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Mitten in einem erbarmungslosen Krieg zwischen den vier Welten Norkamp, Sudland, Offenier und Mauies wird die kleine Anshalyn Nescoa geboren. Als Kind einer armen Wanderfamilie, die sich in den weiten, abgelegenen Feldern des Sudland versteckt, soll sie über sagenumwobene Mächte verfügen. Ihre Eltern verstecken sie, weil sie vermuten, dass Anshalyns Mächte die düsteren Krieger des Norkamp anziehen wird und ihr Dorf unterworfen wird. Als Anshalyn das achtzehnte Lebensjahr erreicht, tritt jedoch ein Fremder an sie heran, der ihr mitteilt, dass sie eine magische Elfe sei und nur sie den Krieg beenden könne. Als Anshalyns Vater stirbt, nimmt sie – entgegengesetzt dem Willen ihrer Mutter – die Herausforderung an und zieht in den Krieg, mit der Mission, Frieden in das Sudland zu bringen. Ihr zur Seite stehen dabei der kleine Drache Skilas und ihr Freund Askandar, den sie auf ihrer Reise kennen lernt. Doch die Dämonen sind ihr bereits auf der Spur, und Anshalyn weiß nicht, in welche große Gefahr sie sich begibt... Der erste High-Fantasy-Roman aus der Feder von Elias J. Connor entführt den Leser in eine Welt voller Fantasie, Magie, Liebe, heroischer Action und Abenteuer.
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Veröffentlichungsjahr: 2024
Inhaltsverzeichnis
Widmung
Prolog - Ewiges Eis
Kapitel 1 - Das einsame Dorf in Sudland
Kapitel 2 - Heimliche Mächte
Kapitel 3 - Das Versteck
Kapitel 4 - Vaters Tod
Kapitel 5 - Gottheiten
Kapitel 6 - Skilas
Kapitel 7 - Verbannung aus dem Dorf
Kapitel 8 - Die Krieger des Norkamp
Kapitel 9 - Die Entführung
Kapitel 10 - Askandar
Kapitel 11 - Wenn Feinde sich verlieben
Kapitel 12 - Der alte Weise
Kapitel 13 - Die Schlacht am Meer
Kapitel 14 - Die Suche beginnt
Kapitel 15 - Zauber gegen Zauber
Kapitel 16 - Die Krähe
Kapitel 17 - Der Weg ins Schloss
Kapitel 18 - Der Prinz, der keiner ist
Kapitel 19 - Das letzte Dorf
Kapitel 20 - Begegnung mit den Räubern
Kapitel 21 - Das Geisterschloss
Kapitel 22 - Drachentod
Kapitel 23 - Simmers Rückkehr
Kapitel 24 - Die finale Schlacht
Kapitel 25 - Zurück in Rosenheim
Über den Autor Elias J. Connor
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Impressum
Für Jana.
Meine Muse, meine Verlobte, meine Verbündete.
Deine Träume hauchen meinen Büchern Leben ein.
Danke, dass du mich in deine Welt mitnimmst.
In der eisigen Kälte des Nordens liegt eine schier endlose, schneebedeckte Eiswüste ausgebreitet, weit entfernt von jeglicher Zivilisation oder menschlicher Besiedlung. Die Landschaft erstreckt sich scheinbar bis zum Horizont, wo der Himmel und das Land in einer weißen Unendlichkeit verschmelzen. Es ist eine Welt der Stille, unterbrochen nur durch das leise Knirschen des Schnees unter den Füßen und das gelegentliche Heulen des eisigen Windes, der über die gefrorene Ebene fegt.
Das einzige, was diese einsame Landschaft durchbricht, sind die vereinzelten Felsformationen, die aus dem Schnee aufragen wie einsame Wächter in der Kälte. Ihre Konturen sind vom jahrelangen Einfluss des Wetters gezeichnet, ihre Oberflächen von einer dünnen Eisschicht überzogen, die im Sonnenlicht glitzert, als ob sie mit Diamanten besetzt wären. Hier und da ragen einige karge Sträucher aus dem Schnee hervor, ihre dürren Äste wie verkrüppelte Finger in die Luft gestreckt.
Die Luft ist so kalt, dass sie einem den Atem raubt, und der Wind beißt in die Haut wie tausend winzige Nadeln. Doch trotz der erbarmungslosen Kälte strahlt die Landschaft eine eigene Schönheit aus, eine majestätische Einsamkeit, die den Betrachter in ihren Bann zieht.
Die Sonne hängt tief am Himmel, ihr blasses Licht wirft lange Schatten über die schneebedeckte Ebene. Der Himmel ist von einem tiefen Blau durchzogen, das fast schwarz wirkt, und nur selten huschen ein paar weiße Wolken vorbei, die wie zarte Federbüschel am Firmament entlangziehen.
In dieser lebensfeindlichen Umgebung kämpfen die wenigen Lebewesen, die hier existieren, jeden Tag um ihr Überleben. Kleine Nagetiere huschen durch den Schnee auf der Suche nach Nahrung, ihre pelzigen Körper kaum sichtbar gegen das blendende Weiß. Raubvögel kreisen hoch am Himmel auf der Suche nach Beute, ihre scharfen Augen stets auf den Boden gerichtet, bereit, jeden Moment zuzuschlagen.
Für den Menschen wäre das Überleben in dieser unwirtlichen Landschaft eine enorme Herausforderung. Doch es gibt jene, die sich dennoch hierher wagen, sei es aus Abenteuerlust oder der Suche nach Einsamkeit und Stille. Einsame Wanderer ziehen durch die eisige Ödnis, ihr Atem dampft vor Kälte, während sie sich ihren Weg durch den Schnee bahnen. Ihre Fußspuren werden bald vom Wind verwischt, und sie hinterlassen kaum eine Spur ihrer Existenz in dieser endlosen Weite.
Doch selbst in dieser Einsamkeit gibt es Momente von unbeschreiblicher Schönheit. Wenn die Sonne über den Horizont steigt oder untergeht, färbt sie den Himmel und die Landschaft in ein weiches Rosa, das sich über den Schnee legt wie ein sanfter Schleier. Die Eiswüste erwacht zu einem kurzen Moment des Lebens, wenn das Licht die Kälte durchdringt und die Welt in warme Farben taucht.
Doch diese Momente sind selten und flüchtig, und bald kehrt die Kälte zurück und hüllt die Landschaft erneut in ihre eisige Umarmung. Die Einsamkeit der Eiswüste bleibt unberührt, ein zeitloses Reich aus Schnee und Eis, das still und unerbittlich auf seine eigenen Gesetze pocht. Und so wird sie bleiben, weit entfernt von der Hektik und dem Lärm der Zivilisation, ein Ort der Stille und der unberührten Schönheit, der nur den Mutigsten und Entschlossensten offensteht.
Die eisige Kälte umhüllt sie wie eine undurchdringliche Mauer, während sie mutig durch die endlose Eiswüste schreitet. Jeder Atemzug schneidet wie ein Messer durch die Luft, doch die junge Frau lässt sich nicht von der gnadenlosen Umgebung einschüchtern. Ihr Blick ist fest auf das Ziel gerichtet, ein ferner Punkt am Horizont, der Hoffnung verspricht.
Dicke Schichten aus Pelz und Fell schützen sie vor der beißenden Kälte, doch ihre Glieder sind dennoch steif vor Anstrengung und Erschöpfung. Doch sie kann nicht aufgeben, nicht jetzt. Jeder Schritt bringt sie ihrem Ziel näher, und sie ist fest entschlossen, den Weg bis zum Ende zu gehen.
Doch plötzlich verdunkelt sich der klare, blaue Himmel, und drohende Wolken ziehen heran, wie ein drohendes Omen am Horizont. Ein eisiger Wind beginnt zu heulen und peitscht den Schnee umher, formt ihn zu wirbelnden Säulen, die die Sicht verschleiern.
Die junge Frau zögert nicht. Sie weiß, dass sie sich beeilen muss, bevor der Schneesturm sie einholt. Mit fester Entschlossenheit setzt sie ihren Weg fort, kämpft sich tapfer durch den tobenden Sturm, der sie zu verschlingen droht.
Doch dann, aus dem Nichts, taucht eine finstere Gestalt hinter ihr auf, wie ein Schatten, der aus der Kälte entspringt. Ein Kämpfer, düster und bedrohlich, mit einer Aura des Bösen um ihn herum. Er schleicht sich lautlos an sie heran, seine Gestalt verschwimmt beinahe mit der wirbelnden Schneelandschaft.
Die junge Frau spürt die drohende Gefahr und wirbelt herum, bereit, sich zu verteidigen. Doch bevor sie reagieren kann, ist der Kämpfer über ihr, seine eisigen Hände packen sie grob und reißen sie zu Boden. Der Aufprall ist hart, der Atem wird ihr aus den Lungen gepresst, während der Schnee um sie herum wirbelt.
Doch sie ist nicht machtlos. Mit einem Aufschrei der Entschlossenheit stößt sie den Angreifer von sich, kämpft verzweifelt gegen seine eiskalten Griffe an.
Ihre Kräfte mögen schwinden, doch ihr Wille ist unbeugsam, und sie weigert sich, aufzugeben.
Der düstere Kämpfer zieht sein Schwert, ein glitzerndes Stück Stahl, das im Licht des Sturms funkelt. Er schwingt es mit tödlicher Präzision auf sie nieder, doch die junge Frau weicht geschickt aus, ihre Bewegungen fließend wie Wasser.
In einem verzweifelten Akt der Verteidigung greift sie nach dem Schwert des Angreifers, ihre Finger schließen sich fest um den kalten Stahl. Mit einem kräftigen Ruck entreißt sie es ihm, und plötzlich liegt die Macht in ihren Händen.
Ein erbitterter Zweikampf entbrennt zwischen den beiden, ein Tanz aus Stahl und Schnee, während der Sturm um sie herum tobt. Die junge Frau kämpft wie eine Löwin, ihre Bewegungen schnell und präzise, ihre Augen leuchtend vor Entschlossenheit.
Doch der düstere Kämpfer ist ein erfahrener Gegner, und er gibt nicht so leicht auf. Mit jeder Faser seines Seins kämpft er gegen die junge Frau an, doch ihre Entschlossenheit ist stärker als seine Dunkelheit.
In einem letzten verzweifelten Angriff stürzt der Angreifer auf sie zu, bereit, den finalen Schlag auszuführen. Doch die junge Frau ist schneller. Mit einem geschickten Ausfallschritt weicht sie seinem Angriff aus, und in einem fließenden Bewegungsschwung durchtrennt sie seine Verteidigung.
Das Schwert des Angreifers fährt durch die Luft, ein glitzernder Bogen aus Stahl, bevor es mit einem dumpfen Aufprall im Schnee landet. Der düstere Kämpfer taumelt rückwärts, ein Ausdruck des Entsetzens auf seinem Gesicht, bevor er in sich zusammenbricht, besiegt durch die Hand der jungen Frau. Regungslos liegt er da, schließt mit letzter Kraft seine Augen und stirbt dann.
Erschöpft sinkt die junge Frau auf die Knie, ihr Atem kommt in hastigen Gasen, während der Sturm um sie herum tobt. Doch ihr Sieg ist von kurzer Dauer, denn sie weiß, dass sie keine Zeit zu verlieren hat.
Mit zitternden Händen steht sie auf, das Schwert des Angreifers fest umklammert. Es ist ein schweres Gewicht an ihrem Gürtel, doch sie trägt es mit Stolz. Denn sie weiß, dass sie durch ihre Entschlossenheit und ihre Willenskraft überwunden hat, was auch immer das Schicksal ihr entgegen wirft.
Und so setzt die junge Frau, getrieben von Entschlossenheit und Willenskraft, ihren einsamen Weg durch die endlose Eiswüste fort. Im Herzen trägt sie den Sieg über die Dunkelheit, und nichts kann ihren Mut brechen, während sie unbeirrt ihrem Ziel entgegenstrebt.
Die Sonne scheint hell am Himmel. Um die Mittagszeit ist es in den weiten Ebenen von Sudland sehr, sehr warm. Die wenigen Bäume auf den von Blumen und weichem, grünen Gras bewachsenen Feldern spenden nur wenig Schatten. So ist man der Hitze komplett ausgeliefert.
Der lange, kurvenreiche Weg, der die Felder voneinander trennt, zieht sich wie ein gewundener Fluss durch das Meer von Pflanzen, Blumen und Gewächsen von exotischer Art. Ab und an hört man einen Vogel singen und dann und wann fliegt ein Drache hoch über der Ebene. Ein wohlriechender, tropischer Duft liegt in der Luft und kitzelt einen hin und wieder sanft in der Nase.
Inmitten der Pracht von Landschaft fährt einsam eine kleine Kutsche, gezogen von einem weißen Pferd. Schritt für Schritt läuft der Hengst brav hinter einem Mann in einem weißen Umhang her. Sein Blick ist in Richtung Boden gesenkt.
Auf der Kutsche sitzt eine Frau, offenbar genauso erschöpft wie der Mann und das Pferd. Sie hält ein Buch in den Händen, in dem sie liest.
Nach einer Weile legt die Frau das Buch weg und blickt auf.
„Es wird zu mühsam für Maluv sein, weiterzugehen“, spricht sie mit hechelnder Stimme. „Lass uns eine Bleibe finden.“
„Maluv kann noch weit gehen“, antwortet der Mann, während er dem Pferd auf die Brust klopft. „Nicht wahr, mein Freund?“
Das Pferd wiehert erschöpft. Es senkt seinen Kopf noch tiefer.
„Falun, wir sind seit Tagen ununterbrochen unterwegs. Es wird Zeit, dass wir Rast machen und ein Quartier für die Nacht finden.“
Der Mann hört die Stimme der Frau, aber er reagiert nicht.
„Falun?“, fragt die Frau ihn nach einer Reaktion.
Das Pferd bleibt daraufhin stehen. Der Mann dreht sich um.
„Maluv, was ist los?“, fragt der Mann das Pferd.
„Ich sage dir, was los ist“, spricht die Frau. „Maluv ist erschöpft. Genau wie du und ich. Wir müssen eine Bleibe finden.“
„Aber es ist zu gefährlich, Ellen“, kontert der Mann. „Sie können uns noch immer finden. Wir sind noch nicht in Sicherheit.“
Die junge Frau schiebt ihre langen, dunkelblonden Haare zur Seite. Jetzt erkennt man ganz stark, dass ihr Bauch – normalerweise der Bauch eines wohlgeformten, schlanken Körpers – eine typische Wölbung aufweist. Das schlichte, braun-grüne Kleid, welches die Frau trägt, verdeckt dies jedoch gekonnt.
„Ich weiß, dass es gefährlich ist“, antwortet sie. „Aber wir können nicht mehr.“
„Ellen“, sagt der Mann. „Du bist hochschwanger. Ich möchte nicht riskieren, dass die Truppen des Norkamp uns finden und uns unser Kind entreißen. Wir müssen einen Platz finden, der sicher genug ist, bevor du unserem Baby das Leben schenken wirst.“
Sudland – ein faszinierendes Land, das in einer malerischen Gegend eingebettet ist, wo die Zeit still zu stehen scheint und das Leben im Einklang mit der Natur fließt.
Die Hügel von Sudland erstrecken sich sanft über das Land und sind mit üppig grünen Wiesen bedeckt, die im Licht der aufgehenden Sonne golden glänzen. Kleine Bäche schlängeln sich durch die Täler, gesäumt von duftenden Blumen und exotischen Pflanzen, deren Namen selbst den Einheimischen unbekannt sind. Die Luft ist erfüllt von einem süßen Duft, der von den Blüten der mysteriösen Bäume getragen wird, die das Land bevölkern.
Inmitten dieser idyllischen Landschaft ziehen majestätische Drachen ihre Bahnen am Himmel. Mit ihren schuppigen Körpern, die im Sonnenlicht schimmern, und ihren mächtigen Flügeln, die den Wind durchschneiden, faszinieren sie die Bewohner von Sudland seit jeher. Ihr Ruf hallt oft durch die Luft, ein majestätisches Echo, das das Land mit Leben erfüllt und die Herzen der Menschen mit Ehrfurcht erfüllt.
Die Dörfer von Sudland sind wie aus einem Märchen entsprungen, mit ihren farbenfrohen Häusern und den gepflasterten Straßen, die sich durch die malerischen Landschaften schlängeln. Die Bewohner sind bekannt für ihre Gastfreundschaft und ihre warmherzige Art, Fremde willkommen zu heißen. In den gemütlichen Gasthäusern werden Geschichten erzählt von vergangenen Abenteuern und magischen Begegnungen, die das Land geprägt haben.
Doch die wahre Schönheit von Sudland liegt in seiner unberührten Natur. In den dichten Wäldern und den majestätischen Bergen verbergen sich unzählige Geheimnisse und Wunder. Glitzernde Wasserfälle stürzen sich von den Felsen, während verborgene Höhlen darauf warten, erkundet zu werden. Jeder Tag ist eine neue Entdeckung, und die Bewohner von Sudland leben im Einklang mit der Natur und den fantastischen Wesen, die sie bewohnen.
So bleibt Sudland ein Ort der Magie und der Abenteuer, eingebettet in die Schönheit seiner malerischen Landschaft und umgeben von der Mystik seiner unergründlichen Geheimnisse.
Die Kutsche von Falun Nescoa und seiner Frau Ellen rollt müde durch die staubigen Straßen des kleinen Dorfes, das von einem sanften Abendlicht beleuchtet wird. Ein goldener Schleier legt sich über die Häuser aus Stein und Fachwerk, während die Schatten langsam länger werden.
Über den Dächern schwebt der Duft von frisch gebackenem Brot, der aus den kleinen Backstuben der Dorfbewohner strömt.
Die Kutsche zieht langsam an einem Bauernhof vorbei, der am Rand des Dorfes liegt. Falun lenkt den Hengst Maluv, der die Kutsche mit ruhiger Kraft vorwärts zieht, in Richtung des Bauernhofs. Ellen stützt sich erschöpft ab, ihr Blick voller Sehnsucht nach einem sicheren Ort, an dem sie Ruhe finden können.
Der Bauer, ein alter, gediegener Mann, tritt aus dem Haus und betrachtet die beiden Fremden mit mildem Interesse. Sein Blick ruht auf Ellen, deren hochschwangere Gestalt deutlich sichtbar ist, und er erkennt sofort ihre Notlage.
„Kann ich euch helfen?“, fragt der Bauer mit freundlicher Stimme, als Falun die Kutsche vor dem Bauernhof anhält.
Falun steigt aus der Kutsche und tritt auf den Bauern zu.
„Guten Abend, mein Herr. Wir sind auf der Suche nach einem Ort, an dem wir für eine Weile unterkommen können. Unsere Reise war lang, und meine Frau braucht dringend Ruhe.“
Skeptisch betrachtet der Bauer die beiden Wandersleute. Sein Blick ist einladend, aber vorsichtig zugleich.
„Wo kommt ihr her?“, fragt er mit einer ruhigen Stimme, die das Krächzen seines Alters jedoch nicht leugnen lässt.
Falun hilft seiner Frau aus der Kutsche und hält seinen Arm um sie gelegt. Sein Blick ist Hilfe suchend, fast verzweifelt, aber er versucht, es sich nicht anmerken zu lassen.
„Wir sind Wanderer“, sagt er. „Wir sind seit Wochen, vielleicht sogar seit Monaten unterwegs.“
„Nun“, sagt der alte Bauer. „Ich denke, dass ihr auf der Flucht seid, habe ich Recht?“
Als würde er sich ertappt fühlen, nickt Falun reumütig.
„Alle Menschen hier in Sudland sind auf der Flucht“, bestätigt der Bauer. „Alle hier in diesem Dorf sind Flüchtige, stets auf der Hut vor der großen Gefahr aus dem Norden.“
„Ich weiß um die Gefahr“, spricht Falun. „Aber meine Frau ist hochschwanger. Bald wird sie unser Kind gebären. Lasst und eine Weile hier unterkommen, bitte. Wir versprechen auch, dass wir kein Aufsehen erregen werden und uns sehr still verhalten werden.“
Der Bauer nickt verständnisvoll.
„Ich verstehe“, sagt er freundlich. „Kommt herein, ich habe eine Hütte auf meinem Grundstück, die ich euch zur Verfügung stellen kann.“
Dankbar folgen Falun und Ellen dem Bauern in den Hof. Die Hütte ist klein, etwas heruntergekommen, aber sauber und gemütlich. Ein Feuer brennt im Kamin, und der warme Schein erhellt den Raum.
„Vielen Dank, mein Herr“, sagt Falun erleichtert. „Wir sind euch sehr dankbar für eure Gastfreundschaft.“
Der Bauer lächelt.
„Es ist mir eine Ehre, euch helfen zu können. Aber seid vorsichtig. Das Sudland ist nicht mehr sicher. Die Krieger des Norkamp haben bereits große Teile des Landes unterjocht, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie auch hierher kommen.“
Falun nickt ernst.
„Wir sind uns der Gefahr bewusst, aber wir haben keine andere Wahl. Wir können den Weg nicht fortsetzen.“
Der Bauer nickt verständnisvoll.
„Ich verstehe“, sagt er. „Ruht euch aus, so lange ihr könnt. Ich werde euch warnen, wenn die Krieger näherkommen.“
Mit einem dankbaren Lächeln setzt sich Falun neben Ellen auf das rustikale Bett in der Hütte. Draußen wird es langsam dunkel, und die Geräusche des Dorfes verblassen allmählich. Aber für einen Moment fühlen sie sich sicher, umgeben von der Wärme des Feuers und der Gastfreundschaft des Bauern.
Die raue Brise des Nachmittags streicht über das karge Land, als Falun und Ellen schon seit einigen Tagen an ihrem neuen Domizil sind, und trägt den Geruch von Verwüstung und Angst mit sich. Falun und Ellen haben sich versteckt, weit weg von den zerstörerischen Klauen des Norkamp. Die Holzbalken des Gebäudes knarren im Wind, während die beiden ihre Kräfte sammeln und sich auf den nächsten Schritt vorbereiten.
Die Nachrichten aus dem Rest des Sudlands sind düster. Fast das gesamte Land liegt bereits in den Händen der gefürchteten Truppen des Norkamp. Dörfer werden niedergebrannt, Städte geplündert und die Bewohner unterdrückt. Der Krieg zwischen den vier Welten Norkamp, Sudland, Mauies und Offenier tobt seit Jahren, ein ständiger Kampf um Freiheit und Überleben. Doch gegen die Macht des Norkamp scheint kaum ein Kraut gewachsen zu sein.
Die Legenden besagen, dass die Krieger des Norkamp dunkle Verbündete haben, Dämonen, die ihnen bei ihrem Streben nach Herrschaft helfen. Diese Geschichten verleihen dem Feind eine Aura des Unheils, die selbst die Tapfersten erschauern lässt. Doch Falun und Ellen haben keine Zeit, sich mit Mythen zu befassen. Sie sind auf der Flucht, wie so viele andere auch, auf der Suche nach einem Ort, an dem sie sicher sind.
Das Bauernhaus, in dem sie sich verstecken, ist ihr vorübergehendes Refugium, ein Ort der Ruhe inmitten des Chaos. Die Wände sind von Jahren des Verfalls gezeichnet, das Strohdach droht bei jedem Windstoß einzustürzen, aber es bietet zumindest Schutz vor den Blicken ihrer Feinde. In der Ecke des einzigen Zimmers steht ein alter Tisch, dessen Oberfläche von Kerben und Brandspuren gezeichnet ist. Ein paar Stühle stehen um ihn herum, krumm und wackelig, aber immer noch besser als der harte Boden.
Falun starrt aus dem schmutzigen Fenster, seine Augen auf die endlose Weite gerichtet, die sich vor ihnen ausbreitet. Die Sonne steht tief am Horizont, ein blutroter Ball, der langsam hinter den Hügeln verschwindet. Die Welt wirkt verlassen, als wäre sie von einem dunklen Schleier umhüllt, der alles Leben erstickt.
Ellen sitzt auf einem der Stühle, ihre Hände um eine dampfende Tasse Tee gelegt. Ihr Blick ist ferner, als wäre sie in Gedanken in einer anderen Welt. Sie hat ihr langes blondes Haar zu einem lockeren Zopf gebunden, aber ein paar Strähnen haben sich daraus gelöst und fallen ihr ins Gesicht. Trotz der Strapazen der Flucht strahlt sie eine innere Stärke aus, die Falun bewundert.
„Was denkst du, Ellen?“, fragt Falun leise, ohne den Blick von der Landschaft abzuwenden. Er spürt die Anspannung in der Luft, die Ungewissheit über ihre Zukunft.
Ellen seufzt und nimmt einen Schluck Tee, bevor sie antwortet.
„Ich denke, dass wir dankbar sein sollten, dass wir hier sicher sind, zumindest für den Moment. Aber ich frage mich, wie lange das noch dauern wird. Die Truppen des Norkamp sind überall, und es scheint, als hätten sie Augen und Ohren in jedem Winkel des Landes.“
Falun nickt nachdenklich. Sie wissen beide, dass sie nicht ewig in diesem verlassenen Bauernhaus bleiben können. Früher oder später werden die Truppen des Norkamp sie finden, und dann ist es vorbei. Sie müssen einen Plan machen, einen Weg finden, um dem Schrecken zu entkommen, der ihr Land heimsucht.
„Ich habe gehört, dass es im Norden einen Widerstand gibt“, sagt Falun schließlich, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. „Eine Gruppe von Tapferen, die sich gegen die Tyrannei des Norkamp erhebt. Vielleicht sollten wir uns ihnen anschließen, kämpfen für das, woran wir glauben.“
Ellen betrachtet ihn nachdenklich, ihre grünen Augen leuchten im fahlen Licht der untergehenden Sonne.
„Es könnte unsere einzige Chance sein, Falun. Aber der Weg wird gefährlich sein, und wir wissen nicht, ob wir ihnen vertrauen können. Und ich gebäre jeden Moment mein Kind. Wer sagt uns, dass wir es beschützen können? Wir müssen vorsichtig sein.“
Falun nickt zustimmend. Sie haben schon genug Verluste erlitten, um zu wissen, dass sie keine weiteren riskieren können. Aber gleichzeitig brennt in ihnen die Sehnsucht nach Freiheit, nach einem Leben ohne Angst und Unterdrückung. Sie würden alles tun, um dieses Ziel zu erreichen, koste es, was es wolle.
Die Nacht bricht herein, und mit ihr kriecht die Kälte in das alte Bauernhaus. Falun und Ellen ziehen sich enger aneinander, um sich gegenseitig zu wärmen, während sie über ihre Pläne sprechen. Sie wissen, dass die Zeit drängt, dass sie sich bald entscheiden müssen, welchen Weg sie einschlagen werden. Aber für den Moment sind sie hier, zusammen, und das ist alles, was zählt.
Die Sterne leuchten am dunklen Himmel, funkelnde Lichtpunkte in einer Welt voller Dunkelheit und Verzweiflung. Aber selbst in der Finsternis finden Falun und Ellen Hoffnung, eine Flamme, die in ihren Herzen brennt und sie weiter antreibt, immer weiter, in Richtung eines neuen Tages.
Die Sonne steht hoch am Himmel, und ihre goldenen Strahlen tauchen die sanften Hügel rings um das Dorf in ein warmes Licht. Falun steht am Rand des Feldes, eine Hand auf dem Zaun, während er seinen Blick über die weite Landschaft schweifen lässt. Vor ihm grast der weiße Hengst Maluv auf der saftigen Koppel, die sich gleich neben dem Dorf erstreckt.
„Maluv, mein Freund“, spricht Falun mit leiser Stimme zu seinem Pferd. „Ich weiß, es ist eine schwere Zeit. Doch wir werden eines Tages wieder ruhig schlafen können.“
Das Pferd wiehert kurz, blickt Falun mit seinen pechschwarzen Augen an und nickt unmerklich, so als habe es die Worte seines Herrn verstanden.
„Gib die Hoffnung nicht auf, Maluv“, sagt Falun zu seinem Pferd.
Unbeirrt grast Maluv weiter auf der Koppel, während sich Falun einen Platz auf einer nicht weit entfernten Bank sucht. Nachdenklich setzt er sich. Er klopft den Matsch von seinen Schuhen herunter und lehnt sich dann zurück.
Die Szene wirkt idyllisch, als ob die Welt sich für einen Moment in Frieden wiegen würde. Doch für Falun ist dieser Moment der Ruhe von kurzer Dauer.
Ein plötzlicher Ruf durchdringt die Stille der Landschaft, und Falun fährt herum, sein Herzschlag beschleunigt sich.
„Sie kommt!“
Die Worte des Mannes treffen ihn wie ein Blitz, und ehe er es richtig begreifen kann, eilt er mit dem anderen Mann hastig zurück ins Dorf. Seine Gedanken rasen, während er versucht, sich auf das Kommende vorzubereiten.
Als sie endlich ihr Haus erreichen, drängt sich Falun durch die Tür und findet sich in einem Meer aus Eile und Anspannung wieder. Ellen liegt in den höchsten Wehen, ihr Gesicht von Schmerz verzerrt, aber dennoch strahlend vor Entschlossenheit. Falun eilt zu ihrer Seite, seine Hand zittert leicht, als er ihre ergreift. Ihr Griff ist fest, und er spürt die Hitze ihres Körpers, während er sie mitfühlend ansieht.
„Ellen, ich bin da“, flüstert er seiner Frau zu. „Es wird alles gut.“
Die Zeit dehnt sich aus, während Ellen jede Wehe mit tapferer Entschlossenheit erträgt. Falun steht an ihrer Seite, fühlt sich gleichzeitig hilflos und entschlossen, ihr in diesem Moment der Not beizustehen. Er streicht sanft über ihre Stirn, wischt ihr den Schweiß von der Haut und versucht, ihr Trost zu spenden, auch wenn er weiß, dass seine Worte kaum die Schmerzen mildern können, die sie durchleidet.
Und dann, endlich, bricht ein Schrei die Stille des Raumes. Es ist ein Schrei, der Schmerz und Freude gleichermaßen verkündet, ein Schrei, der das Ende einer langen Reise und den Beginn einer neuen Ära ankündigt. Falun und Ellen blicken einander an, ihre Augen erfüllt von Tränen, aber auch von Glück und Erleichterung.
„Es ist ein Wunder wahr geworden“, haucht Ellen mit sanfter Stimme, als sich ihr Körper wieder beruhigt hat.
Falun legt eine Decke über sie und streichelt sanft ihre Stirn. Er ist in diesem Moment des Glücks keines Wortes mächtig, als diese kleinen, neugierigen Augen ihn und seine Frau ansehen.
In ihren Armen halten sie ihr neugeborenes Kind, ein kleines Mädchen, das mit rosigem Teint und winzigen Fingern die Welt begrüßt. Falun spürt eine Welle der Liebe und Dankbarkeit, die sein Herz überflutet, während er das kleine Wesen betrachtet, das ihr Leben für immer verändert hat.
„Anshalyn“, flüstert Ellen sanft, und Falun lächelt, während er den Namen in seinem Herzen bewahrt. Es ist ein Name voller Bedeutung, ein Name, der das Versprechen einer strahlenden Zukunft in sich trägt.
Die Welt mag voller Herausforderungen sein, und das Leben mag nicht immer einfach sein, aber in diesem Moment, in dem sie ihr Kind in den Armen halten, fühlen sich Falun und Ellen unbesiegbar. Gemeinsam werden sie jede Hürde überwinden, denn sie wissen, dass ihre Liebe stärker ist als alles andere auf dieser Welt. Und so beginnt ihr Abenteuer als Familie, mit Anshalyn als strahlendem Mittelpunkt, der ihr Leben für immer erhellt.
In einem abgelegenen Dorf im Südland wird das Wunder des Lebens gefeiert, als Anshalyn Nescoa das Licht der Welt erblickt. Die Dorfbewohner strömen zusammen, um die Ankunft des neugeborenen Mädchens zu begrüßen, und die Atmosphäre ist erfüllt von einem tiefen Gefühl der Freude und des Glücks.
Anshalyns Eltern halten ihre Tochter voller Stolz und Liebe in den Armen. In ihren Augen spiegelt sich die Fülle des Lebens wider, und ihr Herz ist erfüllt von Dankbarkeit für das Geschenk, das ihnen gegeben wurde. In diesem Moment scheinen alle Sorgen und Ängste, die sie bisher umgetrieben haben, vergessen zu sein. Es gibt nur noch sie und ihr kleines Mädchen, das nun das Zentrum ihrer Welt ist.
Für Falun, den stolzen Vater, ist die Geburt seiner Tochter ein Moment von unendlicher Bedeutung. Als er in die unschuldigen Augen seiner Tochter blickt, spürt er eine tiefe Verpflichtung, sie zu beschützen und zu umsorgen. Ein Schwur formt sich in seinem Herzen, während er seine Tochter sanft wiegt – ein Schwur, der besagt, dass er alles tun wird, um Anshalyn vor jeglichem Unheil zu bewahren.
Die Gefahren, die draußen lauern, sind real und allgegenwärtig. Das Norkamp und seine brutalen Krieger sind eine ständige Bedrohung für das Dorf und seine Bewohner. Und dann gibt es noch die dunklen Mächte der Dämonen, von denen man munkelt, dass sie mit dem Norkamp paktieren.
Doch Falun ist fest entschlossen, dass weder das Norkamp noch seine finsteren Verbündeten jemals Anshalyn nahe kommen werden. Er will alles in der Macht stehende tun, sie vor allem Unheil zu bewahren.
So schwört er sich, ein unaufhörlicher Wächter über das Leben seiner Tochter zu sein. Er verspricht, sie vor allen Gefahren zu schützen, so lange er atmet und sein Herz schlägt. Denn für Falun gibt es keine größere Aufgabe, keine tiefere Liebe, als die, die er für sein kleines Mädchen empfindet.
Sudland ist ein weitläufiges Land, das sich über endlose Felder und malerische Täler erstreckt. Die Landschaft ist geprägt von sanften Hügeln und weiten Ebenen, die in der Ferne von majestätischen Bergen begrenzt werden. Überall im Land sind kleine Dörfer verstreut, jedes mit seinem eigenen einzigartigen Charakter und Charme. Die Dörfer sind oft durch gewundene Pfade und kleine Flüsse miteinander verbunden, die durch die Felder und Wälder fließen.
Eines dieser Dörfer, eingebettet in einer weiten Ebene eines Tals, heißt Rosenheim. Rosenheim ist ein idyllisches Dorf, umgeben von fruchtbaren Feldern und blühenden Wiesen. Die Dorfbewohner leben in kleinen, gemütlichen Häusern mit Strohdächern und bunt bemalten Fensterläden. Im Zentrum des Dorfes steht eine alte Kirche mit einem Glockenturm, der weit über die Dächer der anderen Häuser hinausragt. Jeden Morgen läuten die Glocken und verkünden den Beginn eines neuen Tages.
Rosenheim ist von einer ruhigen, friedlichen Atmosphäre durchdrungen. Die Straßen sind gesäumt von Blumenbeeten und alten Bäumen, deren Blätter im Sommer Schatten spenden. Die Dorfbewohner sind freundlich und einladend, und es ist üblich, dass sich die Nachbarn zu einem Plausch auf den kleinen Marktplatz treffen, wo jeden Samstag frische Produkte von den umliegenden Bauernhöfen verkauft werden.
Am Rande des Dorfes fließt ein klarer Bach, dessen Wasser von den Bergen kommt und durch die Ebene in Richtung eines größeren Flusses im Tal fließt. An seinen Ufern wachsen wilde Blumen, und es ist ein beliebter Ort für die Kinder des Dorfes, die dort im Sommer spielen und im kühlen Wasser baden.
Die Felder rund um Rosenheim sind das ganze Jahr über gut gepflegt. Im Frühling und Sommer stehen sie in voller Blüte, und die Luft ist erfüllt vom Duft der Blumen und dem Summen der Bienen. Im Herbst erstrahlen die Felder in goldenen und roten Tönen, wenn die Erntezeit beginnt. Die Dorfbewohner arbeiten zusammen, um die Früchte ihrer Arbeit einzuholen, und abends gibt es oft Feste, bei denen Musik gespielt wird und traditionelle Tänze aufgeführt werden.
Rosenheim ist ein Ort, an dem die Zeit stillzustehen scheint und die einfachen Freuden des Lebens noch hoch geschätzt werden. Hier, inmitten der weiten Ebene des Tals, finden die Menschen Ruhe und Geborgenheit, eingebettet in die wunderschöne Natur von Sudland.
Anshalyn, ein 7-jähriges, aufgewecktes Mädchen, tanzt barfuß über die Felder, ihr Kleid schwingt im Takt ihres Laufes. Das Gras kitzelt ihre Füße, und der Wind spielt mit ihren langen, goldenen Haaren. Sie lacht, als sie den kleinen Bach entdeckt und hineinplumpst. Das kühle Wasser spritzt auf. Der Matsch verschmiert ihre Beine und Arme, doch sie stört sich nicht daran. Anshalyn genießt die Freiheit, die ihr dieser Tag bietet. Es ist ein perfekter Sommertag im weiten Tal, in dem das kleine Dorf liegt, das sie ihr Zuhause nennt.
Als die Sonne höher steigt und die Hitze zunimmt, fühlt Anshalyn sich zunehmend klebrig und schmutzig. Sie beschließt, sich zu dem Brunnen zu begeben, der am Rande der Felder steht. Das alte, steinerne Bauwerk wirkt wie aus einer anderen Zeit. Das Wasser sprudelt klar und kühl aus dem Hahn. Sie öffnet den Hahn und das Wasser rauscht hervor, erfrischend und klar. Anshalyn zieht sich splitternackt aus und stellt sich darunter, lässt das Wasser über ihr Gesicht und ihren Körper rinnen und wäscht den Matsch ab. Sie kichert, als das kalte Wasser ihren Nacken hinunterläuft.
Als sie sauber ist, schließt sie den Hahn und schüttelt sich wie ein kleiner Hund, um das Wasser abzuwerfen. Sie streicht sich die Haare aus dem Gesicht, bindet sich ein Handtuch um und bemerkt im Augenwinkel eine Bewegung. Ein Junge steht am Rand des Feldes und beobachtet sie. Er ist etwa in ihrem Alter, hat dunkle Haare und große, neugierige Augen.
Anshalyn winkt ihm zu.
„Hallo! Komm her“, ruft sie fröhlich.
Der Junge zögert kurz, doch dann tritt er näher.
„Hallo“, sagt er schüchtern und gräbt die Hände in seine Hosentaschen.
„Ich bin Anshalyn. Wer bist du?“, fragt sie und lächelt.
„Ich heiße Juno“, antwortet der Junge und blickt verlegen zu Boden. „Es tut mir leid, ich wollte nicht, dass es so aussieht, als würde ich dich beobachten oder verfolgen.“
Anshalyn lächelt verschämt, während sie sich wieder anzieht.
„Verfolgst du mich denn?“, fragt sie freundlich.
Juno schüttelt den Kopf.
„Es ist nur... du hast noch nie gesprochen, seit du hier wohnst. Ich wollte herausfinden, ob du sprechen kannst.“
Anshalyn lacht kurz, dann blickt sie Juno in seine dunklen Augen.
„Klar kann ich sprechen“, sagt sie zu ihm. „Ich tu es nur nicht oft. Meine Eltern mögen es nicht, wenn ich mit Fremden rede.“
„Verstehe“, sagt Juno Kopf nickend.
„Möchtest du mit mir spielen, Juno?“, fragt Anshalyn gegen jede Regeln, die man ihr aufgestellt hat.
Juno nickt langsam.
„Ja, gerne.“ Junos Blick ist bewundernd und ängstlich zugleich. Er scheint ein sehr schüchterner Junge zu sein, kann seiner Neugier gegenüber dem geheimnisvollen Mädchen jedoch nicht widerstehen.
„Gut, dann komm mit“, lädt Anshalyn ihn ein.
Anshalyn greift nach seiner Hand und zieht ihn sanft in Richtung ihres Hauses, das ein Stück entfernt auf einem abgelegenen Bauernhof-Komplex steht.
„Wir müssen nur noch meine Eltern umgehen“, flüstert sie verschwörerisch. „Die sind sehr vorsichtig.“
Juno sieht sich um, während sie das große, alte Haus betreten. Drin ist es angenehm kühl. Anshalyn führt ihn in ihr Zimmer, das voller Spielsachen und Bücher ist. Die Wände sind mit bunten Bildern bemalt, die sie selbst gemalt hat.
„Das ist mein Reich“, verkündet sie stolz.
Juno setzt sich auf den Teppich und sieht sich um.
„Es ist sehr schön hier.“
„Danke“, sagt Anshalyn und beginnt, in einer Kiste nach etwas zu suchen. Sie zieht schließlich ein altes Puppenhaus hervor. „Wollen wir damit spielen?“
Juno nickt und gemeinsam beginnen sie, die Puppen aufzustellen und Geschichten zu erfinden. Während sie spielen, fragt Juno plötzlich: „Warum lebt ihr hier so abgelegen?“
Anshalyn hält in ihrer Bewegung inne und blickt ihn an.
„Soll ich dir ein Geheimnis erzählen?“, fragt sie leise.
Juno nickt zart.
„Meine Eltern sagen, dass ich eine seltsame Gabe habe“, beginnt sie zögernd. „Sie glauben, ich sei magisch veranlagt.“
Juno runzelt die Stirn.
„Magisch? Wie denn?“
Anshalyn zuckt mit den Schultern.
„Ich weiß es nicht genau. Sie sagen, dass ich Dinge tun kann, die andere Kinder nicht können, aber ich habe das noch nie bemerkt.“
„Was für Dinge?“, fragt Juno neugierig.
Anshalyns Blick geht nachdenklich aus dem Fenster hinaus.
„Manchmal, wenn ich wütend oder traurig bin, geschehen merkwürdige Dinge um mich herum. Einmal ist ein Fenster zerbrochen, ohne dass jemand es berührt hat. Ein anderes Mal hat sich eine Tür von selbst geöffnet“, erklärt Anshalyn leise.
Juno starrt sie mit großen Augen an.
„Das klingt wirklich magisch!“
Anshalyn seufzt.
„Vielleicht. Aber ich habe es nie bewusst getan. Meine Eltern denken, dass es gefährlich sein könnte, wenn andere Leute davon erfahren. Deshalb leben wir hier so versteckt.“
Juno nickt langsam, während er ihre Worte aufnimmt.
„Ich glaube, das ist spannend und auch ein bisschen beängstigend“, sagt er schließlich.
Anshalyn lächelt schwach.
„Ja, das ist es. Aber hier draußen, weit weg von den anderen, fühle ich mich sicher.“
„Hast du keine Angst, dass du irgendwann deine Kräfte nicht kontrollieren kannst?“, fragt Juno.
„Manchmal schon“, gibt Anshalyn zu. „Aber meine Eltern helfen mir dabei, ruhig zu bleiben und mich zu konzentrieren. Vielleicht lerne ich es eines Tages.“
„Ich bin sicher, du wirst es schaffen“, sagt Juno ermutigend.
Anshalyns Blick fällt auf eine am Boden liegende Puppe, die zu dem Puppenhaus gehört.
„Sieh her“, sagt sie geheimnisvoll zu Juno.
Anshalyn fixiert die Puppe mit ihren Augen – und plötzlich schwebt sie wie von Geisterhand gesteuert hoch, direkt in ihre Hand.
„Wow“, schießt es aus Juno heraus.
„Ich soll es nicht in der Öffentlichkeit machen, haben meine Eltern gesagt“, bekräftigt Anshalyn. „Niemand soll es wissen.“
„Ich werde es niemandem sagen“, entgegnet Juno sofort.
„Danke, Juno“, antwortet Anshalyn und lächelt ihn an. „Es ist schön, einen Freund zu haben, der das versteht.“
„Wir werden bestimmt viel Spaß zusammen haben“, sagt Juno und hebt eine Puppe hoch. „Lass uns weiter spielen.“
Die beiden Kinder vertiefen sich wieder in ihr Spiel, die Sorgen und Ängste sind für den Moment vergessen. In dieser kleinen, versteckten Welt sind sie einfach nur zwei Kinder, die Freunde geworden sind.
Ein Mann mittleren Alters steht eines anderen Tages früh am Morgen auf einem sanft hügeligen Feld nahe des Dorfes. Sein weißes Pferd, ein majestätisches Tier mit glänzendem Fell, steht ruhig neben ihm und schnaubt gelegentlich in der kühlen Morgenluft. Der Mann trägt eine einfache, aber robuste Kleidung, die schon viele Jahre der Feldarbeit überstanden hat. Seine Hände, rau von der Arbeit, führen das Pferd langsam entlang der Bewässerungskanäle, während das Licht der aufgehenden Sonne das Feld in ein warmes, goldenes Licht taucht.
Er nimmt den hölzernen Schöpfeimer, der an einem langen Stock befestigt ist, und beginnt, Wasser aus einem kleinen Teich am Rand des Feldes zu schöpfen. Mit geübten Bewegungen verteilt er das Wasser gleichmäßig auf die durstigen Pflanzenreihen. Das Wasser plätschert leise in die Furchen und schlängelt sich durch das Labyrinth der kleinen Gräben, die er sorgfältig angelegt hat. Während seine Hände routiniert die Arbeit verrichten, schweifen seine Gedanken weit ab.
Er denkt an die Jahre, die er auf diesem Feld verbracht hat, und an die vielen Frühjahre und Sommer, die er hier gesehen hat. Er erinnert sich an seine Jugend, als er diese Arbeit noch zusammen mit seinem Vater verrichtete, weit weg von hier. Er denkt an die Zeiten, als es in dieser Welt noch friedlich war und die vier großen Länder noch nicht verfeindet waren. Ein Lächeln huscht über sein Gesicht, als er an die Geschichten denkt, die sein Vater ihm damals erzählte. Geschichten von harten Wintern, aber auch von reichen Ernten und festlichen Dorfmärkten.
Seit nunmehr sieben Jahren versteckt er sich mit seiner Frau und seiner kleinen Tochter hier in diesem malerischen, noch vom Krieg unberührten Ort im Sudland. Aber die Angst läuft immer mit, zu jedem Tag, zu jeder Stunde. Es wäre kaum auszudenken, sollten die Krieger des Norkamp ihn und seine Familie hier finden.
Das Pferd, das er seit vielen Jahren an seiner Seite hat, scheint seine Gedanken zu teilen. Es folgt ihm treu, Schritt für Schritt, und ab und zu streicht er beruhigend über seine weiche Mähne. Die beiden sind ein eingespieltes Team, ihre Bewegungen harmonieren perfekt miteinander. Der Mann spricht leise mit dem Tier, erzählt ihm von seinen Plänen und Hoffnungen. Auch wenn das Pferd nicht antwortet, weiß er, dass es ihn versteht.
Der Tag schreitet voran, die Sonne steigt höher und die Wärme nimmt zu. Er gönnt sich eine kurze Pause, nimmt einen Schluck Wasser aus seiner Feldflasche und genießt den Anblick seines Feldes. Die Pflanzen stehen kräftig und grün, ein Versprechen auf eine gute Ernte. Ein Gefühl der Zufriedenheit durchströmt ihn. Trotz der harten Arbeit liebt er dieses Leben, die Verbindung zur Natur und die Ruhe, die es ihm bringt.
In der Ferne hört er die Glocken des Dorfes läuten. Es ist ein vertrautes Geräusch, das ihm die Zeit anzeigt, ohne dass er auf eine Uhr schauen muss. Er weiß, dass es bald Mittag sein wird, und seine Gedanken wandern zu seiner Familie. Bald wird er nach Hause zurückkehren, um das einfache, aber nahrhafte Essen zu genießen, das seine Frau zubereitet hat. Doch jetzt konzentriert er sich wieder auf die Arbeit, denn die Pflanzen brauchen noch mehr Wasser.
Der Wind weht sanft über das Feld und trägt den Duft von frisch geschnittenem Gras und blühenden Blumen mit sich. Es ist ein friedlicher Morgen, und während der Mann weiterarbeitet, spürt er eine tiefe Verbindung zu dieser Erde, die er so gut kennt und die ihm so viel bedeutet. Sein weißes Pferd an seiner Seite ist mehr als nur ein Helfer, es ist ein Freund, ein treuer Begleiter in all den Jahren.
So bewässert er weiter die Felder nahe des Dorfes, vertieft in seine Arbeit, während seine Gedanken schweifen und ihm ein Gefühl von Frieden und Erfüllung schenken.
Die Sonne steht hoch am Himmel, als Ellen sich den Feldern nähert, auf denen Falun gerade arbeitet. Der heiße Wind weht durch die hohen Getreidehalme und lässt sie wie goldene Wellen in einem endlosen Ozean tanzen. Falun hebt den Kopf, als er ihre Silhouette am Rand des Feldes erkennt. Sein Herz zieht sich zusammen, als er den Ausdruck in ihrem Gesicht sieht. Ellen ist außer Atem, ihre Stirn von Sorgenfalten durchzogen.
„Falun“, ruft sie, ihre Stimme zitternd vor Angst.
Falun legt seine Sense beiseite und eilt auf sie zu.
„Ellen, was ist los?“, fragt er, obwohl er die Antwort bereits ahnt. Ihr Blick verrät alles.
„Es ist Anshalyn. Ich habe sie seit dem Morgen nicht mehr gesehen. Ich mache mir solche Sorgen“, sagt Ellen, während sie unruhig ihre Hände ringt.
Faluns Gesicht verhärtet sich. „Wir haben ihr doch gesagt, sie soll nicht alleine rausgehen! Es ist viel zu gefährlich.“
Ellen nickt verzweifelt.
„Ich weiß, aber sie ist weg. Sie könnte überall sein.“
Falun fährt sich mit einer Hand durch das schweißnasse Haar. Die Krieger des Norkamp sind ihnen seit Anshalyns Geburt auf den Fersen, wissend, dass das kleine Mädchen mächtige Kräfte in sich trägt. Kräfte, die sie noch nicht ganz versteht und die, in den falschen Händen, großes Unheil anrichten könnten.
„Wir dürfen nicht zulassen, dass jemand von ihren Kräften erfährt“, sagt Falun leise, aber bestimmt. „Wenn die Krieger des Norkamp davon Wind bekommen, werden sie alles tun, um diese Mächte für ihre Zwecke zu missbrauchen.“
Ellen nickt, ihre Augen voller Tränen.
„Ich weiß, Falun. Aber sie ist erst sieben Jahre alt. Sie versteht die Gefahren noch nicht. Wir müssen sie finden, bevor etwas Schreckliches passiert.“
Falun sieht seine Frau an, ihr Schmerz spiegelt sich in seinen eigenen Augen wider.
„Ich werde nach ihr suchen. Gehe du nach Hause und warte dort. Vielleicht kommt sie zurück.“
Ellen zögert, dann umarmt sie ihn fest.
„Sei vorsichtig“, flüstert sie.
Falun nickt und löst sich aus der Umarmung. Er nimmt seine Sense, die er als Waffe verwenden könnte, und beginnt, die Felder abzusuchen. Die hohen Ähren rascheln um ihn herum, als ob sie ihm Geheimnisse zuflüstern wollten. Doch alles, was er hört, ist das Dröhnen seines eigenen Herzens und die ständige Angst um seine Tochter.
Er durchsucht die Getreidefelder gründlich, blickt hinter jeden Busch und unter jeden Stein. Doch Anshalyn bleibt verschwunden. Falun spürt, wie die Panik in ihm wächst. Was, wenn sie von den Kriegern des Norkamp gefangen genommen wurde? Was, wenn sie jetzt schon auf dem Weg in die dunklen Festungen ihrer Feinde ist?
Er betritt das Rapsfeld, die gelben Blüten schimmern im Sonnenlicht. Er ruft ihren Namen, immer wieder, aber das Echo ist seine einzige Antwort. Die Sorge um seine Tochter treibt ihn weiter, immer weiter, bis er schließlich den Rand des nahegelegenen Waldes erreicht. Der Wald ist dicht und dunkel, eine bedrohliche Stille liegt über ihm.
Falun tritt ein, die Bäume werfen lange Schatten auf den Waldboden.
„Anshalyn!“ ruft er, seine Stimme hallt zwischen den Bäumen wider. Doch er hört keine Antwort. Er geht tiefer in den Wald hinein, jede Bewegung aufmerksam beobachtend. Die Stille ist beinahe unerträglich, und sein Herz schlägt schneller bei jedem unerwarteten Geräusch.
Plötzlich hört er ein leises Schluchzen. Sein Herz macht einen Sprung.
„Anshalyn?“, ruft er erneut, und diesmal antwortet ihm ein schwaches „Papa?“
Er rennt in die Richtung, aus der die Stimme kommt, und findet Anshalyn unter einem Baum sitzend. Ihre Augen sind rot und geschwollen vom Weinen, und sie klammert sich an ein kleines Stofftier.
„Papa!“, ruft sie und springt auf, als sie ihn sieht.
Falun fällt auf die Knie und schließt sie in seine Arme.
„Anshalyn, wo warst du? Wir haben uns solche Sorgen gemacht!“
„Es tut mir leid, Papa“, schluchzt sie. „Ich wollte nur die Schmetterlinge verfolgen. Ich habe nicht gemerkt, wie weit ich gegangen bin.“
Falun streicht ihr über das Haar und seufzt erleichtert.
„Es ist in Ordnung, mein Schatz. Aber du darfst nie wieder so weit weggehen, hörst du? Es ist gefährlich.“
Anshalyn nickt eifrig, die Tränen trocknen in ihren Augen.
„Ich verspreche es, Papa.“
Falun hebt sie hoch und trägt sie aus dem Wald hinaus.
„Wir gehen nach Hause, Mama wartet auf uns“, sagt er, und Anshalyn legt ihren Kopf an seine Schulter.
Als sie den Rand des Waldes erreichen, sehen sie Ellen, die ihnen entgegen läuft.
„Anshalyn!“, ruft sie und rennt auf sie zu.
Falun setzt Anshalyn ab, und sie läuft in die Arme ihrer Mutter.
„Es tut mir leid, Mama“, sagt Anshalyn leise.
Ellen umarmt sie fest und küsst ihr Haar.
„Hauptsache, du bist wieder da. Wir lieben dich so sehr.“
Falun legt einen Arm um beide und führt sie zurück. Die Gefahr ist noch nicht gebannt, aber für diesen Moment sind sie zusammen und in Sicherheit. Das Wissen um Anshalyns Kräfte bleibt ihr gut gehütetes Geheimnis, und sie werden alles tun, um sie zu schützen.
Gemeinsam gehen sie durch die goldenen Felder, der Abendsonne entgegen, und ein Funken Hoffnung flackert in ihren Herzen.
An einem anderen Tag in einem dichten Teil des Waldes, wo das Licht sich zaghaft zwischen den Blättern hindurchschlängelt, streift Juno suchend umher. Seine Stimme klingt ein wenig belegt, als er ruft: „Anshalyn? Bist du hier? Wo bist du?“
Die Geräusche des Waldes antworten ihm mit einem sanften Rascheln und dem gelegentlichen Zwitschern von Vögeln. Juno bleibt stehen und blickt sich um, seine Augen suchen jeden Baumstamm, jede Lichtung ab. Es ist ungewöhnlich still, und sein Herz beginnt schneller zu schlagen. Anshalyn und er hatten sich immer hier getroffen, um zu spielen und Abenteuer zu erleben. Doch seit einigen Wochen war sie verschwunden, ohne ein Wort.
Plötzlich, aus den Schatten der Bäume, tritt eine zahme, junge Wölfin hervor. Ihre Augen treffen Junos, und für einen Moment bleibt er wie erstarrt stehen. Die Wölfin bewegt sich langsam auf ihn zu, ihr Fell glänzt in der schwachen Waldsonne.
„Hey, Kleine“, flüstert Juno sanft und beugt sich leicht vor, um die Wölfin besser sehen zu können. Er streckt vorsichtig eine Hand aus. Die Wölfin scheint keine Angst zu haben, denn sie kommt näher und lässt sich von Juno vorsichtig streicheln. „Wo kommst du denn her?“
Plötzlich geschieht etwas Unerwartetes. Die Wölfin beginnt sich zu verwandeln, ihre Form verschwimmt und wird fließend. Juno tritt einen Schritt zurück, voller Überraschung und Faszination, als vor ihm nun ein gleichaltriges Mädchen steht. Es ist Anshalyn.
„Anshalyn?“, flüstert Juno, seine Augen weit aufgerissen.
Anshalyn lächelt schüchtern und nickt.
„Hallo, Juno.“
Juno kann kaum fassen, was er sieht.
„Das warst du die ganze Zeit? Die Wölfin?“
Anshalyn nickt erneut.
„Ja, ich kann mich verwandeln.“
„Das ist unglaublich!“, ruft Juno aus, seine Augen leuchten vor Aufregung. „Seit wann kannst du das?“
„Seit ein paar Wochen“, erklärt Anshalyn. „Ich habe es heimlich geübt.“
Juno kann nur staunen.
„Zeig mir mehr!“
Anshalyn lächelt und schließt für einen Moment die Augen. Konzentriert hebt sie ihre Hand und murmelt leise einige Worte, die Juno nicht versteht. Plötzlich beginnen die Bäume um sie herum sich zu bewegen, ihre Äste wiegen sich sanft im Wind. Einige Blätter lösen sich und tanzen in der Luft, als wären sie lebendig.
„Faszinierend!“, ruft Juno aus. „Das ist wie in einem Märchen!“
Anshalyn lacht leise.
„Es ist nicht so schwer, wenn man es einmal versteht.“
Juno beobachtet gebannt, wie Anshalyn weiter ihre Magie wirken lässt. Sie lässt die Blätter wieder sanft zu Boden schweben und mit einer weiteren Geste lässt sie einen leichten Sturm aufziehen. Die Bäume rauschen, und der Wind weht ihnen kühl um die Nase, bevor der Sturm sich genauso schnell wieder legt, wie er gekommen ist.
„Das war großartig“, ruft Juno begeistert. „Du bist wirklich eine Zauberin.“
Anshalyn errötet leicht vor Freude über das Lob.
„Danke, Juno“, wispert sie leise.
Gemeinsam setzen sie ihr Spiel fort, wobei Anshalyn hier und da kleine magische Effekte einstreut, um Juno zu überraschen und zu erfreuen. Sie verwandelt eine Blume in eine glitzernde Seifenblase, lässt einen kleinen Feuerschein auf ihrer Hand tanzen und lässt ein paar Vögel in einer kurzen Melodie zwitschern.
Juno ist von Anshalyns magischen Fähigkeiten vollkommen gefesselt. Sie spielen und lachen zusammen, als wäre die Zeit stehen geblieben. Doch immer wieder schaut Juno sie mit einem Staunen an, das kaum zu verbergen ist.
„Das ist so cool, Anshalyn“, sagt er schließlich, während sie sich unter einem großen Baum ausruhen. Die Sonnenstrahlen, die durch die Blätter fallen, bilden ein sanftes Muster auf dem Waldboden.
Anshalyn lächelt, aber in ihren Augen liegt auch ein Hauch von Unsicherheit.
„Du bist nicht erschrocken, dass ich Magie habe?“, fragt sie.
Juno schüttelt energisch den Kopf.
„Nein, überhaupt nicht! Ich finde es einfach nur erstaunlich. Aber warum hast du es mir nicht gezeigt?“
Anshalyn zupft nervös an einem Grashalm.
„Ich habe noch immer etwas Angst davor. Manchmal bin ich über meine Fähigkeiten selbst noch überrascht. Und ich wollte sicher sein, dass ich es gut genug kann, bevor ich es jemandem zeige. Und ich war mir nicht sicher, wie du reagieren würdest.“
Juno legt seine Hand sanft auf ihre Schulter.
„Anshalyn, du bist meine beste Freundin. Egal, was passiert, ich werde immer zu dir halten.“
Ein erleichtertes Lächeln huscht über Anshalyns Gesicht.
„Danke, Juno. Ich bin froh, dass du das sagst.“
Die Sonne neigt sich langsam dem Horizont zu, als sie noch eine Weile unter dem Baum sitzen und über ihre Abenteuer im Wald reden. Anshalyn erzählt Juno von den Büchern über Magie, die sie heimlich in der Bibliothek gelesen hat, und wie sie versucht hat, die Zaubersprüche nachzumachen. Juno hört aufmerksam zu, seine Neugier und Bewunderung für seine Freundin wachsen mit jeder Geschichte, die sie ihm erzählt.
Als die Abenddämmerung langsam hereinbricht, steht Juno auf und streckt sich aus.
„Vielleicht sollten wir langsam nach Hause gehen. Es wird schon dunkel.“
Anshalyn nickt zustimmend und steht ebenfalls auf.
„Ja, das sollten wir wohl. Aber ich bin froh, dass ich dir alles gezeigt habe, Juno. Es fühlt sich gut an, dass du es weißt.“
Juno lächelt warm.
„Es fühlt sich großartig an, Anshalyn. Ich kann es kaum erwarten, mehr zu sehen!“
Hand in Hand machen sie sich auf den Weg aus dem Wald, begleitet von den letzten Sonnenstrahlen des Tages. In der Ferne singen die Vögel ihr Abendlied, während es um sie herum langsam dunkel wird.
Anshalyn und Juno erreichen endlich das Haus der Familie. Die Straßen sind still, nur das sanfte Flüstern des Windes begleitet sie auf ihrem Weg. Vor dem kleinen, gemütlichen Haus steht ein warmes Licht. Anshalyn spürt, wie ihr Herz schneller schlägt, als sie sich der Tür nähern. Juno wirkt nervös, doch sie halten Händchen, als sie die Stufen hinaufsteigen.
Die Tür öffnet sich und Anshalyns Vater, Falun, tritt heraus. Seine Miene ist ernst, und seine Augen suchen sofort nach Anshalyn. Hinter ihm steht Ellen, Anshalyns Mutter, mit einem besorgten Blick auf ihrem Gesicht.
„Falun, Ellen, wir sind zurück“, sagt Anshalyn leise, als sie und Juno stehen bleiben.
Faluns Blick trifft den von Juno, dann kehrt er zu Anshalyn zurück.
„Wo wart ihr? Wir haben uns Sorgen gemacht, Anshalyn. Es ist spät.“
Anshalyn senkt den Blick.
„Wir waren im Wald... Ich musste Juno etwas Wichtiges zeigen.“
Falun runzelt die Stirn.
„Was für etwas Wichtiges?“
Anshalyn zögert einen Moment, bevor sie antwortet: „Das... das werde ich euch erklären müssen.“
Ellen tritt einen Schritt vor, eine Mischung aus Sorge und Unverständnis auf ihrem Gesicht.
„Anshalyn, was ist los? Warum bist du so geheimnisvoll?“
Falun seufzt und legt eine Hand auf Anshalyns Schulter.
„Komm schon, lass uns reingehen. Wir müssen reden.“
Sie betreten das Haus, und die Spannung ist fast greifbar. Anshalyn fühlt sich unbehaglich. Sie führt Juno zu ihrem Zimmer und schließt die Tür.
„Warte hier einen Moment, bitte.“
Juno nickt, aber seine Stirn ist gerunzelt. Anshalyn kehrt zu ihren Eltern zurück, die im Wohnzimmer auf sie warten.
„Falun, Ellen, ich...“, beginnt Anshalyn zögernd.
Falun unterbricht sie scharf.
„Was hast du Juno gesagt, Anshalyn?“
Anshalyn schluckt schwer.
„Ich habe ihm von meinen magischen Fähigkeiten erzählt.“
Ein Moment der Stille folgt, während ihre Eltern sie schockiert anstarren.
„Anshalyn, das ist nicht verantwortungsvoll“, sagt Ellen schließlich, ihre Stimme mit Enttäuschung gefärbt.
Falun nickt ernst.
„Hast du nicht verstanden, warum wir dir gesagt haben, es niemandem zu erzählen? Es ist gefährlich für uns alle, wenn jemand davon weiß.“
Tränen sammeln sich in Anshalyns Augen.
„Aber Juno ist mein bester Freund! Ich musste es ihm sagen...“
Falun schüttelt den Kopf.
„Das ändert nichts an der Gefahr, Anshalyn. Die Krieger des Norkamp sind in der Nähe. Wenn sie herausfinden, was du kannst...“
„Was wollt ihr jetzt tun?“, unterbricht Anshalyn, ihre Stimme zittert vor Verzweiflung.
Falun seufzt und schaut zu Ellen.
„Juno muss nach Hause gehen.“
Anshalyns Herz schnürt sich zusammen.
„Nein! Ihr könnt ihn nicht wegschicken!“
Ellen legt sanft eine Hand auf Anshalyns Schulter.
„Es tut uns leid, Liebes, aber es ist zu gefährlich. Wir müssen vorsichtig sein. Es ist nicht auszudenken, was der ganzen Welt passieren kann, wenn jemand von deinen magischen Fähigkeiten erfährt.“
Anshalyn dreht sich um und läuft aus dem Wohnzimmer, Tränen über ihre Wangen rollend. Sie stürmt den Flur entlang zu ihrem Zimmer, wo Juno auf sie wartet.
„Was ist passiert?“, fragt Juno besorgt, als Anshalyn die Tür zuschlägt.
Anshalyn kann kaum sprechen vor Schluchzen.
„Sie schicken dich weg, Juno. Sie wollen nicht, dass du hier bleibst.“
Juno schaut schockiert auf.
„Aber warum? Was habe ich getan?“
Anshalyn wischt sich die Tränen weg und umarmt Juno fest.
„Es tut mir so leid, dass ich es dir gesagt habe. Jetzt wollen sie dich loswerden...“
Juno schüttelt den Kopf und umarmt Anshalyn zurück.
„Das ist nicht fair. Ich will nicht gehen.“
In diesem Moment hören sie Schritte im Flur. Die Tür öffnet sich, und Falun steht da, gefolgt von Ellen.
„Juno, es tut uns leid, aber du musst jetzt nach Hause gehen“, sagt Falun mit bedauernder Stimme.
Juno löst sich von Anshalyn und schaut zu den Eltern.
„Aber ich verstehe nicht, warum...“
Ellen tritt vor und legt eine Hand auf Junos Arm.
„Es ist für eure Sicherheit, Juno. Bitte verstehe das.“
Juno nickt langsam, Tränen in seinen Augen.
„Ich verstehe“, sagt er resigniert.
Anshalyn beißt sich auf die Lippe, unfähig, etwas zu sagen. Juno geht langsam zur Tür und verlässt das Zimmer, ohne sich umzudrehen. Anshalyn spürt, wie ihr Herz in tausend Stücke zerspringt.
„Anshalyn, komm mit mir“, sagt Falun leise und streckt eine Hand aus.
Anshalyn sieht auf, ihre Augen rot und geschwollen. Sie folgt ihrem Vater und ihrer Mutter in das Wohnzimmer.
„Setz dich, Liebes“, sagt Ellen sanft und zeigt auf das Sofa.
Anshalyn setzt sich und wickelt ihre Arme um sich selbst.
„Warum habt ihr das getan? Ihr habt Juno weggeschickt...“
Falun seufzt und setzt sich neben sie.
„Anshalyn, wir müssen vorsichtig sein. Die Fähigkeiten, die du hast, sind gefährlich, besonders jetzt, da die Krieger des Norkamp nahe sind.“
Anshalyn schluchzt leise.
„Aber Juno ist mein Freund. Er würde mir niemals etwas tun.“
Ellen setzt sich auf der anderen Seite von Anshalyn.
„Es geht nicht nur darum, ob Juno dir etwas antun würde. Es geht darum, dass wir alle in Gefahr sind, wenn jemand von deinen Fähigkeiten erfährt.“
„Warum habt ihr mir nicht einfach vertraut?“, murmelt Anshalyn, ihre Stimme voller Verzweiflung.
Falun legt eine Hand auf Anshalyns Schulter.
„Es tut uns leid, dass wir dir das antun mussten. Aber es ist wichtig, dass du verstehst, wie gefährlich diese Situation ist.“
Anshalyn schaut zu Boden.
„Ich will Juno sehen. Ich will nicht alleine sein.“
Ellen seufzt und schaut zu Falun.
„Vielleicht können wir ihm erlauben, dich zu besuchen, wenn es sicherer ist?“
Falun nickt zustimmend.
„Ja, das können wir tun. Aber im Moment musst du hier bleiben, Anshalyn. Verstehst du das?“
Anshalyn nickt langsam, obwohl sie es kaum ertragen kann. Sie fühlt sich verraten von ihren eigenen Eltern, die sie eingesperrt haben, als wäre sie eine Gefahr für sich selbst und andere.
„Ich will nur, dass alles wieder normal wird“, flüstert Anshalyn.
Ellen umarmt sie sanft.
„Es wird wieder normal werden, Liebes. Wir müssen nur vorsichtig sein, bis die Gefahr vorüber ist.“
Anshalyn lässt sich in die Umarmung sinken, obwohl sie sich innerlich vor Einsamkeit und Trauer verzehrt. Sie weiß nicht, wie lange sie in ihrem Zimmer eingesperrt sein wird oder wie sie jemals Juno wiedersehen kann, aber sie hofft, dass ihre Eltern Recht haben und alles wieder normal wird, sobald die Krieger des Norkamp verschwunden sind.
Weinend setzt sie sich auf den Fenstersims und blickt mit Tränen durchzogenen Augen hinaus in die dunkle Finsternis, die nicht nur ihr Haus und ihr Dorf, sondern auch ihr kleines, trauriges Herz einhüllt.
Am nächsten Morgen in der Frühe versammeln sich die Dorfbewohner von Rosenheim auf dem Marktplatz, wie es bei wichtigen Ankündigungen oder tragischen Ereignissen üblich ist. Die Sonne steht noch tief am Horizont, als Falun mit Ellen an der Hand langsam über den Platz kommt. Sein Gang ist schwer, sein Blick gesenkt. Die Menschen murmeln untereinander, spüren die Schwere in der Luft, ahnen, dass etwas Schreckliches geschehen sein muss.
Falun bleibt vor der versammelten Menge stehen. Sein Gesicht ist gezeichnet von tiefer Trauer und seine Stimme zittert, als er beginnt zu sprechen.
„Liebe Freunde und Nachbarn von Rosenheim, ich stehe hier vor euch, um euch eine traurige Nachricht zu überbringen. In der vergangenen Nacht ist meine geliebte Tochter Anshalyn von uns gegangen.“
Ein Raunen geht durch die Menge, einige Frauen halten sich die Hände vor den Mund, Männer senken die Köpfe.
„Sie war erst sieben Jahre alt, voller Leben und Hoffnung für die Zukunft. Doch die Engel haben sie zu sich gerufen“, setzt Falun fort, seine Stimme bricht fast. „Meine Frau Ellen und ich sind in tiefer Trauer. Wir bitten euch, von Fragen oder Gesprächen abzusehen. Wir möchten uns zurückziehen und in Ruhe trauern.“
Die Dorfbewohner schweigen respektvoll. Sie kennen Falun als einen ehrbaren Mann, einen guten Vater. Man sieht in ihren Augen die Anteilnahme und das Mitgefühl. Langsam löst sich die Versammlung auf, während die Menschen Falun und Ellen den nötigen Raum lassen.
Die Sonne steigt höher am Himmel, als Falun und Ellen den kurzen Weg zu ihrer bescheidenen Behausung antreten. Sie gehen Hand in Hand, stützen einander in ihrer tiefen Trauer. Vor ihrem Haus bleibt Falun stehen, dreht sich noch einmal um und sieht auf das Dorf, das ihm so vertraut ist und das jetzt so fern und fremd scheint.
Als die Tür hinter ihnen ins Schloss fällt, breitet sich eine Stille aus, die schwerer ist als die Stille der Nacht. Falun und Ellen sind nun allein mit ihrem Schmerz. Die Zeit verstreicht langsam, während sie sich in ihrer Einsamkeit und Trauer verlieren.
In den nächsten Tagen und Wochen bleibt Falun zurückgezogen. Die Dorfbewohner zeigen ihre Anteilnahme auf vielfältige Weise: sie bringen Essen, Blumen und bieten ihre Hilfe an. Doch sie respektieren den Wunsch von Falun und Ellen nach Stille und Einsamkeit.
Nach einer sehr langen Zeit wagt Falun schließlich wieder einen zaghaften Schritt hinaus ins Dorf. Die Trauer sitzt tief in seinem Herzen, doch er spürt auch die Wärme der Gemeinschaft, die ihn umgibt. Die Dorfbewohner nehmen ihn mit offenen Armen auf, drücken ihm stumme Worte des Trostes und der Solidarität aus.
Das Leben in Rosenheim geht weiter, und auch Falun und Ellen finden langsam einen Weg, mit ihrem Verlust zu leben. Anshalyn bleibt in ihren Herzen lebendig, und ihre Erinnerung wird von Generation zu Generation weitergetragen.
Der tiefe Wald liegt still und dunkel da, seine majestätischen Bäume ragen wie stumme Wächter in den Himmel. Die Stämme sind von knorriger Rinde bedeckt, die in der Dunkelheit fast schwarz erscheint. Über ihnen breitet sich ein dichtes Blätterdach aus, das den größten Teil des Mondlichts abhält und nur hier und da schmale Lichtstrahlen durchlässt, die wie silberne Fäden auf den Waldboden fallen.
Der Waldboden ist weich und federnd unter den Füßen, bedeckt von einer dicken Schicht aus moosbewachsenem Laub und herabgefallenen Nadeln. Die Luft ist kühl und feucht, durchdrungen von einem intensiven, erdigen Duft, der von verwesenden Blättern und feuchtem Holz herrührt. Es riecht nach Pilzen und nassem Moos, nach Leben und Verfall zugleich.
Ein leises Rascheln ist zu hören, wenn der Wind durch die Blätter streicht und die Zweige sanft zum Schwanken bringt. Das Geräusch hat etwas Beruhigendes, fast Hypnotisches. Hin und wieder ertönt das ferne Rufen einer Eule, ihr klagender Schrei hallt zwischen den Bäumen wider und verstärkt das Gefühl von Einsamkeit und Geheimnis.
Im Unterholz huschen kleine Tiere umher, kaum sichtbar in der Dunkelheit. Ihre Augen glimmen im schwachen Mondlicht wie winzige, silberne Funken. Ein Reh tritt vorsichtig aus dem Dickicht, bleibt reglos stehen und lauscht, bevor es mit anmutigen Bewegungen weiterzieht und wieder in der Schwärze verschwindet.
Die Sterne am Himmel funkeln klar und hell, ihre Positionen verändern sich kaum wahrnehmbar im Laufe der Nacht. Zwischen den Baumkronen erscheinen sie wie kleine Lichtpunkte, die einen Kontrast zur tiefen Dunkelheit des Waldes bilden.
Jeder Schritt, jeder Atemzug wird in der stillen Nacht verstärkt wahrgenommen. Der Wald scheint zu atmen, zu leben, als wäre er ein uraltes Wesen, das Geschichten von längst vergangenen Zeiten bewahrt. Es ist ein Ort der Ruhe und der Mysterien, ein Rückzugsort, der nur denen seine Geheimnisse offenbart, die bereit sind, in seine Tiefe einzutauchen und die Stille zu hören.
Eine junge Wölfin streift vorsichtig durch das dichte Unterholz. Ihr Fell schimmert im fahlen Mondlicht, während sie behutsam ihre Umgebung erkundet. Jeder Schritt ist bedacht, jede Bewegung von einer natürlichen Anmut begleitet, die ihre Jugend und Unerfahrenheit kaum verhehlt.