Macht der Dryaden - Thorsten Hoß - E-Book
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Macht der Dryaden E-Book

Thorsten Hoß

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Beschreibung

Ein Goblinstamm auf der Flucht und die Schamanin der Astronauten mittendrin. Noch ahnt sie nicht, welche Opfer es erfordert, ihre Sippe in das Land zu bringen, in dem ihre Freunde um Existenz und Freiheit kämpfen. Währenddessen gräbt sich ein Kristallwesen, einstmals ihre Königin, unermüdlich in ein Gebirge hinein. Doch der Berg ist alles andere als unbewohnt und birgt uralte Geheimnisse, die besser verborgen blieben. Und dann wären da noch die neugierigen Augen aus dem Wilden Wald, die beobachten und abwarten, was die Astronauten treiben …

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Inhaltsverzeichnis

Impressum

Widmung

Prolog

1. Faqech

2. Boris

3. Queckech

4. Hiriko

Zwischenspiel

5. Faqech

6. Ronja

7. Faqech

8. Sven

9. Faqech

10. Tilseg

11. Faqech

12. Ronja

13. Faqech

Zwischenspiel

14. Faqech

15. Sven

16. Faqech

17. Boris

18. Sven

19. Ronja

20. Faqech

Zwischenspiel

21. Queckech

22. Sven

23. Faqech

24. Boris

25. Faqech

26. Tilseg

Zwischenspiel

27. Sven

28. Hiriko

29. Ronja

30. Nirilis

31. Hiriko

Zwischenspiel

32. Boris

Zwischenspiel

33. Faquech

34. Sven

35. Tilseg

36. Sven

37. Tilseg

38. Karl

39. Hiriko

Zwischenspiel

40. Boris

41. Sven

42. Ingbold

Zwischenspiel

43. Karl

44. Hiriko

45. Boris

46. Ronja

47. Tilseg

48. Sven

Zwischenspiel

49. Boris

50. Hiriko

51. Ronja

52. Sven

Zwischenspiel

53. Boris

54. Viktoria

55. Faqech

56. Ronja

57. Faqech

58. Hiriko

59. Ingbold

60. Tilseg

61. Sven

62. Boris

63. Faqech

Zwischenspiel

64. Nirilis

65. Junior

Zwischenspiel

66. Hiriko

67. Nirilis

68. Boris

69. Delphi

70. Nirilis

Zwischenspiel

71. Boris

72. Ronja

73. Nirilis

74. Hiriko

Zwischenspiel

75. Boris

76. Tilseg

77. Faqech

78. Ronja

Zwischenspiel

79. Hiriko

80. Tilseg

81. Sven

82. Hiriko

83. Ashley

84. Ronja

85. Ashley

Zwischenspiel

86. Hiriko

87. Ashley

88. Jane

Zwischenspiel

89. Hiriko

90. Viktoria

91. Ashley

92. Ronja

93. Viktoria

Zwischenspiel

94. Ashley

95. Ronja

Zwischenspiel

96. Boris

97. Ashley

98. Sven

99. Viktoria

100. Faqech

Zwischenspiel

101. Viktoria

102. Hiriko

103. Junior

104. Boris

105. Ingbold

106. Ronja

107. Faqech

Zwischenspiel

108. Delphi

109. Ashley

110. Faqech

111. Boris

112. Ronja

113. Faqech

114. Nirilis

115. Karl

116. Boris

117. Ronja

Prolog

Lieber Leser

Bisher erschienene Romane aus Lunaria:

Über den Autor und dieses Buch:

Danksagungen:

Impressum

Macht der Dryaden

(Die Crew der Sirius7, Band 6)

Deutsche Erstausgabe

©2019 Thorsten Hoß

[email protected]

www.Lunariaromane.de

Covergestaltung: Polina Hoß

Lektorat: Polina Hoß, André Reichel

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Postadresse des Rollenspielseminars

Wilhelmstr. 26 41363 Jüchen

Widmung

Für Polina,

die Liebe meines Lebens.

Prolog

In einem großen, annähernd runden Raum, dessen Aggregatszustand man am ehesten als absolutes Chaos definieren konnte, räkelte sich eine hübsche, junge Frau. Wenn man ihr jedoch in die Augen sah, konnte man erahnen, dass es nicht der Geist einer aufblühenden Heranwachsenden war, der in dem jungen Leib wohnte. Desinteressiert lag sie auf einem Divan und betrachtete beiläufig eine Kristallsphäre, die sie lässig mit nur einer Hand vor sich hielt.

„Langweilig“, kommentierte sie das Bild, welches sie durch die Kugel von einem ihrer Diener empfing. Der blasse Teint der Magierin war makellos und eben, entbehrte selbst der kleinsten Unreinheit. Doch nun bildete sich eine Falte auf ihrer Stirn. Viktoria war unzufrieden.

Das Artefakt, welches sie betrachtete, zeigte ein Amazonendorf, so wie es etliche entlang des Waldrands gab. Knapp dreißig Häuser von einer Mauer umschlossen und von Feldern umgeben, die in diesem speziellen Fall schon bessere Tage gesehen hatten, auch wenn viele der im Bild herumwuselnden Gestalten seit Tagen damit beschäftigt waren, sie neu zu bewirtschaften.

Diese Leute waren es, denen ihr eigentliches Interesse galt, seid ihr Diener Fex ihr seinen Bericht erstattet hatte. Doch umso länger sie diese Horde aus Menschen, Orks, Goblins und sogar einigen Tiermenschen beobachtete, desto mehr keimte der Verdacht in ihr, dass der Dämon sie nach Strich und Faden belogen hatte, als er einen Zusammenhang zwischen diesem Pöbel und den magischen Unregelmäßigkeiten vermutete, die sie seit Wochen immer wieder bemerkte.

Ihre Observation dieser Neuzugänge im Spiel der Clans ihrer Nachbarschaft hatte bisher jedenfalls nichts Brauchbares ergeben. Reparaturen, Landarbeit, Alltagskram und ein bisschen Kampftraining - das war im Grunde auch schon alles.

Allerdings war die bunte Mischung aus Völkern schon ungewöhnlich. Und noch mehr erstaunte sie ihre schiere Masse. Offenbar gab es wirklich jede Menge von ihnen. Als sie ihren Dämon zum Spionieren in das Dorf ausschickte, das die Fremden übernommen hatten, waren es nur ein paar Hundert gewesen, die sich dort aufhielten. Doch seitdem hatten sie vier der anderen verlassenen Dörfer der Gegend ebenfalls besetzt, ohne merklich weniger zu werden.

Obwohl in jedem der neuen Siedlungen ebenfalls wenigstens ein bis zwei Hundert von ihnen damit beschäftigt waren, die Felder zu bestellen und die Wehreinrichtungen instand zu setzen, war der Betrieb in ihrem Hauptlager nicht weniger geworden. Im Gegenteil. Er hatte sogar noch zugenommen. Täglich wurden weitere Gruppen Richtung Wald ausgesendet, während ein scheinbar unstillbarer Strom Nachzügler aus einer kleinen unscheinbaren Felsformation hervorquoll.

Diese Felsen hingegen waren ein Indiz dafür, dass Fex vielleicht doch die Wahrheit erzählt hatte, war der Dämon selbst mit der Motivation durch Züchtigung nicht in der Lage gewesen, sich überhaupt dem Felseneingang zu nähern. Dieser Umstand ärgerte Viktoria. Doch zeigte es ihr auch, dass es dort Vertreibungszauber gab, die es selbst mit einem Dämon aufnehmen konnten.

Ihr war zwar klar, dass ihre Diener keine sehr mächtigen Exemplare der Anderswelt waren, doch reichte ihr die Tatsache, dass es dort etwas gegen Dämonen gab, um sie weiter neugierig zu halten. Und dann war da ja auch noch das kristalline Ungetüm, wofür sich diese Astronauten, wie sie sich wohl selbst nannten, sehr zu interessieren schienen.

Die kahlrasierte Magierin wischte beiläufig über den Kristall, wodurch das Bildnis des Dorfes einem milchigen Nebel wich. Gedankenversunken kratzte sie sich am Schädel, knapp unterhalb des Pentagramms, das in ihre Kopfhaut gestochen und mit zahlreichen Runen verziert war. Einem Eingeweihten hätten diese Zeichen viel über die Zauberkundige verraten. Sie murmelte eine Zauberformel und gestikulierte, bevor sie mit den Worten: „Ich sehe durch deine Augen, Nex“, den Kristall erneut berührte.

Der Nebel kräuselte sich augenblicklich und gab den Blick auf einen Berghang preis, in dem ein fast perfekt rundes Loch klaffte. Im Vordergrund waren einige Bäume und ein kleines Lager auszumachen, in dem es vor weiteren Astronauten wimmelte.

Dieser Clan hatte keine eigenen Farben oder Zeichen wie die anderen Amazonenclans. Dennoch war es leicht, den Clan der Astronauten zu identifizieren, so bunt durchmischt, wie dieser Haufen war. Menschen, Orks und Goblins machten gemeinsame Sache.

Viktoria rätselte immer noch, was diese Leute nur von einer kristallinen Monstrosität wollten, die aus einem Zaubererturm entkommen war. Die einzige Verbindung waren die anderen Tiermenschen, die auch aus diesem oder einem zweiten, erst vor Kurzem vernichteten, Turm ihrer hier lebenden Kollegen stammten und zu den Astronauten übergelaufen waren.

Das Bild wackelte leicht, da ihr Dämon gerade irgendwo saß, wo die Vibrationen, die das Kristallwesen verursachte, gleich mit übertragen wurden.

Offenbar schienen die Barbaren sich mit jedem abzugeben. Aber was wollten sie mit dem Kristallmonster, das sich hier unermüdlich in den Felsen grub? Im Moment schienen sie es einfach nur zu beobachten, wie Viktoria es mit ihnen tat. Aber irgendetwas hatten sie vor, da sie einen regelrechten Versorgungskorridor zwischen dem Dorf, das Fex im Auge behielt, und diesem frischen Tunnel einzurichten begannen.

Die Magierin seufzte und wischte wieder über die Kugel, um sie anschließend achtlos auf einen Haufen aus Kleidung und anderen Gegenständen zu werfen. Solcherlei Haufen gab es einige in dem einzelnen großen Raum, der ihr Zuhause war.

„Fex, wo ist …“, meine Silberkette mit dem Schmetterling, wollte sie rufen, als ihr einfiel, dass ihr Diener ja gerade unterwegs war.

Wieder seufzte sie.

„Das hab ich nun davon“, grummelte sie und dachte daran, dass sie noch einen weiteren Diener gebrauchen könnte. Später würde sie sich darum kümmern. Nun musste sie sich fertig machen, denn sie war heute eingeladen. Die anderen Zauberer ihres Bundes waren zwar nicht unbedingt die angenehmste Gesellschaft, doch ohne sie und ihre gelegentlichen Einladungen wäre es im Wilden Wald für eine Frau wie sie wirklich unerträglich langweilig.

1. Faqech

Eine lange Kolonne kleiner Gestalten wanderte durch dichten Nebel. Dazwischen massive Schatten von schwer bepackten Schweinen, doppelt so hoch wie ihre Besitzer. An der Spitze des langen Wurms aus Goblins und ihren Haustieren marschierte eine recht nachdenkliche, junge Schamanin.

Faqech war einmal Teil der großen Gruppe gewesen, die sie nun begleitete. Doch obwohl sie in diesen Goblinstamm hineingeboren wurde, gehörte sie nun einer anderen Gemeinschaft an, dem Clan der Astronauten. Zu ihnen waren ihre Verwandten nun unterwegs, auch wenn Fang, wie sie von ihren Freunden gerne genannt wurde, immer noch nicht richtig durchblickte, was ihr ehemaliger Lehrmeister eigentlich vorhatte.

„Queckech?“ sprach sie den alten Schamanen an. „Warum führst du den Stamm zum Brummenden Baum?“

„Um ihn und die Geister, die in ihm leben, um Hilfe zu bitten“, entgegnete er ohne sich ihr zuzuwenden.

„Für Nichtschamanen ist diese Gegend doch verboten“, hakte sie nach. „Werden die Geister nicht zürnen, wenn wir den ganzen Stamm zu ihnen führen?“

„Ohne ein Ritual, gewiss. Ich werde bald mit den Geistern sprechen und sie um Erlaubnis bitten. Dann werden wir weiter sehen.“

Fang schwieg. War das der Plan? Die Geister würden schon verstehen und helfen? Das war mehr als mager. Geisterwesen waren oft launisch und verbohrt. Und auch wenn Faqech ihre Macht uneingeschränkt akzeptierte, hatte sie Zweifel.

Andererseits war sie doch selbst nicht zuletzt wegen eines Geistes hier. Ihrem Krafttier. Noch nie zuvor hatte sich ihr Seelenbegleiter so klar gezeigt, als in dem Augenblick, in dem es sie dazu aufgefordert hatte, ihrem alten Stamm zu helfen. Der Nebel, der sie und die anderen vor ihren Verfolgern schützte, veränderte sich nicht. Aber Faqech spürte deutlich, dass sie den Rand der Tabuzone erreicht hatten, die um den Brummenden Baum existierte. Ein leichter Schauder lief ihr über den Rücken.

Ihr Lehrer war trotz der Nähe zu ihr im Nebel kaum zu sehen, aber er stoppte nun auch.

„Wir sind da“, sagte er bedächtig. „Wenn wir ohne Schutz weitergehen, wird es für unser Volk ein böses Erwachen geben.“

„Willst du mit jedem hier das Schutzritual durchführen?“

„Nein. Dafür haben wir weder die nötige Zeit, noch besitzen du und ich nur ansatzweise genügend Kraft. Ich werde den Geistern dieses Ortes unsere Situation erklären. Sie sind unserem Stamm im Grunde wohlgesonnen und kennen mich.“

„Und du meinst, das reicht?“

„Ich weiß es nicht, aber ich hoffe und habe Zuversicht. Außerdem sind immer noch einige unserer Ahnen bei uns, was helfen dürfte.“

Faqech war ein wenig entgeistert, als ihr ehemaliger Mentor ihr dies eröffnete, sparte sich aber jeden weiteren Kommentar. Queckech hatte viel mehr Erfahrung als sie. Wenn er zuversichtlich war, würde das schon seinen Grund haben. Also wartete sie wie alle anderen darauf, dass Queckech sein Zwiegespräch mit den Geistern des Ortes vollzogen hatte.

Boris Koschkin, ihr Geliebter und Kraftspender, kam ihr in den Sinn. Was er wohl davon halten würde, wenn sie und ihr Lehrer ihren ganzen Stamm zu den Astronauten brachten? Vermutlich war er aber so oder so böse auf sie. Er hatte nicht gewollt, dass sie ihren alten Lehrer begleitete. Wäre ihr Totem nicht in der Nacht zu ihr gekommen, sie wäre geblieben. Schon ihm zuliebe. Doch die Astronauten waren ebenso daran schuld wie ihr Stamm, dass dieser nun vor den Sklavenjägern floh, die Boris und sie einst in ihrer Arena zum Kämpfen gezwungen hatten.

„Der weg ist frei“, sagte Queckech und beendete diese Abschweifung.

„Die Geister haben so schnell eingelenkt?“ Fang war über diesen Umstand überrascht, zeigten sich Geisterwesen in der Regel nur selten kooperativ oder kompromissbereit. Manchmal dauerten Gespräche dieser Art darum sehr lange. Doch die Geister schienen ihnen wirklich gewogen, denn sie spürte, wie das Unwohlsein in ihren Gedärmen plötzlich nachließ und sie nicht länger den Eindruck hatte, hier nicht sein zu dürfen.

Queckech lächelte milde, als er sich wieder erhob und ihren Gesichtsausdruck bemerkte. Anschließend wandte er sich an die Stammesmitglieder in seiner Nähe.

„Wir befinden uns auf heiligem Boden. Respektiert ihn und lasst ihn in Frieden. Wir dürfen weder jagen noch sammeln, solange wir hier sind. Zehrt von dem, was ihr mit euch tragt, doch vergreift euch nicht an diesem Ort. Sagt es den anderen und sorgt dafür, dass diese Regel befolgt wird. Einen Verstoß werden die Geister nicht verzeihen.“

Als er seinen kleinen Monolog beendete und entschlossen weiterging, begann bereits die Flüsterpost seine Worte quäkend nach hinten zu tragen. Während sie ihm folgte, dünnte auch der Nebel weiter aus. Faqech nahm diesen Umstand mit gemischten Gefühlen zur Kenntnis. Einerseits erleichterte sie die Aussicht, endlich aus der trüben Suppe herauszukommen, die sie seit Tagen umhüllte. Aber wenn der Nebel, den sie und Queckech gerufen hatten, verschwand, würden auch ihre Widersacher davon profitieren. Andererseits hatte sie schon längst damit gerechnet, dass der Nebel vergehen würde, war es doch sehr ungewöhnlich, dass ein Wetterritual so lange anhielt.

Sie hatte eigentlich gedacht, ihr Lehrmeister hätte ihr alles beigebracht, was er wusste. Doch seit er sie von dem Geist der letzten Amazonenkönigin des Klippenläuferclans befreite, der durch ihre eigene Fahrlässigkeit in sie eingefahren war, hatte sich gezeigt, dass der alte Schamane noch einiges mehr in der Hinterhand hatte, als sie ahnte. Allein das Blutritual, was sie durchgeführt hatten, um den Ahnengeistern die Macht zu geben, in das Diesseits einzudringen, damit sie ihren Stamm verteidigten, hatte ihr eine dunkle Seite an ihm gezeigt, die sie zuvor so noch nicht gekannt hatte.

„Wie geht es nun weiter?“, fragte sie schließlich als der Nebel die Heilige Stätte des Brummenden Baums freigab.

„Wir werden von hier aus zu deinen Freunden aufbrechen“, erklärte der Schamane gelassen, „Sobald der Brummende Baum seine Erlaubnis erteilt hat.“

„Ich dachte, du hättest diese bereits?“

„Nein. Die Wachgeister dieses Ortes haben eingesehen, dass der Stamm sich in einer Notlage befindet und unter diesen Umständen das hier geltende Tabu für uns alle nichtig ist.“ Queckech machte eine Pause bevor er ergänzte: „Jedenfalls was unsere Anwesenheit betrifft.“

2. Boris

Kommandant Boris Iwanowitsch Koschkin blockte den wütend geführten Hieb seines Gegners ab, als er aus den Augenwinkeln eine kleine Lichtkugel bemerkte. Sie tauchte urplötzlich über dem Kreis von Zuschauern auf und näherte sich schnell. Sein Gegner war nicht sonderlich kampferfahren, doch nutzte er die Ablenkung des Russen sofort.

Koschkin schnaufte, als er sich im letzten Moment unter dem Schlag wegduckte und den Schwung seines Gegners nutzte, um ihn mit seinem Stab von den Beinen zu holen. In einer weiteren fließenden Bewegung schwang er den Stab herum, um dessen Schaftende nah an der Kehle des Unterlegenen zu stoppen.

„Habt ihr das alle gesehen?“, fragte er dann in die Runde, während Ronja seine Worte ins Westländische übersetzte. „Wenn ihr die Aktionen eures Gegners ausnutzt, besiegt er sich praktisch selbst.“ Damit reichte er seinem Rivalen die Hand, um ihn auf die Beine zu helfen. „Du hast gemerkt, dass ich abgelenkt wurde. Das war gut. Doch wurdest du unvorsichtig und hast deinen Stand vernachlässigt. Darum konnte ich dich niederwerfen und besiegen.“

Der Mann blickte ernst und nickte.

„Gut. Trainiert nun ohne mich weiter“, sagte er und gab einem Ork ein Zeichen, dass er das weitere Training der Männer übernehmen sollte.

Boris näherte sich hingegen in Begleitung von Ronja der Lichtkugel, die sie freundlich anzwitscherte und ihm eine Schriftrolle in die Hände fallen ließ.

„Danke dir, Delphi“, brummte der verschwitzte Russe und entrollte das kleine Schriftstück, das die Fee ihm gebracht hatte.

„Was schreiben sie?“, fragte die rothaarige Kriegerin interessiert.

„Lass mich doch erst einmal lesen“, entgegnete Boris heiser, während er sich bemühte, die zwar klare, doch winzig kleine Schrift seines ehemaligen Bordarztes zu entziffern. „Im Grunde alles wie gehabt. Die Singenden Hufe sind nicht erfreut, dass Tilseg und die anderen noch auf ihrem Gebiet sind. Aber dank den Klosterfrauen von Laylay dulden sie ihre Anwesenheit noch.“

„Das wird nicht ewig so bleiben. Wir haben Glück, dass der Clan der Vier Flüsse zerstritten ist. Sonst wären sie nicht so tolerant.“

„Da hast du vermutlich recht. Doch es ist, wie es ist. Aber selbst wenn sie unbegrenzt geduldet werden, können sie nicht mehr lange warten. Sie haben das gleiche Problem wie wir. Zu viele Mäuler für zu wenig Nahrung.“

„Hier bessert sich die Lage“, warf die Amazone ein.

„Stimmt. Aber anders als wir, können Tilsegs Leute sich nicht frei bewegen.“

„Also sollten wir bald aufbrechen?“

„Ja. Das sollten wir. Aber wir sind eigentlich nicht bereit dafür. Ohne Ashley und Sven hätten wir früheren Konfrontationen mit den Vier Flüssen nicht so leicht standhalten können.“

„Auf die Herrin der Säbelfanten können wir in ihrem jetzigen Zustand nicht zählen“, erwiderte die Kriegerin betreten und nachdenklich. „Aber Sven …“

„Sven kann nichts machen, schreibt wenigstens Tilseg. Und du weißt, dass man sich auf seine Einschätzung verlassen kann. Er wird irgendwie von Ingbold behindert. Nein. Wenn es zum Kampf kommt, wird es kein Zaubertrick wie in Zweibrücken geben. Dieses Mal werden wir wirklich kämpfen müssen. Und dafür sind die Leute noch nicht so weit.“

Anstelle einer Antwort nickte die Kriegerin knapp und fluchte derb. Gemeinsam beobachteten die beiden eine Weile schweigend das Training der anderen Astronauten, bis sie schließlich erneut nickte und dann entgegnete:

„Sie sind nicht bereit. Das stimmt. Wir können aber nicht darauf warten, bis sie es sind. Wenn wir Ashley helfen wollen, brauchen wir Sven und Tilseg hier. Und die Frauen der Vier Flüsse müssen auch endlich in ihre Schranken gewiesen werden. Im Grunde jagen sie sogar auf unserem Territorium, jetzt wo die Küstenjäger sich uns angeschlossen haben.“

„Du hast ja recht“, sagte der Russe und fluchte seinerseits. „Ich werde schreiben, dass wir morgen aufbrechen.“

Koschkin konnte die Freude, die nun in Ronjas Gesicht aufleuchtete, nicht teilen. Würden sie gezwungen sein, gegen ausgebildete Amazonenkriegerinnen anzutreten, würde es ein Blutbad unter den Mitgliedern des Clans der Astronauten geben, den er im Endeffekt verantworten müsste. Das behagte ihm gar nicht. Doch was gab es für Alternativen?

„Sagst du es den Männern? Ich geh' dann schon mal 'ne Antwort schreiben.“

Ronja nickte und machte sich gleich ans Werk, indem sie die Leute mit lautem Gebrüll zusammenrief. Dass Ronja einst die Prinzessin der Wogenden Wipfel war und wusste, wie sie Befehle zu bellen hatte, war hier gut zu beobachten.

Koschkin fluchte ein weiteres Mal, als er wieder an die kommenden Auseinandersetzungen dachte, und machte sich zum nahegelegenen Dorf auf, das ihnen als Stützpunkt diente.

Die Fee folgte ihm leuchtend.

3. Queckech

Queckech fragte sich immer wieder, ob seine Entscheidung wirklich die richtige war. Aber eigentlich hatte er keine Wahl, wollte er sein Volk nicht durch eine lange Jagd sinnlos ausbluten lassen. Faqech hatte recht, wenn sie davon ausging, dass ihre Verfolger nicht einfach so von ihnen ablassen würden. Durch die Ahnengeister wusste der Alte in etwa, wo sich ihre Gegner zurzeit aufhielten. Und das war viel zu nah. Der alte Schamane hoffte, dass die Tabuzone sie noch so lange von ihnen fernhalten konnte, bis er mit dem Brummenden Baum einig geworden war. Der Nebel würde sie nicht weiter schützen. Der Laubbaum selbst war ein Relikt vergangener Zeiten, als hier noch ein anderes Volk lebte. Doch ihre Baumhäuser, über die er noch Legenden kannte, existierten schon lange nicht mehr. Nichts außer diesem Baum war von ihnen geblieben. Selbst ihre Ahnen, die in dem uralten Holzstamm weiterlebten, waren mit der Zeit weitergezogen. Beseelt war der Brummende Baum trotz dessen aber immer noch.

„Das ist er also“, hauchte Faqech neben ihm, die Augen auf den stattlichen Baum dessen Borke mit einer Vielzahl von Gesichtern verziert war. „Sie wirken fast, als hätte man sie nicht geschnitzt, sondern als wären sie aus dem Holz selbst gewachsen.“

„Das sind sie auch“, erklärte er beiläufig und näherte sich der uralten Pflanze weiter. Als ihm Faqech folgen wollte, hinderte er sie mit einer Geste daran. Sie blieb, wo sie war, und hinter ihr sammelten sich immer mehr Goblins. Verängstigt, verwirrt und eingeschüchtert wie sie waren, spürten sie alle doch die Würde, Weisheit und Kraft, die in der Pflanze steckte. Da war sich der Schamane sicher. Doch das, was dem Baum seinen Namen gab, hörte man erst, wenn man ihm so nah war wie er. Ein tiefes unterschwelliges Brummen, das sich für ihn noch verstärkte, als er seine Hand auf die raue Borke legte.

Queckech drehte sich um und betrachtete die vielen Gesichter der Umstehenden ernst. Erst dann sprach er ein weiteres Mal seine Warnung aus, alles Lebendige innerhalb der Tabuzone in Frieden zu lassen. Anschließend setzte er sich an den Fuß des dicken Stammes und machte seinen Oberkörper frei. Dann bedeckte er sein Gesicht mit seiner Maske und berührte das Holz mit seinem Rücken. Nachdem er einige Augenblicke verharrt hatte, schlug er seine Trommel und begann in ihrem Takt zu singen. Als antwortete der Baum, verstärkte sich nun auch sein Brummgeräusch. Bekam Höhen und Tiefen, die vorher nicht zu spüren waren.

„Erkläre dich Queckech, Schamane deines Volkes. Warum hast du sie alle hierher gebracht? Warum wispern die Schutzgeister von Not und Krieg?“

Queckech antwortete mit seinem Lied. Sang von den Astronauten aus der Ferne, den Orks der Messergrassteppe und dem sklavenjagenden Goblinstamm.

„So bist du gekommen, um Abschied zu nehmen?“, fragten die Geister des Baumes. „Uns scheint, du hast besseres zu tun.“

Nun sang der Alte von ihrem langen, gefahrvollen Weg und seinen Tücken durch ihre Verfolger. Dann vom fernen Land der Amazonen, wo die Astronauten wohnten.

„Das erklärt nicht, warum du das Tabu missachtest. Zieh weiter und das schnell. Das ist unser Rat an dich“, brummte es zurück.

Das Lied wurde nun flehender, als der Schamane von seinem Ausweg sang. Vom Wandern durch die Zwischenwelt und Schutz vor ihren Gegnern handelten die Strophen.

„Das, was du da vorschlägst, wurde noch nie versucht“, entgegnete der Baum aufgebracht und schüttelte schaudernd seine Zweige.

Nun sang der Schamane von Zusammenhalt und Gemeinschaftsgeist. Über gemeinsame Wurzeln und Opferbereitschaft.

„Du verlangst viel, Queckech. Bist du bereit, das gleiche zu geben, wie du von uns verlangst?“

Das Lied wurde nun kraftvoll und selbstsicher. Es berichtete von Verantwortung und Mitgefühl, Treue und Demut.

„Und auf der anderen Seite“, fragten die Geister. „Wie sollen sie zurückkehren?“

Queckech sang nun von seiner Schülerin und ihren Leistungen, von ihren Freunden und deren Gemeinschaft, die auch die des Stammes werden sollte.

„Nun gut“, brummte es schließlich. „Dein Stamm war in Teilen auch der unsrige. Wir werden dir helfen. Ohne unser Volk ist unsere Existenz nur noch reiner Selbstzweck. Wir wissen, was das für uns bedeutet, und werden dir deine Bitte erfüllen. Doch wisse, dass dies unser Ende bedeutet, ebenso wie deines.“

Quekechs Gesang brach einen Moment mit der Harmonie des Baums, doch der alte Schamane fasste sich sogleich wieder. Der Ahnenbaum würde Leben nicht ohne Grund fordern.

„Wir hoffen, dass sich dein Stamm des Geschenks als würdig erweisen wird“, brummte der Baum weiter. „Ohne uns wird das Land ein anderes sein.“

Der Gesang des Schamanen wurde traurig, blieb aber kraftvoll und stark. Er sang von Dankbarkeit und Güte, dann beendete er sein Lied und öffnete die Augen. Trotz seiner innerlichen Erschöpfung musste er unverzüglich zum nächsten Teil seines Plans übergehen. „Faqech“, seine Stimme war nur ein Flüstern.

„Ich bin hier“, erwiderte sie seinen Ruf und berührte seine Schulter.

„Die Zeit drängt. Hilf mir das Ritual des Übergangs vorzubereiten.“

„Du willst in die Zwischenwelt gehen?“

„Wir alle werden das. Wir werden das Diesseits verlassen und durch die Zwischenwelt zu den Astronauten reisen.“

„Alle?“ Faqech war sichtlich aus der Fassung. „Wie soll das gehen? Selbst wenn man die Reise alleine antritt, ist der Übergang anstrengend und nicht ungefährlich. Du hast mir selbst gesagt, dass unsere Körper nicht für diesen Ort geschaffen sind.“

Queckech lächelte milde.

„Das habe ich und es ist richtig. Doch sehe ich keine andere Möglichkeit. Der Weg unseres Stammes führt durch die Welt der Geister und der Brummende Baum wird uns helfen, dorthin zu gelangen.“

„Und dann?“

„Wenn wir im Land deiner Freunde sind, suchen wir einen anderen Ort der Kraft, durch den wir zurückkehren können. Aber genug geredet. Wir haben viel zu tun.“

Er spürte, dass sie weitere Fragen stellen wollte, fügte sich dann aber. So begannen sie sein Ritual vorzubereiten. Zunächst brachten sie den Geistern des Waldes dann denen im Baum Opfer dar. Anschließend vollzogen sie die rituellen Tänze, bevor Queckech ein Muster an die Stelle im Boden zeichnete, wo das Portal sich öffnen sollte. Das Grundmuster kannte Faqech gut. Er hatte großen Wert auf solche Dinge bei ihrer Ausbildung gelegt. Er hatte jetzt keine Zeit seine Schülerin in den genauen Unterschied einzuweisen, achtete aber darauf, dass sie begriff, was die Veränderungen bewirken.

„Ich werde das Ritual nun alleine vollenden“, sagte er als sie fertig waren. „Du wirst den Stamm in die Zwischenwelt führen.“ Queckechs Herz durchfuhr ein bitterer Stich. Als er ihren Gesichtsausdruck sah. Er zögerte. Sollte er ihr doch die Wahrheit sagen? Wenn er es täte, würde sie vielleicht bleiben wollen, um ihn zu unterstützen. Er löste seinen Medizinbeutel und reichte ihn ihr. „Ein Pfand“, sagte er knapp und gab ihr auch noch seinen Seelenfänger. „Die Königin, die in dich fuhr, ist immer noch darin. Ich gebe sie dir, denn ihre Heimkehr in das Totenreich liegt in deiner Verantwortung. Und nun, spute dich und sag unseren Leuten, dass es losgeht. Geht, sobald sich das Portal öffnet!“

4. Hiriko

Hiriko Tanaka kämpfte. Sie kämpfte für ihr Heim, ihren Körper und ihr Selbst, doch sie verlor zusehends an Boden. Ausgerechnet hier. Im Inneren ihres Refugiums. In ihrem eigenen, persönlichen, kleinen Reich wurde sie angegriffen.

Die humanoide Schattengestalt einer Frau hielt sie mit festem Griff gepackt und war im Begriff, ihr alles zu nehmen, was sie ausmachte, indem sie sie stückchenweise absorbierte. Die Kreatur war etwas, das es eigentlich gar nicht geben dürfte.

Ein Gestalt gewordenes Computerprogramm. Eine künstliche Intelligenz aus Sven Eriksons Kopf, heraufbeschworen von seinem Freund Lektor Ingbold, dessen Leib nun zwischen ihr und der Schattenfrau zappelte wie eine nervöse Leuchtreklame. Die Dryade stemmte sich mit allem, was sie hatte, gegen den Eindringling. Doch das war offensichtlich nicht genug. Sie spürte, wie das Programm immer mehr ihres Selbst sondierte, dann analysierte und schließlich übernahm.

So etwas Ähnliches hatte sie schon einmal gefühlt, als Tilseg seinen Körper nicht mehr unter Kontrolle hatte und versuchte sie auf ähnliche Weise in sich aufzunehmen. Damals war Lunaria selbst ihr zu Hilfe gekommen. Dieses Mal jedoch ließ ihre göttliche Mutter sie alleine.

Die Göttin, die sie erschaffen hatte, die ihr nach ihrem Tod als Mensch auf diesem Planeten ihren neuen Körper gegeben hatte, blieb stumm. Hörte weder ihr inneres Flehen noch ihr stimmloses Jammern. Ließ sie einfach im Stich.

Hiriko war völlig isoliert. Abgeschnitten von ihrer Göttin, ihren Freunden und auch von ihrem Symbiosepartner. Sie spürte nur sich selbst und die Vorstöße der KI, die sie bedrängte. Trauer und Einsamkeit dominierten ihre Emotionen und schwächten ihren Widerstandswillen zusätzlich.

Warum sollte sie überhaupt noch kämpfen? Wer würde sie schon vermissen? Außerdem hatte sie selbst den wichtigsten Menschen, den sie kannte, umgebracht. Svens Lebenskraft war fort und er zu Staub zerfallen. War es nicht ein Wink des Schicksals, dass sie nun von etwas aus ihm zu Grunde ging? Schließlich war das Programm alles, was von ihm übrig geblieben war.

Während Hiriko aufzugeben begann, kroch die Dunkelheit weiter ihren Leib empor, überzog sie mit blinkendem Computercode.

„Eingriff in laufende Prozesse festgestellt“, schallte es durch das fast leere Nymphenheim, wo Dryade und Computerprogramm ihren ansonsten stillen Kampf austrugen. „Fehler. Daten werden verarbeitet. Vor einem Eingriff in gerade laufende Prozesse wird gewarnt. Dies kann zu unerwünschten Fehlern oder einem vollständigen Systemabsturz führen. Bitte warten Sie. Eingriff in laufende Prozesse festgestellt. Fehler. Daten werden verarbeitet …“

Zwischenspiel

Der Ork war Krieger mit Leib und Seele. Veteran vieler Schlachten und unzähliger Zweikämpfe innerhalb und außerhalb der Arenen seines Stammes. Gerade war er wieder einmal an einem Feldzug beteiligt, der von den Häuptlingen gegen einen Goblinstamm geführt wurde. Er war nicht hier um Rache zu nehmen, wie manch einer seiner Kameraden. Ihm ging es um Kampf und Ehre. Und um Beute natürlich. Insofern war er etwas enttäuscht, dass sie bisher keine Zeit zum Plündern bekommen hatten. Dabei ließen die feigen Erdkrabbler ziemlich viel zurück, als sie Hals über Kopf Reißaus nahmen. Aber gut. Es war ein Feldzug und so leistete er den Befehlen Folge. Sein Trupp hatte sich durch die dicke Suppe von Nebel an die Fährte der Fliehenden geheftet und war ihnen gefolgt, so gut er konnte.

Eigentlich sollten so viele Erdkrabbler und deren Schweine gute Spuren hinterlassen. Aber aufgrund des Nebels waren sie nicht einfach zu verfolgen. Im Grunde musste immer jemand von ihnen mit seiner Nase fast am Boden vorgehen, um die Spur nicht zu verlieren. Und jetzt wurde sogar der Wald unheimlich. Er und seine Kameraden waren nervös. Machten sich alle naselang kampfbereit und waren ausgesprochen angespannt. Das war bestimmt wieder so ein fauler Zauber, wie die Geister, die sie angriffen, als sie die Goblinhöhle schon fast eingenommen hatten.

Anfangs waren die Gespenster wirklich gefährlich und hatten sie sogar zu einem Rückzug gezwungen. Seitdem piesackten die Toten ihren Kriegszug unentwegt. Auch wenn es in der Zwischenzeit seltener zu Geisterattacken kam, blieben sie lästig und waren gelegentlich auch noch tödlich. Aber das hier war wieder etwas anderes. Durch den zurückweichenden Nebel gelang den Geistern kaum einer ihrer Überraschungsangriffe mehr und die Spuren der Flüchtigen waren nun auch gut erkennbar. Doch das mulmige Gefühl blieb.

Wie die anderen steckte er seine Waffe gar nicht mehr weg und hackte immer wieder ins Unterholz, wenn es verdächtig darin raschelte. Mehrmals waren sie schon von Tieren angegriffen worden. Einmal war es ein Bär, dann eine Schar Nagetiere und schließlich sogar eine Armee von Ameisen, die ihnen nach dem Leben trachteten. Vogelschwärme stürzten sich immer wieder auf sie und hackten mit ihren Schnäbeln auf sie ein. Und selbst die lästigen Fluginsekten hatten es auf sie abgesehen.

Hätte es die Befehle nicht gegeben, er wäre augenblicklich umgekehrt und woanders hingegangen. Doch so marschierte er weiter, wie es auch seine Kameraden taten. Von ein paar wildgewordenen Wildtieren ließ sich ein Ork doch nicht erschrecken. Erst recht nicht in so einer großen Gruppe. Also waren sie weiter marschiert und hatten schließlich sogar die Flüchtigen aufgespürt. Sie befanden sich in der Nähe eines gewaltigen Laubbaumes, der durch sein dichtes Blätterdach eine Lichtung um sich herum geschaffen hatte, auf der nur Schattengewächse überleben konnten. Doch irgendetwas stimmte mit dem Baum nicht, denn es regnete verdorrtes Laub von den Ästen. Inmitten des Blattgestöbers hatte sich ihre Beute versammelt. Jedenfalls die wenigen, die noch übrig waren.

Der Kriegsmeister, der sie anführte, reagierte sofort und bellte Angriffsbefehle, die auch prompt von ihm und seinen Kameraden umgesetzt wurden. Neben und hinter ihm stürmten Krieger auf die schnell kleiner werdende Gruppe vor dem großen Baum in dessen Stamm sich ein grauer Riss gebildet hatte, durch den die Erdkrabbler nun zu entkommen versuchten. Er war der vorderste seiner Linie und erreichte daher als erstes das seltsame Portal. Ohne groß nachzudenken, stürmte er hindurch.

5. Faqech

Faqech war entsetzt. Über sich selbst, weil sie es hätte wissen müssen. Über Queckech, weil er es vorausgesehen haben musste und nichts gesagt hatte, und über die Orks, die über ihn und die letzten Nachzügler her fielen wie Bestien.

Ihr Schrei wurde von dem hier ewig heulenden Wind mitgerissen, während vor ihren Augen ihr Lehrer starb. So nah und doch war er eine Welt weit entfernt. Es was ihr unmöglich einzugreifen. Ihr Lehrer hatte ihr verschwiegen, dass das Portal nur in die Zwischenwelt, doch nicht zurück führte.

Sie weinte heiße Tränen, die in der unwirklichen Kälte der Zwischenwelt sofort verdampften, und hielt seinen kleinen Lederbeutel fest umklammert. Sie hätte es wirklich wissen müssen! Sie war blind vor Vertrauen gewesen. Wer gab freiwillig seinen Medizinbeutel ab? Niemand natürlich! Erst recht ein Schamane wie Queckech. Doch anstelle des Misstrauens, das angebracht gewesen wäre, hatte sie sich nur geehrt gefühlt, dass ihr Lehrer ihr sein Wertvollstes zur Aufbewahrung überlassen hatte. Als Pfand …

Dann kam der Ork. Sprang durch das sich auflösende Portal in die Zwischenwelt und griff sie sofort an. Fang duckte sich weg, während ihre Trauer in Wut umschlug. Queckech retten konnte sie nicht mehr. Aber ihn rächen.

Mit einem unartikulierten Schrei sprang sie ihren Gegner an. Vergrub ihre Nägel in seiner Fratze und riss blutige Furchen hinein. Dann traf sie seine Pranke und der Waffenknauf darin. Sie stürzte, rollte sich ab und kam wieder auf die Beine, bereit ihn ein weiteres Mal zu attackieren. Doch da waren andere Goblins schon auf ihn eingestürmt. Einer klammerte an seinem Bein, ein anderer schlug ihn mit einer Keule. Doch auch der Ork blieb nicht untätig und hieb kraftvoll mit Faust und Säbel um sich. Im Grau der Zwischenwelt wirkte die Szene wie eine Albtraumsequenz und ließ Faqech in ihrer Wut verharren. Ihr Lehrer war tot und der Mord an diesem Ork würde das nicht ändern. Der Augenblick der Erkenntnis dauerte keine zwei Wimpernschläge, da wurde der Ork auch schon von weiteren Goblins angesprungen und zu Fall gebracht.

Ein Gedanke nutzte die Gelegenheit und stellte sich kurzerhand und fest entschlossen ihrem Bewusstsein vor. Dummerweise hörte das Bewusstsein der Schamanin seine Gedanken wenigstens an, - wenn sie schon so vorlaut sind und einfach ungefragt vorsprechen, - und befand, dass dieser spezieller durchaus zündend war.

„Wenn Queckechs Stamm ein neues Zuhause bei den Astronauten finden wollte, mussten diese Goblins lernen, was es bedeutete Angehöriger dieses Clans zu sein. Das würden sie bestimmt nicht, wenn du den Ork jetzt tötest.“ Und wenn schon, drängte der Groll in ihr. Nicht sie würde ihn töten.

Der Gedanke deutete nun vehement auf das ringende Gemenge am Boden, wo gerade ein Knochenmesser gezogen wurde. „Sie lernen auch nicht, wenn du seinen Tod durch ihre Hand zulässt“, ergänzte der er daraufhin und erklärte sich für fertig.

Fang knurrte. Unwillig musste sie sich eingestehen, dass es so war. Als das Knochenmesser kurz vor seinem Einsatz war, rang sie sich ein: „Tötet ihn nicht!“, heraus. Faqech wusste nicht, was es war, doch hielten Ork und Goblins inne.

„Warum nicht?“, quäkte der Goblin mit dem Messer. „Er ist der Feind!“

„Sein Leben gehört mir“, sprach sie leise weiter, ihre Keule lose in der Hand haltend. „Lasst ihn los!“

Die Goblins, die ihr zu Hilfe gekommen waren, murrten, doch taten sie, was sie verlangte. Als die Goblins weit genug zurückgewichen waren, trat Fang mit ihrer Keule an den Ork heran. Der Krieger war durch die Kämpfe mit ihren Artgenossen verletzt, doch ihr Mitleid hielt sich in engen Grenzen.

„Du hast einen Fehler gemacht“, sagte sie mit harter Stimme. Sie konnte sehen, dass der Ork mit seinem Tod rechnete. Doch stolz reckte er sein Kinn nach oben.

„Ich folgte dem Kriegshorn meines Häuptlings. Meine Ehre ist unbefleckt“, grunzte er in seiner Sprache.

„Diese Dummheit meine ich nicht“, erwiderte Faqech kühl und streckte ihre Keule in Richtung des zusammenbrechenden Portals. „Dein Kriegszug ist vorüber, Ork. Du kannst nicht mehr zu deinesgleichen zurück.“

Erst jetzt schien der Krieger zu bemerken, dass aus seinen Kameraden Schemen geworden waren. Der eisige Wind zerrte an seinem Mantel, als er sich mühsam erhob und seine Freunde anrief.

„Sie können dich weder sehen noch hören“, erklärte Fang etwas milder, doch nicht ohne Genugtuung, die aufsteigende Angst in dem Gesicht des Orks zu sehen.

Da bemerkte sie einen anderen, viel größeren Schemen, der sich aus dem Dunkel des Waldes auf die anderen zubewegte. „Ein Tatzelwurm“, hauchte sie erschrocken und glotzte den verschwommenen Leib des dreigehörnten fluguntauglichen Drachen einfach nur an. Andere versuchten dem schlangenartigen Körper auszuweichen, wenn er mit seinen zwei Beinen auf sie zugestürmt kam. Wild mit den beiden Stummelflügeln flatternd, riss das Untier am Brummenden Baum einen Krieger nach dem anderen in Fetzen.

„Keine Angst“, rief sie ihren Stammesgenossen zu. „Er kann euch hier nichts tun.“

Wie zur Bestätigung glitt die geisterhafte Gestalt des Monstrums mit aufgerissenem Drachenkopf einfach durch sie hindurch, um sich den nächsten Ork zu schnappen. In kurzer Zeit mähte das Ungetüm den ganzen Trupp nieder, bevor es sich den anderen Orks in der Umgebung zuwandte.

Die Klarheit, mit der man die Toten plötzlich erkennen konnte, überraschte sie nicht weiter. Ein normaler Vorgang des Sterbens war der Übergang der Seele des Toten in die Zwischenwelt. Doch dem Ork begannen die Knie zu schlottern.

„Sie sind tot“, erklärte sie kalt. „Sie werden noch etwas bei ihren Körpern bleiben, bis sie akzeptieren, dass es nun ist, wie es ist. Die meisten werden anschließend ins Reich der Toten gelangen.“

„Bin ich …“, begann der Ork stockend.

„Nein. Du lebst. Noch jedenfalls.“ Fang ließ ihre Keule wieder sinken. „Aber wenn du hier alleine bleibst, bist du schon bald so tot wie sie.“

„Und ihr nicht?“

„Die Welt der Geister ist für jeden Lebenden nicht ohne Gefahr, Aber wir werden in das Diesseits zurückkehren, wenn wir das Land der Astronauten erreicht haben.“ Fang starrte den Ork einen langen Augenblick an. So wie er nun vor ihr stand, verletzt und verunsichert, erinnerte er sie an die anderen Orks des Clans. Ihr nächster Satz kostete sie trotzdem mehr Überwindung, als sie sich eingestehen wollte „Wenn du willens bist, dich den Astronauten anzuschließen, kannst du uns begleiten.“

„Du bietest mir einen Platz an deinem Feuer?“ Der Ork war aufrichtig überrascht. „Warum?“

„Wieso soll er mit?“, mischte sich nun einer der umstehenden Goblins unwirsch ein. „Ich dachte du wolltest ihn töten?“

„Nein“, entgegnete sie, nun mit fester Stimme. „Ich sagte nur, dass sein Leben mir gehört. Ich bin die Schülerin von Queckech! Und eine Schamanin so wie er. Ich habe das Recht dazu!“

„Und was ist mit unserer Rache?“

„Der Tot dieses Orks wird nichts ändern. Es wird dem Stamm keine neue Heimat geben, oder die von uns, die starben, wieder lebendig machen.“

„Das ist wahr“, sagte eine ihr sehr wohl bekannte, wenn auch leicht hohl klingende Stimme und ließ sie zusammenzucken. Dann fuhr sie zum Sprecher herum und stierte ihn an.

„Queckech?“, rief sie ungläubig und stutzte. „Queckech, du bist …“, ein Geisterwesen wollte sie sagen, doch dann merkte sie, wie dumm das eigentlich war. Natürlich war er jetzt ein Geist. Fang spürte Scham in sich aufsteigen. Wer war sie eigentlich? Eine blutige Anfängerin? Sie hätte sich denken können, dass Queckechs Seele nicht einfach so in das Totenreich übergehen würde. Ihr Lehrer schien ihre Gedankengänge lesen zu können, denn auf seinen schemenhaften Zügen bildete sich nun ein Lächeln.

„Hast du gedacht, ich würde dich im Stich lassen und mich im Tode davon stehlen, nachdem ich dir so eine schwere Bürde aufgetragen habe?“

Natürlich nicht, hätte sie gerne gesagt, doch stattdessen nickte sie nur und fragte. „Warum? Warum hast du das getan?“

„Ich bin nicht der Einzige, der ein großes Opfer gebracht hat. Doch es gab einfach keine andere Möglichkeit, unseren Stamm zu retten.“

„Deinen Stamm meinst du wohl. Du weißt, dass sie mich verstoßen haben.“

„Sie hatten dich abgelehnt. Doch was die Ahnen anbelangt, so haben sie ihre Meinung geändert.“

Erst jetzt bemerkte Fang die anderen Geister, die sich mit Queckech um sie versammelt hatten und sie anstarrten.

„Haben sie das? Und was soll das bedeuten?“

„Das heißt“, mischte sich einer der Gespenster mit hohler Stimme ein, „dass wir dich fortan als Schamanin unseres Stammes unterstützen werden.“

Fang dachte einen Augenblick lang über die Worte des Ahnen nach, dann schüttelte sie den Kopf.

„Nein“, entgegnete sie hart und löste bei den Geisterwesen, die sie umringten, ebenso Erstaunen aus wie bei ihrem alten Lehrer.

Auch die vielen Goblins, die sich in gebührendem Abstand um die völlig von Geisterwesen umringte Schamanin eingefunden hatten, konnten es offenbar kaum glauben. Ob es nur die Tatsache war, die Geister leibhaftig zu sehen oder wie die Schamanin mit ihnen redete, vermochte Fang nicht zu sagen. Und es war ihr in diesem Moment auch herzlich egal.

Queckech war der erste der Gespenster, der sich zu fangen schien.

„Du willst die Hilfe der Ahnen nicht? Auch nicht die meine?“

„Das habe ich nicht gesagt“, entgegnete sie sanfter. „Doch wenn ihr nur den Stamm unterstützen wollt, verzichte ich auf eure Hilfe. Ich bin Faqech. Schamanin vom Clan der Astronauten. Euer Stamm hat mich ausgeschlossen, in die Sklaverei verkauft und mir anschließend die Nachfolge als eure Schamanin verwehrt. So ist es geschehen und so wird es bleiben.“

Das nach ihren Worten einsetzende Geraune unter den Zuschauern war fast ebenso gespenstisch wie die Geistergestalten, die Fang weiter, nun mit ernsten Mienen, umringten.

„Aber es ist Sitte bei den Astronauten diejenigen aufzunehmen, die den Wunsch verspüren und die bereit sind, sich an die Regeln des Clans zu halten. Sie unterscheiden nicht nach Herkunft, Rasse oder Art.“

Still war es nun um sie, als sie im Heulen des ewigen Windes weitersprach.

„Wenn ihr euch den Astronauten anschließen wollt, dann soll es so sein, doch dann seid ihr nicht mehr länger nur die Ahnengeister dieses Stammes, denn den Stamm wird es dann nicht mehr geben! Ihr werdet die Ahnen der Astronauten sein und ihnen gebührt euer Schutz. Egal woher sie stammen.“

Queckech lächelte nun, während die anderen Geister nicht so recht zu wissen schienen, was sie nun sagen sollten.

„Ich werde die Astronauten unterstützen und ihnen ein guter Ahne sein“, erklärte ihr toter Lehrmeister feierlich.

Fang war gerade dabei sein Lächeln zu erwidern, als auch die anderen Geisterwesen die Worte des Schamanen wiederholten. Fang lächelte nun breiter, innerlich frohlockend. Sie hatte sich gegen die Ahnengeister durchgesetzt, wie es sich für eine Schamanin gehörte. Und sie außerdem auf die Astronauten eingeschworen. Ein guter Anfang, wie sie meinte.

Dass die Goblins um sie herum sie nun mit anderen Augen sahen, war schon an ihren Blicken zu erkennen. Offenbar war Queckechs Autorität nun auch die ihre. Fang hoffte, dass sie dieses Vertrauen nicht enttäuschte.

6. Ronja

Ronja ritt auf ihrem Säbelfanten Rufus, während das restliche Rudel in einem losen Verbund in ihrer Nähe trabte. Sie wäre gerne voraus geritten, doch brauchte Boris ihre Hilfe, damit die Leute seine Befehle verstanden. Ronja war die einzige in der improvisierten Armee der Astronauten, die dank eines verpatzten Zauberspruchs Commen wie ihre Muttersprache beherrschte. Nur deswegen war sie jetzt bei ihm, anstelle bei ihrer Königin. Zuerst musste noch dem Clan der Vier Flüsse eine Lektion erteilten. Und wenn sie dann auch Sven, Tilseg und die anderen wiedergefunden hatten, konnten sie sich endlich daran machen, Ashley zu helfen.

Berichte vom Fuß des Gebirges inmitten des Wilden Waldes, wo sich Ashley in Form eines Riesenkristalls gerade in das Gestein fräste, deuteten darauf hin, dass sie bereits einen regelrechten Tunnel erschaffen hatte, der hinter ihr halb mit dem pulverisierten Gestein aufgefüllt wurde.

Wenn der Königin der Astronauten nicht bald geholfen wurde, bestand die Gefahr, dass sie in den Tiefen des Gesteins verloren ging. Das wollte Ronja um jeden Preis verhindern. Aber dafür brauchte sie Leute wie Sven, die etwas von der Zauberkunst verstanden.

„Wir sollten schneller reiten, Katerchen“, forderte sie schließlich von Koschkin, der aufgrund des Kosenamens sein Gesicht verzog. Dass sie Ashleys liebsten Spitznamen für ihn übernommen hatte und gelegentlich benutzte, bescherte ihm sichtlichen Verdruss. Was sie wiederum freute, auch wenn sie nicht genau sagen konnte, woher ihr innerer Drang kam, den Kommandanten immer wieder zu ärgern.

„Ich möchte nicht, dass die Tiere oder unsere Leute erschöpft sind, wenn wir auf Frauen der Vier Flüsse treffen. So brauchen wir vielleicht ein oder zwei Tage länger, sind aber vorbereitet, wenn es zu einer Konfrontation kommt, und stehen nicht mit heraushängenden Zungen dar, weil wir uns auf der Reise schon ausgelaugt haben.“

„Aber Ashley läuft die Zeit weg“, protestierte sie. „Und wie der Stoßtrupp heute Morgen gezeigt hat, haben die Vier Flüsse mittlerweile Angst vor uns.“

„Diese Gruppe war klein. Darum hat sie eine Konfrontation mit uns vermieden. Wenn sie sich wirklich vor uns fürchteten, würden sie sich fern halten.“

„Vielleicht wissen sie noch nicht, dass wir die Gebietsansprüche der Küstenjäger übernommen haben.“

„Dass wir hier sind, wissen sie ohne Zweifel.“

Sie hasste es zwar, aber der Kater hatte recht. So fügte sie sich und ließ ihren Säbelfanten neben seinem Reitschwein her trotten.

„Egal“, setzte die Säbelfantenreiterin ihre Unterhaltung schließlich fort. „Ihre Feigheit ist gut für unsere Moral. Was heißt Reitschwein?“ fragte Ronja unvermittelt.

Boris stöhnte.

„Muss das jetzt sein?“

„Klar doch“, entgegnete sie mit einem Grinsen. „Glaubst du, ich will ewig an dir kleben und für dich übersetzen?“

„Nein, schon gut, schon gut.“ Er seufzte, dachte kurz nach und versuchte dann sein Glück. „Streitschweiß?“, sagte er mit schwerem Akzent und brachte die Amazone damit zum Lachen.

„Fast“, kicherte sie. „Hör zu, ich werde es dir noch einmal sagen.“

7. Faqech

Zeit und Entfernung waren in der Zwischenwelt Dinge, die sich anders verhielten als im Diesseits. Das wusste Fang schon lange. Während einer Seelenwanderung oder einer Traumreise spürte man es kaum. Wie stark diese Unterschiede jedoch wirklich waren, erschloss sich ihr aber erst jetzt, wo sie wahrhaftig hier weilte.

Je nachdem welchen Weg man wählte, war die Entfernung eine andere, auch wenn man die gleiche Strecke zurücklegte. Das führte am Anfang ihrer Reise zu ungewollten Phänomenen. Leute die einige Meter entfernt gerade noch auf gleicher Höhe gegangen waren, befanden sich einige Schritte später schon Meilen voraus oder waren etliche hundert Meter zurückgefallen. Das sorgte nicht nur für gehörige Aufregung unter den Stammesmitgliedern, sondern zerriss den Tross schnell in viele kleine Grüppchen, die sich zu verirren drohten.

Ohne die Hilfe von Queckech und der anderen Ahnen wäre der Stamm verloren gewesen. Doch die Geister führten die Gruppen wieder zusammen und zeigten ihnen den sichersten Weg durch die unwirklichen Weiten der Zwischenwelt. Fortan bewegte sich der Stamm wie ein Wurm durch die graue, kalte Landschaft. Ein Getier aus Tausend Leibern, die dicht gedrängt im Gänsemarsch über das Land wanderten.

Doch waren diese Unwägbarkeiten von Raum und Zeit nur eine der Gefahren. Andere lauerten in den Pflanzen, die hier wuchsen. Fade Gewächse, die an Moos und Farne erinnerten, krochen über den Boden, auf der Suche nach Nahrung. Und der Stamm war ein Festmahl für sie. Dabei war es nicht so, dass die Pflanzen sie selbst fressen wollten, nein. Es waren die Gefühle der Goblins, auf die es die Flora abgesehen hatte. Queckech warnte sie eindringlich vor dem, was passieren würde, wenn jemand der Wirkung dieser Pflanzen zu lange ausgesetzt war.

„Viele von unserem Stamm haben Angst“, sagte der alte Schamane. Das spiegelt sich in den Pflanzen, die uns verfolgen. Sie werden die Angst fressen, bis nichts mehr von ihr übrig ist.“

„Dann ist ihre Wirkung doch zu unserem Vorteil?“

„Zu Anfang wird es so scheinen. Doch ein Wesen ganz ohne Angst wird unvorsichtig. Außerdem ist das nur der Anfang. Andere Pflanzen werden kommen, die andere Gefühle fressen. So lange bis nichts mehr bleibt.“

Faqech dachte über die Worte ihres Lehrers nach.

„Was geschieht, wenn alle Gefühle aufgesaugt sind?“

„Dann erlischt der Lebenswille“, erklärte der Geist mit hohler Stimme.

„Dann müssen wir dafür sorgen, dass dies nicht geschieht. Nur wie?“

„Verhindern können wir es nicht. Doch verlangsamen. Sorg dafür, dass die, die innen gehen sich regelmäßigt mit denen am Rand abwechseln. Das sollte helfen.“

Und das tat es wirklich. Der folgende Tag der Wanderung war eintönig und lang. Aber als sich der Stamm endlich zur Rast zusammendrängte, umringten die Pflanzen sie schnell wie eine Belagerungsarmee. Als Fang sah, dass sich die Wirkung der Zwichenweltgewächse dabei noch zu verstärken schien, suchte sie erneut den Rat ihres Lehrers.

„Wir müssen gegen diese Pflanzen etwas unternehmen! Wenn wir sie gewähren lassen, saugen sie uns aus bevor wir das Land der Astronauten erreichen.“

„Ja“, pflichtete ihr der Schamanengeist zu. „Du könntest ein Ritual wirken, das unsere Gruppe schützt. Doch wird das nicht lange reichen und du brauchst deine Kraft für den Übergang an unserem Ziel.“

Fang grübelte. Sie hatte gehofft, dass Queckech ihr weiterhelfen würde. Aber er hatte recht. Sie musste mit ihrer Kraft haushalten. Eine Schutzzone um den ganzen Stamm zu legen, war keine ernstzunehmende Lösung. Selbst wenn sie er täte, wäre sie nach zwei oder drei Ruhepausen so ausgelaugt, dass sie völlig nutzlos wäre. Ratlos schaute sie sich um. Betrachtete die Goblins und ihre Tiere, wie sie eng beieinander kauerten. Sie sah Angst, Kummer und Müdigkeit in den Gesichter, aber auch Trotz und Entschlossenheit.

„Du sagst, die Pflanzen fressen unsere Gefühle?“

„Ja.“

„Vielleicht gelingt es uns ja, genau das zu nutzen.“ In Fangs Kopf formte sich eine Idee.

Die Züge des alten Schamanen blieben ausdruckslos. Trotzdem schein sein Interesse geweckt, denn er fragte nach, was sie überlegte. Fang erklärte es ihm und schon bald danach zogen Geister umher, die ihren Plan umsetzten sollten.

Die Goblins sangen. Lieder, die jeder von ihnen kannte. Folkloren ihres Stammes, die von Helden und großen Taten erzählten.

„Es funktioniert“, freute sich Faqech, als sie sah wie erst einzelne, dann immer mehr der Pflanzen ihr Interesse verloren und sich zusehends zerstreuten. Da bemerkte sie den Ork. Zusammengekauert zwischen einem Pulk der Gefühlsfresser saß er alleine, ein Stück abseits der Goblins. Einen Moment lang fühlte sie Genugtuung, doch dann obsiegte ihr Mitgefühl. Sie löste sich von den anderen und ging zu ihm hinüber. Quekerech begleitete sie.

„Du hast dich also entschlossen, uns zu begleiten?“, fragte sie ihn. Eine Spur Kälte in ihrer Stimme konnte sie nicht vermeiden.

Der Ork schaute nach einer gefühlten Ewigkeit zu ihr auf. Seine Augen wirkten gebrochen, als er sie anstarrte und schwach nickte.

Fang streckte ihm eine Hand entgegen. „Komm. Unsere Gemeinschaft gibt dir Schutz.“

Fast unerträglich langsam griff er zu. Sie zog ihn mehr auf die Füße, als dass er sich aus eigener Kraft erhob. Was bei ihrem Größenunterschied gar nicht so einfach war. Dann drehte sie sich zu den Goblins um. Von den mehr als zwei Tausend Stammesangehörigen beobachteten sie einige Hundert genau. Viele von ihnen hatten mit dem Gesang aufgehört und so verstummte das Lied des Stammes schließlich ganz. Als es still war, rief sie mit kraftvoller Stimme:

„Wenn wir im Land der Astronauten ankommen, werden wir ein Teil des Clans werden. Ich bin die Schamanin der Astronauten und auch die Ahnengeister haben sich ihnen verpflichtet. Dort werden wir mit Goblins aus anderen Stämmen zusammenleben, aber auch mit Menschen und Orks. Die Astronauten vereinen sie alle, selbst wenn sie vorher Feinde waren, so wie ihr und dieser Ork. Als Astronauten arbeiten sie alle zusammen und schützen sich gegenseitig. Egal wer sie sind oder woher sie stammen.“

Hier machte sie eine Pause, um ihren Blick durch die Menge schweifen zu lassen.

„Und genau das erwarte ich auch von jedem von euch“, setzte sie ihre Rede schließlich fort. „Dieser Ork ist nun einer von uns, ein Astronaut wie ihr! Nehmt ihn zwischen euch auf, helft ihm und beschützt ihn wie euresgleichen.“

Die Menge war ungewohnt still. Doch dann lösten sich mehrere Goblins aus der Masse. Sie nahmen sich den Orks an und führten ihn zu den anderen. Fang folgte zufrieden. Dann begann sie ein Lied zu singen, in dem es um den Zusammenhalt einer Gemeinschaft ging. Viele Stimmen des Stammes stimmten ein und ließen ihr einen wohligen Schauer durch den Körper fahren.

Das erste Mal, seit Queckech ihr von den Problemen des Stammes berichtet hatte, fühlte es sich so an, als könnte sich alles doch noch zum Guten wenden.

8. Sven

Am Ufer des Grenzflusses zwischen den Territorien der Singenden Hufe und der Küstenjäger lagerte eine große Gruppe, die hauptsächlich aus Menschen bestand. Einer davon war Sven Erikson, der, anders als die meisten um ihn herum, gar nichts tat und einfach abhing. Etwas anderes konnte der hochgeschossene Norweger gerade eh nicht tun, so sehr er es auch wollte.

Was nützte einem die Kunst der Zauberei eigentlich, wenn man sie nicht einsetzen konnte? Diese Frage stellte sich Erikson immer wieder, seit er in Lektor Ingbolds Brustkorb steckte. Brustkorb war hier eigentlich zu viel gesagt. Astwerk wäre wohl in diesem Fall die treffendere Bezeichnung. Ingbold hatte ihn ursprünglich nur umschlungen, um seine Arme einsetzen zu können, ohne ihn dazu absetzen zu müssen. Doch war sein Freund nicht in der Lage, ihn wieder frei zu geben. Tilseg hatte die Hypothese aufgestellt, dass der immer noch tobende Kampf im Inneren der Dryadepflanze, die Ingbold beseelte, der ausschlaggebende Faktor war, wieso Sven weiter fest steckte.

Erst wenn der Kampf zwischen Hiriko Tanaka und der KI aus seinem Kopf entschieden war, würde sich etwas an seiner Situation ändern lassen. Soweit jedenfalls Tilseg. Nun waren es bereits fast drei Wochen vergangen, doch an seiner misslichen Lage hatte sich bisher nichts geändert. Nach wie vor wurde er von Ingbold durch die Gegend getragen.

Sie mussten ein wirklich abenteuerliches Bild abgeben, um es vorsichtig zu formulieren. Ingbold, eigentlich ein in ein Schmuckstück gebundenes Seelenfragment seiner Selbst, war immer noch tief beschämt, dass er die Veränderungen seiner Gestalt, die Sven festhielt, nicht rückgängig machen konnte.

Sie hatten schon alles ausprobiert, was ihnen eingefallen war, doch stand am Ende jedes Versuches ihr Scheitern parat und winkte fröhlich, bis sie es endlich einsahen. Der Lektor hatte x-Mal versucht, seine Form erneut zu verändern, um ihn frei zu geben, doch irgendetwas in ihm blockierte diese Fähigkeit, die er offenbar davor besessen hatte, auch wenn er sie nicht bewusst steuerte. Anstelle eines Weinstockstrunks mit Wurzeln in der Erde und rankenartiger belaubter Äste, besaß er nun zwei kräftige Wurzelbeine, deren ‚Zehen‘ er bei jeder Gelegenheit in die Erde versenkte. Dann hatte er noch seine beiden Rankenarme, mit denen er mühelos selbst Oger Junior, den Ziehsohn von Hiriko, anheben konnte.

Sven musste sich eingestehen, dass er fürs Erste Gefangener des Pflanzenwesens bleiben würde. Die Ironie des Schicksals war die Tatsache, dass Ingbold ihm sogar einen Zauberspruch beigebracht hatte, mit dem man sich zu teleportieren vermochte.

Leider waren zwei Faktoren dafür verantwortlich, dass er genau diesen Spruch nicht einsetzen konnte. Das offensichtlichere Problem war seine eingeschränkte Bewegungsfreiheit. Es gelang ihm einfach nicht die dafür nötigen Gesten auszuführen, weil ihn sein Rankenpanzer daran hinderte.

„Erzähl mir noch einmal, wie ich Zaubersprüche wirke, ohne die Gesten zu benutzen“, bat er Ingbold schließlich.

„Wie ich schon sagte, liegt der Schlüssel in der Vorstellungskraft selbst“, dozierte der Baum knarzend. „Du musst dir jede Geste, jede Bewegung, die zum erschaffen der Zaubermatrix benötigt wird, exakt in den Sinn rufen und dabei die genaue Reihenfolge einhalten.“

Sven seufzte schicksalsergeben. Das hatte er schon mehr als einmal versucht. Aber es war unendlich schwer sich die Bewegungsabläufe vorzustellen, während man gleichzeitig die Worte sprach und sich auf den Zauber konzentrierte.

Aber selbst wenn es ihm gelingen sollte, den Zauber ohne Gesten auszuführen, blieb immer noch das zweite Problem, dass durch das erste eher theoretisch und von magietechnischer Art war. Genauer lag es an der Natur der für die Teleportation benötigten Zauberformel. Sie teleportierte nicht nur den Zaubernden, der dies wünschte, sondern gleich jedes Lebewesen, das er bei der Zauberaktivierung berührte.

Ingbold und er hatten auch darüber etliche Stunden diskutiert, doch war sich der Lektor ziemlich sicher, dass auch er mit Sven zum gewünschten Ort verschoben werden würde, einschließlich allen Ungeziefers, was auf und in ihm vorhanden sein sollte. Während Letzteres in dem von ihnen vermuteten Energieaufwand zu vernachlässigen war, würde Ingbolds Anwesenheit die Manamenge, die er aufbringen musste, vermutlich wenigstens verdoppeln. Unter dem Strich, wäre er dann ausgelaugt, aber sonst alles wie gehabt.

„Wenn ich mir eh alles so genau vorstellen muss, kann ich doch auch gleich improvisieren“, motzte er still vor sich her.

„Ich dachte, du wärst weiser geworden, mein Freund. Haben dir die Gelegenheiten, in denen du improvisiertest, nicht gereicht?“

„Ja-ja, schon gut. Ich weiß, wie gefährlich es ist, ohne Zauberformel, Magie anzuwenden.“ Sven stöhnte frustriert und ließ sich noch ein wenig mehr in die Ranken hängen. „Ach, Ingbold. Ich fühle mich so nutzlos.“

„Ich verstehe dich sehr gut, mein Freund“, knarzte der Baum mitfühlend. „Ich wünschte, wir könnten Hiriko helfen.“

„Ja. Spürst du sie eigentlich?“

„Nicht direkt“, Ingbold raschelte mit seinen Blättern. „Doch meine ich, einen kalten Kern in meinem Innersten zu spüren.“

„Du meinst, das ist Hiriko?“

„Nein. Ich denke, es ist der Zauber, den du eine KI nennst. Aber ich spüre, dass mich etwas vor dieser Kälte schützt. Ich bin nicht sicher, doch ich glaube, das ist sie.“

„Hiriko …“, flüsterte Sven.

9. Faqech

Wie lange waren sie nun schon unterwegs? Fang hätte es nicht genau zu sagen vermocht. Sie rasteten zum fünfzehnten Mal für mehrere Stunden, doch waren das nur gefühlte Orientierungspunkte, als dass sie etwas mit der tatsächlich verstrichenen Zeit zu tun hätte. Nichts gab Orientierung. Das Zwielicht und der Wind waren eintönig gleich. Immerzu ohne Veränderung. Der Wind kam von vorn und das Licht war eine endlose Dämmerung. Ja selbst die Sonne und die Monde Lunarias waren hier nicht zu unterscheiden. Wandernde Geistererscheinungen von Himmelskörpern, die unstet über das Firmament glitten. Doch auch sie taugten nicht als Anhaltspunkt für verstrichene Zeit, so chaotisch, wie sie sich gaben. Während sich mal der eine, dann der andere kaum von der Stelle rührte, jagten sie im nächsten Moment regelrecht entlang ihrer Bahnen.

Aus ihren Erfahrungen mit Traumreisen und der Seelenwanderung, wusste sie, dass sie stundenlang durch die Zwischenwelt reisen konnte, während für ihren Körper nur Minuten vergingen. Doch wie es sich verhielt, wenn Körper und Geist in der Zwischenwelt weilten, wusste sie nicht aus eigener Erfahrung. Queckech hatte ihr erklärt, dass es sich ähnlich verhielte, was die Zeitunterschiede betraf, doch würde ihr Körper entsprechend ihrer Verweildauer älter werden, auch wenn die Zeit im Diesseits deutlich langsamer voranschritt. Noch ein Grund, den Stamm zur Eile zu treiben, wollte sie Koschkin nicht erst als Greisin wiedersehen.

Nur ihre Müdigkeit deutete an, wie lang die Reise schon anhielt. Wirklich erholend war der Schlaf in der Zwischenwelt nicht und Träume lockten zudem andere Kreaturen an, die nur hier existierten. Die wie Schatten von Goblins wirkenden Wesen konnten einem normalen Schläfer nichts anhaben, außer ihm schlechte Träume zu bringen. Hier jedoch wurde das, was der Träumer erlebte, wahr. Es war nicht so, dass plötzlich die Traumgestallten der Schlafenden in der Zwischenwelt herumgeisterten. Vielmehr spürten sie ihre Träume am eigenen Leibe. Mehrere Dutzend Goblins starben, weil ihre Albträume ihre Körper aufschlitzten, sie im Schlaf zu Tode stürzten oder anderweitige schwere Verletzungen erlitten.

Diesen Kreaturen war mit Gesang, der die Leute auf andere Gedanken brachte und so ihre Stimmung änderte, nicht beizukommen. Die Lösung des Problems war jedoch so simpel wie gewalttätig. Und eröffnete sich eher zufällig. Fang wollte gerade einen Schlafenden wecken und hatte ihre Keule achtlos zu Boden geworfen. Die Waffe traf eines der Schattenwesen, das beim Aufschlagen der Waffe zusammenzuckte und von dem Schlafenden abließ. Geistesgegenwärtig hatte sie die Keule wieder aufgehoben und begonnen auf dem Boden einzuprügelen. Die Kreatur zuckte und wand sich ein paar Schläge lang, dann trat sie eilig die Flucht an.

Da sich schnell herausstellte, dass dies mit jedem beliebigen Gegenstand möglich war, hieb schon bald der ganze Goblinstamm auf den Boden ein und verscheuchte so ein weiteres Dutzend der Schattenwesen. Einzelne versuchten es bei der nächsten Rast wieder, doch da die Goblins nun wussten, worauf es ankam, wurden sie schnell in die Flucht geschlagen, sobald jemand die Anzeichen eines Albtraums zeigte.

Zeit verging. Und Fang verlor jeglichen Bezug dazu. Sie wanderten wochenlang über eine kleine Waldlichtung, nur um den Wald selbst nur wenige Schritte später wieder zu verlassen. Queckech führte sich jedoch sicher durch die Irrpfade der Zwischenwelt, bis sie schließlich zu einem mächtigen Gebirgszug gelangten.

„Von nun an muss du uns führen“, erklärte der tote Schamane ihr ohne eine ersichtliche Gefühlsregung. „Wenn ich mich nicht irre, liegt das Gebiet der Amazonenclans jenseits dieser Berge.“

„Wieso nehmen wir nicht den Weg, den wir benutzt haben, als du mich zum Stamm geholt hast? Der Schattenpfad muss doch irgendwo hier sein?“

„Nein. Das geht nicht“, erklärte ihr Lehrer geduldig. „Mit einigen wenigen würde ich es wagen, doch wir sind zu viele, um dort unentdeckt zu bleiben. Es ist auch zu tief in der Geisterwelt. Besser wir bleiben weiter am Rand, dort, wo die Dinge ihnen noch bekannt erscheinen.“

Mit ihnen meinte Queckech die anderen Goblins. Das verstand sie sehr genau. Ohne schamanische Ausbildung waren die tieferen Schichten der Zwischenwelt sicher um ein vielfaches gefährlicher, als sie es ohnehin schon waren. Also mussten sie einen anderen Weg nehmen.

Fang blickte zu den mächtigen Felsformationen empor. Wie sollte der Stamm diese Bergkette überwinden können? Der Stamm hatte einen anderen Weg genommen als die Astronauten und ein Tal wie jenes, durch das sie damals gereist waren, gab es hier offenbar nicht.

„Und jetzt?“

Queckech schaute sie an und lächelte.

„Du hattest während deiner Ausbildung kein Totemtier, doch begleitet es dich nun schon eine Weile. Hast du dich in dieser Zeit nicht bemüht es besser kennen zu lernen?“

Fang runzelte die Stirn. Was hatte ihr Krafttier mit den Bergen zu tun? Sie war ratlos. Außerdem schämte sie sich vor ihrem Lehrer, denn sie hatte ihr Totem wirklich kaum beachtet. Zuviel war immerzu geschehen, seit sie die Schamanin der Astronauten war.