannes entschuldigte sich natürlich tausend Mal, während er aufsprang und einige Blätter Küchenrolle holte. Ich meinte, bei Buzzer einen ziemlich zufriedenen Gesichtsausdruck ausmachen zu können, aber sicher war ich mir natürlich nicht.
Als ich wieder so weit entklebt war, dass ich unter Leute gehen konnte, schlug ich vor, mit Buzzer einen Spaziergang zu machen, um die Situation zu entkrampfen. Hannes stimmte mir erleichtert zu. Unser kleiner Ausflug verlief vollkommen unauffällig: Buzzer tollte auf der Wiese mit zwei winzigen Chihuahuas herum und wir beide gönnten uns das erste Eis dieses Frühlings. Zwei Stunden später kamen wir wieder zu Hause an und ich wollte mich verabschieden, weil ich mich noch auf zwei Kurse am nächsten Tag vorbereiten musste. Hannes nahm mich in den Arm und drückte mich an sich. Das ging genau drei Sekunden gut, dann drängte Buzzer sich zwischen uns und setzte sich dreist auf unsere Füße. Leicht genervt fuhr ich nach Hause. Wie würde das wohl weitergehen?