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Elfen, Trolle, Drachen: Abenteuer und Magie werden in Köln lebendig!
Fesselndes Fantasy-Epos aus Köln: Deutschlands bekanntestes Bauwerk ist Schauplatz einer mitreißenden Geschichte
Für alle Leser von Kai Meyer, Christoph Marzi und Jonathan Stroud
Hochwertige Ausstattung mit Kartenmaterial
Autor steht für Lesungen zur Verfügung
"Kaum dass Dr. Helen King mit ihren Ausführungen geendet hatte und weitergehen wollte, bebte die Erde unter ihren Füßen. Die Teilnehmer der Führung durch den Kölner Dom bekamen es mit der Angst zu tun.
"Was ist das?", fragte die grauhaarige Frau panisch. Weiter kam sie nicht, und Dr. Helen King vermochte auch keine Antwort zu geben, denn die Erde selbst antwortete mit einem weiteren Beben. Es schien, als würde sich alles um sie herum bewegen und sich verschieben. Der Kirchenboden über ihnen bekam Risse, die schnell größer wurden. Steine fielen hinunter. Dann gab es einen Knall und die Erde zitterte ..."
Unter dem Kölner Dom beginnt ein fantastisches Reich: Terra. Hier wohnen Elfen und Alben, Drachen, Trolle und Zwerge. Einst bewohnten sie gemeinsam mit den Menschen die Erde, bis diese ihnen den Platz in der Welt nahmen. Seither leben die Fabelgestalten im Reich unter der Erde. Doch alle 5000 Jahre wird ein Mensch geboren, der den Drachenstab tragen soll, und die Zeit dafür ist gekommen. Ein gewaltiges Erdbeben erschüttert Köln, und in Terra geht ein Junge auf eine Reise, die das Schicksal der Domstadt für immer verändern wird ...
Mit seinem spannungsgeladenen Fantasy-Abenteuer entführt Manfred Theisen in eine faszinierende Welt voller Elfen, Trollen und Drachen - unter den Straßen der Dom-Metropole.
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Seitenzahl: 484
Aus dem Graben zwischen Gut und Böse entstieg Waat und formte einen Stern, den er entzündete und Sonne nannte. Als der Riese so das Licht geschaffen hatte und seine Gestalt besah, kam er sich nackt und alleine vor. Aus Scham kauerte er sich zusammen und wurde zu einer Kugel wie all die übrigen Riesen, die im Schatten ihrer Sterne lebten und einander nicht sehen konnten.
Doch der Riese Waat in der Mitte des Universums sollte besonders sein. Denn aus seinem Mund krochen die teuflischen Kurats ans Licht - die ersten lebenden Wesen. Aus seiner Bauchhöhle entstiegen später die Trolle und bevölkerten große Gebiete seines Körpers und kratzten an seiner Haut, da sie unentwegt nach Nahrung suchten. So wurde aus Waats hellem Blut das Meer, das bis heute das Leben erhält. Sein Körper war die Erde, seine Haare waren die Wälder, seine Zähne wurden zu Felsen und Steinen, aus seinen Gedanken wurde das Gewölbe des Himmels und sein Gefühl wurde zu feinen Wolken, die im Licht der Sonne schwammen.
Aber wie sollten sich die Wesen auf seinem unendlichen Körper orientieren? Also schlugen die schlauen Kurats Pfähle ein - vier an der Zahl - und nannten ihre Bewacher Osten, Westen, Süden, Norden. Die Bewacher der Himmelsrichtungen waren kleine weiße Zwerge mit riesigen Füßen und Händen. Sie waren bis zu dieser Zeit nur die Sklaven im Körper Waats gewesen, die für die Trolle und Kurats schufteten, um die besten Stücke des Riesen ins Licht der Sonne zu schleppen. Aus den Knochen bildeten die Zwerge Berge und Höhlen und aus seinen Augenbrauen, die dick und stabil waren, schufen sie einen Wall, den sie Kadam nannten, was so viel wie Schutz heißt. Denn dort, wo der Rücken des Riesen war und die Sonne ihr Licht hinwarf, kämpften sich die Elfen und Alben an die Körperoberfläche. Einzig die schwarzen Alben, die in den Träumen Waats festsaßen, wurden auf der dunklen Seite der Trolle und Kurats geboren und lebten fortan riesigen pelzigen Fledermäusen gleich vom Blute Waats.
Als dies geschehen war und der Riese nach und nach an Gewicht verlor, da sich alle an ihm nährten, fehlte nur noch eines: die Zeit. Daher schuf Waat mit seinem letzten Atem die Drachen, die in der Folge die Welt mit ihrem lodernden Feuer beherrschten. Sie setzten alles in Bewegung, um es für immer umeinander kreisen zu lassen. Gut und Böse, Sonnen und Riesen - so wurde es Tag und Nacht.
Erst nachdem die Zeit durch den Wechsel des Lichts gegeben war, konnten jene Wesen entstehen, an denen die Zeit beständig nagte: die Tiere, Menschen und Pflanzen. Sie waren somit von Anbeginn sterblich. Einige der Menschen wollten nicht auf dem kahlen Rücken des Riesen leben und rissen den Wall Kadam ein, um daraus Hütten und Häuser zu bauen. Seitdem lebten die Kurats und die Trolle, die Elfen, Zwerge und Alben beiderlei Geschlechts gemeinsam auf dem Riesen, den sie nicht mehr Waat, sondern Erde nannten.
Doch während die Trolle wussten, dass sie aus der Bauchhöhle des Riesen gekrochen waren, während die Kurats wussten, dass sie dem Mund Waats entstiegen waren, während die Zwerge wussten, wovon sie sich ernährt hatten, während die Elfen und Alben wussten, dass der Anfang die Kluft zwischen Gut und Böse gewesen war, hatten die Menschen vergessen, dass sie nur ein Teil des Riesen waren. Sie glaubten vielmehr, dass dort ein Gott gewesen sein müsse, da sie einzigartig seien. Die Menschen maßen nunmehr alles nach ihrem Auge, nichts stand mehr für sich, alles schien den Menschen nur für sie geschaffen worden zu sein. Der Wald, das Meer, das Gewölbe, die Wolken. Was die Menschen sahen, das war. Und was die Menschen nicht sahen, das war nicht. Von jenem Tag an, als sie aus der Angst vor dem Unerklärbaren ihren Gott schufen, als sie merkten, dass es Dinge gab, die über ihnen standen und die schwarzen Alben ihnen Albträume verschafften, da bekämpften sie die Alben und Elfen, die Kurats und Trolle und vertrieben sie vom schlafenden Riesen, der sich zusammengekauert hatte, damit auf ihm und in ihm alle Raum fänden und durch seinen letzten warmen Atem genügend Fülle zum Leben.
Seither leben die Wesen im Inneren Waats, wo der letzte Feuer speiende Drache Fermlund über das Gleichgewicht zwischen den Völkern wacht. Ihr Lebensraum Terra ist groß wie ein Kontinent, nach oben begrenzt durch die Erdkruste, und in den vier Himmelsrichtungen liegen die Wände der Höhle, in der sie gemeinsam hausen.
Doch der Tag des Todes von Fermlund ist nahe, und es wird das letzte Ei eines Drachen von einem Wächter mit dem Stab berührt werden müssen, damit noch einmal ein Drache schlüpfen kann und Gut von Böse in Terra scheidet.
»Wir haben heute Nacht 27 kleinere Beben registriert.«
»Und deshalb sehen Sie mich so nervös an? Die Situation ist doch seit Tagen so.«
»Weil seit fast sechs Stunden komplette Funkstille herrscht. Ich denke, da braut sich etwas zusammen.«
»Die Ruhe vor dem Beben!«, witzelte Professor Hintze und betrachtete die Kurven des Seismografen, der jede Bewegung der Erde genau registrierte. Zurzeit produzierte er nur eine lange beruhigende grüne Linie auf dem Endlospapier.
»Sollten wir nicht zumindest dem Lagezentrum im Innenministerium Bescheid geben?«, fragte sein Mitarbeiter.
Hintze schüttelte den Kopf und sah aus dem Panoramafenster der Erdbebenstation in Bensberg. An klaren Tagen wie diesem war Köln von hier oben aus zu sehen - der Dom, der Fernsehturm und die Abgasglocke, die wie ein verrauchter Mantel über dem kalten Wintertag lag. Heute war Silvester, aber nichts erinnerte an Winter, selbst die Temperatur lag noch immer knapp über null. Hintze würde bis zum frühen Nachmittag arbeiten und dann zur Silvesterfeier seines Bruders gehen.
»Was wollen Sie denen im Ministerium denn erzählen?«, gab er zurück. »Etwa, dass ein stärkeres Beben bevorstehen könnte, da es in der niederrheinischen Bucht ein paarmal geknistert hat?«
»Warum nicht?«
»Weil die Chance dafür eins zu tausend steht. Mich wundert nur, wie sehr die Beben auf diesen einen Punkt bei Brühl fixiert sind. Es scheint fast, als würde jemand genau dort unseren geliebten Luftballon Erde von innen mit einer Nadel anpieksen.«
»Sehen Sie. Es geschieht eben doch etwas Ungewöhnliches dort unten.«
»Mag sein«, sagte Hintze und schaute auf das mit Nutella und Mayonnaise bestrichene Butterbrot seines wissenschaftlichen Mitarbeiters. »Aber es gibt hier noch mehr unglaubliche Dinge.«
Der weiße Zwerg auf dem Wachposten hätte den Troll hören müssen. Doch er war durch ein winziges Irrlicht abgelenkt gewesen, das er zu fangen versuchte, weil es ihm vor den Augen herumflirrte und ihn fast in den Wahnsinn trieb. Der schwergewichtige, behaarte Troll näherte sich dem Zwerg nicht leise. Die Äste knackten und das Laub raschelte unter den ledernen Füßen. Er versuchte nicht einmal, seinen Atem anzuhalten, dessen Gestank jeden seiner Art schon von Weitem verriet. Der Zwerg bemerkte ihn erst, als es zu spät war, er die Keule zu spüren bekam und zu Boden sank. So stürmte der pelzige Troll aus dem Norden, wo sich sein Volk am Fuß der Makoonberge mit ihren Aufgängen zur Erde ausgebreitet hatte, weiter ins Reich der Elfen und Alben nach Ontika hinein - und hatte etwas Weißes im Blick ...
Marons Augen besaßen auch ein Weiß. Es war das Weiß der Menschenaugen. Es unterschied ihn nicht nur von den Bewohnern Ontikas, sondern von allen Wesen Terras. Denn Marons Augen sahen so scharf, dass er sogar die feinen Sandkörner am Tartunmeer unterscheiden konnte. Er zog aus seinem Köcher, den er nach Elfenart am Gürtel der Hose befestigt hatte, einen Pfeil, legte ihn in den Bogen, spannte ihn mit drei Fingern, zielte kurz und traf die Attrappe einer schwarzen Albe mitten in die Brust.
»Schnell und genau«, sagte sein Ziehvater Nangolf. »Aus dieser Albe wäre kein Blutsauger mehr geschlüpft.« In den Körpern der echten Schwarzalben verbargen sich Vampirfledermäuse. Nangolf schwang sich mit einem Flügelschlag auf den Rücken seines Einhorns Khetam. Seine bräunlichen Flügel waren schlank und wendig. Die großflächigen, zerbrechlichen Schwingen, die so manchen Elf Ontikas wie einen gigantischen Schmetterling wirken ließen, waren seit Jahrtausenden nutzlos geworden. Ein Überbleibsel aus der Zeit der Weltenwanderung, als die Elfen noch oben, auf Menschenerde, auf der Suche nach Nahrung über die Kontinente gezogen waren.
Der sonst stets gut gelaunte Elf, der das kurzgeschorene Haar eines Kriegers trug, machte eine traurige Miene. Maron traute sich nicht, ihn anzusprechen, stattdessen stieg er auf sein Einhorn und galoppierte um den Platz mit den beiden Toren, wo die Elfen und Lichtalben zum Järvemari-Fest Tuul spielten. Von hier oben konnte er ins Elfen-, Zwergen- und Albenland Ontika mit seinen Seen, Wiesen und Dörfern blicken.
Auf einem der sanften Hügel lag Schloss Ontika, unter dessen Hauptturm der Drache Fermlund wohnte. Und nicht weit davon entfernt, gesäumt von sechs knorrigen Eichen, in denen sich die kleineren Feen eingerichtet hatten, ruhte die Elfensiedlung Lindanisa. Auf dem Marktplatz rauchte der Apophyllit, ein durchscheinender Obelisk von magischer Kraft. Einst soll der Zwerg Taara ein Leben lang geweint haben, da die Menschen seine Söhne getötet hatten. Aus jenen Tränen entstanden der Sage nach die Gewässer Ontikas. Taara zu Ehren hatten die Elfen den Apophyllit gemeißelt. Von Zeit zu Zeit entzündeten sie das Feuer darunter, sodass die oberen Steinschichten abblätterten. Die Dämpfe, die dabei entstanden, gaben den Elfen Kraft.
Maron watete auf seinem Einhorn Pepan durch den Silberfluss, galoppierte an und ritt zwischen den TrollAttrappen hindurch, vor denen das Tier nicht einmal zuckte. Das war im vergangenen Jahr noch anders gewesen. Damals hatte ihn Pepan mehrmals abgeworfen. Einhörner fürchteten nichts mehr als Trolle, da diese sie bei lebendigem Leib fraßen. In einem Bogen kehrte Maron zurück zu seinem Lehrer, dessen Stimmung noch immer nicht besser geworden war.
»Was ist los mit dir?«
»Ich habe mich mit Silva gestritten«, sagte Nangolf. Elfenpaare stritten häufig, weil sie durch Streit neue Kraft für ihre Ehe gewannen und sich so wieder ineinander verlieben konnten.
»Und deshalb machst du so ein Gesicht?«
»Sie will sich von mir trennen.«
»Wie bitte?« Für Maron waren Nangolf und Silva wie seine eigenen Eltern.
»Frag mich nicht.« Nangolf stockte, dann sagte er: »Silva ist eine leere Blüte. Sie kann keine Kinder bekommen. Und nun hat sie Angst, auch noch dich zu verlieren.«
»Was redest du da? Du hast mir alles beigebracht. Wir werden immer zusammenbleiben.«
»Nein. Und das weißt du. Du brauchst nur noch etwas Erfahrung im Kampf, um deine Aufgabe erfüllen zu können. Fermlund fühlt sich müde, seine Zeit ist gekommen und er möchte bald zur Grotte reisen, um von dort zu den Lavaschluchten zu segeln, wo er im Herzen Waats seine ewige Ruhe finden kann.«
»Dann solltest du es Fermlund einfach noch nicht sagen, dass ich ...«
Nangolf lächelte. »Nein, wir gehen jetzt zu ihm und erzählen ihm von deinen Fortschritten. Er wird sich freuen.«
Das Schloss war das Herz Ontikas und der erfahrene Drache Fermlund der Beschützer des Landes. Ohne ihn würden die Trolle und Kurats Ontika einnehmen und das Licht der Kristalle auslöschen, die das Land wie Sonnen erleuchteten. So hieß es schon in dem alten Elfenvers, der auf der Unterseite der Zugbrücke prangte, welche nun zum Einlass von Maron und Nangolf heruntergelassen wurde:
Auf dem Schlosshof warteten prächtige Kutschen mit Araber- und Einhorngespannen. »Ist heute etwa Järvemari? Oder warum gibt es hier ein solches Aufgebot an Staatskarossen?« Maron versuchte, witzig zu sein, um seinen Lehrer aufzuheitern.
»Nicht, dass ich wüsste«, sagte Nangolf kühl und nahm seinen Helm ab, der wie ein grünes Blatt spitz nach hinten zulief. Die beiden schritten am Brunnen vorbei, wo die Hofdamen mit den Kutschern tuschelten und scherzten. Zu Füßen der Elfinnen wuselten die mausgroßen Schattenfresser und saugten mit ihren spitzen Mäulern den Boden ab, denn Schatten galten am Hof als unsauber. Und auf dem weißen Marmor sah man jeden noch so kleinen Fleck. Maron mochte die possierlichen Tierchen. Manchmal, wenn es sonst keine Schatten gab, fraßen sie gegenseitig ihre eigenen.
Als die beiden den Hauptturm betreten wollten, hielt der breitschultrige Wachelf Wierland Maron zurück.
»Warum darf Maron nicht zu ihm?«, wollte Nangolf wissen.
»Weil ...«, begann Wierland stockend.
»Kein Problem. Ich kann hier warten.« Maron wollte Wierland nicht in Verlegenheit bringen. Schließlich kannte er ihn gut.
»Mich interessiert es aber«, sagte Nangolf, der seinen Helm unter den Arm geklemmt hatte. »Ich mag es nicht, wenn mein Ziehsohn nicht bei mir sein darf. Wir wollen mit Fermlund reden.«
»Mag sein, dass du etwas Wichtiges zu sagen hast. Jetzt solltest du aber allein eintreten«, sagte Wierland ruhig.
Maron zuliebe blieb Nangolf gefasst und stieg ohne ihn die Wendeltreppe hinab. Unten in der riesigen Drachenhöhle warteten bereits Vertreter der Völker Ontikas. Hekar, der Obere der weißen Zwerge, war da, ebenso der hitzige Albenkönig Lortan, der Helm, Schild und Kettenhemd trug. Die Elfenfürstin Karmine war zurzeit krank und befand sich am Tartunmeer, wo sie von den Druidinnen gesund gepflegt wurde.
Die Völker der Versammelten lebten alle in Ontika, dem südlichen Teil Terras. Der gesamte nördliche Teil hingegen wurde von Trollen im Westen und Kurats im Osten beherrscht. Während die Trolle somit die kühleren Gebiete mit Namen Pansakur ihr Eigen nannten, war das Kuratreich Silamäe von brennenden Lavaflüssen durchzogen, über denen stets der Geruch von Schwefel lag.
Maron schaute sich derweil im Schlosshof um. Sein Blick fiel auf den Westflügel, den die Feen bewohnten. Die feinen Wesen mit den Puppengesichtern reichten Maron gerade mal bis zur Hüfte, aber ihr kräftiges Haar war lang wie sein Arm. Es wuchs schneller als jede Blume und war wegen seiner Stärke und Belastbarkeit wertvoller als Garn oder Seilfaser.
Die Zugbrücke wurde erneut mit einem Rasseln der Ketten heruntergelassen. Eine von sechs Einhörnern gezogene Kutsche fuhr vor, gefolgt von einem kräftigen, bärtigen Kerl auf einem stabilen Titurel. Das bullige Tier hätte die Kutsche zur Not auch allein aus einem Schlammloch ziehen können. Nur noch das stumpfe Buckelhorn erinnerte an die Verwandtschaft dieser eigenwilligen Rasse mit den feingliedrigen Einhörnern. Titurele kannten keine Angst, und sein Reiter sah auch nicht so aus, als sei er zart besaitet.
Er stieg ab, zog seinen schlichten erdfarbenen Umhang gerade und schritt zur Kutsche. Für einen Elf war er an Händen und Nacken ungewöhnlich stark behaart. Als er die Klinke herunterdrückte, sah Maron, dass in seinem kurzen Zopf etwas schwarz Glänzendes eingewoben war - ein Stein, ein Schwarzopal mit einem grünen Katzenauge in der Mitte.
»Du bleibst gefälligst hier«, drang eine helle Stimme aus der Kutsche.
»Ich will aber mit«, erklärte eine andere Stimme frech, die dünn wie ein Faden war.
»Wenn Enite sagt, du sollst in der Kutsche bleiben, dann bleibst du in der Kutsche«, mischte sich der bärtige Kerl mit dem Katzenauge ein - er klang genervt von dem Passagier.
Maron hätte sonst was dafür gegeben zu erfahren, wer in der Kutsche saß. Doch seine Neugier sollte nicht gestillt werden, denn Wierland tippte ihm von hinten auf die Schulter und befahl: »Du sollst nach unten zu Fermlund kommen.«
Als Maron zögerte, sagte der Wächter: »Sofort!«
Maron kannte jede der 256 Stufen der Wendeltreppe, so oft war er schon bei seinem Lehrer gewesen. Der Drache lebte in einer Höhle aus Granit. Das feuerfeste Gestein war reich an Quarzen und Mineralien, die es ausströmte und die Fermlund wie Vitamine über seine Schuppen aufnahm. Ebenso labte er sich am Brunnen, der ihm jenes flüssige Gold spendete, von dem er sich in seiner Höhle ernährte. Die Schuppen waren seine Haut und sein Schutz. Sie waren so hart, dass aus ihnen Schilde für die Krieger geschlagen werden konnten, wie jenes, das Nangolf auf seiner Brust trug.
Als Maron Fermlund sah, ahnte er schon, dass etwas nicht stimmte. Bevor er jedoch danach fragen konnte, hörte er Schritte hinter sich, und der behaarte Kerl, der eben die Kutsche geöffnet hatte, kam eilig die Treppe hinunter, gefolgt von einem weiblichen Wesen mit spitzen Elfenohren.
»Enite!«, rief ihr Fermlund über Marons Kopf hinweg erfreut zu. »Ihr und Ezeras habt es also doch noch geschafft.«
Enites schlichtes, weit geschnittenes Kleid war aus sandfarbenem Leinen gearbeitet und reichte ihr bis hinab an die Fesseln. Ihr strenges Gesicht wirkte respekteinflößend. Wie alt sie war, vermochte Maron nicht zu schätzen. Sie trug einen Gürtel um die Hüfte, woran neben einem Lederbeutel eine Druidensichel und ein Schwert hingen. Im Arm hielt sie einen Mantel aus braun gefärbtem Feenhaar. Sie musste eine der Druidinnen sein, die am Tartunmeer lebten, denn sie besaß einen der roten Handschuhe - gewirkt aus den Staubfäden, die der Riese Waat ins All geatmet hatte. Sie gehörte damit zum inneren Kreis der in die Sieben Bücher Waats Eingeweihten. Die Druidinnen waren wegen ihrer tiefen Einsicht in die Natur der Dinge und die Kunst der Magie am Hof hoch geschätzt. Doch seit Samagar die Herrschaft über die Trolle übernommen hatte und Kalman im Land der Kurats regierte, wurde zwischen den Völkern nicht mehr verhandelt, nur Macht zählte. Einzig Fermlunds übermächtige Stärke und sein Feuer ließen die Herrscher des Nordens davor zurückschrecken, Ontika anzugreifen. Er war das letzte jener Feuer speienden Wesen Waats, die die Zeit in die Welt brachten und die Glut des Ewigen in sich vereinten - alle übrigen Drachengeschlechter, die kleiner und weniger gefährlich waren, waren von den Trollen getötet oder versklavt worden. Nur Fermlunds direkter Nachfolger selbst könnte diese Aufgabe nach dessen Tod übernehmen.
Als Enite die letzte Stufe erreichte, warf sie sich ihren Mantel über und band ihn vorn am Hals mit einer kurzen Kordel wie einen Umhang zusammen. Eine zweite Kordel, die in den Schlaufen in Höhe der Taille hing, blieb offen.
»Wirges hat mich gebissen«, moserte der Kerl mit dem Katzenauge im Zopf. »Er sollte sich zumindest entschuldigen.«
»Reg dich nicht so auf, Ezeras.«, antwortete die Druidin. »Es ist doch nur eine Schramme.«
»Und eine Frechheit.«
Die Druidin versuchte, ihren Freund zu beschwichtigen. Dann wandte sie sich mit besorgter Miene an den Drachen.
»Eure Botschaft klang, als sei Ontika in ernster Gefahr«, sagte Enite.
»Seht selbst.« Fermlund blickte zum anderen Ende der Höhle, wo sich eine Tür auftat.
Dr. Helen King drückte leise die gusseiserne Pforte im südlichen Seitenschiff der Kathedrale auf. Die schlanke Archäologin wollte mit ihrer fünfköpfigen Besuchergruppe die Ausgrabungen unter dem Dom besichtigen und dabei die Messe nicht stören. Seit vier Jahren arbeitete die hochgewachsene Amerikanerin nun schon in Köln. In der Regel führte sie die Besucher durch den Außeneingang außerhalb des Doms ins Erdreich hinab. Aber der Schlüssel war ihr dort eben erst im Schloss abgebrochen, weshalb sie jetzt den alten Zugang im Innern der Kirche benutzen musste.
Unten angelangt schloss Helen King eine Gittertür auf, die sich quietschend öffnete. Es war wie ausgestorben hier, denn die Grabungen der Wissenschaftler ruhten. Sie wollten die Erkenntnisse der vergangenen Jahre endlich zu Papier bringen. Der bedeutendste Fund war das Grab eines fränkischen Knaben mit Totenbett und Stuhl gewesen. Die Grabbeigaben reichten von golddurchwirkten Stirnbändern bis hin zu Münzen. Aber auch Tausende Keramiksplitter von Krügen waren gefunden worden. Schließlich hatten die Arbeiter, die im Mittelalter den Dom erbauten, das Anrecht auf zwei Liter Wein am Tag gehabt und leicht angeschickert den einen oder anderen Krug fallen lassen. Helen Kings Ansicht nach war Archäologie hauptsächlich die Beschäftigung mit Müll. Am Müll der Jahrhunderte ließ sich das genaue Datum für die Baustufen der Kathedrale herausfinden. Der Müll war der Zeiger auf der Uhr der Welt.
Gerade hob die Wissenschaftlerin unter der Kirche zu ihrem Vortrag an, als jemand rief: »Warten Sie!«
Ehe sie die Stufen wieder hinaufsteigen konnte, war ein Mann in abgewetzter Cordhose und The-North-Face-Daunenjacke schon über die Pforte gestiegen. Er lächelte breit, als wolle er mit diesem Lächeln jede Kritik an seinem Zuspätkommen im Keim ersticken.
»Kai Jedicke?«, fragte sie.
»Die Nummer sechs auf ihrer Besucherliste.«
Woher wusste er das?, fragte sich Helen King. Auf der Jacke des Nachzüglers lagen Regentropfen. Es nieselte draußen wohl wieder.
»Sind Sie nun Kai Jedicke oder nicht?«
»Wer sonst?«
»Ich lese gern Ihre Artikel, aber ich frage mich, was Sie hier wollen?« Der Journalist war ständig auf der Suche nach der Sensation und mit Kultur hatte er nichts am Hut, eher mit Kölner Lokalpolitik.
»Ich möchte lediglich Ihre Ausgrabungen besuchen«, sagte er. »Nichts weiter. Sie wissen, ich wühle genauso gern im Dreck wie Sie.«
»Rauchen ist hier verboten«, sagte sie. Jeder wusste, dass die Zigarette sein Markenzeichen war. Aber die nächste Stunde würde das Zigarettenetui mit seinen Initialen verschlossen bleiben müssen.
Helen King wies ihm den Weg in die Gräben der Archäologen, über denen das Schild prangte:
Archäologischer Arbeitsbereich: Betreten auf eigene Gefahr - Bei Unfällen besteht kein Versicherungsschutz!
Unter dem Dom befanden sich nicht nur die klassischen Gräben, in denen sich die Forscher vorsichtig mit Hämmerchen, Kratzer, Pinsel, Nagel- und Zahnbürsten nach verschollenen Zeugen der Jahrhunderte vorarbeiteten. Es gab auch Treppen aus Holz, Treppen aus Aluminium und in Stein gehauene Auf- und Abgänge. Es war ein Drunter und Drüber von Gängen und Stufen, von Tunneln und Brücken. An den Wänden waren zur Orientierung farbige Markierungen angebracht, Zahlen und Buchstaben, die einen geheimen Code zu enthalten schienen, und Helen King wusste zu jedem der Zeichen etwas zu sagen.
Die siebenköpfige Gruppe bewegte sich über einen Holzsteg, der über einen Graben zu einem Gewölbe führte. Dort stand ein etwas angegrautes Modell der Kathedrale. »Hier haben im Mittelalter Hunderte von Särgen gelegen. Geistliche fanden genau an dieser Stelle ihre letzte Ruhe. Wir befinden uns unmittelbar unter dem Mittelschiff des Doms. Über uns sitzen gerade die Gläubigen in den Kirchenbänken. Hören Sie die Orgel?« Die Musik drang leise zu ihnen herab, als käme sie von fern her.
»Johann Sebastian Bach«, sagte Jedicke. Er wollte gerade noch die Bezeichnung des Musikstücks hinzufügen, als King ihn unterbrach: »Sehen Sie?« Sie deutete auf einen Steinsarg, der zur Fußseite hin offen war. »Der Tote wollte mit seinen Füßen die Mauer der Kirche berühren. Jeder Gläubige versuchte, möglichst nah am Altar, dem Taufbecken oder den Gebeinen der Heiligen Drei Könige zu liegen. Sie alle kennen sicher den Ausdruck: Der ist stinkreich. Das kommt daher, dass sich neben den kirchlichen Würdenträgern auch sehr reiche Bürger der Stadt unter dem Dom begraben lassen konnten. Der Kirchenraum darüber muss vom Verwesungsgeruch der Reichen, die es irgendwie durch Spenden oder Ähnliches geschafft hatten, hier unter der Kathedrale ihre letzte Ruhe zu finden, extrem gestunken haben. Hunderte von Särgen hatten hier gelegen. Und auf die Frage von Pilgern: Warum riecht es so im Dom?, haben die Kölner früher gesagt: Weil die Reichen so stinken.«
Helen Kings Blick wanderte wieder zu Jedicke, der Notizblock und Kugelschreiber zückte, aber nichts notierte. »Dort drüben links sehen Sie das Fundament für den 157 Meter hohen Südturm der Kathedrale. Lassen Sie uns bitte dorthin gehen.«
Die Gruppe bewegte sich eine Treppe hinab und gelangte wieder auf einen hölzernen Steg. Jedicke schwieg. Er hatte Zeit und konnte warten wie ein Krokodil. Im Gegensatz zu den anderen interessierte es ihn nicht, dass das Fundament 33.000 Tonnen schwer war und damit genauso viel wog wie der Turm selbst. Sein Interesse galt allein zwei schuhkartongroßen blauen und einem würfelförmigen grünen Kasten mit dem Seismografen.
»Ja, es gibt noch einen weiteren Seismografen auf dem Nordturm, in 100 Metern Höhe, und zwei auf dem Gewölbe des Mittelschiffs«, antwortete die Archäologin auf Jedickes Frage. Sie ahnte, worauf er abzielte. Die Erdbebenexperten aus Bensberg hatten die Geräte installiert. Schließlich war durch den neuen U-Bahn-Tunnel vor Jahren schon mal eine Kölner Kirche in Schieflage geraten.
»Glauben Sie«, hakte Jedicke nach, »dass der Dom ins Wanken geraten könnte, falls ein kräftiges Beben das Erdreich erschüttern sollte?«
»Wie kommen Sie darauf, dass es dazu kommen könnte?«
Jedicke schwieg. Helen King wusste sicher über die kleineren Beben der vergangenen Tage Bescheid, auch wenn sie vielleicht über den Vorfall von Brühl vor knapp zwei Stunden noch nicht informiert war. In der Redaktion hatte es kein anderes Thema gegeben, denn eine Hochzeitsgesellschaft mit 87 Personen war nach dem Brühler Beben wie vom Erdboden verschluckt - und das im wahrsten Sinne des Wortes. Nach dem Kirchgang hatte das Brautpaar mit seinen Gästen in einer Festhalle gefeiert und war seither nicht mehr gesehen worden. Jedicke hatte Glück gehabt, dass er schon seit Tagen für die Dom-Recherche eingeteilt war. Aber vermutlich hatte ihn sein Chefredakteur aus Rücksicht auf sein persönliches Schicksal nicht nach Brühl geschickt. Geistesabwesend zeichnete Jedicke ein paar Kringel auf seinen Notizblock und schob die Gedanken an seinen verschollenen Sohn beiseite.
Helen King flippte ihr Haar und fuhr fort. »Dann kommen wir nun zu dem ottonischen Vorläufergebäude des heutigen Doms, dessen Mauerreste hier vorn ...«
Eine gut 50-jährige weißhaarige Frau unterbrach sie: »Besteht denn wirklich die Gefahr, dass ein Domturm einstürzen könnte?«
Jetzt musste Helen King Stellung beziehen und sie tat es souverän: »Die Architekten des Mittelalters verwendeten das vulkanische Magmagestein, mit den vielen kleinen Löchern darin - auch Basalt genannt - und Steinquader im Wechsel mit Tuffsteinen, also gepresster Vulkanasche.« Sie wies auf faustgroße Stücke im Fundament hin. »Durch diese übereinanderliegenden Schichten von weichen und harten Steinen wird jede Bewegung der wankenden Türme abgefedert.« Nicht nur mit dem Hinweis, dass selbst die fünfzehn britischen Bomben im Zweiten Weltkrieg die Fundamente nicht erschüttert hätten, versuchte sie ihre Zuhörer zu überzeugen. »Wir durften ja sogar ein Loch für den neuen Eingang zum Südturm in das Fundament graben. Seit der Dom 1992 das letzte größere Beben überstanden hat, sagen wir, dass er erdbebensicher ist.«
Die Gruppe wurde von ihr an einem Maschendrahtzaun entlang zu den Resten der Bodenheizung eines römischen Patrizierhauses geführt. Von dort gelangten sie über einen betonierten Gang an eine Abzweigung. Helen blieb stehen. Genau über ihr war ein streichholzschachtelgroßes Schildchen an der Decke festgeschraubt. »Sie wissen, dass die Kathedrale von oben wie ein gigantisches Kreuz aussieht, und dort, wo die beiden Bretter dieses Kreuzes zusammengenagelt sind, genau da befinden wir uns jetzt, eben nur unter der Erde. Es ist sozusagen das Zentrum der Kathedrale, und wenn Sie an der Autobahn ein Hinweisschild sehen, wie weit es noch nach Köln ist, dann wird die Entfernung genau bis zu diesem Punkt hier berechnet. Die Christen haben früher die heidnischen Tempel niedergerissen und die Kathedralen direkt auf den Trümmern der Tempel errichtet. Sie wollten damit die falschen Götter und Fabelwesen aus den Köpfen des einfachen Volkes eliminieren.«
»Und deshalb stehen wir hier?«, fragte Jedicke. Er merkte, dass Helen King den Faden verloren hatte.
»Nein, aber der Vorläuferbau des Doms wäre wohl nicht genau hier erbaut worden, wenn an dieser Stelle nicht in Urzeiten ein Tempel gestanden hätte. Noch heute hoffen wir, bei Ausgrabungen auf Reste des Tempels zu stoßen.«
Kaum dass Dr. King mit ihren Ausführungen geendet hatte, bebte die Erde unter ihren Füßen.
»Was ist das?«, fragte die weißhaarige Frau entsetzt. Von oben aus der Kathedrale drangen Schreie zu ihnen herunter, Menschen schienen zu laufen.
»Ganz ruhig«, sagte Helen King. »Keine Panik.«
Doch kurz darauf antwortete die Erde mit einem gewaltigen Beben. Alles um die Besuchergruppe herum geriet in Bewegung, selbst Jedicke runzelte erstaunt die Stirn. Kleine Betonsplitter prasselten auf seinen Kopf. Er wischte sie fort, schaute nach oben. Die Risse in der Decke wurden größer, weißer Staub rieselte heraus, dann Erde, und dann begann alles zu wanken.
»Weg hier!«, schrie Jedicke.
Steinbrocken fielen aus der Decke, versperrten den Weg zum Ausgang. Sie liefen weiter, blind wie getriebene Tiere, rannten, als könnten sie dem Koloss über ihnen entkommen. Helen King zögerte, es gab einen Knall, als wäre eine Bombe explodiert, die Erde zitterte noch einmal, schreiende Stimmen, Helen wurde an der Hand gefasst, sie rannte, ein Stein platzte aus der Wand und traf sie ...
Ein dürrer Elf mit schwarzen Flügeln schob die Bahre auf einem Gestell herein. Eines der Räder machte ein unangenehm quietschendes Geräusch, das in der Höhle widerhallte.
»Seht, Freunde«, sagte Fermlund.
Er gab dem Elf ein Zeichen, der mit gewichtiger Miene, als hebe er den Vorhang zu einer Theatervorführung, das weiße Tuch von der Bahre zog: Darauf lag der Leichnam eines Trolls, sein Maul stand weit offen. Rechts und links hatte er fingerlange Reißzähne. Seine Hose aus Drachenleder war zerrissen und die beiden über der Brust gekreuzten Träger sowie die handbreiten Brustriemen waren angenagt. Maron wurde flau im Magen. Der Troll stank nicht nur, sein Fell war verklebt vom Blut der Zwerge, die er erschlagen hatte. Hekar, der Obere der weißen Zwerge, umklammerte den Griff der Spitzhacke, die er am Gürtel trug. Am liebsten hätte er damit auf den Leichnam eingeschlagen.
»Wie ihr an seinen Verletzungen an Hals und Armen seht, ist er uns in eine Hirmkerber-Falle gegangen.« Hirmkerber waren Nager, die von den Zwergen in getarnte Gruben gesteckt wurden. Fiel solch ein Troll, der gut und gern seine 550 Pfund wog, in eine Falle, so überfielen ihn die Hirmkerber wie ein Moskitoschwarm und kämpften ihn mit ihren scharfen Zähnen nieder.
»Es kann doch nicht sein, dass du uns wegen dieses toten Trolls hierher bestellt hast? Ich habe dringende Geschäfte zu erledigen«, erklärte König Lortan, der über die Lichtalben Ontikas regierte.
»Gedulde dich«, meinte Fermlund, hob bedächtig die Pranke, die groß wie der Troll selbst war, und fuhr zwei Krallen aus. Sie glichen halb durchscheinenden Säbeln. Mit ihren Spitzen berührte er vorsichtig die Lider des Toten und schob sie langsam nach oben. Trotz seiner Größe und Kraft war der ältliche Drache ein sanftes und liebevolles Wesen, das jeden Muskel genau einzusetzen wusste. Nie würde er ohne Grund jemanden verletzen, selbst einen toten Troll wusste er zu ehren. Fermlund respektierte das Böse genau wie das Gute. Seine Vorfahren hatten die Welt in Bewegung gesetzt und in der Bewegung gab es keinen Sieger und keinen Verlierer, ohne das Licht keinen Schatten und ohne den Schatten kein Licht.
Plötzlich, als sie die Augen des Trolls sahen, schreckten alle zurück: Sie waren blau - blaue Menschenaugen. Trollaugen waren braun und mit ihnen konnte man nur an den Rändern scharf sehen. Dinge in der Mitte zu fokussieren, war einem Troll unmöglich. Daher besaßen die Trolle auch keine Schrift und waren nicht fähig, die Sieben Bücher Waats zu lesen. Sie kannten nur die mündliche Überlieferung. Die versammelte Gesellschaft schaute in die blauen Menschenaugen, als wären es Kugeln einer Wahrsagerin, in denen sich eine dunkle Zukunft für Ontika spiegelte.
Rudolf Bugholz, Chefredakteur des Kölnischen Kuriers, hatte den Fernseher lauter gestellt. Fachleute waren sich einig, dass die Tunnelarbeiten für die neue U-Bahnstrecke und den neuen Zugang zum Südturm zu einer solchen Katastrophe habe führen müssen. »Ohne diese Begleitumstände wäre das Beben von den Fundamenten des Doms abgefedert worden. Man hat diese Kirche nie in Ruhe gelassen.« Es war pures Glück, dass die Besucher der Messe und die Touristen im Dom gleich nach dem ersten kurzen Beben durch das Hauptportal und die Nebeneingänge ins Freie hatten fliehen können. Wie durch ein Wunder war niemand bei der Flucht von Gesteinsbrocken erschlagen worden. Von der Gruppe um Helen King fehlte allerdings jede Spur.
»Chef!« Albert Schermann räusperte sich. Er hatte zwar angeklopft, aber Rudolf Bugholz nicht geantwortet. So war er einfach eingetreten.
»Na, endlich. Was gibt's Neues?«
Redakteur Schermann, der eben mit Professor Hintze gesprochen hatte, traute sich kaum, etwas zu sagen, da Bugholz hitzig wurde, wenn es um das Wohl seiner Mitarbeiter ging - und Kai Jedicke steckte vermutlich in der Klemme. Bugholz mochte Schwächen besitzen, aber zu seinen Stärken gehörte es, dass er für jeden seiner Leute Verantwortung übernahm und niemanden im Stich ließ. Schickte er einen Korrespondenten in ein Krisengebiet, egal ob nach Afghanistan, in den Sudan oder nach Burma, so konnte sich der Mitarbeiter sicher sein, dass Rudolf Bugholz in der Not alle Hebel in Bewegung setzen würde. Nur: Wo war hier der Hebel? Was konnte er tun? Ein Erdbeben war keine Krise, es war eine Katastrophe, ein Schicksal, so wie damals die Tsunami-Welle in Asien, bei der sein Thailand-Korrespondent Rob Thomson umgekommen war. Bugholz sah Schermann eindringlich an: »Was ist? Reden Sie.«
»Es wird noch Nachbeben geben.«
»Wie stark?«
»Das kann Professor Hintze nicht vorhersagen.«
»Was heißt das? Womöglich ist Jedicke unter dem Dom verschüttet.« Bugholz lief hinter seinem Schreibtisch auf und ab wie ein übergewichtiges Raubtier. »Sehen Sie sich das an.« Er deutete auf das Fernsehbild. Die Kamera zeigte aus einem Hubschrauber heraus das Trümmerfeld rund um die Kathedrale. Neben Heiligenfiguren, Dachreitern und Wasserspeiern waren auch tonnenschwere Kreuzblumen aus schwindelnder Höhe hinabgestürzt.
»Wir müssen Jedicke dort rausholen. Sehen Sie das nicht?«
Schermann nickte, er war selbst ratlos.
Bugholz setzte sich, versuchte sich zu beruhigen, legte die Arme auf die Lehnen. »Ich hätte ihn nicht mehr in den Dom lassen dürfen. Ich hätte ahnen müssen, dass es noch ein Beben gibt und dass selbst ein Bischofsfurz den Dom zusammenbrechen lassen könnte. Es ist meine Schuld.« Bugholz' Handy klingelte - es bellte, genauer gesagt. Den Klingelton hatte ihm seine pubertierende Tochter aufgespielt. In der angespannten Atmosphäre klang das Bellen wie ein schlechter Witz. Bugholz schaute auf das Display. »Gernot Buber«, sagte er zu Schermann und nahm den Anruf seines Lokalredakteurs entgegen. Buber hatte keine neuen Informationen. Er durfte so wenig wie die übrigen Journalisten hinter die Absperrgitter.
Aus der Stadt wurden nur leichte Schäden vermeldet, schließlich war das Beben »eigentlich« nicht allzu schwer gewesen: Straßenbahn entgleist, Kind von einem umgestürzten Baugerüst verletzt, Fensterscheiben zersprungen, Haus eingestürzt. Bugholz öffnete den Wandschrank, zog seinen Mantel an und versuchte erst gar nicht, ihn zuzuknöpfen. Er war dicker geworden.
»Ich muss gucken, was ich tun kann«, sagte er. »Es war mein Fehler und ich werde ihn ausbügeln.«
»Was wird mit der Ausgabe für morgen? Wir brauchen Sie hier.«
»Wozu habe ich einen Stellvertreter?« Er rief kurz bei ihm an. Benjamin Koch, der eine Heidenangst vor Verantwortung hatte, versuchte vergeblich, Bugholz sein Vorhaben auszureden. »Und wenn ich Jedicke mit bloßen Händen ausbuddeln muss«, sagte Bugholz und öffnete mit einem Ruck die Glastür zum Vorzimmer seines Büros. »Sie halten die Stellung«, meinte er kurz angebunden zu seiner Sekretärin, als er an ihr vorbeistürmte.
»Wo kann ich Sie erreichen, falls sich der Verleger meldet?«, fragte sie.
Er hielt sein Handy hoch.
Sie sah die geplatzten Äderchen in Bugholz' Auge. Wenn er nervös war, lief das Weiß in seinen Augen rot zu, als würde das wilde Tier in ihm Oberhand gewinnen. Benjamin Koch sah Bugholz noch an seinem Büro vorbeifliegen und spürte ein Magendrücken.
»Was soll das? Diese Menschenaugen haben nichts in diesem Gesicht zu suchen.« Lortans Satz klang wie ein Vorwurf und gleichzeitig wie ein Befehl. Er war es gewohnt zu befehlen. Hätte der Albenkönig auf Menschenerde gelebt, so hätte er sicher der Sonne befohlen, im Westen auf- und im Osten unterzugehen.
Noch immer starrte Maron gebannt auf das Gesicht. Die schwarzen Pupillen waren umgeben von einer hellblauen Iris und jene wieder von der weißen Lederhaut. Normalerweise waren die Pupillen der Trolle zwar auch schwarz, aber länglich wie die einer Ziege, und es fehlte dem Auge das Weiß. Die Elfen hatten schon viele Bücher über Menschenaugen verfasst und es gab meterweise Abhandlungen über die Philosophie des Blicks, doch was könnte ein Troll mit Menschenaugen denken? Wozu wäre er fähig?
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