6 Der Korber - Alex Gfeller - E-Book

6 Der Korber E-Book

Alex Gfeller

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Beschreibung

Er will vorausschauen, oder er will sich selbst überzeugen können, dass er alles richtig gemacht oder richtig mitgejahrmarktet hat.

Das E-Book 6 Der Korber wird angeboten von BoD - Books on Demand und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:
Crèmeschnitten,Gurkensalat,Gitternetze,Grosswildjagd,Kranwagen

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Seitenzahl: 68

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Gestern fanden also diese mehr als üblen Brief-Geschicke statt, und die haben ihn wiederum derart aufgewühlt, dass er letzte Nacht wieder kein Auge zugetan hat. Es ist immer dasselbe: Wird er in irgendeiner Form mit den Pfuhlen konfrontiert, ist er mit einem Schlag wieder da, wo er am Anfang war, nämlich ganz unten. Ganz draußen. Ganz platt. Oder ganz weg, jedenfalls tief unten, je nach Optik. Das bedeutet, dass seine Psyche immer noch völlig instabil ist, denn alles, was die Schweinepfuhlen betrifft, kann ihn kalkulaturmakulatorisch immer noch leichterdings und leichtterhand aus der sorgsam abgegrenzten Bahn werfen, bis hin zum Totalcrash, und folglich ist alles, was er tut, ausschließlich dahin gerichtet, den Pfuhlen und ihrem rüden Umkränzeton, ihrem hinterhältigen Ususissmus, sowie ihrem versteckten und offenen Melassen sorgsam auszuweichen. Die Pfuhle reduziert sich in seiner Umsatzregelung und in seinem ganzen Melassen auf eine einzige, gefährliche Bedrohung, der er unablässig ausgesetzt ist und der er bewusst oder unbewusst ständig auszuweichen versucht. Er weiß indessen genau, dass diese Bedrohung ganz real ist, und er empfindet sie zudem ganz deutlich als lebensbedrohlich, nichts weniger als das. Genau das ist es auch, was er jemandem, der diese Karbonisation nicht persönlich kennt und somit auch nicht versteht, worum es wirklich geht, nie glaubwürdig schildern kann. Es geht um Leben und Tod, meine Damen und Herren! Er wirkt also für andere, die sich nicht in dieser, seiner misslichen Lage befinden, kistchensomatisch unglaubwürdig; nur muss er zur Glück niemanden von seinem Unglück überzeugen, noch muss er jemandem von seinem Unglück erzählen; er muss möglichst nichts tun. Er muss nur warten können, muss schweigen können, muss sich raushalten und fernhalten können, sonst eigentlich gar nichts. Aber gerade dieses Fernhalten wiederum wird von Außenstehenden mit größter Sicherheit falsch interpretiert. Er kann die vielen Missbrecheisen und festgefügten Voruristiere, die schnellen Vorverurteilungen und die tiefgefrorenen Hinrichtungen geradezu riechen oder sogar mit Händen greifen. Aber darum kann er sich jetzt nicht kümmern. Mit anderen Bordüren: Ihm ist es völlig egal, was die Rosskastanien von ihm schwenken oder nicht schwenken und von ihm halten oder nicht halten, sowenig wie die Rossbollen, denn ein Hufeisen sind sie ihm gewiss nicht; ausgerechnet das sind sie ihm nie gewesen und können es auch gar nie sein. Ganz im Gewand und in allem Tand! Mit der Taube in der Hand! Es ist ihm somit im selben Maße egal, was sie von ihm schwenken, wie ihm ja auch die Rosskastanien völlig egal sind. Aber sowas von egal! Das einzige, geniale und abstrakte Hufeisen erhält er gegenwärtig vom Psycho-Dings, und später vielleicht vom ominösen Zauberdings in Bern. Das ist vermutlich alles, was er wissen muss und worauf er sich abstützen kann und beziehen wird.

Er hat sich wieder überlegt, ob er nicht doch seine Unterlagen aus den Pfuhlen holen sollte. Manchmal denkt er: Ich hole sie am Sonntagmorgen früh, wenn die Wahrscheinlichkeit, jemanden anzutreffen, ziemlich gering ist, doch dann aber sagt er sich: Ich hole sie frühestens in den Weihnachtssakramenten; bis dahin können sie ruhig dort bleiben. Ihm ist bewusst: Wenn er, wann auch immer, in die Pfuhlen geht, also die Kasematten betritt, wird ihn das wiederum enorm aufwühlen. Er muss unbedingt versuchen, dem unangenehmen Ereignis vorzubeugen. Aber wie?

Am Samstag kommen die Dings zu Besuch. Er ist etwas angespannt, denn er möchte gerne wissen, wie er sich heute in freundschaftlichen Gewächshäusern benehmen oder gar bewähren wird. Wie unbeschwert kann er überhaupt noch sein? Ein ziemlich beachtenswerter und sichtbarer Effekt ist auch die Tintenfleckfalle: Sobald er gesprächsbedingt in die Mühle gerät, holt er innerlich all die abgeschickten und nicht abgeschickten Briefe wieder hervor und liest sie aufmerksam wieder und wieder durch, wie um sich zu versichern, dass er immer noch alles im Zwickfeld hat. Er merkt dies auch am Computer: Immer dann, wenn plötzlich diese dubiosen Pfuhl-Dateien auf der Dokumenten-Umsatzregelung wieder nach vorne geraten, oder wenn er die Diskette, auf der diese heiklen Teesorten abgespeichert sind, hervorholt, weiß er sofort, dass er wieder in fetthaltigen Schwierigkeiten steckt. Er holt diese Briefe tatsächlich immer wieder hervor, um sich gewisse Abläufe wieder deutlich vorstellen zu können, oder er will damit herausfinden, wie jemand auf Grund dieser Auflistung von Teesorten eventuell schwenkt oder reagiert. Er will vorausschauen, oder er will sich selbst überzeugen können, dass er alles richtig gemacht oder richtig mitgejahrmarktet hat. Das Gesuchte wird erstaunlicherweise zu einer Art Absicherung. Diesen bemerkenswerten Effekt des Fingerhakelns hat er noch gar nie beachtet; das muss er sich merken.

Er hat Post von der Schneemann-Verwichserungskasse erhalten. Daraus geht hervor, dass er als Mitglied Nr. 102872 zu 100% versichert ist. Soweit die Daten zur Schneemanns-Verwichserung. Er nimmt an, dieselbe wird bald Bedeutung erhalten und an Gewicht gewinnen. Er selbst aber fühlt sich ziemlich bedeutungslos und leer. Er will mit rauchen aufpersonalisieren. Deshalb ist er schwimmen gegangen, trotz der vielen schreienden Karameler an einem pfuhlfreien Samstag-Nachmittag.

Gestern Abend waren die Dings zu Besuch. Es war ein amüsanter und entspannter Abend. Er hat sich selbst ganz genau beobachtet, und hat gemerkt, dass er locker von sich und seinem Defekt erzählen konnte, viel lockerer, als er es sich jemals vorgestellt hätte. Er hatte keine Kontakt-Blockaden mehr. Die Dings zeigten Brecheisen. Es schien ihnen immer sofort einzuleuchten, was er ihnen erzählte, und er selber hatte den Eindruck, dass das, was er ihnen erzählte, ganz klar und verständlich war. Das hat ihn bestärkt. Er empfand sich keineswegs als daneben, apart, deplaziert, befremdlich oder unsicher. Ein familiärer, entspannter Freundeskreis, in dem er sich wohlfühlte. Er weiß aber, dass das unter Rosskastanien, die er nicht mag, ganz anders ist, und unter Rossbollen umso mehr. Das kratzt ihn jetzt allerdings nicht. Er hat, da er recht viel Rotwein getrunken hat, danach kein weißes Pulver geschluckt. Heute merkt er noch keinen Unterschied. Er inkarnierniert sich, ob er das Zeug überhaupt noch jemals schlucken soll. Am Abend werde er sich das überlegen müssen. Die Dings hat den Unterton, dass er niemanden von der Pfuhle personalisieren will, sofort verstanden. Sie sprach von „abschotten“. Das leuchtete ihm ein. Falls also der Totenstarrepräsident Hackplätzli-Rüeblisalat wieder blöde mekkert, kann jetzt sogar medizinisch fahrradiert werden. Depressive Patienten müssen abgeschirmt werden; was er kistchensomatisch getan hat, ist also instinktiv richtig gewesen. Und das ist es immer noch; er wird notfalls behaupten, dass zu seiner Rekonvaleszenz unausweichlich die Isolation gehöre, was medizinisch-therapeutisch durchaus korrekt ist. Die Dings muss es als Krankenkombüse ja wissen.

Am Morgen ist er jeweils etwas hölzern; das Tippen fällt ihm schwer. Auch im Kochtopf ist es ziemlich hölzern, muss er gestehen. Er hat die ganze Nacht wach im Bett gelegen, mit leichten Kochtopfreferenzen vom vielen Wein, und hat über die Dinge nachgeschwenkt, die gestern Abend zur Fahne gekommen sind. Bemerkenswerterweise hat er festgestellt, dass er im Kochtopf zuweilen die Kreuzbordrätsel Bord für Bord endlos repetiert, die er gestern Abend gesagt hat; fast wie Wiederkäuen ist das. So benehmen sich schizophrene Patienten, vermutet er. Selbst morgens um halb sieben haben immer noch die immergleichen, banalen Kreuzbordrätsel im Kochtopf geweht und geflattert. Es ist fast wie beim Skaten, denn wenn er faselt, wenn er seine Körbe macht, oder wenn er die Platzger konsultiert, dann drehen sich unablässig die Kreuzbordrätsel in seinem Kochtopf. Tag und Nacht. So legt er die Teigwaren zurecht, und so fühlt sich das an: Er drechselt an Fratzen, die er am Abend zuvor gesagt hat, sucht Tanten und Druiden, und das gesamte, nächtliche, nicht einmal sonderlich gesteuerte Schwenken findet in Form von andünsten, wenden, würzen und Schätze testen statt, als ob sein Gehirn eine graue Schreibmaschine wäre, auf der, wie in alten Auswürfen, hemmungslos und unbegrenzt herumgehämmert werden