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Roman für Jugendliche von 12-16 Jahren, auch als Unterrichtslektüre an weiterführenden Schulen geeignet, Fach: Deutsch, Klasse 7-10 +++ Leseschwache Schüler und Schülerinnen geben schnell frustriert auf, wenn die Lektüre zu schwer, zu lang und zu langweilig ist. Diesen Frust können Sie sich und Ihrer Klasse mit den Taschenbüchern aus der Reihe K.L.A.R. ersparen: Eine insgesamt geringe Textmenge, überschaubare Leseabschnitte, ein leicht verständliches Vokabular und die Sprache des Alltags helfen Ihren Schüler*innen, sichere Leser und Leserinnen zu werden. Durch aktuelle Themen aus der Lebenswelt der Jugendlichen bekommen sie Lust am Lesen und Mut zum Weiterlesen. Der Roman ist somit ideal für die Leseförderung in der Sekundarstufe geeignet und kann von Lehrkräften als Schullektüre an Förderschulen, Hauptschulen, Realschulen und Gesamtschulen eingesetzt werden.
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Seitenzahl: 89
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Impressum
Titel
Kurz –Leicht –Aktuell –Real
Von wegen schwänzen – wir streiken fürs Klima!
Autor
Florian Buschendorff
Umschlagmotiv
© DisobeyArt – Shutterstock.com
E-Book-Herstellung und Auslieferung
readbox publishing, Dortmund, www.readbox.net
Verlag an der RuhrMülheim an der Ruhrwww.verlagruhr.de
Ab 12 Jahre
Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.
© Verlag an der Ruhr 2020
E-Book ISBN 978-3-8346-4447-3
Begleitendes Unterrichtsmaterial:
K.L.A.R. – Literatur-Kartei:
„Von wegen schwänzen – wir streiken fürs Klima!“
Florian Buschendorff
Kl. 7–10, 64 S., A4
Hefter: ISBN 978-3-8346-4453-4
PDF: ISBN 978-3-8346-4460-2
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
„BREAKING NEWS!
Wir unterbrechen das Programm für eine wichtige Meldung. Vor wenigen Stunden wurde die Innenstadt von Hamburg von einer Flutwelle unbekannter Stärke getroffen. Die Bezirke um den Hafen und die Alster sind überflutet. Bitte umfahren Sie die Innenstadt weiträumig. Die Zahl der Vermissten beläuft sich derzeit auf rund 1 000 Personen, darunter 200 Schüler einer Grundschule. Vereinzelt wird von Todesopfern gesprochen. Die Evakuierung der Hamburger Innenstadt läuft auf Hochtouren. Die Bundeswehr ist vor Ort mit Helikoptern im Einsatz. Soeben hat der Bürgermeister die Bevölkerung aufgerufen, Wohnungslose vorübergehend bei sich aufzunehmen. Ferner besteht …“
Jonathan öffnete die Tür mit der metallenen Aufschrift 9 a und trat in den Raum.
„Was macht ihr denn da?“
„Mann, Jonathan!“, rief Lisa. „Du hast voll die Aufnahme versaut!“
„Was soll das denn werden?“, fragte Jonathan. „Wonach sieht es denn aus?“, erwiderte Farah. Lisa saß am Lehrertisch hinter einem Mikrofon. Ohne Kabel. Farah hatte ihr Handy auf eine Stuhllehne gestützt und machte von Lisas Katastrophenmeldung offenbar ein Video.
„Nach einem Beitrag für den Kinder-Channel vielleicht?“, entgegnete Jonathan.
„Mach dich ruhig lustig!“, sagte Lisa. „Du bleibst halt der typische Ignorant.“
„Wird das eure Präsentation?“
„Ja. Und es wäre nett, wenn du jetzt abzwitscherst“, sagte Farah. „Wir wollen nämlich fertig werden, bevor die Pause zu Ende ist.“
„An eurer Stelle würde ich noch einen Tornado einbauen“, sagte Jonathan. „Und eine Lawine.“ Er ging nach draußen und ließ die Tür zufallen.
Jonathan steuerte auf den Hofausgang zu.
Ja, die Hausaufgabe für morgen hatte er tatsächlich vergessen. Und Gustav offensichtlich auch.
„Ihr könnt heute im Schulhaus bleiben“, sagte Herr Peters, der an der Hoftür stand. „Wegen der Hitze.“
„Ich liebe den Sommer“, entgegnete Jonathan und ging an seinem Klassenlehrer vorbei nach draußen.
Für heute waren 37 Grad angekündigt. Gefühlt waren es jetzt schon 40. Wenn es gut liefe, würde nach der nächsten Stunde wieder Hitzefrei ausgerufen werden. Frau Saalmann wartete mit der Durchsage immer bis zum letzten Moment. Damit sich bloß niemand etwas Sinnvolles für den Nachmittag vornahm.
„Hey, Jonathan!“ Gustav kam auf ihn zu.
„Die Präsentation!“, rief Jonathan.
„Shit“, sagte Gustav. „Wollten wir nicht baden gehen?“
„Lisa und Farah machen so ein Video mit einer Katastrophenmeldung.“
„Ich weiß gar nicht mehr, was Schewe wollte“, sagte Gustav.
Jonathan zog seinen Erdkundehefter aus dem Rucksack. „Erstellt eine kurze Präsentation, welche die Wichtigkeit des Klimaschutzes in eindrucksvoller Weise vor Augen führt“, las er vor.
„Mir geht dieses Klimathema langsam auf den Sack“, sagte Gustav.
„Hast du schon wieder Bock auf eine Sechs?“
„Mein Gott!“, rief Gustav. „Klimawandel gab es schon immer. Ich komme damit klar. Sonne, Hitzefrei, Badengehen. Dann komme ich morgen eben in Badehose. Das wird meine Präsentation.“
„Vorschlag“, sagte Jonathan. „Wir kombinieren Baden mit Hausaufgaben.“
„Wie das denn?“
„Ich habe eine Idee“, sagte Jonathan.
„Lisa, Farah, großartig! Das ging richtig unter die Haut.“ Herr Schewe stellte sich vor das Smartboard und applaudierte.
Herr Schewe lobte Schüler nahezu immer für alles. Einige erzählten manchmal absichtlich Unsinn, um seine Reaktion abzuwarten.
Meistens kratzte er sich dann seinen grauen Bart und lächelte.
„Das war wie aus einem Katastrophenfilm“, schwärmte Herr Schewe. „Beängstigend finde ich, dass wir das wahrscheinlich bald schon genauso erleben werden.“
„Panikmache“, sagte Gustav. „Klimawandel gibt es seit Bestehen der Erde.“
„Nächste Stunde zeige ich euch eine Dokumentation über die Tuvalu-Inseln im Pazifik. Da werdet ihr sehen, was wir noch vor uns haben.“
„Schreiben wir darüber eine Arbeit?“, fragte Emma.
„Wichtiger wäre, dass ihr begreift, dass ihr endlich etwas tun müsst“, sagte Herr Schewe.
„Die meisten von euch gehen ja nicht einmal auf eine Demonstration. Obwohl es euch am meisten betrifft.“
Herr Schewe war ständig dabei, den Schülern einzureden, dass eigentlich alle bald sterben würden. Andere Lehrer sahen dem Klimatod gelassener entgegen. Während Herr Schewe großzügig erklärte, dass man während seines Unterrichts gern auch demonstrieren dürfe, hatte die Direktorin Frau Saalmann angeordnet, dass Klassenarbeiten immer freitags zu schreiben seien, um die Schüler vom Demonstrieren abzuhalten. Und für Herrn Peters ging Schule sowieso über alles.
„Herr Peters meinte: Wer freitags fehlt, fehlt unentschuldigt“, sagte Farah. „Und bekommt eine Sechs.“
„Das ist doch mal die Gelegenheit, darüber nachzudenken, was euch im Leben wirklich wichtig ist“, erwiderte Herr Schewe.
„Sie meinen also, wir sollen schwänzen?“, fragte Farah.
„Was nützt euch ein toller Beruf, wenn eure Aufgabe darin bestehen wird, ums nackte Überleben zu kämpfen?“
„Schon wieder Panikmache“, sagte Gustav.
„Im Übrigen empfehle ich euch klimawandelsichere Berufe“, fuhr Herr Schewe unbeeindruckt fort. „Gebäudesanierer für Wasserschäden. Oder Dachdecker.
Katastrophenhelfer ginge auch.“
„Ich bin gespannt, ob Schewe bei unserem Video auch klatscht“, flüsterte Gustav
„Also die Nächsten, bitte“, sagte Herr Schewe.
„Die Bühne ist frei.“
Jonathan ging nach vorn und steckte die Speicherkarte in das Smartboard. Ja, das würde ein Knaller werden. Die Klasse würde sich krümmen vor Lachen.
In Övelgönne, dem beliebten Badestrand an der Elbe, hatten sie gestern ganze Arbeit geleistet. Den halben Strand hatten sie dazu gebracht, beim Video mitzumachen. Nach dem Baden hatten sie die Aufnahmen noch geschnitten und mit ein paar Effekten verfeinert. Dagegen war das Filmchen von Lisa und Farah vollkommen ärmlich.
Jonathan startete das Video und setzte sich wieder zu Gustav. Herr Schewe schaltete das Licht aus.
Schwarzer Bildschirm. Düstere Musik. Die Kamera wandert über den Sandstrand von Övelgönne. Schwarz-Weiß-Modus. Leere Plastikflaschen, Papiermüll, Zigarettenstummel. Dann Schwenk zum Wasser. Im Vordergrund ein paar Dutzend Badende, die wild mit den Armen rudern. In panischer Angst vor dem Ertrinken schreien sie um ihr Leben und verschwinden unter der Wasseroberfläche.
Ein Schriftzug – und aus dem Off Gustavs heisere Stimme: „Klimawandel betrifft uns alle!“
„Gleich kommt‘s!“, flüsterte Gustav in Vorfreude auf die grandiose Wendung.
Es klopfte an die Tür.
„Muss das ausgerechnet jetzt sein?“, rief Herr Schewe verärgert und drückte auf Pause. „Wir sind hier gerade bei einer wichtigen Sache.“
Ein Mädchen betrat den Raum, zusammen mit einem Jungen.
„Das sind wir auch“, sagte das Mädchen.
„Dürften wir mal eine Ansage machen?“
Jonathan überlegte, woher er das Mädchen kannte. „Wer ist das?“, fragte er Gustav leise. „Denk noch mal scharf nach!“, entgegnete Gustav. „Das ist dieses Klima-Powergirlie aus der 9 d.“
„Hi zusammen! Das ist Mario, ich bin Klara. Wir sind von der Fridays-for-future-Gruppe Altona. Wir setzen uns dafür ein, dass der Wahnsinn mit der Zerstörung unseres Planeten endlich aufhört.“
Klara schaute auf das Standbild mit dem Schriftzug „Klimawandel betrifft uns alle!“
„Toll, dass ihr euch damit befasst“, sagte sie.
„Aber Videos schauen reicht einfach nicht.“ Herr Schewe schaltete das Licht wieder ein und sah auf seine Uhr.
„Ich weiß, ihr freut euch, dass es heute wieder Hitzefrei gibt“, sagte Klara. „Dieser Sommer ist schon jetzt der heißeste seit Beginn der Wetteraufzeichnung.“
Sie strich sich ihre langen, braunen Haare hinters Ohr. Sie hatte blasse Haut und ein paar Sommersprossen im Gesicht. Es war aber die Stimme, an der er sie wiedererkannte.
Jonathan schloss kurz die Augen. Klaras Stimme erinnerte ihn an warme Sommerabende. Ansonsten hatten sie die zweieinhalb Jahre gewaltig verändert.
„Hast du dich gerade verknallt?“, fragte Gustav. Jonathan öffnete wieder die Augen. „Wer ist dieser Mario?“
„Irgend so ein Aktivist aus der Zehnten oder Elften.“
„Am übernächsten Freitag ist eine Großdemo“, ergriff Mario das Wort. „Von unserer Schule waren bei der letzten Demo kaum Leute dabei.“
„Bitte kommt wirklich alle!“, sagte Klara.
„Treffpunkt ist am Hauptbahnhof um 10 Uhr.“
Jonathan sah sich in der Klasse um.
Begeisterungsstürme sahen anders aus.
„Außerdem suchen wir noch Leute für die Fridays-for-future-Gruppe“, fuhr Klara fort.
„Alle, die interessiert sind, treffen sich morgen um halb acht vor der Schule. Ich warte am Fahrradständer.“
Jetzt schaute Klara zu Jonathan. Hatte sie ihn wiedererkannt?
„Wäre das nicht etwas für euch beide?“
Gustav schüttelte den Kopf. „Zu früh für mich.“
„Also!“, sagte Klara und griff zur Türklinke.
„Kommt bitte alle zur Demo am Freitag in einer Woche und am besten auch morgen früh. Es geht schließlich um eure Zukunft!“
Jonathan wusste nicht genau warum, aber er spürte Erleichterung, dass Klara und ihr Begleiter bereits draußen waren, als Herr Schewe das Video wieder startete. Der Film wechselte jetzt in den Farbmodus.
Die 30 untergegangenen Darsteller sprangen plötzlich aus dem Wasser. Sie kamen ans Ufer gerannt und begannen, im flachen Wasser ausgelassen zu den Partybeats aus Gustavs Box zu tanzen. Ein großer, bunter Schriftzug überzog den Bildschirm. „… und wir lieben den Klimawandel!“
Die Klasse applaudierte laut lachend. Herr Schewe zog die Augenbrauen hoch, kratzte sich seinen Bart und schaute Jonathan und Gustav fragend an. Gustav grinste. Jonathans Blick schweifte zur Tür. Der Hauch eines unbekannten Dufts wehte ihm von dort aus entgegen, wo das Mädchen vor ein paar Minuten den Raum verlassen hatte.
Klara Kalinski hieß sie. Sie hatte den Ruf, Lehrern offen ihre Meinung zu sagen, was sie sich als Klassenbeste auch erlauben konnte. Sie hatte drei Geschwister, die auf eine andere Schule gingen, und wohnte in dem alten Holzhaus in der Bergstraße, das aussah wie die Villa Kunterbunt.
Das hatte Jonathan herausfinden können. Sogar bei Google wurde er fündig. Auf der Webseite einer Umweltgruppe hatte Klara ein paar Texte geschrieben. Ein Foto zeigte sie mit einem Transparent. „Von wegen schwänzen – wir streiken fürs Klima!“
Sie sah verdammt hübsch aus. Damals hatte er das anders gesehen. Oder es war ihm egal gewesen. Vor fast drei Jahren, am Anfang der Siebten. Klara war in die Tischtennis-AG gekommen. Sie trug komische Klamotten und benahm sich eigenartig. Er und ein paar andere hatten sich über sie lustig gemacht, dann war sie nicht mehr gekommen. Vielleicht sollte er sie fragen, ob sie den Klimawandel nicht Klimawandel sein lassen und es noch einmal mit Tischtennis versuchen wollte.
„Jonathan! Essen!“, rief seine Mutter von unten.