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Voller Spannung hören der Schuppacher-Bauer und seine Frau dem alten Hausierer Philipp zu.
"Ein Prachtdirndl hätt ich noch", erzählt der gerade grinsend. "Net zum Verkaufen, aber zum Heiraten für euren Hannes. Zwanzig ist sie und bildsauber, die einzige Tochter eines reichen Bauern. Geld wie Heu hat sie, und anständig, lieb und herzensgut ist sie obendrein."
Die Schuppacherin ist voller Misstrauen. "Wenn das Dirndl so fesch und lieb ist, warum such es sich seinen Mann dann net selbst aus?", will sie wissen.
Aber den Grund dafür verrät der alte Philipp nicht, auch nicht den Namen des Madels. Und das soll für den jungen Hannes schlimme Folgen haben ...
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Seitenzahl: 108
Cover
Impressum
Was am Adlersee geschah
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Anne von Sarosdy / Bastei Verlag
Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-4433-2
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Was am Adlersee geschah
Ergreifender Roman um eine schicksalhafte Begegnung
Von Toni Eibner
Voller Spannung hören der Schuppacher-Bauer und seine Frau dem alten Hausierer Philipp zu.
»Ein Prachtdirndl hätt ich noch«, erzählt der gerade grinsend. »Net zum Verkaufen, aber zum Heiraten für euren Hannes. Zwanzig ist sie und bildsauber, die einzige Tochter eines reichen Bauern. Geld wie Heu hat sie, und anständig, lieb und herzensgut ist sie obendrein.«
Die Schuppacherin ist voller Misstrauen. »Wenn das Dirndl so fesch und lieb ist, warum sucht es sich seinen Mann dann net selbst aus?«, will sie wissen.
Aber den Grund dafür verrät der alte Philipp nicht, auch nicht den Namen des Madels. Und das soll für den jungen Hannes schlimme Folgen haben …
Vater und Sohn standen einander wie Todfeinde gegenüber. Die Hände hielten sie zu Fäusten geballt, die Köpfe vorgereckt wie Stiere beim Angriff. Auf der Waldwiese trocknete das Heu.
Die Sonne war gerade erst über den Plochenstein gestiegen und brannte schon heiß auf das Land nieder. Unbeherrscht zornig griff Hannes Schuppacher ins Heu und hielt es dem Vater hin.
»Da! In einer Stunde ist es staubtrocken, und du willst es heute noch einmal auf die Raufen hängen?«
»Obergescheiter!«, grollte der Altbauer. »Du hast es genauso gut wie ich im Radio gehört, dass am Nachmittag Gewitter kommen werden.«
»Noch steht keine Wolke am Himmel«, trumpfte Hannes auf.
Sepp Schuppacher lachte verächtlich. »Von dir hätt’ ich ein gescheiteres Reden erwartet. Oder weißt du nicht, dass über die Felswände das ärgste Unwetter binnen einer Stunde aufsteigen kann? Wie die Sonne brennt …«
Diesmal griff der junge Bauer das Stichwort auf und lachte selbstbewusst. »… trocknet sie das Heu binnen einer Stunde. Die Gewitter sind erst für den Nachmittag angesagt. Bis dahin haben wir alles Heu eingebracht.«
»Alles Heu bis Mittag eingefahren? Du spinnst, Bub! Und wenn der Regen unser bestes Heu unbrauchbar macht?«
Der Widerstand des Vaters war schon viel schwächer geworden. Dafür stieß Hannes einen Jauchzer aus und schrie seinen zwölf Dienstleuten zu: »Auf geht’s! Zeigen wir’s dem Alten, dass wir es packen!«
Damit er auf keinen Fall der Verlierer sein würde, brummte der Altbauer noch: »Leute, wenn ihr das schafft, gibt’s heute am Abend in der ›Krone‹ für jeden eine Maß Freibier. Oder auch zwei!«
Der Jubel verdoppelte sich. Hannes wollte auch keinen Ärger mit dem Vater, klopfte ihm auf die Schulter und sagte: »Dank dir. Du bist schon ein feiner Kerl!«
Die nächste Stunde arbeiteten die Leute vom Schuppacher-Hof wie besessen. Vom Himmel brannte unbarmherzig die Sonne. Schon hetzte der Sepp mit dem Traktor daher, und die zwei mächtigen Pferde waren mit dem Leiterwagen auch nicht viel langsamer.
Um elf war erst die Hälfte vom Heu der Waldwiese eingefahren. Ein Bub schleppte vom Hof einen großen Korb mit der Brotzeit herauf, aber die Großmagd schrie ihm schon vom Weitem entgegen: »Nix da. Zum Essen haben wir heut’ keine Zeit!«
Damit machte sie Hannes Schuppacher zornig. Er putzte sie zusammen: »Allweil langsam, Hedi! Bestimmen tu auf dem Hof noch immer ich! Leute, zehn Minuten für die Brotzeit! Wer sich ausruht, ordentlich isst und den Durst mit Most löscht, arbeitet nachher dreimal so viel!«
Und so war es. Das Verschnaufen tat den Mädchen und Knechten gut. Kaum hatten sie den letzten Bissen hinuntergeschlungen und mit ein paar Schlucken Most nachgespült, sprangen sie wieder auf und packten mit neuen Kräften zu.
»Bauer, über der Plochensteinwand steigen weißen Wolken auf«, sagte der Kuno.
Hannes zuckte die Schultern. »Na und? Bist du etwa unter die ängstlichen Weiber gegangen? Solang es nicht blitzt und kracht, kannst du auf dem Traktor bleiben und weiterarbeiten.«
Der Kuno überhörte »ängstliche Weiber« und warnte seinen jungen Bauern: »Vorsicht! Die Pferde spüren schon den Wetterumsturz. Wenn es ordentlich kracht, gehen sie dir durch!«
»Meine Sorge!« Hannes Schuppacher machte weiter und spornte seine Leute zu noch mehr Anstrengung an.
Als vom Dorf her das Mittagsläuten einsetzte, schleppte Kuno mit dem Traktor den vorletzten Heuwagen zum Hof hinunter. Zwei Minuten später zischte ein Blitz aus dem dunkelgrauen Wolkenturm in den Plochenstein. Das gab einen Schnalzer, dann einen Kracher, und die zwei mächtigen Pferde stiegen entsetzt auf. Der junge Bauer konnte sie kaum niederhalten.
Noch fünf schwere Gabeln voll Heu stemmte die Gitta auf den hochbeladenen Wagen. Hannes war hinaufgeklettert, legte den Baum über das Heu und sprang schon wieder herunter. Mit der Dirn zerrte er an den Seilen und band den Baum nieder. Wie sich die Gitta anhängte, brachte sie fast die Kraft eines Knechts auf, denn sie war gut gestellt.
»Heim geht’s!«, schrie ihr der Bauer zu. »Geb’s Gott, dass uns der Wolkenbruch nicht erwischt. Das wär ein Triumph für meinen Vater.«
»Ich fahr mit«, rief die Gitta. »Fahr schon zu!«
»Net aufsteigen! Wenn die Pferde durchgehen, ist ein Sturz vom Heuwagen lebensgefährlich!« Schon rannte er vor, löste die Bremse und schrie den beiden Pferden zu. »Auf! Jetzt aber hü, denn sonst erwischt uns das Gewitter! Los!«
Die Braunen warfen sich ins Geschirr, weil sie die Angst vor dem nahenden Unwetter ohnehin schon unruhig gemacht hatte. Abwärts ging es außerdem, erst über die Wiese, dann in den Hohlweg. Hannes hielt die mächtigen Tiere ohnehin mit aller Kraft zurück und zog die Bremse an, aber beim nächsten Donnerschlag hätte es fast nicht geklappt.
In panischer Angst stürmten sie weiter. Da blieb ihm keine andere Wahl, er musste sich vorn auf den Wagen schwingen.
Wie die wilde Jagd ging’s dahin! Im Hohlweg kamen einmal die linken Räder aus der Spur. Viel fehlte nicht, und der Wagen wäre gekippt. Gefährlich neigte sich die hoch aufgeladene Last, sank aber wieder zurück.
Dann der Wiesenweg zum Hof. Die Tiere kannten den Weg und wussten, was sie tun mussten. Kurz vor der Scheune sprang Hannes vom fahrenden Wagen, erwischte ein Pferd beim Geschirr und führte sie beide auf diese Weise zu der steilen Rampe hinauf.
Vor Anstrengung und Gewitterangst zitternd, standen die Pferde still. Auch Hannes lehnte sich erschöpft gegen die Scheunenwand. Schon im nächsten Augenblick schreckte er wieder auf, denn da hörte er ein leises Wimmern. Er kletterte auf den Wagen, und dort lag die Gitta im Heu. Noch ganz blass war sie vor Angst.
Um die Wut des jungen Bauern zu besänftigen, flüsterte sie gleich: »Du, ich hab schon meine Sünden abgebüßt! So eine Fahrt, du spinnerter Teufel!«
In der nächsten Sekunde trommelte es hart auf die Dachschindeln. Regen, sturmgepeitscht, vermischt mit Hagel. Hannes konnte das alles noch nicht fassen.
»Dirndl, wenn du vom Wagen gefallen wärst, hättest du dir den Hals gebrochen!«
Sie lachte schon wieder. »Wär’ ich nicht mitgefahren, so könnt’ mich jetzt der Hagel glatt erschlagen! Bauer, hab ich zur Belohnung für die letzte Fuhre gar nichts verdient?«
»Am Abend beim Wirt …«
»Jetzt!,« lockte sie. »Wenigstens ein Busserl im Heu! Das ist noch lang keine Sünd!«
Grad er, der schneidigste Bauer, wollte nicht als Trau-mich-nicht dastehen. Also gab er ihr ein Busserl, von dem er überzeugt war, dass es noch keine Todsünde sein konnte. Das machte ihr aber nur einen richtigen Appetit, und dann zeigte sie ihm, was sie unter einem Busserl verstand.
»Geh weiter!«, wehrte er sie ärgerlich ab und wischte sich sogar mit dem Hemdsärmel über den Mund. »Du weißt, dass ich für so gefährliche Liebschaften nichts übrig hab. Außerdem: Wenn uns mein Vater erwischt, kommt er mit dem Stecken!«
»Was du nicht sagst!« Sie lachte übermütig, und ihre Augen blitzten nur so. »Ich hab gemeint, du wärst der Bauer. Dazu noch der Beste, der Größte, der Schneidigste! Wie man sich doch irren kann!«
***
»Ich hab meine Wette verloren!«, freute sich der alte Schuppacher am Abend im Wirtshaus. »Nie hätt’ ich gemeint, dass der Hannes mit den paar Leuten, einem Traktor und zwei Rössern alles Heu von der Waldwiese einfahren kann! Wo doch jede Fuhre durch den Hohlweg hat kommen müssen! Aber alle Leute vom Hof sind pfundig in Ordnung! Und mein Bub ist halt der Beste!«
»Langt schon, Vater!«, unterbrach ihn Hannes lachend. »Hauptsache, du zahlst, was wir heute trinken!«
In der Gaststube der »Krone« herrschte eine Bombenstimmung. Am Stammtisch der Prominenten flachste der Bürgermeister Gottfried Schwenghammer zum jungen Schuppacher: »Für das, was du trinkst, muss dein Vater nicht tief in den Geldbeutel greifen!«
Damit konnte er den Hannes auch nicht anstacheln, mehr zu trinken, sondern der sagte nur: »Akkurat beim Saufen muss ich nicht der Beste sein. Immer klaren Kopf behalten, das ist wichtig!«
Neben dem Bürgermeister saß dessen Tochter, die Herta. Mit ihren zwanzig Jahren war sie ein bildsauberes Dirndl mit allem, was sich ein Bauernsohn wünschen konnte: Prachtfigur, hübsches Gesicht, Goldhaar und tiefblaue Augen; dazu ein sündteures Festdirndl und am Blusenausschnitt ein alter, wertvoller Bauernschmuck.
Jetzt nickte sie dem Hannes beifällig zu und sagte: »Mit dir kann sich so leicht keiner messen. Bist du eigentlich bei den Dirndln auch so schneidig?«
Hannes ärgerte sich. Er fühlte den Blick der Gitta auf sich. Eigentlich saublöd, dass man sich ausgerechnet für seine Anständigkeit schämen sollte! Denn ein ganz so großartiges Heldenstückl wäre es nicht gewesen, die Gitta auf dem Wagen ins Heu zu drücken!
Darum sagte er jetzt zur Schwenghammer-Herta: »Wenn einmal die Liebe zu mir kommt, werd’ ich meinen Mann stehen. Um mein Weib muss sich bestimmt keiner sorgen, und die gewissen Helfer werd ich auch nicht brauchen. Aber für leichtfertige Liebschaften hab ich keine Zeit und keine Lust. Weißt du, Herta, ich hab vor zwei Jahren die Kellnerin aus dem Mühlbach gezogen, die Gerti. Tot. Ein liebes Dirndl. Nur halt leichtfertig und gutgläubig. Wie ich sie so getragen hab, da hab ich mir geschworen: Ich möchte einmal kein solcher Lump sein!«
»Eigentlich schön von dir, Hannes«, sagte die Herta leise, und in ihren Augen lag ein weicher, fast schon verräterisch zärtlicher Schimmer.
»Dazu hocken wir aber nicht beisammen!«, unterbrach der Bürgermeister sein Dirndl. »Wenn du dem Hannes schöntun willst, hast du ein andermal Zeit. Mein Anliegen: Wir brauchen einen, der uns in zwei Wochen beim landwirtschaftlichen Wettkampf in Schaffau vertritt. Jedes Dorf darf nur einen Mann stellen. Schuppacher, da hab ich gleich an deinen Hannes gedacht.«
»Ganz klar«, meinte der Altbauer.
Und sein Sohn lachte mit der Leichtfertigkeit eines Vierundzwanzigjährigen: »Wenn es nur um die Arbeit geht, könnt’ ich meinen Mann stehen. Oder gar ums Bergsteigen? Da kommt mir auch keiner vor! Nur das Busseln darf nicht dabei sein!«
Alle Leute in der Schankstube lachten. Bloß der Jäger dachte im Stillen, dass er vielleicht in der Felswand genauso schnell sein könnte wie der Schuppacher-Sohn. Aber anlegen wollte er sich mit ihm auch nicht, denn er kannte den Ehrgeiz von Vater und Sohn.
»Um was geht es?«, fragte der Altbauer.
»Ums Wettpflügen«, antwortete der Bürgermeister Gottfried Schwenghammer. »Derjenige gewinnt, der mit dem Traktor am schnellsten pflügt, gleichbleibende Furchentiefe, gerade Linien und noch mehr. Alsdann?«
Hannes musste nicht lang überlegen, sondern sagte gleich: »Darin könnt’ ich Floßbach gut vertreten. Wenn ich unbescheiden wär’, tät’ ich sagen: Ich wette auf Sieg!«
Jubelgeschrei brach los, aber der Bürgermeister dämpfte die Leute gleich nieder.
»Keine Vorschusslorbeeren für unseren Hannes! Erst muss er den Pokal gewonnen haben, nachher dürfen wir ihn feiern. Wenn er den Hauptpreis gewinnen will, muss er auch noch beim Baumfällen einen guten Platz belegen und zuletzt beim Flößen auf dem Wildwasser.«
Aus dem Gesicht des Schuppacher-Altbauern war alles Lächeln gewichen, aber sein Sohn sagte: »Versteht sich. Wer in allem der Beste sein will, muss auch in allem zum Wettbewerb antreten. Mit dem Baumfällen hätt’s bei mir keine Schwierigkeiten, aber als Flößer hab ich nicht viel Erfahrung. Wir machen das mit Maschinen und Traktoren, weil wir keine Kleinhäusler sind!«
Das klang wieder recht angeberisch, aber die Mägde und Knechte spendeten ihm dennoch reichlich Beifall. Auch der Schuppacher-Vater war nicht mehr aufzuhalten und bestand darauf: »Du musst meinen Buben für alle drei Bewerbe anmelden, Schwenghammer! Wettpflügen allein ist ein Schmarren, das könnt jedes Knechtl gewinnen. Also?«
Auch die Herta vom Bürgermeister war dieser Meinung. Überhaupt kreischten die Dirndl und Weiberleut vor Begeisterung. Nur der Schwenghammer-Gottfried zögerte und warnte den Hannes: »Flößen ist eine Kunst, die man gelernt haben muss. Viel Übung hast du bis jetzt nicht, denn du hast nur dreimal ausgeholfen. Hannes, muss ich es dir sagen, dass die Arbeit als Flößer gefährlich ist? Vor einem Jahr hat es einem den Fuß abgeschlagen, vor drei Jahren einem die Brust zwischen zwei Baumstämmen zerquetscht.«
»Hab ich Angst?«, fuhr der Hannes zornig auf. »Bürgermeister, entweder du meldest mich für alle Bewerbe an, oder du kannst dir einen anderen suchen, der unser Dorf vertritt!«
***
Von der Bezirkszeitung kam ein Reporter nach Floßbach und suchte den Schuppacher-Hannes auf seinem Hof auf.