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Until You Forgive Me: Eingeschneit E-Book

Marina Ocean

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Beschreibung

Ich habe Scheiße gebaut. Verdammt große Scheiße! Heute vergeht kein Tag mehr, an dem meine Exzesse nicht die Medien beherrschen. Drogen, Alkohol, Prostituierte. Als DJ verkehre ich in anderen Kreisen, die mich vergessen lassen. Ja, ich habe Fehler gemacht und der größte bestimmt seit Jahren mein Leben. Die Hölle hat mich verbrannt und anschließend wieder ausgespuckt. Im wahrsten Sinne des Wortes. Nur aus einem Grund komme ich seither so oft in die Einöde. Nur aus einem Grund leide ich Höllenqualen. Doch dieses Jahr habe ich die Schnauze voll und schwöre mir, dass ich Silvester nicht allein begehen werde. Der Plan steht. Der Deal ist eingefädelt. Die Frage ist nur, ob ich jetzt tatsächlich noch zu einem besseren Menschen werden kann. Und ... fuck! Ob sie mir jemals vergeben wird, was ich angerichtet habe.

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 Impressum

© / Copyright: 2021 Marina Ocean

Marina Oceanc/o Autorenservice Gorischek

Am Rinnergrund 14/5

8101 Gratkorn

Österreich

[email protected]

 

2. Auflage (August 2024)(Erstauflage über MoKo-Verlag)

Umschlaggestaltung: Marina Ocean; Bilder: Fotolia, Adobe Stock, Pixabay      Lektorat, Korrektorat: Nova Cassini, Nika Sakraf, Marléne Scorpène,Vivian Valentine, Kate Novella

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.      Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

      

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Prolog

Jasper

Kapitel 1

Jasper

Kapitel 2

Jasper

Kapitel 3

Svea

Kapitel 4

Jasper

Kapitel 5

Svea

Kapitel 6

Jasper

Kapitel 7

Jasper

Kapitel 8

Svea

Kapitel 9

Jasper

Kapitel 10

Jasper

Kapitel 11

Svea

Kapitel 12

Jasper

Kapitel 13

Svea

Kapitel 14

Jasper

Kapitel 15

Svea

Kapitel 16

Jasper

Kapitel 17

Jasper

Kapitel 18

Jasper

Kapitel 19

Svea

Kapitel 20

Jasper

Epilog

Jasper

Danksagung

Über die Autorin

Lese-Empfehlung

 

 

 Inhalt

 

Ich habe Scheiße gebaut. Verdammt große Scheiße!

Heute vergeht kein Tag mehr, an dem meine Exzesse nicht die Medien beherrschen.Drogen, Alkohol, Prostituierte. Als DJ verkehre ich in anderen Kreisen, die mich vergessen lassen.

Ja, ich habe Fehler gemacht und der größte bestimmt seit Jahren mein Leben. Die Hölle hat mich verbrannt und anschließend wieder ausgespuckt. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Nur aus einem Grund komme ich seither so oft in die Einöde. Nur aus einem Grund leide ich Höllenqualen. Doch dieses Jahr habe ich die Schnauze voll und schwöre mir, dass ich Silvester nicht allein begehen werde.

Der Plan steht. Der Deal ist eingefädelt. Die Frage ist nur, ob ich jetzt tatsächlich noch zu einem besseren Menschen werden kann. Und ... fuck! Ob sie mir jemals vergeben wird, was ich angerichtet habe.

 

Hinweis:

Diese Geschichte enthält explizite Szenen. Da Protagonisten fiktive Geschöpfe sind, benötigen sie bei entsprechenden Handlungen keinen Schutz, weshalb in diesem Buch darauf verzichtet wurde. Im wahren Leben gilt selbstverständlich Safer-Sex!

Des Weiteren beschäftigt sich dieses Buch mit dem Verlust von geliebten Menschen, in Ansätzen mit dem Konsum von Drogen und Alkohol sowie deren Entzug. Die enthaltenen Inhalte können daher für bestimmte Personengruppen Trigger darstellen. Die Autorin distanziert sich jedoch ausdrücklich von einer Verherrlichung der Abhängigkeitsproblematik.

 

 

 

 

 

Die Zeit ist ein Arschloch!Sie heilt gar nichts.Sie lässt uns nur abstumpfen,weil der Schmerz uns nicht ewigbeherrschen kann.

 

 

 Prolog
 Jasper

 

»Also du und Svea, ja? Was ist das zwischen euch?«Vor diesem Gespräch habe ich mich wirklich gefürchtet. Ich habe keine Ahnung, ob er die Sache zwischen uns gutheißt oder nicht, also bleibe ich erst einmal vage.

»Keine Ahnung, Mann! Ich glaube, das wissen wir selbst noch nicht so genau«, antworte ich lediglich und starre dabei stur geradeaus auf die Fahrbahn. Es schneit und die Sicht ist nicht gerade berauschend. Ich muss mich ziemlich konzentrieren, denn der Lichtkegel der Scheinwerfer ist mehr als dürftig. Beim nächsten Auto, das schwöre ich mir, würde ich auf LED-Scheinwerfer achten. Diese H7-Funzeln meines Wagens leuchten nämlich wirklich zu schwach.

»Nimm mir das jetzt nicht übel, Jas, aber ich glaube, sie sieht das ein wenig anders. Du kennst Svea lange genug. Für sie ist das mit Sicherheit verdammt ernst. Also? Wie siehst du das wirklich?«

Er hat Recht! Ich weiß nur allzu gut, dass diese Sache für Svea alles bedeutet. Sie ist kein Mädchen für eine Nacht. Und obwohl wir erst zwei Mal miteinander geschlafen haben, ist mir klar, dass sie sich mir bereits mit Haut und Haaren hingegeben hat. Wenn ich ehrlich bin, dann kann ich mir derzeit auch nicht vorstellen, nochmal mit irgendeiner anderen in die Kiste zu steigen. Svea bedeutet mir jetzt schon verdammt viel.

Seufzend fahre ich mir übers Gesicht. Ich überlege, was ich darauf antworten soll, als mein Blick wieder auf die Straße zurückgleitet.

»Liebst du sie, Jas?«, hakt Arne nach, noch bevor ich seine vorherige Frage beantworten kann. Liebe ich sie? Vermutlich. Wenn sich Liebe so anfühlt, dass man am liebsten vierundzwanzig Stunden mit dieser Person verbringen will. Wenn man sie bereits vermisst, noch bevor man überhaupt zur Tür hinausgegangen ist und sich verabschiedet hat. Wenn das Liebe ist, ja, dann liebe ich sie.

»Ich schätze schon.«

»Mann, ey!«, ruft er daraufhin aus. War wohl nicht das, was er hören wollte. »Ich gebe dir jetzt mal einen guten Rat: Du solltest dir schleunigst über deine Gefühle klarwerden. Und das, bevor du das nächste Mal deinen Schwanz in sie schiebst. Hast du das kapiert!?«

Ich beiße die Kiefer zusammen und fühle, wie meine Wangenmuskeln zucken, während ich dabei das Lenkrad fester umklammere. Er hat ja Recht, verdammt! Schon wieder.

»Nur damit wir uns richtig verstehen«, führt er seinen Monolog weiter fort, weil ich keinen Mucks von mir gebe. »Ich habe nichts dagegen. Ehrlich! Meinen Segen habt ihr. Ich könnte mir für sie keinen Besseren wünschen, Bro! Du wirst sie glücklich machen, da bin ich mir sicher.« Daraufhin folgt ein leises Seufzen und ich weiß genau, was jetzt kommt. »Aber ich sage dir eins: Wenn du ihr das Herz brichst, Alter, dann …«

»Schon klar! Ich hab‘s kapiert, Arne. Okay?«»Wollte nur sichergehen«, schiebt er noch nach. Er würde mir höchstpersönlich die Eier abreißen! Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

Als Bestätigung dreht er seinen Kopf in meine Richtung und ein wissendes Grinsen schleicht sich auf seine Lippen, während ich seinem Blick mit meinem begegne. Arne ist mein bester Freund. Das ist er schon seit dem Kindergarten. Wir verstehen uns ohne Worte und vermutlich werde ich nie einen loyaleren Kumpel finden als ihn. Dass er mir nun auch noch seine Schwester anvertraut, rechne ich ihm hoch an. Und bei Gott, ich habe wirklich nicht vor, ihn zu enttäuschen. Bei allem, was mir heilig ist, schwöre ich mir, dass ich sie gut behandeln werde.

»Du kannst dich auf mich verlassen!«, sichere ich ihm zu. Anschließend lenke ich die Augen zurück auf die Straße, noch bevor wir das nächste Ortsschild passieren. Keine Sekunde zu früh, denn in diesem Moment erkenne ich den riesigen Elch, der gemächlich über die Straße trottet.

»Scheiße!« Panisch reiße ich das Lenkrad herum, kurbele wie wild daran und trete auf die Bremse. Doch das hat leider so gar keinen Effekt. Mit sowas hätte ich rechnen müssen. Habe ich aber gerade nicht, weil ich mit dem Kopf ganz woanders war. Elche sind in Schweden schließlich keine Seltenheit und das Wetter tut sein Übriges.

Ich verliere die Kontrolle über meinen Wagen, während von Arne nur ein gezischtes »Shit!« vom Beifahrersitz kommt. Das Auto schlittert über den Asphalt, der von den Witterungsverhältnissen offenbar vereist ist. Auch das hatte ich nicht gemerkt, was uns nun zum Verhängnis wird. Wir kommen von der Straße ab. Den Elch verfehlen wir um einige Zentimeter, dafür rutschen wir nun in den kleinen Graben, in dem sich das Fahrzeug durch die Vertiefung mit der Motorhaube voran aufstellt. Anschließend überschlägt es sich mehrfach, weil ich leider viel zu schnell war. Endlose Sekunden werden wir umhergeschleudert und ich versuche einfach nur, irgendwo Halt zu finden. Auf dem Dach kommen wir kurz darauf zum Liegen und rutschen auf diese Weise ins nächste Grundstück hinein. Dabei durchbrechen wir eine Hecke und prallen mit der Beifahrerseite des Autos gegen ein großes Metallding, welches unseren unfreiwilligen Ausbruch stoppt.

Der laute Schlag fährt mir durch Mark und Bein. Ich werde beim Aufprall im Wagen hin und her geworfen. Nur der Sicherheitsgurt verhindert, dass ich aus dem Sitz gerissen werde und durch die Scheibe fliege. Mein Kopf knallt bei der ganzen Aktion mehrere Male gegen die Seitenscheibe und ich stöhne auf vor Schmerz. Kurz vernebelt es mir die Sinne und für einen Augenblick verliere ich die Orientierung, während der Motor erstirbt. Mit einer Hand taste ich fahrig nach meinem Freund. Ich kann ihn fühlen, aber mein Handgelenk schmerzt so sehr, dass ich ihn kaum berühren kann. Scheinbar habe ich damit auch einen heftigen Schlag vom Lenkrad abbekommen, als ich mich daran festgeklammert habe.

»Arne?«, krächze ich leise, bekomme jedoch keine Antwort.

Scheiße, mir tut alles weh. Beinahe in Zeitlupe drehe ich meinen Kopf in seine Richtung und registriere ziemlich benebelt, dass er schlaff im Gurt hängt. Eine blutige Wunde klafft an seiner Stirn.

»Arne«, rufe ich etwas lauter, doch scheinbar nicht laut genug, denn von ihm kommt keine Reaktion.

Mühsam versuche ich daraufhin, meinen Sicherheitsgurt zu lösen, scheitere jedoch kläglich, während mir klar wird, dass wir beide ziemlich schwer verletzt sind. Schlimmer, als ich zunächst angenommen hatte. Ich kann mich kaum rühren, muss darauf hoffen, dass irgendjemand den Aufprall gehört hat und uns zu Hilfe kommt. Meine andere Hand findet die Hupe am Lenkrad und ein paar Mal drücke ich kraftlos darauf herum. Ich schaffe es sogar, meinem Fahrzeug noch ein paar einzelne krächzende Töne zu entlocken, muss dann jedoch entkräftet aufgeben. Mit den letzten Willensresten versuche ich, meine Augen offenzuhalten und sehe auf einmal Rauch aus der Motorhaube aufsteigen. Es riecht nach Benzin. Dazu gesellt sich ein leichtes, orangegelbes Flackern, das schnell größer wird. Verdammte Scheiße! Die Karre brennt!

Noch einmal reiße ich am Sicherheitsgurt, doch der bewegt sich keinen Millimeter. Die Flammen werden immer größer und plötzlich sehe ich Metallfüße im Schein des Lichtes aufflackern. Metallfüße … ein weißes, riesiges, rundes Metallding …

Ich kann mich kaum konzentrieren, spüre erneut die Panik in mir aufsteigen, da die Flammen schnell an Größe zunehmen. Und plötzlich fällt es mir wie Schuppen von den Augen: Wir sind an einem verfickten Gastank eingeschlagen!

Die Erkenntnis sickert wie flüssiges Gift in mein Hirn, doch die Ohnmacht zerrt gnadenlos an mir. Sie ist stärker als meine Kraft. Ich habe keine Chance, kann nichts tun. Rauch kriecht in den Innenraum und ich schnappe nach Luft, huste mir bereits wenig später die Seele aus dem Leib. Mein Brustkorb schmerzt wie verrückt. In meinem Kopf bildet sich erneut wabernder Nebel und ich nehme wahr, wie alles um mich herum verschwimmt, während meine Lunge fast zu explodieren droht. Als der Wagen nur wenige Sekunden danach lichterloh in Flammen aufgeht, verliere ich schlussendlich das Bewusstsein.

 

 Kapitel 1
 Jasper

 

Zehn Jahre später

Ich bin total überdreht und aufgeputscht, weil die Wirkung dieser kleinen Pille mich mega high macht. Außerdem heizt mich die Stimmung um mich herum zusätzlich an. Das Adrenalin fährt in meinem Körper Achterbahn, während ich den nächsten Melodiewechsel für den heutigen Abend anspiele. Sorgsam darauf bedacht im Takt zu bleiben, behalte ich den Beat Counter im Auge und verwende den Crossfader, um den Übergang einzublenden. Die Menge dreht bei meinem aktuellen Hit S.A.I.L.S., den ich nun auflege, schier durch. Ich habe ihn bei diesem Auftritt schon zwei Mal gespielt und trotzdem können die Tanz- und Feierwütigen nicht genug davon bekommen. Genug von mir und meinen Beats. Ein absolut geiles Gefühl!

Bässe dröhnen aus den Boxen und hallen von den Wänden wider, wobei die Bühne auf- und abwippt, weil der Boden darunter gefährlich schwankt. Die Menschenmasse setzt ihn beim Springen in Bewegung und verursacht damit eine Gänsehaut auf meinem gesamten Körper. Meine Finger fahren zitternd über das Mischpult und ich bekomme kaum Luft, so stickig ist es in der Halle. Ich schwitze und greife zur Wasserflasche, stelle sie dann nach kurzem Überlegen jedoch wieder weg und entscheide mich stattdessen für das Glas mit dem Scotch darin, welches danebensteht. Während ich den aktuellen Beat auf Endlosschleife setze, nehme ich einen großen Schluck von der alkoholhaltigen Flüssigkeit, die direkt in meinem Rachen landet. Ich genieße das Brennen, das sich meine Speiseröhre entlangfrisst und atme einmal tief durch. Kurz darauf lässt das Zittern etwas nach. Daher kann ich den Loop wieder aufheben und mache noch einmal weiter wie bisher.

Natürlich weiß ich, dass Alkohol in Kombination mit Ecstasy doppelt schädlich ist, da das E den Abbau von Alkohol im Körper verlangsamt und die Wirkung weniger spürbar macht. Zusätzlich belastet der Mischkonsum Leber und Niere überdurchschnittlich stark. Daher darf ich nicht zu viel hochprozentiges Zeug trinken. Gegen das Zittern, das ich gerade nicht gebrauchen kann, hilft jedoch nur Alkohol. Blöd ist allerdings, dass mir als Nebenwirkung ziemlich warm wird. Schweißperlen stehen mir auf der Stirn, doch das berauschende Gefühl ist es wert. Und schließlich will ich nur, dass dieses dämliche Zucken meiner Finger endlich aufhört.

Als der Scotch endlich zu wirken beginnt, kann ich nochmal eine Weile ordentlich aufdrehen. So lange, bis meine Zeit auf der Bühne um ist.

Ein letztes Mal gebe ich alles, verausgabe mich komplett und heize den Leuten ein. Sie flippen absolut aus. Mal wieder kann ich nicht fassen, dass es meine Musik ist, die die Partygäste zum Ausrasten bringt. Ich bin ganz oben in den Charts angekommen, habe offenbar einen Nerv getroffen, auch wenn ich mich dafür vom eigentlichen Underground-Techno verabschieden musste und in die Kommerz-Schiene gerutscht bin. Aber einen Tod muss man wohl sterben.

Nichts davon ist mehr ehrlich oder spiegelt die Leidenschaft wider, mit der ich vor Jahren mein DJ-Dasein auf Kellerpartys und Underground-Sessions begonnen habe, aber die Rechnungen bezahlen sich nun einmal nicht von selbst. Und wenn man heutzutage zu den großen Welt-DJs gehören will, muss man sich anpassen.

Inzwischen reise ich auf dem ganzen Globus herum. Gestern Singapur, heute Sydney und übermorgen bin ich in Toronto gebucht. Danach ist erst einmal Schluss. Über die Feiertage genehmige ich mir ein wenig Urlaub – wie jedes Jahr. So etwas hält kein Körper lange durch. Zumindest nicht ohne Aufputschmittel. Oft schlafe ich im Flieger und diese Nächte sind alles andere als erholsam. Es würde sich jedoch schlichtweg nicht lohnen, schon vorher im Hotelzimmer zu schlafen, weil ich wenige Stunden später sowieso bereits wieder am Flughafen sein muss.

Langsam verschiebe ich die Regler nach unten, scratche noch einmal mit der Schallplatte rechts neben mir und nehme dann ein wenig Lautstärke raus. Ein sicheres Zeichen, dass gleich Schicht im Schacht ist. Natürlich schlägt mir entschiedenes Protestieren entgegen, aber meine Zeit ist um und ich mache auch keine Minute länger. Ich bin echt durch, gehe mittlerweile auf dem Zahnfleisch.

Als die letzten Klänge sich im Raum verteilen, greife ich zum Mikrofon und verabschiede mich. Sie jubeln mir zu, johlen, klatschen. Ein paar Discobesucher pfeifen sogar und ich weiß, dass ich meinen Job ziemlich gut gemacht habe. Die meisten von ihnen sind genauso verschwitzt wie ich und es ist ein gutes Gefühl, jetzt von der Bühne zu gehen. Für sie ist noch lange nicht Schluss, denn ein Kollege, der nun den nächsten Part übernimmt, steht bereits hinter mir und wartet auf seinen Einsatz. Ein paar Mal winke ich ihn heran, woraufhin er das Mischpult übernimmt, während ich neben ihm schon meinen Koffer mit den Vinyls zusammenpacke und Platz für seinen mache. Den lege ich ihm sogar noch hin und öffne ihn. Dann hebe ich die Hände, verabschiede mich ein letztes Mal und greife nach meinem Plattenkoffer. Anschließend verlasse ich die Bühne, nehme wahr, wie die Beats hinter mir schon wieder lauter werden und der Boden erneut zu beben beginnt.

Ich betrete den Backstage-Bereich, lege meine Utensilien ab und fahre mir erschöpft übers Gesicht. Die Wirkung des E lässt langsam nach und auch der Auftritt hat mich ausgebrannt. Müdigkeit und Erschöpfung machen sich in mir breit, genauso wie die nächste Depression, die schon in den Startlöchern steht. Ich fühle es. Nicht mehr lange, und sie überrollt mich mit voller Wucht. Das passiert immer, wenn das Hochgefühl der Pille nachlässt. Auch mein Mund wird staubtrocken. Alles Nebenwirkungen und doch nehme ich den Scheiß immer wieder. Weil mein Hirn danach verlangt.

Sofort ist mein Assistent zur Stelle und nimmt den Koffer an sich, während mein Manager Tony schon hinter mir auftaucht und mir auf die Schulter klopft.

»Geile Show, Mann! Du hast es mal wieder sowas von gerockt, Jas.« Ich sage nichts dazu, weil ich das auch selbst gesehen habe. »Übermorgen wird es noch besser. In Toronto sind die Erwartungen an dich sehr hoch. Du wirst das jedoch professionell über die Bühne bekommen, da mache ich mir keine Sorgen.«

Von mir folgt dazu nur ein Murren.

»Nächste Woche geht’s weiter. Ich plane zwei Tage Auszeit für dich ein. Dann kannst du dich mal so richtig ausschlafen.«

»Hast du ein Rad ab? Ich habe gesagt, nach Toronto ist Schluss!« Entgeistert sehe ich Tony an und glaube fast, etwas an den Ohren zu haben. Doch es ist ihm ernst.

»Das kannst du nicht machen. Du bist gerade auf dem Höhepunkt deiner Karriere. Außerdem habe ich schon zugesagt, denn jetzt steigen die ganzen Christmas-Partys in den Clubs.«

»Ist mir scheißegal! Dann sag halt wieder ab. Ich kann nicht mehr und mache nach der nächsten Show Urlaub.«

»Stell dich nicht so an! Das packst du schon. Die Euros verdienen sich nun einmal nicht von allein. Und absagen geht nicht. Das würde negativ auf dich zurückfallen.«

»Tony«, knurre ich nur mühsam beherrscht. Ich finde es unfassbar, dass er das einfach über meinen Kopf hinweg entschieden hat. Er ist mein Manager, nicht mein Vater! »Noch einmal zum Mitschreiben: Nach Toronto ist Feierabend. Dann fahre ich in mein Haus nach Norwegen. Und selbst du wirst mich nicht davon abhalten. Haben wir uns verstanden?«

»Und was soll ich denen jetzt erzählen?«»Nicht mein Problem! Wenn du einfach Termine ausmachst, ohne diese mit mir abzustimmen, musst du auch sehen, wie du es wieder gerade biegst.«

»Ich bin dein Manager, zum Teufel nochmal. Es ist mein Job …«

»Tony! Von dieser Auszeit hast du gewusst. Und wenn du jetzt nicht die Schnauze hältst, dann bist du die längste Zeit mein verschissener Manager gewesen. Kapiert?« Daraufhin sagt er nichts mehr und starrt mich nur noch perplex an.

Höchste Zeit für mich, zu verschwinden.

Ich verlasse den VIP-Room, der für uns reserviert wurde und knalle angepisst die Tür hinter mir zu. Stinksauer laufe ich den Flur entlang und treffe dabei auf Linus, einen guten Freund. Er begleitet mich bereits seit einer Woche und ich bin echt froh, dass er da ist. Normalerweise bin ich auf Tour allein und habe dabei verdammt viel Zeit zum Nachdenken. Zu viel, um ehrlich zu sein. Linus lenkt mich ab, daher versuche ich, meine Emotionen wieder unter Kontrolle zu bekommen, während er sich mir anschließt. Er hat sich vor Kurzem von seiner Freundin getrennt und da ihm zu Hause die Decke auf den Kopf fiel, habe ich ihn kurzerhand auf meine Tour eingeladen. Und Linus war dankbar, mal rauszukommen.

Gemeinsam laufen wir nach draußen, um in ein bereitstehendes Taxi einzusteigen, das uns wieder ins Hotel bringt.

Während der Fahrt sprechen wir kein Wort. Er merkt instinktiv, dass etwas nicht okay ist, aber er ist taktvoll genug, nicht nachzuhaken. Geschäftliches geht ihn nichts an, deshalb hält er sich raus. Die paar Kilometer zum Hotel legen wir daher schweigend zurück. Doch als wir uns dem riesigen, gläsernen Wolkenkratzer nähern, in dem wir untergebracht sind, ändert sich seine Stimmung merklich. Eine ganze Menschentraube hat sich vor dem Eingang platziert und ich stöhne genervt auf.

Ganz im Gegensatz zu Linus.»Yeah! Groupies, Alter!«, ruft er aus und freut sich diebisch. »Nehmen wir uns welche mit rauf?«»Nicht heute«, antworte ich müde und reibe mir über die brennenden Augen.

---ENDE DER LESEPROBE---