Absturz unter Drachenfeuer - Thorsten Hoß - E-Book
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Absturz unter Drachenfeuer E-Book

Thorsten Hoß

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Beschreibung

Absturz unter Drachenfeuer ist der Auftakt einer epischen Heldensaga um die Crew der Sirius7.

Erlebe ein spannendes, aktionsgeladenes Sciencefiction-Fantasy-Crossover und begleite die fünf Astronauten von der Erde bei ihrem Abenteuer auf der magischen Welt Lunaria.

Pressestimmen: Das Buch macht richtig Spaß!

Wer Marvels „Agents of Galaxy“, „Firefly“ (Serenity) oder vielleicht die erste Staffel „Enterprise“ mag, ist bei Thorsten Hoß und der Crew der Sirius 7, richtig. „Faszinierend!““

schreibblogg.de

Eine sehr lesenswerte Geschichte für alle, die bereit sind, sich auf etwas Neues einzulassen. Rollenspieler werden es lieben, da bin ich mir sicher.

Lest es und liebt es, was Thorsten Hoß da gezaubert hat. Für mich folgte eine Überraschung auf die nächste.

kleiner-komet.de

Die Mischung macht’s. Mit seinem Erstlingswerk »Absturz unter Drachenfeuer« und gleichzeitig dem Reihenauftakt zur Crew der Sirius7 zaubert Autor Thorsten Hoß dem Leser einen unterhaltsamen und kurzweiligen Science Fantasy Roman.

buchdrache.blogspot.com

InhaltDie Crew des Raumschiffs Sirius7 entdeckt eine Anomalie, die nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten nicht existieren dürfte und sie zu einer Notlandung zwingt. Die Überlebenden müssen damit fertig werden, dass sie ihre Heimat wohl nie wieder sehen werden. Doch langsam erkennen die Gestrandeten, dass in einer Welt, an deren Himmel Drachen fliegen, selbst der Tod manchmal nur der Anfang ist.

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Inhaltsverzeichnis

Impressum

Widmung

Prolog

1. Boris

2. Hiriko

3. Till

4. Sven

5. Boris

6. Ashley

7. Boris

8. Sven

9. Boris

10. Hiriko

11. Boris

12. Ashley

13. Hiriko

Zwischenspiel

14. Hiriko

15. Ashley

16. Sven

17. Hiriko

18. Ashley

Zwischenspiel

19. Sven

20. Hiriko

21. Sven

22. Ashley

Zwischenspiel

23. Sven

24. Ashley

25. Sven

26. Hiriko

27. Sven

28. Ashley

Zwischenspiel

29. Sven

30. Ashley

31. Sven

Zwischenspiel

32. Sven

33. Boris

34. Sven

35. Ashley

36. Sven

Zwischenspiel

37. Sven

38. Boris

39. Sven

40. Tilseg

41. Hiriko

Zwischenspiel

42. Boris

43. Ashley

44. Sven

Zwischenspiel

45. Boris

46. Sven

Zwischenspiel

47. Ashley

48. Sven

Zwischenspiel

49. Ashley

50. Sven

51. Tilseg

52. Hiriko

53. Ashley

54. Sven

55. Boris

56. Hiriko

57. Sven

58. Hiriko

59. Sven

60. Hiriko

61. Sven

62. Hiriko

63. Queckech

64. Sven

65. Ashley

66. Sven

67. Ashley

68. Boris

69. Ashley

70. Boris

71. Sven

72. Ashley

73. Sven

74. Hiriko

75. Ashley

76. Hiriko

77. Ashley

78. Boris

79. Ashley

80. Hiriko

81. Tilseg

82. Hiriko

83. Sven

84. Hiriko

85. Ashley

86. Hiriko

87. Ashley

88. Hiriko

89. Sven

90. Ashley

91. Hiriko

92. Ashley

93 Boris

94. Sven

95. Hiriko

96. Sven

97. Hiriko

98. Ashley

99. Boris

100. Tilseg

101. Sven

102. Boris

103. Ashley

104. Tilseg

105. Sven

106. Queckech

107. Sven

108. Hiriko

109. Ashley

110. Sven

111. Hiriko

112. Sven

113. Boris

114. Ashley

115. Sven

116. Hiriko

117. Boris

Danke für’s Lesen!

Bisher erschienene Romane aus Lunaria

Über den Autor und dieses Buch

Danksagungen

Impressum

Absturz unter Drachenfeuer

(Die Crew der Sirius7, Band 1)

Vierte deutsche Ausgabe

©2017-2021 Thorsten Hoß

[email protected]

www.Lunariaromane.de

Covergestaltung: PolinaHoß

Lektorat: Polina Hoß, André Reichel

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Postadresse des Rollenspielseminars

Wilhelmstr. 26 41363 Jüchen

Widmung

Für zwei wunderbare Wesen.

Eine Maus und einen Waschbär.

Ihr seid mir eine tierische Hilfe.

Prolog

Der fünftgrößte Mond des Sonnensystems Sol war ein lebensfeindlicher Ort. Doch unbewohnt war er schon lange nicht mehr. Die Bewohner des blauen Planeten, den er umkreiste, hatten auch ihn besiedelt. Zwei dieser Menschen saßen vor ihren Monitoren in einem kleinen Kontrollraum der Mondbasis und gingen ihrer Arbeit nach.

Eine Nachrichtensendung flimmerte stumm über einen der Bildschirme, während die anderen von Diagrammen und Zahlenkolonnen bevölkert wurden.

»Mach mal lauter, die bringen was über die Sirius«, machte die Frau ihren Kollegen auf die Sendung aufmerksam, als das Bild eines Raumschiffes in den Fernsehbeitrag eingeblendet wurde.

»Ich dachte, das Projekt ist streng geheim«, erwiderte der Angesprochene und betätigte einen Regler, sodass nun auch der Ton zu hören war.

»… ist heute zu ihrer Mission aufgebrochen, um den äußeren Asteroidengürtel unseres Sonnensystems zu erforschen. Die mutige Crew des Schiffes wird auf ihrer Reise verschiedene physikalische und technische Experimente durchführen. Experten erhoffen sich von dieser Mission neue Erkenntnisse im Bereich der Quantenphysik.«

Ein Videofenster wurde neben dem Nachrichtensprecher eingeblendet. Ein älterer Herr mit eurasischen Zügen und schlohweißem Haar erschien dort, unterdessen der Journalist seinen Vortrag fortsetzte.

»Hierzu haben wir den international anerkannten Experten für Quantenphysik, Herrn Professor Doktor Heinrich Wu, eingeladen, uns mehr über die anstehende Mission der Sirius7 zu erzählen.«

»Wie du siehst, haben die keine Ahnung! Es ist also geheim«, antwortete sie schmunzelnd.

»Nicht, dass wir viel mehr wüssten als die da unten«, ergänzte er, wobei er den Ton wieder abstellte.

»Trotzdem verstehe ich nicht, warum die Nachrichten überhaupt vom Start berichten«, hakte sie nach. »Wenn ich bedenke, was für einen Aufstand sie hier um die Geheimhaltung machen.«

»Keine Ahnung«, entgegnete er schulterzuckend, »wahrscheinlich ist es einfacher, die Leute anzulügen und sie auf eine falsche Fährte zu locken, als ihnen schlicht die Wahrheit zu verschweigen. Wenn die Sirius so starten würde und es keine offiziellen Verlautbarungen gäbe, würde das bestimmt Fragen aufwerfen. Die Mediengeier schnüffeln doch überall rum.«

»Stimmt.« Eine kleine Pause entstand. »Hast du eigentlich eine Ahnung, was die eigentliche Mission der Sirius ist?«

»Von den Jungs aus der Entwicklung weiß ich, dass sie irgendeine Antriebstechnik testen wollen, an der sie schon Ewigkeiten herumprobieren.«

»Warum das geheim bleiben muss, leuchtet mir aber immer noch nicht ein.«

»Keine Ahnung«, sagte er, erneut mit den Schultern zuckend. »Ist wohl recht gefährlich. Du bist noch neu, also gebe ich dir einen guten Rat unter Kollegen: Zerbrich dir besser nicht den Kopf darüber! Sich Gedanken über Geheimnisse zu machen, bringt nur Ärger.«

»Den Start würde ich mir schon gerne angucken. Es müsste doch jetzt jeden Moment so weit sein.«

Er nickte und begann zu grinsen, als er einige Einstellungen seines Steuerpultes veränderte. Ein Videobild erschien auf dem Hauptmonitor ihres Arbeitsplatzes. Es zeigte ein Raumschiff, das von seiner Form her den Schiffen glich, die auch zwischen der Mondstation, den Marskolonien und der Erde verkehrten. Nur der turmartige Aufbau am hinteren Teil war ein deutlicher Unterschied.

»Ich hab die Übertragung zum Kommandoleitstand angezapft«, freute ihr Kollege sich über ihr dummes Gesicht.

Die Sirius nahm unter den Blicken der beiden nur zögerlich Fahrt auf.

»Für ein Raumschiff, das angeblich einen neuen Antrieb hat, beschleunigt es aber wirklich langsam«, bemerkte sie.

»Vielleicht müssen sie ja noch irgendetwas …«

Ein Lichtblitz überlagerte alles im Bild. Dann war das Schiff verschwunden.

»Was war das?«, stieß sie erschrocken aus.

»Ich weiß es nicht«, antwortete er leise. »Ich habe das ungute Gefühl, dass da gerade etwas sehr schief gegangen ist …«

1. Boris

Sein Sichtfeld kehrte langsam zurück. Sterne funkelten vor seinen Augen wie kleine Supernovae. Stöhnend richtete sich der etwas untersetzte Mann in seinem Pilotensessel auf und versuchte, seine Sinneseindrücke einzuordnen. Erfolglos befahl er dem Blechorchester in seinem Schädel, die Kakofonie zu beenden. Mühsam blinzelnd, blickte er sich um.

Flackernde Lichtquadrate, eingebettet in einer Wand kantiger Gebilde, durchsetzt mit bunten Lichtpunkten. Das ergab keinen Sinn, stellte er fest. Er rieb sich die Augen, um die inneren und äußeren Lichterscheinungen besser voneinander trennen zu können, dann fokussierte er seinen Blick erneut. Die Lichtquadrate waren Bildschirme mit Kolonnen von Zahlen und Buchstaben, doch blieben sie ohne Sinn für ihn. Dass sie ihm etwas sagen sollten, wusste der Mann intuitiv. Nur was, erschloss sich ihm nicht.

Geistesabwesend löste er seine Aufmerksamkeit von den Monitoren. Träge schweifte sein Blick durch den Raum. Jede Augenbewegung fühlte sich an, als stachen ihm kleine Speere von der Innenseite seines Kopfes in die Iris. Er bemerkte Schalter- und Knopfreihen überall in den glatten Oberflächen um ihn herum, als ihn ein akustischer Hammer traf, dessen Wucht ihn aufstöhnen ließ. Ein unerträglich schrilles Piepgeräusch, das sich zu dem Pochen und Hämmern in seinem Inneren gesellt hatte, raubte ihm für einige Augenblicke das bisschen Verstand, was sich in ihm gesammelt hatte. Doch der Lärm von außen endete so schnell, wie er über ihn hineingebrochen war. Koschkin seufzte erleichtert.

»Koschkin?«, lallte er. War er das etwa? Er schloss seine schmerzenden Augen erneut, als seine Erinnerungen zurück in sein Bewusstsein sickerten. Ja. Er war Boris Koschkin.

Er war Kommandant eines experimentellen Raumschiffes mit außergewöhnlichen Antriebsaggregaten. Sein Schiff hieß Sirius7 und seine Aufgabe war es, den neuartigen Hyperraumantrieb für Langstreckensprünge zu testen, um mit den gesammelten Daten zur Erde zurückzukehren. Seine Erinnerungen kamen nun immer schneller.

Er hatte gewusst, was passieren würde. Während der Trainingseinheiten auf der Erde und später in der Mondbasis hatte man es ihnen immer wieder eingebläut. Reisen durch den Hyperraum stellten seltsame Dinge mit dem menschlichen Hirn an. Selbst in der schützenden Hyperraumblase seines Schiffs waren sie nicht hundertprozentig abgeschirmt. Ohnmachtsanfälle mit temporärem Gedächtnisverlust waren noch eine der harmloseren Auswirkungen. Die ersten Hyperraumreisenden waren ausnahmslos wahnsinnig geworden.

Sein Blackout hatte ihn trotzdem kalt erwischt. Und mit der anschließenden Desorientiertheit und den Schmerzen dieses Ausmaßes hatte er auch nicht gerechnet. Das war bei den Kurzstreckentests nie passiert.

Seine Verwirrung wurde zunehmend durch die Erinnerungen zurückgedrängt und die pulsierenden Schmerzen ließen langsam nach. Ein paar Mal atmete er tief ein und öffnete dann wieder seine Augen.

Dieses Mal erfasste sein Verstand auch den Sinn der Anzeigen auf den Monitoren. Die Schiffssysteme arbeiteten innerhalb normaler Parameter. Nur das Biogelsystem des Schiffes war noch mit einem Neustart beschäftigt. Sein Hirn reichte derweil neue Erinnerungen an sein Bewusstsein weiter. Abrupt drehte er sich um.

»Hiriko?«, fragte er besorgt.

Seine Kopilotin, eine zierliche Japanerin, war schweißüberströmt und zitterte. Trotzdem lächelte sie ihn schwach an. »Funkstation klar«, meldete sie leise.

»Gut«, antwortete Koschkin, dem seine restliche Crew nun ebenfalls einfiel. Einen Moment lang suchte er die richtige Taste, dann schaltete er das Intercom ein.

»Koschkin an Mannschaft«, brummte er in sein Mikrofon. »Ich erwarte eure Klarmeldungen.«

Ashley Bender meldete sich augenblicklich, fast als habe sie nur auf seine Aufforderung gewartet. »Alles klar, Katerchen?«, kam ihre süffisante Stimme aus dem Lautsprecher. »Geiler Ritt!«

Boris verzog das Gesicht, aber erwiderte nichts auf ihre Spitze. Er kannte sie lange genug, um zu merken, dass sie mit ihrer Frechheit nur die Nachwirkungen des Hypersprungs zu überdecken versuchte.

»Astrogation so weit klar«, erklang Sven Eriksons Stimme als nächstes aus den Lautsprechern. »Ich muss aber noch einige Daten auswerten, die im Moment keinen Sinn ergeben. Melde mich dann wieder bei Ihnen, Kommandant.«

Noch bevor Koschkin auf den Norweger reagieren konnte, kam schon die nächste Meldung über das Intercom.

»Alles ruhig auf der Krankenstation. Die Biozeichen der Mannschaft sind stabil. Keine besonderen Vorkommnisse.« Das war sein Bordarzt Doktor Segschneider.

Koschkin lehnte sich zurück. Seine Mannschaft war offensichtlich wohlauf und hatte den unerwarteten Übertrittsschock gut verkraftet. Er lächelte, ignorierte seine Kopfschmerzen und wandte sich wieder den Anzeigen zu. Dann betätigte er erneut das Intercom.

»Doc, überprüfen Sie bitte die Biotanks. Das Biogensystem ist immer noch offline. Ashley, wie sieht es mit den Sprungtriebwerken aus? Wann sind sie wieder einsatzbereit? Sven, was ist das Problem mit den Daten? Sind wir an der richtigen Stelle herausgekommen?« Langsam komme ich wieder in Schwung, dachte Koschkin und lächelte, als Erikson sich wieder meldete.

»Kommandant, die Bugsensoren zeigen eine Anomalie an, die ich nicht erklären kann.«

»Was meinst du mit Anomalie?«, entgegnete Boris alarmiert. »Etwas genauer bitte.«

»Naja«, sagte der Astrogator unsicher. »Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, wir rasen auf ein Schwarzes Loch zu. Aber die Gravitationssensoren zeigen nichts an.«

»Ein Schwarzes Loch sollte es in der Raumregion nicht geben«, sagte Koschkin und nahm routiniert einige Einstellungen an seinen Apparaturen vor. Die Bildsignale der Außenbordkameras im Bug erschienen auf seinem Schirm.

»Ja, das ist schon richtig«, erklärte Sven weiter. »Wir sind mit sechsundsechzigprozentiger Sicherheit nicht an den richtigen Koordinaten herausgekommen, Kommandant.«

Die Bildübertragung voraus zeigte Koschkin nichts. Gar nichts! Das verwirrte ihn zutiefst. Eigentlich sollte sich vor seinen Augen ein Panoramabild der inneren Milchstraße auftun, doch der Bildschirm blieb schwarz. Kein einziger Stern war zu erkennen. Sven meldete sich wieder.

»Wir müssten voraus diverse Strahlungswerte erfassen können, Sir. So wie sie von den Sensoren aus allen anderen Richtungen auch registriert werden. Nur messen die Geräte nichts. Keine Strahlung irgendeiner Art, die wir erfassen könnten. Normalerweise wäre das ein Anzeichen für ein Schwarzes Loch, aber es fehlen die Verzerrungsfelder und Gravitation ist auch nicht festzustellen. Trotzdem scheint uns irgendetwas anzuziehen.«

»Was?«, erwiderte Boris.

Mit einem Blick überprüfte er die Geschwindigkeitswerte des Schiffes. Tatsächlich ließ sich eine Beschleunigung feststellen, die nichts mit den Triebwerken zu tun hatte. Er achtete nicht weiter auf die Ausführungen seines Astrogators, sondern aktivierte die Steuerdüsen.

Mit ihnen sollte sich genügend Gegenschub erzeugen lassen. Zuerst gab er nur ein wenig Schub. Als der nichts bewirkte, erhöhte er die Leistung schrittweise, bis die Aggregate mit voller Kapazität arbeiteten und ihre Vibrationen im ganzen Schiff zu spüren waren. Warnmeldungen ploppten in seinem Bildschirm auf und die Stimme von Ashley ertönte aus dem Intercom.

»Bist du noch ganz dicht?«, brüllte die Ingenieurin, bemüht, das Röhren der Maschinen zu übertönen. »Wenn du noch länger Vollschub gibst, verabschieden sich die Steuerdüsen endgültig. Wenn du in die andere Richtung willst, dann wende den Kahn einfach. Echt mal, wo hast du denn deinen Pilotenschein gemacht?«

Boris fluchte, musste aber einsehen, dass seine Technikerin recht hatte. Er drosselte die Maschinen und richtete sie neu aus, um das Schiff zu wenden. Erstaunt musste er jedoch feststellen, dass ihm das Schiff nicht gehorchen wollte. Genau in diesem Moment meldete sich Dr. Segschneider bei ihm.

»Das Biogel ist beschädigt. Die einzelnen Zellen, für sich genommen, scheinen den Sprung gut überstanden zu haben. Aber die Vernetzungen zwischen ihnen haben sich fast zur Gänze aufgelöst. Ich werde einige Testreihen durchführen. Erst dann kann ich mehr sagen.«

»Machen Sie das, Doktor«, quittierte Boris knapp, bemüht, seine Befürchtungen nicht zu zeigen. Wenn das Biogensystem nicht mehr zu retten war, würde die Berechnung des Rücksprungs zur Erde deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen.

Aber was noch schwerwiegender war: Ohne den Biogencomputer war das Gefahrenrisiko um einiges höher, dass ihr Schiff beim Wiedereintritt mit anderen Flugkörpern kollidieren würde, oder noch schlimmer, inmitten von Materie, wie die Erde oder der Mond, in den Normalraum zurückkehren könnte. Ob das den anderen Mannschaften auch passiert war, die nie mehr zur Erde zurückgekehrt waren? Sven unterbrach seine Gedanken erneut.

»Sir, nach Auswertung der zu erfassenden Konstellationen bin ich mir nun sicher, dass wir tatsächlich nicht an den von uns errechneten Koordinaten angekommen sind. Die Abweichung beträgt etwas mehr als zweiundzwanzig Lichtjahre oder, um genau zu sein …«

»Komm zum Punkt!«, unterbrach Koschkin ihn grob.

Sein Astrogator verstummte kurz, dann setzte er neu an.

»Selbst, wenn ich die Daten der anderen Flüge großzügig auslege, hätte die Abweichung von unseren Zielkoordinaten maximal etwas mehr als ein einhundertstel Lichtjahr betragen dürfen. Ich vermute, dass die Fehlerquelle die Anomalie vor uns ist. Dass es sich dabei um ein Schwarzes Loch handelt, kann ich nach den mir vorliegenden Daten allerdings ausschließen.«

»Und was ist es dann?«, fragte Boris ungeduldig.

»Eine alternative Erklärung für das Phänomen habe ich momentan noch nicht, Kommandant. Dafür habe ich aber etwas entdeckt. Voraus gibt es doch Anzeichen von Energiestrahlung. Ich bin mir nicht hundert Prozent sicher, da sie sehr schwach ist, aber ich denke, diese Strahlung ist nicht natürlichen Ursprungs. Wenn meine Messwerte stimmen«, ergänzte der Norweger nun aufgeregt, »haben wir damit zufällig den Beweis gefunden, dass es tatsächlich anderes, intelligentes Leben, außer den Menschen, in der Milchstraße gibt.«

Koschkin schwieg. Er konnte sich noch eine weitere Möglichkeit vorstellen. Vielleicht hatten sie auch eines der anderen Siriusschiffe gefunden, die verschollen waren. Dass sie das siebte Hyperraumschiff der Erde waren, das sich so weit in die Tiefe des Alls begeben hatte, wusste nur er. Alle vorangegangenen Missionen waren streng geheim gewesen. Genau wie die, auf der sie sich gerade befanden. Kacke, dachte Koschkin.

»Gut«, entgegnete er laut. »Bestimme die Position der Energiesignale und leite sie an Hiriko weiter, damit sie sie anpeilen kann.« Ein Seitenblick zu seiner Copilotin, die knapp nickte, dann wechselte er den Kanal und funkte den Maschinenraum an.

»Ashley, was ist jetzt mit dem Hyperantrieb?«

»Hetz mich nicht!«, kam die prompte Antwort. »Der Hyperraumantrieb ist immer noch am Auslaufen.«

»Wie lange noch?«

»Bist heut ein ungeduldiges Katerchen, wie? Dieses Maschinchen faltet Raum und Zeit wie ein Origamimeister. Das geht nicht so schnell.«

»Ashley«, mahnte Boris grollend.

Sie schnaufte genervt. »Wenn du unbedingt sofort eine Einschätzung haben willst, bitte sehr, aber beschwere dich nachher nicht, wenn sie ungenau ist. Vorausgesetzt, dass alle Komponenten unbeschädigt geblieben sind, wird der Antrieb in etwa einer Dreiviertelstunde wieder so weit heruntergefahren sein, dass wir mit dem Neuaufladen beginnen könnten. Einsatzbereit würde er dann etwa zwanzig Minuten später sein. Dann müssten die Maschinen die nötige Energiedichte erreicht haben, die wir für einen Sprung bis zur Erde benötigten. Ich rate aber von diesem Vorgehen ab. Ich empfehle, dass wir die Maschine erst abschalten und durchprüfen, bevor wir den Antrieb wieder hochfahren. Ist schließlich kein Katzensprung, den wir gemacht haben«, sie lachte schallend über ihr eigenes Wortspiel.

Boris verzog keine Miene.

»Scherz beiseite«, fügte sie ernster hinzu. »Das sind alles nur Schätzungen, schließlich hat die Maschine noch nie einen so weiten Sprung gemacht. Ich gehe hier von den Daten der Simulationen, den Labortestreihen und unseren Erfahrungen bei den Testsprüngen aus. Wir sollten den Antrieb gründlich durchleuchten, bevor wir uns wieder auf die Reise machen.«

»Gut, dann klär bitte solange, warum die Steuerdüsen nicht ordnungsgemäß funktionieren.«

»Natürlich funktionieren die!«, kam prompt die empörte Antwort. »Und das, obwohl du sie eben noch misshandelt hast. Wie ein grobmotorischer Grobian.«

Nun platzte Boris doch der Kragen. »Wahren Sie die Form, Bender, und folgen Sie meinen Anweisungen!«, schnauzte er in sein Mikrofon. »Das Schiff lässt sich durch die Düsen nicht steuern. Irgendetwas ist nicht in Ordnung.«

»Ich steh drauf, wenn du grob wirst«, entgegnete sie in provozierendem Ton. »Ich will mal sehen, was Sache ist.«

Boris verzichtete auf eine Erwiderung. Er vermied es auch, seine Kopilotin anzusehen. Er konnte sich gut vorstellen, wie ihre dunklen Augen amüsiert funkelten, während sie diese Unterhaltung mithörte. Tanaka war die Einzige in der Mannschaft, die wusste, warum Koschkin sich das Verhalten von Ashley wirklich gefallen ließ.

Hiriko sagte nichts und schien sich auf ihre eigenen Aufgaben zu konzentrieren. Aber das schüchterne Lächeln, welches ihre dünnen Lippen nur sehr selten umspielte, hatte Boris’ Gedankengänge bestätigt.

Doch bevor sich das zaghafte Lächeln noch in ein echtes Grinsen verwandeln konnte, verschwand es wieder und wich konzentriertem Ernst. »Wir empfangen Funksignale. Ich kann sie nicht entschlüsseln und sie sind schwach, aber es sind definitiv Funksignale.«

Boris Stimme bebte nur unmerklich, als er erwiderte: »Versuch die Verschlüsselungscodes aus der Deltadatenbank.«

»Keine Übereinstimmung«, meldete die Japanerin nur Sekunden später. »Ich glaube, dass die Signale gar nicht verschlüsselt sind. Vielmehr scheinen unsere Geräte einfach nicht die richtige Frequenz zu besitzen. Ich werde das einmal testen.« Hiriko machte sich fieberhaft an die Arbeit. Boris blieb hingegen keine Zeit, die ständig eingehenden Informationen zu überdenken, denn der Schiffsarzt meldete sich wieder per Intercom.

»Schlechte Nachrichten, Boris«, sagte er. »Das Biogensystem wird erst einmal offline bleiben. Die Selbstvernetzung des Gels hat zwar bereits wieder eingesetzt, aber es wird Tage dauern, bis das System wieder genügend Verknüpfungen aufweist, um eingesetzt werden zu können. Ob die Reorganisation des Gels die Funktionsfähigkeit beeinflussen wird, kann ich noch nicht sagen.«

Koschkin stöhnte gequält. »Danke, Doktor«, sagte er dann. »Halten Sie mich auf dem Laufenden.«

Gäbe es nicht diese seltsame Anomalie, wären die ganzen Probleme mit seinem Schiff halb so wild. Er vertraute den Fähigkeiten seiner Mannschaft und war sich sicher, dass sie mit genügend Zeit alles in den Griff bekommen würden, wenn sie nicht geradewegs in dieses ominöse Phänomen stürzen würden.

»Sven, kann uns die Anomalie gefährlich werden? Was meinst du?«

»Das ist eine knifflige Frage, Kommandant. Da sie mit nichts, was wir kennen, vergleichbar ist und unsere Geräte sie nur indirekt erfassen können, kann ich keine fundierte Aussage treffen. Momentan sind wir, meiner Meinung nach, aber nicht in direkter Gefahr.«

»Danke«, sagte Boris und wandte sich wieder seinen Instrumenten zu. Im Moment konnte er nur abwarten. Darum beschloss er, die bisherigen Ergebnisse seiner Blackbox hinzuzufügen. Die Blackbox war eigentlich ein altertümliches Relikt. In den vergangenen Jahrhunderten hatte jeder Flugkörper ein solches Aufzeichnungsgerät an Bord gehabt, wusste der Russe.

Damals waren es noch einfache Datensicherungssysteme gewesen, die eine Auswertung der Flugdaten nach Abstürzen ermöglichten. Diese Aufgabe erfüllten heute andere Notfallsysteme, so wie auch in der Sirius. Koschkins Blackbox war nicht nur ein Speichermedium für Flugdaten. Er war ein Minisupercomputer mit der neusten Sicherheitstechnik. Der nur fünfzehn Zentimeter große Würfel war in mattem Schwarz gehalten. Seine Oberfläche reflektierte rein gar nichts und er war mit keiner technischen Methode aufzuspüren, die die Menschheit kannte.

Koschkin wusste nur, dass sich die Blackbox nur dann zu erkennen gab, wenn man das Sicherheitsprofil des Würfels kannte und den richtigen Code auf der richtigen Frequenz sendete. Oder wenn man Koschkin war. Dafür hatte er zwei Tage in einem Hochsicherheitskrankenhaus zugebracht, damit die Wissenschaftler den Würfel auf ihn eichen konnten. Er startete das Zugangsprogramm, indem er auf eine ganz bestimmte Weise atmete und den Würfel dabei in der Hand hielt. Auf seinem Monitor erschien die Meldung:

Sicherheitsverbindung online … Hallo, Kommandant Koschkin … Bereit für Eingabe …

Die Verbindung stand. Koschkin legte die gesammelten Sprungdaten als Datensatz ab und sprach einen kurzen Bericht der bisherigen Geschehnisse, die er dem Datensatz hinzufügte. Die gesammelten Daten von Sven und Hiriko speicherte er ebenfalls.

Nachdem er die Aktivierungsroutine wiederholt hatte und die Blackbox wieder offline war, wartete er. Ashley meldete sich kurze Zeit später und erklärte, dass die Steuerdüsen alle ordnungsgemäß arbeiten würden. Ein weiterer Versuch, das Schiff zu wenden und die Haupttriebwerke einzusetzen, blieb jedoch wieder ohne Erfolg. Koschkin spürte, wie Frustration in ihm aufstieg. Fast war es so, als hielt eine eiserne Faust sein Schiff fest in der Umklammerung.

»Hiriko, was macht das Signal?«, fragte er seine Kopilotin, um sich abzulenken.

»Es ist immer noch da«, gab sie zurück. »Ich habe unsere Frequenz so angepasst, dass sie im Ultraschallbereich liegt. Dadurch ist es mir gelungen, das Signal aufzufangen. Ich kann es dekodieren, aber ich glaube, dass es sich um ein automatisches Signal handelt. Die Sendeintervalle wiederholen sich alle zwei Minuten. Ich denke, dass wir tatsächlich auf Aliens oder wenigstens auf ihre Technologie gestoßen sind.«

»Vielleicht hat das, was die Signale aussendet, ja etwas mit unseren Steuerproblemen zu tun«, entgegnete Koschkin nachdenklich. »Reicht die Länge der Intervalle aus, um die Übersetzungsautomatik einzusetzen?«

Hiriko schüttelte den Kopf. »Zu wenig Informationen für die Automatik«, erläuterte sie knapp.

In dem Moment meldete sich Sven über das Intercom.

»Kommandant«, erklang seine Stimme aufgeregt, »ich habe ein Objekt erfasst, von dem die Energie und die Funksignale ausgehen. Haben Sie Ihren Schirm auf die Bugkameras geschaltet? Das Objekt befindet sich noch etwa neunhunderttausend Kilometer vor uns, sollte mit maximaler Vergrößerung aber bereits erkennbar sein. Von der Größe her, glaube ich, dass es sich nicht um ein Schiff oder eine Station handelt, wohl eher eine Art Funkboje.«

Sven redete noch, als Boris zurück auf die Kamerasicht schaltete und den Ausschnitt nach den Angaben vergrößerte, die Sven ihm auf sein Display geschickt hatte. Dann sah er es auch. Ein rundes Gebilde, das zwei längliche Auswüchse auf entgegengesetzten Seiten aufwies. Koschkin musste unwillkürlich an einen Apfel denken, durch den jemand einen ungespitzten Bleistift getrieben hatte.

Die Instrumente zeigten ihm, dass die Kugel nicht mehr als zehn Meter im Durchmesser maß. Die beiden Auswüchse hingegen ragten etwa dreißig Meter in den Raum hinaus. Boris schätzte, dass die Auswüchse selbst nicht dicker als eineinhalb Meter waren.

»Hast du dich wieder eingekriegt?«, quäkte Ashleys Stimme aus der Intercom-Anlage. »Ich wollte nur Bescheid geben, dass der Hyperantrieb in ein paar Minuten so weit wäre, dass er wieder aufgeladen werden kann. Das Restfeld hat sich fast völlig aufgelöst und die Maschinen sind nun kühl genug.«

»Gut, mach das«, entgegnete er abwesend.

»Außerdem wäre es fantastisch, wenn du mal sagen würdest, was eigentlich los ist«, hakte sie nach. Erst jetzt erinnerte sich Boris daran, dass die bisherige Kommunikation im Schiff natürlich nicht von allen mitverfolgt werden konnte. Er schaltete das Intercom auf schiffweite Durchsage und umriss in knappen Worten die bisherige Lage.

Gerade als er geendet hatte, ging ein Ruck durch das Schiff. Boris war sofort alarmiert. Er checkte seine Anzeigen, konnte aber keinen Grund für den Schlag feststellen. Doch dann spürte er die Vibrationen. Da hatte er einen Geistesblitz. Was wäre, wenn … Er schaltete zurück zu Ashley.

»Hast du gerade irgendetwas aktiviert?«, fragte er fiebrig.

»Klar, mein Dicker«, gab sie zurück. »Wie mein Miezekätzchen gewünscht hat, habe ich damit begonnen, den Hyperraumantrieb wieder zu laden, damit wir …«

»Abbrechen!«, schrie Boris so laut in sein Mikrofon, dass sich seine Stimme zu überschlagen drohte. »Sofort abbrechen!«

»Was denn nun? Kannst du dich mal …«

Wieder fuhr er ihr ins Wort: »Fahr das Ding sofort wieder runter und spar dir deine Kommentare! Das ist ein Befehl.«

Das Intercom schwieg und die Vibrationen erstarben Sekunden später.

»Erledigt«, meldete sich Ashley knapp.

An ihrer Stimme merkte Boris, dass sie beleidigt war. Damit konnte er sich im Moment aber nicht beschäftigen.

»Sag Bescheid, wenn das Hyperfeld wieder vollständig abgebaut ist«, befahl er und wandte sich an Sven. »Gib mir das Bewegungsprofil des Schiffes seit unserem Wiedereintritt auf den Schirm und halte dich bereit.« Einige Sekunden später erschienen ein Graph und einige Zahlenkolonnen auf seinem Schirm. »Ashley, gib mir die Betriebs- und Felddaten des Hyperraumantriebs seit unserem Sprung und warte auf neue Anweisungen.«

Anstelle einer weiteren schnippischen Bemerkung, erschienen kurze Zeit später auch ihre Daten auf seinem Display. Er synchronisierte die beiden Datensätze und studierte sie eine Weile. Dann sah er seinen Verdacht bestätigt. Mit einigen Handbewegungen sendete er die synchronisierten Daten an Sven zurück und schaltete per Intercom wieder zu ihm durch.

»Überprüf die Daten, die ich dir gerade geschickt habe, und sag mir, was du denkst.« Dann wechselte er wieder zum Maschinenraum. »Was macht das Hyperraumfeld?«

»Fast aufgelöst«, entgegnete Ashley frostig. »Wenn es vollständig zerfallen ist, erhalten Sie eine Meldung. Wie Sie befohlen haben.«

»Was hast du entdeckt?«, wollte Hiriko wissen.

»Ich denke, ich weiß jetzt, was uns festgehalten und auf die Anomalie zugezogen hat«, erwiderte Boris nachdenklich und fluchte innerlich. »Unser eigenes Hyperraumfeld scheint in Wechselwirkung mit der Anomalie zu treten. Wenn Sven mit seinen Berechnungen so weit ist, werden wir mehr wissen. Oberflächlich bestätigen die Daten von Sven und Ashley meine Vermutung. Wenn das Feld wieder vollständig abgebaut ist, werde ich noch einmal versuchen, das Schiff mit den Steuerdüsen zu manövrieren. Wenn es gelingt, können wir uns fürs Erste um diese Alienstation und ihr Signal kümmern. Ich hoffe, dass Sven uns sagen kann, wie weit wir uns von der Anomalie entfernen müssen, um nicht mehr mit ihr in Wechselwirkung zu geraten.«

»Hyperfeld aufgelöst«, meldete Ashley in diesem Moment und Boris begann ohne weitere Erklärung mit seinem Versuch, die Flugrichtung des Schiffes zu verändern.

Zu seiner großen Freude reagierte der Flugkörper dieses Mal auf die Steuerdüsen und änderte seine Flugbahn. Boris bremste das Schiff und steuerte es näher an die fremde Funkstation, die störrisch immer wieder die gleiche Signalfolge sendete.

Als sie sich auf etwa einhundert Meter angenähert hatten, brachte er das Schiff auf eine parallele Flugbahn und passte ihre Geschwindigkeit der kleinen Station an. Boris vergrößerte das Bild des Gebildes auf seinem Monitor und betrachtete es.

»Es scheint keine Schleuse oder etwas in der Art zu geben«, stellte er fest. »Wenn wir uns die Raumboje genauer ansehen wollen, muss einer von uns hinüber. Was meinst du, Hiriko? Lust auf einen kleinen Ausflug?«

Hiriko nickte und löste ihren Gurt, der sie bisher auf ihrem Sitz fixiert hatte. »Bin schon auf dem Weg«, sagte sie, stieß sich ab und schwebte zur Cockpitschleuse.

Boris machte eine weitere Schiffsdurchsage, um seine Mannschaft auf den neusten Stand zu bringen. Dann schloss er die Augen und wartete.

2. Hiriko

Hiriko hatte die Vorkammer der Außenschleuse erreicht und legte routiniert ihren Raumanzug an. Sie spürte ein Kribbeln in ihrem Nacken und in ihrem Bauch. Zeichen ihrer inneren Aufregung wie sie wusste. Von außen betrachtet aber, war sie die Ruhe in Person. Ein letztes Mal überprüfte sie ihren Anzug und meldete dann ihre Bereitschaft, das Schiff zu verlassen.

Als Koschkin grünes Licht gab, stieg sie in die Schleuse und verschloss sie hinter sich. Einige Sekunden lang konnte sie noch das Zischen der Luft durch ihre Außenmikrofone wahrnehmen, bevor das entstehende Vakuum jegliche Schallübertragung unmöglich machte. Nur das Rauschen ihres Blutes hörte sie nun. Und ihren eigenen Herzschlag. Dann öffnete sie die Außentür der Schleuse.

Das waren die Momente, weshalb sie überhaupt die Erde verlassen hatte. Mit einem Raumschiff durch die Weiten des Alls zu gleiten, war etwas gänzlich anderes, als wirklich da draußen zu sein, nur durch dünnen Stoff vor dem tödlichen Vakuum geschützt. Geschickt hakte sie eines der Sicherheitsseile an ihrem Anzug ein, bevor sie sich abstieß und mithilfe ihrer Anzugdüsen auf die Alienkonstruktion zusteuerte.

Gekonnt korrigierte sie ihre Flugrichtung, indem sie ihre Steuerdüsen in kurzen Intervallen zündete. Ihr Atem ging schnell und ihr Herz hämmerte wild, als sie ihre Magnetstiefel aktivierte. Bei einem Raumschiff der Erde bestand die Hülle aus einer Metall-Keramik-Legierung, an der die Stiefel hafteten. Hiriko hielt den Atem an. Ob die Außenhaut des fremden Raumkörpers ähnliche Eigenschaften … Sanft setzte sie auf.

»Gelandet«, presste sie hervor. Dann zwang sie sich, weiter zu atmen. Sie zitterte leicht, als sie probeweise einen Schritt machte. Sie konnte es kaum glauben, aber sie stand wirklich auf einem fremden Raumschiff. »Gut«, meldete sich Kommandant Koschkin aus ihrem Mutterschiff. »Du kannst weitermachen. Das Objekt zeigt keine Aktivität. Such nach einer Einstiegsmöglichkeit und melde dich dann wieder.«

»Verstanden«, erwiderte sie knapp und schaute sich um. Sorgfältig überprüfte sie Stück für Stück die Hülle, auf der sie stand, und hielt nach verräterischen Anzeichen eines Einstiegs Ausschau. Gelegentlich blieb sie stehen, um eine Naht oder Unebenheit in der Oberfläche genauer zu überprüfen. Die Hülle schien aus großen, gegossenen Elementen zu bestehen, die mit Schweißnähten zusammengefügt worden waren. Schließlich bemerkte sie am Rand einer der herausragenden Aufbauten Fugen und funkte die Sirius an.

»Ich glaube, ich habe etwas gefunden«, meldete sie. »Unterhalb der …« sie stockte kurz. Wie sollte sie diese Aufbauten benennen? »Am Fuß der Antennen scheint es eine Art Wartungsluke zu geben«, sagte sie schließlich.

»Verstanden«, antwortete Boris. »Versuch, sie zu öffnen.«

Hiriko tastete die Umrisse der Platte ab, bis sie zwei Vertiefungen fand. Mit vollem Körpereinsatz zerrte sie an dem Hüllenfragment. Der Schweiß brach ihr aus, als sich die Platte gegen ihre Kraftanstrengung zur Wehr setzte. Mit einem Ruck löste sich die widerborstige Platte und gab die darunterliegenden Elemente frei.

Hiriko wurde vom plötzlichen Nachgeben dermaßen überrascht, dass sie ihr Gleichgewicht verlor und das frisch gelöste Hülsensegment in die Unendlichkeit des Alls schleuderte. Ohne ihre Stiefel wäre sie ihm wahrscheinlich gefolgt. So aber setzte nur ihr Hinterteil, durch ihre eigene Massenträgheit angetrieben, auf die Außenhülle auf.

Unzufrieden mit sich selbst richtete sie sich wieder auf und untersuchte die Öffnung, die sie freigelegt hatte. Neben einigen technischen Einbauten erkannte sie drei seltsam geformte Hebel, deren Funktion ihr schleierhaft blieb.

»Ich könnte hier etwas Hilfe gebrauchen«, sagte sie und beschrieb Boris ihre Beobachtungen, so detailliert sie konnte. Aber bevor sie ihren Bericht abgeschlossen hatte, unterbrach der Kommandant sie grob.

»Lass die Luke und komm zurück.« Seine Stimme klang verzerrt in ihrem Helmlautsprecher. Trotzdem bemerkte sie, wie angespannt er auf einmal war.

»Was ist los?«, fragte sie.

»Die Platte, die du eben gelöst hast, ist in Richtung der Anomalie getrieben. Keine zwanzig Meter von deiner Position entfernt, hat irgendetwas sie dermaßen zusammengepresst, dass sie von unseren Sensoren nicht mehr erfasst werden kann.«

Hiriko schaute sich um, konnte aber nichts entdecken. »Meinst du, ich bin hier in Gefahr?«, fragte sie unsicher.

»Keine Ahnung«, kam seine Antwort. »Aber diese Station scheint sich extrem nah an der Anomalie zu befinden. Sven hat in der Zwischenzeit meine Hypothese bestätigt, weswegen ich möglichst bald so viel Raum, wie es nur geht, zwischen uns und diesem Ding bringen möchte.

»Gib mir noch etwas Zeit«, bat sie. »Ich will diese einmalige Gelegenheit nicht verschwenden.«

»Nein. Das dauert zu lange«, antwortete Boris eisern. »Niete eine Öse an das Teil und kopple dein Sicherheitsseil an. Dann kehrst du zu uns zurück. Wir schleppen den Sender einfach mit uns mit, bis wir einen guten Sicherheitsabstand zu der Anomalie haben. Dann können wir sie in aller Ruhe untersuchen.«

»Auch gut«, lenkte sie ein und setzte seinen Plan in die Tat um.

Eine Öse zu nieten und ihr Seil darin zu verankern, war einfach, auch wenn sie sich ein bisschen mulmig fühlte, als sie an dem Seil entlang zum Schiff zurückkehrte. Ganz ohne feste Sicherung war es dann doch zu viel Nervenkitzel, um es zu genießen.

Endlich erreichte sie die Schleuse und atmete erleichtert aus. Erst jetzt wurde ihr klar, dass sie die letzten Meter die Luft angehalten hatte. Wieder huschte ein kleines Lächeln über ihre Gesichtszüge. Sie schloss das äußere Schott und wartete, bis sich die Schleuse mit Atemluft füllte.

Dabei spürte sie die Vibrationen der Triebwerke, die ihre Arbeit aufnahmen. Der Kommandant schien es wirklich eilig zu haben, von hier wegzukommen. Nachdem sie die Schleuse verlassen und begonnen hatte, sich aus ihrem Raumanzug zu schälen, kam eine Durchsage von Boris über das Intercom:

»An alle: In zehn Minuten treffen wir uns in der Messe für eine Lagebesprechung.«

3. Till

Till war der Erste, der in die Messe eintraf. Er schaute sich kurz um, dann stieß er sich kraftvoll ab und schwebte Richtung Bordküche. Er war noch mit der Auswahl einer Ration beschäftigt, als Ashley Bender in den Raum hineinschoss. Die blonde Technikerin bremste ihren Flug abrupt ab, als sie sich an der Tischkante festhielt und so eine Drehung vollführte. Gekonnt griff sie nach einem Stuhl und zog sich darauf herab, bevor sie ihn zur Kenntnis nahm.

»Hi, Till«, grüßte sie ihn. »Bringst du mir Barbecue-Pute mit, wenn du schon mal da bist?«

»Sicher«, erwiderte der Deutsche und griff sich das Gewünschte. Dann schwebte er zu ihr herüber, um sich ebenfalls an einen Stuhl zu schnallen.

»Danke«, sagte Ashley, als er ihr das gewünschte Lebensmittelkonzentrat überreichte und seines zum Aufheizen knickte.

»Weißt du, was genau los ist?«

»Ne, nicht wirklich. Bin genug mit den Maschinen beschäftigt.«

»Probleme?« Till stach den Strohhalm in das nun warme Essenspäckchen.

»Nicht wirklich. Mein liebes Katerchen musste ja unbedingt mit den Steuerdüsen Vollschub geben«, sagte sie und wedelte mit ihrem Trinkrohr herum. »Das hat sie etwas angeschmort, weil sie nur für kurze Zündungen konzipiert sind. Aber alles funktioniert noch.«

Sie hatte ihren Satz gerade beendet, als auch Sven Erikson die Messe erreichte. Der schlanke, hochgeschossene Mann hangelte sich von Haltegriff zu Haltegriff, um sich an der Luke vorsichtig abzustoßen.

»Hallo«, begrüßte er seine Kollegen und zog ein Pad aus seinem Overall. »Ich muss das hier nur noch kurz zu Ende machen«, entschuldigte er sich und wandte seine Aufmerksamkeit dem Gerät zu.

Till und Ashley sahen sich kurz an, dann zuckte zuerst sie, anschließend er die Schultern und sie unterhielten sich weiter, bis Hiriko zu ihnen stieß. Sie kam nicht aus Richtung des Cockpits, bemerkte Till und damit war er nicht alleine.

»Wo kommst du denn her?«, fragte Ashley Bender sie zur Begrüßung.

Die Asiatin lächelte. »Das wird Kommandant Koschkin gleich erzählen.«

»Ach komm schon«, setzte die Amerikanerin gerade zu einem Überredungsversuch an, als Boris eintraf.

»Hallo zusammen«, begrüßte der Russe die Anwesenden knapp und ließ sich zum Tisch treiben. Als auch Sven und Hiriko dort angekommen waren, eröffnete er die Besprechung.

»Der Antriebstest war erfolgreich, so viel zu den guten Nachrichten. Wie es aussieht, werden wir aber einige Tage festsitzen, bis wir den Heimweg antreten können. Wie steht es mit dem Biogel, Doktor?«

Das war keine gute Eröffnung, fand Till, aber er hatte schon damit gerechnet. Das Biogel, welches in sein Aufgabenfeld fiel, war eine wichtige Komponente bei den Berechnungen, die Sven Erikson vor einem Hyperraumsprung anstellen musste.

»Nicht gut. Ich habe immer noch nicht verstanden, warum sich die Synapsenstruktur des Gels aufgelöst hat.«

»Wann ist es wieder einsatzbereit?«, hakte Koschkin nach.

Der Overallstoff spannte sich über seinen imposanten Bizeps, als sich Till an seiner Glatze kratzte. »Die Rekonstruktion nimmt mehr Zeit in Anspruch, als ich dachte. Ich bin mir im Moment nicht einmal sicher, ob ich sie vollständig wiederherstellen kann.«

»Also müssen wir eventuell darauf verzichten«, brummte der Kommandant. »Was macht der Antrieb, Ashley?«

»Obwohl du meine Maschinen misshandelst, Katerchen, laufen sie einwandfrei. Von mir aus können wir direkt wieder starten.«

Koschkin verzog ein wenig sein Gesicht, nickte dann aber, ohne weiter auf die Amerikanerin einzugehen, die ihn amüsiert angrinste.

»Wie weit bist du mit deinen Berechnungen, Sven?«

Sven schaute etwas irritiert von seinem Pad auf. »Ähm, meinen Daten zufolge müssen wir noch mindestens weitere dreitausend astronomische Einheiten zwischen uns und die Anomalie bringen, um bei einem Sprung keine Interferenzen mit ihr zu riskieren.«

»Wissen wir, was diese Anomalie ist?«, erkundigte sich Till interessiert.

»Nein. Das Einzige, was wir mit Sicherheit sagen können, ist, dass sie irgendwie mit unserem Hyperraumantrieb interagiert«, erwiderte Koschkin. »Was ist mit den Sprungberechnungen, Sven?«

»Laufen noch«, entgegnete der rothaarige Norweger. »Ohne die Rechenkapazität des Biogels wird es auch dauern, bis ich so weit bin.«

»Ich werde eine Probe des Gels entnehmen und ein paar Versuche starten«, sagte Till. »Vielleicht finde ich so einen Weg die Rekonstruktion des Synapsennetzwerks zu beschleunigen.«

»Das wäre gut«, erwiderte Kommandant Koschkin. »Ein Rücksprung zur Erde ohne das Biogel wird riskanter werden, als es mir lieb ist.«

»In der Tat«, pflichtete Till ihm bei. »Ich werde mein Möglichstes geben.«

»Danke«, entgegnete Koschkin. »So weit zu unseren Problemen, aber es gibt auch andere Neuigkeiten. Hiriko? Möchtest du?«

Die Japanerin lächelte wieder. »Gern«, sagte sie dann. »Ashley hatte mich eben schon gefragt, wo ich war.«

»Nun mach es nicht so spannend«, beschwerte sich die Blondine prompt. »Sag schon, was los ist.«

»Wir haben einen Kontakt!«

Sven schaute von seinen Berechnungen auf.

»Welcher Art?«, fragte Till.

»Du meinst diese Anomalie?«, erkundigte sich Ashley.

»Wir haben ein unbekanntes Flugobjekt entdeckt. Hiriko und ich glauben, dass es eine Art Raumsonde ist«, erklärte Koschkin und verschränkte zufrieden seine Arme, als er die Reaktion seiner Mannschaft sah.

»Und sie stammt nicht von der Erde«, ergänzte Hiriko lächelnd. »Jedenfalls nach dem ersten Eindruck, den ich gewonnen habe.«

»Echt jetzt?«, Ashley fixierte den Russen mit schmalen Augen. »Und das erfahren wir erst jetzt? Man, du weißt doch, wie sehr ich davon träume, Alientechnologie zu untersuchen.«

»Ja. Aber du kennst die Richtlinien. Erstkontakte sind nicht unsere Aufgabe.«

»Gibt es etwa eine Besatzung?«

»Nein«, erwiderte Koschkin. »Daher ist mein Spielraum hier größer.«

Till sah, dass Ashley etwas sagen wollte, doch der Kommandant hob beschwichtigend die Hände.

»Hiriko hat bereits angemerkt, dass wir die Gelegenheit nutzen sollten, die uns hier in den Schoß gefallen ist. Und das sehe ich ähnlich.«

Die Bordingenieurin entspannte sich sichtlich.

»Wir haben das Objekt bereits in Schlepp genommen. Bei aller Neugier, ich will von der Anomalie weg, damit wir springen können, falls es nötig werden sollte. Erst dann werden wir uns um die Raumsonde kümmern.«

Man konnte deutlich sehen, dass die Amerikanerin darauf brannte, mehr über die fremde Technik zu erfahren, aber sie hielt sich zurück.

»Gut. Doc, du kümmerst dich um das Biogel. Schau, was du machen kannst, um den Vorgang zu beschleunigen.«

Till nickte und der Kommandant fuhr fort:

»Sven macht parallel mit den Berechnungen für den Rücksprung weiter. Wenn das Biogel wieder funktioniert, können die Ergebnisse immer noch überprüft und angepasst werden.« Erikson brummte etwas Unverständliches, während er sein Pad bediente.

»Hiriko und Ashley gehen raus, sobald wir eine sichere Entfernung zur Anomalie erreicht haben, um sich mit unserem Fund zu beschäftigen. Ich überwache alles von der Kommandostation aus. Noch Fragen? Nein? Gut. Dann gehen wir jetzt wieder an die Arbeit.«

4. Sven

Die nächsten beiden Tage vergingen schnell und bedeuteten für Erikson sehr viel Arbeit. Ohne das Biogel musste er viele Prozesse des Schiffscomputers überwachen, die normalerweise automatisch kontrolliert wurden. Zudem tüftelte er an einem mathematischen Algorithmus herum, der die Berechnungsgeschwindigkeit für den Hyperraumsprung erhöhen sollte, falls das Biogensystem nicht mehr zu retten war.

»Sven?«, meldete sich Till Segschneider prompt über Intercom bei ihm und riss ihn aus seinen Überlegungen.

»Ja, ich höre«, antwortete er, nachdem er seine Sprecheinheit aktiviert hatte.

»Kannst du bitte eine Simulation der Kontrollfunktion starten und sie auf das Biogel umschalten?«

»Du bist schon für einen Test bereit?«, entgegnete Erikson überrascht.

»Jain«, erwiderte der Doktor. »Ich möchte testen, ob ich auf dem richtigen Weg bin. Die Werte sehen bei mir ganz ordentlich aus. Irre ich mich aber, wird die Neustrukturierung später viel länger dauern, da die fehlerhaften Synapsen erst wieder abgebaut und reorganisiert werden müssen.«

»Verstehe«, sagte er knapp und gab ein paar Befehle in seine Konsole ein. Ein anderer Bildschirm erwachte zum Leben und spiegelte die Daten auf seinem Hauptmonitor. »Okay, ich bin dann so weit und schalte jetzt das Biogel in die Simulation.«

»Verstanden.«

Zuerst wirkte alles in Ordnung, Simulation und die realen Daten stimmten überein. Doch schnell entstanden feine Unterschiede, die sich summierten und zu fehlerhaften Ergebnissen führten.

»Die Daten werden erfasst, aber nicht korrekt verarbeitet«, meldete Erikson nach ein paar Minuten. »Ich schick dir einen Fehlerbericht mit den entsprechenden Clustern.«

»Danke«, erwiderte Till. »Ich schau sie mir dann an.« Eine Pause entstand, sodass Sven schon glaubte, der Doktor hätte das Gespräch beendet, doch dann meldete sich Till doch noch einmal. »Sind Hiriko und Ashley schon draußen?«

Sven stutzte kurz, dann griff er auf die Daten der Luftschleuse zu. »Sie haben das Schiff vor zwölf Minuten verlassen.«

»Ich beneide sie ja ein bisschen«, sagte Till und seufzte. »Danke für die Info.«

»Klar. Gern.« Sven schauderte ein wenig, als er daran dachte, selbst nach draußen gehen zu müssen.

An Bord der Sirius zu sein, war in Ordnung, doch ein Raumanzug war ihm definitiv zu wenig Schutz zwischen ihm und dem Vakuum. Sven massierte seinen Nacken. Früher hatte er geglaubt, dass man in der Schwerelosigkeit keine Verspannungen bekommen würde. Ein Irrtum, wie er nun wusste. Er seufzte leise und wandte sich wieder seinem Algorithmus zu.

5. Boris

Boris verfluchte immer wieder die Tatsache, dass die Raumanzüge schon lange nicht mehr so unförmig waren, wie in früheren Zeiten. Zwar schwächten sie die Körperform des Trägers immer noch ab, aber in Ashleys Fall waren ihre Rundungen allzu deutlich.

»Das macht sie doch mit voller Absicht«, beschwerte er sich halblaut bei niemandem bestimmten, da die Kommandobrücke gerade leer war.

Er beobachtete widerwillig, wie Hiriko und Ashley eine weitere Verkleidungsplatte aus dem Leib der Sonde lösten. Dabei hatte die Amerikanerin eine Position eingenommen, die den Russen einfach aus der Fassung brachte. Bedingt durch die Position der Bordkameras wurde Boris ein Blickwinkel aufgezwungen, der ihm ganz und gar nicht behagte.

Bei jeder Metallplatte, die von den beiden Frauen gelöst wurde, sah er sich zwangsweise ihrem Hinterteil und einem Teil ihrer rechten Körperhälfte ausgesetzt. Dass die Blondine jedes Mal, bevor sie und Hiriko an der Platte zogen, kurz mit ihrem Hintern wackelte, erhärtete seinen Eindruck nur noch mehr.

Das Außenteam schien nun genügend Platten entfernt zu haben, realisierte Koschkin erleichtert, als Ashley in die Eingeweide der Sonde einstieg und begann, einige Kabel mit den Systemen der Maschine zu verbinden. Hiriko, die in ihrem Raumanzug neben Ashley fast wie ein Kind wirkte, griff sich die Bedienelemente des Anzuges. Sofort meldete sich ihre Stimme aus dem Intercom:

»Ich glaube, es ist uns gerade gelungen, die Computersysteme der Sonde anzuzapfen. Wir versuchen jetzt, auf die dortigen Daten zuzugreifen.«

Der Russe beobachtete, wie die Japanerin gelegentlich weitere Kabel an Ashley reichte, während die hochgewachsene Frau ihrerseits in den Eingeweiden der Alienstation herumwerkelte. Dann geschahen zwei Dinge gleichzeitig. Die erste Veränderung bemerkte Boris fast augenblicklich, als eine Meldung auf einem der Kontrollmonitore aufleuchtete.

Sie meldete die Bereitschaft, eine Verbindung zu einem anderen Computersystem aufnehmen zu können. Boris informierte die beiden, die ihn daraufhin baten, die verfügbaren Daten herunterzuladen. Nachdem er den Datentransfer eingeleitet hatte, versuchte er neugierig, einige der hereinkommenden Programmcodes auszuwerten. Darum bemerkte er erst einige Zeit später und mehr durch Zufall, dass die Signale, die bisher regelmäßig von der Sonde ausgestrahlt worden waren, nun ausblieben.

»Die Sonde sendet nicht mehr«, berichtete er den Frauen erregt. »Ihr habt das Signal anscheinend abgeschaltet.«

»Keine Panik, Katerchen«, beschwichtigte Ashley abwesend. »Was stört es dich?«

»Mich stört, dass jemand oder etwas dieses Signal vermissen könnte«, erwiderte Boris gereizt.

»Unwahrscheinlich«, kommentierte Hiriko ruhig. »Die Signale werden Jahre brauchen, um überhaupt das nächste Sonnensystem zu erreichen. Und ihre Stärke war so schwach, dass es kaum denkbar ist, dort überhaupt noch als Signal identifiziert werden zu können.«

»Genau«, brummte der Kommandant angespannt. »Das macht mir ja Sorgen. Wir wissen immer noch nicht, was die Aufgabe dieser Maschine oder der Sinn des Signals ist. Und wenn es absichtlich nicht so stark ist, aber einen permanenten Empfänger haben sollte …«

»Es kann auch sein, dass der Sonde einfach langsam der Saft ausgeht«, unterbrach Ashley ihn. »Dieses Ding sieht aus, als ob es hier schon eine ganze Weile herumgedümpelt ist.«

»Möglich«, räumte der Russe zögernd ein. »Ebenso möglich, wie meine Befürchtungen. Ich will, dass ihr euch beeilt. Bergt noch ein paar Komponenten, die interessant sein könnten, und dann kehrt ihr um. Ich gebe euch eine halbe Stunde.«

»Verstanden«, erwiderte Hiriko, während Ashley »Wenn’s denn sein muss« nuschelte. Die beiden Astronautinnen teilten sich die Arbeit auf. Ashleys montierte und schweißte Teile der Sonde ab und Hiriko brachte die Komponenten zum Schiff. Die Arbeit verlief zügig und professionell. Koschkin war zufrieden.

Kurz vor Ende seiner Frist schlugen plötzlich die Fernortungssensoren der Sirius7 an und ließen ihn stutzen. Ein Objekt näherte sich der Sirius7. »Sven?«

»Ja, Kommandant?«, kam die prompte Antwort.

»Die Sensoren melden ein Objekt. Kannst du es identifizieren?«

»Moment«, sagte sein Astrogator mit Verwunderung in der Stimme. »Ah. Ja, ich sehe die Daten. Es könnte ein Kometen…« Sven verstummte und atmete keuchend ein.

»Was ist?«, wollte Koschkin wissen. Erikson war erschrocken, aber er konnte nichts an den Daten erkennen, das so eine Reaktion verursachen könnten.

»Das Objekt«, begann Sven stoßweise. »Es … hat seinen Flugvektor geändert.«

Koschkin starrte auf seine Anzeigen. »Das kann ich nicht bestätigen«, erklärte er dann. »Seit Beginn des Alarms ist die Flugbahn konstant.«

»Ja. Das stimmt. Aber es ist auch schon vorher erfasst worden. Erst die Kursänderung des Objekts hat den Alarm ausgelöst.«

»Verstanden«, presste Boris hervor, dessen Puls sich nun ebenfalls erhöhte. Es gab nur eine Art von stellaren Objekten, die spontan ihren Kurs änderten: Raumschiffe.

6. Ashley

»Wir haben den Kern gleich«, schnaufte Ashley in ihr Helmmikro und schwitzte. Hiriko mühte sich auf der anderen Seite der Maschine ab.

»Du bist dir wirklich sicher, dass nichts passieren kann?«, fragte die Japanerin, die vor Anstrengung stoßweise atmete.

»Klar. Keine Sorge. Ich weiß, was ich hier …«

»Kommt zurück an Bord!«, unterbrach eine Funknachricht von Koschkin ihren Satz.

»Hör auf rumzualbern«, erwiderte sie lax und verärgert, weil der Kater das Zeitlimit nicht einhielt und sie unterbrach.

»Das ist kein Scherz, wir kriegen Besuch«, redete Koschkin weiter.

»Was?!«, entfuhr es beiden Frauen fast synchron, während Boris weiterredete:

»Die Sirius hat ein Raumschiff geortet, das mit hoher Geschwindigkeit Kurs auf uns genommen hat.«

»Kann es eins von unseren sein?«

»Von der Erde? Nein, das dürfte wohl mehr als unwahrscheinlich sein. Kommt sofort zurück und löst die Verankerungen an der Sonde. Das war’s hier.«

Hiriko blickte zu ihr herüber. Ashley fluchte und schaute ein letztes Mal auf den halbgelösten Computerblock.

»Wir sollten verduften«, sagte Hiriko. »Du hast gehört, was Boris gesagt hat.«

Ashley funkelte ihre Kollegin kurz an, doch dann gab sie nach. »Na gut, dann muss das reichen, was wir haben.«

»Wir kommen zurück«, meldete Hiriko über Funk. Dabei gab sie ihr ein Zeichen, dass sie voranschweben sollte.

Ashley fluchte und stieß sich ab. Hiriko folgte ihr mit etwas Abstand.

Der Kater meinte es wirklich ernst, erkannte Ashley beim Anblick der Sirius7. Sie kannte dieses Schiff in- und auswendig und sah die Anzeichen. Koschkin fuhr den Antrieb hoch, ohne dass sie im Maschinenraum war.

»Was soll das?«, beschwerte sie sich. »Kannst du nicht einmal warten, bis wir an Bord sind?«

»Keine Sorge«, erwiderte der Kommandant. »Aber sobald ihr an Bord seid, schnallt ihr euch an.«

»Aber ich muss doch in den Maschinenraum«, protestierte sie weiter und zündete die Steuerdüsen ihres Anzugs, um zu beschleunigen.

»Nicht so schnell«, hörte sie Hirikos Stimme in ihrem Helm.

»Das passt schon«, sagte Ashley mit zusammengepressten Zähnen. Sie musste sich darauf konzentrieren, das Schiff zu treffen. Hart prallte sie gegen das Außenschott und griff fiebrig nach dem Haltegriff. Sie musste alle Kraft aufbringen, um sich festzuhalten, doch es gelang ihr. Triumphierend aktivierte sie die Schleuse und schwang sich ins Innere.

»Jetzt komm schon«, rief sie der Japanerin zu, die endlich herabgeschwebt kam.

»Das war gefährlich. Du hättest abprallen oder dich verletzen können.«

»Ja ja«, brummte Ashley und zog ihre zierliche Kameradin hinein.

»Warte, das Halteseil.«

Ashley fluchte, schwang sich noch einmal nach draußen und betätigte den Notfallhebel der Arretierung. Die Halterung wurde daraufhin vom Raumschiff gesprengt, doch Ashley beachtete es nicht. Sie war bereits wieder im Schiff und betrachtete ungeduldig die sich schließende Schleuse.

»An alle: Anschnallen und auf einen Notstart vorbereiten, in Zehn, Neun …«

Ashley fluchte und stieß sich ab. Auch Hiriko hantierte gehetzt und versuchte sich in die richtige Position zum Sichern zu begeben.

»Drei, Zwei, Eins …«

7. Boris

Erleichtert nahm Boris zur Kenntnis, dass die zwei sich zügig auf den Rückweg machten. Er fuhr die Triebwerke hoch und machte eine kurze Durchsage per Intercom, damit sich auch die anderen auf einen Notstart vorbereiten konnten. Schon Sekunden nachdem sich die äußere Schleusentür geschlossen hatte und er sicher war, dass beide Frauen im Inneren des Schiffes waren, gab er den Countdown. Dann zündete er die Aggregate und gab Vollschub.

Schnell ließen sie die Raumsonde hinter sich. Boris beschleunigte weiter, immer das fremde Schiff im Blick. Er fluchte, als er sah, dass das andere Schiff seine Geschwindigkeit ebenfalls erhöhte. Selbst als die Sirius ihre Höchstgeschwindigkeit erreicht hatte, schoben sich die Fremden unaufhaltsam näher heran. Wenn sie dieses Tempo halten konnten, würden die Aliens sie in kurzer Zeit eingeholt haben. Da meldete sich Ashley per Intercom und störte ihn in seiner Konzentration.

»Du hättest ja ruhig noch einen Moment warten können, bis wir gesichert sind, bevor du so einen Start hinlegst!«

»Ich habe euch doch gewarnt.«

»Ja. Aber zehn Sekunden reichen nicht, um sich in den Raumanzügen zu sichern«, beschwerte sie sich. »Hiriko und ich klebten bis eben am Schleusentor. Was zum Geier ist los?«

»Sie verfolgen uns und holen weiter auf. Mach, dass du in den Maschinenraum kommst. Vielleicht müssen wir die Sprungtriebwerke doch früher als geplant einsetzen. Sicherheitsbedenken hin oder her. Hiriko soll, so schnell sie kann, ins Cockpit kommen, Ende.« Dann schaltete er zu Erikson: »Sven, was würde passieren, wenn wir den Hyperantrieb innerhalb der Wechselwirkungszone einsetzen würden?«

»Das ist unklar«, antwortete er prompt. »Nach meinen bisherigen Erkenntnissen werden wir wohl nicht da herauskommen, wo wir hinwollen.«

»Und wenn wir nur hier weg wollen?«, konkretisierte Koschkin.

»Das könnte funktionieren. Aber die Berechnungen der letzten Tage wären mit einem solchen Ortswechsel umsonst gewesen. Selbst bei einem kurzen Sprung von nur wenigen Sekunden würden wir Lichtjahre von hier herauskommen. Und das nur, wenn alles funktioniert. Wie gesagt, es ist ohne genauere Daten über die Anomalie kaum abzuschätzen, wie sich ein Sprung in deren Nähe auswirken wird.«

»Ich habe deine Bedenken zur Kenntnis genommen. Berechne einen Kurzsprung und füttere den Navigationscomputer damit.« Boris schaltete um. »Ashley, bist du schon im Maschinenraum?«

»Ja, bin ich. Und ich sage dir, es ist nicht so einfach, mit ʼnem halben Raumanzug den Antrieb am Laufen zu halten. Dir ist schon klar, dass die Maschinen nicht dafür ausgelegt sind, ihre Höchstgeschwindigkeit so lange zu halten? Länger als ein paar Minuten werden sie das nicht mehr mitmachen. Dann musst du sie um wenigstens fünfzehn Prozent drosseln, um keinen Maschinenschaden zu riskieren.«

»Verstanden«, brummte er. »Wie lange wird es dauern, den Sprungantrieb für einen Kurzsprung einsatzbereit zu machen?«

»Eine bis zwei Minuten«, erwiderte sie.

»Bereite alles vor. Wir werden springen, sobald das Feld stabil ist. So lange muss das Triebwerk noch durchhalten.«

Ashley antwortete nicht, aber er konnte sich gut vorstellen, wie sie nun fluchend durch den Maschinenraum schwebte und alles vorbereitete. In diesem Moment erreichte Hiriko das Cockpit. Auch sie trug noch ihren Raumanzug. Nur den Helm, die Handschuhe und das Aggregat hatte sie abgelegt. Mühsam quetschte sie sich in ihren Sessel und überflog ihre Instrumente.

»Vielleicht sollten wir verlangsamen«, schlug sie vor. »Dann könnte ich versuchen, Funkkontakt aufzunehmen. Bei unserer jetzigen Geschwindigkeit sind wir einfach zu schnell. So merken wir nicht einmal, ob sie versuchen, Kontakt zu uns aufzunehmen.«

»Und wenn sie uns nicht freundlich gesonnen sind?«, erwiderte Boris verbissen. »Wir haben kaum Möglichkeiten, uns gegen sie zu wehren, sollten sie Feuer auf uns eröffnen.«

»Aber entkommen können wir auch nicht. So wie es aussieht, sind sie schneller als wir«, sagte sie sachlich.

»Darum werden wir gleich einen Hypersprung machen, sobald Ashley so weit ist«, knurrte er verbissen. »Alles anschnallen!«, brüllte Boris kurz, bevor Svens Stimme aus dem Intercom ertönte.

»Energieentladung bei dem fremden Schiff, sie scheinen auf uns zu feuern!«, rief er aufgeregt. »Die Typen haben Lasergeschütze oder so etwas.« Genau in diesem Moment ging ein erneuter Ruck durch das Schiff. Man konnte spüren, dass die Maschinen begonnen hatten, das Hyperfeld aufzubauen. Schlagartig änderte es seinen Kurs und begann von Neuem auf die Anomalie zuzurasen. »Daneben!«, rief Sven euphorisch. »Gutes Manöver, Kommandant. Sie haben uns verfehlt.« Boris grinste verzerrt.

»Da hat uns die Anomalie den Hintern gerettet«, presste er hervor. »Was ist mit den Sprungdaten? Beeil dich, der nächste Schuss könnte sitzen.«

»Die Berechnungen sind abgeschlossen«, erklärte Erikson. »Ich gebe gerade die letzten Zahlen ein.« Tatsächlich meldete der Navigationscomputer kurz darauf Sprungbereitschaft, fast zeitgleich mit dem Signal der Maschinen, dass die für den angegebenen Sprung nötige Energie aufgeladen und das Hyperraumfeld voll ausgebildet waren.

»Eine weitere Energieentladung«, meldete Sven. Boris zögerte keine Sekunde länger.

»Sprung!«, bellte er in das Intercom und gab die Steuerbefehle in seine Konsole ein.

Er spürte das seltsame Ziehen in seinem Körper, als würde er stückweise, Schicht für Schicht nach vorne gesaugt. Dann kam das Blackout, so wie er es von dem letzten Flug her kannte. Es war ein bisschen so, als würde man kurz die Augen schließen und dann wieder öffnen, während man scheibchenweise auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt wird.

---ENDE DER LESEPROBE---