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Erst ist Brigitta ja richtig glücklich über das Höfl, das sie unversehens geerbt hat. Aber sie kommt nicht dazu, sich lange zu freuen, denn auf einmal sitzt sie zwischen allen Stühlen.
Ihr Verlobter redet ihr zu, zu verkaufen - egal an wen, nur für möglichst viel Geld.
Der neue Nachbar redet ihr zu, nicht zu verkaufen, auf gar keinen Fall!
Der junge Tierarzt redet ihr zu, wohl zu verkaufen, aber natürlich nur an ihn!
Als Brigitta bei den beiden alten Leuten Rat sucht, die bisher das Höfl bewirtschaftet haben, fühlt sie, dass da irgendetwas nicht stimmt ... Und Brigitta erkennt, dass jeder ihrer »Ratgeber« nur seine eigenen Interessen im Auge hat und seinen persönlichen Vorteil. Nur einer nicht, aber dem glaubt Brigitta kein Wort mehr ...
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Seitenzahl: 101
Veröffentlichungsjahr: 2023
Cover
Wollt ihr mir die Heimat nehmen?
Vorschau
Impressum
Wollt ihr mir die Heimat nehmen?
Warum Brigitta keinem vertraute
Von Christa Riedling
Erst ist Brigitta ja richtig glücklich über das Höfl, das sie unversehens geerbt hat. Aber sie kommt nicht dazu, sich lange zu freuen, denn auf einmal sitzt sie zwischen allen Stühlen.
Ihr Verlobter redet ihr zu, das Höfl zu verkaufen – egal an wen, nur für möglichst viel Geld.
Der neue Nachbar redet ihr zu, nicht zu verkaufen, auf gar keinen Fall!
Der junge Tierarzt redet ihr zu, wohl zu verkaufen, aber natürlich nur an ihn!
Als Brigitta bei den beiden alten Leuten Rat sucht, die bisher das Höfl bewirtschaftet haben, fühlt sie, dass da irgendetwas nicht stimmt ... Und Brigitta erkennt, dass jeder ihrer »Ratgeber« nur seine eigenen Interessen im Auge hat und seinen persönlichen Vorteil. Nur einer nicht, aber dem glaubt Brigitta kein Wort mehr ...
»Moment! Ich blicke da echt net durch. Er war also der Bruder deiner verstorbenen Mutter?«, fragte Rudi Mederer.
»Sag ich doch«, antwortete Brigitta Höhner etwas ungeduldig. »Wir hatten bloß keinen Kontakt mit ihm. Meine Mutter hat erzählt, dass ihr Bruder Josef schon immer ein bisserl eigenbrötlerisch war, still und nur für seine Arbeit lebend.«
»Und er hat den Elternhof übernommen?«, fragte Rudi weiter.
»Ja, diesen kleinen Bergbauernhof in der Gemeinde Altenburg. Und er hat nie geheiratet. Deshalb hab ich, als seine einzige Verwandte, jetzt den Hof geerbt.«
»Das ist doch prima!« Rudi Mederer strahlte übers ganze Gesicht. Er nahm seiner Freundin den Brief des Anwalts aus der Hand und las nun selbst die Zeilen, die Brigitta so in Aufregung versetzt hatten.
»Aber was soll ich denn mit einem Bauernhof anfangen?«, murmelte das Madl.
»Den verkaufst du – was sonst!«, platzte Rudi heraus. »Herrschaftszeiten, da gibt's doch nix zu überlegen. Ich weiß auch schon, wo du dein vieles Geld dann gewinnbringend anlegen kannst.«
Jetzt geriet Rudi Mederer in Erregung, als er an seine Pläne, das kleine Lebensmittelgeschäft seiner Eltern zu einem Supermarkt auszubauen, dachte.
Seitdem der kleine Bergort Gemsau zu einem Geheimtipp für Touristen geworden war, drohte der Krämerladen der Mederers aus allen Nähten zu platzen, so war er mit Waren vollgestopft.
Für die Dinge, die von den Einheimischen gekauft worden waren, hatten die wenigen Regale und der kleine Verkaufsraum ausgereicht.
Aber seitdem die Fremden in den Gebirgsort kamen, hatte Rudi das Angebot stark erweitern müssen und sich den Wünschen der Städter angepasst. Und das Geschäft florierte.
»Brigitta, uns gehört der Grund und Boden bis zur Straßenkreuzung«, ereiferte sich Rudi. »Und auf dem Gelände wird der Supermarkt erstehen.«
»Zuerst müssen wir aber einen Käufer für das Gruber-Höfl finden«, unterbrach Brigitta ihn. »Vielleicht war mein Onkel schon lange krank und hinfällig, dann könnte alles verkommen sein«, fügte sie nachdenklich hinzu.
»Na und? Wo schon etwas steht, bekommt man wenigstens schnell eine Baugenehmigung. Die Lage ist wichtig. Wir fahren am Wochenende hin und schauen uns alles an. Hinterher gehen wir dann zu diesem Ammerhöfer, oder wie hieß noch der Notar?«
»Ammersdörfer«, berichtigte Brigitta ihren Freund.
»Schön. Am Montag sprechen wir dann mit dem Notar. Madl, jetzt bist du plötzlich eine reiche Partie geworden. Willst du mich denn dann überhaupt noch heiraten?« Das war natürlich keine Frage, sondern nur ein Scherz. Rudi Mederer war sich Brigittas Liebe vollkommen sicher.
»Ob ich wirklich eine reiche Partie geworden bin, das müssen wir zuerst herausfinden«, murmelte sie. »Wer will denn einen verkommenen Bergbauernhof kaufen?«
»Madl, darum geht's net. Es handelt sich hier um ein riesiges Gelände mit einem Bach. Die verlotterten Gebäude können abgerissen werden. Um solche Grundstücke reißen sich die Leut heutzutage. Und lass dich nur net übers Ohr hauen! Für solche Projekte kann man Liebhaberpreise erzielen.« Rudi, der Kaufmann, war ganz in seinem Element.
Brigitta hörte ihrem Freund gar nicht mehr zu. Sie musste daran denken, dass ihr Onkel einsam und verlassen gestorben war und sie, seine Nichte, zu seiner Erbin gemacht hatte, obwohl sie sich nie um ihn gekümmert hatte. Womit hatte sie das verdient?
»Du machst ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter«, sagte Rudi Mederer. Der vorwurfsvolle Spott in seiner Stimme war nicht zu überhören. »Freust du dich net über die Erbschaft?«
»Ich denk auch daran, dass mein Onkel gestorben ist«, erwiderte Brigitta.
»Aber du hast ihn doch net gekannt«, sagte der Bursch und legte seinen Arm um die Schultern des Dirndls.
»Er mich auch net. Trotzdem hat er mir alles vermacht«, gab Brigitta etwas ungehalten zurück.
»Wir werden ihn in dankbarer Erinnerung behalten«, versprach Rudi und warf gleichzeitig einen verstohlenen Blick auf seine Armbanduhr.
»Du musst wieder in den Laden, gell?« Das Dirndl schaute den Burschen lächelnd an. »Ich geh sofort.«
»Aber net, bevor du mir ein Busserl gegeben hast«, verlangte Rudi und drückte den schlanken Körper des Madls zärtlich an sich. »Was meinst du, wie die Gemsauer staunen werden, wenn an der Ecke der Supermarkt entsteht«, murmelte er. Dann küsste er Brigitta, dass ihr die Luft wegblieb.
Das Dirndl hatte den Burschen, um ihm die Neuigkeit mitzuteilen, auf den Hof gerufen. Während das Paar sich innig umschlungen hielt, erschien Rudis Mutter in der Hoftür. Eine Weile schaute sie schmunzelnd den zwei Verliebten zu.
»Es wird Zeit, dass ihr wieder an die Arbeit geht«, sagte sie dann. »Oder hast du schon Feierabend, Brigitta?«
Das Madl löste sich schnell aus der Umarmung.
»Ich hab dem Rudi nur rasch etwas erzählen müssen«, antwortete sie verlegen. »Jetzt geh ich sofort.«
»Vor mir brauchst du net wegzulaufen«, meinte die Krämerin gutmütig. Dann wies sie auf das gelbe Kuvert, das Brigitta in der Hand hielt, und fragte: »Hast du eine amtliche Nachricht bekommen, Madl?«
»Der Rudi kann dir alles erzählen«, erwiderte das Madl. »Ich muss mich jetzt beeilen. Meine Pause ist längst um. Servus!«
»Bis heut Abend, Brigitta. Du kommst doch nach Ladenschluss, gell?«, rief Rudi der Davoneilenden nach.
Er nickte zufrieden, als Brigitta die Frage bejahte. Das Madl half ihm abends bei der Buchführung. Darauf verstand sich Brigitta, die als Sekretärin in einer Getreidegroßhandlung arbeitete, ganz ausgezeichnet.
»Was hat's denn mit dem Brief auf sich?«, fragte Rudis Mutter neugierig.
Der Bursch schnappte sich lachend die etwas zur Fülle neigende Frau und schwenkte sie übermütig im Kreis herum.
»Jetzt kriegen wir den Supermarkt!«, rief er dabei jubelnd.
»Bist du narrisch?«, fragte die Krämerin und gebot ihrem Sohn energisch Einhalt.
Rudi blieb stehen und umfasste die molligen Schultern seiner Mutter mit festem Griff.
»Wir kriegen den Supermarkt wirklich«, sagte er nun ernsthaft. »Die Brigitta hat eine Erbschaft gemacht.«
»Hatte das Madl etwa einen reichen Onkel in Amerika?«, fragte die Krämerin ungläubig, denn sie hatte bisher gemeint, das Dirndl stünde ganz allein in der Welt.
»Die Brigitta hatte einen Onkel in der Gemeinde Altenburg, der ihr nun den Elternhof ihrer verstorbenen Mutter hinterlassen hat«, berichtete Rudi. »Egal, wie verkommen das Anwesen ist, allein der Grund und Boden wird ein Vermögen wert sein. Ich werd am Wochenende mit dem Madl hinfahren, um mir alles anzuschauen. Und dann wird das Ganze zu einem anständigen Preis verkauft.«
»Meinst du denn, dass so ein Supermarkt in unser Dorf passt?« Die Krämerin war sich da nicht so ganz sicher.
»Mutter, Gemsau wird doch jetzt erst für den Fremdenverkehr erschlossen. Wenn die Urlauber in Scharen kommen, reicht unser kleiner Laden net aus. Dann brauchen wir eine viel größere Verkaufsfläche, meterlange Regale, aus denen sich die Kunden selbst bedienen können. Von uns sitzt dann nur noch einer an der Kasse und streicht das Geld ein.«
Rudi grinste überlegen. Endlich bot sich ihm die Möglichkeit, seine Pläne bezüglich des Supermarktes zu verwirklichen. Die Erbschaft seiner Zukünftigen kam ihm sehr gelegen.
***
Das Gruber-Höf1 in dem zur Gemeinde Altenburg gehörenden Grundbachtal war nicht total verlottert. Dafür hatten Sanna und Rochus Neuber gesorgt, die in jungen Jahren als Knecht und Magd auf dem Bergbauernhof in Dienst getreten waren und die später einander geheiratet hatten.
Diese beiden einfachen, goldtreuen Menschen hatten für den Gruber-Josef, der im Lauf der Jahre immer mehr zum Sonderling geworden war, alles getan. Sie hatten seine Schweigsamkeit und sein manchmal brummiges Wesen als eine gegebene Eigenart hingenommen und so mit ihm in schöner Harmonie gelebt.
Evi, die Tochter der Neubers, arbeitete auf einem Gutshof in der Nachbargemeinde als Wirtschafterin und kam meistens nur zum Wochenende ins Grundbachtal, um die Eltern zu besuchen.
Hauptgrund dieser Besuche war aber, wie Sanna und Rochus wussten, nicht Evis Anhänglichkeit an Vater und Mutter, sondern ihre heimliche Liebe zu Matthias, dem Sohn vom Lauterbacher-Hof.
Matthias und Evi hatten schon als Kinder miteinander gespielt. Während der Ausbildungszeit hatten sie sich nur selten gesehen. Die Neubers hatten ihre Tochter frühzeitig darauf aufmerksam gemacht, dass der Sohn vom reichen Nachbarhof einmal eine Bauerntochter heimführen würde, die auch ein großes Heiratsgut mitbrachte. Besitz musste zu Besitz kommen. Das war seit Langem bekannt.
Evi schien auch nur eine Freundschaft mit dem Matthias pflegen zu wollen. Sie war ein vernünftiges Madl, das sich beherrschen konnte und das seine zärtlichen Gefühle für den feschen Matthias gut zu verbergen wusste.
An diesem Wochenende wollte Evi nicht kommen, deshalb wunderte sich Sanna, als sie das Motorgeräusch eines sich nähernden Autos vernahm.
Während Sanna sich aus dem Küchenfenster beugte, kam Rochus neugierig aus dem Stall. Beide ahnten, als sie einen fremden Wagen auf den Hof fahren sahen, dass nun Brigitta Höhner, die Nichte des Gruber-Josef, gekommen war.
»Heilige Muttergottes, behüte und beschütze uns«, murmelte Sanna nervös. Seitdem der Gruber-Bauer gestorben war, fürchteten Anna und Rochus, dass sie das Gruber-Höfl verlassen mussten. Und dies war nun vielleicht schon die Stunde der Entscheidung.
Beide Autotüren öffneten sich. Ein schlaksiger Bursch mit rötlichen Haaren stieg aus, und an der anderen Seite ein Dirndl mit blonden Locken und großen tiefblauen Augen in einem schönen, ebenmäßigen Gesicht.
»Rudi, hier könnt ich leben«, hörte Sanna das hübsche Madl begeistert sagen.
»Du bist net gescheit«, antwortete der Bursch, der sich aufmerksam und mit abschätzendem Blick umsah.
Brigitta war schon begeistert gewesen, als sie ins idyllische Grundbachtal gekommen und über die kurvenreiche Straße, die neben dem rauschenden Wildbach verlief, zum Gruber-Höfl gefahren waren.
Jetzt stand das Madl da und betrachtete vollkommen entzückt das hübsche Bauernhaus mit dem üppigen Blumenschmuck vor den Fenstern und an dem Balkon, der ums obere Stockwerk lief.
»Wie schön«, flüsterte Brigitta. »Wie wunderschön.«
»Ja, ich bin auch erstaunt«, entgegnete Rudi sachlich. »Hierfür finden wir bestimmt schnell einen Käufer.«
»Sie wollen das Gruber-Höfl verkaufen?«, ertönte hinter dem Paar plötzlich eine männliche Stimme.
Sanna und Rochus, die beide wie festgenagelt an ihrem Platz verharrten, wussten gar nicht, woher der Lauterbacher-Matthias so unvermutet gekommen war.
Der fesche Jungbauer war ein sympathischer Typ mit kleinen Lachfalten an den Augen und struppigen blonden Haaren. Brigitta mochte ihn sofort.
»Ich bin die Nichte vom Gruber-Bauern, Brigitta Höhner«, stellte sie sich lächelnd vor. »Und das ist mein Freund.« Sie wies auf Rudi und nannte seinen Namen.
»Ich bin der Lauterbacher-Matthias vom Nachbarhof«, stellte sich der blonde Bursch vor. »Und wenn ich Ihnen einen guten Rat geben darf, dann verkaufen Sie das Höfl net.«
»Aber ich bin keine Bäuerin«, erklärte Brigitta.
Inzwischen hatten sich Sanna und Rochus von ihrem Schreck erholt und waren näher herangekommen.
»Die Bewirtschaftung des Höfls können Sie getrost der Sanna und dem Rochus überlassen«, sagte Matthias und wies auf die beiden, »und auf meine Hilfe dürfen Sie auch zählen. In unserem Tal wird Nachbarschaftshilfe noch großgeschrieben.«
»Das mag ja alles sein«, meldete sich Rudi zu Wort. »Aber wir sind entschlossen, diesen Hof zu verkaufen.«
»Ach, Sie sind Miterbe?«, wandte sich Matthias an den Burschen. Er freute sich diebisch, als er sah, dass seine Worte dem großmäuligen Kerl die Verlegenheitsröte ins Gesicht trieben, in dieses schmale Gesicht, das dem Matthias von Anfang an unsympathisch war.
Wie konnte so ein bildsauberes Dirndl sich mit so einem Laffen befreunden?
»Brigitta und ich sind einander versprochen, und wir entscheiden alles gemeinsam!«, erklärte Rudi.
»Hier im Tal sagen wir alle Du zueinander, Brigitta. Ich bin der Matthias. Und ich sag dir als Nachbar ein herzliches Willkommen.« Er drückte fest und kameradschaftlich die Hand des Madls. Den Rudi beachtete er nicht mehr.
Von Sanna und Rochus wurde das Dirndl nun auch willkommen geheißen und freundlich begrüßt.
»Ich richte sofort eine Brotzeit«, sagte Sanna. »Sie haben sicher Hunger?«