Wir sind die letzte Generation - Manfred Theisen - E-Book

Wir sind die letzte Generation E-Book

Manfred Theisen

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Beschreibung

Wir sind die letzte Generation – und leisten Widerstand im Hambacher Forst

Als Ben per Zufall ein Foto von der Umweltaktivistin Johanna macht, die gerade eine Sicherheitskamera besprüht, ist er sofort fasziniert von dem Mädchen. Johanna lebt ein komplett anderes Leben als er – sie wohnt in einer Baumhaussiedlung im Hambacher Forst und ist Teil des Widerstands. Bens Mutter dagegen arbeitet in der Sicherheitsfirma, die auf der anderen Seite des Konflikts steht. Doch Johanna geht Ben nicht mehr aus dem Kopf. Als sich die beiden näher kommen, schließt sich Ben den Umweltaktivist*innen an, gegen den Willen seiner Eltern …

Vom »Rot oder Blau«-Autor Manfred Theisen – ein eindringlicher Roman über Umweltaktivismus und Widerstand in der Vergangenheit und heute

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Seitenzahl: 115

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MANFRED THEISEN

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Originalausgabe April 2023

© 2023 cbj Kinder- und Jugendbuchverlag in der

Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Alle Rechte vorbehalten

Lektorat: Regine Teufel

Covergestaltung: Geviert, Grafik & Typografie, unter Verwendung eines Motivs von © Shutterstock.com (Martin Bergsma)

he · Herstellung: AW

Satz und E-Book-Konvertierung: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-641-29756-5V001

www.cbj-verlag.de

Für Emilia

Es gibt Bücher, die schreibst du alleine. Dieses Buch gehört nicht dazu!

Es konnte nur entstehen, weil meine Tochter mit mir um Worte, divn und Handlung gerungen hat. Gemeinsam haben wir recherchiert, mit Menschen im Hambacher Forst gesprochen und diese ungewöhnliche Textform für unsere Arbeit entdeckt.

Unsere Blickwinkel waren immer wieder verschieden. Doch wir haben sie zueinandergeführt, haben uns zusammengeschrieben und ab und an auch zusammengerauft, bis endlich das letzte Komma an seinem Platz war.

Textbeginn

Sie heißt Johanna

und wacht im Baumhaus auf.

Sie nennen es Crown,

weil es so hoch in den Zweigen

über der Erde schwebt.

Das Atmen der anderen ist laut,

irgendjemand schnarcht.

»Schlaf, Flocke«, sagt Borke neben ihr.

Sie ist hier nicht Johanna,

sie ist hier Flocke

und dreht sich wieder Richtung Wand.

Du musst deinen Namen abgeben,

damit dein Freund

dich nicht verraten kann,

falls er verhaftet wird.

Menschen, die im Crown wohnen,

sind eine Gefahr und in Gefahr,

obwohl sie nur auf einem Baum leben.

Sie werden Aktivisten genannt.

Johanna schaut durch die Lücke

zwischen den Brettern.

Überall sind Baumhäuser

hier im Wald

und sie ist aufgeregt.

Baumhaus

Die Menschen hier oben

nehmen jeden auf,

ohne zu fragen,

ob der Mensch

zu etwas nutze ist.

Es ist ein Recht,

nur da zu sein.

Johanna kann nicht mehr schlafen.

Sie steigt vorsichtig über die anderen hinweg

in die Küche: Herd, Spüle, Schrank.

Ein Eichhörnchen ist scharf auf die Lebensmittel.

Es kommt morgens,

stiehlt Nüsse, Brot und Körner.

Johanna sieht es an,

es sieht sie an

und hat keine Angst.

Sein buschiger Schwanz

ist wie ein Flaschenreiniger.

Sie macht Tee.

Es ist feucht in der Früh

und ein wenig kühl

über der brennenden Welt.

In der Ferne fressen sich

die Schaufeln der Bagger

weiter in den Körper der Erde.

Sie ernten Braunkohle.

Kohle wärmt und erwärmt.

Johanna steigt über Borkes Gitarre hinweg,

die stumm im Weg liegt.

Sie seilt sich ab

aus der Krone der Eiche.

Schritt für Schritt geht sie.

Solange sie in den Bäumen leben,

wird der Wald nicht gerodet.

Die Erde unter ihr gibt nach –

so nachgiebig,

so nachsichtig

ist nur Waldboden.

Sie macht sich auf

in die Stadt,

wo sie etwas zu

erledigen hat.

Er heißt Ben

und ist ein Buch mit leeren Seiten.

Es muss etwas passieren. Das weiß Ben.

Aber er steht viel zu langsam auf.

Er weiß: Es ist Zeit, etwas zu ändern.

Veränderer sind Menschen

mit einem Ziel vor Augen,

doch er lebt nur von Tag zu Tag

und steht mit beiden Füßen

auf dem warmen Teppich

in seinem Zimmer

in der Eigentumswohnung seiner Eltern

mitten in der Stadt.

Die Welt brennt, doch ich penne.

Das denkt er.

Seine Mutter ruft von unten:

»Morgen, Schatz!«

Er fühlt sich angebunden

wie ein Hund an der Leine.

Braune Haare, eine Strähne

fällt ihm ins Gesicht,

Mandelaugen, hellbraun, wach der Blick,

selbst wenn er müde ist.

»Fängst du heute an mit dem Referat

über die Edelweißpiraten?«,

hört er seine Mutter fragen und spürt,

wie ihn die Leine in eine Richtung zieht.

Brot mit Frischkäse und Stress.

Sie sagt: »Widerstand ist faszinierend.

Unter Hitler brauchten die Menschen Mut zum Widerstand.«

Sie will wissen, ob sie ihm bei der Arbeit helfen könne.

Er will keine Hilfe, bloß keine Hilfe von ihr.

Der Mund seiner Mutter ist blass,

ihre Zähne sind sehr gerade und zu hell.

»Wann musst du das Referat denn abgeben?«

Er hat das Brot nur angebissen

und knallt die Tür hinter sich zu.

Vorbei.

Es ist immer

die gleiche Flucht

vor seiner Mutter.

Er will zur Gedenkstätte

der Edelweißpiraten.

Sie ist im Bogen unter dem

Bahnhof Köln-Ehrenfeld.

Oben fahren die Züge ein und aus,

unten lebt die Erinnerung,

eine Gedenktafel,

Zeichnungen von Erhängten

und der seltenen Blume.

Edelweiß

Die Blume.

Sie wächst hoch oben auf dem Berg,

blüht in Eis und Schnee.

Von da hast du Überblick.

Ganz weiß ist sie

wie unsere Kniestrümpfe.

Weiß ist edel,

ist Edelweiß,

die Kostbarkeit.

Die Hemden mit Farbe,

bunt wie die Wiese,

nicht braun wie die Scheiße.

Ein weißes Blatt Papier,

auf dem ich die Wahrheit

in Freiheit schreibe.

Edelweiß ist unser Stern,

die Blume Widerstand.

Mut, Tapferkeit, Liebe.

Nur der Mutigste kann sie pflücken,

hoch oben in den Felsen,

wo die Freiheit lebt

und der Sonne nah ist.

Johanna ist Energie.

Ihr Gesicht schwitzt unter dem Schal.

Nur ihre Augen sind zu sehen.

Helle Punkte in all der dunklen Kleidung.

Die Gedenkstätte dort unten

interessiert sie jetzt nicht.

Sie steigt die Treppen hinauf zum Bahngleis.

Unten fließt der Verkehr, regieren Dönerbuden

und in der Spielhölle lauert die Langeweile.

Der Bahnsteig hier oben ist lang.

Wie aus einem Gewehrlauf

schießen Züge im Minutentakt.

Kommen raus, fahren nach

Köln-Flughafen, Köln-Innenstadt-Dom.

Die Menschen schauen sie an,

niemand erkennt Johannas Gesicht.

Ihr grauer Schal ist ein Schutzschild.

Was führst du im Schilde,

schwarzer Rabe?

Ben ist nah bei ihr und dennoch so fern.

Er steht dort unten an der Straße,

direkt gegenüber der Gedenkstätte.

Nazis marschierten und verfolgten

die jungen Menschen, die sich

die Zivilisation zurückholen wollten.

Er zückt sein Handy, fotografiert.

Ein Zug hält oben am Bahnsteig.

Es ist ein Drunter und Drüber,

Verkehr, Asphalt und Schienen.

Versiegelte Welt.

Sie haben der Erde

den Mund zugeklebt.

Johanna geht den Bahnsteig entlang.

Sie spürt die Blicke.

Leute verschwinden in den Mäulern der Waggons.

Sie steigt auf einen Stromkasten,

klettert von dort am Mast hinauf zur

Überwachungskamera.

Die Sonne ist hell.

Johanna hat Wut auf die Welt.

Sie bleibt mit dem Schal an einem Draht hängen.

Er rutscht ihr über die Augen.

Johanna reißt ihn sich vom Gesicht.

Der Schal sinkt,

schwebt,

tanzt im Wind

und folgt ein wenig

dem wegfahrenden Zug

wie ein Grauschleier.

Johanna atmet durch.

Sie schaut hinauf.

Ihr Gesicht spiegelt sich

in der Überwachungskamera.

Sie sieht sich, grinst trotzig

und zückt die Sprühdose.

Ben hat noch keine Augen für Johanna,

Johanna noch keine Augen für Ben.

Beide sind konzentriert auf ihre Sache.

So berührt

Es ist und bleibt eine der schönsten Fragen,

wann sich wo und wie zwei Menschen treffen.

Warum trifft der Blick des einen

den des anderen?

Und warum wird er davon so berührt?

Es ist die schönste Frage,

wann die Liebe ihren Lauf nimmt.

Und wer wen später zuerst küssen wird.

Wer bestimmt das?

Chemie? Biologie?

Ein magisches Wesen?

Die künftig Liebenden selbst

sind es sicherlich nicht.

Und warum hat das Kribbeln im Bauch

die Farbe Rot und Ewigkeit im Sinn?

Es ist und bleibt eine der schönsten Fragen,

wann sich wo und wie zwei Menschen treffen

und wer den ersten Schritt dann macht,

damit die Geschichte beginnen darf.

Ben entdeckt das Mädchen

dort oben auf der Bahntrasse,

ganz oben am Mast ist sie.

Von dort kann sie sicherlich

den Kölner Dom sehen.

Was macht sie da?

Er fotografiert sie.

Der Auslöser ist lautlos,

aber sie schaut zu ihm herunter.

Ihre Blicke treffen sich.

Ben wird heiß.

Erwischt.

Er wendet sich ab.

Dabei wollte er noch die Gedenktafel

der Edelweißpiraten fotografieren.

Nun geht er – schnell.

Als sei er schuldig.

Sie schaut ihm nach:

Jeans wie sie,

Kapuzenpulli wie sie.

Neugierig war er. Zu neugierig!

Die Sprühdose liegt schwer in ihrer Hand,

obwohl sie leicht ist.

Was du fühlst und was Wirklichkeit ist,

hat wenig miteinander zu tun.

Die Linse der Kamera über ihr

ist jetzt schwarz wie das Nichts.

Keiner der Überwacher

wird mehr durch diese Kamera schauen,

niemand mehr die Menschen beobachten

und ihre Gesichter erfassen.

Das Netz hat tausend Augen.

Die KI ist ein Silberfischchen.

Sie dringt in jede Ritze deines Lebens.

Johanna ist wieder auf dem Stromkasten.

Sie schreit: »Ihr Schafe!«

Die Leute glotzen wie Fische im Glas.

Keiner sagt was, wie Fische im Glas.

Die Fische im Glas haben Angst.

Sie fürchten sich vor dem schlanken Mädchen,

das nun wieder festen Boden unter den Füßen hat.

Und die Treppen hinuntergeht,

während der nächste Zug einfährt.

Fotos

Zur Erinnerung.

Zum Vergleich.

Zum Zeigen.

Zum Lachen.

Zum Weinen.

Fotos für mich allein.

Fotos von mir.

Es ist ein Foto von ihr,

das er sich nun auf seinem Handy anschaut.

Die Haare gelockt, schwarz.

Er zoomt ihr Gesicht ran,

noch näher, ein wenig unscharf,

die Augen groß, der Mund klein,

Pausbacken und voller Energie.

Sie ruft ihn:

»Bleib stehen!«

Er bleibt stehen.

»Dein Handy!«, sagt sie.

Ihr Gesicht ist so nah,

ihr Mund so laut:

»Dein Handy!«

Er gibt es ihr zögerlich.

Sein Handteller ist nass.

Sie ist stark.

Ihre Haare sind schulterlang, schwarz.

Er ist schwach.

Sie blafft ihn an:

»Du hast mich fotografiert!

Das ist mein Gesicht!«

Er ist starr.

Ihre Augen starren ihn an:

ein schwarzer Punkt im Zentrum

von all dem Grün.

Die Pupille hat ihn ertappt.

Die Bremsen eines Zuges kreischen,

als würde einem Wal das Rückgrat gebrochen.

Sie schmettert das Handy zu Boden,

und ihr Gesicht auf dem Bildschirm

ist in tausend Stücke gesplittert.

Er ist verschreckt.

Ihre Schritte entfernen sich

und er schaut auf das zerstörte

schwarze Display.

Sie geht und geht,

dreht sich nicht um.

Die Gedanken vergehen

und drehen sich schneller.

Kein Waldboden,

nur Menschenboden.

Sie mag die Stadt nicht.

Hier ist alles von Menschen

durchdacht und belagert.

Selbst die Bäume kommen nicht an

gegen das Grau der Steine.

Ein Baum ist mehr wert

als sein Brennwert und

nicht nur ein Speicher für CO2.

Bewegte Reklame flimmert

ihr in den Augen.

Eine Versicherung fürs Leben

wird angeboten.

Die Würde des Menschen

ist seine Kreditwürde.

Sie will zurück in den Forst.

Der Asphalt brennt

unter ihren Füßen.

Vor ihr dreht sich

billiges Leben am Spieß

und passt in eine Dönertasche.

Sie hat Wut auf all jene, die mitlaufen, einkaufen.

Der Blick des Jungen war so unschuldig.

Hat er verstanden, was er getan hat?

Sie fotografieren dich,

speichern dich ab.

Sie wollen alles

festhalten,

besitzen.

Er läuft nach Hause,

aber nicht allein.

Ihn verfolgt eine Spur von

Furcht,

Entsetzen,

auf Schritt und Tritt

hat er Angst

vor all ihrer Energie.

Und die Angst,

mit einem kaputten Handy

nach Hause zu kommen.

Die Angst vor seiner Mutter.

Sein Vater ist auf Dienstreise in Kyoto.

Die Angst vor all den Fragen.

Hinter ihm fällt die Tür ins Schloss.

Schuhe aus, Teppich unter seinen Füßen,

schleicht er sich in sein Zimmer.

»Hallo, Ben?!«

Seine Mutter klopft an

sein Leben an.

Er öffnet nicht,

schaut in die Cloud.

Sein Handy ist zerstört, aber ihr Foto

ist unberührt in der digitalen Wolke.

Lucy in the sky with diamonds

Du kannst das Geschehene

nicht so leicht

ungeschehen machen.

Dein Foto nicht

einfach zerreißen.

Es ist nicht mehr

nur auf Papier.

An keinem einen Ort,

an allen Orten bist du

zu greifen,

tausend Tropfen Pixel

in der Wolke.

Er sucht ihre Spuren.

Jeder hinterlässt Spuren

im Netz der Spinne.

Auf Google-Bildersuche

findet er ihr Gesicht.

Die Biometrie lügt nie.

Er findet ein Mädchengesicht auf der

Homepage des Albert-Einstein-Gymnasiums.

Willkommensheft des Jahrgangs:

Johanna Klein (5b),

Theater-Medien-Klasse.

Das ist sie! Target! Treffer!

Ben folgt der Fährte.

Ein Video auf Vimeo mit Johanna:

Szenen einer Aufführung.

Damals war sie noch ein Kind,

die Haare hüftlang wie

blonde Luftschlangen.

Wem gehört der Account, auf dem

das Video veröffentlich wurde?

Nachname und sofort die Adresse.

Johannas Vater und Johannas Mutter,

sie haben sich getrennt.

Facebook ist ein Verräter.

Wenige Klicks später hat

er die Adresse der Mutter.

Am liebsten würde er gleich losgehen,

aber es klopft.

»Hallo, Ben!« Das ist seine Mutter.

»Was ist los?!«

Sie drückt die Klinke.

»Warum schließt du ab?«

Sie wird nicht lockerlassen.

Wäre seine Mutter nicht seine Mutter,

so wäre sie eine liebenswerte Frau.

Aber sie ist

eine Befragerin,

eine Einflussnehmerin,

eine Erlauberin,

eine Rechthaberin,

eine Entschuldigerin.

Und während er

ihr mit vielen Worten

alles verschweigt,

mit ihr spricht,

ohne mit ihr zu reden,

denkt er nur an Johanna,

deren Mutter sicherlich weiß,

wo sie lebt.

Ben stellt infrage.

Sich infrage.

Bewusst infrage.

Ständig infrage.

Handeln und Denken.

Alles infrage.

Ob er Johanna

nachspionieren darf?

Die Antwort ist einfach ein Ja.

Er will sie sehen, unbedingt sehen,

und geht zu Johannas Mutter,

die ihn abblitzen lässt.

Wäre ihm nicht zufällig

Johannas kleine Schwester Sarah

vor der Haustür begegnet,

und hätte sie Johanna nicht

so arg ähnlich gesehen,

dann hätte er nie erfahren,

dass Johanna weggelaufen ist und

im Hambacher Forst lebt.

So aber macht er sich

schon am nächsten Tag auf

in T-Shirt, Turnschuhen und Jeans,

den Hoodie um den Bauch gebunden.

Johanna träumt mit offenen Augen

im Bett hockend. Sie ist melancholisch.

Die anderen sind ausgeflogen,

die Baumhäuser verlassen wie Nester.

Sie sind zur Kolonie am Waldrand,

wo heute ein Plenum stattfindet.

Dort kommen sie aus den Kolonien

zusammen und beratschlagen sich.

Früher haben sie sich regelmäßig getroffen.

Aber jetzt sind all die Bewohner eher ein

lockerer Verband, ein paar sind immer da,

andere ziehen ab und neue kommen hinzu.

Johanna und Borke sind allein hier

oben im Wipfel der Eiche geblieben,

damit kein Fremder eindringen kann.

Zwischen zwei Brettern schaut sie

hinunter auf die Wege von Oakland.

Eine Gestalt nähert sich: Jeans, Hoodie,

die Kapuze tief ins Gesicht gezogen.

Borke singt und reimt laut

zur Gitarre in der Küche: