Acht Stunden Schicht sind noch lange kein Tag - Verena-Ramona Volk - E-Book

Acht Stunden Schicht sind noch lange kein Tag E-Book

Verena-Ramona Volk

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Beschreibung

Verena-Ramona Volk, staatsexaminierte Krankenschwester OP/Anästhesie erinnert sich an die Zeit ihrer Ausbildung im Kreiskrankenhaus einer bayrischen Kreisstadt. Sie lebt heute in Sachsen-Anhalt. Ich möchte Sie als Leser mitnehmen in eine Zeit, die nicht nur im Kalender weit zurückliegt, die auch so ganz anders war als heute. Wenn man älter wird, die 60 überschritten hat, kommt man leicht ins Träumen und Erinnern, wird etwas traurig und denkt, dass früher alles besser war. Das stimmt vielleicht nicht, aber auf jeden Fall war es anders. Und davon möchteich erzählen.

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Für meine Schulschwester Maria Bathilde () im stillen Gedenken, für meine Schwester Birgit, für Ingrid, für Gerda und für Rosemarie

Acht Stunden Schicht sind noch lange kein Tag

Verena-Ramona Volk, staatsexaminierte Krankenschwester OP/Anästhesie erinnert sich an die Zeit ihrer Ausbildung im Kreiskrankenhaus einer bayrischen Kreisstadt. Sie lebt heute in Sachsen-Anhalt.

Verena-Ramona Volk ist in den ersten Lebensjahren im romantischen Ort Lauterbach aufgewachsen

Inhaltsverzeichnis

Vorwort der Autorin

Wie alles begann

Die Schule

Interdisziplinäre Intensiv

Ambulanz und Operationsabteilung

Innere Station Männer

Die Chirurgische Station Männer und Frauen

Pflege der Patienten

Anekdoten

Berufsende

Glossar

Geschichte der Krankenpflege

Quellen

Dank

Über die Autorin

Liliane Juchli - ihr Leben

Vorwort der Autorin

Ich möchte Sie als Leser mitnehmen in eine Zeit, die nicht nur im Kalender weit zurückliegt, die auch so ganz anders war als heute. Wenn man älter wird, die 60 überschritten hat, kommt man leicht ins Träumen und Erinnern, wird etwas traurig und denkt, dass früher alles besser war. Das stimmt vielleicht nicht, aber auf jeden Fall war es anders. Und davon möchte ich erzählen.

Ich bin im wunderschönen, verträumten Luftkurort Lauterbach im Mittelschwarzwald geboren, im Bezirk Freiburg im Breisgau, Landkreis Rottweil, und habe im Juli 1982 das Staatsexamen zur staatsexaminierte Krankenschwester (im späterem Verlauf zu OP/Anästhesie-Fachkraft) im Kreiskrankenhaus einer bayrischen Kreisstadt gemacht. Vom 1. Oktober 1982 bis 31. Mai 2012 war ich in vielen Einsatzgebieten des OP-Teams tätig, wo ich bis auf Sportmedizin alle meine Fähigkeiten eingebracht habe. Nicht nur als Lagerungsschwester, auch mit dem C-Bogen, gipsen, als Springerin (Anreichen von Sterilgut), Instrumentieren bis auf Sportmedizin alle Themengebiete mich eingebracht, habe ebenso im Anästhesiologischen gearbeitet. Meine Arbeit wurde durch einen Apoplex in der medulla oblungata jäh beendet. So kann es auch einer Vollschwester gehen, man ist selbst nicht gefeit vor Erkrankungen. Mein Beruf hat mir bis zum Ende mit verschiedenen renommierten Professoren am OP-Tisch, denen ich zur Hand gehen durfte, sehr viel Freude bereitet.

Jetzt, da ich das Buch schreibe, liege ich stationär in der Charité Campus Benjamin Franklin und es überkommen mich Eindrücke aus meiner Ausbildungszeit zur staatsexaminierten Krankenschwester. Ich blicke auf die Zeit an der Berufsfachschule für Krankenpflege zurück und lasse mein damaliges Leben Revue passieren. Es ist mein zweiter Aufenthalt in der Wirbelsäulenchirurgischen Station Haus B, sechster Stock, in der Charité Campus Benjamin Franklin. Ich schreibe hier meine Erinnerungen auf und möchte so einen Einblick in den Alltag einer Schwesternschülerin gegen Ende des letzten Jahrhunderts, ja sogar Jahrtausends geben.

Ich berichte, wie es mir gerade in den Sinn kommt. Die Ausbildung ist so lange her, dass ich mich nicht an eine genaue Reihenfolge erinnern kann und nicht mehr genau weiß, wann welches Ereignis stattgefunden hat. Aber das ist für Sie als Leser nicht so wichtig. Ich möchte Ihnen meine Eindrücke schildern, von schönen und traurigen Erlebnissen erzählen, die ich während dieser Zeit hatte, und Ihnen einen Einblick in eine Ausbildung geben, die so heute nicht mehr stattfindet. Alles hat sich verändert, die Technik, die Ansprüche, die Krankheiten und die Menschen. Es gibt heute einen Pflegenotstand, von dem wir damals noch nichts wussten. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Lesen und, dass Sie einen kleinen Eindruck von der damaligen Ausbildung bekommen.

Verena-Ramona Volk

Wie alles begann

Ich erinnere mich noch gut, wie ich mich zum ersten Mal mit meinem damaligen viertürigen Simca 1301 S in die Kreisstadt aufmachte. Die herbstliche Sonne schien und ich fuhr durch die Monokultur-Wälder. Vorbei an Kartoffel- und Maisfeldern, die noch nicht abgeerntet waren. Die flogen an mir vorbei, es ging durch kleine Dörfer. Es war gerade 15 Uhr, als ich in der Kreisstadt am Ortsschild ankam. Zur rechten Seite war ein großes, stattliches Gasthaus, danach überquerte ich einen kleinen Fluss. Die Straße führte gradlinig in die Stadt hinein. So musste ich das Tempo auf 50 Stundenkilometer herunterschalten und rollte so dahin. Vorbei an Wohnhäusern, auch an kleinen Geschäften, auch an einer Bäckerei. Links tauchte gleich darauf eine Einmündung auf, dann machte die Straße eine Kurve nach rechts und der Marktplatz präsentierte sich in seiner ganzen Größe. Rechts die römisch-katholische Kirche, daneben die Metzgerei, andere kleinere Geschäfte reihen sich ein, im historischen und neuzeitlichen Glanz. Es tat sich dabei eine weitere Kurve auf, aber ich musste rechts einbiegen, um zu dem Kreiskrankenhaus zu kommen, in dem ich ein Vorstellungsgespräch hatte. Ich ließ die Lokalredaktion links liegen lassen, um erneut nach links abzubiegen. Mit einem leichten Anstieg fuhr ich zum Kreiskrankenhaus hoch. Oben erwartete mich ein großer Parkplatz, der vor zwei beeindruckenden Gebäuden lag. Später im Gespräch erfuhr ich, dass das linke Gebäude das Schwesternwohnheim ist, in dem ich auch ein Zimmer erhalten würde. Die Dusche, das WC und die Küche sind für das gesamte sechste Stockwerk zugänglich. Die Miete wird gleich vom Gehalt einbehalten. Der rechte Bau ist die Klinik selber, mit sechs Stationen und einer Interdisziplinären Intensivstation.

Beim Einstellungsgespräch für die Berufsfachschule für Krankenpflege durch den Anästhesiechefarzt Dr. med. G. stellt sich heraus, dass mir mit dem Einjährigen doch einiges an Fachwissen fehlt. So würde ich dann in den zweiten Kurs (1979 bis 1980) als 21. Schülerin aufgenommen werden.

Das sechsstöckige Schwesternwohnheim, die Balkone sind die Aufenthaltsräume des jeweiligen Stockwerks

Liliane Juchlis „Das Pflege-Lehrbuch mit Wissenswertem war mir bekannt und half, prä-, operative und postoperative Vorgänge zu verstehen. „Aseptisch, keimfrei, septisch und Hygiene“ waren die wichtigsten Begriffe. „Therapieresistent oder inoperabel“ hingegen noch Fremdwörter, das Fach Ethik etwas ganz Neues, wurde vom hiesigem Pfarrer geleitet. Sterben, Tod oder Zweifel, die Frage „warum, weshalb gerade mein Mann“, damit waren wir Schülerinnen schon manchmal am Ende unserer Weisheit angelangt. Krankheitslehre, Anatomie des Körpers, Die Themen Ernährungslehre, Medikamentenkunde und deren Wirkungsweise, Innere I und Innere II, ebenso über die Fachbereiche Allgemeine und Spezielle Infektionslehre, oder gar die Psyche in der Psychiatrie und der Psychologie, Derma und Gynäkologie, auch die Chirurgie und noch viele andere mehr, flogen uns um die Ohren. Pflege ist umfangreich und wird auch nötig im Alltag.

Das Kreiskrankenhaus lag in einem schönen bayrischen-schwäbischen Landkreis, auf dem Gelände, wo auch alle Chefärzte ihre Häuser hatten. Ebenso war ein Gymnasium in der unmittelbaren Umgebung. Die Wache des Bayrischen Roten Kreuzes lag an der Hauptstraße, in Richtung der nächsten Kreisstadt, Dillingen an der Donau. Die römisch-katholische Pfarrkirche Sankt Martin am Marktplatz im Stadtkern, wo die Bevölkerung sich auch gerne traf. Ganz in der Nähe war das Gebäude, wo die Lokalredaktion der schwäbischen Presse, den Lokalteil für die Kreisstadt fertigte. Metzgerei, Bäckerei, auch für das leibliche Wohl war gesorgt, ein Café - dort gab es ein sehr gutes Eis - Gaststätten am alten Schloss. Diese überschaubare Stadt hatte zu der Zeit noch teilweise einen bäuerlichen Charakter. Auch gab es ein Polizeirevier und die Freiwillige Feuerwehr, welches auf dem ehemaligen Gelände des alten Krankenhauses erbaut wurde. Es ging beschaulich zu. In der Nachbarschaft des Kreiskrankenhauses ist das Altenheim auch angesiedelt.

Meine Mitschülerinnen kamen aus dem Landkreis bzw. von den angrenzenden Grenzstädten und Dörfern. Wir hatten noch gute 24 Monate zusammen zu lernen, wie auch miteinander zu arbeiten. Es war eine Zeit ohne Stress. In diesem Kreiskrankenhaus haben folgende Chefärzte ihre Arbeit gemacht:

Schulleiter, CA Gynäkologie Dr. med. Sch., CA Innere Dr.med. V., CA Chirurgie Dr. med. W. und CA Anästhesie Dr. med. G. und pro Abteilung gab es einen oder zwei Oberärzte, weiterhin auch noch für jede Station/Abteilung einen Stationsarzt. Diese hielten auch in der Krankenpflegeschule Unterricht in den jeweiligen Fächern. Die Ordensfrauen hatten ein Refektorium, sie wohnten ebenfalls im Schwesternheim im fünften Stock, bzw. zwei hatten im sechsten Stock ihre Zimmer: Die Oberin Schwester Maria K., die Leitung der Küche Schwester Maria U., die erste Schulschwester Maria Bathilde, die Leitung vom Röntgen oblag Schwester Maria V., in der Interdisziplinären Intensiv war Schwester Maria A., im OP Schwester Maria H. in den Stationen eins bis vier: Wöchnerinnenstation Schwester Maria D. (1), auf der Frauenstation Schwester Maria A. (2), die Schwester Maria A. (3 Chirurgie) und auf dem gleichen Stockwerk für Frauen Schwester Maria L. (4 Chirurgie). Auf den beiden internistischen Stationen, der Kinderstation (Säuglingsstation) und im Archiv, wie im Labor, gab es weltliche Leitungen. Es war überschaubar und man kannte sich. Sowohl die Vollzeitkräfte, wie auch wir Schülerinnen, vom ersten bis zum dritten Kurs. Es gab vieles zu sehen, zu lernen und auch den erlernten Stoff aufzuarbeiten.

Während ich im Bett liege und meine Erlebnisse von 1980 bis 1982 niederschreibe, erkenne ich, wie die Zeit bis heute den Pflegeberuf verändert hat. Wir hatten noch Zeit für den Patienten, und es wurde auch noch nicht jede Handlung wie Zuhören oder Gespräche führen abgerechnet, wie es heute der Fall ist. Auch hat sich die Medizin gewaltig verändert.

Was hat unsere damalige Hebamme Frau F. geleistet. Sie fuhr noch mit dem Motorrad zu den einzelnen Bauernhöfen in der Umgebung, um dort die Entbindung vor Ort durchzuführen, und sie hat viele Kinder auf die Welt gebracht. Sie kamen nicht im alten Kreiskrankenhaus auf die Welt, da die Bäuerinnen schon nach wenigen Tagen wieder auf dem Hof mitarbeiten mussten. Nicht wie heute, wo man sechs Wochen vor und danach acht Wochen Ruhe geben muss. Heute kommen die Hebammen nach der Entbindung ins Haus der Wöchnerin, um zu schauen, wie es dem Kinde geht und ob alles gut gegangen ist, wie es mit der Gewichtszunahme ist, und ob die Mutter keine Eklampsie hat.

Längst haben Roboter in der Medizin Einzug gehalten. Sei es das „da-Vinci-Operationssystem“ in der Urologie für die Prostata-OP (mit sechs Instrumenten), oder in der Gynäkologie (Uterus-OP mit vier Instrumenten). Es kommt Wehmut hoch, wenn man den heutigen Pflegenotstand im Vergleich zu 1980 bis 1982 betrachtet. Heute fehlen im Bundesgebiet gut und gerne 50.000 Pflegepersonen. Wenn man die Verweildauer der Patienten von damals betrachtet: Gallenblasen-OP drei Wochen, zwei Tage auf der Intensiv, nach einem Rippenbogenrandschnitt rechts, von Aufstehen war erst gar keine Rede. Heute werden für die gleiche Operation etwa fünf Tage veranschlagt (Minimalinvasiv/Laparoskopie), die Fäden zieht der Hausarzt. Es sind heute nur noch vier Fäden, die sich inzwischen zum Teil selber auflösen. So werden auch die Kosten verringert, was auch bedeutet, dass gravierend gekürzt in der modernen Medizin wird. Aber der Mensch ist heute wie gestern immer noch anatomisch der gleiche. Es hat daran nichts geändert, aber die Techniken wurden verbessert. Was sich aber geändert hat, sind die Erkrankungen, es treten vermehrt MRSA-Infektion, HIV, AIDS, Hepatitis auf, um nur einige zu nennen. Und die heutigen Möglichkeiten, nach Unfällen das Leben zu retten.

Wie schön lag damals das Kreiskrankenhaus auf dem Berge und was ist heute daraus geworden? Kein Vergleich zu gestern, nein, man entwickelt sich nach vorne, in die Zukunft. Auch vor einem Kreiskrankenhaus macht die Veränderung nicht halt. Wenn man die Uhr nochmals zurückdrehen könnte in die „gute alte Zeit“, wie man es dann erleben würde? Das erscheint in einem anderen Licht, wenn man selbst Patientin ist und keine staatsexaminierte Krankenschwester mehr. Viel Freude auf den kommenden Seiten.

Die Schule

Hintergründe zum Berufswunsch

Das Arbeiten als Schülerin

Alle drei Wochen Schule

Schülerin und Fragen zum Ablauf

Erinnerungen an die Schule

Der Arbeitsablauf eines Tages

Unser Merkspruch

Hintergründe zum Berufswunsch

Wie kam ich zur Krankenpflege? Das liegt gute 14 Jahre zurück. In der Früh vor dem Gottesdienst sah ich auf einer Wiese eine leblose oder schlafende Person liegen. Am Nachmittag lag sie immer noch da. So bat ich einen Erwachsenen (ehemals Kripobeamter) um 20 Pfennige für das Telefon. Ich bekam die zwei Zehnerle, um die Polizei anzurufen. Die Aufregung bei mir war groß, die 110 an der Wählscheibe zu drehen in dem Telefonhäuschen, das in der Nähe stand. Sie fragten mich, weshalb ich denn anriefe, ich teilte ihnen mit, in der Wiese liege eine männliche Person und die rühre sich nicht mehr. Als sie dann ankamen, gingen sie mit mir zu der männlichen Person, haben gelästert, der sei besoffen, der schlafe seinen Rausch aus, aber sie dankten mir dennoch, und sagten: wir nehmen ihn mit. So zogen sie ihn hoch, er musste mehr geschleppt werden, als er zu Fuß gehen konnte, zu dem dunkelgrünen Volkswagen Bus T1, wo er hinten am Wagenboden zu liegen kam.

In diesem Auto, hier als Modell der Marke WIKING - VW Bus T1, wurde der betrunkene Mann abgeholte, der mein erster Erste-Hilfe-Fall wurde

Dann fuhren sie ab ins Revier und haben mir nochmals einen Dank ausgesprochen. Das war meine erste „Erste Hilfe“.

Lang ist es her und seither habe ich vielen Menschen helfen dürfen und können. Aber, um in den Beruf einsteigen zu können, war es ein weiter Weg. Schule, Ausbildung, ehrenamtlicher Dienst im BRK. Eine einjährige Ausbildung zur Krankenschwesterhelferin gingen voraus, um herauszufinden, will ich das wirklich erlernen? Ich wollte es und ich muss heute schreiben, ich bereue den Schritt nicht.

Den Aufbau des Rettungsdienstes konnte ich noch miterleben. Auch, um in meinen Beruf zur staatsexaminierten Krankenschwester zu kommen, waren viele Stunden abzuleisten. Es gab Höhen und Tiefen in meinem pflegerischen Leben. Was ein Mensch leistet, wie er in der Gesellschaft gesehen wird und wohin uns das bringt, das hängt auch von der jeweiligen Zeit ab.