Clan der Astronauten - Thorsten Hoß - E-Book
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Clan der Astronauten E-Book

Thorsten Hoß

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Beschreibung

Entschlossen, die Wiege der Menschheit zu finden und ihre neuen Freunde zu schützen, zieht die Crew der Sirius7 weiter Richtung Meer. Von Untoten verfolgt, von kriegerischen Amazonenclans umgeben und durch interne Spannungen gespalten - keine leichte Aufgabe für den neuen Clan der Astronauten. Hinzu sinnt der tote Zauberer Magister Ingbold, selbst nur noch ein rachsüchtiges Seelenfragment, nach Vergeltung und seinem Kopf, der sich im Besitz der Raumfahrer befindet. Und auch in den mystischen Sieben Türmen wenden sich neugierige Blicke in Richtung der Astronauten und ihrer stetig wachsende Reisegruppe.

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Inhaltsverzeichnis

Impressum

Widmung

Prolog

1. Ashley

2. Ronja

3. Boris

Zwischenspiel

4. Sven

5. Hiriko

6. Ashley

7. Faqech

8. Boris

9. Faqech

10. Ashley

11. Ronja

12. Boris

13. Ashley

14. Faqech

15. Boris

Zwischenspiel

16. Boris

Zwischenspiel

17. Ashley

18. Boris

19. Ronja

20. Boris

21. Ronja

22. Ashley

23. Ronja

24. Hiriko

25. Ronja

26. Boris

Zwischenspiel

27. Hiriko

28. Roja

29. Boris

30. Ashley

31. Ronja

32. Hiriko

33. Sven

Zwischenspiel

34. Boris

35. Ronja

36. Ashley

Zwischenspiel

37. Hiriko

38. Ashley

39. Hiriko

40. Ashley

41. Hiriko

42. Faqech

43. Boris

44. Sven

45. Ronja

46. Ashley

Zwischenspiel

47. Boris

48. Ronja

49. Ashley

Zwischenspiel

50. Tilseg

51. Hiriko

52. Tilseg

53. Sven

54. Boris

55. Ronja

56. Hiriko

57. Boris

58. Hiriko

59. Ashley

60. Ronja

61. Hiriko

62. Ashley

63. Ronja

64. Hiriko

65. Tilseg

Zwischenspiel

66. Tilseg

67. Hiriko

68. Ronja

69. Ashley

70. Ronja

71. Hiriko

72. Tilseg

73. Boris

74. Hiriko

75. Ashley

76. Tilseg

77. Ronja

78. Tilseg

79. Hiriko

80. Tilseg

81. Delphi

Zwischenspiel

82. Ashley

83. Hiriko

84. Ronja

Zwischenspiel

85. Ashley

86. Hiriko

Zwischenspiel

87. Ronja

88. Ashley

89. Junior

90. Tilseg

91. Sven

92. Ronja

93. Hiriko

94. Boris

95. Sven

96. Ronja

97. Hiriko

98. Ronja

Zwischenspiel

99. Hiriko

100. Tilseg

101. Ashley

102. Ronja

103. Hiriko

104. Ashley

105. Hiriko

106. Tilseg

Zwischenspiel

107. Hiriko

108. Tilseg

109. Hiriko

110. Faqech

111. Tilseg

112. Hiriko

113. Ronja

114. Tilseg

Zwischenspiel

115. Hiriko

116. Ashley

117. Junior

118. Tilseg

119. Ashley

Zwischenspiel

120. Hiriko

121. Ronja

122. Sven

123. Ashley

124. Sven

125. Boris

126. Hiriko

127. Boris

Zwischenspiel

128. Tilseg

129. Hiriko

130. Boris

Zwischenspiel

131. Boris

132. Hiriko

133. Faqech

134. Hiriko

135. Sven

136. Hiriko

137. Sven

138. Junior

Zwischenspiel

139. Junior

140. Sven

141. Hiriko

142. Ashley

Zwischenspiel

143. Ronja

144. Sven

145. Boris

Zwischenspiel

146. Hiriko

147. Boris

Zwischenspiel

148. Ashley

149. Hiriko

150. Faqech

Zwischenspiel

151. Tilseg

152. Fang

153. Hiriko

154. Ronja

Zwischenspiel

155. Ashley

156. Boris

157. Hiriko

Zwischenspiel

158. Boris

Epilog

Lieber Leser

Bisher erschienene Romane aus Lunaria:

Über den Autor und dieses Buch:

Danksagungen:

Impressum

Clan der Astronauten

(Die Crew der Sirius7, Band 3)

Zweite deutsche Ausgabe

©2017 Thorsten Hoß

[email protected]

www.Lunariaromane.de

Covergestaltung: PolinaHoß

Lektorat: Polina Hoß, André Reichel

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Postadresse des Rollenspielseminars

Wilhelmstr. 26 41363 Jüchen

Widmung

Für Ronja

Prolog

Auf einem kunstvoll in einen Felshang eingelassenen, steinernen Balkon saß eine alte Frau in einen bequemen Stuhl im Schatten eines schweren Sonnensegels, das sie vor den Strahlen des sich im Zenit befindenden Gestirns schützte.

Die Alte blickte versonnen auf die Lichtreflexionen des sich vor ihr ausbreitenden Sees. Das Gewässer wurde von zwei tosenden Wasserfällen gespeist, zwischen denen sich die Klosterschule befand, in der die Alte lebte. Die friedliche Stille des Augenblicks wurde gestört, als eine feiste junge Novizin zu ihr trat und sie ansprach.

„Große Mutter, wir haben Nachricht von der Königin der Wogenden Wipfel.“

„Was wünscht sie von uns, mein Kind?“

„Oh, Große Mutter, sie wünscht nicht, sie fordert“, erwiderte die junge Novizin empört. „Sie verlangt, dass sofort ein Kurtai einberufen wird.“

„Eine große Versammlung? Was mag der Grund sein?“

„Sie schreibt, dass ihre Tochter und einige ihrer Kriegerinnen in den Bahn einer Hexe geraten sind, die mit einer Horde Halbmenschen über das Territorium der Vier Flüsse in ihr Land eingedrungen ist.“ Einen Augenblick lang stockte die junge Frau, bevor sie weitersprach. „Sie schreibt weiter, dass die Hexe die Hammerträgerin Barbara besiegt hat und sich nach dem Kampf des Heiligen Hammers bemächtigte.“

„Gibt es Beweise für diese Worte?“

„Es gibt Augenzeugen, Große Mutter. Laut der Königin ist die Botin, die diese Nachricht brachte, selbst eine Augenzeugin.“

„Werde ich sie sehen?“

„Natürlich, wie Ihr wünscht, Große Mutter.“

„Kind, würde es dir etwas ausmachen, mich nicht in jedem Satz ‚Große Mutter‘ zu nennen?

„Natürlich nicht, Groß… Ähm, nein, ja natürlich nicht.“ Das Mädchen wurde rot, während die Alte lächelte.

„War sonst noch etwas, mein Kind?“

„Ja Gro…“, sie stockte. „Ja. Es gibt außerdem ein Schreiben“, wieder stockte sie, "ein Schreiben der Königin der Vier Flüsse.

„Wollen wir hören, was sie möchte?“

„Ja, natürlich.“ Die Novizin brach auch dieses Siegel und begann zu lesen. „Ihr werdet es nicht glauben, Große Mutter, aber sie schreibt das Gleiche wie die andere Königin.“

„Ihre Tochter wurde ebenfalls von der Hexe verzaubert?“

„Nein“, eine Pause, „aber sie schreibt auch von einer Hexe und Halbmenschen in ihrem Gefolge. Und auch sie erwähnt die Niederlage der Hammerträgerin und den Verlust des Heiligen Hammers.“ Dann begann sie zu flüstern. „Au-außerdem berichtet sie in ihrem Schreiben auch davon, dass die Hexe lebendige Tote gegen ihren Clan geschickt hat.“

„Kind! Willst du mir hier Märchen erzählen?“

„N-nein, bestimmt nicht. Darum habe ich diesen Teil bei dem anderen Brief gar nicht erwähnt. Lebende Tote.“ Sie versuchte ein Lächeln, das aber erstarb, als sie in das Gesicht der Großen Mutter blickte.

„Wirst du mir die Briefe augenblicklich geben?“

Natürlich würde die Novizin das tun und hatte es bereits, noch bevor der Satz beendet war.

„Können wir das Kurtai einberufen?“

„Ich werde alles dafür veranlassen.“

„War sonst noch etwas oder wolltest du gerade gehen?“

„Ich wollte gerade gehen, Große Mutter.“

1. Ashley

Ashley Bender, Herrin der Säbelfanten und ehemalige Astronautin und Bordingenieuren des experimentellen Hyperraumschiffs Sirius7 kauerte im hohen Gras. Neben ihr hockte ihr treuer Säbelfant und grollte leise. Das große, säbelzahnbewehrte Rüsseltier, das ihr bester Freund und Reittier in einem war, spitzte erregt seine Ohren und beobachtete genau wie seine Herrin die kleine Stadt, die sich in eine Flussgabelung schmiegte.

Die Blondine fluchte leise vor sich her, während sie dabei zusah, wie eine weitere Gruppe in Metallrüstung gepanzerter Frauen auf schweren Pferden in die Stadt einritten.

„Das wird eine harte Nuss“, brummte sie schließlich, bevor sie sich langsam zurückzog. Die freie Fahrt der letzten Tage war aber auch zu schön gewesen, um wahr zu sein.

Seit sie über die Berge in dieses Land gekommen waren, hatten die hier lebenden dummen Weiber nichts Besseres zu tun, als Ärger zu machen. Dabei waren sie ursprünglich hierhergekommen, um Menschen zu treffen. Und als sie endlich auf sie stießen, stellte sich heraus, dass sich die Bevölkerung überwiegend aus streitlustigen Frauen und devoten Männern zusammensetzte.

Dass Frauen hier mehr zu sagen hatten als Männer, störte Ashley im Grunde nicht weiter. Aber die hiesige Umsetzung! Als hätte man steinzeitliches Denken einfach auf den Kopf gestellt.

Hier waren die Frauen aggressive, muskelbepackte Machos, die Männer in Dörfern hielten und sie ziemlich schlecht behandelten. Die jungen Männer wurden als Lustsklaven und Arbeitstiere gehalten. Die älteren dienten zur Aufzucht und Pflege in den Dörfern.

Emanzipation und Frauenpower war ja soweit okay. Aber so wie hier ging das gar nicht klar. Trotzdem hatte sie sich an den Plan gehalten, den sie und ihre Freunde vor einigen Tagen beschlossen hatten, und die Dörfer gemieden.

Natürlich hatte so eine große Gruppe wie ihre Aufmerksamkeit erregt. Weder die kleine Armada aus mehr als achtzig Booten und vier Schiffen, noch ihre Hundertschaft aus Reitern, die dem Flussverlauf auf großen Reitschweinen und Pferden folgten, war besonders unauffällig.

Dass ihre etwa vierhundertfünfzig Personen starke Gruppe außerdem größtenteils aus Menschenmännern, Orks und Goblins bestand, sah man in dieser Gegend auch nicht alle Tage.

Zunächst war ihr Plan auch aufgegangen. Sie hatten das Dutzend Dörfer, auf die sie unterwegs stießen, zügig passiert und waren gut vorangekommen. Doch die nun vor ihnen liegende Siedlung war nicht so einfach zu ignorieren. Die Amazonen vom Clan der Vier Flüsse, die sich dort offensichtlich aufhielten, hatten hier einen regelrechten Militärstützpunkt errichtet.

Die von zwei Palisadenwällen geschützte Ansiedlung bot zu allem Überdruss auch noch den einzigen Weg für die Berittenen ihrer Gruppe, den Fluss mithilfe zweier Brücken zu überqueren.

Ein langer hölzerner Steg auf der linken Seite der Wehranlage überspannte den südlichen Fluss, der das Territorium der Vier Flüsse von dem der Küstenjäger trennte. Der nördliche Strom wurde sogar von einer steinernen Brücke überspannt. Diese Tatsache hatte Ashley erfreut.

Der Wasserspiegel lag tief genug unter den Bögen des Bauwerks, dass selbst ihre Schiffe darunter hindurch passen würden. Einen Steg an dieser Stelle hätten sie nicht so ohne weiteres überwinden können.

Als sie angefangen hatten, diese Gewässer zu befahren, befand sich jenseits des gegenüberliegenden Ufers noch das Land vom Clan der Wogenden Wipfel.

Doch schon eine Weile gehörte die weite Graslandschaft dem Clan der Singenden Hufe, den sie bisher nur flüchtig kennengelernt hatten. Anders als die Frauen der Wogenden Wipfel, die ein sehr widersprüchliches Verhältnis zu ihnen hatten, und der Vier Flüsse, die ihnen feindlich gegenüberstanden, da die meisten männlichen Menschen in ihrer Schar aus ihren Dörfern stammten, verhielten sich die Singenden Hufe neutral. Die Frauen hatten sie schnell entdeckt, nachdem ihre Gruppe das offene Gelände durchquerte, was nun bis zur Küste vor ihnen liegen sollte. Einen Tag nach ihrer Entdeckung hatte eine Gruppe dieses Clans mit ihnen Kontakt aufgenommen. Sie waren über die seltsame Schar, die vor ihnen stand, zwar sehr erstaunt, blieben aber gefasst und waren zu Gesprächen bereit. Nachdem einige Schafe und Ziegen die Seite gewechselt hatten, tolerierten diese Amazonen, dass der Clan der Astronauten an ihrem Ufer über Nacht rastete. Trotzdem bestanden sie auf einem zügigen Aufbruch.

Die Singenden Hufe hatte ein ausgeklügeltes Informationssystem aus Rauchfahnen und Lichtsignalen, wodurch ihre Vorbeifahrt an Dörfern dieses Clans den Amazonen schon vorher bekannt war und sie von einer Delegation der Frauen erwartet wurden, die sicherstellten, dass sie sich an die Vereinbarung hielten. Die Rauchschwaden und Leuchtfeuer hatten sie gelegentlich selbst gesehen, doch hatte erst Brunhilde ihnen erklärt, was es damit auf sich hatte. Sie war es auch, die ihnen von der Stadt erzählte, die sich Ashley soeben angesehen hatte. Brunhilde war eine von vier Amazonen vom Clan der Wogenden Wipfel, die sie begleiteten. Die Kriegerinnen hatten sich den Astronauten nicht angeschlossen, sondern waren nur wegen Ashleys Waffe bei ihnen.

Ein aberwitzig überdimensionierter Steinhammer, den sie einer Amazone abgenommen hatte, nachdem sie die Kriegerin besiegte und den sie entgegen der gültigen Naturgesetze mit Leichtigkeit führen konnte. Andererseits hatte es noch niemand anderes geschafft ihn anzuheben, seit er in ihrem Besitz war. Und es hatte so ziemlich jeder bereits einmal versucht. Auch Brunhilde und ihren Freundinnen war es nur gemeinsam gelungen, den Hammerkopf ein winziges Stück vom Boden zu heben, bevor sie ihn wieder absetzen mussten. Selbst Junior, der einzige Oger ihrer Gruppe und Adoptivzögling ihrer Crewkameradin Hiriko hatte mit einer Ausdauer und Sturheit an der Waffe gezogen, die nur ein Oger aufbringen konnte. Doch schließlich musste auch er einsehen, dass diese schöne, mächtige Waffe eine Nummer zu groß für ihn war. Seitdem betrachtete Junior sie mit ganz anderen Augen. Ashley seufzte. Das fehlte ihr gerade noch. Ein in sie verliebter Oger! Sie wollte sich bereits abwenden, als sie Aktivitäten auf der Brücke bemerkte, die ihr bisher entgangen waren.

„Was machen die denn da?“

Angestrengt späte die Blondine zur Brückenkonstruktion. Sie konnte eine Reihe von Gestalten ausmachen, die mit etwas am Boden beschäftigt waren, das sich entlang der gesamten Brückenspanne erstreckte.

„Was ist das nur?“ Die Frauen hantierten mit etwas, das Ashley aus dieser Entfernung ein wenig an zu Hause erinnerte. So hatte ihr Vater mit Lichterketten hantiert und sie selbst als Helfer mit Girlanden und so einem Zeug, wenn Festtage anstanden. „Machen die eine Party?“

Ein weiteres intensives Starren ließ die Amerikanerin weitere Details erahnen, die andere Erinnerungen auslösten. Das Boot eines Freundes in einem kleinen Hafenbecken, das überwiegend von Fischerbooten genutzt wurde. An die Fischer, an denen sie vorbeiging, wenn sie ihn besuchte, während sie ihre Netze entwirrten und ihr auf den Arsch starrten.

„Netze! Diese Drecksweiber wollen uns ʼne Falle stellen!“

Noch einmal ließ sie ihren Blick umherschweifen, dann zog sie sich still, aber zügig zurück. Als sie ihrer Meinung nach genügend Abstand zur Siedlung gewonnen hatte, um ihren Säbelfant zu besteigen, ging es noch schneller voran. Von nun an würde es nicht mehr lange dauern, bis sie auf die Vorhut ihrer Leute treffen würde. Und dann gab es einiges zu bereden.

2. Ronja

Ronja saß auf ihrem Bett und starrte missmutig die verschlossene Türe ihres Zimmers an. Tiefer Groll brodelte in ihr. Das Gespräch mit ihrer Mutter war alles andere als gut gelaufen. Obwohl ihre Erklärung, dass sie den Clan der Astronauten nur eskortiert habe, um die Interessen ihrer Mutter und des Clans zu schützen, in ihren Augen schlüssig war und der Wahrheit entsprach, hatte die Königin ihr nicht geglaubt. Sie fluchte.

Alleine die Tatsache, dass sie Ashley und die Astronauten in Schutz nahm, weckte das Misstrauen ihrer Mutter. Aber nachdem die Weisen Frauen die rothaarige Prinzessin untersucht hatten, setzte die Königin sie unter Stubenarrest. Nur weil sie geflucht hatte. Gut, sie wusste auch nicht genau, warum sie in der Sprache der Astronauten fluchte und auch nicht, warum sie diese sprechen konnte und verstand. Magie hatte Nebenwirkungen. Das wusste jeder! Wenn das die einzigen Nebenwirkungen ihrer Heilung waren, sollte ihre Mutter doch froh sein.

Aber nein, ihr wurde unterstellt, dass sie in irgendeiner Form durch die Herrin der Säbelfanten kontrolliert werden würde. Dabei hatten die Weisen Frauen keinerlei Anhaltspunkte für aktive Zauberei bei ihr feststellen können, doch war sie nach wie vor hier eingesperrt. Ronja fluchte wieder. Das war ungerecht, dumm und langweilig. Engstirnig war es auch. Ihre Mutter kannte weder Ashley noch die Anderen. Sie wusste nichts über die freien Beweggründe der Männer, die sich den Astronauten angeschlossen hatten.

Es war der Königin egal, dass ihre eigene Tochter die Wahrheit sprach. Schuld war irgendein böser Zauber, unter dem sie, ihre Begleiterinnen und auch alle Männer standen. Fertig! Das war doch viel einfacher, als zu überlegen, warum die Männer nicht unter der Herrschaft des Clans der Vier Flüsse bleiben wollten oder darüber nachzudenken, wie es wohl um ihre eigenen Dörfer bestellt war. Oder warum ihre Tochter lieber mit einer Horde Fremder umherzog, als zu ihrer Königin zurückzukehren. So ein verfluchter Mist!

Während die Prinzessin erneut sehr unstandesgemäß fluchte, klopfte es leise an der Türe. Gleichzeitig vernahm sie das Knacken des Türschlosses.

„Wer ist da?“

Eine, für eine Amazone zierliche Frau schlüpfte durch den schmalen Spalt, den sie geöffnet hatte, nur um ihn schnell wieder zu schließen. In die Lederrüstung einer Schwertschwester gekleidet, drehte sich die Unbekannte anschließend zu Ronja um und wischte sich eine Kapuze vom schwarz gelockten Kopf.

„Ich bin Anna, Prinzessin. Entschuldigt, wenn ich Euch erschreckt habe.“

„Du hast mich nicht erschreckt. Was willst du?“

„Ich bin nur hier, um nach Euch zu sehen.“

„Warum? Ich kenne dich nicht.“

„Meine Schwertschwester Esmeralda hat mich geschickt.“

„Esmeralda kenne ich, aber warum sollte sie dich schicken?“

„Sie machen sich Sorgen um Euch nach dem, was mit Barbara passiert ist.“

„Barbara, die Hammerträgerin? Was ist mit ihr?“

„Sie ist nicht länger die Hammerträgerin, da sie die heilige Waffe verloren hat. Ihr wird außerdem vorgeworfen, das heilige Artefakt kampflos dem Feind überlassen zu haben.“

„Was? Aber sie hat gekämpft. Wann ist die Verhandlung?“

„Sie war gestern. Während des Tribunals hat sich Barbara nicht verteidigt und wurde für schuldig befunden. Sie gilt nun als Verräterin und wurde aus dem Clan verbannt.“

„Aber Barbara ist eine Heldin! Sie ist eine verdiente Kriegerin des Clans und wird auch über unsere Grenzen hinweg respektiert.“

„Und doch ist sie fortan eine Vogelfreie“, entgegnete ihre Besucherin. „Und Ihr sollt fortgebracht werden.“

„Ich?“ Ronja war aufrichtig überrascht. „Wohin denn?“

„Wir wissen es nicht genau. Vermutlich in eins der drei Klöster der Weisen Frauen. Aber welches davon Euer Ziel sein wird, weiß ich nicht.“

„Meine Mutter schickt mich allen Ernstes ins Kloster? Ist das dein Ernst?“

Die Schwarzhaarige nickte stumm.

„Ich kann es einfach nicht glauben!“ Sie fluchte. „Weißt du, wann ich aufbrechen soll oder wie lange ich dort verweilen muss?“

„Die Abreisevorbereitungen für Euch laufen bereits, Prinzessin. Aber wie lange Ihr im Kloster bleiben sollt, kann ich Euch nicht sagen.“

„Ich aber.“

Anna blickte ihre Prinzessin schweigend an, konnte aber ihre Überraschung nicht verbergen.

„Wenn es nach mir geht, werde ich gar nicht erst dort ankommen!“

3. Boris

Kommandant Boris Iwanowitsch Koschkin, ehemaliger Pilot und Befehlshaber der Sirius7, saß gemeinsam mit seiner Kopilotin Hiriko Tanaka in einem ihrer zahlreichen Einbäume und ließ sich von einem Flussufer zum anderen übersetzen.

Auch Faqech, die Goblinschamanin, die er meist nur Fang nannte, begleitete die beiden. Eine tiefe Freundschaft verband den Russen mit dem zierlichen Goblinmädchen, die sich auf ihren bisherigen Reisen langsam entwickelt hatte.

Die Kleine war zunächst seine Wächterin gewesen, später seine Mitgefangene in der Sklaverei, bis sie schließlich Kampfgefährten und Vertraute wurden. Die Goblinin hatte sich oft genug als treue Verbündete und unschätzbare Hilfe erwiesen. Davon einmal abgesehen, dass er ohne sie schon lange tot wäre.

Der Haupttross ihres Zuges war unterwegs auf die vielen kleinen Pirogen verteilt, die bis zu acht Personen in einer Reihe Platz boten, mit denen sie den Fluss abwärts befuhren. Fang und Hiriko befanden sich selbst meist auf einem der vier rund fünfundzwanzig Meter langen Schiffe, die von bis zu dreißig Ruderern vorangetrieben werden konnten, während er selbst den Ritt auf einen Schweinerücken bevorzugte.

In den Bäuchen der großen Boote verteilt, befand sich auch die Viehherde ihrer Gruppe, wodurch der Aufenthalt an Bord einen interessanten Geruchscocktail ergab, wenn man es vorsichtig formulierte.

Der Hauptteil dieser Flotte rastete abends am rechten Ufer des Flusses, während der berittene Teil auf der linken Seite kampierte. Dadurch waren sie zwar zweigeteilt, doch war dies immer noch die sicherste Variante.

Die Amazonen, deren Territorium auf der rechten Flussseite lag, tolerierten zwar, dass sie dort lagerten, hatten ihnen aber eine Durchreise über ihr Land verwehrt. Daher machte es wenig Sinn, mit den Reittieren überzusetzen. Gleichzeitig bot dieses Ufer jedoch mehr Sicherheit für die Hauptkolonne ihres Zuges, da sie vor direkten Angriffen vom Clan der Vier Flüsse geschützt waren, die das linke Ufer beanspruchten und sich mit dem Clan der Astronauten im Kriegszustand befanden.

Ja, der Clan der Astronauten. Eigentlich war das Ganze nur eine spontane Idee von Ashley gewesen, um ihre wild zusammengewürfelte Gruppe in die Vorstellungswelt der Amazonen einfügen zu können, um so eine Verhandlungsbasis zu schaffen.

Nun waren er und seine Crew zwar immer noch die einzig wirklichen Astronauten auf diesem Planeten, doch hatte sich der Begriff in den letzten Tagen immer mehr als Eigenbezeichnung ihrer Gruppe durchgesetzt. Egal ob Ork, Mensch oder Goblin. Sie waren alle Astronauten. Eine seltsame Vorstellung, fand Koschkin, doch irgendwie wurde ihm bei diesem Gedanken auch warm ums Herz.

Die Einheimischen begannen, die Essenz dessen, was einen Astronauten seiner Meinung nach ausmachte, zu verinnerlichen. Tatendrang, Souveränität, Abenteuergeist, Heldenmut und eine professionelle Einstellung waren zwar wichtige Eigenschaften, die einen Raumfahrer ausmachten, doch war seiner Meinung nach die Kooperationsbereitschaft über ethnische, gesellschaftliche und politische Grenzen hinweg das Entscheidende.

Im Vakuum war kein Platz für kleingeistiges Gezänke um Ideologien. Dort saß man gemeinsam im gleichen Boot, selbst wenn man sich auf verschiedenen Raumschiffen befand. Streitigkeiten endeten im All schnell tödlich für beide Seiten. Schon lange bevor die Erde eine vereinte Weltregierung hatte, als Unruhen noch Kriege waren und viele kleine verfeindeten Staaten miteinander konkurrierten, hatten Astronauten aller raumfahrenden Nationen zusammengearbeitet.

Koschkin spürte, dass er nun in zweifacher Hinsicht ein Astronaut war. Nach wie vor war er der Kommandant der Sirius7, auch wenn sein Raumschiff nach einem schief gelaufenen Hyperraumsprung abgestürzt und dann auch noch von wütenden Drachen als Empfangskomitee auseinandergerupft wurde. Dass die Sirius7 danach auch noch von einem wildgewordenen Monsterkristall zerstört und ins Erdreich gezogen worden war, hatte sein Schiff nicht verdient. Er hielt das Andenken an sein Hyperraumschiff in Ehren, indem er sich weiterhin als Raumschiffskommandant und Astronaut verstand, auch wenn er und seine Crew nie wieder ins Weltall oder nach Hause zurückkehren würden. Aber er war nun auch stolz, ein Astronaut vom Clan der Astronauten zu sein.

„Hey! Ihr hättet ruhig auf mich warten können!“

Koschkin blickte sich um und bemerkte ein zweites Boot, das über den Fluss setzte. Neben den Männern an den Paddeln befand sich sein Astrogator Sven Erikson, über dessen Kopf eine Lichtkugel tanzte, bei der es sich um die Fee Delphi handelte.

Die winzige beflügelte Frau strahlte zurzeit so sehr, dass man ihre Konturen kaum erkennen konnte. Ein sicheres Anzeichen dafür, dass die Fee aufgeregt war. Das Vogelgezwitscher der Kleinen konnte Boris nicht verstehen, doch sein Astrogator hatte von ihr die Fähigkeit geschenkt bekommen, jede natürliche Sprache verstehen zu können. Für Feen schien das eine allgemein gängige Eigenschaft zu sein.

„Was das Ganze soll, weiß ich auch nicht!“, antwortete Sven der zwitschernden Lichtkugel leicht gereizt. „Was ist eigentlich los?“, wandte sich der Norweger nun an den Russen.

„Ashley hat etwas entdeckt und will mit uns reden.“

„Und warum hat mich keiner geweckt?!“

„Du hast geschlafen und wir wollten dich nicht stören. Fang meinte, du wärst immer noch sehr ausgelaugt und benötigst Ruhe.“ Eriksons ermatteten Gesichtszüge bestätigten Faqechs Einschätzung deutlich. „Du siehst immer noch sehr müde aus.“

„Stimmt, aber es ist okay. Wenn es etwas Neues gibt, möchte ich dabei sein. Vielleicht könnt ihr meine Hilfe gebrauchen. Auch wenn ich zugebe, dass ich momentan zu nicht viel tauge. Aber mal was anderes. Hast du eigentlich den zweiten Säbelfanten von Ashley die letzten Tage gesehen?“

„Nein“, entgegnete Koschkin. „Aber wenn du willst, kannst du sie ja danach fragen.“

„Danke, aber ich glaube, darauf kann ich verzichten.“

„Genau das denke ich auch.“

Ein durch das Boot gehender Ruck machte den Russen darauf aufmerksam, dass sie das andere Ufer erreicht hatten. Nachdem er und Faqech ausgestiegen waren, legte auch Svens Boot an. Gemeinsam suchten sie dann Ashley und Tilseg.

Tilseg war so ein Fall für sich. Ihr ehemaliger Bordarzt Till Segschneider, der aufgrund einer Verkettung unglücklicher Umstände diese Welt nicht lebend erreichte, lebte in gewisser Weise in dem grünen Biogelmenschhybrid weiter.

Irgendwie hatten sich die organischen Bestandteile des Bordcomputers der Sirius7, - denn nichts anderes war das Biogel ursprünglich gewesen, - mit dem Doktor verbunden. Tilseg war das Resultat dieser Verschmelzung.

Bis auf die grüne Färbung glich Tilseg körperlich seinem menschlichen Original und auch in der Persönlichkeit des Hybriden erkannte Koschkin seinen alten Freund wieder. Doch die Art, wie Tilseg sprach und die emotionslose Weise, wie er fast jede Situation handhabte, zeigten deutlich, dass Till Segschneider vielleicht ein Teil von Tilseg war, aber eben nicht die gleiche Person.

Trotz der seltsamen Herkunft seines Kameraden, die auf der Erde einen umfassenden Bioalarm ausgelöst hätte, vertraute der Russe dem Glatzkopf blind. Der Arzt hatte oft genug bewiesen, dass er es verdiente. Außerdem stellten Fang und er die wichtigsten Schnittstellen zu den Einheimischen dar und waren zusätzlich ihr mobiles Feldlazarett.

„Da seid ihr ja endlich“, begrüßte Ashley sie und lenkte seine Aufmerksamkeit auf sie. „Da ihr schon genug herumgetrödelt habt, fangen wir gleich an. Auf uns warten flussabwärts Probleme.“

Während die Blondine nun über die befestigte Ortschaft, die Brücken und die Aktivitäten der Amazonen der Vier Flüsse berichtete, zeigte sie ihm betont die kalte Schulter. Sie und er hatten eine „Stop and go“-Beziehung geführt, seit sie sich kannten. Als die Sirius von der Erde aus startete, waren sie nur Crewkameraden mit einer gemeinsamen Geschichte gewesen, aber schlussendlich, auf dieser Welt, nachdem Barrieren wie Pflicht und Rang gefallen waren, hatten sie wieder zusammengefunden. Doch nachdem sie ihn und Faqech beim Sex während eines Schamanenrituals beobachtet hatte, zeigte sie ihre Verletztheit auf ganz eigene Weise. Zunächst durch Gewalt gegen ihn, dann durch Ignoranz. Zweiteres war ihm zwar lieber, als dauernd verprügelt zu werden, aber er hoffte, dass sie ihm irgendwann verzieh. Auch wenn er ihre Gefühle verstand, hatte er nur in bester Absicht gehandelt.

„Der blöde Kater hört nicht zu, ich fass es nicht!“, riss ihn Ashleys Stimme aus seinen Gedanken. Verdammt, er war abgeschweift!

„Entschuldigung, ich war einem Gedanken gefolgt. Was hast du gesagt?“

„Für verpeilte Kater, die nix auf die Reihe kriegen, die Kurzform: Viele Amazonen in Metallrüstungen hinter dicken Palisaden versperren den Weg zu Lande auf dieser Seite. So wie es aussieht, haben sie vor, den Wasserweg durch Netze zu versperren und uns so an der Weiterfahrt zu hindern. So oder so müssen wir an ihnen vorbei oder sie irgendwie umgehen, was mit den ganzen Booten schwierig werden dürfte. Jetzt geschnallt? Und? Vorschläge?!“

Koschkin fluchte. So wie Bender das darlegte, hatten sie tatsächlich ein Problem. Wenn es den Amazonen der Vier Flüsse in der Ortschaft gelang, sie aufzuhalten, könnten die Kriegerinnen sie in die Zange nehmen. Außerdem könnte es Probleme mit den Singenden Hufen geben, wenn sie länger an Ort und Stelle blieben. Ein Verweilen würde einen Verstoß ihrer Vereinbarungen bedeuten. Ebenso, wenn sie versuchen wollten, die Stadt durch das Übersetzen auf die andere Flussseite zu umgehen.

„Vielleicht können wir mit dem Clan der Singenden Hufe nachverhandeln“, schlug er schließlich vor.

„In der Tat. Wir könnten uns darauf berufen, dass wir unsere Vereinbarung bisher eingehalten haben. Wenn unsere Zuverlässigkeit nicht infrage steht, gibt es für eine Einigung eine recht hohe Wahrscheinlichkeit.“

„Toll, hast du eine von ihnen seit dem letzten Dorf gesehen? Ich nicht.“ Ashley verschränkte die Arme und schaute erwartungsvoll weiter in die Runde.

„Vielleicht lassen sich ja auch die Frauen der Vier Flüsse auf eine Unterhaltung ein“, gab Erikson zu bedenken.

„Klar, die waren ja bisher auch so zuvorkommend und verständnisvoll.“

„Sei doch nicht so schroff, Ashley.“ Dass Hiriko jemanden zurechtwies, kam nur sehr selten vor. Vielleicht war das der Grund, dass die Amerikanerin einlenkte.

„Entschuldigung. Ich bin angepisst. Ich habe langsam die Nase voll, dass diese blöden Weiber uns ständig Steine in den Weg legen. Tilseg und ich sind die ganzen Sachen eben schon durchgegangen, als wir auf euch gewartet haben. Und auch wenn der grüne Knuddelbär hier Wahrscheinlichkeiten für dies und das sieht, riecht es stark danach, dass wir wieder kämpfen müssen. Ich habe aber keinen Bock mehr zu kämpfen. Es ist ja gut und schön, diesen Hohlköpfen mit Titten etwas Verstand einzubläuen, aber die wollen Blut sehen.“

„Ich schlage vor, dass wir im Morgengrauen oder besser noch, vor Morgengrauen zur Stadt reiten und mit ihnen reden. Schöpfen wir erst einmal die Optionen aus, die uns zur Verfügung stehen.“

Auch wenn Ashley ein lautes ‚Pah‘ ausstieß, waren alle damit einverstanden. Auch sie, obwohl sie nur sichtlich widerwillig einem Vorschlag, den er gemacht hatte, zustimmte.

Zunächst sollte verhandelt werden.

Zwischenspiel

Wieder wurde die Große Mutter bei ihrer Meditation unterbrochen. In letzter Zeit war es vorbei mit ihrer Ruhe. Etwas widerwillig löste sie ihren Blick von den Wasserreflexionen, die sie studierte, und blickte in das Antlitz der feisten Novizin, die nun wieder vor ihr stand. „Warum störst du mich, Kind?“

„Es gibt noch ein paar wichtige Fragen, Große Mutter.“

„Welche Fragen sind es denn, die keinen Aufschub dulden?“

„Es geht um das Kurtai.“

Die runzlige Alte seufzte. „Deswegen störst du mich? Sollten die Boten nicht bereits unterwegs sein?“

„Ja, die meisten sind schon aufgebrochen, Große Mutter. Aber die Schwestern fragen sich, ob wirklich alle Clans gerufen werden sollten.“

„Geht das Kurtai nicht alle Clans etwas an?“

„Schon, Große Mutter aber von den Resten des Clans der Hohen Klippen haben wir schon lange nichts mehr gehört, seit er auseinanderbrach.“

„Wäre es dann nicht erst recht vonnöten, sie einzuladen?“

„Natürlich, Große Mutter. Aber beim Clan …“, die Novizin musste einen Moment nachdenken, „beim neuen Clan der Drachenklauen sind wir uns unsicher, ob wir sie auch einladen sollen.“

„Was verunsichert dich genau?“

„Was ist, wenn der Drache persönlich zum Kurtai erscheint?“

„Ist er nicht auch eine Königin?“

„Der Drache hat die letzte Königin des Clan der Hohen Klippen gefressen!“

„Haben sich dem Drachen danach nicht viele Clanfrauen unterworfen und ihn als ihre Königin akzeptiert?“

„Ja, aber sonst wären sie auch gefressen worden.“

„Wissen wir das genau?“

„Nein, Große Mutter.“

„Haben nicht alle Clans ein Recht darauf, auf dem Kurtai zu sprechen?“

„Ja schon, aber …“

„Gelten die Regeln des Kurtais nicht für alle?“

„Natürlich, Große Mutter, aber kennt auch ein Drache diese?“

„Vielleicht sollte der Bote die Regeln verdeutlichen, wenn er die Einladung überbringt.“

„Und was, wenn sich der Drache einfach nicht daran hält und die Versammlung zu fressen versucht?“

„Warum sollten die Clans Angst vor der Königin der Drachenklauen haben? Sind die Clans so mutlos und schwach?"

„Natürlich nicht, Große Mutter.“

„Warum störst du mich dann damit?"

„Entschuldigt, Große …“

„Wann lernst du eigentlich, mich nicht im jeden Satz Große Mutter zu nennen?“ In der Stimme der Alten lag nun offene Verärgerung.

„Entschuldigung, ich … ich gehe jetzt …“

Die Große Mutter wandte sich wieder der spiegelnden Wasseroberfläche zu und begann erneut zu grübeln. Dieser Clan der Astronauten brachte wirklich alles durcheinander. Der dreiste Drache, der einen Teil des Clans der Hohen Klippen übernommen hatte, war dagegen nur ein Klacks. Soweit sie wusste, respektierte er wenigstens die Regeln der Clans. Aber diese Astronauten?

4. Sven

Erikson konnte es immer noch kaum glauben. Wie hatten sie ihn überreden können, nun hier im feuchten Gras zu liegen. Du musst mitkommen, hatten sie gesagt. Vielleicht haste ja eine Idee für eine magische Lösung, hatten sie gemeint. Also war er mitgekommen und lag nun hier im Morgentau. Doch eine Idee hatte er nicht, denn er war einfach viel zu müde zum Denken.

„Ich sagte Euch ja, dass Ihr besser darauf verzichten solltet, Eure Lebenskraft für Zaubersprüche einzusetzen. Wie Ihr nun am eigenem Leibe erfahrt, ist die Ermattung viel schwerer, bis die Lebenskraft wieder ersetzt ist, als wenn ihr lediglich das magische Potenzial Eures Manaspeichers wieder aufladen müsstet.“

Lektor Ingbold, Eriksons Lehrmeister der Zauberei, ging ihm gerade auf die Nerven. Leider hatte der Geist recht, denn das war der Lektor außerdem.

„Ja-ja“, erwiderte Sven leicht genervt. „Aber sonst wären die beiden Frauen gestorben. Das konnte ich nicht zulassen.“

„Ich weiß, mein Freund. Eure Motive waren ehrenhaft, besonders, da die Frauen Eure Feinde sind. Doch bedenkt für die Zukunft, dass Magie, die mit Lebenskraft gewirkt wird, unser Handwerk noch deutlich unberechenbarer und gefährlicher macht, als es ohnehin schon ist.“

„Sie haben ja recht, Lektor Ingbold. Ich werde in Zukunft daran denken.“

Während dieser lautlos stattfindenden, innerlichen Unterhaltung, die zwischen dem Norweger und seinem verstorbenen Lehrmeister, dessen Seelengefäß Sven in Form eines kleinen Schmuckstückes um den Hals trug, hatten sich Ashley und der Kommandant plötzlich erhoben.

„Was ist jetzt auf einmal?“

„Wir wollten doch mit ihnen reden“, entgegnete Ashley. „ Also machen wir das jetzt!“

„Jetzt? Wäre es nicht besser, mit mehr Leuten im Rücken mit ihnen zu sprechen?“

„Das könnte ein Gespräch gleichermaßen unmöglich machen“, antwortete nun Koschkin. „Jetzt ist genauso gut wie später.“

Dass die beiden ausgerechnet hier der gleichen Meinung waren, frustrierte Erikson ein wenig. Denn er sah das gerade grundsätzlich anders. Er hätte später in jedem Fall bevorzugt. So aber blieb ihm nichts anderes übrig als zuzustimmen, da Koschkin und Bender ihre Tiere bereits bestiegen und sich dann in Richtung der Stadt wandten.

Müde, von seinem persönlichen Geist genervt und alles andere als überzeugt, das Richtige zu tun, bestieg nun auch er sein Pferd.

Ich sollte bei nächster Gelegenheit wirklich einige Reitstunden nehmen, dachte er bei sich, um sich von den möglichen Folgen seines Handelns abzulenken. Dabei bemühte er sich, seine beiden Kameraden einzuholen, die sichtlich besser mit ihren Tieren zurechtkamen als er.

Sven seufzte. Er war eben ein Fußgänger und Wagenfahrer, aber weder ein geborener noch begeisterter Reiter.

5. Hiriko

Hiriko Tanaka fand, dass der Tod einen sehr befreienden Einfluss auf sie hatte.

Seit sie zu Tode gestürzt, von Ogern verspeist und als Dryade wiedergeboren worden war, nahm sie das Leben mit einer Gelassenheit, die sie zu Lebzeiten nie besaß.

Zu sehr war sie damit beschäftigt gewesen, anderer Leute Erwartungen zu erfüllen. Die ihrer Eltern, ihrer Lehrer und Vorgesetzten. Ja, sogar die Erwartungen ihrer Freunde. Jetzt jedoch war das alles ziemlich unwichtig.

Genüsslich streckte die nun fast zwei Meter messende, ehemalige Asiatin ihren nackten Körper und genoss die ersten Sonnenstrahlen auf ihrer dunkelbraun glänzenden Haut.

Einen Moment lang blieb sie noch entspannt auf dem Laubteppich ihres Symbiosepartners liegen, bei dem es sich um einen rankenden Weinstock handelte, der durch ihren Einfluss die Form eines überdimensionierten Handkarrens besaß, über dessen Radachse ein kleines Klohäuschen hinausragte.

Das gewachsene Gebilde wurde durch zwei daran montierte Räder komplettiert und bei Bedarf mit einem kleinen Zeltüberbau abgerundet. Normalerweise würde das Vehikel von ihrem Ziehsohn Junior geschoben, doch stand ihr Gewächs zurzeit fest vertäut an Bord eines ihrer vier Schiffe.

Die vielen Herden im Bauch der Boote und der enorme Zulauf an Menschenmännern hatten sich für sie als Glücksfall erwiesen, denn sie hatte einen Plan. Das eigentliche Glück stellten jedoch nicht die Personen und Tiere, sondern die von ihnen produzierten Exkremente dar, die sie dringend brauchte.

Seit Tagen war sie wieder damit beschäftigt, ihre Pflanze zum Wachsen zu animieren. Ihr Karren war bereits bauchiger geworden und hatte Luftkammern um die umwachsene Wanne gebildet, in der die Wurzeln der Pflanze ruhten. Außerdem begann sich langsam eine Form herauszubilden, die sich entfernt an die der Pyrogen anlehnte. Ihr Projekt nahm sie dermaßen ein, dass sie kaum bemerkte, was ihre Freunde oder die Leute um sie herum taten.

„Junior? Würdest du mir noch ein paar Eimer Mist besorgen, mein Kleiner?“, wandte sich die Dryade mit geschlossenen Augen an ihren Oger. Der etwas einfältige Hüne grunzte zustimmend, murmelte noch etwas in der Sprache der Goblins und stapfte dann von Bord.

Es würde zwar noch eine Weile dauern, doch war sie sehr zuversichtlich, dass ihr Karrenklohäuschen dann zu Wasser gelassen werden konnte, um selbstständig zu schwimmen. Voller Vorfreude dachte sie daran, was ihre Kameraden wohl sagen würden, wenn sie fertig war.

6. Ashley

Sie hatte ja gewusst, dass die dummen Weiber nur kämpfen wollten. Und nun hatten sie den Schlamassel. Ihr ungleiches Reitertrio, bestehend aus dem Kater auf einem Reitschwein, Sven auf einem Pferd und ihr selbst auf ihrem Säbelfanten, hatte sich gerade erst der Stadt genähert und ihre Verhandlungsbereitschaft bekundet, als auch schon die Feindseligkeiten losgingen. Zunächst behinderten Speerwürfe und Schmähungen die Kommunikation. Dann öffnete sich das Tor der Stadt und entließ eine große Schar gepanzerter Reiterinnen, die sich abseits davon sammelten.

„Und nun?“, wollte sie wissen. „Die kleckern nicht, die klotzen!“

„Eine Hundertschaft gegen drei. Ein wenig übertrieben, oder?“, kommentierte Koschkin das Szenario äußerlich ruhig.

„Nur übertrieben?“ Sven war entsetzt. „Wollen wir nicht abhauen?“

„Schau mal da rüber.“ Sven tat wie ihm geheißen wurde und schauderte, als er zurückblickte. Da war noch eine weitere Gruppe Amazonen. Diese waren zwar nur mit der üblichen Lederrüstung gepanzert, doch war auch dieses Grüppchen ihnen eins zu vier überlegen. Und diese Truppe versperrte ihnen den Rückweg.

„Das ist eine Falle!“, kreischte der Norweger nun.

„Du hast es erfasst. Die haben uns anscheinend gestern auch ausgekundschaftet und auf unseren ersten Zug gewartet. Jetzt gedenken sie drei fette Fliegen auf einen Streich plattzumachen.“

„Was meinst du?“

„Idiot! Für die bin ich die Königin des Clans und ihr meine Rädelsführer!“

„Sie wollen der Schlange den Kopf abschlagen, jetzt, wo sie eine Gelegenheit dazu haben“, verstand Koschkin die Blondine richtig.

„Ihr wollt doch nicht allen Ernstes kämpfen?“ Sven war kreidebleich geworden und ging Ashley langsam auf den Geist.

„Nein, ich habe ganz und gar keine Lust zu kämpfen. Das ist diesen dämlichen Tussis da drüben aber egal. Wenn du nicht zufällig einen Megamagnet in deiner Hose versteckst, mit dem wir sie stoppen können oder dir nicht noch was Geniales einfällt, werden wir keine Wahl haben.“ Mit diesen Worten wuchtete sie den schweren Hammer von ihrem Rücken.

„Ich wünschte, Fang wäre hier“, murmelte Koschkin da und verpasste Ashleys Herz einen Stich. Als der Russe ihren versteinerten Gesichtsausdruck bemerkte, ergänzte er hastig: „Im Kampf vom Schweinerücken sind wir ein eingespieltes Team. Sie lenkt, ich bediene die Waffen. Ich weiß nicht, wie nützlich ich ohne ihre Hilfe für euch bin.“ Während sie ihren dummen, treulosen Trampel von Kater anstarrte, meldete sich Erikson zu Wort.

„Das mit dem Magnet ist gar keine dumme Idee. Jedenfalls wenn die Metalllegierung, die hier von den Amazonen benutzt wird, magnetisch ist. Ich habe mit Lektor Ingbold gesprochen und glaube, dass es einen Zauber gibt der uns helfen könnte. Ich brauche allerdings Eisen oder etwas in der Art, um ihn wirken zu können.

„Da bist du bei mir an der falschen Adresse. Meine Speere haben Steinspitzen und mein Hammer hat auch kein Eisen in sich. Ich bin rundum metallfrei.“ Da fiel ihr was ein. „Aber der kleine Kater hier hat Eisen bei sich.“

Koschkin zuckte bei ihren Worten leicht mit der Wimper, wusste er doch sofort, worauf sie anspielte. Sein Messer. Das einzige, was außer ihm und seiner Crew selbst noch von der Erde stammte. Die kurze Klinge war auch vorher aus sentimentalen Gründen sehr wichtig für ihn gewesen. Doch nun stellte sie im Prinzip die letzte Verbindung zu seiner Heimat dar. Ashley sah, wie der Russe einen Moment lang mit sich rang, bevor er die Waffe zog und dem Norweger reichte.

„Gut, gebt mir einen Moment“, bat dieser nun und begann, einen Zauber zu wirken. In der Zwischenzeit hatten sich die gepanzerten Kriegerinnen vor der Stadt genug sortiert, um nun geschlossen gegen sie vorzugehen. Ein Donnern schwoll an, als sich die Frauen in Bewegung setzten.

„Es geht los“, kommentierte Koschkin das Offensichtliche.

7. Faqech

Faqech machte sich langsam Sorgen wegen ihrer Vorräte. Vor allen ihr Bestand an Salben, Tinkturen, Verbandszeug und Heilkräutern war nach der Versorgung der vielen Amazonenkriegerinnen bedenklich stark zusammengeschrumpft oder sogar aufgebraucht und sie hatten kaum Gelegenheit, diese wichtigen Materialien aufzustocken und herzustellen. Sie und Tilseg hatten gerade darüber gesprochen, wie sie verschiedene Dinge ergänzen könnten, als die Frauen in ihr Lager kamen.

Die Kriegerinnen, zwölf an der Zahl, verlangten lauthals, den Anführer des Lagers zu sprechen. So viel konnte sie von Tilseg erfahren. Aber das anschließende Gespräch, das Karl mit ihnen führte, verlief zu schnell, als dass der Grüne einen wirklichen Sinn aus den Worten herausfiltern konnte.

Während sie beisammen standen und schweigend das Gespräch verfolgten, erklang Donner aus der Ferne. Doch das Geräusch war zu anhaltend und dumpf, als dass der Ton mit einem aufstrebenden Gewitter in Verbindung stehen konnte.

Als sich die Schamanin umblickte, um die Quelle des Schalls zu identifizieren, bemerkte sie, wie Bewegung in die berittene Truppe am anderen Flussufer kam. Pferde und Schweine wurden eilig gesattelt und bestiegen. Wurden sie etwa angegriffen?

Doch außer dem seltsamen Donner, der weiter durch die Luft grollte, konnte die Goblinin nichts Ungewöhnliches in ihrem Sichtfeld ausmachen. Ihre Leute am anderen Ufer schienen jedoch mehr zu wissen als sie, denn die Mehrheit der Berittenen brach nun eilig flussabwärts auf.

Kurzerhand schickte sie einen der herumstehenden Gaffer aus, um über den Fluss zu fahren. Sie wollte wissen, was da los war. Einen Moment überlegte sie noch, dann schickte sie jemand anders zu Hiriko, um auch mehr über das hier stattfindende Gespräch zu erfahren.

Die Dryade verstand die Sprache der Menschen zwar ebenfalls nicht, doch hatte sie ihre Fähigkeiten als Naturgeist verfeinert und war in der Zwischenzeit in der Lage, emotionalen Kontakt zu intelligenten Lebewesen aufzunehmen, ähnlich wie sie es auch mit ihrem Oger praktizierte.

Faqech hoffte, dass dies gemeinsam mit Tilsegs rudimentärem Wortschatz des Westländisch, wie die Menschen hier ihre Sprache nannten, ausreichen würde, um nachzuvollziehen, was die Frauen von ihnen wollten. Aber im Grunde konnte sie es sich schon denken. Sie lagerten hier bereits länger als sie es mit den Clanfrauen vereinbart hatten und das passte den Amazonen des hier herrschenden Clans nicht.

Was sie zurzeit viel mehr beschäftigte, war die Frage, was ihre Berittenen vorhatten und woher der seltsame Donner kam, den sie immer noch hörte. Ihre Intuition sagte ihr, dass eine Menge Ärger mit hoher Geschwindigkeit auf sie und ihre Freunde zusteuerte und sie besser an einem anderen Ort waren, wenn er hier eintraf.

„Ich habe ein ungutes Gefühl“, wandte sie sich nun an Tilseg.

„In der Tat, die Prognosen könnten besser sein. Mit einer Sicherheit von zweiundneunzig Prozent werfen die Amazonen uns einen Vertragsbruch vor. Die daraus resultierende Konsequenz ist zu sechsundfünfzig Prozent, dass sie uns zukünftig die weitere Nutzung ihres Territoriums untersagen, wobei hier noch eine achtundachtzigprozentige Chance besteht, dass sie durch Nachverhandlung einlenken würden. Bedenklich ist, dass sie unser Verharren mit einer vierundzwanzigprozentigen Wahrscheinlichkeit als feindlich einstufen, wenn wir nach ihrer Aufforderung nicht unverzüglich aufbrechen.“

Faqech dachte über die Zahlen nach, die der Grüne ihr gerade um die Ohren gehauen hatte. „Wenn ich dich richtig verstehe, schlägst du einen baldigen Aufbruch vor.“

„Korrekt.“

8. Boris

Die metallene Welle aus gepanzerten Frauen und Pferden donnerte weiter in ihre Richtung. Die von den Hufen der vielen galoppierenden Tiere erzeugten Vibrationen übertrugen sich durch das Erdreich und sein Reitschwein auf ihn.

Nervös erneuerte Koschkin den Griff um seinen Speer und wartete innerlich fiebernd darauf, dass der Norweger seinen tollen Zaubertrick vollführte. Äußerlich bemühte er sich weiterhin, ruhig und gelassen zu wirken.

Dass sich der zweite Frauentrupp weiter auf Abstand hielt und keine Anstalten machte, sie ebenfalls anzugreifen, beruhigte ihn nicht wirklich. Die Kriegerinnen hatten wahrscheinlich nur keine Lust, in den Weg der Metalllawine zu geraten, die da auf sie zugaloppiert kam.

Ashley, aufrecht auf ihrem Säbelfant, mal die eine, dann die andere Frauengruppe ins Auge fassend, knurrte im Einklang mit ihrem Reittier leise vor sich her, während Sven weiter seine Formel murmelte.

Der Zauber schien seinem Astrogator schwer zu beuteln, denn der Körper seines Freundes war schweißnass und zitterte bei jedem Wort, das er sprach, stärker.

„Was meinst du? Wie weit sind sie noch weg?“ Seine Frage war an Ashley gerichtet, doch diese antwortete ihm nicht artikuliert, sondern fluchte nur.

„Sie werden bald da sein“, konkretisierte er.

„Sollen sie doch“, fauchte sie schließlich. „Alleine ihr Anblick macht mich schon wütend. Sie werden bereuen, mich kennengelernt zu haben!“

Koschkin betrachtete seine Kameradin mit einem Seitenblick. Ashleys Wutausbrüche waren schon von jeher legendär, auch wenn sie auf der Erde deutlich seltener aufgetreten waren, als auf dieser Welt. Doch in letzter Zeit hatten ihre Wutanfälle eine andere Qualität angenommen, wenn sie sich in einem Kampf befand.

Die Ruhe von Ashleys Reittier beruhigte wiederum den Russen. Der Säbelfant hatte feine Antennen dafür, wann seine Herrin gefährlich wurde. Sogar für ihn. Wenn das Raubtier das Weite suchte und seine Herrin in Gefahr alleine ließ, war es höchste Zeit, es ihm nachzutun und schleunigst abzuhauen.

„Fertig.“ Das klägliche Flüstern des Norwegers wäre fast im Lärm der heranstürmenden Kriegerinnen untergegangen. Als Koschkin seinen Blick wieder ihm zuwandte, erschrak er für einen Augenblick.

Sven sah aus wie eine lebende Leiche. Der Dolch entglitt seinen kraftlosen Fingern und fiel zu Boden. Die Gestalt des dürren, hochgewachsenen Astrogators klappte regelrecht zusammen, kippte langsam zur Seite und versuchte der ballistischen Flugrichtung der zu Boden gefallenen Waffe zu folgen, doch Boris hinderte ihn daran und hielt ihn im letzten Moment im Sattel.

Koschkin fluchte. Ashley fluchte auch.

„Und was soll das jetzt?“, schnauzte die Blondine.

„Sein Zauber hat ihn ausgelaugt!“

„Das meine ich nicht. Was soll das jetzt mit dem Messer, will ich wissen!“

„Ma-ma-gnetich“, röchelte der erschöpfte Zauberer.

„Wenn das Ding was kann, sollte es damit jetzt bald anfangen“, forderte sie.

Koschkin sprang von seinem Schwein, hinderte Sven erneut daran zu kippen, bückte sich und warf Ashley mit dem Wort „Fang“, die Waffe zu. Dann fing er den erneuten Sturzversuch des Norwegers ab und sah daher nicht, dass Ashleys Miene sich bei seinem Wort versteinerte, sie ihren Hammer schwang und den in einem großen Bogen auf sie zufliegenden Dolch damit in Richtung der heranpreschenden schweren Reiterei katapultierte.

Die Wirkung des ungewöhnlichen Projektils war fatal. Zunächst nur für die einzelne Reiterin, die von der heransausenden Stichwaffe glatt durchschlagen wurde. Auch der dicke Panzer ihrer Rüstung hatte der Wucht, die Ashleys Hammer der kleinen Klinge verliehen hatte, nichts entgegenzusetzen.

Nachdem die Waffe auch die Rückseite der Rüstung seines unglücklichen Ziels durchschlug, trudelte das deformierte Messer noch einen halben Meter weiter, bevor es kehrtmachte und erneut in die unglückselige Leiche einschlug, die sich immer noch auf dem Pferd hielt, doch bereits kippte.

Während die Waffe regelrecht an der Rüstung der zu Boden fallenden Toten klebte, wurde ihr Pferd, wie von Geisterhand, seitlich mit nach unten gezogen, verlor das Gleichgewicht und stürzte. Jetzt begann der Zauber seine Wirkung erst richtig zu entfalten.

Eine weitere Reiterin, die über ihre gestürzte Kameradin springen wollte, wurde im Sprung plötzlich nach unten gezerrt. Der Schwung des Tieres ließ es sich mitsamt seines Artgenossen und der, auf wundersame Weise mit der Seite des Tieres verbundenen, Leiche überschlagen.

Seine Reiterin wurde aus ihrem Sattel geschleudert und flog in einem steilen Bogen in den Dreck. Doch bevor sie sich vom Sturz erholen und sich aufrichten konnte, wurde sie ebenfalls von etwas Ungeheurem gepackt und schreiend zu ihrem, nun panisch strampelnden, Pferd zurückgezogen.

Anderen Amazonen ging es nicht besser. Zunächst nur denen, die sich in direkter Nähe des rapide wachsenden Metallklumpens aus Leibern befanden, doch griff die unsichtbare Kraft schnell um sich und zog immer mehr der Gepanzerten in ihren Bann.

Die zwei Dutzend Frauen, die dieser Hölle entkommen konnten, dachten nicht mehr an Angriff, sondern flohen in panischer Hast und so schnell sie konnten vom Horror des schreienden, wiehernden und kreischenden Metallberges, in den sich ihre Schwestern und deren Tiere verwandelt hatten.

„Scheiße“, kommentierte Koschkin die Lage. „In dem Ding möchte ich nicht feststecken.“

9. Faqech

Sie hatten schnell gepackt. Die meisten Vorbereitungen waren ja schon abgeschlossen gewesen, als die Amazonen zu ihnen gekommen waren, um sie zum Gehen aufzufordern. So wie Faqech es verstand, interessierte es den Clan der Singenden Hufe nicht im Geringsten, welche Probleme sie mit dem Clan der Vier Flüsse hatten. Die Frauen kümmerten sich nur um ihr Gebiet und ihre eigenen Interessen. Und aus diesem Grund hatten sie ihnen zukünftiges Lagern auf ihrem Territorium untersagt, da sie sich nicht an die Vereinbarung gehalten hatten, morgens in aller Frühe wieder aufzubrechen.

Das fand die Schamanin zwar sehr kleingeistig, doch machte sie sich andere Sorgen. Sie hatte gehofft, in der Zwischenzeit Nachricht von Boris und den Anderen erhalten zu haben, doch waren er und seine beiden Begleiter bisher nicht von ihrem Verhandlungsversuch zurückgekehrt.

Die Nachrichten von der gegenüberliegenden Uferseite, zu der sie und die Anderen nun unterwegs waren, beunruhigten sie ebenfalls. Offensichtlich hatten ihre Leute dort befürchtet, Boris und seine Freunde könnten in Schwierigkeiten stecken, weil sie vermuteten, dass der Donner, den sie hörten, von zahlreichen Hufen verursacht wurde.

Dass dieses Grollen in der letzten Minute stark abebbte und dann verklang, konnte alles Mögliche bedeuten. Der Gedanke, ihr Freund und Kraftspender würde vielleicht nicht mehr leben, bedrückte die Goblinin sehr. Nur die Tatsache, dass sie genug zu tun hatte, nachdem ihr Boot endlich wieder anlegte, verhinderte, eine Vertiefung ihrer dunklen Vorahnungen in ein düsteres Grübeln.

10. Ashley

Ashley war in etwa zu gleichen Teilen wütend, überrascht und angeekelt. Ihre Wut richtete sich gegen die Amazonen, die stur und dumm jegliche Verhandlungen torpediert hatten. Ihre Überraschung war der erschreckenden Wirkung des Zaubers geschuldet, die sie so nicht erwartet hatte. Ihr Ekel hingegen galt dem jammernden Metallberg aus zappelnden Gliedmaßen und zermalmten Leibern.

Wieder war sie am Tod etlicher Menschen beteiligt. Und obwohl die Clanfrauen es provoziert hatten und selbst sicherlich nicht gezögert hätten, den blöden Kater, sie und auch Sven kaltblütig umzubringen, regte sich Traurigkeit und weitere Wut in ihr. Diese Gefühle kanalisierten sich in einem Fluch, den sie regelrecht ausspie, bevor sie zu schreien begann.

„Ihr blöden, gehirnamputierten Kampfweiber! Ist es das, was ihr wollt? Tod, Leid und Verderben?“ Dabei deutete sie mit ihrem Hammer auf den langsam ausblutenden Schrotthaufen, der noch kurze Zeit zuvor eine schlagkräftige Truppe gut bewaffneter und gerüsteter Kriegerinnen war. „Das ist doch völlig sinnlose und blanke Idiotie! Ist euer Leben wirklich so wenig wert, dass ihr es auf diese Weise wegwerfen müsst?“

Wie zur Bestärkung ihrer Worte sackte der Haufen unter Schmerzensschreien ein wenig mehr in sich zusammen, zusammengepresst von seinem eigenen Gewicht und den magnetischen Kräften, die ihn zusammenhielten.

Ashley machte eine Pause, um sich zu sammeln, dann sprach sie mit mehr Ruhe weiter.

„Wir haben euch heute ein weiteres Mal bewiesen, dass der Clan der Astronauten es durchaus versteht, sich und seine Mitglieder zu schützen. Das hier und heute vergossene Blut habt ihr selbst zu verantworten und nicht wir. Und ihr werdet auch entscheiden, ob noch mehr Blut vergossen werden muss. Der Clan der Astronauten hat nichts anderes im Sinn, als euer Territorium zu verlassen. Hindert uns daran und zahlt den Preis wie eure Schwestern hier, oder lasst uns in Frieden passieren, dann werden auch wir Frieden halten. Doch solltet ihr weiterhin den Kampf suchen und uns nach dem Leben trachten, werden wir euch vernichten.“

Während ihres kleinen Appells hatte die Blondine sich soweit beruhigt. Tief atmete sie nun einige Male durch und lauschte. Weder Schmähungen noch Speere flogen über die Mauer, während sie schwieg. Ein Zeichen, dass ihre Worte angekommen waren.

Doch das Anschwellen der Geräuschkulisse in ihrem Rücken kündigte weitere Reiter an. Im ersten Moment dachte Bender, dass sich die kleinere Amazonentruppe nun doch dazu entschlossen hatte, den Angriff, den die schwere Reiterei begonnen hatte, fortzusetzen. Ein Blick über ihre Schulter zeigte ihr aber, dass die Berittenen zu ihren Leuten gehörten und sich die Amazonen, die ihnen bisher den Rückzug verwehrt hatten, nun im vollen Galopp die Flucht ergriffen.

„Die haben offensichtlich keine Lust mehr, zu kämpfen“, brummte ihr Katerchen, der gerade Erikson von seinem Pferd half. Erst der zweite Blick auf die beiden Männer machte ihr deutlich, dass der Russe den Norweger eher herunterwuchtete, als ihm beim Absteigen zu helfen.

„Was ist mit ihm?“, fragte sie barscher, als sie es eigentlich vorgehabt hatte.

„Ich denke, es liegt an seiner Zauberei. Er hat wieder das Bewusstsein verloren.“

Sven war und blieb eben ein Weichei, dachte sie bei sich. Doch hatte der Eierkopf ihr und Koschkin den Arsch mit seinem Zauberspruch gerettet, daran gab es nichts zu rütteln.

„Bring ihn besser zu deiner kleinen Freundin und sag den Anderen, sie sollen nachrücken, aber sie sollen noch nicht die Brücke ansteuern.“

„Und du?“

„Ich werde bleiben und abwarten. Und jetzt hör auf zu quatschen, schnapp dir das Weichei und trab los!“

11. Ronja

Das Klirren eines Schlüsselbundes und das Klacken ihres Türschlosses weckten Ronja auf. Etwas träge richtete sie sich auf ihrem Bett auf. Außer zu essen und zu schlafen hatte sie nicht viel, womit sie sich die Zeit vertreiben konnte. Und Mahlzeiten bekam sie nur zweimal am Tag. Ein flüchtiger Blick aus der ovalen, an der längsten Stelle unterarmlangen Öffnung, die ihr als Fenster diente, erkannte sie, dass es für das Abendessen noch zu früh war. Frühstück konnte es auch nicht sein, denn sie hatte sich danach erst hingelegt und einen ganzen Tag hatte sie bestimmt nicht geschlafen, so wenig ausgelastet wie sie war. Während sie noch dabei war, sich den Schlafsand aus den Augen zu reiben, öffnete sich die Zimmertüre und zwei Amazonen betraten den Raum. Die Kriegerinnen postierten sich rechts und links vom Eingang des Zimmers und fixierten sie mit steinernen Mienen.

„Was wollt ihr?“ Ronjas Frage richtete sich an die ernsten Frauen, doch diese schwiegen. Stattdessen antwortete eine tiefe, der Prinzessin wohlbekannte Stimme für die Wächterinnen.

„Wir wollen Euch dabei helfen, wieder Euer Selbst zu erlangen, Prinzessin. Zu diesem Zweck werden wir eine gemeinsame Reise unternehmen.“

Ihre Mutter hatte tatsächlich die Füchsin geschickt. Die erste Reiterin vom Clan der Wogenden Wipfel hatte diesen Spitznamen nicht nur wegen ihres Haars, das die gleiche Färbung schmückte, wie sie auch das Fell eines Fuchses aufwies, sondern auch durch ihre Fuchsgesichtsmaske, die jedoch nur ihre linke Gesichtshälfte vollständig bedeckte. Welchen Makel diese Maske jedoch verbarg, wusste kaum jemand zu sagen, da die fähige Kriegerin diese schon lange trug, bevor sie zur Ersten Reiterin ihrer Mutter wurde.

„Was mich anbelangt, ist es um mein eigenes Selbst sehr gut bestellt, danke der Nachfrage. Und überhaupt! Wie soll mir eine Reise helfen?“

„Die Reise selbst wird Euch nicht heilen, Prinzessin. Doch die Weisen Frauen im Kloster von Laylay werden Euch sicher helfen können, wenn wir Euch in ihre Obhut übergeben haben.“

„Ich brauche keine Heilung, denn mir geht es ausgesprochen gut. Warum soll ich also in das Kloster von Laylay?“

„Die Königin ist dem Rat der Weisen Frauen gefolgt und wird auch selbst mit uns reisen.“

Nun war Ronja doch überrascht. Sie hätte nicht gedacht, wie wichtig sie für ihre Mutter war, dass sie ihre Genesung persönlich überwachen wollte.

„Wirklich? Mutter wird mich begleiten?“

„Wir werden gemeinsam reisen.“

Ronja wurde warm ums Herz, als sie diese Worte hörte. Doch die Nachfolgenden zermalmten diese Gefühle der Liebe wieder.

„Während Eurer Behandlung im Kloster von Laylay wird in dessen Nähe ein Kurtai abgehalten, an dem die Königin persönlich teilnehmen möchte und zu dem wir weiterreisen, wenn wir Euch in die Obhut der Weisen Frauen von Laylay gegeben haben.

---ENDE DER LESEPROBE---