Vierzig schwüle Nächte 5 - Xaver Ludwig Cocker - E-Book

Vierzig schwüle Nächte 5 E-Book

Xaver Ludwig Cocker

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Beschreibung

Sieben Männer flüchten sich in ein abgeschiedenes Haus und beginnen, sich zum Zeitvertreib Märchen im schwulen Gewand zu erzählen. In vierzig heißen Sommernächten dreht sich alles um wunderschöne Prinzen, lüsterne Ritter und sinnliche Hexenmeister. Begleiten Sie Schneeweißling und Rosenschoß durch den geheimnisvollen Wald, lernen Sie die Weisheiten des Phallusfachmanns kennen und finden Sie heraus, was es mit dem Fummelvogel auf sich hat! Garniert mit mehr als 60 Illustrationen.

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Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhaltsverzeichnis
Titel
Impressum
Die neunundzwanzigste Nacht
Der flotte Kurier
Poperzenberg
Rollig auf Reisen
Eselschweif
Der undankbare Gaffergast
Das Böhnchen
Der junggeglühte Wüstling
Die dreißigste Nacht
Des Mannsholden und des Weibsholden Glück
Der Hahnennarr
Die bettelnde Ehefrau oder Das widernatürliche Gefolge
Die zwölf willigen Werber
Der Hirtenbursche und der schweigsame Schönling
Die Schamtaler
Der gestohlene Liebesgruß
Die einunddreißigste Nacht
Auf Bräutigamschau
Das Borstenfell
Der Kuppler und seine sechs Freudenjungen
Fürst Eichelhut
Dietmars Lügenmärchen
Das Ei des Daus
Schneeweißling und Rosenschoß
Die zweiunddreißigste Nacht
Der nimmermüde Nepomuk
Der Nackte hinterm Fensterglas
Der unersättliche Kunz
Grapsch, der Fummelvogel
Der standhafte Hanno
Das neidische Bäuerlein
Die unanständigen Ausreißer
Die dreiunddreißigste Nacht
Das Waldalterchen
Märchen vom fliegenden Bettgestell
Der Zagelkönig
Der Schatztaucher
Der pfiffige Kuhhirte
Der Phallusfachmann
Der Mondputzer
Die vierunddreißigste Nacht
Die Gartengesellschaft
Die fünfunddreißigste Nacht
Ein Männergespräch
Hinweis an die Lesenden

Xaver Ludwig Cocker (Hrsg.)

Vierzig schwüle Nächte

Homoerotische Märchen aus dem Land der lila Liebeslust

Band V (29.-35. Nacht)

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Texte: © Copyright by X.L. Cocker

Umschlaggestaltung und Illustrationen: © Copyright by Yeoj

Verlag:

YEOJ Selbstverlag

J. Springstein

Marktlaubenstraße 9

35390 Gießen

[email protected]

Die neunundzwanzigste Nacht

Jetzt hausen wir schon über vier Wochen in Giovannis altem Waldhaus und haben erst jetzt den ominösen Geheimgang gefunden, von dem man ihm damals, als er das Anwesen kaufte, erzählt hatte. Das heißt, eigentlich hat ihn Arne gefunden und das nur rein zufällig. Als er gestern im Keller in den Schränken nach leeren Einweckgläsern suchte, hat er festgestellt, dass die innere Rückwand eines Kellerschranks lose war. Er zog sie zur Seite – und fand ein mannshohes Loch! Das ist die Öffnung zu einem Gang, der unter der Erde vom Haus wegführt und, wie wir heute Morgen herausgefunden haben, fast einen Kilometer westlich von hier endet. Aber der Reihe nach:

Nachdem wir gestern von Arne in den Keller geholt wurden, berieten wir, was zu tun sei. Margarete hat eine Kerze angezündet und auf ein langes Brett gestellt. Das Brett schob sie vorsichtig in den dunklen Gang hinein und auf Charlies Frage, warum sie dafür nicht eine Taschenlampe nehme, hat sie gesagt:

»Die Flamme zeigt uns, ob hier unterirdische Gase austreten. Diese Vorsichtsmaßnahme habe ich aus einem Kinderbuch gelernt.«

Die Kerzenflamme gab zwar nur mildes Licht, aber wir haben dank ihr herausgefunden, dass der Gang ungefährlich ist. Wer immer ihn angelegt hat, er machte sich die Mühe, ihn mit Steinen auszulegen und die Seitenwände mit Holzbrettern zu stabilisieren. Oben befindet sich ein Drahtnetz. Das lässt die Decke zwar einbruchssicher erscheinen, aber diverse Wurzeln von Bäumen und Sträuchern hängen trotzdem herunter. Spinnweben gibt es und kleine Löcher in den Hölzern, auch Dreck und Knochenreste, sodass wir davon ausgehen, dass im Gang wilde Kleintiere wohnen oder ihn zumindest als Verkehrsweg nutzen. Deshalb haben wir ihn für die Nacht wieder zugesperrt, damit kein tierischer Besucher über unsere Kellervorräte herfällt.

Heute Morgen haben sich Giovanni und Basil vorgenommen, den Gang zu erkunden. Sie haben altmodische Taschenlampen mitgenommen, weil ihre Handys die Gefahr, dass man uns ortet, erhöht hätten. Margarete und Charlie haben aus Dosen und anderem Haushaltszeug Helme für sie gebaut, falls das Drahtnetz die Decke nicht halten kann.

Der Rest von uns hat zwar versucht, in Haus und Garten die täglichen Pflichten zu erfüllen, doch Neugier und Ungeduld drängten uns immer wieder, den Abwasch, die Gießkanne oder den Wachposten zu verlassen und zum Keller zu eilen und zu lauschen. Unsere übervorsichtige Margarete hat den beiden Forschern einen Bindfaden mitgegeben, den sie systematisch abrollen sollten. Das Ende des Fadens hat sie an den Fuß des Schrankes gebunden und scharf beobachtet.

»Solange er gespannt ist und zittert, ist alles gut«, erklärt sie uns, »denn das heißt, dass die Männer vorankommen und leben. Bewahre, dass durch die Vibration ihrer Schritte der Gang einstürzt!«

Am frühen Nachmittag sind Basil und Giovanni zurückgekehrt, zwar völlig von Staub bedeckt, aber gesund. Sie wären keinem Tier begegnet, sagen sie, nur einmal hätten sie etwas davonhuschen sehen.

»Auch Skelette von verirrten Menschen gibt es keine«, fügt Basil mit trockenem Humor hinzu.

»Der Gang endet abrupt in einer Blindwand«, sagt Giovanni, »und dort lehnt eine Leiter. Die Sprossen sind halb verrottet, aber per Räuberleiter habe ich Basil an die Decke gehoben, wo wir eine Art Brunnenschacht fanden. Wenn man dort durchkriecht, müsste man mitten im Wald herauskommen.«

Wir entscheiden, dass der dubiose Ausgang erst morgen untersucht werden soll, und Max, Arne und Charlie melden sich freiwillig dafür. Giovanni ist erleichtert darüber, denn der Kraftakt der Räuberleiter hat ihm sein fortgeschrittenes Alter schmerzhaft in Erinnerung gerufen.

»Ich bin völlig geschafft«, gesteht er und bittet darum, in der heutigen Erzählrunde beginnen zu dürfen. »Ich fürchte nämlich, je länge unsere Märchennacht voranschreitet, desto wahrscheinlicher wird es, dass ich dabei einschlafe. Wie lautete unser heutiges Thema? Sexuelles Erwachen, nicht wahr? Nun, hoffentlich gefällt euch, wie ich dieses Motiv umgesetzt habe.«

Kurz nach dem Abendessen sammeln wir uns wieder im Garten und Giovanni beginnt sein Märchen.

Der flotte Kurier

Es war einmal ein kleiner Junge, der hieß Aljoscha. Er hatte große braune Augen unter seinen schwarzen Strubbellocken, damit schaute er staunend aus dem Fenster seines mütterlichen Häuschens in Wald und Welt hinaus. Er staunte über die vielen Birken und ihren weißen Glanz. Er staunte über die riesigen Pilze, die im Herbste wuchsen. Und er staunte über die Bärenjungen, die im Frühjahr durchs Gehölz tapsten. Seine Mutter, die alte Frau Korks, erklärte ihm geduldig die Umgebung, wie sie es eben verstand, doch das brachte Aljoscha noch mehr zum Staunen. Er riss seine Augen weiter und immer weiter auf, bis sie beinahe aus den Höhlen traten.

»Herrje, Kind«, rief da Frau Korks, »dir fallen die Äugelein noch aus, wenn du weiter so glotzt.«

Und damit das nicht geschehe, behielt sie Aljoscha im Häuschen und erlaubte ihm nie, nach draußen zu gehen. Also wuchs er behütet und sicher auf und kein Giftpilz konnte ihm schaden, kein wilder Bär beißen und kein Birkenast seine zarte Haut mit Pech verkleben. Das ging ein paar Jahre so und Aljoscha war’s zufrieden.

Eines Tages aber zogen zwei wohlgestalte Herren an die andere Seite des Birkenwaldes. Es waren nicht etwa Brüder oder Gevattern, sondern zwei Männer, die in Liebe und Lust einander zugetan waren. Da sie nichts von Aljoscha wussten – wie hätten sie auch von ihm wissen können, wenn er tagaus, tagein in der Stube hockte? – tollten sie nackt durchs Gehölz, lachten und spaßten und trieben ungehemmt miteinander, was wohlgestalte Herren in Dickicht und Buschwerk eben gern zu treiben pflegen. Weil das aber nicht lautlos geschehen kann, hörte der Junge alsbald von ihrem Tun, rannte ans Fenster und hielt Ausschau, woher die rauen Stimmen und tiefen Stöhner kämen. Kaum hatte er die beiden Herren entdeckt, klopfte ihm das Herz und ein Glanz trat ihm in die Augen, der Neugier und Sehnsucht verriet.

»Mütterchen, lass mich hinaus«, bat er. »Ich möchte die freie Natur auf der Haut spüren, wie es jene Männer tun, und mit ihnen toben!«

»Bewahre«, erschrak da Frau Korks, riss Aljoscha von den Scheiben fort und warf die Fensterläden zu. »Schände dein Augenlicht nicht! Guck weg! Das sind böse Kerle, Hexer, Tunichtgute!«

Fortan blieben die Läden geschlossen, sobald die Sonne schien, und nur des Nachts oder während eines Regens durfte Aljoscha hinausschauen, denn dann blieben die Herren in ihrer Hütte und Frau Korks konnte gewiss sein, dass ihr Junge an ihrem Anblick keinen Schaden nahm.

Nun hatten aber die zwei wohlgestalten Herren bemerkt, dass zwei große braune Jünglingsaugen sie beobachtet hatten. Ja, so groß waren Aljoschas Augen mittlerweile geworden, dass man sie von Ferne leuchten sah! Die Herren hatten ebenso bemerkt, dass jene Augen unter herrlich schwarzen Wuschellocken herausgelugt hatten.

»Wo das Haupt von dichtem Haar geschmückt ist, mag der Schoß es gleichfalls sein«, mutmaßten sie und wollten gern, sehr gern mehr von dem Nachbarsjungen wissen; allein Frau Korks ließ nicht zu, dass sie sich mit dem Sohn bekannt machten, und verbat sich jeglichen Gruß.

Aber, ach!, eine sorgende Mutter kann nicht allezeit zugegen sein und eine Vorratskammer füllt sich nicht von selbst. So kam der Tag, an dem sie hinaus in den Wald gehen musste, um Beeren und Pilze zu pflücken. Ehe sie aufbrach, ermahnte sie Aljoscha, die Türe gut abzusperren und niemanden einzulassen. Aljoscha sperrte artig zu, hockte sich an den Ofen und horchte, wie die Schritte der Mutter sich entfernten. Lange, lange Zeit darauf blieb es still und niemand klopfte an die Tür. Plötzlich, als die Sonne im Mittag stand, pochte es doch, und als Aljoscha fragte, wer das sei, ertönten draußen tiefe Männerstimmen:

»Aljoscha Wuschelkopf,sei kein dummer Tropf!Öffne die Tür einen Daumen weit,ein Wunder steht für dich bereit!«

Doch Aljoscha wollte nicht öffnen. Die Stimmen draußen flehten nun verführerischer und ihr warmes Raunen bescherte dem Jungen einen wunderlichen Schauer.

»Ich würde euch aufmachen, aber ich fürchte mich vor meiner Mutter«, gestand er. »Darum will ich nicht öffnen, nein, auf keinen Fall!«

Während er sprach, linste sein rechtes braunes Auge durchs Schlüsselloch und sah das Wunder, von dem die Herren gesprochen hatten: Ein langes, feuchtes, hartes, haariges Glied war es, dessen Aroma durch die winzige Öffnung bis in Aljoschas Nüstern drang und einen zweiten, gewaltigeren Schauer über seinen Rücken jagte. Wer weiß, was geschehen wäre, wenn nicht knackende Äste von der Rückkehr Frau Korksens gekündet hätten! Aljoscha erzählte ihr, wie die Herren an die Tür gepocht hätten, er ihnen aber nicht aufgemacht habe.

»Es war sehr gut, dass du beharrlich geblieben bist, Söhnchen«, lobte die Mutter. »Die beiden sind böse Hexer. Hättest du ihnen geöffnet, so hätten sie dich fortgetragen und werweißwas mit dir angestellt.«

Sie wollte nicht sagen, worum es sich bei werweißwas genau handelte. Darum verheimlichte Aljoscha ihr auch, dass er durchs Schlüsselloch gesehen und was er dort erschaut hatte. Die Mutter dachte wiederum, sie könne ihrem Jungen vollends vertrauen, nun da er der Versuchung so erfolgreich widerstanden hatte, und sagte, sie wolle anderntags wieder in den Wald gehen und Früchte sammeln. Darüber war Aljoscha froh und wusste trotzdem nicht, wieso er sich freute.

Kaum war Frau Korks am nächsten Morgen im Walde verschwunden, pochte es wieder an die Tür und die Männerstimmen tönten noch freundlicher als zuvor:

»Aljoscha Wuschelkopf,sei kein dummer Tropf!Öffne die Tür zwei Daumen weit,zwei Wunder steh’n für dich bereit!«

Abermals rief Aljoscha, er wolle nicht aufmachen. Dabei hätte er ja doch gern geöffnet und sich die Männer und deren Wunder von Nahem betrachtet. Draußen begannen die Herren zu zittern, obgleich es gar nicht kalt war, und da packte den Jungen das Mitleid. Er öffnete ihnen schließlich ein ganz, ganz klein wenig die Tür, damit sie gerade ihre beiden Wunder durch den Spalt in die Stube stecken konnten, um sich aufzuwärmen. Die Herren dankten ihm und steckten die Glieder ins Häuscheninnere. Kurz darauf war aber schon ein Bein drin, dann der ganze Leib und ruck-zuck waren sie gänzlich drin, haschten nach Aljoscha, fingen ihn und warfen ihn sich über die Schulter. Noch während er um Hilfe schrie, liefen sie mit ihm davon, mitten durch den Wald, ihrer eigenen Hütte zu.

Frau Korks war mit ihrem Korb just in der Nähe. Sie hörte die Rufe des Jungen, eilte flugs herbei und entriss ihn den Händen der Herren. Zu Hause bekam der nichtsnutzige Aljoscha zwei Ohrfeigen zum Denkzettel, damit er kein zweites Mal fremden Männern die Türe öffne. Er versprach auch, es nie wieder zu tun. Wie er aber später im Bett lag und sich die glühenden Wangen rieb, dachte er:

»Die Mutter hat mich mit kralligen Händen gepackt und herbe fortgeschleift, zudem in mein Gesicht geschlagen. Die Herren hingegen trugen mich sanft auf ihren starken Schultern, ihre Finger streichelten mich liebevoll. Die Mutter hat mit krächzender Stimme geschimpft, die Herren lachten voll Wärme und Heiterkeit.«

Er grübelte und sann und wunderte sich sehr, denn er spürte, dass bei diesem Vergleich irgendetwas nicht stimmte. Nur was?

In den nächsten Tagen blieb Frau Korks daheim und Aljoscha ertappte sich dabei, wie er sich dringend wünschte, sie möge fortgehen – und wenn es nur wäre, um im Garten ein paar Kräuter zu rupfen. Immer wieder wandten sich seine großen braunen Augen der Türe zu in der Erwartung, jemand würde klopfen. Aber nichts geschah und seine schwarzen Strubbellocken hingen traurig von seinem Haupt herab.

Endlich zwang eine dringende Besorgung Frau Korks, einen Gang zum Markt zu unternehmen, und sie musste Aljoscha zum dritten Male allein zu Hause lassen. Da stieß er die Fensterläden auf und hielt Ausschau nach den zwei wohlgestalten Herren. Er entdeckte sie, wie sie einen Spaziergang zwischen den Birken unternahmen. Allerdings kamen sie nicht näher und achteten seiner nicht. Da öffnete er die Scheiben und rief:

»Werte Herren, mögt ihr nicht an mein Häuschen kommen?«

Zuerst meinte Aljoscha, die Männer hätten ihn nicht gehört, denn nur langsam schlenderten sie in seine Richtung. Dann schöpfte er neue Hoffnung und rief:

»Werte Herren, mögt ihr nicht an meine Türe pochen?«

Die Männer traten näher und taten ihm den Gefallen, doch schwiegen sie dabei still und gaben kein Wort von sich.

»Werte Herren«, fragte Aljoscha, »wollt ihr nicht um Einlass bitten und mich mit euren Wundern locken?«

Da sahen sich die zwei an, schmunzelten und antworteten:

»Aljoscha Wuschelkopf,sei kein dummer Tropf!Öffne die Tür und komm heraus,drei Wunder...«

Weiter kamen sie nicht, denn der Junge hatte die Tür bereits aufgestoßen und sprang den Herren von selbst entgegen, sein eigenes Glied entblößend. Nun brachen die Herren in Gelächter aus, fassten Aljoscha bei der Hand und tänzelten mit ihm durch den Wald, der eigenen Hütte entgegen. Obgleich sie laut waren und sich Zeit ließen, erwischte sie Frau Korks nicht mehr, als sie vom Markt heimkam. Als sie das Fehlen ihres Söhnchens entdeckte und zur Nachbarhütte stürzte, ertönten aus deren Innern Laute solchergestalt, dass sie erkannte:

»Ich bin zu spät! Aus den Fängen der Hexer kriege ich mein Kind doch nicht mehr heraus.«

Und sie trottete von dannen, um nie mehr zurückzukehren, und so trottet sie auch aus diesem Märchen für immer. Wir wollen aber schauen, wie es Aljoscha bei den beiden Herren erging. Das waren mitnichten Hexer – zumindest keine bösen – und Aljoscha war auch nicht von ihnen verzaubert worden. Nein, es war dessen eigene Neugier und Lust, die ihn in die Arme der zwei getrieben hatte, und er wiegte sich darinnen wie in einem süßen Traum. Hatte er dessen genug, wühlte er in dem krausen Brusthaar seiner neuen Freunde, suhlte auch in ihren Schößen und fasste, lutschte, rieb und schmeckte, was es bei Männern eben zu fassen, zu lutschen, zu reiben und zu schmecken gibt. Weil er ein gelehriger Junge war, brachten ihm die Herren vielerlei bei, was dem leiblichen Vergnügen nützlich war, und da brauchte es keine Fensterläden, denn der heiße Atem der drei ließ die Scheiben beschlagen, bis niemand mehr von draußen hereinsehen konnte.

So ungestüm die Jugend ist, so unbesonnen ist sie auch. Aljoscha wollte nicht aufhören, das Handwerk der Lust zu lernen, drängte auf immer neuen Unterricht und wollte fortwährend üben, üben, üben. Die wohlgestalten Herren wussten es aber besser.

»Ein tüchtiger Liebhaber braucht Ruhepausen und Stärkung«, mahnten sie. »Geh und hole Feuerholz, wir wollen Speck und Eier braten und am Kamin plaudern.«

Aljoscha ging hinaus und hackte die dicken Äste zu Scheiten, und weil er ein geschickter Junge war, brauchte er nicht lange. Er brachte einen ganzen Haufen zusammen, trug ihn in die Hütte und bald flackerte ein lustiges Feuer im Herd.

»Es ist genug, mein Junge«, lobte einer der Herren, der sich Miklos nannte. »Das brennt ja bis morgen früh!«

»Lass es nur brennen, Onkelchen«, gab Aljoscha zurück. »Ein Feuer ist immer angenehm und es plaudert sich besser, wenn’s hell ist.«

»Da hast du recht«, stimmte der andere Herr zu, der Arpad hieß. »Während wir den Flammen zuschauen und warten, bis Eier und Speck zum Verzehr bereit sind, wollen wir uns die Zeit mit einer Geschichte vertreiben. Miklos, fällt dir nichts ein?«

»Mir kommt tatsächlich eine Legende in den Sinn, aus der unser junger Freund etwas lernen kann«, nickte der Angesprochene. »Nachdem der Mann von den göttlichen Mächten erschaffen worden war, stritten sich Vernunft und Wollust, wer von ihnen das neue Geschöpf leiten dürfe. Einig waren sie sich anfangs nur in einem: Niemals wollten sie gemeinsam herrschen, sondern stets abwechselnd. Wer aber sollte der Mächtigere sein? Wer durfte bestimmen, wann des anderen Herrschersfrist herum war? Da beschlossen sie, derjenige solle den Vorrang über den Mann haben, der die neue Kreatur mit dem schönsten Schmuck beschenkt.

›Wem von uns sich der Mann zuwendet, weil er das bessere Geschenk bringt, der soll auch sein Meister sein‹, entschied die Vernunft.

Die Wollust erklärte sich einverstanden. Wie nun die Vernunft die Augen schloss, um nachzusinnen, mit welchem Werkzeug oder welcher Schrift er die neue Kreatur erfreuen konnte, harrte die Wollust nicht, sondern stürzte sich auf den Mann, kehrte ihn herum und begann, dessen hinteren Ausgang zu hegen und zu pflegen, zu wässern und zu pflügen, bis jener After einer erblühenden Rose glich. Als das die Vernunft sah und merkte, dass die Kreatur mitnichten Schrift und Werkzeug beachtete, solange die Rose blühte, sprach sie:

›Du hast gewonnen, Wollust, die Vorherrschaft über den Mann gebührt dir. Doch prophezeie ich dir, dass deine Herrschaft Zwist und Leid bringen wird.‹

Falls nämlich die Vernunft Meister unserer Sinne geworden wäre, würden wir allzeit bedacht handeln, die Folgen unseres Tuns abwägen und friedlich miteinander leben. Der Wollust jedoch ist es zu verdanken, dass wir von Gier nach immer neuen Vergnügungen geplagt werden, zugleich unser Liebesglück mit niemanden teilen mögen und daher der Eifersucht erliegen.«

Nachdem Miklos geendet hatte, sah er Aljoscha erwartungsvoll an. Der wusste jedoch nicht, was sein Blick bedeutete, schaute unsicher zu Arpad, aber auch der schwieg, als ob er vom Jungen ein Wort erwarte. Aljoscha konnte nichts tun als mit den Achseln zu zucken. Da verfinsterten sich die Gesichter der wohlgestalten Herren. Arpad nickte Miklos zu, der daraufhin eine dünne Gerte hervorholte und damit Aljoschas blankem Hintern einen scharfen Schlag verabreichte, dass die Luft zischte. Kaum spürte der Junge den Schmerz, da war er schon in einen jungen Hirsch verwandelt. Als solcher sprang er durchs Fenster, lief ins Dickicht und äste vom trockenen Grase, während Arpad und Miklos drinnen den Speck und die Eier genossen. Später legten die beiden Herren sich zur Ruhe und ließen Aljoscha in seiner Tiergestalt draußen. Erst am nächsten Morgen öffneten sie die Tür, fanden den Hirsch in einer Kuhle und schlugen ihn ein weiteres Mal mit der Gerte. Da ward er wieder zu dem Strubbelkopf mit den großen Augen und staunte.

»Ich weiß, mein Junge, dass du hungrig bist«, sprach Arpad. »Hole frisches Wasser, dann frühstücken wir.«

Er verriet ihm aber nicht, warum er ihn für die Nacht in einen Hirsch verwandelt hatte. Der Tag verging und abends fanden sich die drei wieder am Feuer ein. Das Essen war schneller gekocht als gestern und erst, nachdem alle satt waren, bat Miklos:

»Arpad, weißt du heute ein Märchen, um uns die Zeit bis zum Schlafengehen zu vertreiben?«

»Ei, freilich«, erwiderte Arpad. »Es war einst ein Soldat, der in seiner Uniform recht flott und stattlich aussah und darum großen Eindruck machte. Das mochte daher gekommen sein, dass die Schneiderin nicht mehr ausreichend Stoff gehabt hatte, und Wams, Hosen und Ärmel recht eng anlagen, sodass die Form seines Leibes deutlich zur Geltung kam. Daran ergötzten sich manche Leute. Sie grüßten ihn auf der Straße, suchten seine Nähe, labten sich an seiner Gestalt und nahmen wohl vielerlei Eindrücke mit in ihre nächtlichen, feuchten Träume. Der Soldat genoss natürlich die Zuwendung und erfreute sich seiner Beliebtheit. Eines Tages wurde er auf ein Fest eingeladen, bei dem ausschließlich junge Burschen zugegen waren, und als er dort in seiner Uniform auftauchte, stürzten sie sich auf ihn und gestatteten ihm, mit ihnen alles anzustellen, wonach ihn gelüstete. Das ließ der Soldat sich nicht zweimal sagen. Alles an ihm stand stramm und zum Kampf der Leidenschaften bereit. Die Burschen gaben sich ihm hin, doch durfte er kein einziges Mal das Wams ausziehen, nicht die Stiefel abstreifen oder gar den Hut absetzen. Das wunderte den Soldaten doch sehr. Nichtsdestotrotz fand er große Befriedigung auf jenem Fest und die Burschen freuten sich lang an seiner Kraft und Ausdauer.

Einige Tage später sollte wieder solch ein Fest stattfinden und der Soldat hatte Lust, einmal mehr daran teilzunehmen. Es wollte der Zufall aber, dass an jenem Tag seine Uniform in der Wäscherei war und er gewöhnliche Kleider anziehen musste. Die waren weder schick noch eng. Als er damit auf dem Feste erschien, würdigten ihn die anderen Burschen keines Blickes, mieden seine Gesellschaft und der Soldat gewann den Eindruck, dass keiner ihn überhaupt erkannte. Da ging er missmutig heim und hatte etwas über die Leidenschaften junger Burschen gelernt. Was das war? Hört nur weiter!

Denn sobald seine Uniform frisch gewaschen war und er damit durch die Straßen ging, grüßten ihn die Leute wieder, warfen sich aufdringlich in seinen Weg und wetteiferten um seine Gunst. Ein besonders fescher Bursche trat auf ihn zu und sprach:

›Flotter Soldat, wollt Ihr heute Abend zu unserem Fest kommen? Es ist eins, auf dem ausschließlich lüsterne Burschen feiern werden.‹

Der Soldat sagte zu. Doch als es dunkel wurde, legte er die Uniform ab und befahl ihr, ohne ihn auf das Burschenfest zu gehen. Er steckte ihr auch einen Zettel in die Tasche, mit dem sie sich den Gastgebern vorstellen sollte. Und weil die Willenskraft des Soldaten überaus stark war, gehorchte die Uniform und marschierte von selbst dem Feste zu. Dort öffnete man die Tür und war verwundert, die Uniform ohne den stattlichen Inhalt vorzufinden. Ja, man erschrak und ängstigte sich, weil sie sich ohne fremde Hilfe bewegte. Der Ärmel griff in die Tasche, holte den Zettel heraus und reichte ihn dem Gastgeber. Auf dem Zettel stand:

›Werte Burschen! Da Euch mehr an der Gesellschaft meiner Kleider liegt als an meinem Wesen, schicke ich selbige Euch zu, damit Ihr miteinander dem Vergnügen frönt. Schickt sie jedoch vor dem Morgengrauen zurück.‹

Da standen die dummen Burschen mit der leeren Uniform und wussten nicht was tun, denn öffnete man die Hose, war nichts als Luft drin; unterm Wams befand sich nur Leere und die schlaffen Ärmel konnten nicht fest packen, was fest angepackt werden wollte. Die Uniform aber blieb auf dem Fest und verdarb mit ihrem Spuk die Stimmung, sodass keine rechte Leidenschaft aufkam. Da beschloss der Gastgeber, auf den Zettel ein Antwortschreiben aufzusetzen, welches lautete:

›Flotter Soldat, kommt das nächste Mal bitte selbst auf unser Fest, denn uns ist Euer Wesen lieber als die Hülle.‹

Als anderntags der Soldat die Worte las, war er wieder fröhlich und verpasste fortan kein Burschenfest mehr.«

Nun war das Märchen zu Ende und abermals schwiegen Arpad und Miklos und starrten Aljoscha an. Weil der immer noch nicht wusste, was das Schweigen zu bedeuten hatte, ward erneut die Gerte geschwungen – diesmal verwandelte sich der Junge in eine Zauneidechse und flüchtete vor Schreck durch eine Ritze in der Hüttenwand. Draußen suchte er ein Plätzchen unter einem Stein und konnte nur noch dumpf die Laute der Wollust hören, die aus der Hütte drangen; denn Arpad und Miklos nutzten die Nacht, um einander zu verwöhnen und all das nachzuahmen, was der Soldat mit den Burschen im Märchen getrieben hatte.

Am Morgen kroch die Zauneidechse unterm Stein hervor, wärmte sich in den Strahlen der Morgensonne und wartete, bis einer der Herren herauskam und ihn fand. Kaum ward die Gerte ein zweites Mal geschwungen, stand er wieder als Aljoscha da und sollte Wasser fürs Frühstück holen. Warum er verwandelt worden war, erfuhr er wieder nicht. Der Tag verging und abends fanden sich die drei erneut am Feuer ein.

»Miklos, weißt du heute ein Märchen, um uns die Zeit bis zum Schlafengehen zu vertreiben?«, fragte Arpad.

»Freilich«, erwiderte Miklos und erzählte:

»Es waren einmal zwei Knaben und jeder war dem anderen heimlich zugetan, ohne sich aber offen zu bekennen. Darum wussten sie lange Zeit nicht, dass ihre Zuneigung jeweils erwidert wurde. Eines Tages tollten sie fröhlich durch den Wald, und weil die Sonne hitzig war, kamen sie ins Schwitzen.

›Ich weiß einen Wasserfall, wo wir uns erfrischen können‹, sagte der eine Knabe und hoffte, den anderen auf diese Weise dazu zu bringen, sich zu entkleiden und mit ihm, Haut an Haut, zu baden.

Der andere Knabe folgte auch artig und freute sich bereits, den Freund bald in seiner nackten Schönheit bewundern zu dürfen. Kaum hatten sie den Wasserfall erreicht, riss er sich Hemd und Hosen vom Leibe und blickte den anderen erwartungsvoll an. Dessen Gesicht aber verfinsterte sich und er sprach:

›Kleide dich schleunigst an, wir verschwinden hier.‹

›Aber das frische Wasser?‹, fragte der Knabe, über den plötzlichen Wechsel der Laune verwundert.

›Ich mag nicht mit dir baden‹, war alles, was sein Freund antwortete.

Auf dem Rückweg grübelte derjenige, der bereits nackt gewesen war, über das Geschehen und fragte sich:

›Hat mein Freund sich vor meinem Leib geekelt, als er ihn unbedeckt gesehen hat? Ging er nicht mit mir ins Wasser, weil er sich meiner Gesellschaft schämt?‹

Mit all diesen Fragen im Kopf ward der Knabe immer trauriger und trauriger und meinte schließlich, den Beweis zu haben, dass sein Freund ihn nimmer lieben würde. Darum ergriff er die erstbeste Gelegenheit, um seinem Dasein ein Ende zu bereiten, sah um sich und fand eine Giftpflanze, die er sich sogleich einverleibte. Der andere Knabe sah’s, erschrak und brach in Tränen aus:

›Warum willst du dein Leben so grausam beenden?‹

›Weil du dich vor mir ekelst und dich meiner Gesellschaft schämst‹, erwiderte der Vergiftete und begann, sich vor Schmerzen zu krümmen.

›Wie kommst du nur darauf?‹, wunderte sich der Knabe.

›Du wolltest plötzlich nicht mehr mit mir unter den Wasserfall, als du meinen bloßen Leib erblicktest‹, ächzte der Vergiftete unter Schmerzen.

›Du Dummkopf‹, jammerte der andere. ›Während du dich entkleidetest, blickte ich nach oben und sah eine Schlange am Kopf des Wasserfalls, wie sie dort in der Mittagssonne schlummerte. Ihr Zahn lag bloß und das böse Gift tropfte davon herab in das Quellwasser und verunreinigte es. Wie konnte ich zulassen, dass du dich in die Gefahr begibst und in Schlangengift badest?‹

Da erst erkannte der Knabe, dass sein Freund in wahrhaft liebte. Allein es war zu spät.«

Es trat Ruhe ein und Aljoscha spürte, dass die Herren erwarteten, dass er etwas sage. Diesmal überwand er sich und sprach:

»Das ist aber ein trauriges Märchen.«

Arpad und Miklos seufzten, sahen einander an und griffen abermals zur Gerte. Ein Zischen in der Luft, ein Zwiebeln am Hintern und – oh Wunder – Aljoscha ward zu einem Rotmilan. Er flatterte durchs Fenster hinaus, stieg in die Lüfte und wusste nicht, warum er nach jeder Geschichte verzaubert wurde. Darum beschloss er, in seiner jetzigen Gestalt fortzufliegen und niemals zu den Herren zurückzukehren.

»Mutter hatte recht«, klagte er, »die zwei sind wirklich böse Hexer.«

Er wollte schon das Häuschen seiner Kindheit aufsuchen, da erspähte sein Vogelauge eine Gruppe kräftiger Holzfäller, die am Waldrand ihr Lager aufgeschlagen hatten. Ihre Statur und ihr raues Gebaren gefielen Aljoscha, darum ließ er sich in der Nähe auf einem Ast nieder und beobachtete sie. Wie es der Zufall wollte, war der Älteste der Holzhacker gerade dabei, ebenfalls ein Märchen zu erzählen, und als er geendet hatte, rief der Jüngste:

»Dankeschön, Onkel, dass du so schöne Märchen erzählst! Erzählst du uns noch eins?«

»Gerne doch«, lächelte der alte Holzfäller.

»Oh, vielen Dank«, sagten da die anderen.

Das merkte sich der Rotmilan. Nachdem das Erzählen und Dankesagen vorbei war, schwang er seine Flügel und kehrte voller Freude zu Arpad und Miklos zurück, um ihnen noch am Nachtlager zu berichten, was er erlebt hatte – und dass er gelernt hatte, sich für ein Märchen zu bedanken. Als das die beiden hörten, lachten sie und Arpad sagte:

»Los doch, Miklos, gib dem Jungen einen Schlag mit der Gerte!«

Miklos schlug und Aljoscha wurde wieder zu dem Strubbelkopf. Weil es mittlerweile schon Morgen geworden war, schmausten sie gemeinsam, unterhielten sich und gaben sich ihren Leidenschaften hin. Jedes Mal, wenn Arpad den Jungen am Gliede beglückte, rief er:

»Danke, Onkelchen, dass du mir den weißen Saft herauslutschst!«

Und wenn Miklos den jungen Hintern aufspießte, juchzte Aljoscha:

»Vielen, vielen Dank für diese tiefen, innigen Stöße!«

Ja, er bedankte sich unentwegt und die Herren scherzten:

»Er hat zwar gelernt, danke zu sagen, doch hält er damit gar nicht mehr inne. Wir müssen ihn mit Küssen zum Schweigen bringen oder besser den Mund mit unseren Gliedern stopfen, auf dass er auch einmal Ruhe gibt!«

Sprachen’s und setzten Gesagtes sogleich in die Tat um, was Aljoscha durchaus gefiel. Wir können uns denken, dass er kein zweites Mal daran dachte, zur Mutter zurückzukehren. Wir können uns auch denken, dass er Arpad und Miklos nicht länger für böse Hexer hielt. Allerdings kommt im Leben eines Jungen irgendwann der Tag, an dem es ihn hinaus in die Welt drängt, um alles, was er gelernt hat, in der Fremde auszuprobieren.

»Eure Geschichten gehen mir nicht mehr aus dem Kopf«, sprach er zu den Herren. »Der Wunsch keimt in mir, ebenfalls ein flotter Soldat zu werden. Zudem möchte ich die Liebe eines Knaben gewinnen, ohne dass böses Gift unser Glück zu früh zerstört. Ob Vernunft oder Wollust mich dabei regieren, wird sich zeigen.«

Arpad nahm Aljoscha in den Arm und erwiderte sanft:

»Zwar schmerzt es uns, dich ziehen zu lassen, denn du warst uns ein guter Hausgenosse. Doch freuen wir uns darüber, dass du Abenteuer und Liebe suchst und nicht für immer in diesem Wald versauern möchtest, denn um deine Jugend wäre es schade. Darum segnen wir deine Entscheidung und geben dir ein Geschenk, das dir vielleicht nützlich sein wird.«

Er nickte Miklos zu und jener überreichte Aljoscha die Gerte, mit der er ihn einstmals den Hintern gescheuert hatte.

»Dies ist eine Zaubergerte«, erklärte er. »Hau auf dein Gesäß und du wirst dich in einen Hirsch, eine Eidechse oder in einen Rotmilan verwandeln. Mit diesen Gaben wirst du gewiss ein Soldat, wie es keinen Zweiten gibt, und im Heer des Zipfelzaren einen hohen Posten ergattern. Doch hüte dich, das Geheimnis der Gerte zu verraten, und meide Männer, die nicht danke sagen können.«

Aljoscha versprach, die Warnungen im Kopfe zu behalten, und wanderte nach innigen Umarmungen und Abschiedsküssen in die weite Welt hinein, dem Palast des Zipfelzaren zu. Dort, das war jedermann bekannt, waren Männer mit prächtigen Zipfeln zwischen den Schenkeln gern gesehen und Aljoscha hoffte, freundlich empfangen zu werden. Für sein Glied jedenfalls, das zipfelgleich unterm schlanken Bauch baumelte, brauchte er sich nicht zu schämen.

Nach ein paar Tagen Fußmarsch kam ihm ein Mann zu Pferd entgegen. Der trug einen Vollbart und betrachtete Aljoscha mit Wohlwollen, griff sich auch zwischen die Beine, während er grüßte, und deutete damit Lust auf leibliches Kennenlernen an. Aljoscha grüßte zurück und lächelte zum Zeichen, einer solchen Begegnung nicht abgeneigt zu sein. Da sprach der Reiter:

»Hübscher Bengel, wohin bist du unterwegs?«

»Zum Zipfelzaren, um Soldat in seinem Heer zu werden.«

»Das schaffst du nur, wenn dein Zipfel ansehnlich und kühn ist. Zeig ihn mir und ich werde dir sagen, ob dein Weg sich lohnt!«

Aljoscha gehorchte, ließ die Hosen fallen und präsentierte sein Glied, das vor jugendlicher Fröhlichkeit zuckte und schwoll.

»Das lässt sich sehen«, grinste der Fremde, holte seinerseits hervor, was ihn zum Manne machte, und rieb sich, am Anblick Aljoschas sich ergötzend, zu einem keuchenden Höhepunkt. Dann packte er alles wieder ein und sprach:

»Zum Palast des Zipfelzaren ist es noch weit. Sitz auf und ich bringe dich hin. Auf dem Wege können wir unsere Männlichkeiten noch eindringlicher miteinander bekannt machen.«

Aljoscha aber schüttelte den Kopf.

»Du hast dir mittels meiner Blöße einen Höhepunkt verschafft, doch mir weder gedankt noch meinerseits Freude geschenkt. Darum lasse ich mich nicht auf dich ein.«

Mit diesen Worten ließ er den Bärtigen stehen und schritt weiter. Der Reiter runzelte die Stirn und war in seinem Stolz getroffen. Solch ein Jüngelchen wollte ihm Anstandsregeln beibringen? Nicht gewohnt, auf diese Weise verschmäht zu werden, sann der Fremde auf eine List, um es Aljoscha heimzuzahlen. Zügig ritt er zum nächsten Hof, tauschte sein Pferd gegen einen Schimmel, rasierte sich den Vollbart bis auf einen Schnauzer ab und gab sich damit ein ganz neues Aussehen. Hernach galoppierte er zurück, holte Aljoscha ein und grüßte ihn, als ob er ihn zum ersten Mal im Leben träfe.

»Wohin des Wegs?«, fragte er und der Junge, der ihn nicht erkannte, gab dieselbe Antwort wie zuvor.

»Wenn du die Strecke schaffen willst, brauchst du eine Stärkung«, behauptete der Reiter. »Hier, lutsch mir den Männersaft aus meinem Zipfel, wie es die Soldaten des Zaren tun, wenn sie in den Krieg ziehen. Besser, du gewöhnst dich jetzt schon an diese Art Verpflegung; umso freundlicher wird man dich im Heer aufnehmen!«

Aljoscha glaubte den Worten und hätte angesichts des prächtigen Gliedes ohnehin daran schlecken wollen. Er reckte den Hals, öffnete seinen Mund und sog an dem Zipfel, dass der Schnauzbart des Fremden aufgeregt zitterte. Arpad und Miklos hatten ihn die Kunst des Lutschens vorzüglich gelehrt, sodass es nicht lange dauerte, bis der Reiter die Kehle des Jungen mit schmackhafter Sahne füllte.

»Das wird dir für den Rest des Weges reichen«, war alles, was der Reiter sagte.

»Ich danke dir für die Stärkung«, erwiderte Aljoscha und sah den Fremden erwartungsvoll an.

»Du kannst gern mehr haben, wenn du mir eine Verschnaufpause gönnst«, feixte jener.

Da trübte sich das Gesicht des Jungen und er seufzte:

»Ich muss verzichten, hoffte ich doch, auch du würdest dich bedanken für die Wohltat, die ich an deinem Zipfel verübte, oder wenigstens durch eigenes Saugen an meinem Glied vergelten, was ich dir Gutes getan. Weil du aber selbstsüchtig nur auf deinen Vorteil aus bist, will ich dich nicht wiedersehen.«

Er marschierte fort, der Fremde aber grinste in sich hinein und dachte, er könne den Jungen auch ein drittes Mal austricksen. Daher tauschte er beim nächsten Hof den Schimmel gegen einen Esel, rasierte sich den Schnauzer weg und veränderte seine Erscheinung dadurch abermals. Kurze Zeit später hatte er Aljoscha eingeholt und fragte:

»Was wanderst du so traurig querfeldein?«

»Was soll ich nicht traurig sein«, seufzte Aljoscha. »Zweimal traf ich einen flotten Mann, der sich nach wollüstigem Vergnügen als undankbar entpuppte.«

»Daran musst du dich gewöhnen«, log der Reiter, »denn hierzulande kennt man das Wort ›danke‹ nicht.«

Das wunderte Aljoscha zunächst und er fürchtete, aufgrund des Gebots der beiden Herren nun gar keine Liebschaft mehr knüpfen zu können. Der Reiter redete ihm allerdings ein, der Verzicht auf ein Danke würde den Austausch männlicher Freuden nur erleichtern.

»Wollen wir alle nicht das Gleiche? Wozu sich mit Anstandsfloskeln aufhalten, die nichts bedeuten und nur die Zeit fürs Vergnügen rauben? Ob ein Dank ehrlich gemeint ist, kann man sowieso nie wissen.«

Das leuchtete Aljoscha ein und er meinte zu erkennen, dass in einer Stadt ohne Dankeschöns das Gebot der Herren keine Gültigkeit haben könne. Darum ließ er sich bedenkenlos auf das Angebot des Fremden ein, einander ohne alberne Höflichkeitssitten Gutes zu tun.

»Auf dem Esel bin ich lang genug gesessen, nun will ich auf dir und deinem Zipfel sitzen«, sagte der Bartlose. »Mit einem Ritt auf dir komme ich zwar nicht von der Stelle, aber desto wilder und hemmungsloser will ich auf deinem Sattelknauf pendeln!«

Das war nicht in den Wind gesprochen – der Fremde wusste wahrhaftig, wie man auf jugendlichen Hüften den Hintern zu schwingen hatte. Aljoscha genoss die warme Enge, die sich um seinen Zipfel schloss, und erlaubte dem Reiter, alles an Sahne herauszupumpen, was sein Gesäß aufnehmen wollte. Hei, wie das Gestöhn der beiden durch Feld und Flur hallte!

Nachdem der Hunger nach Leidenschaft bei beiden gestillt war, fragte Aljoscha, wen er da eigentlich so reich beglückt hatte.

»Ich bin ein Kurier des Zipfelzaren.«

»Müssen jene nicht eine Uniform tragen?«, wollte Aljoscha wissen.

»Ja, wenn sie im Dienst sind«, lautete die Antwort. »Ich habe heute aber meinen freien Tag.«

Der Kurier bot Aljoscha an, ihn mit zum Palast des Zipfelzaren zu nehmen und ihm auf der Reise alles über das Leben dort zu berichten. Insgeheim hoffte er, unterwegs noch häufig von der ungestümen Wollust, die jungen Burschen eigen ist, profitieren zu können. Aljoscha, nichts mehr auf die Warnung der Herren gebend, willigte ein und bezahlte, ohne es zu merken, jede Auskunft des Kuriers mit einem sinnlichen Dienst des Leibes.

Der Junge bemerkte den Betrug erst, als sie in der Zarenstadt anlangten und er allenthalben die Leute höflich »bitte« und »danke« sagen hörte. Empört wollte er den Kurier zur Rede stellen, doch der verspottete ihn bloß und ritt seiner Wege. Da beschloss Aljoscha:

»Nie wieder soll mich ein Kerl an der Nase herumführen! An dem alten Kurier werde ich mich rächen. Statt Soldat im Heer zu werden, will ich mich selbst auf einen Kurierposten bewerben, und dank der Zaubergerte werde ich bald der beste Mann auf diesem Gebiet sein!«

Gesagt, getan. Er meldete sich im Palast an und der Zipfelzar ließ ihn vorsprechen. Von Aljoschas angenehmen Äußeren angetan, lauschte er dem Anliegen aufmerksam und nickte schließlich:

»Junge Kuriere kann ich immer gebrauchen. Doch ehe ich dir einen Posten geben kann, muss ich deine Flinkheit und Geschicklichkeit erst auf die Probe stellen. Drei Tage lang sollst du mir ohne Lohn dienen und dann werde ich sehen, ob ich dich gebrauchen kann.«

Das schreckte Aljoscha nicht ab und fröhlich nahm er die Aufträge entgegen, die der Zipfelzar ihm gab. Es galt, kleine Botschaften zwischen Thronsaal und Stallungen hin- und herzutragen, Wünsche und Aufträge an die Palastküche zu überbringen sowie Einladungen an vornehme Leute aus der Stadt zu senden. Aljoscha erledigte all dies mit höchster Beflissenheit und war so geschwind, dass man allenthalben staunte. Keiner wusste, dass er sich einer Zaubergerte bediente und immer, wenn er unbeobachtet war, damit auf seinen blanken Hintern hieb. Bald schlüpfte er als Zauneidechse mit einem kleinen Briefchen im Maul durch die Ritzen der Palastmauer, bald schwebte er als Rotmilan von Dach zu Dach und mied somit die verwinkelten Gassen der Stadt. Kein Wunder also, dass der Zipfelzar nach drei Tagen gestehen musste, dass Aljoscha der schnellste Kurier war, der je für ihn gearbeitet hatte.

»Ich gebe dir auf der Stelle den höchsten Kurierposten, den es in diesem Amt gibt«, entschied er. »Fortan sind alle Kuriere dir unterstellt.«

Das erfuhr schon bald der betrügerische Fremde, der selbst gern den obersten Posten gehabt hätte. Nun musste er Aljoscha zähneknirschend gehorchen und beneidete ihn sowohl um das Amt als auch um die Gunst, die jener genoss. Er fügte sich drein, schwor sich aber, bei nächster Gelegenheit Aljoscha aus Amt und Würden zu treiben.

Es verging einige Zeit ohne Zwischenfälle, bis eines Tages ein Brief aus dem Nachbarreich eintraf, in welchem dem Zipfelzaren der Krieg erklärt wurde – um das Land »von Sünde und Schmach zu befreien«, wie es darin hieß.

»Im Nachbarland sieht man es nicht gern, wenn wir hier unter Männern der Wollust frönen«, sagte der Zipfelzar. »Unsere Leidenschaft wollen wir uns nicht kampflos nehmen lassen. Wenn sie den Krieg wollen, so sollen sie ihn haben. Wir ziehen ihnen entgegen. Aljoscha, als mein oberster Kurier begleitest du mich. Nimm deine fähigsten Leute mit, denn in Kriegszeiten müssen viele Depeschen eilig von Ort zu Ort gebracht werden.«

Aljoscha gehorchte und sammelte eine Schar verlässlicher Kuriere um sich. Unbemerkt schlich sich der betrügerische Bartlose unter sie, denn er witterte eine sich nahende Gelegenheit, dem Widersacher eins auszuwischen.

›In Kriegszeiten kommt es oft zu Verlusten und Todesfällen‹, dachte er. ›Wieso sollte ausgerechnet Aljoscha nichts zustoßen? Wenn nötig, helfe ich nach und man wird glauben, der Feind habe ihm den Garaus gemacht.‹

Zipfelzar, Heer und Kuriere brachen zu Pferde auf und ritten viele Tage, bis die Grenze des Reiches in Sichtweite kam. Als man dort die wehenden Fahnen der Feinde ausmachte, ward ein Zeltlager aufgeschlagen. Kaum hatte der letzte Soldat Quartier bezogen, sahen alle, wie der Zipfelzar von einem Zelt zum anderen lief und etwas suchte, was er aber nicht fand. Er tastete zuerst seine Taschen, dann jene der Soldaten und Kuriere ab. Niemand wusste, was er vermisste, aber es getraute sich keiner, ihn auszufragen. Endlich rief er die Generäle und die Kuriere zusammen und jammerte:

»Ein Unglück ist geschehen! Ich besitze drei Zauberlieder, die uns im Kampf gegen die Feinde helfen sollten. Das erste Lied zwingt sie zum Mitsingen, das zweite rührt sie zu Tränen und das dritte Lied schläfert sie ein. Aber ich habe die Notenblätter bei meinem Neffen, dem schönen Zagelwitsch, vergessen.«

»Das ist wirklich ein großes Unglück«, meinte ein General. »Wir sind schon zu weit vom Palast entfernt, um sie zu holen. Kein Mensch auf der Welt kann so schnell laufen, um den Weg jetzt noch hin und zurück zu machen.«

»Ach, ach«, klagte der Zipfelzar. »Wenn es doch jemand schaffte, dem würde ich den Zagelwitsch zum Gemahl geben.«

Da meldete sich Aljoscha und bot eifrig an, den Botendienst zu versuchen. Obwohl die anderen Kuriere abschätzig lachten, klammerte sich der Zipfelzar an diese letzte Hoffnung und reichte Aljoscha einen Brief, in dem der Zagelwitsch gebeten wurde, die drei Lieder dem Kurier auszuhändigen.

»Während meiner Abwesenheit sind Tor und Türen des Palastes verschlossen«, sagte er, »doch mithilfe des Siegels wird man dich erkennen und einlassen. Bringe die Nachricht meinem Neffen und komm recht bald zurück. Ich will dir mein bestes Pferd geben.«

»Euer bestes Pferd brauche ich nicht«, entgegnete Aljoscha.

Er nahm den Brief entgegen, verließ das Zeltlager und schlug sich, sobald er sich unbeobachtet fühlte, mit der Gerte auf den Hintern. Da war er zum Hirsch geworden, der den Brief zwischen den Enden des Geweihs trug, die Gerte aber im Maul behielt, und sprang in weiten Sprüngen durchs Land. Als er den Palast erreichte, hieb er die Gerte gegen seine Lenden und ward zum Rotmilan. Der packte Gerte und Brief in seine Krallen und flog über die verschlossenen Mauern hinweg. Die Wachposten am Turm des Zagelwitschs waren allerdings eingeschlafen und nirgends fand Aljoscha den Schlüssel. Also ging er vor dem Turm nieder, verwandelte sich in eine Zauneidechse und schlang den Schwanz um den Brief, um anschließend die Mauern zu erklimmen.

Es gelang. Nach einer halben Stunde erreichte er den Sims, legte den Brief ab und schlug mit der Gerte, die er die ganze Zeit im Maul behalten hatte, auf sein Hinterteil. Nun saß er in seiner menschlichen Gestalt am Fenster und der Zagelwitsch bekam einen gehörigen Schrecken. Aljoscha musste ihm erst den Brief seines Onkels zeigen, damit er am Siegel erkannte, dass er keinen Feind vor sich hatte.

»Der Zipfelzar er-erbittet die drei-ei Zauberlieder«, stotterte Aljoscha, denn die Schönheit des Zagelwitsch raubte ihm schier den Atem.

Noch nie hatte er ihn aus der Nähe gesehen. Seine braunen Augen waren groß wie nie zuvor und staunten den Neffen des Zipfelzaren an, während jener die drei Zauberlieder aus einer Schublade holte, in einen Umschlag tat und ihn Aljoscha in die Hand legte. Da zuckte unser Held, als ob die Berührung ihn wie ein Blitz getroffen hätte, und war endgültig verliebt. Der Zagelwitsch bemerkte den starren Blick seines Besuchers natürlich, aber weil die braunen Augen Aljoschas lieb und ehrlich dreinschauten, duldete er die Glotzerei nicht nur, sondern fühlte sich sogar recht wohl dabei. Darum versuchte er, den Kurier noch eine Weile bei sich zu behalten, um sich weiter anstaunen zu lassen.

»Wie kommt es, dass du so schnell von der Grenze hierher kamst?«, fragte er.

»Das ist meiner Zaubergerte zu verdanken«, antwortete Aljoscha. »Ohne sie hätte ich dich nicht in so kurzer Zeit erreicht.«

Weil der Zagelwitsch ihm nicht glaubte, wollte Aljoscha die Macht seiner Gerte unter Beweis stellen. Er reichte sie ihm und bat:

»Drisch mir damit auf meine nackten Backen!«

Jener kicherte belustigt, schwang die Gerte – und nun war es an ihm zu staunen, als plötzlich ein ausgewachsener Hirsch in seinem Gemach stand. Eher aus Furcht als aus Klugheit hieb er ein zweites Mal zu und stand vor einer kleinen Eidechse. Ein dritter Schlag und der Rotmilan kreiste unter der Decke.

»Das ist ein Wunder«, rief der Zagelwitsch. »Doch lass mich noch einmal die Gerte schwingen, um dich wieder zum Menschen zu machen. Denn als solcher gefällst du mir am besten.«

»Ist dies dein Ernst, Zagelwitsch, so trifft sich das gut«, frohlockte Aljoscha, nachdem er seine wahre Gestalt wieder angenommen hatte. »Dein Onkel will dich nämlich demjenigen zum Gemahl geben, der den Kurierdienst am schnellsten erfüllt.«

Der Zagelwitsch klatschte übermütig in die Hände und hüpfte vor Freude, weil er sich gleichfalls in die schönen, großen braunen Augen Aljoschas verliebt hatte.

»So eile dich, damit wir unserer Hochzeitsnacht nicht allzu lange harren müssen«, rief er. »Zum Beweis, dass du der Bote warst, der mir die Lieder abnahm, sollst du aber drei Wahrzeichen hierlassen.«

Aljoscha hieß den Einfall gut, verwandelte sich einmal mehr in Hirsch, Eidechse und Rotmilan und ließ sich vom Zagelwitsch ein Fellbüschel, eine Schuppe und eine Feder ausreißen. Dann flog er mit den Liedern im Schnabel aus dem Fenster hinaus in die Weite.

Er glitt eine geraume Weile durch die Luft, aber bald wurden ihm die Flügel schwer vor Müdigkeit. Er landete und nahm die Gestalt eines Hirsches an.

»Die Kraft verteilt sich auf vier Beinen besser als auf zwei Flügeln«, meinte er und sprang querfeldein.

In der Ferne konnte er bereits das Zeltlager erkennen; allein es plagte ihn der Durst. Da kam er an einem Brunnen vorbei, dessen tiefer Grund mit Wasser gefüllt war. Er verwandelte sich in einen Menschen zurück, legte Gerte und Notenpapier beiseite und beugte sich hinab, um mit einem Eimer aus der Tiefe des Brunnens Wasser zu schöpfen. Leider übersah er den dunklen Schatten, der im Gebüsch lauerte. Das war niemand anderes als der alte Kurier, der betrügerische Bartlose, der Aljoscha heimlich gefolgt war, nachdem jener das Lager verlassen hatte. Natürlich hatte er mit dessen Geschwindigkeit nicht mithalten können, doch die Verwandlung in einen Hirsch hatte er beobachtet. Er wusste nun um das Geheimnis seines Widersachers und er wusste auch um den Weg, den der Hirsch eingeschlagen hatte.

»Auf derselben Strecke wird er zurückkehren«, hatte er gemurmelt, »und die Zauberlieder bei sich haben. Stehle ich sie ihm, kann ich sie dem Zipfelzar überreichen und kriege den Zagelwitsch zum Gemahl!«

Das war der Grund, warum er sich im Gebüsch bei dem Brunnen versteckt gehalten hatte, und das war auch der Grund, warum er sich heimlich von hinten anschlich, als Aljoscha sich zum Wasser neigte. Er gab dem Jungen einen Tritt und jener stürzte in die Tiefe und versank. Hämisch lachend riss der alte Kurier die Noten an sich, lief damit ins Zeltlager und erklärte:

»Ich bin Aljoscha gefolgt, als er vorhin aufbrach, und sah, wie er nicht in die Richtung des Palastes eilte, sondern in Feindeslager ging. Er muss ein Spion sein! Da blieb mir nichts anderes übrig, als selbst zum Zagelwitsch zu eilen und die Lieder zu besorgen.«

»Wie hast du das geschafft, wo Aljoscha doch um vieles geschwinder ist als du?«, wunderte sich der Zipfelzar.

»Er mag schneller sein als ich, doch als erfahrener Kurier kenne ich alle Abkürzungen und Schleichwege.«

Der Zipfelzar lobte den Bösewicht, wappnete seine Soldaten mit den Zaubernoten und führte sie singend an. Die Lieder taten ihre Wirkung. Die Feinde mussten mitsingen, weinen oder einschlafen und niemand fand die Kraft, gegen das Heer des Zipfelzaren zu kämpfen. Da war der Sieg seiner und man kehrte heiter und ohne jeglichen Schaden zum Palast zurück.

Der Zagelwitsch lief dem Heerzug in froher Erwartung entgegen. Als aber sein Onkel ihm erzählte, dass er den alten Kurier heiraten solle und Aljoscha ein Spion sei, wurde er unendlich traurig, zog sich in seinen Turm zurück und wollte nie wieder herauskommen.

»Du musst dich aber für die Hochzeit fertig machen«, bestand der Zipfelzar. »Ich habe es doch dem Kurier versprochen und als Herrscher muss ich meine Versprechen halten.«

Der Zagelwitsch mochte seinen Onkel nicht in Bedrängnis bringen, aber trotzdem nicht heiraten. Daher erfand er vielerlei Gründe, warum die Hochzeitsfeier verschoben werden müsse, und gab vor, es fehle ihm hier etwas und dort wäre noch etwas zu besorgen. Damit gewann er Zeit, sich mit den neuen Umständen abzufinden. Der Bösewicht nahm die Verzögerungen hin. Je mehr Zeit verging, dachte er, desto wahrscheinlicher wurde es, dass sein Widersacher im Brunnen ertrunken war.

Aljoscha hatte in dem Brunnen jedoch nicht den Tod gefunden. Zwar war er tief gefallen, doch am Grunde des Wasser wohnte ein Nöck, der ihn rettend auffing und vor dem Ertrinken bewahrte. Allein er vernarrte sich in den Menschenjungen und dessen prächtiges Glied.

»Zum Dank für die Rettung sollst du bei mir bleiben, damit ich mich mit deinem Zipfel vergnügen kann«, feixte er und begann sogleich, mit glitschigen Fingern an Spitze und Schaft herumzuspielen. »Du wirst mein Gespiele sein. Lass meine kalten Flossen und deine warmen Glieder zusammenkommen, auf dass wir unsere Leiber vereinen!«

Aljoscha wusste sich nicht zu wehren und musste dem liebestollen Nöck gefügig sein. Ja, selbst wenn er sich ihm hätte entreißen können, aus dem tiefen Brunnen hätte er nicht herausgekonnt.

›Vielleicht lässt der Nöck mich frei, wenn ich ihm ein schlechter Liebhaber bin‹, überlegte er.

Allerdings hatten ihn Arpad und Miklos zu gut unterrichtet – er war nicht fähig, die Wollust anderer auf langweilige Weise zu befriedigen. Das wiederum freute den Nöck sehr und so vergnügte er sich mit dem Jungen unentwegt. Derart heftig ging es zu, dass Aljoschas Leib gar keine Zeit fand, in dem kühlen Nass eine Erkältung zu bekommen.

Oben, wo längst der Frieden wieder eingekehrt war, lag immer noch die Zaubergerte; und sie läge wohl heute noch da, wenn nicht Arpad und Miklos des Wegs gekommen und sie gefunden hätten.

»Sieh an, die gehört doch unserem Freund Aljoscha«, sagte Miklos.

»Wo die Gerte ist, wird er nicht weit sein«, fügte Arpad hinzu.

Sie sahen sich um, doch erblickten sie Aljoscha nirgends. Erst als aus dem Brunnen verräterisches Platschen und Stöhnen emporstieg, schauten sie auch dort hinein und erkannten die schwarzen Strubbellocken, die nass glänzten.

»Werte Herren, helft mir heraus«, bat Aljoscha. »Ich bin in die Fänge des Nöcks geraten. Er schläft zwar im Augenblick, doch hält er mich an meinem Zipfel fest und ich kann mich nicht befreien.«

»Wir werfen dir die Zaubergerte hinab«, antworteten seine Freunde. »Verwandle dich und du kannst ihm entschlüpfen.«

Gesagt, getan. Aljoscha fing die Gerte und überlegte, was er tun sollte. Als Rotmilan würde sein Gefieder nass und schwer werden, als Hirsch hingegen konnte er mit den Hufen nicht die Brunnenwand erklimmen.

»Also bleibt nur die Gestalt der Zauneidechse«, entschied er, gab sich einen Hieb – und erschrak, da selbst in der neuen Gestalt der Nöck ihn fest im Griff hatte.

»Er hält mich an meinem Schuppenschwanz«, rief er hinauf.

»Dann wirf ihn ab, wie es alle Eidechsen in einem solchen Falle tun«, rieten die Herren ihm.

Schweren Herzens ließ Aljoscha also seinen Schwanz – ganz nach Eidechsenart – abbrechen. Hernach kletterte er die Brunnenwand hinauf, bis er bei Arpad und Miklos ankam. Die nahmen ihm die Zaubergerte weg, ehe er sich zurückverwandeln konnte, und hatten dazu allen Grund:

»Du musst jetzt eine Zauneidechse bleiben, bis dein Schwanz nachgewachsen ist. Wirst du vorher zum Menschen, bleibst du verstümmelt. In deiner jetzigen Gestalt jedoch kann dein Leib wieder zu Kräften kommen. Hab also Geduld, wir passen auf dich auf.«

Sie brachten Aljoscha an einen sonnigen Platz, fütterten ihn und behüteten ihn vor anderen Tieren. Derweil erzählten sie, was sie in diese Gegend brachte:

»Die Kunde drang zu uns, dass der Zagelwitsch einen flotten Kurier heiraten werde. Selbstverständlich dachten wir sogleich, dass niemand anders als du sein Bräutigam wärst. Also machten wir uns frohgemut auf den Weg zu den Feierlichkeiten. Wir fanden dich und die Gerte nur zufällig und fragen uns nun, was dir zugestoßen ist.«

Aljoscha berichtete von dem Botendienst, den er für den Zipfelzaren erledigt hatte, und dem hinterlistigen Stoß in den Brunnen. Weil seine Freunde nur die Gerte, nicht aber die Notenblätter gefunden hatten, errieten alle drei schnell, dass der Angreifer sie an sich genommen hatte, um sich somit die Hand des Zagelwitsch zu sichern. Das erboste die kleine Zauneidechse und gern hätte sie sich in einen Rotmilan verwandelt, um dem Übeltäter die Augen auszuhacken; oder in einen Hirsch, um ihn mit dem Geweih aufzuspießen. Miklos hatte die Zaubergerte an sich genommen und warnte:

»Machst du dich zum Vogel, ehe dein Schwanz nachwächst, wird das gegabelte Gefieder zu kurz sein, um dich durch die Lüfte zu tragen. Wirst du vorzeitig zum Hirsch, mag dein Unterleib verstümmelt bleiben. Ganz zu schweigen, was dir fehlt, wenn du dich zu früh zum Menschen machst.«

Aljoscha zähmte seinen Mut und übte sich in Geduld, bis der Eidechsenschwanz nachgewachsen war. Das dauerte freilich und er war enttäuscht, als das neue Ende kürzer und stummeliger ausfiel, verglichen mit jenem, das er beim Nöck gelassen hatte.

»Wird sich das etwa auf meine menschliche Gestalt auswirken?«, bangte er.

Miklos gab ihm einen Gertenhieb und Aljoschas Jungenleib stand nackt und bloß vor ihm. Tatsächlich, sein Glied war nicht mehr ganz so prächtig wie vormals.

»Gewiss wird es aber noch alles können, was es braucht, um der Leidenschaft zu frönen«, versicherte der Hexer augenzwinkernd, kniete sich vor Aljoscha und nutzte Daumen, Zeigefinger und Zunge, um daran herumzuspielen.

»Er wächst und schwillt«, stellte Aljoscha beruhigt fest.

»Er zuckt und spritzt«, fügte Arpad hinzu.

»Er taugt nach wie vor«, lobte Miklos mit vollem Munde.

Da war Aljoscha froh, dass kein allzu großer Anteil der Freiheit zum Opfer gefallen war. Mit dem, was er übrig hatte, konnte er den Zagelwitsch bestimmt ausreichend erfreuen.

»Nun will ich zu ihm eilen und die Hochzeit verhindern«, rief er und verwandelte sich mit einem Gertenschlag in den Rotmilan.

Die Schwingen ausbreitend, stieg er in die Höhe, segelte durch die Wolken und landete kurze Zeit später vor dem Palast. Dort nahm er seine natürliche Gestalt an, pochte ans Tor und verlangte, vor den Zipfelzaren gebracht zu werden.

»Sieh an, der Spion«, brummten ihm die Torwächter entgegen. »Wir bringen dich gerne, wohin es dich verlangt – aber in Ketten!«

Und ehe Aljoscha sich’s versah, hatte man ihn an Händen und Füßen mit Eisengeschmeide gefesselt und schleifte ihn unter Knüffen und Stößen zum Zipfelzaren. Dort stand neben dem Herrscher der alte Kurier. Zwar staunte der nicht schlecht, Aljoscha lebend zu sehen, doch fasste er sich schnell und rief:

»Da ist ja der Betrüger, der Spion Aljoscha! Wohl aus dem Feindeslager zurückgekehrt, nachdem du wie die anderen singen, heulen und schlummern musstest, wie? Zipfelzar, ihr solltet ihn schleunigst henken lassen, ehe er noch mehr Unheil anrichtet!«

Der Zipfelzar, völlig von den Worten des alten Kuriers eingenommen, fragte gar nicht erst, was den vermeintlichen Spion veranlasst hatte, in den Palast zurückzukehren. Zu sehr war er damit beschäftigt, seinen Neffen endlich zur Hochzeit zu überreden, denn die ersten Gäste waren bereits eingetroffen und begannen, sich angesichts der ausbleibenden Zeremonie zu langweilen.

»Vielleicht dient ihnen eine Hinrichtung zur Zerstreuung«, meinte er, »und wir können eine Siegesfeier abhalten, bis der Zagelwitsch zur Besinnung kommt.«

Der hatte sich immer noch in seinem Turm verkrochen und war für niemanden zu sprechen. Nun wurde der arme Aljoscha auf den Richtplatz gebracht, der Henker hinzugeholt und den Gästen lauthals verkündet, ein Staatsfeind würde gerichtet; darauf wolle man anschließend das Glas erheben. Der alte Kurier, dieser Bösewicht, rollte höchstselbst den Richtblock herbei, während der Scharfrichter seine Axt schärfte. Weil Aljoschas Hände in Ketten lagen, konnte er die Gerte nicht verwenden, um zu entfliehen, und es wäre wohl um ihn geschehen gewesen, wären nicht Miklos und Arpad unter den Hochzeitsgästen aufgetaucht und hätten gerufen:

»O Zipfelzar! Ist es nicht üblich, dem Todgeweihten einen letzten Wunsch zu erfüllen, ehe man ihm den Kopf abhaut?«

»Das ist wahr«, gab der Zipfelzar zu und wandte sich an Aljoscha. »Sprich, Spion, was willst du? Außer deinem Leben will ich dir alles gewähren.«

»So möchte ich vor meinem Scheiden aus dieser Welt noch ein letztes Märchen hören«, sagte Aljoscha.

Der Zipfelzar grunzte belustigt, der alte Kurier hob abschätzig die Augenbraue und das umstehende Volk murmelte verwundert.

»Nun denn, wer kann dem armen Teufel das letzte Stündlein mit einer Geschichte versüßen?«, fragte der Zipfelzar.

»Ich will es tun«, meldete sich Arpad und begann zu erzählen:

»Einst trafen sich zwei wackere Prinzen zur Liebesnacht, und um nicht gestört zu werden, wiesen sie einen alten Ritter an, Wache zu halten. Der ließ sich von dem munteren Treiben der fidelen Burschen nicht ablenken, blieb standhaft und nutzte die Augen bloß, um das Schlafgemach nach möglichen Feinden abzusuchen. Da merkte er, wie unter dem Bette der Prinzen ein Schatten huschte, und erkannte, dass es ein Lattenmahr war – jene gefährlichen Wesen, die sich an der Wollust der Männer laben und unsereins die Lebenskraft rauben. Um den Unhold zu besiegen, blieb dem Ritter nichts anderes übrig, als das Bett umzustoßen – just, als der eine Prinz sein Zepter in den Thron des anderen schieben wollte. Die stürzten auf den Boden und wurden unter Kissen und Laken begraben, während der Ritter den Lattenmahr erstach. Vom Lärm angelockt, kamen die Knappen herbei. Einer von denen neidete dem Ritter schon längst das hohe Amt und rief:

›Er will die Prinzen töten, nehmt ihn fest! Seht ihr nicht, wie er das Schwert auf sie richtet?‹

Die anderen ergriffen den Ritter und der Knappe half den beiden edlen Liebenden aus dem Gewühl der Laken und Kissen.

›Ich habe Euch vor Schlimmerem bewahrt‹, sprach er. ›Bestraft den bösen Ritter und gebt seinen Posten besser mir.‹

Das sagte er aber nur, weil er sich an dem Treiben der lüsternen Prinzen ergötzen wollte. Jene, wütend über die herbe Unterbrechung ihres Liebesspiels, gaben sogleich Befehl, den Ritter zu hängen. Gemeinsam mit dem Knappen stellten sie das Bett wieder auf und lohnten ihm die vermeintliche Rettung, indem sie ihn zum Mittun einluden. Erst am Morgen, als die Sonne ins Gemach schien, entdeckten die Prinzen den toten Lattenmahr und errieten, was sich wirklich zugetragen hatte. Doch da war es zu spät, der treue Ritter baumelte bereits am Galgen.«

Aljoscha bedankte sich für das Märchen, aber der Rest der Anwesenden war still. Der Zipfelzar schwieg betroffen, die Gäste trauerten um den Ritter und selbst der Henker stellte die Axt ab und verkündete:

»Ich kann dem Angeklagten hier und jetzt den Kopf nicht abschlagen. Wer beweist mir, dass er wahrhaft schuldig ist?«

»Eine weise Entscheidung, Scharfrichter«, hörte man da den Zagelwitsch von seinem Turmfenster aus rufen. »Jener Junge in Ketten ist der wahre Kurier, der die Notenblätter holte und unser Reich gerettet hat.«

Die plötzliche Stille im Palasthof hatte den Zagelwitsch nämlich ans Fenster gelockt und er hatte Aljoscha sofort erkannt. Als der alte Kurier merkte, dass die Dinge gegen ihn standen, brüllte er:

»Das ist eine Lüge! Ich war der Bote! Der Zagelwitsch lügt und der Spion will euch mit dem Märchen seiner Helfershelfer blenden!«

Der Zipfelzar gebot ihm zu schweigen, wandte sich an seinen Neffen und fragte:

»Gibt es denn Beweise für die Unschuld des jungen Kuriers?«

Da brachte der Zagelwitsch die drei Wahrzeichen herbei: die Schuppe, die Feder und das Fellbüschel. Mir nichts, dir nichts nahm er Aljoscha die Gerte ab, hieb ihn auf den Hintern und machte ihn zuerst zur Eidechse, dann zum Rotmilan und zuletzt zum Hirschen. Mit jeder Verwandlung wies er auf eine kahle Stelle am Tierleib und hielt jeweils eines der Wahrzeichen dran. Jedes Mal passte es genau und der Zipfelzar erkannte daran, dass sein Neffe und Aljoscha sich in jener Nacht des Botendienstes getroffen hatten und er mitnichten ein Spion war.

»Befreit den Jungen, denn er ist der echte Bräutigam«, befahl er, »und legt die Ketten dem alten Kurier an, der mich belogen und betrogen hat. Er soll im Kerker schmachten!«

Da wurde aus der Hinrichtung doch noch eine Hochzeitsfeier. Miklos und Arpad waren die Ehrengäste und durften während der Zeremonie die Ringe zureichen. Anschließend gab es Tanz und Schmaus, Gesang und Freude im Übermaß.

In der Hochzeitsnacht aber bewies Aljoscha, dass er mit seinem neuen Zipfel, wenngleich er stummelig geworden war, noch genauso wendig wie eine Zauneidechse umgehen konnte. Und auch die Eleganz eines Rotmilans und die stolze Brunftkraft eines Hirsches stellte er unter Beweis, ohne dass der Zagelwitsch ihm mit der Gerte eins draufgeben musste. Denn all jene Lustgaben strömten im Blute unseres Strubbelkopfes, und um sie auszuleben, brauchte es keinen Zauber mehr. Darum nahmen Miklos und Arpad die Gerte wieder an sich. Wer weiß, vielleicht wirst du einmal ihr Schüler sein und spüren, wie sie über dein Gesäß zwirbelt?

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