Unnützes Wissen Olympia - Moritz Wollert - E-Book

Unnützes Wissen Olympia E-Book

Moritz Wollert

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  • Herausgeber: Riva
  • Kategorie: Bildung
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2024
Beschreibung

Tausende Athleten aus der ganzen Welt messen sich in Dutzenden Sportarten und Millionen Fans fiebern mit: Das gibt es nur bei den Olympischen Sommerspielen. Die größte Sportveranstaltung der Welt hat unzählige Stars und Rekorde hervorgebracht. »Unnützes Wissen Olympia« ist eine Sammlung der kuriosesten und emotionalsten Geschichten und erstaunlichsten Fakten rund um das Event und Legenden wie Michael Phelps, Usain Bolt und Steffi Graf. Vom Vater, der seinen verletzten Sohn über die Ziellinie trägt, über den Marathonläufer, der mit Rattengift und Alkohol zum Sieg gepusht wird, bis zum Turner, der mit nur zehn Jahren als jüngster Olympionike aller Zeiten in die Geschichte eingeht. Ein Muss für alle Sportfans!

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Seitenzahl: 136

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Moritz Wollert

Unnützes wissen Olympia

Moritz Wollert

Unnützes wissenOlympia

Die unglaublichsten Fakten zu den Olympischen Sommerspielen

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen

[email protected]

Wichtiger Hinweis

Ausschließlich zum Zweck der besseren Lesbarkeit wurde auf eine genderspezifische Schreibweise sowie eine Mehrfachbezeichnung verzichtet. Alle personenbezogenen Bezeichnungen sind somit geschlechtsneutral zu verstehen.

Originalausgabe

1. Auflage 2024

© 2024 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.

Redaktion: Dr. Ulrich Korn

Umschlaggestaltung: Isabella Dorsch

Umschlagabbildungen: Shutterstock.com/iconspro, Olha Turchenko, ArtMari

Satz: abavo GmbH, Buchloe

eBook: ePUBoo.com

ISBN Print 978-3-7423-2669-0

ISBN E-Book (PDF) 978-3-7453-2431-0

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-7453-2430-3

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.rivaverlag.de

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Inhalt

Vorwort

Historisches

Magische Momente

Zahlen und Rekorde

Anekdoten und Kurioses

Emotionales

Über den Autor

Vorwort

Alle vier Jahre begeistern die Olympischen Sommerspiele Millionen Menschen auf der ganzen Welt. Sie taten es schon in der Antike, in der vor mehr als tausend Jahren der Grundstein für jene Wettkämpfe gelegt wurde, die Ende des 19. Jahrhunderts unter Pierre de Coubertin als Spiele der Neuzeit wieder auflebten. Schon seit jeher sind die Olympischen Spiele dabei eigentlich mehr als die nur physisch stattfindenden Disziplinen auf der Tartanbahn, im Becken oder in der Halle. Olympia liegt die Idee eines unschuldigen Sports zugrunde, der mit Fairness sowie als Selbstzweck betrieben wird und damit ein Ideal für die menschliche Zivilisation an sich repräsentieren soll. Auch wenn der olympische Geist diesem Motto nicht immer gerecht wird, so hat sich in der Historie Olympias doch eine schier unendliche Zahl an Fakten, Anekdoten oder Rekorden angesammelt, die oft gleichermaßen den Menschen faszinieren und berühren. Von all diesen Geschichten möchte dieses Buch einen kleinen Teil erzählen.

Historisches

Spiele zu Ehren des Göttervaters Zeus

In der Urzeit besteht die sportliche Betätigung der Menschen vornehmlich daraus, vor gefräßigen Säbelzahntigern wegzulaufen, sich mit aggressiven Bären zu duellieren oder Jagd auf gigantische Mammuts zu machen. Später aber erhält der Sport an sich Einzug in die menschliche Kultur, wenn auch anfangs nicht bloß aus Spaß an der Freude. Im antiken Griechenland haben spielerische Wettkämpfe nämlich meist eine spirituelle Bedeutung, werden sie doch zum Beispiel zu Ehren der Verstorbenen oder der Götter abgehalten.

In diesem Zuge entstehen auch die Olympischen Spiele, die 776 v. Chr. zum ersten Mal dem Göttervater Zeus gewidmet sind und durch ein Abkommen der Könige Iphitos von Elis, Kleisthenes von Pisa und Lykurgos von Sparta geregelt werden. Austragungsort für die höchstreligiöse Veranstaltung ist der heilige Hain von Olympia, ein kleines Waldstück am Zusammenfluss des Kladeos und Alpheios in Elis im Nordwesten der Halbinsel Peloponnes. Warum hier? Angeblich soll Zeus an diesem Ort selbst einmal residiert und sogar seinen berühmten Donnerkeil in den heiligen Boden gerammt haben. Früher war die Landschaft bei Elis noch bewohnt, mit der Weihung als Heiligtum zu Ehren des Zeus hat dies jedoch sein Ende gefunden.

Weitere Spiele an anderen Orten

Die antiken Griechen haben so viel Freude an den religiösen Sportfesten zu Ehren ihrer Götter, dass sie über die Jahre gleich vier nationale Spiele ins Leben rufen. Die Panhellenischen Spiele bestehen neben den in Olympia ausgetragenen Wettkämpfen aus den Pythischen Spielen in Delphi zu Ehren Apollons, den für Poseidon abgehaltenen Isthmischen Spielen in Korinth sowie den Nemeischen Spielen in Nemea. Letztere finden ebenfalls zu Ehren des Zeus statt, laut einer anderen Überlieferung gehen sie auf den berühmten Helden Herakles zurück. Die vier Jahre zwischen den Olympischen Spielen entwickeln sich in Griechenland bald zu einer amtlichen Zeiteinheit, der Olympiade.

An fünf Tagen sollst du Sport treiben

Anfänglich bestehen die Olympischen Spiele nur aus einem Laufwettbewerb über die Distanz eines »Stadions«, das entspricht im alten Hellas 192,28 Meter einer geraden Strecke. Der Gewinner darf anschließend ein Feuer zu Ehren des Zeus entzünden, was für die damaligen Sportler einem Sechser im Lotto gleichkommt. Neben diesem Rennen gilt die Veranstaltung nämlich vor allem als enorm bedeutendes religiöses Fest und wird nicht selten auch als politisches Forum genutzt. Insbesondere in den ersten Jahren können sich eigentlich nur wohlhabende Griechen das Training und die Teilnahme leisten, sie zelebrieren damit sowohl ein Schönheitsideal der damaligen Zeit als auch eine gesellschaftliche Abgrenzung. Mit zunehmender Beliebtheit der Spiele werden die Wettbewerbe namens Agonen ausgeweitet und umfassen weitere Laufwettbewerbe, einen Fünfkampf, Pferdesport sowie Kampfdisziplinen, die sogenannte Schwerathletik. Schon bald laufen die Spiele nach einem festen Fünf-Tage-Plan ab, an dessen Abschlusstag eine große Prozession für die Sieger auf dem Programm steht.

Medaillen? Brauchen wir nicht

Bei den Spielen der Antike werden keine Medaillen vergeben. Stattdessen bekommen die Sieger neben Ruhm, Ehre und Steuererleichterungen einen Palmzweig, ein Stirnband und einen Ölzweig verliehen. Diese stammen ausschließlich vom örtlichen Kotinos Kallistefanos, dem »Ölbaum der schönen Kränze«. Die anderen Panhellenischen Spiele bedienen sich damals übrigens unterschiedlicher Pflanzen für ihre Siegerkränze, damit die erfolgreichen Sportler ihrer Preise nicht überdrüssig werden.

Die Griechen lieben ihre Mythen

Um die antiken Spiele und ihre Entstehung ranken sich allerlei Mythen und Legenden. So berichtet etwa eine Version davon, dass König Pelops mit der Erschaffung der Olympischen Spiele seine Blutschuld am Tod des Königs Oinomaos tilgen will, den er mithilfe eines Betrugs im Wagenrennen besiegt und getötet hatte, um die Hand seiner Tochter zu gewinnen. Anschließend belegt der abtrünnige Wagenlenker Myrtilos Pelops mit einem Fluch, da dieser ihm nicht den versprochenen Lohn zahlen will. Nutzen tut es ihm wenig, Pelops stürzt ihn daraufhin nämlich ins Meer. Aber seine Schuldgefühle sollen Pelops, der den Göttern einst als zerstückeltes Mahl vorgesetzt und später wiedererschaffen wurde, auf die Idee mit den Spielen gebracht haben. Das Ganze wirkt recht blutig und passt damit zu den frühen Spielen.

Eine weitere Sage lautet, der Halbgott Herakles habe die Spiele zur Feier des Bestehens einer seiner zwölf berühmten Aufgaben veranstaltet.

Ohne Waffenstillstand keine Spiele

Das antike Griechenland ist ein Sammelbecken von etlichen zerstrittenen Stadtstaaten, ständig liegen viele von ihnen miteinander im Clinch. Allerdings können sich die Könige stets auf einen Waffenstillstand einigen, damit die Olympischen Spiele auch für alle Beteiligten sicher vonstattengehen können. Dieser olympische Friede wird von Boten in ganz Griechenland verkündet und gewährt Aktiven, Ausrichtern sowie Zuschauern eine friedvolle An- und Abreise zu den Spielen.

Die antiken Spiele sind ein absoluter Hit

Auch ohne exzessives »Marketing« avancieren die antiken Olympischen Spiele zum absoluten Hit bei den Zuschauern. Zwischen 40 000 und 50 000 Menschen sollen damals alle vier Jahre nach Olympia gepilgert sein, um bei den Wettkämpfen mitfiebern zu können. Für die damaligen Politiker bedeutet dies aber nicht immer nur etwas Positives. Als die Perser unter Großkönig Xerxes I. 480 v. Chr. in Griechenland einmarschieren, fällt es manchem angegriffenen Staat schwer, eigene Armeen auf die Beine zu stellen. Der Grund liegt in ihrer Begeisterung für den Sport: Zu viele Menschen wollen nämlich angeblich lieber den Olympischen Spielen beiwohnen als die Heimat verteidigen. Am Ende geht es für die Griechen trotz mehrfacher Verwüstung Athens doch noch gut aus. Nachdem König Leonidas und seine Spartaner lange am engen Thermopylen-Pass standgehalten haben, können die Invasoren in der Seeschlacht von Salamis und auf der Ebene von Plataiai geschlagen werden. Und somit sind auch die Spiele für die Zukunft gerettet, sehr zur Freude vieler Griechen.

Großes Spektakel und heilloses Chaos zugleich

So frenetisch die Olympischen Spiele der Antike auch bejubelt werden, besonders komfortabel oder angenehm ist der Aufenthalt vor Ort keineswegs. Vielmehr gleicht die Szenerie einem gigantischen Volksfest, das neben Teilnehmenden, Händlern oder Künstlern auch allerlei zwielichtige Personen anzieht. All jene reisen meist über Tage und Wochen an, um vor Ort ein Zelt aufzuschlagen und unter katastrophalen hygienischen Bedingungen zu leiden. Sanitäre Anlagen? Fehlanzeige! Die Stimmung an den zumeist heißen Sommertagen ist laut, angespannt und buchstäblich aufgeheizt, immer wieder herrscht Wassermangel. Obendrein hängt ein modernder Geruch von Blut und toten Tieren in der Luft, schließlich werden jedes Mal zur Halbzeit der Spiele 100 Ochsen zu Ehren des Zeus geopfert. Zudem werden auf anderen der insgesamt 70 Altäre des Geländes weitere Tieropfer dargebracht. Womit dann immerhin die Götter milde gestimmt sind.

Mit den Frauen ist es anfangs so eine Sache

Frauen dürfen in der Antike nicht an den olympischen Wettbewerben teilnehmen, verheiratete Damen sind nicht einmal als Zuschauer bei den Spielen zugelassen. Im Wagenrennen können sie als Besitzerinnen der Pferde dennoch in den Kreis der Olympiasieger vorstoßen, so 396 v. Chr. erstmals geschehen durch die Königstochter Kyniska von Sparta. Zu ihrer eigenen Ehre lässt sie daraufhin direkt zwei Bronzestatuen von sich selbst anfertigen, dem besonderen Ereignis angemessen. Sie ist aber nicht die einzige Frau, die bei den antiken Spielen Berühmtheit erlangt.

Kallipatira von Rhodos, was übersetzt so viel wie »die mit dem tapferen Vater« bedeutet, stammt aus einer höchst sportlichen Familie, ihr Papa, ihre Brüder und ihre Söhne sind allesamt erfolgreiche Olympioniken. Um ihren Sohn Peisirodos beim Boxen zu unterstützen, verkleidet sie sich als männlicher Trainer und wohnt so seinem Sieg bei. Jubelnd springt sie über die Balustrade, ihre Verkleidung wird bemerkt. Auch wenn auf dieses Vergehen eigentlich die Todesstrafe steht, drücken die Verantwortlichen aufgrund von Kallipatiras berühmter Familie ein Auge zu. Fortan müssen aber neben den meisten Athleten auch alle Trainer nackt zu den Spielen erscheinen.

Im antiken Griechenland geht es hart zu

Aufgrund ihres martialischen und dramatischen Charakters ist besonders die Schwerathletik bei den Griechen beliebt, hierbei handelt es sich um die drei Disziplinen Faustkampf, Ringkampf und das sogenannte Pankration. Geboxt wird ohne Zeitlimit, Gewichtsklassen oder Punktesystem. Zunächst begnügt man sich mit Lederriemen an den Händen, später beschwert man jene manchmal mit Eisen oder Blei. In Sachen Brutalität kann das Pankration, der Allkampf, dabei ohne Probleme mithalten, gibt es doch eigentlich nur zwei Regeln: Man darf den Gegner nicht beißen und ihm nicht in die Augen stechen. Der Rest ist der eigenen kämpferischen Fantasie überlassen, bis der andere das Bewusstsein verliert beziehungsweise in Form eines gehobenen Zeigefingers aufgibt – oder das eben infolge seines Ablebens nicht mehr vermag. Tatsächlich sterben regelmäßig Athleten bei den antiken Spielen, was aber durchaus als – nennen wir es zweifelhafte – Ehre wahrgenommen wird.

Nach mehr als 1000 Jahren enden die Spiele

Der wachsende römische Einfluss auf dem griechischen Territorium hat ab dem 2. Jahrhundert v. Chr. auch merkliche Auswirkungen auf die Olympischen Spiele. Der römische Diktator Sulla lässt nach einer Plünderung Olympias und Delphis die Wettkämpfe 80 v. Chr. in Rom selbst austragen, knapp eineinhalb Jahrhunderte später reist der römische Kaiser Nero nach Griechenland und nimmt selbst an den Spielen teil.

Die vermutlich letzten Spiele werden 393 n. Chr. ausgetragen, ein Jahr später werden vom römischen Kaiser Theodosius I. alle heidnischen Feste zugunsten des nun faktisch als Staatsreligion erachteten Christentums verboten. Darunter fallen auch die Olympischen Spiele der Antike. Römische Zerstörung und Feuer verschlingen über die Jahre die Tempel, Erdrutsche begraben einstige Prachtbauten unter sich. Zeitweise ist Olympia unter einer fünf Meter dicken Sandschicht versteckt. Erst 1766 entdeckt der englische Archäologe Richard Chandler die Stätten auf seinen Reisen in Griechenland wieder, gut ein Jahrhundert später nimmt eine preußische Expedition umfassende Ausgrabungen vor und legt etliche Geheimnisse der Antike für die Moderne frei.

Die Renaissance der olympischen Idee

Mit der Wiederentdeckung der olympischen Stätten in Griechenland lebt auch die Idee der Spiele wieder auf. Reihenweise formieren sich Gruppen und starten ihre eigenen »Spiele«, von den Cotswolds in England über Stockholm bis hinein ins Herz Frankreichs während der dortigen Revolution. Langfristig auf die Beine kommt aber keine dieser Veranstaltungen, was Ende des 19. Jahrhunderts einen gewissen Charles Pierre de Frédy auf den Plan ruft, besser bekannt als Baron de Coubertin. Dieser verzichtet auf die für ihn vorgesehene Offizierslaufbahn und wendet sich lieber der Pädagogik zu, für die er Sport und Leibesertüchtigung als essenziell betrachtet. Gleichermaßen ist der Aristokrat mit einem profunden geschichtlichen Wissen gesegnet und schafft somit eine Verbindung zu Olympia. Von 1889 an setzt er sich für eine internationale Neuauflage der Spiele ein. Er knüpft Kontakte zu anderen olympischen Bewegungen in dem von ihm schon vorher oft bereisten England und streckt seine Fühler nach Griechenland aus. Vom 16. bis zum 23. Juni 1894 schafft es Coubertin, etliche Verbände der Welt zum ersten Olympischen Kongress der Geschichte an der Pariser Sorbonne zu versammeln und gründet dort das heutige Internationale Olympische Komitee, gemeinhin als IOC bekannt. Damit kommt der Stein der Olympischen Spiele der Neuzeit enorm ins Rollen.

Coubertins großes Ideal

Physisch gesehen ist Pierre de Coubertin mit 1,62 Metern nicht besonders groß, aber seine Visionen für die Olympischen Spiele der Neuzeit sind dafür umso umfangreicher. Getreu dem historischen Vorbild sieht er die internationalen Wettbewerbe im politisch instabilen Europa seinerzeit als ein Symbol für den Frieden, verpasst ihnen das Motto »Alle Sportarten, alle Nationen« und sieht sich vom englischen Teamgedanken inspiriert, den er auf seinen Reisen durch britische Schulen kennenlernt. Da er sehr nahe am antiken Olympia verfahren möchte, lässt er zunächst keine Frauen zu den Spielen zu, revidiert dieses Urteil aber schon bald. Den berühmten Satz »Dabeisein ist alles«, für viele noch heute ein vorrangiges olympisches Ideal, hat Coubertin so allerdings nie gesagt. Vielmehr zitiert er den amerikanischen Bischof Ethelbert Talbot mit den Worten: »Das Wichtige im Leben ist nicht der Triumph, sondern die Mühe, das Essenzielle ist nicht der Sieg, sondern dass man gut gekämpft hat.« Klingt fast wie »Dabeisein ist alles«, im Kern hat das Leitbild über viele Jahrzehnte Bestand. Auch ein weiteres Zitat, das Coubertin zugeschrieben wird, lautet anders: »Schneller, höher, weiter« heißt eigentlich »Schneller, höher, stärker«, so wie es Coubertins Freund Henri Didon als Sportlermotto Citius, altius, fortius einst ausrief.

Keine Profis, bitte schön!

Coubertin ist in seinen Vorstellungen nachhaltig von der Sportidee Großbritanniens geprägt, genauer gesagt jener der britischen Upper Class im 19. Jahrhundert. Diese sieht Sport als klassischen Wettkampf um der Werte wegen, unter anderem hält sie Fair Play, Stoizismus und Selbstoptimierung hoch. Dies geht einher mit einer strikten Unterstützung des Amateurgedankens, der Sport darf nicht durch Geld oder anderweitige Einflüsse korrumpiert werden und soll lediglich noblen Zielen dienen – eben der Liebe zum Sport selbst. Schließlich stammt das Wort Amateur von der lateinischen Bezeichnung für Liebhaber (amator) ab.

Friede sei mit Olympia

In einer Zeit, in welcher der Krieg in Europa noch als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln verstanden und der Kontinent von stetigen Spannungen zwischen Nationen erschüttert wird, setzt Pierre de Coubertin voll auf Frieden. Die Wiederbelebung der Olympischen Spiele sieht er als pazifistisches Hilfsmittel. So sind 80 Prozent der Ehrenmitglieder des ersten Olympischen Kongresses 1894 ebenfalls Mitglieder in Friedensorganisationen, fünf davon plus eine Institution gewinnen später sogar den Friedensnobelpreis.

Aller Anfang ist schwer und kostspielig

Die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit stehen zunächst unter keinem guten Stern. Coubertin hätte die Wettbewerbe gerne in seiner Heimatstadt Paris gesehen, andere favorisieren eine Austragung in Griechenland zu Ehren des historischen Erbes. Nach längerem Hin und Her einigt man sich auf Athen als Veranstaltungsort. Die Realisierung im damals finanziell angeschlagenen Griechenland wird zur Hängepartie, erst die Ernennung von Kronprinz Konstantin zum Präsidenten des Organisationskomitees kann dank seiner guten Kontakte die Ausrichtung sichern.

Dass keine Profis mitmachen dürfen, finden einige Nationen trotzdem weniger prickelnd und schicken kleine oder gar keine Kontingente. Die 14 Amateure aus den USA zum Beispiel bezahlen ihren Trip aus eigener Tasche. Teilweise melden sich sogar Urlauber an, die zufällig vor Ort sind, etwa der Ire John Pius Boland, der anschließend sensationell sowohl das Einzel als auch das Doppel beim Tennis gewinnt – mit geliehenem Schläger, versteht sich. Insgesamt nehmen 241 Sportler aus 14 Nationen an den zehntägigen Spielen in Athen Teil, die anschließend als großer Erfolg gefeiert werden. Dieser ist so groß, dass viele Athen als dauerhaften Austragungsort ins Auge fassen. Aber das lässt Coubertin nicht mit sich machen und drückt eine internationale Rotation durch.

Entwicklung zum Jahrhundertwechsel