Zwergengross - Peter Winter - E-Book

Zwergengross E-Book

Peter Winter

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Beschreibung

»Lebenslange Treue – zwischen Schildkröte und Eintagsfliege.« Mit pointiertem Sprachwitz serviert uns der Autor Tiefsinniges, Hintergründiges und Heiteres aus unserem Alltag.

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Seitenzahl: 47

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Inhaltsverzeichnis

Einsichten

Kultur

Mann und Frau

Menschliches

Politisches

Gott und Welt

EINSICHTEN

Botanische Bescheidenheit bei Dichtern: »Ich will nicht Lorbeer, mir reicht Moos...«

Wenn selbst der liebe Gott bei dem Versuch gescheitert ist, eine vernünftige Kreatur zu erschaffen – was bleibt da von den stümperhaften Bemühungen der Bildungspolitik zu hoffen?

Das einzige Gesetz, das alle Menschen auf Erden ausnahmslos befolgen, ist das der Schwerkraft.

Bücher, Filme und ähnliche Werke mit Titeln wie »Männer (oder alternativ: Frauen), die die Welt bewegen« sind, unabhängig von ihrer sonstigen kulturellen Bewertung, zunächst nur Beleg menschlicher Hybris: Die Welt bewegt sich – Gott sei Dank (sic!) – ganz ohne menschliches Zutun.

Die Zeitung feiert euphorisch den pädagogischen Geniestreich, Kleists »Zerbrochenen Krug« für leistungsschwache Schüler fürderhin in einer sprachlich vereinfachten Version aufzulegen. Im nächsten Schritt gelangt dann die »Mona Lisa« als Strichmännchen zu den Eleven.

Das Leben malt nicht, es zeichnet – selbst wenn die Gezeichneten Male davontragen!

Das menschliche Weltbild zerfällt in zwei Bereiche: Die Welt der Dinge und die Welt der Meinungen. Aber während sich Irrtümer in der Dingwelt zumeist relativ einfach korrigieren lassen (wenn ich gegen einen Baum renne, stoße ich mir den Kopf auch dann an, wenn ich die Existenz des Baumes leugne), bleiben Irrtümer in der Welt der Meinungen schwerer auszumerzen, weil das nur durch Denken möglich wäre. Die Folge: Wir leben fidel mit richtigen Bäumen und falschen Meinungen.

Das neuzeitliche Wissenschafts-Wunder der Fraktalen, also die Tatsache sich vom Kleinsten bis zum Größten wiederholender ähnlicher Strukturen, entspricht in etwa der zwar bereits angestaubten, aber dennoch nicht falschen Einsicht, dass Zwei zwar in Vier, Sechs und Acht enthalten ist, nicht aber in Drei, Fünf und Sieben.

Der Ochse auf der Wiese frisst sein Gras und ist glücklich. Im Gegensatz zum Stier wird seine innere Ausgeglichenheit auch von keinen hormonellen Schüben gestört. Und weil er vom Schlachttermin im Herbst nichts weiß, könnte er sich eigentlich vollkommenen Glücks erfreuen – gäb's da nicht die Fliegen.

Würmern schmeckt ein kluger Kopf kaum besser als ein dummer: Gourmonts oder Stoiker.

Der »Wienerwald« – die Hähnchenhölle.

Der junge Mensch vermag zwar scharf zu sehen, ist aber selten scharfsichtig. Erst mit zunehmendem Alter und wachsender Erfahrung beginnt der eine oder andere, trotz nachlassender Sehkraft besser zu sehen – was gelegentlich zu scharfsichtigen Einsichten führt.

Der geistige »Escher«-Effekt und seine Folgen werden noch immer erstaunlich selten zur Kenntnis genommen. Denn wie sich das Paradoxe der Bilder Eschers einem einfachen Perspektivwechsel verdankt, so lassen sich auch die meisten Dilemmata und Paradoxa der Denkwelt einfach durch das Vorhandensein eines zweiten, dritten usw. Aspektes erklären, unter dem sie betrachtet werden können.

Dem Klugen ist das Verbrechen eine Frage der Technik, dem Weisen eine der Moral. Nicht: »Wie begehe ich es erfolgreich?«, sondern »Warum begehe ich es nicht?« sollte der Mensch zu ergründen suchen.

Die 99prozentige genetische Übereinstimmung zwischen Affe und Mensch beweist eigentlich nur eines nachdrücklich: Das den Unterschied Bedingende lässt sich ganz offensichtlich nicht genetisch erklären. Daher wäre es wünschenswert, dass uns die Naturwissenschaften endlich mit einer plausibleren Theorie aufwarten – der gegenwärtige Ansatz ist jedenfalls mit 99prozentiger Wahrscheinlichkeit eine Sackgasse.

Die Einsicht, dass das menschliche Denken – entgegen seiner heute vielfach vorgenommen Einschränkung – weit über technische Operationalität hinausweist, wird den meisten Menschen in bedauerlicher Weise erst etwas spät deutlich: bei ihrem Ableben.

Die meisten Menschen, die uns an ihrer Weisheit teilhaben lassen, sind – sofern keine sendungsbewussten Eiferer – lediglich eitel. Denn die Uneitlen behalten ihre Weisheit eingedenk der Erkenntnis für sich, dass sie damit wenig Positives bewirken können, sich jedoch viel Ärger einhandeln werden: Den meisten Menschen ist alles Weise verhasst, weil es ihre Dummheit bloßstellt – und sei es auch nur vor sich selbst.

Emailleschild auf alter Holztreppe: »Füße sauber machen«. Offenbar waren die Leute früher gründlicher – heute würde es vermutlich ausreichen, die Schuhe zu säubern.

Die Dummen halten die Welt für unkompliziert, die etwas Klügeren für komplex und die Weisen können nicht begreifen, dass die Welt so simpel ist. Die Dummen sind's zufrieden, weil sie ja die Welt begreifen, die Klügeren bilden sich viel darauf ein, die Komplexität der Welt zu durchschauen und die Weisen treibt die Banalität der Welt in Demut oder Verzweiflung.

Ideen tauchen – einmal geboren – in schier endlosem Wechsel immer wieder in die Vergangenheit ab und in der Zukunft wieder auf. Ob wir eine Idee als »neu« oder »alt« erleben, hängt folglich davon ab, wo wir ihr bei diesem Auf und Ab gerade begegnen.

Eher unwahrscheinlich – und dennoch als Vorstellung faszinierend: Es gibt Menschen, die weit mehr von unserer Welt verstanden haben, als unsere berühmtesten Denker – und darüber hinaus die schier übermenschliche Fähigkeit besitzen, ihre Eitelkeit soweit zu zügeln, dieses Wissen für sich behalten zu können. Vermutlich wären das die Handvoll jener Gerechter, von denen die Bibel behauptet, dass sie unter uns weilten...

Moral wird zuweilen als Mittel dafür missbraucht, fehlende Argumente beim Durchsetzen der eigenen Meinung zu ersetzen – und das von Leuten, die in ihr ansonsten eher eine psychische Krankheit, denn seelische Stärke vermuten.

Kluge Köpfe durchlaufen eine frappierend ähnliche Verwandlung: Nachdem sie in der Jugend als aufstrebende Geister die Welt begriffen haben, mutieren sie zum Revolutionär, der auf Änderung des Bestehenden drängt. Da die Menschheit dem Veränderer und seinem Veränderungswillen die kalte Schulter zeigt, mutiert der dadurch frustrierte Idealist zur Spottdrossel – seine Rache für den Korb, den ihm Frau Welt gibt. Schließlich geht mit dem Verlust der Zähne auch der Verlust des beißenden Spotts einher – der Mensch wird altersmilde. Dabei unverkennbar der Hang zur Verklärung jener vergangenen Welt der Jugend, die seinerzeit so radikal verändert werden sollte.