1,99 €
Ein homoerotisches Märchen in alter Sprache. Der Bauerssohn Nathaniel hadert mit seinen Gelüsten, die ihm statt einer Weibeshand, die Hand eines Mannes auf den Körper zaubern. Er beschließt, dass niemals eine Menschenseele je davon erfahren darf. Eines Tages wird Nathaniel von seinem tyrannischen Vater in die Stadt ausgeschickt, um einen Stier auf dem Markte feilzubieten. Frohen Mutes begibt sich der Jüngling auf den Weg, um nach erfolgreichem Handel sein Glück in der Ferne zu suchen. Doch im Wald überfällt ihn ein Dieb, der nicht nur seine geheimsten Sehnsüchte zu kennen scheint, sondern noch um ein ganz anderes Geheimnis weiß.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel – Der Aufbruch des Jünglings
2. Kapitel – Die Ankunft in der Stadt
3. Kapitel – Der Schlafplatz im Wald
4. Kapitel – In der Hand des Diebes
5. Kapitel – Die Wahrheit des Wolfes
Epilog
Impressum
Leseprobe zu KEMET – Der Fluch
Weitere Gay-Storys von Hanna Julian (Auswahl)
Nicht weit entfernt von einem kleinen Dorfe in deutschen Landen lag der Hof des alten Bruchmeier, der seit Jahren ein zorniger Mann war, und den die Leute daher mieden. Wie der Bauer einst ein Weib dazu bekommen hatte, das Lager aus freien Stücken mit ihm zu teilen und ihm ein Kind zu schenken, war vielen ein Rätsel – ebenso wie der Verbleib dieses mutigen Weibes, das niemand sonst je zu Gesicht bekommen hatte.
Die Frucht ihres Schoßes jedoch war beim Vater verblieben und inzwischen zu einem stattlichen jungen Manne herangewachsen, dessen langes weißblondes Haar in der Morgensonne glänzte, selbst wenn es sittsam zum Zopfe gebändigt war.
Man munkelte im Dorfe, dass die Mutter wohl eine wahre Schönheit gewesen sein musste, die der Junge gänzlich von ihr geerbt zu haben schien. Das Muskelspiel des Jünglings ließ so manche Magd vor Sehnsucht erschauern, wenn er sich mit nacktem Oberkörper des morgens über den Holztrog beugte, um sich mit kaltem Wasser das hübsche Antlitz zu waschen.
Nathaniel jedoch, wie der seltsame Name des schönen Jünglings lautete, schien die lüsternen Blicke nicht zu bemerken, die ihm folgten, wenn er sich danach zum Stall begab, um bei den Tieren nach dem Rechten zu sehen und sie auf die Weide zu treiben. Oftmals lag er danach im Gras, hütete die Ziegen oder anderes Getier, und hing seinen Träumen nach, die ihm keine zarte Weibeshand auf den Leib zauberten, sondern die derbe Hand eines anderen Mannes direkt aufs steife Glied. Nathaniel spürte dann, wie seine Hosen eng wurden, und sein Gemächt unter dem Leinenstoff zu pochen begann. Ein ums andere Mal schon hatte sich seine eigene Hand dann unter den Hosenbund gestohlen, um das hungrige Biest zwischen seinen Beinen ein wenig zu streicheln. Eigentümlicherweise ließ es sich dadurch jedoch nicht besänftigen, sodass er ihm härter zu Leibe rücken musste.
Das Ergebnis sättigte das wilde Tier eine Zeit lang, doch schon bald kehrten die Träume zurück, die Nathaniel so undenkbar und frevelhaft erschienen, dass er lieber gestorben wäre, als sie jemals zu offenbaren. Auch gab es auf dem Hofe keine Menschenseele, die ihm ein solches Geständnis wert gewesen wäre, und so bewahrte Nathaniel das Geheimnis seines Verlangens nach einem anderen Manneskörper für sich.
~*~
Eines Tages begab es sich aber, dass der Vater Nathaniel in die entfernte Stadt ausschickte, um einen jungen Stier auf dem Markte feilzubieten. Im Stall, so sagte der Vater, würden zwei der brünstigen Tiere nur zu Ungemach führen, und so sollte der tierische Heißsporn anderswo die Kühe beglücken und dem Gut des Vaters durch den Verkauf reichen Gewinn einbringen.
Da Nathaniel sich gut auf den Umgang mit den Tieren des Hofes verstand, schickte der Vater ihn für dieses wichtige Geschäft aus, und mahnte ihn, mit dem Geld nach geglücktem Handel auf der Stelle heimzukehren.
Nathaniel nahm den Stier an einen Strick und begab sich auf den Weg in die Stadt. Das Tier war folgsam, und der Jüngling musste keinen Gebrauch vom mitgeführten Stocke machen, sondern nutzte ihn, um seinem Begleiter damit die schöne Welt zu zeigen.
„Siehst du die Eiche dort? Auf ihr bin ich geklettert, als ich noch ein Knabe war. Was waren das für herrliche Stunden! Voller Freude und Tatendrang stieg ich hoch und höher, schaute über Tann und Feld und träumte vor mich hin von Entdeckungen allerlei Art“, erzählte er. Dann hielt er inne, und sein Blick verdüsterte sich, als er berichtete: „Eines Tages fiel ich unglücklich hinab. Mein Bein schmerzte arg, und der Weg nach Hause ward eine einzige Qual. Als ich zu spät zum Abendbrot erschien – noch dazu in zerrissenen Hosen – legte mich mein Vater unter dem Blick der Knechte und Mägde übers Knie und versohlte mir den Hintern. Die folgenden zwei Nächte fand ich keine Ruh, weil Bein und Gesäß gleichsam schmerzten und mir den Schlaf raubten. Damals schwor ich mir, den Hof zu verlassen, sobald ich alt genug dazu wäre. Viele Schläge meines Vaters folgten, doch am schlimmsten ist nicht die Pein, die er mir selbst antut, sondern seine allzu lose Hand bei den Mägden. Es bekümmert mich, zu sehen wie er sie züchtigt und zugleich dabei so lüstern blickt. Es widert mich an und schürt meine Abscheu diesem Manne gegenüber, der sich mein Vater nennt. Doch wenn ich in sein Tun eingreife, handele ich nur mir und den Mägden noch mehr Ärger ein. Die ein oder andere Magd beschimpfte mich sogar, ich würde sie um ihre Anstellung bringen, wenn ich nicht schweige. Und so schwieg ich, viel zu oft – und harrte darauf, all das schreckliche Treiben eines Tages hinter mir lassen zu können."
Sein Blick schweifte in die Ferne; er streifte die goldenen Ähren, die wie ein güldenes Meer auf den Feldern im Winde wogten. Der Jüngling hing seinen Gedanken nach und sprach dann zum Stier: „Nun, da ich mit dir zum ersten Mal allein vom Hofe fort bin und in die Stadt gehen darf, wage ich den Mut, meinen Vater und das Gut auf immer zu verlassen. Ich will erkunden, ob die Welt mir mehr zu bieten hat als die tägliche Arbeit, die Schelte und die gnadenlose Selbstherrlichkeit meines alten Herrn."
Der Stier blieb stumm, sah ihn jedoch mit funkelnden Augen an. „Verrate mich nicht, liebes Tier. Du wirst bald ein gutes Leben führen und deinen Trieb an ansehnlichen Kühen stillen können, die deiner Manneskraft begierig sind. Und ich ... eines Tages, vielleicht ..." Nathaniel verstummte, nicht einmal dazu fähig, seinen größten Traum dem tierischen Gesellen anzuvertrauen, der ihn ganz gewiss für sich behalten würde.
Als sie die Stadt erreichten, scheute der Stier erstmals vor lauter Lärm und der überaus eifrigen Geschäftigkeit in den engen Gassen. Mensch und Tier war solch lebhaftes Treiben gleichermaßen fremd, doch der Jüngling betrachtete all dies staunend und mit wachsender Erregung, was die Stadt ihm wohl zu bieten habe. Er beruhigte den Stier mit sanften Worten und legte ihm die Hand auf den mächtigen Rücken. Das Tier schnaubte, dann stand es still.
„Schreite frohen Mutes deinem neuen Leben entgegen.