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»Seit dem Tode ihres Vaters und der geplatzten Hochzeit mit dem Toni ist die Berta wie verwandelt: stolz und hartherzig.« So hat man Hannes Schneider gewarnt, bevor er sich als Knecht auf dem Moosbichler-Hof bewarb. »Sie läuft im Arbeitsgewand ihres Vaters herum, hat sich die Haare abgeschnitten und lässt sich von allen mit ›Bauer‹ anreden.«
Doch Hannes lässt sich nicht abschrecken, er will schließlich auf dem Hof nur arbeiten.
Und dann steht er das erste Mal vor seinem jungen »Bauern« und sieht in den schönen, braunen Augen einen so heftigen Schmerz, dass es ihm einen Schlag versetzt.
Hannes ahnt sofort, dass hinter der abweisenden Maske ein zutiefst verletztes, unsicheres Madel voller Sehnsucht steckt. Und an dieses verliert er vom ersten Moment an sein Herz, während er sich mit seinem »Bauern« ständig in den Haaren liegt ...
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Seitenzahl: 117
Cover
Impressum
Entlassungsgrund: Liebe
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Bastei Verlag / Wolf
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7325-9867-0
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Entlassungsgrund: Liebe
Dramatischer Roman um die verbotenen Gefühle einer Bäuerin
Von Toni Eibner
»Seit dem Tode ihres Vaters und der geplatzten Hochzeit mit dem Toni ist die Berta wie verwandelt: stolz und hartherzig.« So hat man Hannes Schneider gewarnt, bevor er sich als Knecht auf dem Moosbichler-Hof bewarb. »Sie läuft im Arbeitsgewand ihres Vaters herum, hat sich die Haare abgeschnitten und lässt sich von allen mit ›Bauer‹ anreden.«
Doch Hannes lässt sich nicht abschrecken, er will schließlich auf dem Hof nur arbeiten.
Und dann steht er das erste Mal vor seinem jungen »Bauern« und sieht in den schönen, braunen Augen einen so heftigen Schmerz, dass es ihm einen Schlag versetzt.
Hannes ahnt sofort, dass hinter der abweisenden Maske ein zutiefst verletztes, unsicheres Madel voller Sehnsucht steckt. Und an dieses verliert er vom ersten Moment an sein Herz, während er sich mit seinem »Bauern« ständig in den Haaren liegt …
»Nur ein paar Minuten«, flüsterte Berta Moosbichler.
Weit und breit war niemand, der sie und den Toni belauscht hätte, aber in der jungen Bauerntochter war eine mädchenhafte Scheu. Sie sah auch noch beinahe wie ein Schuldirndl aus: sehr schlank mit braunen Augen und vollen, rotbraunen Zöpfe.
Im Vergleich zu ihr wirkte der Hübl-Toni noch größer, als er tatsächlich war. Sie reichte ihm kaum bis an die Schultern. Wenn er seinen mächtigen Brustkorb dehnte, konnte er damit Lederriemen sprengen. Dazu war er noch ein Bauernsohn! Deshalb passten die Berta und er gut zusammen. Geld würde einmal zu Geld kommen. Nur die Ratschweiber wussten manches besser: Dass der Hübl niemanden liebhatte als sich selbst, dass er ein Windhund war und mehr in Mädchenkammern einstieg als auf seinem Hof arbeitete.
Bei der Berta beklagte er sich jetzt: »Du hast allerweil nur ein paar Minuten Zeit! Man könnt’ fast meinen, unsere Hochzeit wär’ dir unwichtig!«
»Was du nicht sagst!« Liebevoll legte sie ihre Arme um seinen Nacken.
»Es wird ein gutes Jahr«, stellte er fest. »Ich hab mir gestern eure Felder angeschaut. Die Frucht steht gut. Bei den augenblicklichen Preisen macht das etwas aus. Also, Berta, wann heiraten wir?«
Wenigstens ein paar liebe, zärtliche Worte hätte sie schon hören mögen. Darum bat sie: »Gelt, Toni, sag mir erst, ob du mich überhaupt lieb hast!«
Er streichelte flüchtig über ihr Haar, dessen Braun in der Sonne einen rötlichen Schimmer bekam.
»Du weißt doch, dass ich dich lieb hab! Warum wär’ ich sonst da?«
Als er sich das sagen hörte, wurde ihm selbst klar, dass seine Worte nicht besonders verliebt und leidenschaftlich klangen. Um das wettzumachen, gab er ihr ein Busserl auf die Stirn, eines auf den Mund und ein drittes auf die Nasenspitze.
Die Moosbichler-Berta fragte: »Wann tätest du denn gern heiraten?«
Er setzte sich auf einen Balken, der an der Stadelwand lag, und zog die Berta an seine Seite. Er hielt ihre Hand, streichelte ihr übers Gesicht.
»In zwei Monaten könnten wir Mann und Frau sein. Ich red’ gleich mit dem Hochwürden wegen des Aufgebots. Ist doch klar, dass dein Hof einen Bauern braucht …«
Das hätte er nicht sagen dürfen, denn die Berta richtete sich steif auf.
»Täusch dich net, Toni! Mein Hof hat einen Bauern! Das sollst du nicht vergessen, wenn es dir gar so eilig ist mit dem Heiraten!«
Einen Augenblick lang zögerte der Hübl-Toni tatsächlich, aber dann verhaspelte er sich noch tiefer, denn er wischte mit der Hand durch die Luft und meinte: »Ach so, deinen Vater meinst du. Na, der …«
Damit verdarb er der Berta alle Freude am Beisammensein. Sie stand schnell auf und streifte sich die Schürze glatt.
»Du, ich warne dich!«, mahnte sie. »Verspekulier dich nicht, wenn du bald auf meinen Hof spekulierst! Mein Vater ist krank, aber sterben tut er noch lang nicht! Darauf wollt’ ich auch gar nicht mein Glück aufbauen, denn ich hab meinen Vater sehr, sehr lieb.«
»Lieber als mich?«
Auch der Toni war aufgestanden. Die Berta schaute ihn verständnislos an.
»Ja, Toni, willst du vielleicht gar auf meinen Vater eifersüchtig sein? Einen Menschen wie ihn findet man nicht so bald wieder. Der Vater versteht mich, er hängt an mir. Noch kein hartes Wort hab ich von ihm gehört. Toni, ich bete oft, dass mein Vater bald wieder gesund werden soll.«
Bei ihrer langen Rede hatte sich der junge Hübl-Toni wieder gefangen. Reuig bettelte er: »Du darfst mich doch nicht missverstehen, Berta! Ich wünsche ihm auch nur alles Gute. Ist es schlecht, dass ich auf alles und jeden eifersüchtig bin, wenn er mir ein Stück Herz von dir nimmt?«
Damit gewann der Toni sie zurück. Sie nahmen zärtlich voneinander Abschied, aber vom Heiraten redeten sie nicht mehr.
Während die Berta über die Wiesen lief, kam sie nicht viel zum Denken, denn da geriet sie außer Atem. Zwischen den Häusern musste sie langsamer gehen. Der Toni war zwar mit ihr versprochen, aber ihre Liebe zu ihm war doch nur ihre Angelegenheit.
Weil sie also langsamer ging, dachte sie über sich und den Toni nach. Sie sagte sich leise vor: »Er hat mich bestimmt lieb. Aber er ist auch Bauer mit Herz und Seele. Das bleibt ihm sogar, wenn er mich busselt. Er denkt doch allerweil nur an die Arbeit, an den Hof, an unsere Zukunft!«
Solche Überlegungen machten sie wieder froh.
***
Alle Fröhlichkeit verging ihr, als sie vor dem Haustor den Pferdewagen des Doktors stehen sah.
»Vater«, flüsterte sie. »Jessas, wenn du nur wieder gesund werden tätest! Was fang’ ich ohne dich an?«
Auf dem Hof kam ihr die Vordorf-Gretl entgegen, die bei ihnen Großmagd war. Sie flüsterte der Berta zu: »Der Doktor ist schon eine halbe Stund’ bei deinem Vater. Wenn das nur nicht heißt, dass …«
»Still!«, konnte ihr die Moosbichler-Berta nur zuflüstern.
Der Doktor kam aus dem Wohnhaus, an seiner Seite die Bäuerin. Er sagte: »Gelt, Moosbichlerin, wenn das Fieber nicht sinkt, machst ihm noch einen Wickel.«
»Ja, Herr Doktor, ich halt’ mich genau daran, wie du’s sagst.« Unwillkürlich hatte die Rosa Moosbichler die Hände gefaltet.
In diesem Augenblick entdeckte Dr. Gerhard Strackel die Berta. Der hatte er auch vor zwanzig Jahren auf die Welt geholfen. Sein Gesicht wurde sonnig.
Die Berta trat auf ihn zu und drückte ihm ein Busserl auf die Wange. Für sie war er fast etwas wie ein Oheim. Aber sie las in seinen Augen und fragte: »Der Vater?«
»Unkraut vergeht nicht so schnell.« Der Doktor lachte. »Wir sind miteinander in die Schule gegangen, der Moosbichler und ich. Alsdann wird er mir auch in der letzten Stunde nicht gar so weit voraus sein wollen. Ich hab noch wenigstens zwanzig Jahre. Taugt dir die Antwort?«
Berta nickte. Jetzt traten ihr vor lauter Erleichterung doch die Tränen in die Augen.
Sie ging ins Haus.
Der Bauer lag in einer Kammer. Seit zwei Jahren schlief er nicht mehr im ehelichen Schlafzimmer, weil er die Rosa nicht mit seinem trockenen, oft qualvollen Husten um die Nachtruhe bringen wollte. Als er die Berta erkannte, ging ein Leuchten über sein hageres Gesicht.
»Setz dich zu mir her, Dirndl!«, bat er mit leiser Stimme.
»Vater?« Berta konnte kaum reden.
Aber der Bauer winkte ab. »Musst keine Angst haben, es geht nicht ums Abschiednehmen. Da hab ich schon noch ein bisserl Zeit. Es ist nur so selten, dass wir einmal allein miteinander reden können. Allerweil schleicht sich deine Mutter dazu …«
Berta trug einen Stuhl ans Krankenbett und setzte sich. Sie spürte, wie die knochige Hand des Vaters die ihre suchte.
»Berta«, begann er. »Ich hab mit dir zu reden.«
Sie forderte ihn auf: »Red halt, Vater! Ich höre dir schon zu.«
Es war wie in alten Zeiten. Sie redeten miteinander über vieles, das sie sonst nicht mehr aussprachen. Mit ihren zwanzig Jahren war die Berta längst kein Kind mehr, aber saß sie beim Vater, so wäre sie gern wieder eines gewesen.
Er sagte auf einmal: »Wirst du ihn bald heiraten, den Toni?«
»Er will schon«, erzählte sie bereitwillig, weil sie meinte, das würde den Vater ablenken.
Der Alte ließ sich nicht so leicht zufriedenstellen. Er bohrte weiter: »Und du?«
Weil der Berta ohnehin immer war, als könnte der Vater in ihrer Seele lesen, gestand sie ehrlich: »Gar so übereilen will ich’s nicht.«
Der Kranke zuckte zusammen – von einem Schmerz oder einem bösen Gedanken.
»Sollst dir nicht zu viel Zeit lassen, Dirndl! Eines Tages könnt’ es zu spät sein.«
Darüber beruhigte sie ihn: »Nicht, was du denkst, Vater! Ich tret’ mit dem weißen Schleier vor den Traualtar. Der Toni rührt mich nicht an.«
Wieder zuckte der alte Bauer zusammen. Und dann sagte er etwas Ungeheuerliches: »Wie deine Mutter und ich uns einig gewesen sind, bin ich nicht mehr so brav geblieben. Da ist unsere Lieb’ viel zu stark gewesen, als dass wir widerstanden hätten.«
Die Berta lachte, aber es klang nicht fröhlich. Nur zum Vater konnte sie so offen reden, nur ihm gestand sie: »Ich weiß schon, dass ich grad keine Schönheit bin. Vielleicht hätt’ der Toni eine Schönere verdient …«
Plötzlich begann der Moosbichler mit den Händen in der Luft herumzufuchteln. Er hatte wieder einen Erstickungsanfall. Dazu kam, dass der Vater im Gesicht dunkelrot ablief. Sie nahm ihn an den Schultern, zog ihn in die Höhe und schob ihm ein Kissen hinter den Nacken.
Ein paar Minuten brauchte der Kranke, bis er sich einigermaßen erholt hatte, dann grollte er: »So ein Schönling, so ein grauslicher! Damit du’s weißt, Berta, du bist für den Hübl-Toni noch viel zu gut! Mein Dirndl, wie lang haben wir warten müssen, bis dich uns der Herrgott geschenkt hat! Viele Jahre haben deine Mutter und ich uns ein Kind gewünscht. Dann bist du gekommen, und wir sind glücklich gewesen. Ich kann’s gar nicht sagen wie. Und da sollst du für den Toni nicht schön genug sein! Ich sag’ dir, du hättest einen Besseren verdient als den!«
Nur um den kranken Vater nicht noch mehr in Wut zu bringen, hielt die Berta den Mund. Nach einer Weile fielen ihm die Augen zu. Was er sagen wollte, hatte er angebracht. Jetzt hatte er sich eine Stunde Schlaf verdient. An seinen ruhiger werdenden Atemzügen merkte sie, dass er eingeschlafen war.
Ganz leise schob sie den Stuhl zurück und schlich auf Zehenspitzen aus der Krankenkammer.
***
Als der Herbst mit seinen kalten Stürmen kam und über die Stoppelfelder brauste, ging es dem Moosbichler-Bauern nicht gut. Zwischendurch konnte er immer wieder für ein paar Tage aufstehen, aber dann warf ihn ein arger Husten wieder aufs Krankenlager.
»Ich schaff’s nicht mehr über den Winter«, sagte er zu Rosa, seiner Frau. Sie war erst fünfzig, also um zehn Jahre jünger als er, aber ihr Haar glänzte in der Herbstsonne silbrig weiß. Die Sorge um ihren Robert kostete sie seit ein paar Jahren viel Lebenskraft. Und jetzt sagte er mit schwacher Stimme: »Wirst dich um unser Kind annehmen müssen, Rosa.«
»Red net so!«, bat die Bäuerin erschrocken.
Der kranke Mann schüttelte schwach den Kopf.
»Ich sag’s ohnehin der Berta nicht. Dem Dirndl mach’ ich vor, dass ich bald schon wieder Bäume ausreißen kann. Weißt du, Rosa, sie wird sich kränken und kränken. Wenn ich nur wüsst’, wie ich ihr das ersparen kann.«
Die Moosbichler-Rosa schluckte ein paarmal schwer.
»Wenn du bald gesund bist, ersparst du ihr allen Kummer.«
Mit einem traurigen Lächeln zeigte der Bauer an, dass er daran nicht mehr glaubte. Nach einer Weile sinnierte er vor sich hin: »Das Dirndl ist unser ganzes Glück gewesen. Mein Gott, wie lang haben wir darauf warten müssen! Bestimmt viel zu lang, denn jetzt muss ich gehen, bevor ich die Kinder von meiner Berta sehen kann. Weißt du, das wär’ mein seligster Wunsch gewesen …«
»Red nicht solchen Unsinn! Jetzt hast du mich richtig noch zum Flennen gebracht.« Sie hielt sich die Hände vor die Augen, aber der Schmerz war größer als ihre Kraft, ihn zu verbergen.
Der kranke Bauer Robert Moosbichler drehte sich um, sodass er mit dem Gesicht zur Wand lag. Die Zeit in der Krankenstube verfloss quälend langsam. Noch eine Stunde, bis die Berta heimkommen würde!
Denn für zwei Stunden hatte die Bäuerin ihre Tochter am Krankenbett abgelöst. Weil es dem Vater in den letzten Tagen gar so schlecht gegangen war, hatte die Berta während der Nächte kaum eine Stunde Schlaf gefunden. Jetzt musste sie einfach einmal aus dem Haus.
Die Luft war schon recht scharf. Deshalb zog die Berta das Umhängetuch fester um die Schultern. Eigentlich wusste sie überhaupt nicht, was sie wollte. Sie ging einfach über den Hof hinüber zum Gemüsegarten. Von dort führte ein kleiner Weg hinter den Höfen rund um das Dorf.
Den ging die Berta entlang. Das Herz hätte sich einem vor Mitleid verkrampfen können, so armselig und einsam setzte sie Schritt vor Schritt. Ein Ziel hatte sie nicht.
Deshalb erschrak sie sehr, als der Toni plötzlich vor ihr stand. Sie konnte nur stammeln: »Wie kommst du denn da her?«
Er hatte ein sonniges Lächeln um die Lippen. Das tat der Berta Moosbichler gut, weil daheim auf dem Hof seit Tagen keiner mehr lachte oder auch nur lächelte. Für Augenblicke vergaß sie ihr Leid und fragte: »Woher hast du gewusst, dass ich hier entlanggehen werd’?«
An diesem Tag war der Toni Hübl so lieb wie schon lange nicht mehr. Er fing die Berta in seinen Armen auf, zog sie an sich und busselte sie zärtlich.
Dann erst antwortete er: »Das verrät mir schon meine Sehnsucht nach dir!«
»Was du nicht sagst!« Sie glaubte ihm kein Wort, aber der liebe Ton in seiner Stimme war wie Balsam auf ihre wunde Seele.
Er gestand: »Eine Dirn von unserem Hof hat’s mir gesagt. Da bin ich gleich heruntergelaufen. Berta, endlich darf ich dich wiedersehen und busseln. In den letzten Tagen, wo ich dich nicht sehen dufte, hab ich erst gemerkt, wie leer mein Leben ohne dich wär’.«