Western Legenden 39: Teufel der Weißen Berge - Peter Dubina - E-Book

Western Legenden 39: Teufel der Weißen Berge E-Book

Peter Dubina

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Beschreibung

Furcht und Schrecken, Tod und Verwüstung hinterlassen die wilden Reiterhorden der Apachen in Arizona, New Mexico und Mexiko. 1837 waren vierhundert ihrer Krieger, Frauen und Kinder von Mexikanern und Missouri-Trappern in eine Falle gelockt und grausam ermordet worden. Ein Krieger schwört Rache: Geronimo.

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Western Legenden

In dieser Reihe bisher erschienen

9001 Werner J. Egli Delgado, der Apache

9002 Alfred Wallon Keine Chance für Chato

9003 Mark L. Wood Die Gefangene der Apachen

9004 Werner J. Egli Wie Wölfe aus den Bergen

9005 Dietmar Kuegler Tombstone

9006 Werner J. Egli Der Pfad zum Sonnenaufgang

9007 Werner J. Egli Die Fährte zwischen Leben und Tod

9008 Werner J. Egli La Vengadora, die Rächerin

9009 Dietmar Kuegler Die Vigilanten von Montana

9010 Thomas Ostwald Blutiges Kansas

9011 R. S. Stone Der Marshal von Cow Springs

9012 Dietmar Kuegler Kriegstrommeln am Mohawk

9013 Andreas Zwengel Die spanische Expedition

9014 Andreas Zwengel Pakt der Rivalen

9015 Andreas Zwengel Schlechte Verlierer

9016 R. S. Stone Aufbruch der Verlorenen

9017 Dietmar Kuegler Der letzte Rebell

9018 R. S. Stone Walkers Rückkehr

9019 Leslie West Das Königreich im Michigansee

9020 R. S. Stone Die Hand am Colt

9021 Dietmar Kuegler San Pedro River

9022 Alex Mann Nur der Fluss war zwischen ihnen

9023 Dietmar Kuegler Alamo - Der Kampf um Texas

9024 Alfred Wallon Das Goliad-Massaker

9025 R. S. Stone Blutiger Winter

9026 R. S. Stone Der Damm von Baxter Ridge

9027 Alex Mann Dreitausend Rinder

9028 R. S. Stone Schwarzes Gold

9029 R. S. Stone Schmutziger Job

9030 Peter Dubina Bronco Canyon

9031 Alfred Wallon Butch Cassidy wird gejagt

9032 Alex Mann Die verlorene Patrouille

9033 Anton Serkalow Blaine Williams - Das Gesetz der Rache

9034 Alfred Wallon Kampf am Schienenstrang

9035 Alex Mann Mexico Marshal

9036 Alex Mann Der Rodeochampion

9037 R. S. Stone Vierzig Tage

9038 Alex Mann Die gejagten Zwei

9039 Peter Dubina Teufel der weißen Berge

9040 Peter Dubina Brennende Lager

9041 Peter Dubina Kampf bis zur letzten Patrone

9042 Dietmar Kuegler Der Scout und der General

Peter Dubina

Teufel der weissen Berge

GeronimoBand 1

Diese Reihe erscheint als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne ­Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2021 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Jörg KaegelmannTitelbild: Rudolf Sieber-LonatiUmschlaggestaltung: Mario HeyerLogo: Mario HeyerSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-550-0Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!

Prolog

Im Sommer des Jahres 1837 loderten Kriegsfeuer in den hellen Nächten über den Bergen von Arizona. Apachentrommeln hämmerten die Worte von Mangas Coloradas in das flammende Abendrot.

„Hört meine Worte: Wir sind von Feinden umgeben. Apachen werden erschlagen wie Wölfe. Unsere Frauen beschmieren ihre Gesichter mit Asche, und ihre Totenklage erfüllt die düsteren Nächte. Unsere Hütten sind verbrannt. Die Erde der Apacheria ist nass vom Blut unseres Volkes. Lasst uns kämpfen, ehe wir zu schwach werden. Hört meine Worte: Tötet! Tötet! Tötet!“

Im Sommer jenes Jahres war Juan, Häuptling der Mimbre-­Apachen, mit einem großen Teil seines Stammes in der mexikanischen Siedlung bei den Kupferminen von Santa Rita del Cobre erschienen, um zu verhandeln. Mit 400 Kriegern, Frauen und Kindern starb er unter mexikanischen Bajonetten. Fünfzehn Jahre hatte der böse Frieden zwischen Apachen und Mexikanern gewährt – nun war er gebrochen.

Fünfzehn Jahre hatten die wilden Reiterhorden der Apachen Frieden gehalten, und während dieser Zeit war nicht ein Mann getötet, nicht eine Frau geraubt, nicht ein Maultier gestohlen worden, denn Juan hatte sein Wort gegeben.

Juan war ein alter Mann, den die vielen Geschenke an Proviant und Alkohol, die er von den Mexikanern dafür erhielt, dass er sie in der Apacheria duldete, satt und zufrieden gemacht hatten. Doch jeder Mexikaner, der den Fuß auf apachische Erde gesetzt hatte, wusste, was geschehen würde, wenn Juans Zeit um war. Die hasserfüllten jungen Krieger und die Anführer der einzelnen Banden, Mangas Coloradas, Victorio, Schwarzes Messer und Gelber Schweif, die zusehen mussten, wie die Mexikaner ungestraft den Reichtum der Erde der Apacheria stahlen, würden kämpfen. Und unter ihren harten, grausamen Schlägen würde die mexikanische Herrschaft über das wilde, wüste Bergland zusammenbrechen.

Im Frühling jenes Jahres war ein weißer Händler namens James Johnson in Santa Rita erschienen. Er hatte schon früher als Maultiertreiber und Frachtwagenfahrer für die mexikanische Armee gearbeitet und kannte die ständige Furcht vor den Apachen, die das Land beherrschte.

„Wenn man einem tollwütigen Wolf begegnet, tötet man ihn, bevor er gefährlich werden kann“, sagte er. „Macht das Gleiche mit den Apachen, und ihr werdet in Zukunft ruhiger schlafen können. Erzählt ihnen, ihr wollt hier mit ihnen verhandeln, und wenn sie kommen, gebt ihnen Aguardiente zu trinken, bis sie sich nicht mehr auf den Beinen halten können. Wenn sie betrunken sind, ist es am einfachsten, sie zu töten.“

Zusammen mit seinem Partner Jim Gleason überredete er eine von Ed Eames geführte Gruppe von Missouri-­Trappern, gemeinsam mit den mexikanischen Soldaten der Garnison von Santa Rita auf Skalpjagd zu gehen.

„Apachenskalps selbst für fünfundzwanzig Dollar das Stück sind noch immer viel einträglicher als Biberfelle zu sechs Dollar der Balg“, sagte er am Feuer der Missourier. Er schob die rußige Eisenpfanne, aus der er gegessen hatte, zurück, hob den Weinschlauch aus Ziegenleder und legte den Kopf in den Nacken, um sich den dünnen, roten Strahl in den Mund spritzen zu lassen. „Fünfundzwanzig Dollar für den Skalp eines jungen Apachen, fünfzig für den einer Squaw und einhundert für den eines Kriegers. Und alles wird von den Mexikanern in Silbermünzen ausgezahlt.“

Er wischte sich den Wein mit dem Handrücken vom Kinn und sah sich unter den Männern um, die rings um das Feuer kauerten. Gleason und Eames nickten zustimmend.

James Johnson, der schon früher mit den Apachen Handel getrieben hatte, überbrachte die Aufforderung an Juan, der Minenstadt einen Besuch abzustatten. Unter der weißen Fahne ritt er waffenlos in die Bergfestung der Mimbre-Apachen im Tal von Ojos Calientes.

Doch Mangas Coloradas und die übrigen Anführer der Kriegshorden waren misstrauisch.

„Ihr kommt und geht in Frieden!“, hatte Johnson versprochen, als er mit Juan verhandelte.

„Das ist die List der Veho, der Tarantel“, widersprach Mangas im Rat des Stammes. „Die Veho spinnt lange am Netz für die Füße derer, die Flügel haben, aber zu dumm sind, um zu fliehen.“

„Wir gehen, um den Frieden zu erhalten“, erwiderte Juan.

Mangas hob den Blick zu den Felszinnen, die im Licht der Feuer gewaltig in den stahlfarbenen Nachthimmel ragten.

„Dies ist ein böser Frieden!“, sagte er dumpf, erhob sich und verließ die Felsplatte, auf der die Ältesten des Stammes in weitem Kreis saßen.

Am folgenden Tag brachen 400 Apachen von Ojos Calientes auf und zogen mit Frauen und Kindern, Pferden, Hunden und ihrer ganzen Habe nach Süden.

Ganz Santa Rita drehte sich in der hereinbrechenden Nacht im Taumel der Fiesta. Große Feuer loderten in der Mitte der Plaza, wo Schafe und ganze Ochsen am Spieß gebraten wurden. Mescal und Aguardiente flossen in Strömen, bis die Apachen sich fast bewusstlos getrunken hatten.

Taumelnd tanzten sie zur Musik der Rosshaarfiedeln, Knochenpfeifen und Trommeln, und nicht einer bemerkte, dass Mexikaner und Amerikaner sich plötzlich aus ihrer Nähe zurückzogen.

Inzwischen hatten James Johnson und Ed Eames hinter einer Befestigung aus Pfählen und Dorngestrüpp eine mit Eisenschrot und Kugeln geladene alte spanische Zwölfpfünder-­Kanone in Stellung gebracht.

Der Kanonenschuss war das Zeichen zum Angriff. Die explodierende Ladung pflügte eine blutige Straße mitten in die betrunkene, feiernde Menge. Männer, Frauen und Kinder sanken zu Boden. Kaum war der Donner des Zwölfpfünders verhallt, als die Skalpjäger angriffen. Die Bajonette der mexikanischen Soldaten und die langen Green-River-Messer der Missourier machten die Apachen wahllos nieder. Innerhalb einer halben Stunde starben 400 Mimbres, mehr als die Hälfte davon Frauen und Kinder.

Die Apachen versuchten verzweifelt, sich zur Wehr zu setzen. Juan, der wie ein Weib gelebt hatte, starb wie ein Krieger. Schwer verwundet griff er Gleason mit dem Messer an und verwickelte ihn in einen wütenden Kampf, bis Johnson ihm von rückwärts durch den Kopf schoss. Nur wenige Apachen konnten entfliehen, und sie waren es, die die Nachricht von dem blutigen Massaker zu Mangas Coloradas in die Bergfestung brachten.

*

In einem Meer von Feuer ging die Sonne auf, als Mangas sein Pferd in Sichtweite von Santa Rita verhielt. Wolken von Bussarden kreisten in der klaren Morgenluft über den hingeduckten, flachen Adobehäusern.

Als die Apachen weiterritten, entdeckte einer der Krieger einen Jungen, der sich verwundet und blutend unter einem Ocotillostrauch verkrochen hatte und auf diese Weise dem Blutbad entgangen war.

Mangas Coloradas hob ihn vor sich in den spanischen Sattel seines Pintos und hüllte ihn in seine eigene Decke.

„Das ist Takleshams Sohn“, sagte einer der Apachen. Mangas antwortete nicht. Starr blickte er in das Gesicht des Jungen.

„Wie heißt du?“, fragte er endlich.

„Gokliya!“ Zwei dunkle, von Hass und Schmerz brennende Augen sahen zu Mangas empor.

„Wo ist dein Vater, Gokliya?“

Mühsam wandte der Junge den Kopf und blickte zu den Adobehütten hinüber, die scheinbar verlassen in der Morgensonne lagen. Mangas sah, wie seine blutig gebissenen Lippen zitterten und zuckten.

„Ich will dir einen neuen Namen geben“, sagte er. „Ich will dir einen Namen geben, wie ihn die Mexikaner tragen, damit du dich, immer wenn dein Name gerufen wird, an die Nacht erinnerst, in der so viele unseres Volkes von den Mexikanern getötet wurden. Von diesem Sonnenaufgang an trägst du einen anderen Namen: Geronimo!“

Mangas Coloradas zog mit den Resten seines Stammes nach Norden, in die Sicherheit der wild zerklüfteten Berge und sonnenglühenden Wüsten. Dort, im Tal der Warmen Quellen, bestimmte er sieben Krieger der Mimbres als ihm unterstellte Unterhäuptlinge: Delgadito (der Schlanke), Ponce, El Chico (der Kleine), Pedro Azul, Colletto Amarillo (Gelbschwanz), Cuchillo Negro (Schwarzes Messer) und den gefürchteten, grausamen Victorio.

In dieser Nacht loderten die brennenden Hütten der toten Apachen wie scharlachrote Banner, und das Dröhnen der Trommeln mischte sich mit den schrillen Klage­schreien der Frauen. Als die Feuer im Morgengrauen erloschen, ritten die Apachen wie rächende Geister nach Süden zurück, um zu töten, zu verbrennen und zu zerstören.

*

Am nördlichen Ufer des Gila River lagerte eine Gruppe amerikanischer Trapper. Vom lautlosen Angriff der Apachen in der Dämmerung völlig überrascht, starben die zweiundzwanzig Amerikaner bis zum letzten Mann. Die Indianer nahmen Gewehre, Munition, Pferde und Proviant und zogen weiter. Wohin ihre Spur auch führte, kreisten Bussarde über ihr. Rauchwolken wiesen bei Tag und Feuerschein bei Nacht den Weg, den die Apachen nahmen. Und überall, wo sie auf Mexikaner und Amerikaner stießen, hingen die feuergeschwärzten Reste ihrer Opfer von den Ästen der Cottonwoodbäume, wenn Mangas und seine Horden weiterzogen. Von Hass gepeitscht ritten sie auf Santa Rita del Cobre zu.

Dort waren die ermordeten, skalpierten Apachen in einem langen Graben außerhalb der Minenstadt verscharrt worden. Danach schien Santa Rita unter dem harten Licht der sengenden Sonne wieder in seine gewohnte Trägheit zurückgefallen zu sein. Doch die scheinbare Ruhe war trügerisch wie dünnes Eis. Unsicherheit und Furcht griffen immer weiter um sich. Die Menschen bekreuzigten sich, wenn sie sich dem frischen, hässlichen Erdhügel näherten, der hinter den letzten Hütten aufgeworfen worden war. Die Angst zog ihren unsichtbaren, tödlichen Kreis um Santa Rita.

Die Zeit verrann. Ein mit Proviant beladener Wagenzug aus Chihuahua war seit Tagen überfällig. Die ­Soldaten der kleinen Garnison starrten über ihre Gewehrläufe, auf denen stechende Lichtreflexe die erschöpften Augen blendeten, von den Adobewällen ihrer Befestigung. Doch das Einzige, was sie sahen, waren Staubwirbel, die der heiße Wind in der Abenddämmerung wie Nebel über die verbrannte Erde trieb.

Schließlich brach eine Gruppe von Missouri-Trappern unter der Führung von Ed Eames auf, um den Wagenzug zu suchen. Sie fanden die Überreste der verbrannten Wagen und der auf die Räder gebundenen Körper der Begleitmannschaften wenige Meilen südlich von Santa Rita in einer Felsenenge, wo Bussarde und Wölfe sich versammelt hatten.

Qualvoll langsam verging die Zeit. Die Arbeiten in der Bergwerkstadt, die auf Versorgung aus Chihuahua oder Sonora angewiesen war, kamen zum Stillstand. Nahrungsmittel wurden schließlich nur noch an Frauen und Kinder verteilt. Abgezehrte Männer, die als Wächter in den schroffen Felsenzinnen postiert wurden, starrten vergebens nach Süden. Bussarde, die regungslos in der heißen Luft über den Bergen schwebten, zeigten die Stelle, an der ein zweiter Wagenzug von den Apachen vernichtet worden war.

Johnson, Gleason, Eames und die übrigen Amerikaner konnten das entsetzliche Warten nicht mehr ertragen.

„Wir müssen versuchen, den Ring der Apachen zu durchbrechen“, sagte Johnson und stieß den Kolben seiner langläufigen Kentucky Rifle in verzweifeltem Zorn gegen die Erde. „Diese roten Teufel warten, bis wir zu schwach sind, um zu kämpfen. Und wenn es so weit ist, werden in Santa Rita nicht einmal die Hunde am Leben bleiben. Ich versuche heute Nacht, mich durchzuschlagen. Wer will, kann mich begleiten.“

Doch die Dunkelheit der hereinbrechenden Nacht genügte nicht, um sie zu schützen. Kaum waren sie außer Sichtweite der Adobehütten von Santa Rita, eröffneten die Apachen das Feuer. Im ersten Geschosshagel fielen fünf der Skalpjäger. In panischem Entsetzen vor diesem Angriff, der aus den Eingeweiden der Erde hervorzubrechen schien, rissen die übrigen ihre Pferde herum und flohen. Sie wurden niedergemetzelt, bevor sie zehn Schritte weit geritten waren.

Nur James Johnson gelang es, zu fliehen. Die ganze Nacht und den folgenden Tag kauerte er in einem Felsenloch, während die Apachen vergeblich nach ihm suchten. Ein Krieger näherte sich bis auf zwei Meter der dunklen Höhle, doch er sah ihn nicht.

Als die Indianer weiterzogen, verließ Johnson sein Versteck. Ohne sein Gewehr, ohne Wasser und Proviant und nur mit einem Messer bewaffnet, erreichte er fünf Tage später mit letzter Kraft eine mexikanische Siedlung in der Nähe des Gila River.

Qualvoll langsam vergingen die langen Tage und endlosen Nächte für die Bewohner von Santa Rita, und noch immer war keine Hilfe in Sicht. Aus Angst vor dem Hungertod, die selbst die Furcht vor den Apachen übertraf, fassten die Menschen einen verzweifelten Entschluss.

Eine endlose Kolonne von Wagen, zweirädrigen Karren und Lastmaultieren verließ Santa Rita, um nach der am nächsten gelegenen mexikanischen Siedlung Janos zu ziehen. Begleitet von einer Handvoll Soldaten, die vor den lauernden Apachen ebensolche Todesangst hatten wie die Minenarbeiter, bewegte sich der Elendszug schwerfällig nach Süden.

Von Hunger und Furcht geschwächte Männer, Frauen und Kinder blickten von den schwankenden Karren noch einmal auf die verlassenen Lehmziegelhütten zurück, in denen sie fünfzehn glückliche Jahre verbracht hatten, dann begann für sie der mühselige Weg.

Von dem, was dann in jenen bösen Schluchten des Südens geschah, gibt es keine schriftliche Überlieferung. Sieben Tage später sahen Wachposten der Festung von Janos im düster glühenden Licht des Sonnenuntergangs zwei Menschen und ein Pferd auf der von tiefen Karrenspuren gezeichneten staubigen Straße. Ein zerlumpter, abgerissener Soldat mit verschorften Wunden führte das Pferd am Zügel, in dessen Sattel ein Kind saß, das eine strohgefüllte Puppe an sich presste. Es waren die beiden letzten Überlebenden des Wagenzuges von Santa Rita del Cobre.

*

Als die Mimbres, mit Beute beladen und trunken vor Jubel, in ihre Ranchería im Tal der Warmen Quellen zurückkehrten, versammelte sich der Rat des Stammes auf der riesigen Felsklippe am Eingang der Bergfestung. Das Massaker von Santa Rita war gerächt, aber es blieb noch viel zu tun, bis die ganze Apacheria von den Mexikanern gesäubert sein würde. Während der schmählichen fünfzehn Jahre des bösen Friedens unter Juan hatten die Mimbres aufgehört, Kämpfer zu sein. Jetzt, unter Mangas Coloradas, kehrte die Erinnerung an ihr kriegerisches Erbe zurück.

Nun folgten gute Zeiten für die Apachen. In blitzschnellen Raubzügen drangen sie immer weiter nach Süden vor, und Rauchwolken und Feuerschein kennzeichneten ihren Weg durch Chihuahua, Sonora und Durango, wo sie Vieh und Pferde erbeuteten, plünderten und töteten. Ihre Maultierherden wurden immer größer, ihre Beutestapel immer umfangreicher. Mexikanische Frauen und Kinder wurden als Sklaven in die Bergfesten geschleppt.

Die Apachen legten ihre Festkleidung an und tanzten in den Nächten um lodernde Siegesfeuer. Auch Geronimo war unter den jungen Kriegern, die zum Dröhnen der Trommeln und zum Kreischen der Adlerknochenpfeifen um die Flammen tanzten. Ebenso wenig wie die anderen ahnte er, dass die Sonne seines Volkes sich blutig rot dem Abend zuneigte.

Die Apacheria gehörte jetzt den Apachen, und selbst wenn Geistgesicht, der Winter, ihr alter Feind, die Berge mit Schnee und Kälte einschloss, gab es genug zu essen.

Männer und Frauen tanzten, und keine Totenklagen widerhallten in den mondhellen Nächten.

Doch es war ein trügerischer Frieden, denn im Jahre 1846 brach der amerikanisch-mexikanische Krieg aus, und General Stephen Watts Kearny zog mit den Dragonern des 1. US-Kavallerieregiments durch das Apachengebiet, um die letzten feindlichen Truppen, die sich in dem wilden, ehemals zu Mexiko gehörenden Wüstenland noch hielten, nach Süden zu treiben.

Eine neue Zeit brach an, und lautlos wie eine düstere Gewitterfront am heißen Sommerhimmel, deren schwere Schatten nur langsam über die Berge wandern, näherte sich die Stunde des letzten Kampfes.

Die Bergfeste

Es war Nacht, aber es waren keine freundlichen Wolken, die vor dem Antlitz des aufsteigenden Mondes vorbeijagten. Hoch in den Felstürmen, die die Apachen­ranchería umgaben, hörte Geronimo die Klage des mitternächtlichen Windes, wenn das Dröhnen der hartgespannten Trommeln, das Singen der Rosshaarfiedeln und das Kreischen der Knochenpfeifen für einen Augenblick verstummten.

Geronimo hielt seinen Pinto zwischen den Felsen, die den Eingang zum Talkessel bildeten. Die schwarze Navajo­decke war ihm von den Schultern geglitten. Das lange mexikanische Gewehr ruhte in seiner linken Armbeuge, und er hatte die Füße fest in die schweren Steigbügelschuhe des spanischen Sattels gestemmt.

Die stark hervorstehenden Backenknochen ließen sein hageres Gesicht fast dreieckig erscheinen, und unter dem roten Tuch, das er um die Stirn geschlungen hatte, fiel schwarzes Haar herab.

Geronimo stieß seinem Pferd die stumpfen Hacken seiner Mokassins in die Weichen und ritt zwischen den Wickiups hindurch. Der Wind drückte die brausenden Flammen des Siegesfeuers bis zur Erde nieder. Flackerndes Licht fiel auf die gehörnten Masken der Berggeisttänzer. Ihre halb nackten Körper waren schwarz bemalt und weiße Zickzacklinien, das Symbol des Blitzes, zogen sich über ihre Arme. Hirschknochenklappern in den Händen, stampften sie im Rhythmus der Trommeln um das Feuer.

Geronimos Blicke suchten unter den Frauen nach Alope. Als er sie nicht fand, betrachtete er kurz die dunklen Gestalten, die in einem entfernten Winkel des Talkessels in engem Kreis kauerten. Es waren die Squaws und Kinder der Krieger, die während des letzten Raubzuges von den Mexikanern getötet worden waren.

Außerhalb des Feuerscheins ritt Geronimo zur Hütte von Mangas Coloradas, saß ab und betrat den Wickiup gebückt durch den niederen Eingang.

Der Raum, der sich vor ihm öffnete, war nur wenig größer als die Buschhütten der übrigen Apachen. Die Wickiups wurden von den Frauen errichtet. Es waren runde, kuppelförmige Hütten, etwa zwei Meter hoch und nicht ganz drei Meter im Durchmesser. Sie bestanden aus einem runden Rahmenwerk dünner Weidenholzstangen, die tief in den Boden getrieben und deren Spitzen zusammengebunden wurden. Darüber legte man Grasbüschel, die wie Schindeln übereinander griffen, bedeckte alles mit ungegerbten Tierhäuten und verschnürte es mit Seilen aus Yuccafasern.

Alles, was einem Apachen gehörte, befand sich in seinem Wickiup: seine Waffen, Lanzen, Schilde, Bogen und Pfeilköcher, Sättel und Satteldecken, ledernen Vorratsbeutel und Wasserschläuche, seine Amulette, Geistermasken, heiligen Stücke von Holz, Stein oder Tier­knochen, Kürbisschalen, aus denen Tiswin getrunken wurde, Decken und Tontöpfe.

Der niedrige Raum wurde von der Glut, die der Feuerstelle entströmte, dämmerig erhellt. Den Karabiner noch immer in der Armbeuge, blieb Geronimo stehen und sah auf Mangas Coloradas hinab.

„Ahalani, Schichay!“

Mangas Coloradas blickte auf. Selbst jetzt, da er saß, sah man, dass er ein großer Mann war. Sein Gesicht war breitflächig, die Wangen fielen unter den Backenknochen ein, die Augen lagen tief in ihren Höhlen. Silberweißes Haar umrahmte die dunklen Züge.

Er trug ein Baumwollhemd über dem Lendenschurz, und an seinem Hals funkelte eine mit Türkisen besetzte silberne Navajokette. Seine Arme waren von den Handgelenken bis zu den Ellbogen mit Bändern aus Leder und Silber umschnürt.

„Ahalani!“, erwiderte er und bedeutete Geronimo mit einer Kopfbewegung, sich zu setzen.

Geronimo stieß mit dem Fuß eine Metate, eine jener rohen Steinplatten, die die Frauen der Apachen zum Zerreiben der Maiskörner benutzten, zur Seite und hockte sich am Feuer nieder.

„Nicht alle sind heute um das Siegesfeuer versammelt“, sagte er. „Ich habe Frauen gesehen, deren Kleider zerrissen und deren Gesichter mit Asche beschmiert waren.“

„Für eine Frau ist es nicht leicht, den Mann zu verlieren“, erwiderte Mangas und sah ausdruckslos in die Glut. „Aber die Apachen kämpfen, um zu leben. Das ist der Apachen Art, zu leben. Bevor diese Nacht zu Ende ist, werden fünf Hütten verbrannt sein. Wir haben fünf Krieger verloren, aber mehr als 200 Pferde und Maultiere, Waffen, Sättel, Decken, Schmuck, Proviant und vieles andere in die Ranchería gebracht, außerdem mexikanische Weiber und Kinder. Wenn diese Kinder groß genug sind, um zu kämpfen, werden sie Apachen und eins mit uns sein im Hass gegen die Mexikaner. Sie werden die Plätze der toten Krieger einnehmen. Alle Beute ist an das Volk verteilt worden, und selbst Frauen, die ihre Männer verloren, besitzen jetzt Pferde und Maultiere und werden im Winter genug zu essen haben. Und wir haben mehr Mexikaner getötet als jemals zuvor.“

Geronimo betrachtete Mangas mit starrem Gesicht, nur seine Augen sprühten wie harziges Holz im Feuer.