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Der Jugendkatechismus Youcat soll den Nachwuchs der katholischen Kirche weltweit auf Linie bringen. Und in 25 Sprachen übersetzt soll er für die katholische Kirche besonders unter Kindern und Jugendlichen Menschen fischen. Allein zum Weltjugendtag in Madrid wurde er 700.000-mal verteilt. Was Jugendliche oder Gläubige aber nicht so einfach merken können: Der Youcat ist unseriös. Er ist unseriös, weil er so tut, als wäre man bei seiner Erstellung ernsthaft an einem Gespräch mit Jugendlichen interessiert gewesen. Die katholische Kirche definiert Dogmen, sie diskutiert sie nicht. Er ist unseriös, weil er den Jugendlichen ein Bild von Jesus und den ersten Christen vermittelt, das in der neutestamentlichen Wissenschaft und bei Historikern längst als widerlegtes katholisches Wunschdenken gilt. Und er ist unseriös, weil er offenbar in voller Absicht diese Erkenntnisse der Forschung verschweigt Diese katholischen Nebel versucht das Buch von Kubitza zu vertreiben. Zu den 165 katholischen Fragen des Youcat, die die Grundlagen der katholischen Lehre betreffen, gibt er 165 kritische Antworten. Jugendliche und Erwachsene erfahren, wie fragwürdig und absurd viele zentrale Aussagen der katholischen Kirche sind. Und sie erkennen, was ihnen mit dem Youcat wirklich verkauft werden soll: keine Religion, sondern eine religiöse Ideologie. Dieses Buch wendet sich an alle, die sich für die katholische Kirche engagieren wollen oder dies bereits tun. Niemand sollte dort mittun, der nicht auch die kritischen Einwände kennt. Es zeigt aber auch nichtreligiösen Menschen, mit welchen unlauteren Mitteln und Tricks die katholische Kirche arbeitet, um Menschen zu fischen. - Ohne ein Geleitwort des Papstes.
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Seitenzahl: 382
Heinz-Werner Kubitza
Verführte Jugend. Eine Kritik am Jugendkatechismus Youcat.Vernünftige Antworten auf katholische FragenUmschlagabbildung: © kryczka | iStockphoto.de© Tectum Verlag Marburg, 2011
ISBN 978-3-8288-5595-3
(Dieser Titel ist zugleich als gedrucktes Buch unter derISBN 978-3-8288-2800-1 im Tectum Verlag erschienen.)
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Bibliografische Informationen der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet über http://dnb.ddb.de.
Vorwort
Gottesliebe als Lebenssinn?
1. Wozu sind wir auf der Erde?
2. Warum schuf uns Gott?
Ist Gott eine Frage der Vernunft oder der Unvernunft?
3. Warum suchen wir nach Gott?
4. Können wir die Existenz Gottes mit unserer Vernunft erkennen?
5. Warum leugnen Menschen Gott, wenn sie ihn doch mit ihrer Vernunft erkennen können?
6. Kann man von Gott überhaupt sinnvoll sprechen?
Götter – die ewig unsichtbaren Offenbarer
7. Warum musste Gott sich zeigen, damit wir wissen, wie er ist?
8. Wie offenbart sich Gott im Alten Testament?
9. Was zeigt Gott von sich, wenn er seinen Sohn zu uns schickt?
10. Wird nach Jesus Christus die Offenbarung noch fortgesetzt?
11. Warum geben wir den Glauben weiter?
12. Woher wissen wir, was zum wahren Glauben gehört?
13. Kann sich die Kirche in Glaubensfragen irren?
14. Ist die Heilige Schrift wahr?
15. Wie kann die Heilige Schrift Wahrheit sein, wenn nicht alles, was in ihr steht, richtig ist?
16. Wie liest man die Bibel richtig?
17. Welche Bedeutung hat das Alte Testament für Christen?
18. Welche Bedeutung hat das Neue Testament für Christen?
19. Welche Rolle spielt die Heilige Schrift in der Kirche?
Glaube – die beliebteste Form des Aberglaubens
20. Wie können wir Gott antworten, wenn er uns anspricht?
21. Glaube – was ist das?
23. Gibt es einen Widerspruch zwischen Glauben und Naturwissenschaft?
24. Was hat mein Glaube mit der Kirche zu tun?
25. Wozu braucht der Glaube Definitionen und Formeln?
26. Was sind Glaubensbekenntnisse?
27. Wie sind die Glaubensbekenntnisse entstanden?
28 und 29: Das sogenannte Apostolische Glaubensbekenntnis
Der dreigeteilte Gott
30. Warum glauben wir an nur einen Gott?
31. Warum gibt sich Gott einen Namen?
32. Was heißt: Gott ist die Wahrheit?
33. Was heißt: Gott ist die Liebe?
34. Was muss man tun, wenn man Gott erkannt hat?
35. Glauben wir an einen Gott oder an drei Götter?
36. Kann man logisch erschließen, dass Gott dreifaltig ist?
37. Wieso ist Gott Vater?
38. Wer ist der Heilige Geist?
39. Ist Jesus Gott? Gehört er zur Dreifaltigkeit?
40. Kann Gott alles? Ist er allmächtig?
41. Macht die Naturwissenschaft den Schöpfer überflüssig?
42. Kann man von der Evolution überzeugt sein und doch an den Schöpfer glauben?
43. Ist die Welt ein Produkt des Zufalls?
44. Wer hat die Welt erschaffen?
45. Stammen die Naturgesetze und natürlichen Ordnungen auch von Gott?
46. Warum schildert das Buch Genesis die Schöpfung als ein Sechstagewerk?
47. Warum ruhte Gott am siebten Tag?
48. Wozu hat Gott die Welt geschaffen?
Gottes Vorsehung – der Mensch denkt, dass Gott lenkt
49. Lenkt Gott die Welt und mein Leben?
50. Welche Rolle spielt der Mensch in der Vorsehung Gottes?
51. Wenn Gott alles weiß und alles kann, warum verhindert er dann nicht das Böse?
Katholische Mythologie – Himmel, Hölle, Engel
52. Was ist der Himmel?
53. Was ist die Hölle?
54. Was sind Engel?
55. Kann man zu Engeln in Beziehung treten?
Der Mensch – wirklich ein Abbild Gottes?
56. Hat der Mensch eine Sonderstellung in der Schöpfung?
57. Wie soll sich der Mensch zu Tieren und anderen Mitgeschöpfen verhalten?
58. Was heißt es, dass der Mensch als Abbild Gottes geschaffen wurde?
59. Wozu hat Gott den Menschen geschaffen?
60. Warum ist Jesus das größte Vorbild der Welt?
61. Worin besteht die Gleichheit aller Menschen?
62. Was ist die Seele?
63. Woher hat der Mensch seine Seele?
64. Wieso hat Gott den Menschen als Mann und Frau erschaffen?
65. Was ist mit Menschen, die homosexuell empfinden?
66. Lag es in Gottes Plan, dass Menschen leiden und sterben?
Der Mythos von der Sünde
67. Was ist Sünde?
68. Erbsünde? Was haben wir mit dem Sündenfall von Adam und Eva zu tun?
69. Sind wir durch die Erbsünde gezwungen zu sündigen?
70. Wie entzieht uns Gott dem Sog des Bösen?
Jesus Christus – Die Erschaffung eines Gottes (Teil 1)
71. Warum heißen die Berichte über Jesus Evangelium, also Frohe Botschaft?
72. Was bedeutet der Name Jesus?
73. Warum trägt Jesus den Beinamen Christus?
74. Was heißt: Jesus ist Gottes eingeborener Sohn?
75. Warum sprechen Christen Jesus mit Herr an?
76. Warum wurde Gott in Jesus Mensch?
77. Was bedeutet es, dass Jesus Christus wahrer Gott und wahrer Mensch zugleich ist?
78. Warum können wir Jesus als ein Mysterium begreifen?
79. Hatte Jesus eine Seele, einen Geist und einen Leib wie wir auch?
80. Warum ist Maria Jungfrau?
81. Hatte Maria noch andere Kinder außer Jesus?
82. Ist es anstößig, Maria Mutter Gottes zu nennen?
83. Was bedeutet unbefleckte Empfängnis Marias?
84. War Maria nur ein Werkzeug Gottes?
85. Wieso ist Maria auch unsere Mutter?
86. Warum trat Jesus 30 Jahre seines Lebens öffentlich überhaupt nicht in Erscheinung?
87. Warum ließ sich Jesus von Johannes taufen, obwohl er ohne Sünde war?
88. Warum wurde Jesus in Versuchung geführt? Konnte er überhaupt wirklich in Versuchung geführt werden?
89. Wem verspricht Jesus das Reich Gottes?
90. Hat Jesus Wunder gewirkt, oder sind das nur fromme Märchen?
91. Wieso wirkte Jesus Wunder?
92. Wozu berief Jesus Apostel?
93. Warum wurde Christus auf dem Berg verklärt?
94. Wusste Jesus, dass er sterben würde, als er in Jerusalem einzog?
95. Warum wählte Jesus das Datum des jüdischen Paschafestes für seinen Tod und seine Auferstehung?
96. Wieso verurteilte man einen Mann des Friedens wie Jesus zum Tod am Kreuz?
97. Sind die Juden schuld an Jesu Tod?
98. Wollte Gott den Tod seines eigenen Sohnes?
99. Was geschah beim letzten Abendmahl?
100. Hatte Jesus am Ölberg, in der Nacht vor seinem Tod, wirklich Todesangst?
101. Warum musste uns Jesus ausgerechnet am Kreuz erlösen?
102. Wieso sollen auch wir das Leid in unserem Leben akzeptieren und so das Kreuz auf uns nehmen und damit Jesus nachfolgen?
103. War Jesus wirklich tot – oder konnte er vielleicht deshalb auferstehen, weil er nur scheinbar den Tod erlitten hatte?
104. Kann man Christ sein, ohne an die Auferstehung Christi zu glauben?
105. Wie kamen die Jünger dazu, zu glauben, dass Jesus auferstanden ist?
106. Gibt es Beweise für die Auferstehung Jesu?
107. Kehrte Jesus durch die Auferstehung in den körperlichen Zustand zurück, den er während seines irdischen Lebens hatte?
108. Was hat sich durch die Auferstehung in der Welt verändert?
109. Was heißt: Jesus ist in den Himmel aufgefahren?
110. Warum ist Jesus Christus der Herr der ganzen Welt?
111. Wie wird das sein, wenn die Welt zu Ende geht?
112. Wie wird das sein, wenn Christus uns und die ganze Welt richtet?
Der Heilige Geist – Die Erschaffung eines Gottes (Teil 2)
113. Was heißt: Ich glaube an den Heiligen Geist?
114. Welche Rolle spielt der Heilige Geist im Leben Jesu?
115. Unter welchen Namen und Zeichen erscheint der Heilige Geist?
116. Was heißt: Der Heilige Geist hat gesprochen durch die Propheten?
117. Wie konnte der Heilige Geist in, mit und durch Maria wirken?
118. Was geschah an Pfingsten?
119. Was tut der Heilige Geist in der Kirche?
120. Was tut der Heilige Geist in meinem Leben?
121. Was bedeutet Kirche?
122. Wozu will Gott die Kirche?
123. Was ist die Aufgabe der Kirche?
124. Warum ist die Kirche mehr als eine Institution?
125. Was ist das Einzigartige am Volk Gottes?
127. Was heißt Die Kirche ist die Braut Christi?
128. Was heißt: Die Kirche ist der Tempel des Heiligen Geistes?
Warum soll man ausgerechnet an die Kirche glauben?
129. Warum kann es nur eine Kirche geben?
130. Sind auch nichtkatholische Christen unsere Brüder und Schwestern?
131. Was müssen wir für die Einheit der Christen tun?
132. Warum ist die Kirche heilig?
133. Warum heißt die Kirche katholisch?
134. Wer gehört zur katholischen Kirche?
135. In welchem Verhältnis steht die Kirche zu den Juden?
136. Wie sieht die Kirche die übrigen Religionen?
137. Warum heißt die Kirche apostolisch?
138. Wie ist die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche aufgebaut?
139. Worin besteht die Berufung der Laien?
140. Warum ist die Kirche keine demokratische Organisation?
141. Welche Aufgabe hat der Papst?
142. Können Bischöfe gegen den Papst, kann der Papst gegen die Bischöfe handeln und lehren?
143. Ist der Papst wirklich unfehlbar?
144. Welche Aufgabe haben die Bischöfe?
145. Warum will Jesus, dass es Menschen gibt, die für immer ein Leben in Armut, eheloser Keuschheit und Gehorsam leben?
146. Was bedeutet Gemeinschaft der Heiligen?
147. Warum hat Maria in der Gemeinschaft der Heiligen eine so herausragende Stellung?
148. Kann uns Maria wirklich helfen?
149. Darf man Maria anbeten?
150. Kann die Kirche wirklich Sünden vergeben?
151. Welche Möglichkeiten der Sündenvergebung gibt es in der Kirche?
Eine Auferstehung der Toten mit und ohne Fleisch
152. Warum glauben wir an die Auferstehung der Toten?
153. Warum glauben wir die Auferstehung des Fleisches?
154. Was geschieht mit uns, wenn wir sterben?
155. Wie hilft uns Christus im Sterben, wenn wir auf ihn vertrauen?
Menschen wollen ewig leben
156. Was ist das ewige Leben?
157. Werden wir nach dem Tod vor ein Gericht gestellt?
158. Worin besteht der Himmel?
159. Was ist das Fegefeuer?
160. Können wir Verstorbenen, die sich im Zustand des Fegefeuers befinden, helfen?
161. Was ist die Hölle?
162. Wenn Gott doch die Liebe ist, wie kann es dann eine Hölle geben?
163. Was ist das Letzte oder Jüngste Gericht?
164. Wie wird die Welt vollendet werden?
165. Warum sagen wir Amen zum Bekenntnis unseres Glaubens?
Literaturhinweise
Personen- und Sachverzeichnis
„Verführte Jugend“ – bei diesem Titel werden vielleicht manche zuerst an die Missbrauchsfälle denken, die die katholische Kirche in den letzten Jahren erschüttert haben. Doch wer meint, dieses Buch beschäftige sich mit diesem dunklen Kapitel der katholischen Kirche, wer gar auf schlüpfrige Details wartet, ist hier falsch. Hier geht es um eine in hoher Auflage gedruckte geistige bzw. geistliche Verführung, für die nicht einzelne Priester, sondern die katholische Kirche als Institution insgesamt verantwortlich zeichnet.
Im März 2011 erschien die deutsche Ausgabe des katholischen Jugendkatechismus Youcat auf dem deutschen Buchmarkt. Ausgestattet als handliche Ausgabe mit bunten Bildern und einem Vorwort von Benedikt XVI. erlebte dieses Buch einen außergewöhnlich großen Erfolg. Nach drei Monaten waren bereits über 100.000 Exemplare verkauft. Die katholische Kirche hat mit diesem Jugendkatechismus noch viel vor. Er soll in ca. 25 Sprachen erscheinen und in über 50 Ländern verfügbar sein. 700.000 (!) Freiexemplare sollen allein am Weltjugendtag in Madrid verteilt worden sein. Neben den beiden Jesusbüchern von Papst Ratzinger ist dieser Jugendkatechismus Youcat der wohl größte publizistische Feldzug der katholischen Kirche seit Jahren.
Der groß angelegte Versuch, sich im Denken und der Persönlichkeit von Kindern und Jugendlichen dauerhaft festzusetzen, sie hineinzuziehen in eine fragwürdige Dogmatik mit abstrusen Lehren und Dogmen, gab den Anlass für dieses Buch. Statt vermeintlich modern zum Glauben will es vermeintlich altmodisch zum Denken animieren und aufrufen.
Der Titel mag manchem provokant erscheinen. Muss man wirklich von Verführung sprechen? Hat nicht auch die Kirche das Recht, sich auf dem Markt der Möglichkeiten zu präsentieren und Anhänger zu finden? Dass dieser Ausdruck dennoch seine Berechtigung hat, will dieses Buch aber gerade belegen. Es stellt die 165 Fragen des Youcat, die sich mit den Grundlagen des katholischen Glaubens beschäftigen, erneut und gibt zu jeder Frage eine eigene kritische Antwort. Dabei zeigt sich von Frage zu Frage deutlicher, dass viele Aussagen des Youcat erstens schlicht unseriös sind und dass die sie vertretende Kirche zweitens viele Merkmale einer Ideologie zeigt, in diesem Fall einer religiösen Ideologie, nicht akzeptabel für eine pluralistische und offene Gesellschaft. Beides zusammen, Unseriosität und Ideologiebehaftetsein, im Verbund mit der gewaltigen Propagandamaschinerie, die die katholische Kirche in Gang gesetzt hat, um ihren Jugendkatechismus zu verbreiten, rechtfertigen es, nicht von Werbung um Jugendliche, sondern von Verführung von Jugendlichen zu sprechen.
Im Vorgriff auf die kritischen Antworten zu den katholischen Fragen hier eine erste Begründung.
Unseriös ist die katholische Kirche mit dem von ihr herausgegebenen Katechismus aus folgenden Gründen:
• Der Youcat verschweigt den Lesern konsequent die Forschungen zum historischen Jesus. Er weist nicht darauf hin, dass sich das Jesusbild der Kirche ganz erheblich von einer wissenschaftlichen Sicht auf Jesus unterscheidet und dass die Kirche ein künstliches und wissenschaftlich unhaltbares Jesusbild vertritt. Ein solches Vorgehen ist unseriös.
• Der Youcat verschweigt, dass die Mehrzahl der wissenschaftlich arbeitenden Neutestamentler heute der Auffassung ist, dass die Geburtsgeschichten späte Legenden, die Wunderberichte zumeist unhistorisch oder aus der Umwelt auf Jesus übertragen worden sind, dass der historische Jesus von Nazareth sich vermutlich nicht als Messias gesehen, und dass er zwar Gott, aber nicht sich selbst verkündet hat.
• Der Youcat verschweigt den Lesern, dass die neutestamentliche Forschung davon ausgeht, dass die Bedeutung Jesu (die Christologie) nach seinem Tod immer mehr gesteigert wurde. Aus dem Menschen wurde langsam ein Gott gemacht.
• Der Youcat verschweigt den Lesern Erkenntnisse der modernen Geschichtswissenschaften zur frühen Kirchengeschichte. Bemerkungen hierzu werden nur dann eingebracht, wenn sie das dogmatische System der Kirche stützen können. Kritische Fakten jedoch werden nicht einmal erwähnt.
• Der Youcat verschweigt den Lesern, dass die wissenschaftliche Forschung längst erwiesen hat, dass viele Teile der Evangelien kein historisches Material enthalten, sondern Erfindungen der christlichen Gemeinde sind. Dies gilt ausdrücklich auch für viele Worte Jesu, vor allem im Johannesevangelium, die für die Forschung fast vollständig als Erfindung des Evangelisten und seiner Gemeinde gelten.
• Unhistorisch argumentiert der Youcat mit Jesuszitaten, obwohl diese mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit späte Erfindungen sind. Jugendliche müssen dadurch den Eindruck gewinnen, die Bibel sei einheitlich und vertrauenswürdig. Die Forschung hat jedoch eindeutig belegen können, dass diese Sicht zwar fromm, aber eindeutig falsch ist.
• Der Youcat suggeriert den Lesern, dass die Entstehung des Priesteramts, des Bischofsamts und der katholischen Hierarchie auf Jesus selbst zurückgeht. Eine seriöse Wissenschaft jedoch sieht deren Entstehung in viel späterer Zeit. Auch diese Fakten erwähnt der Youcat mit keinem Wort.
• Der Youcat fördert oder verlangt zumeist ein wörtliches Verständnis der Bibel, auch dort, wo es sich eindeutig um literarische Texte handelt wie bei den Schöpfungsgeschichten oder der Sintflutgeschichte. Er zieht aus literarischen Texten historische Schlüsse.
• Die katholische Kirche betreibt im Youcat wie auch in ihren anderen Katechismen an vielen Stellen einen begrifflichen Etikettenschwindel, z. B. wenn suggeriert wird, dass Jesus bei zentralen Begriffen seiner Verkündigung (Reich Gottes, Geist Gottes, Hölle, Heiden, Endzeitvorstellungen, Menschensohn) schon so gedacht habe, wie dies eine viel spätere Dogmatik in Konzilien erst festgelegt hat. Unter Geist Gottes hat Jesus aber etwas ganz anderes verstanden als die spätere Dogmatik der Kirche. Davon erfahren die Jugendlichen kein Wort. Der Youcat ist weniger an einem historischen Jesusbild interessiert als mehr an den dogmatischen Festlegungen der Kirche über ihn.
• Die katholische Kirche versucht auch im Youcat den Eindruck zu erwecken, als seien späte dogmatische Entwicklungen, wie die Trinitätslehre und die Zweinaturenlehre, letztlich schon in den neutestamentlichen Texten implizit vorhanden. Die neutestamentliche Forschung sieht dies anders.
• Der Youcat gibt sich modern, macht jedoch inhaltlich keine Zugeständnisse an ein moderneres Verständnis des Katholizismus. Er verharrt auf den alten dogmatischen Positionen der katholischen Kirche. Eine Diskussion darüber mit Jugendlichen wird pro forma geführt, ist aber eigentlich nicht erwünscht.
• Der Youcat wirbt damit, dass Jugendliche an seiner Abfassung beteiligt gewesen seien. Tatsächlich scheint sich jedoch deren tatsächlicher Einfluss auf die Auswahl der Fotos beschränkt zu haben. Und vermutlich waren fast nur bereits gläubige Jugendliche dabei, die schon aufgrund ihres Alters wohl kaum in der Lage gewesen sein dürften, konträre Positionen zur üblichen dogmatischen Lehre des Katholizismus zu formulieren.
• Die Jugendlichen waren deshalb nur Mittel zum Zweck, die Gespräche mit ihnen letztlich Scheindialoge mit dem Ziel, den Jugendkatechismus besser platzieren und bewerben zu können. Tatsächlich werden Fragen, die Jugendliche besonders bewegen (Sexualität, andere Religionen, Hölle, Unfehlbarkeit, Gleichberechtigung der Frau), alle im Sinne des Lehramts beantwortet und an keiner Stelle die ausgetretenen Pfade katholischer Dogmatik verlassen. Ein Dialog sieht anders aus.
All dies ist unseriös. Vordergründig vertritt der Youcat eine Offenheit für die Wissenschaft, erwähnt sie jedoch überall dort mit keinem Wort, wo sie den dogmatischen Positionen der Kirche widerspricht. Ein nur verbales Akzeptieren von Wissenschaft aber ist Unwissenschaftlichkeit.
Verständlich wird diese Unseriosität durch das Ideologiebehaftetsein der katholischen Kirche. Der Katholizismus ist ein Hauptvertreter der religiösen Ideologie. Man erkennt dies leicht an folgenden Punkten:
• Die katholische Kirche reklamiert für sich einen besonderen Wahrheitsanspruch. Sie könne in Glaubensfragen nicht irren und deshalb auch nicht kritisiert werden. Eine solche Sicht ist ideologisch.
• Sie beruft sich auf heilige Schriften, die diese Wahrheit bezeugen sollen, aber von ihr selbst erst zu heiligen Schriften gemacht worden sind.
• Ein lehramtliches Politbüro wacht über die rechte Auslegung dieser heiligen Schriften und sanktioniert Interpretationen, die davon abweichen.
• Wie eine radikale politische Partei meint sie das Geschichtsgesetz erkannt zu haben, schwärmt von einer Urgesellschaft und wartet auf das Friedensreich, das dann anbrechen wird, wenn alle Gegner durch ein göttliches Gericht beseitigt worden sind.
• Die katholische Kirche verabscheut demokratische Strukturen im eigenen Apparat und ist hierarchisch aufgebaut. Die Führungsspitze wird kooptiert, nicht gewählt. Diese Hierarchie wird religiös hergeleitet und gerechtfertigt.
• Die Spitze der Hierarchie genießt quasireligiöse Verehrung. Wie bei einer Maidemonstration ist sie Mitte eines auf Pomp und Repräsentation ausgerichteten Ritualismus.
• Das religiöse Fußvolk dagegen hat so gut wie keine Möglichkeit, auf die Hierarchie einzuwirken. Es soll sich von der Kirche führen lassen.
• Wie andere Ideologien hat die katholische Kirche mit elementaren Grundrechten, also mit Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit oder der Gleichberechtigung der Frau, große Probleme. Und auch die Benachteiligung der Frau wird religiös gerechtfertigt.
• Die katholische Kirche hängt einem religiös-ideologischen Weltbild an, das sie auch dann noch vertritt, wenn dessen Unwissenschaftlichkeit längst erwiesen ist. Die Internalisierung dieses falschen Weltbilds verlangt sie von ihren Gläubigen.
Die Übereinstimmungen gerade der katholischen Kirche mit einer politischen Ideologie ist schon oft gesehen und beschrieben worden. Zusammen mit der konstatierten Unseriosität ist es deshalb durchaus gerechtfertigt, von Verführung der Jugend zu sprechen. Wie dies genau geschieht, soll in diesem Buch Frage für Frage erläutert erden.
Der hier schon vorweggenommene Einwand, der sicherlich als Reaktion auf den Titel gebracht wird, nämlich dass man auch Sokrates wegen Verführung der Jugend angeklagt hat, kann nicht überzeugen. Denn anders als die Kirche war Sokrates auf der Suche nach der Wahrheit und wähnte sich nicht im Besitz derselben.
Jugendliche haben etwas Besseres verdient als alte und längst widerlegte religiöse Phrasen, die auch durch rituelle Wiederholung nicht richtiger werden. Sie sind in der Regel viel aufgeschlossener, toleranter und freiheitsliebender als die etwas steifen Herren einer alten Religion. Man kann nur hoffen, dass sie den katholischen Menschenfischern (Mk 1,17) nicht ins Netz gehen, sich nicht ideologisch fremdbestimmen lassen, sondern ein Leben in freier Verantwortung und selbstbestimmter Zielsetzung zu führen versuchen. Dass sie sich lieber an die Menschenrechte als an die Zehn Gebote halten, lieber sich der Menschenwürde statt dem Gottesdienst verpflichtet fühlen.
Den Aufruf des Papstes „So lade ich euch ein: Studiert den Katechismus! Das ist mein Herzenswunsch“ wird man so jedenfalls nicht unterstützen können. Man muss nicht jeder Einladung folgen. Und der Satz des Papstes: „Ihr müsst wissen, was ihr glaubt“ bedeutet wohl eher: „Ihr müsst wissen, was ihr glauben sollt.“ Denn es ist katholische Tradition, die Inhalte des Glaubens zu präsentieren, nicht zu diskutieren.
So soll dieses Buch das erledigen, was die katholische Kirche aus Prinzip nicht leisten will, nämlich auch kritische Stimmen und Anfragen zu Wort kommen zu lassen und auf katholische Fragen einigermaßen vernünftige Antworten zu geben. Dies soll aber nicht bierernst, sondern durchaus auch auf ironische Weise geschehen. Die neuen Antworten auf die 165 Fragen bieten jedenfalls ein kritisches Kontrastprogramm zum Youcat, und es ist durchaus erwünscht zu zappen und die Programme zu vergleichen. „Studiert den Katechismus!“, ruft der Papst die Jugend auf. Aber dann doch bitte auch die kritischen Einwände zum Katechismus! Oder wie es beim Apostel Paulus heißt: „Alles prüfet, das Beste behaltet“ (1. Thess 5,21).
Das kirchliche Lehramt wird dies freilich anders sehen. Es sei an dieser Stelle herzlich gegrüßt.
Marburg, im September 2011
Heinz-Werner Kubitza
Der Youcat stellt gleich als Erstes die Frage nach dem Sinn des Lebens. Und die Vertreter einer Ideologie, in diesem Falle einer religiösen Ideologie können meist nicht anders, als für alle Menschen den gleichen Sinn vorzuschreiben. Wie in den Staaten des alten, real existierenden Sozialismus alle dazu verurteilt waren, diesen Sozialismus aufzubauen und ihm zu dienen, sollen in einer religiösen Ideologie wie dem Katholizismus alle Menschen Gott erkennen und ihn lieben. Da stellt sich sogleich die Frage: Was ist mit Menschen, die dem nicht folgen wollen? Die für ihr Leben andere Wege und andere Ziele sehen als die ausgetretenen katholischen Pfade? Die an einen anderen als den katholischen Gott glauben? Oder an gar keinen Gott? Die als Individuen sich nicht für ein Leben von der religiösen Stange entscheiden, sich keine Vorgaben und Ziele vorschreiben lassen wollen? Sie haben schlechte Karten. Denn für Abweichler, ob religiös oder politisch, gibt es bei keiner Ideologie Sitzplätze, sie werden mit Misstrauen beäugt und verfolgt. Diese Verfolgung Andersgläubiger oder Freidenker hat die katholische Kirche über Jahrhunderte blutig betrieben. Heute kann sie das nicht mehr, doch übrig geblieben ist immer noch die Drohung mit der Hölle, denn alle diejenigen, die nicht über das hingehaltene katholische Hölzchen springen wollen, werden nicht „eines Tages in den Himmel“ kommen. Für sie bleibt nur das andere Ende des Jenseits.
Jugendliche – aber nicht nur sie – sollten grundsätzlich allen gegenüber kritisch sein, die ihnen vorgaukeln wollen, der Sinn des Daseins bestehe in einem ganz bestimmten Verhalten oder im Annehmen und Nachbeten ganz bestimmter ideologischer Glaubenslehren. Sie sollten die Führung über ihr Leben sich von keinem Guru, keinem Papst, keinem Sektenführer oder Menschenfischer aus der Hand nehmen lassen. Heilsbringer und deren Propagandisten sind per se verdächtig, mögen sie noch so nett lächeln und sich auf noch so alte Traditionen berufen. Denn es ist immer falsch, wenn die Vielfältigkeit der Lebensentwürfe und die Mannigfaltigkeit der Denk- und Lebensweisen in die engen Bahnen einer angeblich einzigen und wahren religiösen oder politischen Ideologie hineingezwungen werden soll. Lange genug hatten die Menschen unter der religiösen Bevormundung des Denkens zu leiden. In vielen Ländern leiden sie darunter noch heute. Aufgeklärte Gesellschaften haben sich nur mit Mühe aus dieser religiösen Gängelung befreien können. Statt sich von beredten politischen oder religiösen Predigern vereinnahmen und in deren erstrebte uniformierte Gesellschaft einbauen zu lassen, sollte jeder seinem Leben aus eigenem Antrieb und in eigener Verantwortung selbst einen Sinn geben. Es ist natürlich schwieriger, sein Leben eigenverantwortlich zu gestalten, als sich dem Herdentrieb zu ergeben. Doch gehört es zur Würde des Menschen hinzu, es zu versuchen.
Schuf er uns denn? Nach dem Stand der gegenwärtigen wissenschaftlichen Forschung hat sich die menschliche Spezies – und mit ihr alle Lebewesen – in einem über Milliarden von Jahren sich hinziehenden Evolutionsprozess herausgebildet und ist keineswegs durch einen Schöpfungsvorgang eines Gottes entstanden.
Hätte Gott die Menschen erschaffen, wäre er dann nicht äußerst seltsam vorgegangen? Zunächst eine Vielzahl von Einzellern über Milliarden Jahre die Erde bevölkern zu lassen, dann durch die Erfindung der Geschlechtlichkeit eine schnelle Weiterentwicklung in höhere Lebensformen zu schaffen, in einem offenbar richtungslosen Prozess eine wilde Vielzahl von Lebewesen entstehen und wieder vergehen zu lassen, mehr als 99 Prozent aller unserer Vorgängerarten aussterben zu lassen, über viele Jahrmillionen die Erde mit riesigen Sauriern zu bevölkern, nur um auch diese dann wieder zu vernichten und kleinen Nagern das Feld zu überlassen, aus denen sich dann über Tausende von Zwischenstufen die Menschen entwickeln? Würden Sie so handeln, wenn Sie ein Gott wären? Und wäre ein solcher Schöpfer dann nicht auch verantwortlich für die Vielzahl der Bakterien und Viren, die es auf der Erde gibt und die zuweilen auch seine eigenen Gläubigen auf brutale Weise dezimieren? Der Malaria-Erreger, der Ebola-Virus und viele andere tödliche Biester (die vor allem natürlich die Armen hinwegraffen), sind auch sie Geschöpfe Gottes? Sind auch sie, wie es der Autor von Youcat nahezulegen scheint, „aus freier und uneigennütziger Liebe“ geschaffen? Dann vielen Dank auch! Am Geisteszustand eines Gottes, der auf solche Weise handelt, wären schon berechtigte Zweifel angebracht. Doch man braucht diese Gotteshypothese eben nicht, ja sie wäre sogar störend, denn die Vielfalt und den Wechsel des Lebens auf der Erde erklärt die Evolutionslehre viel besser als alle mythologischen Erzählungen der Bibel. Die Evolutionslehre kann das Aufkommen von Viren und Infektionskrankheiten erklären, eine Religion, die ernsthaft von einem liebenden Gott ausgeht, kann das aber nicht. Wer deshalb wissen will, wie es sich tatsächlich mit der Entstehung des Lebens und deren Vielfalt verhält, der darf keine mythologischen Texte zurate ziehen. Das Alte Testament trägt zu Erhellung dieser Frage nichts, aber auch gar nichts bei, die Kenntnisse hierzu kommen einzig und allein aus der wissenschaftlichen Forschung.
Die Bibel hat nicht nur kleine Fehler, sie transportiert ein grundsätzlich falsches Weltbild. Alle Kirchen, nicht nur die katholische, beharren jedoch darauf, dass die biblischen Schöpfungsmythen, wenn man sie auch nicht wörtlich verstehen sollte, etwas beizutragen hätten zur Frage der Entstehung und Vielfalt des Lebens. Doch dies ist reines Wunschdenken der Kirchen. Dennoch glauben tatsächlich circa 80 Prozent der Christen an die wörtliche Richtigkeit der Schöpfungsmythen der Genesis.
Jugendliche, aber nicht nur sie, sollten sich fragen, ob sie einer Glaubenslehre anhängen wollen, die den Erkenntnissen der Forschung derart grundlegend entgegensteht, und ob sie sich ihr Weltbild bestimmen lassen wollen von antiken Schriften, die es eben noch nicht besser haben wissen können, oder von angeblich modernen Kirchen, die immer noch meinen, ihre Religion hätte einen substanziellen Beitrag zur Frage der Entstehung und der Vielfalt des Lebens zu leisten.
Die Kirchen tun auch heute immer noch so, als sei die Suche nach Gott irgendwie dem Menschen eingepflanzt, als gehöre sie zur menschlichen Natur. Natürlich wollen die Menschen Erkenntnisse zu den grundlegenden Fragen des Menschseins erlangen (Wo komme ich her?, Wo gehe ich hin?, Wie soll ich handeln?), aber dies ist nicht zwangsläufig mit der Gottesfrage verbunden. Und überhaupt: Welcher der zehntausend Götter dieser Welt sollte denn da Antworten geben können? Es scheint klar, dass das Entstehen von Religion (im Allgemeinen) in einem bestimmten Entwicklungsstadium der Menschen evolutionäre Vorteile brachte, so z. B. die Erklärung unverständlicher Naturphänomene oder den durch eine gemeinsame Religion verursachten größeren Gruppen- und Stammeszusammenhalt. All dies natürlich völlig unabhängig von der Richtigkeit einer religiösen Lehre. Welcher Religion man angehört, ergibt sich in erster Linie daraus, wo man geboren ist. Dies ist keine Frage von Wahrheit, sondern von Sozialisation. Ein prinzipiell religiöser Mensch wie Papst Benedikt, nicht in Bayern, sondern in einem Vorort von Teheran aufgewachsen, wäre sicherlich auch in der muslimischen Glaubenswelt weit aufgestiegen. Dass heute aber auch viele Menschen ohne diese religiöse Gehhilfe auskommen, zeigt, dass das Verlangen nach Gott eben nicht dem Menschen eingeboren ist, es ist keine anthropologische Konstante, auch wenn die Kirchen das immer noch behaupten. Andernfalls wäre nicht zuletzt das zunehmende Verschwinden der Religion in den am weitesten entwickelten und gebildetsten Staaten, z. B. in Europa, schwer zu erklären. In Europa leben Millionen ohne den Glauben an Gott, und nur die Kirchen sind der Meinung, dass ihnen dadurch etwas fehlen würde.
Die katholische Kirche behauptet dies, ja meint sogar, man könne Gott sogar mit Sicherheit erkennen. Und sie beruft sich dabei vor allem auf eine Stelle im Römerbrief des Paulus. Wenn er es schreibt, dann muss es ja wohl stimmen, so scheint die Kirche nahelegen zu wollen. Hier wie an vielen anderen Stellen täte es der Kirche gut, sich weniger auf die Aussagen eines antiken Missionars als mehr auf den gesunden Menschenverstand zu berufen, der nicht durch die schwarze Brille der Dogmatik die Welt betrachtet. Im Übrigen hat Paulus den Gedanken einer Erkennbarkeit Gottes wohl aus der Stoa übernommen.
Die Frage der Erkennbarkeit Gottes durch die Vernunft ist eigentlich keine theologische, sondern eine philosophische Frage. Tatsächlich galt es vor allem im Mittelalter als ausgemacht, dass die bloße Existenz Gottes für jeden Menschen erkennbar sei. Aber da war die Philosophie auch noch die Magd der Theologie und eine nichtchristliche Philosophie quasi verboten. Doch diese Zeiten sind lange vorbei. Die Gottesbeweise, mit der die katholische Kirche auch heute noch gerne hausieren geht, sind spätestens seit Immanuel Kant keine akzeptierte Währung mehr. Eine im Mittelalter durch die Kirche kastrierte Philosophie hat ihre Sprache wiedergefunden und kommt heute ohne einen Gottesbegriff aus, ja ein solcher gilt heute geradezu als unvernünftig. Und wer ihn als Philosoph doch noch meint gebrauchen zu müssen, wie der katholische Philosoph Robert Spaemann, gilt unter seinen Kollegen als Exot oder schräger Vogel. Die Erkennbarkeit Gottes durch das Licht der Vernunft: Auch dieser Ladenhüter katholischer Theologie beeindruckt heute höchstens noch Unkundige. Oder eben Jugendliche, für die der Jugendkatechismus ja gedacht ist.
Diese Frage ist ein Scheinproblem, denn die Prämisse stimmt nicht: Gott ist eben nicht mit der Vernunft erkennbar (siehe Frage 4), auch wenn Paulus das zehnmal geschrieben hätte. Viel eher sind heute viele Menschen durch ihre Vernunft davon überzeugt, dass der Aufbau der Welt einen Gott eher unwahrscheinlich erscheinen lässt. Natürlich kann man auch die Existenz eines Gottes stringent nicht widerlegen. Dasselbe gilt jedoch auch für die Existenz von Schneewittchen, der fliegenden Teekanne, die angeblich den Mars umrundet, und dem Spaghettimonster (an der Begründung von Letzterem wird gearbeitet).
Youcat meint Ja – und beweist doch schon mit den Antworten auf die ersten Fragen, dass ihm weniger an vernünftigen Begründungen und logischen Argumenten gelegen ist als mehr an einer möglichst modern aufgeputzten Vermittlung längst überholter dogmatischer Lehrsätze, die auch von vielen Katholiken nicht mehr ernsthaft vertreten werden. Wenn es nur alter Wein in neuen Schläuchen wäre; aber hier zeigt sich das brackige Wasser rückständiger religiöser Positionen, das hier Jugendlichen angeboten wird. Man kann sicherlich solange nicht sinnvoll über Gott sprechen, solange eine bestimmte religiöse Position nicht ernsthaft auch hinterfragt werden darf und solange eine religiöse Ideologie ernsthaft meint, im Besitze der Wahrheit zu sein. Und solange nicht von religiöser Seite erkannt wird, dass Hinweise auf irgendwelche Zitate in alten Schriften oder gar in viel späteren Konzilsdokumenten auch nur irgendeine Beweiskraft in der Sache haben.
Um das Wesen Gottes zu erkennen, sei es nötig gewesen, dass Gott selbst sich offenbart. Hier wie bei den Abschnitten zuvor muss man fragen: Von welchem Gott ist die Rede? Welcher Gott der zehntausend Götter hat sich offenbart? Der Youcat denkt natürlich nur an den christlichen Gott, aber eine Gottesoffenbarung ist nichts, was den christlichen Gott von seinen Kollegen unterscheidet. Seit Tausenden von Jahren erfahren Menschen die Existenz und das Wesen ihrer Götter durch Offenbarung, in Trance, im Traum, durch heilige Schriften, durch heilige Männer und Frauen. Die Offenbarungen irgendwelcher Götter sind so sicher wie das Amen in der Kirche. Auch der Gott Mohammeds hat sich offenbart, die Götter der Griechen und Römer, die Götter Indiens und Chinas. Gläubige lassen sich nur deshalb von angeblichen Offenbarungen beeindrucken, weil sie in der Regel die religiöse Vielfalt nicht kennen, die unsere Welt zu bieten hat. Sie kennen in der Regel nur ihre eigene Religion. Doch warum sollte unter der Vielzahl der religiösen Offenbarungen ausgerechnet die Offenbarung ihres Gottes die richtige sein? Wer an solche Zufälle glaubt, sollte unbedingt Lotto spielen. Wunschdenken ist der Stoff, aus dem die religiösen Träume sind, und es ist auch hier wieder im Spiel. Und nebenbei: Wenn ein Gott sich offenbaren will, was spräche dagegen, dass er dies klar und deutlich und für alle einsichtig täte – und sichtbar für alle, wenn er denn schon so ein großes Interesse daran hat, wie es der Youcat ihm unterstellt. Aber eine durchgehende Eigenschaft der Götter ist nicht nur ihre Allmacht und Allwissenheit, sondern offenbar auch ihre notorische Unsichtbarkeit. Es wäre doch ein echter Knaller, wenn die Frage, welcher Gott nun der richtige sei, endlich durch göttliches Eingreifen gelöst werden könnte. Dann hätte man es auch den Gottesleugnern endlich gezeigt, und sie müssten sich zur Taufe anstellen. Andererseits weiß man ja nie: Vielleicht müsste sich nach einer solchen Offenbarung der Papst zu einer Pilgerreise nach Mekka aufmachen oder gar auf dem Petersplatz einen Jupitertempel einweihen. Die Offenbarung eines Gottes wäre zweifellos nicht nur für die Gottesleugner, sondern auch die übergroße Masse der Gläubigen ein Schlag vor den Kopf. Doch solange sich kein Gott wirklich zweifelsfrei offenbaren will, solange kann man es einem denkenden Menschen nicht verübeln, einfach anzunehmen, es gebe ihn nicht.
Konservative Religionen wie der Katholizismus denken unwissenschaftlich und haben ein gebrochenes Verhältnis zu modernen, historisch-kritischen Forschungsergebnissen, zuweilen auch zu denen ihrer eigenen historischen Forscher. So bringt Youcat allen Ernstes bei dieser Frage einen Hinweis auf Noah, mit dem Gott einen „Bund zur Rettung aller Lebewesen“ geschlossen habe. Gott macht sich, so Youcat, „in der Geschichte erfahrbar“? Soll damit tatsächlich gemeint sein, dass der Youcat hier den alten babylonischen Mythos einer Überschwemmung und die Geschichte von Noahs Arche und deren tierischen Passagieren für bare Münze nimmt und nicht für eine mythologische Erzählung, also Literatur? Die Formulierung im Youcat scheint dies nahezulegen, denn mit einer nur mythologischen Figur lässt sich ja schlecht ein Bund schließen. Aber wäre dann ein „Bund zur Rettung aller Lebewesen“ (Youcat) wirklich ratsam? Ausgerechnet mit dem Gott, der gerade den Rest der Welt jämmerlich ertränkt? Ein wenig unmoralisch wäre ein solcher Vorschlag allemal.
Auch Abraham wird vom Youcat erwähnt: Für die historische Forschung ist Abraham weder „Stammvater einer Menge von Völkern“, noch ist das Volk Israel aus ihm hervorgegangen. Viele Alttestamentler bestreiten die historische Existenz eines solchen Erzvaters überhaupt. Es ist ethnografisch immer eine Konstruktion, wenn sich ganze Völker auf einen angeblichen Erzvater zurückführen. Die religiöse Sicht auf Abraham speist sich aus den biblischen Erzählungen viel späterer Generationen, vermutlich erst aus nachexilischer Zeit, als die Frühgeschichte des Volkes Israel aus der Rückschau gedeutet und bewertet wurde – und sicherlich auch aus mancherlei theologischem Interesse heraus erfunden. Nicht nur die katholische Theologie ist in der Verlegenheit, dass sie Glaubensaussagen auf biblische Geschichten stützt, bei denen die historische Forschung deren späteres Gewordensein relativ sicher nachgewiesen hat. Die „Wahrheit“ des Glaubens wird so mit erfundenen Geschichten zu belegen versucht. Besonders die katholische Theologie hilft sich aus dieser Verlegenheit dadurch, dass sie die Ergebnisse der historischen Forschung einfach ignoriert und weiter wie im Mittelalter so tut, als seien diese Geschichten wirklich geschehen und als hätten die religiösen Helden der Vorzeit wirklich gelebt. Es mag auf fromme Christen erschreckend wirken, aber auch die Historizität des Mose wird von vielen Alttestamentlern kritisch gesehen, bis hin zur Leugnung auch dessen historischer Existenz. Das Volk Israel hat zur vermeintlichen Zeit des Auszugs noch gar nicht existiert, auch der Auszug selbst ist offenbar religiöse Dichtung oder nur die Erfahrung der Rettung einer Teilgruppe, die später dann auf das ganze Volk übertragen wurde. Ebenso handelt es sich bei der Sinai-Offenbarung, so wie sie beschrieben wird, um keine historische Situation. Und selbst die Landnahme, wo sich die Treue Gottes angeblich besonders gezeigt hat, ist wesentlich anders verlaufen, als die biblischen Geschichten erzählen. Die beiden israelischen Forscher Finkelstein und Silberman gar (vgl. deren Buch „Keine Posaunen vor Jericho. Die archäologische Wahrheit über die Bibel“) erklären sie für gänzlich nicht geschehen und die Israeliten im eigentlichen Sinne für Kanaanäer.
Doch all diese Forschungsergebnisse interessieren eine Religion nicht, die sich im Besitz der Wahrheit wähnt. Jugendliche und andere sollten sich aber überlegen, ob sie einer Religion ernsthaft angehören wollen, die ihre Dogmatik durchpauken will auch auf die Gefahr der intellektuellen Unredlichkeit hin und die auf wissenschaftliche Ergebnisse pfeift, wenn sie ihr nicht in den Kram passen. In späteren Kapiteln des Youcat wird man die Katze aus dem Sack lassen und den Jugendlichen vermitteln, dass die Kirche sich nicht irren kann und die Deutungshoheit für die Wirklichkeit hat. Solche Gäste soll man besser nicht ins Haus lassen, sie schaden nicht nur der Wahrheit, sondern auch der Stimmung.
Hier wird zunächst einmal unterstellt, dass Jesus der Sohn Gottes war. Diese Bezeichnung ist nicht unproblematisch, denn sie hat mithilfe von griechischer Begrifflichkeit aus dem vierten Jahrhundert im Hintergrund eine Wesensgleichheit von Vater und Sohn. Auch die protestantische und orthodoxe Theologie nimmt dies an. Nun lebte Jesus aber nicht in der Spätantike in Konstantinopel, sondern im ersten Jahrhundert in Palästina, war gläubiger Jude und als solcher strenger Monotheist. Er hätte es selbstverständlich als Blasphemie empfunden, neben Gott noch eine zweite oder gar dritte Person zu setzen. Erst eine viel spätere Theologie hat aus Jesus einen Gott bzw. einen substanzhaften Sohn Gottes gemacht. Die neutestamentliche Forschung streitet zwar darüber, ob sich Jesus irgendwie als „Menschensohn“ bezeichnet hat oder nicht. Doch es gibt praktisch keinen neutestamentlichen Forscher, der der Meinung ist, er habe sich als „Sohn Gottes“ bezeichnet. Und dies, obwohl es den Titel Sohn Gottes im Judentum durchaus gegeben hat. Er konnte dort z. B. den (irdischen) König Israels bezeichnen, also einen Menschen. Es hatte also dergestalt schon mehrere Söhne Gottes gegeben. Der dogmatische Christus der Kirche, der wesenhaft gottgleich ist und der auch mehr ist als ein Mensch, ist eine Erfindung späterer Zeiten. Übrigens sind auch mit den weiteren Hoheitstiteln Jesu wie Davidssohn und Menschensohn immer Menschen gemeint. Die Bezeichnung Menschensohn konnte zwar auch eine endzeitliche Figur meinen, aber nie einen Gott. Auch der von den Juden erwartete Messias (was ja nichts anderes heißt als Gesalbter; Könige wurden gesalbt) war ein Mensch und nicht Gott oder gottgleich. Noch bis weit ins vierte Jahrhundert hinein gab es heftigen Streit darüber, ob Jesus nun Gott wesensgleich sei oder nicht. Viele Gläubige bestritten das, die absurdere Sicht der Dinge hat sich aber durchgesetzt, wie oft in religiösen Systemen. Auf der Strecke blieb der historische Jesus, den man nicht nur seines Judeseins, sondern auch seines Menschseins entkleidete und zum Begründer und schließlich sogar zum Gott einer neuen Religion machte, die, hätte er sie gekannt, sicher aus vollstem Herzen abgelehnt hätte. Aber ein Toter kann sich nicht mehr wehren.
Ein schönes Beispiel für religiöse Lyrik findet sich im Youcat, wenn im Kommentar steht: „… wie weit die Liebe Gottes geht: Er trägt unsere ganze Last. Er geht alle Wege mit uns. Er ist in unserer Verlassenheit, unseren Leiden, unserer Angst vor dem Tod.“ Gläubige empfinden das so, aber natürlich ist auch dies Wunschdenken, was schon daraus erhellt, dass auch die Gläubigen anderer Religionen sich getragen fühlen etc. Es reicht offenbar schon, dass man meint, dass Gott hilft, eine Art religiöser Placebo-Effekt. Ihre Last müssen die Menschen aber schon alleine tragen oder mit anderen Menschen zusammen, ihre Wege schon alleine gehen oder mit anderen Menschen. Dies hat auch Jesus erkennen müssen, als er am Kreuz ausrief: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Jedenfalls steht es so im Markusevangelium, Matthäus und Lukas haben diese anstößige Stelle bereits gestrichen.
Der Katechismus sagt Nein, Jesus sei „Gottes letztes Wort“. Tatsächlich war es jedoch so, dass die dogmatische Karawane nach Abschluss der neutestamentlichen Schriften erst so richtig in die Gänge kam. Lange nach Jesu Tod wurden auf den großen Konzilien die wesentlichen Eckpunkte der neuen Religion geformt. Während man bis ins dritte und vierte Jahrhundert Jesus noch als subordiniert ansah, also als klar Gott untergeordnet, wurde er dann mit Gott auf eine Stufe gestellt bzw. als wesensgleich definiert. Und Gleiches galt auch für den Heiligen Geist, der aus einer Eigenschaft Gottes, als der ihn Jesus wohl noch verstanden hatte, ebenfalls zu einer göttlichen Person befördert wurde, auch auf die Gefahr eines christlichen Polytheismus hin. Sowohl die Gottheit Jesu wie auch die Gottheit des Heiligen Geistes sind also Erfindungen der alten Kirche und hätten Jesus sicherlich verärgert (vielleicht aber auch schmunzeln lassen). Also wenn das keine fortgesetzte Offenbarung ist! Die große Bedeutung Marias wurde erst auf dem Konzil von Ephesus 381 dogmatisiert, Fragen der Kirchenhierarchie und des Priestertums, der Sakramente und der Rechtfertigungslehre erst im Mittelalter und danach von Konzilien „definiert“. Während der Protestantismus sich eher zurückgehalten hat, hat der Katholizismus es sich nicht verkneifen können, auch noch nach der Aufklärung absurde Lehren zu dogmatisieren, so die unbefleckte Empfängnis Marias 1854, die leibliche Aufnahme Marias in den Himmel 1950 und, zum blanken Entsetzen auch fortschrittlich denkender Katholiken, die Unfehlbarkeit des Papstes 1871. An alle diese Absurditäten, von der Kirche Glaubenswahrheiten genannt, müssen sie als Katholik glauben, sonst werden sie nach dem Tode gleich in die Hölle weitergereicht. Ein Trost freilich bliebe: Es wären die interessanteren Leute dort.
Ja, warum eigentlich? Nach 2000 Jahren könnte man ja mal für 100 Jahre eine Kaffeepause machen. Doch das Christentum ist eine missionarische Religion, anders als z. B. das Judentum. Es kann nicht anders. Und alle Kirchen berufen sich dazu auf den sogenannten Taufbefehl. Demnach hat Jesus nach seiner Auferstehung bei Matthäus und kurz vor seiner Himmelfahrt zu den Jüngern gesagt: „Gehet hin in alle Welt und machet zu Jüngern alle Völker.“ Von Jesus selbst also soll der Auftrag zur Weltmission gekommen sein. Gegen diese übliche Sicht der Dinge hat die neutestamentliche Forschung jedoch angemerkt, dass es sich hier mit ziemlicher Sicherheit nicht um ein Zitat des historischen Jesus handelt, sondern um eine Erfindung der Gemeinde, vermutlich sogar des Evangelisten selbst. Denn aus den Paulusbriefen und der Apostelgeschichte wissen wir, dass die Jünger keineswegs von Beginn an sich den Heiden zuwandten. Vielmehr verblieben sie wohl bewusst im jüdischen Bereich. Dazu passt, dass es eine Reihe von Worten Jesu gibt, in denen er ein Ausgreifen in den nichtjüdischen Bereich dezidiert ablehnt. „Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel“ (Mt 15,24). Auch seine Jünger sendet er nur in Städte Israels. Für die Exegeten ist es relativ klar, dass Jesus offenbar partikularistisch gedacht hat, er hatte keine Botschaft für die „Heiden“, er sah sich offenbar nur als religiöser Erneuerer innerhalb des Judentums. Doch als Matthäus sein Evangelium abfasste, da war die Mission außerhalb des jüdischen Raumes schon voll im Gange. Er legt deshalb Jesus ein Wort in den Mund, das die Mission in den hellenistischen Bereich und in die Welt auf Jesus selbst zurückführt. Was ebenfalls noch für die späte Abfassung des Jesuswortes spricht, ist die dreigliedrige Taufformel (auf den Vater, den Sohn und den heiligen Geist), von der man weiß, dass sie relativ spät ist, denn die ersten Christen wurden offenbar auf Jesus bzw. den Namen Jesu getauft. Wie man auch an Hunderten anderer Stellen sehen kann, hatten die Evangelisten offenbar keine Skrupel, Worte Jesu wegzulassen, zu ändern oder hinzuzuerfinden, und sie haben damit der neutestamentlichen Forschung viel Arbeit bereitet. Es waren eben noch keine heiligen Schriften. Der sogenannte Taufbefehl, der in den blutigen Zeiten der Kirchengeschichte eine so verheerende Rolle spielte: Mit ihm hatte Jesus nichts zu tun.
Hinter dieser harmlosen Frage verbirgt sich einer der Ecksteine katholischer Ideologie. Jugendliche, die mit dem Katholizismus liebäugeln, sollten wissen, dass es für die Katholiken nicht nur die Bibel als vermeintliches Wort Gottes gibt, sondern auch noch die Lehrüberlieferung der Kirche, also das, was z. B. auf Konzilien verbindlich als katholische Lehre festgestellt, also definiert wurde. Wir hatten in Frage 10 ja schon gesehen, dass es in der katholischen Kirche Lehren gibt, für die sich nur mit exegetischer Gewalt Anhaltspunkte in der Bibel finden lassen, z. B. die Mariendogmen oder die Unfehlbarkeit. Während der Protestantismus sich nur auf die Schrift bezieht (sola scriptura), meint der Katholizismus für seine Wahrheit auch noch die Lehrtradition reklamieren zu können. Die Bibel ist für den Katholizismus also salopp gesagt nur die halbe Wahrheit, denn wie sie zu verstehen und was christlich, also katholisch ist, das bestimmen die Konzilien und das Lehramt. Im Youcat findet sich hierzu ein schönes Zitat des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965): „Die Heilige Überlieferung und die Heilige Schrift sind eng miteinander verbunden und haben aneinander Anteil. Demselben göttlichen Quell entspringend, fließen beide gewissermaßen in eins zusammen und streben demselben Ziel zu.“
Jugendliche sollten sich fragen, ob sie das wirklich annehmen wollen, also neben ihrer sicher verehrtender Bibel auch in absurden Konzilsentscheidungen wie der unbefleckten Empfängnis Marias oder der Unfehlbarkeit des Papstes so etwas wie den Ausfluss eines „göttlichen Quells“ zu erkennen. Ein Rat an dieser Stelle an Jugendliche, und nicht nur an diese: Der Protestantismus, der selbst auf vielen religiösen Holzwegen unterwegs ist, lehnt diese katholische Sicht der Dinge entschieden ab. Hier bleiben ihnen Marienverehrung, die Heiligen, absurde und laute dogmatische Bäuerchen von Päpsten vergangener Jahrhunderte (wofür diese dann den Heiligen Geist verantwortlich machen) wie auch viel katholischesoterischer Humbug in Gestalt von katholischer Volksfrömmigkeit, Wallfahrten und Reliquienverehrung erspart. Also wenn sie unbedingt meinen, Christ werden zu sollen, dann werden sie Protestant! Wobei man aber schon bedenken sollte: Was das Outfit anbelangt, können protestantische Pfarrer ihren katholischen Kollegen nicht das Wasser reichen. Aber man kann im Leben nicht alles haben.
„Die Partei, die Partei, die hat immer Recht“ sangen einst junge und alte Genossen im real existierenden Sozialismus. Dass dem nicht so war, werden heute auch ehemalige Kommunisten gerne oder auch nicht so gerne zugeben. Es ist eine Ideologie, wenn man annimmt, dass das sehr menschliche Phänomen, sich zu irren, auf Einzelne oder eine ganze Organisation nicht zuträfe.