Crossing the Lines - Uns gehört die Nacht - Manfred Theisen - E-Book

Crossing the Lines - Uns gehört die Nacht E-Book

Manfred Theisen

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Beschreibung

Lily und Leon lockt der Reiz des Verbotenen. Nacht für Nacht sind sie mit anderen Jugendlichen in der Stadt unterwegs. Das ist eigentlich verboten, denn ein Lockdown wurde verhängt: Es gelten Kontaktbeschränkungen und die abendliche Ausgangssperre. Doch es riecht nach Frühling und nach langen Monaten des Daheimbleibens ist die Sehnsucht groß, einmal etwas zu erleben. Mit ihren Freund*innen durchstreifen Lily und Leon die menschenleere Stadt – immer auf der Flucht vor der Polizei und dem Ordnungsamt. Gerade das Wissen, etwas Verbotenes zu tun, macht ihre nächtlichen Touren so spannend. Doch die Grenzüberschreitungen nehmen zu und die Mutproben werden immer gefährlicher.

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Seitenzahl: 246

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Inhalt

Der Engel mit der goldenen Spritze

Wer zuerst geblitzt wird

Augenblicke und Sekundenkleber

Mit dem Taxi durch die Nacht

»Wollt ihr mich einsperren?«

An Schienen schweben

Homeschooling ist so sexy wie Apfelshampoo

Junge Hunde

Zauberrauch fürs Glück

Der Erdmännchenhunter

Alleine

Vorwürfe und Liebe sind Geschwister

Sich in Luft auflösen

Löwe und Jungfrau

Tiefseeschatz

Die Schreie der Kühe

Einbruch ins Traumschiff

Keine Angst vorm Wassermann

Die Flucht

Getrackt

Im Bulli

Das fünfte Rad am Wagen

Wir sind Sterne

Für Pädagog*innen haben wir eine kostenlose Unterrrichtshandreichung unter

DER ENGEL MIT DER GOLDENEN SPRITZE

Das Mondlicht war hell und Lilu wollte raus in die Nacht. Sie stopfte noch eine Jeans unter die Bettdecke, drückte das Kopfkissen zurecht, dann stellte sie sich auf Zehenspitzen an die Tür und betrachtete ihr Werk. Aus diesem Blickwinkel würde ihr Vater aufs Bett schauen, was durchaus passieren konnte. Denn nachts musste er immer wieder raus zum Pieseln. Und ab und an machte er noch einen Kontrollgang hinunter in Lilus Etage, um zu sehen, ob alles in Ordnung sei. Er würde denken, sie liege brav im Bett, dabei war sie draußen und frei.

Lilu lief durch den Verbindungsraum mit dem Kleiderschrank und der Wendeltreppe, die hinauf ins Parterre führte. Dort befanden sich Küche und Wohnraum und dort schliefen auch ihre Eltern und ihr kleiner Bruder Richard. Aber Lilu ging nicht nach oben, sondern hinüber in ihr Bad. Hier unten im Souterrain hatte sie eine richtig kleine Wohnung in der Wohnung für sich. Sie klebte sich Wimpern an, schwarze lange Wimpern, die sahen gut aus zu ihrem dunkelblonden Haar. Ihr Blick fiel auf einen winzigen Pickel am Haaransatz. Mist, das kam von zu viel Süßem und heimlicher Pizza. Noch einmal setzte sie die Wimpernzange an, curly und ein bisschen bitchig wollte sie aussehen. Sie verzog das Gesicht und streckte sich selbst die Zunge raus.

»Du kleine Bitch. Ob ich das darf? Ja, ich darf das. Ob ich das mach? Ja, ich mach das«, rappte sie, während sie hüftenschwingend zurück in ihr Zimmer tänzelte. Nein, für eine wie Shirin David fehlten ihr ein paar Kilo Speck am Heck und auch sonst war sie viel zu niedlich.

Zurück in ihrem Zimmer stieg Lilu aufs Bett, öffnete das Fenster am Kopfende und kletterte hinaus auf den schmalen Gang. Sie schlüpfte in Leons feuchte Turnschuhe, die davor warteten und in denen sie fast versank. Dann zog sie das Fenster wieder hinter sich zu. Sie hatte einen Klebestreifen so am Rahmen befestigt, dass es wie verschlossen aussah.

»Lilu!«

Sie drehte sich erschrocken um. »Leon?«

Wer hätte es sonst sein sollen? Der Junge mit der schwarzen FFP2-Maske war groß und schlank wie ein Leuchtturm. Lilu fand, dass er aussah wie Jim Parsons, der in The Big Bang Theory den Sheldon Cooper spielte. Leon trug stets eine Maske, weil sein Bruder eine unheilbare Krankheit hatte, deren Namen Lilu sich nicht merken konnte. Leon durfte sich auf keinen Fall infizieren, um Henry nicht zu gefährden.

»Müde?«, fragte Leon.

»Idiot«, sagte sie.

»Komm, die anderen warten schon.«

Sie folgte ihm den Gang entlang. Der führte rund um den Hof an den Fenstern der Souterrainzimmer entlang. Es waren 24Reihenhäuser, die hier im Rechteck um den begrünten Innenhof standen. Sie lebte mitten in Nippes, einem Stadtteil von Köln. Richtig idyllisch sah der Hof tagsüber aus, jetzt jedoch standen die Bäume wie verwunschene Riesen in der Nacht.

Es ging sieben Stufen hinauf auf den Rasen und am Spielplatz vorbei zu den drei hohen Büschen, die fast zusammengewachsen waren. In deren Mitte gab es einen Flecken Wiese. Genau da warteten schon Alexander und Chiara – knutschend, wie neuerdings immer.

Nach der üblichen Begrüßung – Faust gegen Faust – setzte sich Leon im Schneidersitz hin. Lilu ließ sich rücklings ins Gras sinken. Tagelang hatte es nicht geregnet, aber gestern. Daher roch das Gras endlich wieder lebendig. Sie liebte diesen Duft. Lilu legte ihren Kopf auf Leons Oberschenkel und schaute in den Himmel. Hier zwischen den Büschen lenkte kein Licht das Auge ab. Es war, als würde Lilu durch ein Fernglas ins All schauen. Keine Wolke, kein Flugzeug. Die Welt stand still und die Menschheit hielt den Atem an. Die Seuche war vor einem Jahr von China nach Italien gezogen und schließlich auch in Deutschland angekommen. Wie eine giftige Wolke umhüllte sie die Kontinente. So leise wie in diesem Frühjahr war es noch nie in Köln gewesen. Für eine Sekunde hörte Lilu sogar die Sterne, wie sie ihre Bahnen dort oben im endlosen Schwarz zogen.

»Achtung«, sagte Leon und strich ihr sanft über die Wange. »Winzige Spinne.«

Lilu wusste, dass da keine Spinne war, sondern Leon sie nur berühren wollte. Sie nahm seine Hand und legte sie auf ihren Kopf. Schlank und sehnig waren seine Finger.

»Streichle mich ruhig«, sagte sie. »Es ist schön.«

Er war immer so lieb zu ihr und zu lieb für diese Welt. Das war sein Nachteil.

»Willst du mal?« Leon hielt einen seiner Kopfhörer über Lilus Gesicht. Sie nickte.

»Was für Musik?«, wollte Alexander wissen.

»Billie Eilish«, sagte Lilu.

»Oh nein. Da kannst du dir ja gleich die Pulsadern aufschneiden.« Alexander zog das Taschenmesser aus seiner Jeans und legte theatralisch die Klinge an sein Handgelenk. »Billie, Billie, Billie Eilish«, sagte er und mimte den Verblutenden.

Lilu fand das nicht witzig.

»Immerhin. Sie hat die Musik für den neuen James Bond gemacht«, erzählte Alexander, der gerade wieder von den Toten auferstand. »Der soll wohl Ende des Jahres endlich kommen, nachdem sie ihn wieder und wieder verschoben haben wegen der Seuche.«

Das mit James Bond interessierte Lilu nicht. Für Alexander war alles, was mit Action, Kampf und Rekorden zusammenhing, interessant. Egal ob James Bond, Call of Duty oder GTA. Es musste richtig was los sein. Lilu hingegen mochte nichts davon, aber sie liebte traurige Musik. Es war jetzt, als würde sich Billie Eilish an Lilus Nervenbahnen entlang in ihr Bewusstsein flüstern. Augenblicklich verschmolz Lilu mit der Stimme. Traurigschön war das Lied. Lilu tauchte ab in diesen Himmel über sich, Gedankenschwimmerin, die sie war. »Ich sehe den Kleinen Wagen und den Bären.«

Leon schaute ebenfalls in den Himmel.

»Siehst du da? Gleich neben dem Wagen – du erkennst ihn an der Deichsel?«

»Ja«, sagte Leon und sie wusste, dass er log. Sternbilder waren für ihn wie ein Puzzle, bei dem er jedes Mal das entscheidende letzte Teilchen nicht finden konnte.

»Guck, Leon. Daneben sind noch sechs Sterne. Weißt du, zu welchem Sternbild sie gehören?«

»Keine Ahnung. Erdmännchen?«

»Du weißt, ich liebe Erdmännchen.«

»Dann schenke ich dir hiermit das Sternbild Erdmännchen. Es soll nur für dich scheinen.«

Lilu schmunzelte. Mit Worten konnte er umgehen.

»Echt romantisch. Erdmännchen schenken«, sagte Chiara, die sich gerade aus Alexanders Umarmung gelöst hatte. »Und was schenkst du mir, Alexander?«

»Wodka. Einen ganzen Himmel voll Wodka. Siehst du das Sternzeichen Gorbatschow? Das Sternzeichen …«

»Du bist so ein Honk«, sagte Chiara und presste ihm einen Kuss auf die Lippen.

»Gut, dann kriegst du Sternzeichen Honk. Ich dir schenken.« Er sprach absichtlich russischdeutsch, obwohl er völlig akzentfrei Deutsch sprechen konnte. »Ich spreche wie russische Gängster aus amerikanische Film. Russen immer sind böse, sprechen schlecht Deutsch. Amerikaner sind Rassisten gegen Russen. Sie haben schon black men diskriminiert, jetzt diskriminieren sie auch russisch men and women.«

Dann setzte er sich aufrecht, wischte sich den Mund ab, als wollte er die falsche Sprache loswerden, und sagte: »Okay. Was machen wir heute? Gibt es ein Race?«

»Nicht, dass ich wüsste«, sagte Leon. »Oder habt ihr eine Nachricht bekommen?«

Keiner hatte was gekriegt. Normalerweise wurden alle immer vorher per WhatsApp über die Races informiert.

»Dann muss Chiara eine Geschichte erzählen«, sagte Leon. »Vorher läuft hier sowieso nichts.«

»Genau, Chiara, erzähl!« Alexander schaute sie auffordernd an. Er wusste, dass sie keine Lust darauf hatte. Sie hörte lieber den anderen zu. »Erzähl. Erzähl.« Seine Augenbrauen ließ er dabei auf- und abhüpfen.

»Na gut. Ihr habt es so gewollt.«

»Nice«, sagte Alexander. »Sprich mir ins Ohr.« Sie stieß ihn übermütig weg. »Du Idiot.« Alexander ließ sich aus Spaß gackernd zur Seite fallen.

Chiara setzte sich aufrecht und streckte das Kreuz durch. Wenn sie so saß, sah sie stolz aus, das Gesicht sehr schmal, die Wangenknochen hervortretend, die Haare hüftlang und die Schultern gerade. Man sah ihr an, dass sie früher zweimal die Woche zum Ballett gegangen war. Als sie zur Rede anhob, sagte Lilu: »Manchmal glaube ich, in jedem von uns ist alles. Und über uns im All sind alle Seelen aller Menschen. Und die Sterne hängen an Fäden, die alle irgendwo im All miteinander verbunden sind.«

»Was hast du denn gesoffen?«, fragte Alexander.

Lilu ging nicht auf seine blöde Bemerkung ein, sondern redete einfach weiter. »Das ganze Universum ist in unserem Kopf. Alles. Und wir sind ein Teil davon.«

»Soll ich jetzt eine Geschichte erzählen oder nicht?«, erkundigte sich Chiara, die verspielt ihr Haar zu einem Turm hochdrehte.

»Ja gut, erzähl«, gab Lilu ihre Versuche der Welt- und Seelenerklärung auf. »Ich wollte es ja nur mal erwähnt haben.«

Chiara ließ den Turm einstürzen und begann: »Die Geschichte, von der ich berichte, ist übrigens wahr.«

»So wahr wie die Sterne?«, fragte Lilu.

»So wahr wie der Pickel auf dem Arsch meiner Schwester«, sagte Alexander, der gar keine Schwester hatte.

»Also, es geht um die Oma auf dem Tretroller am Charlottenplatz. Ich meine die, die immer die Pfandflaschen aus den Mülleimern fischt. Rechts und links hat sie so fette Tüten am Lenkrad.« Mit ihren Händen deutete Chiara die Taschen rechts und links an. Jeder in Nippes kannte die Oma. Das kurze silberne Haar klebte an ihrem rundlichen Schädel. Ab und an stellte sie sich direkt neben die Leute auf den Sitzbänken und wartete, bis sie ihre Kölschflaschen ausgetrunken hatten. »Ihre Enkelin war mal meine beste Freundin in der Grundschule.«

»Echt?«, sagte Alexander.

»Tamara heißt sie.«

»Die so fett ist?«

»Du bist doof, Alexander. Warum sagst du so was? Vielleicht solltest du mal dein Hirn einschalten.«

»Nur weil eine nett ist, kann sie trotzdem fett sein. Oder?« Alexander betonte die Worte fett und nett, sodass es wie ein Reim klang. »Fett und nett und gut im Bett.« Dabei bewegte er seine Hände und den Oberkörper wie ein Rapper und wiederholte den Reim.

Chiara boxte ihn gegen die Schulter. »Hör auf mit dem Scheiß.«

»Ist kein Scheiß. Ist nur Wahrheit.« Er erhob sich, drehte sich, rappte noch mal »nett, fett, gut im Bett«, setzte dann das linke Bein vor und schnellte die linke Hand nach vorne. »Hui, Kizami-zuki.«

»Was soll der Blödsinn?«, wollte Leon wissen.

»Kein Blödsinn«, gab Alexander zurück. »Ist eine Grundposition beim Karate.«

»Ich frag mich wirklich«, sagte Lilu und schaute bemitleidend Chiara an, »wie du und er …«

Lilu hätte sich niemals in jemanden verlieben können, der auf Kampfsport stand. Aber für Alexander war es wohl am besten. Er platzte fast vor Testosteron. Er hatte hohe Wangenknochen und ein gespaltenes Kinn wie ein Navy Seal, und wenn er sich morgens rasierte, sprossen abends schon wieder Haarstoppeln.

»Lass die Hand unten und setz dich zu mir«, befahl Chiara ihm. Zur Belohnung erhielt er einen Kuss. »Schon schade, dass du nicht mal mehr zum Karate gehen kannst. Ich glaube, du brauchst es langsam wieder … Jedenfalls hatte mein Vater damals echt Probleme damit, dass die Oma von meiner Freundin Flaschen sammelte.«

»Was hat dein Vater gemacht?«, fragte Alexander.

»Nichts«, sagte Chiara.

»Dein Vater ist wie Greta Thunberg. Die macht auch nur blablabla.«

»So ein Quatsch«, mischte sich Leon ein. »Greta Thunberg sagt, dass die Politiker nichts als blablabla machen und nichts tun.«

»Sag ich doch. Oder tut die Thunberg irgendwas? Ich hab sie noch keinen Baum pflanzen sehen.«

Jetzt war Lilu genervt. »Ja, is klar, Alexander. Du würdest die Feuer im Regenwald löschen und den Nordpol wieder einfrieren. The fantastic Alex.«

Chiara fing erneut an: »Jedenfalls sammelte die Oma vor ein paar Wochen wieder mal Pfandflaschen am Charlottenplatz. Doch dann passierte etwas Abgedrehtes. Als gerade die Laternen angingen und auf dem Platz die Leute standen und saßen und einen Meter fünfzig Abstand hielten, geschah es: Da tauchte ein Engel mit einer riesigen goldenen Spritze auf.« Dabei zeigte Chiara mit den Händen, wie groß diese riesige Spritze gewesen war. »So lang wie ein Regenschirm. Der Engel landete mit seiner Spritze oben auf dem Flachdach vom Edeka, schwebte über dem Platz hin und her … und dann …« – sie wartete einen Moment, um ihrer Rede mehr Spannung zu verleihen – »… schoss der Engel mit seiner goldenen Spritze auf die Leute.«

»Bäm, bäm, bäm. Kugelhagel.« Alexander ließ sich auf den Rücken fallen und feuerte über den Zeigefinger hinweg eine ganze Salve auf den Mond und die umliegenden Sterne.

»Nein. Der Engel schoss keine Kugeln, sondern schlechtes Gewissen.«

»Wie? Schlechtes Gewissen? Strange.«

Lilu gefiel die Idee. »Genial!«

»Bäm, bäm bäm«, untermalte Alexander die Szene lautstark. »Der Engel lebt in der Kanalisation, so ein Typ wie Hellboy. Deshalb sind seine Flügel zerfleddert.« Er stockte. »Aber schlechtes Gewissen? Das geht nicht. Das ist öde. Der braucht was richtig Heftiges. Der Engel schießt mit Scheiße. Das ist es! Flaaaatsch! Flaaatsch! Flaaaatsch! Wenn ihr Action braucht, dann müsst ihr nur mich fragen.«

Scheiße war Chiara allerdings zu ekelig. »Hör auf, Alexander. Die Pfandoma tut dem Engel einfach leid, und weil die Leute auf dem Charlottenplatz so satt sind, beschießt er sie mit …«

»Scheiße.« Alexander blieb dabei, woraufhin ihn Chiara gegen die Schulter boxte. »Du Idiot! … Nee, er schießt mit schlechtem Gewissen. Kapiert?!«

»Egal, womit er schießt: Das ist eine gute Geschichte«, fand Lilu. »Die Oma tut mir übrigens echt leid, jetzt nicht nur in deiner Geschichte, sondern auch in echt. Ich hab sie die letzte Zeit gar nicht mehr am Platz gesehen. Richtig fies ist das, wenn du alt bist und kein Geld hast. Das muss der Horror sein. Du hast einfach keine Chance mehr, Geld zu verdienen. Da bleiben dir nur noch Flaschen.«

Alexander war das Reden leid. Er wolle was unternehmen, sagte er.

Nur was?

Die vier ließen sich ins Gras fallen und dachten nach. Der Blitz Alexander, Ef-Ef-Pe-Zwei-Leon, die Gefahrenträumerin Lilu und Google-Chiara, die einfach alles wusste, was es an Fakten gab. Sie lagen in diesem Garten, hatten die Sterne zum Greifen nah über sich und wollten dennoch nicht liegen bleiben, sondern raus, einfach irgendwie raus.

WER ZUERST GEBLITZT WIRD

Wenige Minuten später traten vier Schatten zwischen den Büschen hervor, gingen hinüber zum Gartentor und schlüpften hinaus. Die wahre Freiheit war nicht der Garten, die wahre Freiheit war die Straße. Ein paar Meter entfernt standen grün blinkende E-Scooter auf dem Bürgersteig, von denen sie sich zwei über das Paypal-Konto von Alexanders Vater mieteten.

»Irgendwann kriegt dein Daddy das mit«, sagte Chiara. »Und dann …?«

Alexander winkte ab. »Du kennst ihn doch. Mein Vater ist cool.«

Chiara stellte sich ans Lenkrad, Alexander hinter sie. Er knutschte sie am Hals.

»Lass das. Ich muss mich konzentrieren.«

Lilu stellte sich auf dem anderen Roller nach vorne und Leon dahinter. Der legte seine Arme um ihre Hüften, verzahnte seine Hände vor ihrem Bauch und sie gab Strom. Mit einem Ruck zuckte der Roller an. Leon war so groß, dass er sein Kinn auf Lilus Kopf legen konnte. Und das tat er jetzt. Nacht für Nacht flitzten sie mit den Rollern durch die Stadt und jedesmal spürte Lilu, wie sehr Leon mit ihr zusammen sein wollte.

Sie sausten an den gleichförmig hellblau gestrichenen Häusern vorbei. Hier und da ging mal eine Frau mit Hund, hier und da mal ein Mann mit Hund, aber selten ein Pärchen. Das Virus hatte die Kölner in die Häuser geschickt. Nur die Hundebesitzer und diejenigen, die zu ihrem Job mussten, durften noch raus. Der Rest war eingesperrt. Aber die vier ließen sich nicht einsperren. Die Roller surrten über den Asphalt, der glatt wie Lakritze war.

»Zur Brücke?!«, schlug Chiara vor.

»Nee, lieber Dom«, widersprach Lilu.

Also ging es Richtung Dom. Und niemand würde sie aufhalten. Zwei Häuserblocks entfernt, trafen sie auf eine Gruppe aus Ehrenfeld – sieben Roller.

»Am Friesenplatz startet um zwei ein Race«, sagte einer. »Kommt ihr mit?«

Lilu nickte. Sie heizten hin und her über den Mittelstreifen. Sonst war hier die halbe Welt unterwegs: Araber, Koreaner, Japaner, Türken, Italiener, Griechen. Und alle hatten sie ihre Läden und alle waren sie Kölner, kauften auf der Neusser Straße, auf der Venloer ein, amüsierten sich, doch damit war jetzt Schluss.

Die digitalen Reklameaufsteller sprachen von Verhaltensregeln: ein Meter fünfzig Abstand halten, Maske tragen. Nähe tötet, Menschlichkeit ist Distanz, Berührung ein Verbrechen. Die Kanzlerin hatte gesagt, dass die Pandemie dann vorbei sei, wenn es einen Impfstoff gäbe. Auch Kanzlerinnen dürfen träumen.

Ein Typ fuhr neben sie. »Hast du Döner?«, fragte er. Er trug ein Gucci-Käppi. Lilu kannte ihn nicht.

»Nee. Mag keinen Döner.«

Der Gucci-Käppi-Träger hustete und fragte weiter: »Raucht denn keiner von euch?«

»Keiner«, sagte sie. Obwohl das gelogen war, denn Alexander kiffte ab und an auf dem Skaterplatz, aber er verkaufte nichts. Lilu fragte sich, ob der Gucci-Typ sie anmachen oder nur cool sein wollte. Sie sagte: »Und du? Hast du schon die 21Schatten hinter dir?«

»Hä? Was laberst du?«, fragte MrGucci.

»Na, ob du dich schon verfolgt fühlst? Hast du Schatten hinter dir?« Sie sang: »Schizophren, du bist nie allein, schizophren, was kann schöner sein?« Und dann stieg Leon noch mit ein: »Schizophren, du bist nie allein, schizophren, was kann schöner sein?«

»Ach, macht euch mal nicht feucht, ihr Bitches.« MrGucci drehte den Stromgriff bis zum Anschlag und raste an den anderen vorbei. Sein E-Scooter war offenkundig privat und getunt.

»Was für ein Schwachmat«, sagte Leon. »Wie der hustet, ist der garantiert infiziert. Dem würde ich kein Ott geben, selbst wenn ich welches hätte.«

Lilu überlegte: Hatte MrGucci ihr wirklich zugetraut, dass sie Ott vertickerte? Irgendwie schmeichelhaft. Zehn Euro das Gramm. Wenn die Grünen regierten, würden sie Ott legalisieren und das halbe Land würde süß riechen. Das fand Lilu zwar nicht so sexy, trotzdem würde sie Grün wählen. Lange genug hatten die schwarzen CDU-Typen in ihren dunklen Anzügen die Windräder aufgehalten und auf Gas, Kohle und den ganzen Müll gesetzt. Zu Hause heizten sie auch mit Gas. Was für ein Mist! Die Grünen würden sofort rausgehen aus dem Gas und aus der Kohle und aus all den schwarzen Energien, die aus dem Boden kamen. Warum durfte sie eigentlich nicht wählen?

Weil der Frontallappen in eurem Hirn noch nicht weit genug entwickelt ist, deshalb fehlt Jugendlichen die Fähigkeit, ihre Handlungen zu überschauen. Deshalb müssen wir auf euch aufpassen. Ab und an mimte ihr Vater den Schlaukopf. Doch wo genau der Frontallappen zu finden war, hatte er ihr nicht sagen können. Irgendwo vorne im Schädel, deshalb frontal. Superlogik.

Lilu hielt den Stromgriff im Anschlag und folgte ihren Freunden, spürte den Wind in ihren Haaren und schaute hinüber zu einer Pizzeria, vor der zwei Lieferando-Fahrer warteten. Sie hatten riesige rosafarbene Koffer auf ihren Rücken. Sie waren die Junkfoodjunkies, lieferten Nachschub für Leute, die zu Hause bei Netflix abhingen. Die Seuche hatte die Menschen träge gemacht. Sie schaute auf ihre Fingernägel, der blassrosa Lack blätterte. Zwei Euro dreißig das Stück. Mittlerweile fuhren knapp dreißig Scooter mit ihnen durch die Nacht.

Am Friesenplatz zeigte die Uhr 2.26Uhr. Fünfzig Roller waren schon da. Ein Meer von Scheinwerfern und Rücklichtern. Scooter an Scooter. Deutschrap dröhnte aus den Boxen. Gleich würde Polizei auftauchen. Die Obdachlosen lagen trotz Ausgangssperre in ihren Schlafsäcken an den Läden. Die getunten privaten Scooter standen ganz vorne am Fußgängerüberweg. Gleich würde das Rennen starten. Die Ampel stand auf Grün, alle blieben hinter der Linie. Die Ampel schlug wieder auf Gelb und Rot. Die Spannung stieg. Lilus Herz pochte wie eine Maschine. Pam! Pam! Pam!

»Hej, es geht gleich los. Das nächste Grün, dann …« Mr Gucci nervte. Er war viel zu dicht an sie herangefahren. Was wollte der Typ?

»Der wanzt sich tatsächlich noch mal an dich ran«, zischte Leon ihr ins Ohr.

»Mach dir keine Sorgen«, beruhigte sie ihn und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. »Der kann so viel wanzen, wie er will, no way für ihn bei mir.«

Die Ampel wurde gelb, dann grün. Die Scooter schossen auf die Kreuzung. Lilu drehte am Griff und düste in eine Lücke zwischen den beiden Scootern vor sich.

Chiara rief von hinten: »Gib Gas!«

»Geil! Geil!« Alexander liebte Rennen. Das wirkliche Leben fand für ihn nur auf der Überholspur statt.

Es ging vorbei an den geschlossenen Discos, vorbei am Kino. Um sie herum summten die Maschinen wie tausend Bienen, es trommelten die Bässe, irgendwer hatte sich Megaboxen auf den Scooter geklemmt und ein Rapper sang: »Schrei meinen Namen, wenn ich mit meiner Hand auf deinen Arsch klatsche! Schrei meinen Namen, wenn ich …!«

Chiara und Alexander grölten mit: »Schrei meinen Namen! Sei meine Bitch!« Leon wie Lilu stimmten mit ein. »Sei meine Bitch, Bitch, Bitch!« Sie fuhren nicht vorne im Feld, sondern mittendrin. Sie konnten das Rennen gar nicht gewinnen, schließlich hatten sie keine getunten E-Scooter. Aber darum ging es auch nicht. Sie wollten dabei sein – ganz olympisch! »Fick! Fick! Fick die Bullerei. Eins, zwei, drei, fick die Bullerei!« Wenn Lilus Eltern sie jetzt hören könnten und wenn sie wüssten, wie gut sie sich dabei fühlte, dann bekäme sie ewigen Hausarrest.

Blaulicht tauchte hinter ihnen auf. Es dröhnte das Martinshorn, doch sie grölten weiter: »Fick! Fick! Fick die Bullerei!« Die Polizisten konnten nicht überholen. Lilu lenkte mit den anderen den Scooter kreuz und quer über die Straße. Vorne blitzte es hell. Die ersten getunten Roller waren schon am Ziel: dem Blitzer an der Christophstraße. Dort war nur Tempo dreißig erlaubt und die getunten E-Scooter waren eindeutig schneller. Sie selbst fuhren noch an der Platanenallee entlang und wieder und wieder zündete es in der Ferne im Starenkasten. Es war ein Meer aus Scootern und Licht in der Finsternis einer Stadt, die ganz im Griff der Seuche war.

»Stoppen Sie! Sofort stoppen!«

Der Lautsprecher des Polizeiwagens dröhnte. Doch die Devise hieß: Niemals anhalten! Wer anhielt, hatte verloren. Sie fuhren auf der Kreuzung Ring und Christophstraße im Kreis, umkreisten den Fahrer, der zuerst durchs Ziel gefahren war, und seine Freunde, die neben und auf ihren Rollern hüpften und sich einfach nur freuten. Sektflaschen. Korken knallten. Das war Formel 1. Die Truppe, die um den Sieger stand, grölte immer wieder den Namen des Gewinners: »Jassim! Jassim! Jassim!«

Ein zweiter Streifenwagen kam, es wurde noch blauer und noch lauter. Die Fenster an der Straße öffneten sich. Anwohner streckten die Köpfe raus. Das hier war real, das war kein Netflix. Das war das Leben, nicht die Konserve. Sie waren hier – und hier war die Arena, in der es rundging. »Wir mögen Bullen! Bullen! Bullen! Bullen mögen wir! Mögen wir! Mögen wir!« Die Menge tobte, es war ein wilder Mix aus Südkurve FC Köln, Karneval und Ghettorap.

Wieder der Polizeilautsprecher: »Halten Sie sofort an! Steigen Sie von Ihren Scootern ab!«

Ein dritter Wagen, noch mehr Blaulicht.

»Auf die Scooter!«, schrie einer laut wie ein Megafon. Und weiter ging die Fahrt den Ring entlang. Lilu aber bog ab, fuhr vorweg den Berg hinauf. Auch ihr folgte ein Schwarm Scooter. Es ging vorbei an Banken, der alten Börse, Polizeiwache, Bubble-Tea-Laden, Kiosk. Lilu fuhr in einen Kreisel. Rechts ging es zum Dom, geradeaus zum Bahnhof, links zum Hilton. Der Polizeiwagen drängte sie nach außen. »Stoppt sofort! Steigt ab!«, schrie der Polizist aus dem Beifahrerfenster und versuchte, Leon mit ausgestrecktem Arm zu packen. Das war Irrsinn. Der Polizist schien selbst außer Kontrolle. »Halt an! Ich hol dich da …«

Wo waren die anderen?, überlegte Lilu.

Chiara schoss an ihr vorbei, unberechenbar wie ein Glühwürmchen, es ging auf den Bürgersteig, vorbei an Blumenkübeln, Lilu folgte ihrer Freundin. Leons Griff wurde noch stärker. Er nahm ihr fast die Luft. Sie bogen auf den Bahnhofsvorplatz. Vor ihnen erhob sich die Bahnhofshalle aus Glas, hell erleuchtet wie ein Aquarium. Obdachlose vor dem Starbucks. Chiara fuhr in Schlangenlinie. Dann heizte sie durch eine offen stehende Tür in den Bahnhof. »Die ist durchgeknallt!«, schrie Leon. »Duchgeknallt!« Er war aufgeputscht, hatte sicherlich hundert Kilo Adrenalin im Blut.

Lilu drehte eine Runde auf dem Bahnhofsvorplatz vorm Panorama des Doms. Dann steuerte sie ebenfalls auf die Bahnhofstür zu. Der Polizeiwagen wartete mitten auf dem Platz. Lilu schoss auf die Tür zu, doch kurz davor bog sie ab. Es gab zu viele Securitys im Bahnhof, die schon Chiara und Alexander wie Kaninchen hetzten. Viele Hunde sind des Hasen Tod. Da war sich Lilu sicher. Sie steuerte zurück auf den Platz, direkt auf den Polizeiwagen zu, um knapp an ihm vorbeizuheizen. Ein weiterer Wagen tauchte wie aus dem Nichts auf. Jetzt war guter Rat teuer. Hinter ihr Polizei, vor ihr Polizei. Da schoss Lilu zwischen U-Bahn-Einstieg und Häuserwand auf dem Bürgersteig entlang, vorbei am McDonald’s und in die Gasse vorbei an St.Andreas, sie bog rechts ab, rutschte weg, knallte am Bubble-Tea-Laden mit dem Hinterrad gegen einen Ladeneingang und fing sich wieder. Erneut ging es in den Kreisel am Bahnhof. »Fuck! Fuck! Fuck! Fahr!« Sie kannte nur noch Vollgas. Leon trat mit, versuchte, den Roller noch schneller zu machen. Wenn sie eines gelernt hatten: Polizeiwagen waren schneller, aber sie passten nirgendwo durch. Und so war es auch jetzt. Statt zum Bahnhof fuhren sie Richtung Hilton aus dem Kreisel.

»Ob sie Chiara geschnappt haben?«

Leon wusste es auch nicht. »Die Bullen verstehen garantiert keinen Spaß. Dafür haben wir sie zu sehr geärgert.«

»Oh no«, sagte Lilu. Sie sah einen Polizeiwagen in der Glasfront des Hauses vor sich, der schon dicht hinter ihnen war. Das würde eng ausgehen. Der Polizist gab Gas, als wolle er sie überfahren. Auch Polizisten haben Geduldfäden, die reißen können. Gleich hinter dem Hotel wurde die Straße zur Einbahnstraße.

»Idioten!«, schrie Lilu, als der Polizeiwagen trotz Einbahnstraße neben sie fuhr und sie zur Seite drängte. Sie touchierte den Kotflügel mit dem Lenker, musste abbremsen, stieß sich den Ellbogen am Rückspiegel des Polizeifahrzeugs, ihr Lenker schlug um, der Scooter klappte weg und sie und Leon konnten nur in letzter Sekunde abspringen. Sofort war sie wieder auf den Beinen, torkelte jedoch benommen gegen die Schaufensterscheibe eines Restaurants. Und die Polizisten stellten sich ihnen in den Weg.

AUGENBLICKE UND SEKUNDENKLEBER

»Halt! Halt! Halt!« Der Polizist mit der blauen FFP2-Maske machte einen Schritt auf sie zu und zog eine Maske aus der Uniform. »Anziehen!«

Leon stand starr vor Schreck neben Lilu. Seine Augenlider zuckten. Das war ein eindeutiges Zeichen dafür, dass er mit der Situation nicht zurechtkam. »Ihr kommt jetzt mit auf die Wache, wo wir eure Personalien aufnehmen.«

Der Polizist schob Lilu Richtung Polizeiwagen. Dort drüben neben dem Hilton sah sie über das Dach des Autos hinweg einen grünen Müllcontainer. Eine Elster hockte darauf im Licht der Laterne, als sei heller Tag. Der Vogel musste jung sein, sehr jung, denn er war noch kleiner als jene Elstern, die Lilu aus dem Hof kannte. Er schritt stolz vorwärts wie ein Prinz und hatte seine Schwanzfeder hochgestellt. Dann spürte Lilu die Hand des Polizisten auf ihrem Kopf, er drückte sie nach unten. Und sagte: »Stoß dich nicht.« Das hatte sie schon in Filmen gesehen, aber jetzt war diese Hand doch sehr überraschend und mit Nachdruck gekommen. Leon wurde von der Kollegin des Polizisten zur anderen Seite in den Wagen bugsiert.

Es lief Polizeifunk. Von einem Einsatz in der Südstadt war die Rede. Lilus Sinne waren gespannt, die Lichter am Bahnhof erschienen ihr noch greller als sonst, der Dom im Hintergrund noch mächtiger als üblich. Angst müsste sie haben, hatte sie aber nicht.

Der Wagen hielt am Taxistand unweit des zweigeschossigen Polizeipavillons. Solche provisorischen Baracken gab es normalerweise auf Großbaustellen, aber in Köln hauste darin die Polizei. Wie junge Enten ihren Müttern liefen Lilu und Leon den Beamten hinterher.

Direkt neben der Wache stand eine Imbissbude mit einem kurzen Dach davor. Darunter lehnten vier Obdachlose. Es stank nach Urin, Schnaps, Bier. Lilu konnte das toxische Gemisch durch ihre Maske hindurch riechen.

Die Polizistin klingelte. Die Tür zur Wache öffnete sich mit einem Summen. Da war noch ein anderes Geräusch. Lilu drehte sich um. Urin prasselte auf den Asphalt. Ein Obdachloser pinkelte gegen die Pommesbude. Mit der Schule waren sie schon mal in der Polizeiwache Nippes gewesen. Da hatte es zum Einlass auch gesummt.

Ein Polizist hockte in einem Glaskabuff.

»Personalausweis?«

Leon und Lilu schüttelten die Köpfe.

»Schülerausweis?«

Wieder Kopfschütteln, obwohl beide die Ausweise in der Hosentasche trugen. Ohne Ausweis würde man sie nicht identifizieren können, dachte Lilu, was natürlich Quatsch war. Sie waren wie kleine Kinder, die sich beim Verstecken die Hände vors Gesicht halten.

»Eure Namen!«

Weder Leon noch Lilu trauten sich zu lügen, schließlich legten sie doch reumütig ihre Ausweise vor. Eine weitere Polizistin trat auf, sie trug ebenfalls einen glatten Pferdeschwanz in Blond. Ob das mit dem Pferdeschwanz Pflicht bei der Polizei war? Lilu hatte fast den Eindruck. Die neue Polizistin übernahm sie und Leon und fragte ihren Kollegen hinter dem Schalter: »Zu den anderen?«

»Wohin denn sonst, Natascha? Ins Hilton? Oder was?«