Wenn Liebe zum Prüfstein wird - Patricia Vandenberg - E-Book

Wenn Liebe zum Prüfstein wird E-Book

Patricia Vandenberg

0,0

Beschreibung

Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Beschwingten Schrittes betrat Janine Veltin ihr Büro. »Brrr, ist das heute kalt«, sagte sie und wunderte sich, daß ihr kein fröhlicher Willkommensgruß geboten wurde, wie sie es sonst gewohnt war von ihrer Sekretärin Ulrike. Die saß mit gesenktem Kopf an ihrem Schreibtisch und blickte gar nicht auf. »Ulli, was ist denn los?« fragte Janine erschrocken, und da vernahm sie ein klägliches Schluchzen. »Guter Gott, ist was passiert? Und wo ist Hanno?« murmelte Janine nun bestürzt. »Grad vorhin haben sie angerufen, er hatte einen Unfall«, stammelte Ulli, und nun blickte Janine in ein tränenüberströmtes Gesicht. Aus ihrem eigenen wich alles Blut, und momentan war es ihr, als würde sich alles um sie in wildem Kreise drehen. »Ein Unfall«, wiederholte sie tonlos. »Wo, wann, wie und wer hat angerufen?« »Von der Polizei«, schluchzte Ulli, »weil sie sicher den Hinweis auf die Agentur gefunden haben. Entschuldigen Sie bitte, Janine, aber es war ein richtiger Schock für mich.« Janine riß sich zusammen. Sie machte sich auch einige Gedanken, daß es Ulli gar so nahe ging.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 120

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Dr. Norden Bestseller – 321 –

Wenn Liebe zum Prüfstein wird

Patricia Vandenberg

Beschwingten Schrittes betrat Janine Veltin ihr Büro. »Brrr, ist das heute kalt«, sagte sie und wunderte sich, daß ihr kein fröhlicher Willkommensgruß geboten wurde, wie sie es sonst gewohnt war von ihrer Sekretärin Ulrike.

Die saß mit gesenktem Kopf an ihrem Schreibtisch und blickte gar nicht auf.

»Ulli, was ist denn los?« fragte Janine erschrocken, und da vernahm sie ein klägliches Schluchzen.

»Guter Gott, ist was passiert? Und wo ist Hanno?« murmelte Janine nun bestürzt.

»Grad vorhin haben sie angerufen, er hatte einen Unfall«, stammelte Ulli, und nun blickte Janine in ein tränenüberströmtes Gesicht. Aus ihrem eigenen wich alles Blut, und momentan war es ihr, als würde sich alles um sie in wildem Kreise drehen.

»Ein Unfall«, wiederholte sie tonlos. »Wo, wann, wie und wer hat angerufen?«

»Von der Polizei«, schluchzte Ulli, »weil sie sicher den Hinweis auf die Agentur gefunden haben. Entschuldigen Sie bitte, Janine, aber es war ein richtiger Schock für mich.«

Janine riß sich zusammen. Sie machte sich auch einige Gedanken, daß es Ulli gar so nahe ging. Sollte sie auch in Hanno verliebt sein?

Auch, wieso eigentlich auch, sie war doch nicht verliebt in ihn. Sie sah nur einen guten Freund und einen zuverlässigen Partner in ihm, etwas anderes wollte sie jetzt gar nicht denken.

»Hat man gesagt, in welche Klinik er gebracht wurde?« fragte Janine heiser.

»In die Behnisch-Klinik, in der Nähe muß es passiert sein. Dieses verdammte Glatteis, warum mußte es gestern erst tauen und dann gleich wieder so kalt werden.«

Das hatte sich Janine allerdings auch gefragt, als sie losgefahren war, aber das Wetter machte eben, was es wollte und man mußte es hinnehmen und sich anpassen. Janine wußte, daß Hanno ein sicherer Fahrer war, aber er fuhr auch oft sehr schnell.

Janine schöpfte tief Atem, bevor sie zum Telefon griff, nachdem ihr Ulli die Telefonnummer der Behnisch-Klinik zugeschoben hatte. Sie konnte es nicht verhindern, daß ihre Finger zitterten, und zuerst verwählte sie sich. Aber dann mahnte sie sich zur Ruhe, und sie gewann auch ihre Fassung halbwegs zurück.

Ulli lauschte jetzt, aber das hätte Janine nicht verwerflich gefunden, wenn sie es überhaupt bemerkt hätte.

»Hier spricht Janine Veltin, Werbeagentur Hausner und Veltin. Mir wurde gerade mitgeteilt, daß mein Partner einen Unfall hatte. Kann ich ihn gleich besuchen?«

Sie suchte nach einem Halt, als ihr erwidert wurde, daß dies nicht möglich sei, aber sie könne mit dem Arzt sprechen.

Sie stammelte dann nur ein Danke und sagte, daß sie kommen würde.

Ulli blickte sie mit angstvollen Augen an. Geistesabwesend nickte Janine. »Es ist schlimm«, murmelte sie tonlos. »Ich fahre jetzt. Sagen Sie alle Termine ab, Ulli. Momentan kann ich sonst nichts entscheiden, es sei denn, Ihr Freund Martin könnte einspringen.«

»Ich glaube schon, daß er Zeit hat. Eigentlich wollte er ja Urlaub machen«, antwortete Ulli. »Es sind Semesterferien.«

Ulli nahm sich jetzt zusammen. »Fahren Sie bloß vorsichtig, Janine«, rief sie aber doch mahnend hinterher.

Janine traf unten noch einen Kunden, als sie aus dem Lift stieg. Es war Werner Kling, ein recht arroganter Bursche, der größer sein wollte, als er war, aber immer mit der Bezahlung im Verzug war.

»So in Eile, Schönste?« fragte er, und das konnte Janine schon gar nicht leiden. »Ist dann wenigstens Herr Hausner zu sprechen?«

»Nein, er hatte einen Unfall, ich will gerade in die Klinik.« Kein Wort des Bedauerns hörte sie. »Aber meine Sache ist dringend«, murrte er.

»Sie haben die letzte Rechnung noch nicht bezahlt«, gab Janine gereizt zurück, weil er ihr jetzt schon gar nicht in den Kram paßte.

»Das kann doch wohl nicht stimmen«, erwiderte er dreist, »aber wenn Sie mir so kommen, muß ich mir eine andere Agentur suchen.«

»Tun Sie das«, erwiderte Janine kalt, und dann ließ sie ihn stehen. Sie mußte jetzt wirklich alle Kraft zusammennehmen, um bei diesen Straßenverhältnissen und dem trotzdem so starken Verkehr nicht auch einen Unfall zu bauen. Ihr Herz klopfte bis zum Halse. Es war auch für sie ein Schock, daß Hanno diesen schweren Unfall hatte, und nicht nur deshalb, weil sie es in der Werbeagentur allein gar nicht schaffen konnte. Doch ihre Existenz stand auf dem Spiel. Ulli war eingearbeitet und intelligent, aber sonst beschäftigten sie nur Halbtagskräfte, auf die nicht immer Verlaß war. Hoffentlich konnte Ulli Martin Diering bewegen, ein paar Wochen einzuspringen!

Auch das ging Janine durch den Sinn. Sie durfte nicht die Nerven verlieren. So fest saßen sie noch nicht im Sattel mit ihrer Agentur, und die Konkurrenz war groß.

Sie mußte durch den mittleren Ring fahren, um nach dem Westen der Stadt zu kommen, und der war um diese Zeit noch sehr frequentiert. Sie war heilfroh, als sie dann endlich bei der Behnisch-Klinik ankam. Gehört hatte sie schon viel davon, aber sie war noch nie hiergewesen.

Und dann kam ihr ein Mann entgegen, bei dessen Anblick ihr der Atem stockte. Das war ganz genau ihr Typ, das mußte ein Arzt sein.

»Pardon, sind Sie hier Arzt?« fragte sie überstürzt, stockend und erregt.

»Ich bin Arzt, wenn auch nicht an dieser Klinik. Mein Name ist Norden, kann ich Ihnen irgendwie helfen?«

»Sie sind Dr. Norden?« fragte Janine konsterniert. »Ich habe schon so viel von Ihnen gehört, und unter solchen Umständen lerne ich Sie kennen.«

»Unter welchen Umständen?« fragte er ruhig.

»Ich bin Janine Veltin, mein Geschäftspartner Hanno Hausner ist hier eingeliefert worden.«

»Ja, es stimmt, ich wurde zu dem Unfall gerufen. Er war nicht schuld, es war ein Kleinlaster, der ins Schleudern kam. Aber Herr Hausner ist sehr schwer verletzt.«

»Das wurde mir gesagt«, flüsterte Janine. »Können Sie mir sagen, was für Verletzungen es sind? Oder ist er etwa tot?« schrie sie leise auf.

»Nein, er lebt, soweit man das jetzt so nennen kann. Aber es wäre besser, wenn die nächsten Angehörigen verständigt würden.«

Janine sah ihn aus blicklosen Augen an. »Er hat keine nächsten Angehörigen, er hat nur mich und die Agentur«, sagte sie gepreßt. »Wir sind gute Freunde.«

»Ich muß jetzt in meine Praxis, Frau Veltin«, sagte Dr. Norden, »aber wenn Sie mich dort aufsuchen wollen, werde ich für Sie Zeit haben. Sicher werden Sie aber auch von Dr. Behnisch oder seiner Frau eingehend informiert werden.«

»Mir geht das mächtig zu Herzen«, sagte sie leise. »Er ist ein feiner Kerl.«

Und Daniel Norden wollte ihr nicht sagen, daß Hanno Hausners Chancen zum Überleben minimal waren. Und im stillen hatte er wieder einmal eine unbändige Wut auf den Unfallverursacher, der mit leichten Blessuren davongekommen war.

Janine drehte sich noch einmal kurz nach ihm um. Für einen kurzen Augenblick war ihr der Traummann erschienen, und das in dieser Situation, aber sie wußte, daß Dr. Norden verheiratet war, sie wußte auch, daß er eine sehr glückliche Ehe mit einer bezaubernden Frau führte. Sie hatte es von ihrer Tante Anna erfahren, die schon zweimal eine Kur auf der Insel der Hoffnung gemacht hatte, aber Janine war in der glücklichen Lage, nie richtig krank zu sein. Sie brauchte keinen Arzt, sie wollte nicht mal

was von Vorsorgeuntersuchungen wissen. Allein zum Zahnarzt ging sie regelmäßig, und das auch nur, weil sie nicht viel zu befürchten hatte.

Über Tante Anna hatte sie gelacht, wenn die von Dr. Norden schwärmte, aber jetzt verstand sie das.

Aber sie mahnte sich, solche Gedanken jetzt doch lieber zu verbannen. Es ging um Hannos Leben! Über ihre Gefühle für ihn war sie sich nicht sicher gewesen, aber jetzt wußte sie, daß es Liebe nicht sein konnte, denn dann würde es ihr viel mehr zu Herzen gehen.

Dabei war es gewiß nicht so, daß sie sich nicht sehr um ihn sorgte. Sie hoffte für ihn das Allerbeste, aber sie war realistisch genug eingestellt, um sich klarzusein, daß sie allein zurechtkommen konnte. Sie waren beide keine romantischen Naturen, sie waren zwei ehrgeizige junge Leute, zielstrebig und auf Erfolg programmiert, und sie hatten es als eine Sternstunde betrachtet, als sie sich zusammenfanden. Von Gefühlen war dabei nicht die Rede gewesen, sondern nur davon, was sie erreichen wollten.

Das ging Janine durch den Sinn, als sie auf Dr. Behnisch wartete, aber dann kam Dr. Jenny Behnisch, die immer einspringen mußte, wenn tröstende und aufmunternde Worte am Platze waren, denn das konnte sie besser als ihr Mann.

Janine war sehr angetan von dieser Frau, der die Herzenswärme ins Gesicht und in die Augen geschrieben war.

»Sie wissen, daß es ein schwerer Unfall war, Frau Veltin?« fragte Jenny zögernd.

»Ja, ich weiß es, ich habe auch schon kurz mit Dr. Norden sprechen können, der mir aber sagte, daß Sie mir genauere Auskunft geben könnten.«

»Darf ich fragen, in welcher Beziehung Sie zu Herrn Hausner stehen? Sie wissen ja sicher, daß wir nur nahen Angehörigen Auskunft erteilen dürfen.«

»Er hat keine nahen Verwandten, und wir sind Partner, die sich sehr gut verstehen. Wir haben eine Werbeagentur, die wir gemeinsam aufgebaut haben, und wir verstehen uns auch menschlich sehr gut, ohne dabei an eine enge Bindung gedacht zu haben.«

Hatten sie das nicht doch gedacht, zumindest Hanno? Wieder verdrängte Janine solche Gedanken.

»Ich muß Ihnen sagen, daß Herr Hausner einen Schädelbruch und schwere innere Verletzungen hat. Wäre er nicht angeschnallt gewesen, hätte er diesen Unfall gewiß nicht überlebt, aber ich darf Ihnen nicht verheimlichen, daß auch eine Hirnverletzung vorhanden ist. Momentan ist noch nicht genau zu diagnostizieren, wie schwer diese ist. Wir müssen einen Neurochirurgen hinzuziehen, und wahrscheinlich wird Herr Hausner auch in eine Spezialklinik verlegt werden müssen, da wir für so schwere Fälle nicht eingerichtet sind.«

»Es besteht aber die Chance, daß er überlebt?« fragte Janine bebend.

»Es gibt jetzt natürlich größere Möglichkeiten als früher, aber wie lange ein Genesungsprozeß dauern kann, ist nicht vorauszusagen.«

»Es ist schlimm«, sagte Janine leise. »Er ist ein so vitaler, creativer Mensch.«

»Mit einer recht guten Allgemeinkonstitution, sonst würde er jetzt schon nicht mehr leben, Frau Veltin.«

»Wenn ich Hanno nicht besuchen darf, werde ich lieber wieder ins Büro fahren. Es muß ja weitergehen. Er soll keine Sorgen deswegen haben.«

Jenny Behnisch schenkte ihr nun einen aufmunternden Blick. »Es ist sehr gut, daß die Schuldfrage endlich geklärt ist, und daß die Versicherung für ihn zahlen muß, so brauchen Sie sich darum auch keine Sorgen mehr zu machen.«

»Jetzt wären wir bald aus dem Gröbsten heraus«, sagte Janine leise. »Er hat sich so eingesetzt für die Agentur.« Ihr stiegen nun doch Tränen in die Augen, aber sie wandte sich rasch ab. Sie wollte jetzt keine Schwäche zeigen. Niemand sollte denken, daß sie das Handtuch werfen würde. Nun erst recht, sollte die Devise lauten, und sie hoffte, daß Hanno sich bald würde überzeugen können, daß sie alles für ihn zu tun bereit war.

*

Ulli blickte sie mit ängstlicher Erwartung an, als sie das Büro betrat. Janine ging zu ihr und legte ihr die Hand auf den Rücken.

»Es sieht schlimm aus, aber nicht hoffnungslos. Jetzt müssen wir versuchen, es allein zu schaffen, oder konnten Sie Herrn Diering erreichen?«

»Ja, Martin kommt, er hilft gern aus. Er hat ein paar Wochen Zeit.«

»Das ist gut, wir müssen wenigstens die großen Aufträge gut ausführen. Ich habe unten noch den Kling getroffen, er wird uns ja wohl hoffentlich verschonen.«

»Meinen Sie? Er war jedenfalls hier, und wollte mich becircen. Ein richtiger Widerling, was der sich wohl einbildet.«

»Das ist ganz meine Meinung, Ulli, aber wenn er zahlen würde, müßten wir das schlucken. Mit seiner ›Frechheit-siegt-Methode‹ kommt er bei mir nicht an, und wenn er noch so säuselt. Wann kommt Herr Diering?«

»Er wird bald hier sein. Er hat auch einen riesigen Schrecken bekommen, als er von dem Unfall erfahren hat.«

Der saß Janine noch immer in den Gliedern. An ihrem Schreibtisch sitzend, stützte sie den Kopf in beide Hände und starrte vor sich hin. Zu jäh war sie mit einem so tragischen Geschehen konfrontiert worden.

Wenn ein Mensch krank war, wenn man auf alle Eventualitäten vorbereitet wurde, war das etwas anderes, als wenn man sich am Abend zuvor fröhlich verabschiedet hatte.

Hanno war noch zu einem Kunden an den Ammersee gefahren. Plötzlich kam es Janine auch in den Sinn, daß er aus dieser Richtung gekommen sein mußte, da der Unfall im Westen passiert war und er in Haidhausen wohnte. Hanno war ein Stadtmensch. Er hatte es ihr angeboten, die schöne, völlig renovierte Altbauwohnung mit ihr zu teilen, die ihm wohl anscheinend aus einem Erbe zugefallen war. Aber er sprach nicht darüber und überhaupt nicht über seine Familie. Er hatte gesagt, daß er keine Familie mehr hätte, und dabei war es geblieben. Und Janine hatte ihm gesagt, daß sie lieber im Grünen wohnen würde, am Forstenrieder Park bei ihrer Tante Anna, die dort ein kleines Reihenhaus besaß, in dem aber auch für zwei genügend Platz war. Es war nicht so, daß sich Janine Tante Anna verpflichtet oder gar an sie gebunden fühlte, aber sie wollte nicht in der Stadt wohnen, und sie wollte sich auch nicht an einen Mann fest binden, bevor sie ihrer sicher war, daß es auch eine bleibende Bindung sein würde. Janine hatte ihre Grundsätze und von einer Ehe oder Partnerschaft ganz bestimmte Vorstellungen. Vor allem wollte sie finanziell unabhängig bleiben.

Das hatte Hanno widerspruchslos akzeptiert, doch kürzlich hatte er hin und wieder doch mal Bemerkungen gemacht, wie gut sie zusammenpassen würden und daß man so viel Übereinstimmung doch selten bei Partnern finden würde.

Janine hatte darüber nachgedacht und mußte ihm recht geben. Aber eine Übereinstimmung gab es bei ihnen nicht. Janine wollte gern mal Kinder haben, Hanno meinte, daß man dies in der heutigen Zeit gar nicht verantworten könne, abgesehen davon, daß sie ja in einem nicht gerade kinderfreundlichen Staat leben würden. Eher würde er sich ja noch einen Hund anschaffen, obwohl das auch in einer Stadtwohnung nicht ideal sei, aber immerhin wären Hunde hier eher geduldet als Kinder.

Dem konnte Janine nicht widersprechen, denn sie erlebte es tagtäglich, wie auf Kinder geschimpft wurde, da sie zu frech und zu laut wären, und überhaupt wäre das eine Generation, wie sie noch nie dagewesen sei. Zum Glück gehörte Tante Anna zu diesen nicht, die nur alles negativ sahen, sonst hätte es schwere Differenzen zwischen ihnen gegeben. Tante Anna hatte ein liebes Wesen, obwohl sie keineswegs unkritisch war. Sie dachte viel an Tante Anna, daß es eigentlich dazugehörte, daß diese dann anrief.

»Ich wollte nur fragen, ob du gut ins Büro gekommen bist, Nina«, fragte sie. Tante Anna liebte den Namen Nina und nannte ihre Nichte immer so.