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Medikamente werden überwiegend an Jüngeren getestet und dann häufiger bei den mehr als 18 Millionen Menschen in Deutschland über 65 eingesetzt. Der ältere Organismus reagiert anders. Außerdem leben 45 Prozent der Betroffenen nicht mit einer Erkrankung, sondern mit zwei, drei oder mehr. Sie nehmen in aller Regel zwischen fünf und vierzehn Medikamente ein. Das erschwert ihrer Ärztin, ihrem Arzt die beste Wahl. Es treten schwere Nebenwirkungen auf. Schwindel. Sturz. Herzrhythmusstörung. Depression. Atemnot. Blutung. Blutdruckabfall. Häufig sind sie mit Krankenhauseinweisung verbunden. Auch plötzlicher Herztod kommt vor.32 internationale Studien haben sich bereits mit der potenziell inadäquaten Medikation für Ältere befasst. Jetzt liegt ihr Urteil auf dem Tisch: 188 oft verschriebene Medikamente in 35 Medikamentengruppen sind kritisch einzustufen. Nicht jede Ärztin, nicht jeder Arzt orientiert sich an diesem Befund. Dabei gibt es für jedes umstrittene Medikament eine oder mehr bessere Alternativen.
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Seitenzahl: 47
188 Medikamente
sind kritisch
ab Alter 65
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IGK-Verlag
22393 Hamburg
Volksdorfer Weg 81c
Autoren: Dr. med. Jan-Dirk Fauteck, Imre Kusztrich
Copyright © IGK-Verlag 2023
ISBN: 9783986776473
Foto: © Engel-Fotolia.com
Einleitung
Vorwort
Fünf Millionen mehr über 65 als unter 18
Verspätete Risikobewertung
Unterschlagene Informationen
Mehr Jahre, mehr Krankheiten
Täglich über 1.000 Krankenhauseinweisungen
Arzneien für Ältere sind immer heikel
Gleiche Wirkstoffe für jedes Alter
Studien häufig ohne Ältere
Medikamente sind öfter kontra als pro
Medikamente stören die Funktion von Botenstoffen
Alarmzeichen Mundtrockenheit
Das Priscus 2.0-Projekt
Ein Beispiel: Medikamente für säurebedingte Erkrankungen
Klares Risiko mit Antidepressiva
Verdacht: Immer mehr Medikamente wegen ultraprozessierter Nahrung
Mehr Medikamente, weniger Bereitschaft
Mehrfacherkrankungen sind tückisch
Frauen sind stärker gefährdet
188 Medikamente auch auf Österreichs Tabu-Liste
Anleitung zur Priscus 2.0-Liste
Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen auf der Priscus 2.0-Liste
Die Untersuchung erstreckte sich über drei Jahre. Im Blickpunkt waren umstrittene Wirkstoffe, die von Ärztinnen und Ärzten Tag für Tag europaweit millionenfach verordnet oder im Krankenhausbetrieb verwendet werden.
Dabei ging es um ein Phänomen. Hunderte Medikamente lösen bei Patientinnen und Patienten ab 65 Jahren schwere unerwünschte Nebenwirkungen aus, die bei jüngeren in dieser Intensität nicht auftreten. Häufig sind sie mit Krankenhauseinweisung verbunden. Auch plötzlicher Herztod kommt vor.
Die ganz offiziell für Seniorinnen und Senioren kritische Gruppe von Wirkstoffen wird als potenziell inadäquate Medikation, bezeichnet. Abgekürzt PIM.
Am Ende waren die Urteile von 56 Expertinnen und Experten aus den Fachbereichen Allgemeinmedizin, Altersheilkunde, Klinische Pharmazie, Psychiatrie, Innere Medizin, Palliativmedizin, Pharmakologie und Herzmedizin unter Leitung der Pharmakologin Professor Dr. Petra Thürmann von der Universität Witten/Herdecke entscheidend. Sie analysierten wissenschaftliche Literatur über Medikamentenwirkungen, Verordnungsdaten der gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland und Österreich sowie Ergänzungen zur Einschätzung von zugelassenen Medikamenten und aktuelle Warnungen und Rückrufe, die auf der Webseite Micromedex für die globalen Gesundheitssysteme rund um die Uhr veröffentlicht werden.
Kernstück ihrer Analysen waren insgesamt 32 Megastudien über von der Wissenschaft gesammelten Medikamentenwirkungen bei Älteren. Die Ergebnisse wurden im März 2021 intern veröffentlicht und konnten beispielsweise von medizinischen Fachgesellschaften und der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft kommentiert werden.
Auf diese Weise wurden Erkenntnisse und Erfahrungen gebündelt, wie sie Ärztinnen und Ärzten bei ihrer Arbeit allein niemals erwerben können.
Zum Abschluss des Verfahrens wurde über jeden fraglichen Wirkstoff mit fünf Einstufungen abgestimmt. Kommentiert wurde diese Aussage: „Dieser Wirkstoff/ diese Wirkstoffklasse stellt ein potenziell inadäquates Medikament PIM für ältere Patienten dar und sollte deswegen in dieser Population vermieden werden.“
Zur Wahl standen fünf Antworten.
1 – Ich stimme vollkommen zu (dass dieser Wirkstoff ein PIM ist)
2 – Ich stimme zu (dass dieser Wirkstoff ein PIM ist)
3 – Neutral (ich bin unentschieden, ob dieser Wirkstoff ein PIM ist)
4 – Ich stimme nicht zu (dass dieser Wirkstoff ein PIM ist)
5 – Ich stimme überhaupt nicht zu (dass dieser Wirkstoff ein PIM ist).
Insgesamt wurden 188 Wirkstoffe als für Ältere potenziell nicht geeignet eingestuft und im Januar 2023 veröffentlicht. 36 Wirkstoffe wurden von jedem Verdacht freigesprochen. Das Urteil über 49 weitere Wirkstoffe war nicht eindeutig, das heißt, sie gelten als fraglich ungeeignet.
Auf den Punkt gebracht:
Diese drei Kapitel informieren direkt über die Priscus 2.0-Liste:
„Das Priscus 2.0-Projekt“
„Anleitung zur Priscus 2.0-Liste“
„Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen auf der Priscus 2.0-Liste“.
Niemand muss auf ein helfendes Arzneimittel verzichten. Ärztinnen und Ärzte können die zu vermeidenden Arzneistoffe durch besser geeignete Alternativen ersetzen. Auch sie wurden konkret in diesem Zusammenhang benannt. Damit kann der Einsatz von Medikamenten bei Älteren sicherer gestaltet werden.
Die Autoren der Empfehlung betonen: Es handelt sich nicht um ein Verbot der 188 kritisch präsentierten Medikamente. Auch der Begriff Kontraindikation trifft nicht zu … das würde eine Verschreibung nur unter strenger Abwägung der sich daraus ergebenden Risiken zulassen.
Fernsehsender folgen bei einer Altersfreigabe den Vorgaben der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft: „Die folgende Sendung ist für Jugendliche unter 16 Jahren nicht geeignet“. So etwas wie das Jugendschutzgesetz gibt es in Bezug auf verschreibungspflichtige Medikamente für Seniorinnen und Senioren nicht.
Ein Altersschutzgesetz wäre dringend notwendig.
Nicht einzelne, sondern viele Medikamente verursachen bei älteren Patientinnen und Patienten mehr unerwünschte Nebenwirkungen als bei jüngeren. Sie sind auch anders und häufig schwerwiegender.
Das Nutzen-Risiko-Verhältnis verändert sich im älter werdenden Organismus dadurch so, dass von einer Einnahme abgeraten werden kann. Während zurzeit insgesamt verschreibungspflichtige Arzneimittel aus drei Dutzend Bereichen als kritisch eingestuft sind, gibt es doch Häufungen. Zahlreiche Wirkstoffe verursachen beispielsweise eine sehr rasche Blutdruckabsenkung, bewirken Schwindel und erhöhen das Sturzrisiko beträchtlich.
Expertinnen und Experten haben abgewogen. Zum Beispiel: Gegen einen vielleicht unwahrscheinlichen Schlaganfall gibt es ein Medikament mit einem hohen Sturzrisiko für Ältere. Ein drohender Bruch der Hüfte oder des Oberschenkels wäre bei Älteren schicksalshaft problematisch. Ist es unter diesen Umständen ratsam, dieses Arzneimittel zu verschreiben?