Alpengold 428 - Carolin Ried - E-Book

Alpengold 428 E-Book

Carolin Ried

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Beschreibung

Beharrlich wirbt Max Reitegger um die hübsche Mariella Eder. Manchmal fällt er ihr schon arg lästig, auch wenn er im Grunde ein ganz netter Kerl ist, aber Mariella liebt ihn nun einmal nicht. Ihr Herz schlägt für einen anderen, der jedoch sieht in ihr nur eine "gute Freundin", nichts weiter. Und während Mariella sich in ihrem Kummer vergräbt und noch immer insgeheim auf ein Glück mit Luis - so heißt der Angebetete - hofft, hat der seiner Herzdame bereits einen Antrag gemacht ...

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Seitenzahl: 111

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Doch Mariella will nicht!

Vorschau

Impressum

Doch Mariella will nicht!

Ein hübsches Madl und ein lästiger Verehrer

Von Carolin Ried

Beharrlich wirbt Max Reitegger um die hübsche Mariella Eder. Manchmal fällt er ihr schon arg lästig, auch wenn er im Grunde ein ganz netter Kerl ist, aber Mariella liebt ihn nun einmal nicht. Ihr Herz schlägt für einen anderen, der jedoch sieht in ihr nur eine »gute Freundin«, nichts weiter. Und während Mariella sich in ihrem Kummer vergräbt und noch immer insgeheim auf ein Glück mit Luis – so heißt der Angebetete – hofft, hat der seiner Herzdame bereits einen Antrag gemacht ...

»Also, wie wär's, Annabell? Gib deinem Herzen einen Stoß und sag, dass du doch einmal mit mir ausgehen wirst.« Bittend richteten sich Luis Leupolds ausdrucksvolle dunkle Augen auf das Madl hinter dem Tresen. Es war Annabell Neuhuber, die Tochter des Hohenrieder Gastwirts.

»Mit dir ausgehen?« Sie lächelte mit spöttisch zuckenden Mundwinkeln und zog die sorgfältig nachgestrichelten Brauen hoch. »Aber natürlich, Luis, gern.«

»Wirklich, Annabell?« Der junge Mann konnte sein Glück kaum fassen. Sooft er dieses von ihm so heiß begehrte Madl auch schon um ein Stelldichein gebeten hatte, immer hatte sie ihm bisher einen Korb gegeben. Ihr Spottlächeln soeben war ihm völlig entgangen. »Hab ich recht gehört«, vergewisserte er sich noch einmal, »du würdest mit mir ausgehen? Wann, Annabell?«

»Tja ... Momenterl.« Sie tat, als müsse sie nachdenken, wobei sie mit ihren porzellanblauen Augen an die niedrige Decke der Gaststube starrte. Dann schaute sie in Luis' erwartungsvolles Gesicht. Jetzt hatte ihr Lächeln etwas Grausames. »Sagen wir, nächsten Monat um drei Uhr.«

»Ach so.« Der Glanz der freudigen Erwartung in den markanten männlichen Zügen erlosch. Finstere Enttäuschung trat an seine Stelle. Wieder mal eine Abfuhr, diesmal sogar in Bosheit verpackt. »Es macht dir wohl Freude, Annabell, mit mir Katz und Maus zu spielen, was?«

»Vielleicht.« Sie zuckte lässig mit den Schultern. »Aber du könntest dir das ersparen, wenn du mich in Ruh lassen würdest. Ich glaub, ich hab's dir schon mal gesagt. Wenn net, dann sag ich's halt jetzt: Du bist eben net mein Typ, Luis. So, und jetzt musst du mich entschuldigen. Der Frenzel-Bauer schaut schon dauernd her und schnippt mit den Fingern.« Annabell kam um den Tresen herum und eilte an den Tisch, wo nach ihr verlangt wurde.

Luis stand da wie der sprichwörtlich begossene Pudel, aber nur noch sekundenlang. Gezahlt hatte er schon, und so verließ er nun die Gaststube zum »Weißen Gockl«.

Den eben eingesteckten Korb musste man ihm wohl noch anmerken, als er hinaustrat auf die Dorfstraße.

»Hallo, Luis!«, sagte nämlich ein Madl, das ihm entgegenkam. »So ein schöner Frühlingsabend und so ein saures Gesicht? Ah, verstehe. Da du aus dem Wirtshaus kommst, kann ja wohl nur die Annabell die Ursache sein.«

Luis' Miene hatte sich beim Anblick des Madls ein wenig erhellt.

»Stimmt genau«, bestätigte er. »Grüß dich, Mariella.« Vor ihr hatte er kaum Geheimnisse. Sie waren Schulkameraden gewesen und jetzt noch gute Freunde.

»Die Annabell hat dich also wieder mal abblitzen lassen«, stellte Mariella noch einmal fest. Mitleid lag im Blick ihrer großen graugrünen Augen. Sie strich sich das lange blonde Haar hinters Ohr zurück, eine reine Verlegenheitsgeste. »Ich möcht mich ja net in deine Angelegenheiten mischen, Luis, aber hast du dir schon mal überlegt, dass sich einer zum Trottel macht, wenn er so hartnäckig einem Madl nachläuft, das nix von ihm wissen will?«

»Und ob ich mir das schon überlegt hab.« Luis nahm die Einmischung nicht im Geringsten übel. »Hundertmal schon. Ich sag mir auch immer wieder, dass es ja auch noch andere gibt. Aber was will man machen, wenn man ... wenn man ...«

»Wenn es einem die eine Bestimmte nun mal so besonders angetan hat?« Mariella umschrieb taktvoll, was er sich scheute, deutlich auszudrücken.

»Richtig, Mariella. Das wollt ich sagen. Und ich denk, du kannst mich verstehen.«

»Sehr gut sogar, Luis.« Sie senkte die Lider mit den langen Wimpern halb über die Augen. Ihre Stimme klang seltsam belegt. Wie gut gerade sie ihn verstehen konnte, ahnte niemand, am wenigsten er selbst. »Ich müsst heucheln«, fuhr sie fort, »wenn ich dich in einer Hoffnung bestärken würd, von der ich annehm, dass sie vergeblich sein wird – so wie's ausschaut mit der Annabell. Höchstens ein bisserl trösten kann ich dich.«

»Du bist ein liebes Madl«, entgegnete Luis mit einem gerührten Lächeln, »das hab ich immer gewusst, und du bist mein bester Spezi, würd ich sagen, wenn du ein Bursch wärst. Aber wie und womit willst du mich trösten?«

Auch Mariella lächelte jetzt. Doch es war ein ernstes Lächeln, hinter dem sich etwas zu verbergen schien, etwas Undeutbares.

»Ein Trost ist's doch, wenn man weiß, dass es vielen, sehr vielen anderen Menschen genauso geht wie einem selbst, dass sie sich auch irgendwas sehnlichst wünschen, was sie net haben können, weil's ihnen vielleicht net bestimmt ist vom lieben Herrgott.«

»Ein schwacher Trost, Mariella«, gab Luis zu bedenken. »Und meinst du wirklich, dass es so vielen anderen ebenso geht wie mir?«

»Allerdings«, sagte sie seltsam nachdrücklich. »Aber du hast recht, es ist tatsächlich ein schwacher Trost. Wenn ich nur wüsst, wie dir zu helfen wär. Du dauerst mich in der Seele, und ich würd dir dein Glück von ganzem Herzen gönnen.« Die Aufrichtigkeit in diesen Worten stand ihr regelrecht auf der Stirn geschrieben.

»Ja.« Luis nickte dankbar. »Das glaub ich dir. Aber es hat keinen Sinn, noch lang darüber zu reden. Und was stehen wir überhaupt hier herum? Die Briefe da in deiner Hand verraten mir, dass du zum Postamt willst.«

»Das verraten sie net ganz korrekt. Nur zum Postkasten will ich, um sie einzuwerfen. Wenn du ein Momenterl warten willst, gehen wir miteinander heim.«

Das war Luis ganz recht. Er und Mariella hatten denselben Weg. Der Waldner-Hof, wo er daheim war, lag gleich gegenüber dem Krämergeschäft des Ludwig Eder, Mariellas Vater. Luis begleitete Mariella das kurze Stück zum Briefkasten. Dann traten sie den gemeinsamen Heimweg an.

»Was macht denn eigentlich der Reitegger-Max?«, erkundigte sich Luis mit schiefem Grinsen. »Ist er immer noch so hinter dir her?«

»Immer noch ist gut.« Mariella stieß einen Seufzer des Unbehagens aus. »Mehr denn je, muss ich leider sagen.«

Der Max war der Sohn des Hohenrieder Fleischermeisterehepaars, entfernt verwandt mit den Eders. Die Fleischerei und das Geschäft der Krämerfamilie lagen an der Straße unmittelbar nebeneinander.

Welches von den beiden Elternpaaren auf die rühmliche Idee gekommen war, Fleischerei und Krämergeschäft zusammenzulegen zu einem Supermarkt, wusste Mariella nicht mehr genau. In ihren Augen aber war die rühmliche Idee eine Schnapsidee, ein ausgemachter Schmarrn, dem sie obendrein zum Opfer fallen sollte.

Unglücklicherweise hatte der Max nämlich sein Herz für sie entdeckt. Was lag da also näher, als die beiden Geschäfte durch Heirat von Max und Mariella zu einem Familienbetrieb zu verschmelzen?

Mariella lag es durchaus nicht nahe, es lag ihr ferner als fern, sich solchermaßen mit verschmelzen zu lassen. Und wenn sich die vier alten Herrschaften und der Max kopfstellten. Der war ihr nicht gerade unsympathisch, wurde aber langsam ein bisserl sehr lästig.

Ein tiefer Seufzer entfuhr Mariella, was Luis ein mitleidiges Lächeln entlockte.

»Mehr denn je steigt der Max dir also nach? Hauptsächlich wegen der geplanten Geschäftszusammenlegung oder ...«

»Nein, nein«, unterbrach sie ihn. »Der ist mir ja schon nachgestiegen, als davon noch gar keine Rede war. Siehst, Luis, der Max gehört auch zu denen, die sich glühend was vergeblich wünschen. Aber ich möcht ja jetzt net wieder deine wunde Stelle anrühren. Wie geht's denn deinem Onkel? Man sieht ihn ja in letzter Zeit immer seltener.«

Besagter Onkel war Luis' Großonkel, Karl Waldner. Er hatte den Großneffen auf seinen stattlichen Hof genommen, nachdem dessen Eltern nach Stuttgart gezogen waren zur verheirateten Tochter. Luis hätten keine zehn Pferde aus seinem geliebten Heimatdorf Hohenried weggeschleppt in eine Stadt.

Und so war ihm das Angebot des Großonkels sehr willkommen gewesen, bei ihm zu leben und seine Landwirtschaft zu führen. Der Waldner-Bauer selbst konnte es nicht mehr. Hochbetagt hatte er auch noch ein schweres Herzleiden. Seinen Hofleuten, einem Knecht und zwei Mägden, war die Arbeit immer mehr über den Kopf gewachsen. Es gab auch keine Bäuerin mehr. Sie war vor Jahren verstorben.

Der Waldner-Karl hatte zwar einen Sohn, aber der konnte ihm nicht zur Seite stehen. Er hatte bei München in eine Molkerei eingeheiratet. So vertrat Luis den Großonkel, und zwar zu dessen voller Zufriedenheit. Der alte Mann pries sich glücklich, eine tatkräftige Hilfe zu haben, auf die Verlass war und die den Hof vorbildlich in Schwung hielt.

Und Luis wiederum dankte dem Schicksal für die verantwortungsvolle Aufgabe. Er liebte die bäuerliche Tätigkeit und den Waldner-Hof, mit dem er sich schon verwurzelt und verwachsen fühlte.

Seine Eltern hatten auch einen Hof gehabt, einen kleinen, recht bescheidenen. Er war im Lauf der Zeit immer unrentabler geworden. Deshalb hatten die Eltern ihn verkauft, und der Käufer, ein Großstädter, hatte sich ein Urlaubsdomizil daraus gemacht.

»Ja, der arme Onkel Karl«, nahm Luis Bezug auf Mariellas Frage. Und sein Ton verriet tiefe Besorgnis. »Es geht ihm immer schlechter. Und seine Herzanfälle treten immer häufiger auf. Fast ist der Doktor bei uns schon daheim, so oft muss ich ihn kommen lassen.«

»Wie traurig«, bedauerte Mariella den alten Mann. »Aber geistig ist der Onkel doch wohl noch auf der Höhe?«

»Da fehlt's auch manchmal schon ein bisserl«, erwiderte Luis mit wiegendem Kopf. »Er ist net grad geistig verwirrt. Er schaut noch in die Zeitung und kapiert auch so einigermaßen, was da berichtet wird. Er schreibt auch regelmäßig Briefe an seinen Sohn, den Georg. Wenn er sich körperlich entsprechend fühlt, fährt er sogar mal mit dem Bus nach Bad Tölz zu alten Bekannten. Ja, und auf seine Halbe hin und wieder beim Gockl-Wirt möcht er auch noch net verzichten.«

»Und wieso fehlt's dann manchmal ein bisserl in geistiger Hinsicht?«, wunderte sich Mariella.

»Die Vergesslichkeit und Zerstreutheit hab ich damit gemeint. Fortwährend verlegt und verliert er irgendwas. Und oft besinnt er sich net einmal mehr auf ganz geläufige Namen. Das ist eben die Adernverkalkung, von der im Alter wohl kaum jemand verschont wird.«

Waldner-Hof und Krämergeschäft waren erreicht. Luis blieb stehen.

»Ich halt dich jetzt lieber nimmer auf, Mariella. Wie ich seh, haben deine Eltern den Laden schon zugemacht, ebenso wie der Metzger. Feierabend also auch für den Max. Und da könnt's doch sein, dass er dir mal eben so ganz von ungefähr über den Weg läuft.«

»Ja, diese Gefahr besteht«, erwiderte Mariella lachend. »Also dann, servus, Luis. Und halt deine Ohrwaschln steif. Du weißt, was ich mein. Zwar hab ich ja vorhin erst deine Hoffnung auf die Annabell als vergeblich bezeichnet, aber immerhin, es geschehen ja manchmal noch Wunder.«

Daran glaubte Mariella allerdings selbst nicht. An ihr jedenfalls würde sich wohl niemals ein Wunder, ein ganz bestimmtes, vollziehen, und wenn sie noch so inbrünstig darum betete.

***

Hohenried war ein malerisches und typisch alpenländisches Dorf, flankiert von Zwieselberg und Luckenkopf, eingerahmt von bewaldeten Höhenzügen, Felsmassiven und Wiesenmatten.

An den rot gedeckten Häusern entlang der Straße und ringsum auf den Berghängen schien die Zeit spurlos vorübergegangen zu sein. Immer noch trugen sie die schönen alten Lüftlmalereien an den hell verputzten Fassaden, immer noch standen über den Eingangstüren oder zwischen den kleinen Fenstern in einer Nische die blumengeschmückten Muttergottesbilder. Und auch die Tauben umflatterten noch wie eh und je so manches spitze Ziegeldach.

Schon jetzt im Frühjahr lockte Hohenried großstadtmüde Touristen an, obwohl nur wenige Einwohner Fremdenzimmer vermieteten und der Gockl-Wirt überhaupt kein Quartier anbieten konnte. Dazu fehlte es ihm an Raum.

Sein Wirtshaus war ohnehin schon nicht als Goldgrube zu bezeichnen. Es ernährte die dreiköpfige Familie gerade so. Das lag an der starken Konkurrenz größerer Gaststätten in den umliegenden Ortschaften. Und mit den Hohenrieder Stammgästen allein ließen sich keine glänzenden Geschäfte machen.

Wohl aber hin und wieder, wie jetzt, mit den Urlaubern, die sich im Dorf eingemietet hatten oder hier eine kleine Rast einlegten.

So war heute Abend mehr als die Hälfte aller Tische in der Gaststube besetzt. Das hatte sich Luis schon denken können angesichts der bunt lackierten Blechschlange, die sich vor dem »Weißen Gockl« am Straßenrand hinzog. Lärm und ungewohnte Betriebsamkeit empfingen ihn bei seinem Eintritt. Hinter dem Tresen stand der Wirt. Rot und zufrieden glänzte sein feistes Gesicht.

Annabell eilte mit voll beladenem Tablett von Tisch zu Tisch. Luis' Herz pochte schwer und dumpf gegen die Rippen. Der bloße Anblick dieses Madls ließ sein Blut heiß durch die Adern strömen.

Dabei war sie nicht mal eine Schönheit. Nur als ganz hübsch konnte sie gelten mit ihren kurzen blonden Locken, der etwas drallen Figur und der leicht aufwärts zeigenden Nase. Aber wo die Liebe eben hinfiel ...

Seit seinem vorigen Besuch des Wirtshauses, der ihm eine Abfuhr eingebracht hatte, war fast eine Woche vergangen. Ein holder Wahn hatte Luis betört, er müsse nur Geduld aufbringen und immer wieder in gebührenden Zeitabständen sein Glück bei der Spröden versuchen.

Dieser Versuch würde wohl heute erst recht vergeblich sein. Wie sollte er die Annabell bei dem Trubel unter vier Augen zu sprechen bekommen? Missmutig nahm er Platz an einem der wenigen freien Tische und bestellte bei der vorbeihastenden Annabell eine Halbe. Als sie ihm die gleich darauf brachte, wollte Luis die Gelegenheit nutzen, aber er hatte kaum den Mund geöffnet, da war das Madl schon wieder in Richtung Tresen verschwunden.

Luis nahm einen Schluck von seiner Halben und beschloss, hier nicht alt zu werden. Gelangweilt musterte er die Gäste, vorwiegend Fremde. Die Einheimischen grüßten her zu ihm.