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Das Schicksal meint es nicht gut mit Flavius. Ausgerechnet ein verheirateter Familienvater zieht ihn magisch an. Er lässt sich aber nicht so schnell entmutigen und versucht alles, um sich seiner Zielperson zu nähern. Dabei greift er auf alle möglichen Tricks zurück.
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Inhaltsverzeichnis
Der Ruf des Blutes 2
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
Epilog – einige Monate später
Arztromane Vol. 17
Der Ruf des Blutes 2
Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten rein zufällig. Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder eine andere Verwertung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.
Copyright Texte: Sissi Kaipurgay/Kaiserlos
Fotos: Cover: Shutterstock 279655397, Vampir: Depositphotos_44132967_l-2015
Cover-Design: Lars Rogmann
Korrektur: Aschure, dankeschön!
Kontakt:http://www.bookrix.de/-sissisuchtkaiser/, https://www.sissikaipurgay.de/
Sissi Kaiserlos/Kaipurgay
c/o AutorenserviceKarin Rogmann
Kohlmeisenstieg 19
22399 Hamburg
Das Schicksal meint es nicht gut mit Flavius. Ausgerechnet ein verheirateter Familienvater zieht ihn magisch an. Er lässt sich aber nicht so schnell entmutigen und versucht alles, um sich seiner Zielperson zu nähern.
Gelangweilt schaute sich Flavius im Saal um. Er hatte gehofft, beim Medizinerball auf einen Haufen heißer Doktoren zu treffen, doch die waren eindeutig in der Minderzahl. Von den fünf, die in Betracht kamen, hatten drei eine Partnerin mitgebracht. Die zwei verbliebenen – ein Silberfuchs und ein Jungspund – schieden aus, weil er weder auf das eine noch das andere stand.
Er trank sein x-tes Glas Wein. Nach dem fünften hatte er aufgehört zu zählen. Sein Blick wanderte zu Stanislaus und Nazar, sein bester Freund und dessen Lover, die auf der Tanzfläche herumstolperten. An beiden war kein Tänzer verlorengegangen. Angesichts der Häufigkeit, mit der Stanislaus Nazar auf die Zehen trat, empfand er Mitleid mit dem Kleinen. Andererseits war Nazar eine zähe Natur. Wenn man ein paar Jahre auf der Straße gelebt hatte, wurde man wohl zwangsläufig dazu.
Amüsiert beobachtete er, wie eine Dame Stanislaus ablöste. Mit deutlichem Widerstreben überließ sein Kumpel Nazar der Frau und kehrte an den Tisch zurück, um sich neben Flavius niederzulassen. Daran, dass sein Freund nach über 200 Jahren keinen Bart mehr trug, hatte er sich immer noch nicht gewöhnt. Wahrscheinlich wurde er alt und damit unflexibel.
Vor einigen Monaten hatte sich Stanislaus vom Vampir zum Menschen gewandelt; angeblich durch einen Liebeskuss von Nazar. Flavius vermutete, dass es die romantische Umschreibung für einen Blowjob war, denn ein Kuss, selbst mit vollem Zungeneinsatz, konnte solches Wunder doch nicht vollbringen. Stanislaus beharrte aber auf dieser Version. Sein Freund war mittlerweile total weichgespült. Ständig grinste Stanislaus dämlich, wie ein Vollidiot. Möge ihm dieser Zustand erspart bleiben, denn mit so einem dümmlichen Grinsen wollte er echt nicht durch die Gegend rennen.
Jedenfalls fühlte er sich seit Stanislaus‘ Wandlung ziemlich einsam. Keine Kumpelabende mehr, keine gemeinsamen Ausflüge zum Vampirtreffen. Er traute sich nicht mal mehr, unangemeldet bei Stanislaus aufzutauchen, um die Turteltauben nicht in flagranti zu ertappen. Also, er guckte anderen schon gern beim Sex zu, aber die beiden verursachten ihm Karies mit ihrer Süßholzraspelei … wenn er denn welchen bekommen könnte.
„Ganz schön lahmer Haufen“, brummelte er.
„Es war deine Idee mitzukommen“, entgegnete Stanislaus und hatte damit leider recht.
Neben der Hoffnung, ein heißes Stück Fleisch abzuschleppen, hatte ihn die Aussicht auf einen einsamen Abend dazu getrieben, sich den beiden anzuschließen.
„Blöde Idee.“ Er trank einen Schluck, wobei ihm ein seltsamer Duft in die Nase stieg. Vom Wein stammte der nicht, denn als er das Glas sinken ließ, wurde der Geruch noch intensiver. „Sag mal, riechst du das auch?“
„Was denn genau?“
„Irgendwas riecht hier nach … keine Ahnung.“ Er stürzte den Rest Wein runter und stand auf. „Ich gucke mal, ob ich die Ursache finde.“
Vielleicht hatte eine der Damen ein aufdringliches Parfum aufgelegt. Dagegen sprach, dass sich der Duft auf seine Libido auswirkte. Sein Schwanz sprang voll darauf an. Sein Sakko verbarg die Ausbuchtung in seiner Hose, wobei es Flavius nichts ausgemacht hätte, mit seiner Manneskraft rum zu prahlen.
Auf der Suche nach dem Ursprung des Duftes flanierte er einmal durch den Raum. In der Nähe der Tanzfläche lokalisierte er die Quelle: Ein blonder Typ, der mit einer Brünetten tanzte, verströmte den Geruch.
Er postierte sich an der Bar, um Getränkenachschub zu besorgen und den Mann zu observieren. Handelte es sich bei dem Duft um den Lockstoff, dem Stanislaus erlegen war? Hoffentlich nicht, doch leider wusste er keine andere Erklärung dafür, warum das Aroma ihn derart anzog.
Laut Tjure, einem Artgenossen, mit dem er auf einem der Vampirmeetings gesprochen hatte, sandte ein Seelengefährte solchen Lockduft aus. So war das mit Stanislaus und Nazar passiert. Kamen die Gefährten nicht zusammen, starb einer von ihnen oder sogar beide. Stanislaus hatte, bevor das mit Nazar klappte, wie ein wandelndes Gerippe ausgesehen. Darauf, bei unlebendigem Leib zu verhungern, hatte Flavius echt keinen Bock. Darauf, seinen Seelengefährten zu umwerben, allerdings auch nicht.
Stanislaus stellte sich neben ihn. „Hast du die Geruchsquelle gefunden?“
„Ich bin am Arsch.“ Flavius seufzte abgrundtief.
„Wieso?“
„Weil der Gestank von dem Blonden da drüben ausgeht.“ Mit dem Kinn wies er auf die Zielperson.
„Vielleicht reagierst du bloß allergisch auf sein Rasierwasser.“
„Allergien verursachen keinen Ständer.“
„Dann ist es sexueller Notstand.“
„Das kann nicht sein. Ich hatte vorhin eine Verabredung mit meiner Faust.“ Warum auch immer, hatte ihn auf der Toilette starke Erregung heimgesucht. In einer der Kabinen war er der Angelegenheit zu Leibe gerückt.
„Und wann wurdest du das letzte Mal flachgelegt?“
„Ist schon zwei Wochen her.“
„Siehst du? Du bist untervögelt und siehst deshalb Gespenster.“
Er wollte etwas erwidern, doch das Läuten eines Gongs hinderte ihn daran. Sämtliche Gäste eilten zu ihren Plätzen und der Typ, der den Tanz eröffnet hatte, erschien am Rednerpult. Auch der Blonde nebst Tanzpartnerin setzte sich an einen der Tische. Obwohl es Flavius magisch zu dem Typen hinzog, gesellte er sich zu Stanislaus und Nazar.
„Liebe Anwesende“, sprach der Redner ins Mikro. „Wie jedes Jahr habt ihr nun die Möglichkeit, etwas zu gewinnen und gleichzeitig Gutes zu tun. Ein Los kostet dreißig Euro, wovon siebzig Prozent an die Kinderkrebsstation des Klinikums St. Georg gehen.“
Noch während der Mann redete, tauchte einer der Kellner mit einer Schüssel, in der sich Zettel mit Nummern befanden, an ihrem Tisch auf. Stanislaus erwarb fünf Lose. Um nicht geizig zu wirken, hielt Flavius mit, obwohl ihn keiner der Preise, die auf einer Tafel hinter dem Redner standen, interessierte. Wer brauchte schon eine Kaffeemaschine oder ein Kochtopf-Set? Eine Mini-Destille würde ihm gefallen, doch die war nicht darunter.
Nachdem alle Lose verkauft waren, legte der Redner mit der Verteilung der Gewinne los. Unglaublich, wie kindisch sich manche Erwachsene aufführten. Ein Grauhaariger freute sich dermaßen über einen Edelstahl-Thermoskanne, dass es wirkte, als würde er sich gleich vor Euphorie in die Hose pissen. Desgleichen die Frau, die das Kochtopf-Set ergatterte.
Flavius wurde stolzer Besitzer einer elektrischen Zahnbürste. Er war ziemlich zufrieden mit seinem Fang und lächelte Stanislaus, der ein Gesichtsmassagegerät zur Faltenentfernung gewonnen hatte, mit gespieltem Mitleid an. „Das ist wohl göttliche Fügung. Nun kannst du endlich deine zerknitterte Visage reparieren.“
„Ich denke, wir werden das Gerät einer anderen Nutzung zuführen“, mischte sich Nazar frech grinsend ein.
„Du meinst, um Schniedelfalten zu glätten?“, riet Flavius.
Die Frau, die ihnen gegenübersaß, prustete leise.
„Darauf bin ich noch gar nicht gekommen. Danke für den Tipp.“ Nazar feixte. „Und was gedenkst du mit deiner Zahnbürste zu tun? Vielleicht deiner Prostata auf den Zahn fühlen?“
Eins zu Null für Nazar. Das gab Flavius neidlos zu. „Gute Idee.“
Während der Losverteilung war es ihm gelungen, aus Stanislaus den Namen des Mannes raus zu kitzeln. Marcus Hartmann, Anästhesist am Klinikum St. Georg. Damit konnte er was anfangen. Dank seiner umfangreichen Kontakte besaß er Zugriff auf sensible Daten. Es war also ein Leichtes, mehr über den Mann rauszubekommen.
Gleich nach Ende der Gewinnverteilung begann die Versammlung, sich aufzulösen.
„Viel Spaß mit euren Geräten“, wünschte die Frau, deren Name ihm entfallen war. „Ich hau ab.“
„Schöne Grüße an Walter“, rief Stanislaus ihr hinterher und erhob sich ebenfalls. „Lasst uns auch verschwinden.“
Während der Taxifahrt knutschten Nazar und Stanislaus auf der Rückbank. Ekelhaft! Flavius hätte niemals geglaubt, dass sein Kumpel so tief sinken konnte. War es echt zu viel verlangt, mal fünf Minuten die Finger von Nazar zu lassen?
„Junge Liebe“, meinte der Taxifahrer – vermutlich ein Mann mit indischen Wurzeln – nachsichtig lächelnd.
„Die kennen sich schon einige Monate.“
„Sag ich doch: Junge Liebe.“
Wie lange galt sowas als jung? Eigentlich sollten doch ein paar Wochen reichen.
An Stanislaus‘ Adresse setzten sie die Turteltauben ab und fuhren gleich weiter. Der Fahrer summte fortwährend zu dem Gedudel des Radios. Flavius driftete gedanklich ab. Er sollte zum nächsten Vampirtreffen fliegen und mit Tjure reden. Vielleicht wusste der einen Rat, wie man sich gegen die Anziehung durch diesen Scheißgestank wehrte. Zwar hatte Tjure bislang behauptet, dass man seinem Schicksal nicht entfliehen konnte, aber es musste einfach eine Möglichkeit geben.
Die Sache mit Stanislaus hatte in der Community für Aufruhr gesorgt. Stimmen waren laut geworden, dass man einen Nachrücker bräuchte. Da sie sich nicht auf natürliche Art vermehrten, war jeder Verlust schmerzhaft. Flavius fand es auch sehr schade, Stanislaus an ein menschliches Dasein verloren zu haben. Es gab unter seinen Artgenossen nämlich nur wenige, die mit gesundem Vampirverstand ausgestattet waren. Etliche lebten gedanklich noch im Mittelalter, genau wie viele Menschen. Eigentlich merkwürdig, da letztere diese Zeit doch gar nicht aus persönlicher Erfahrung kannten.
Das Taxi, inzwischen am Ziel angelangt, hielt am Bordstein. Er entlohnte den Fahrer mit einem fürstlichen Trinkgeld und begab sich in seine Wohnung. Obwohl er müde war, und zugegeben ein bisschen betrunken, ließ ihm die Duft-Sache keine Ruhe. Er setzte sich vors Notebook und schrieb seinem Kontakt bei der Bullerei eine E-Mail mit der Bitte, ihm alles über Marcus Hartmann zu schicken. Anschließend suchte er nach öffentlich zugänglichen Daten über den Mann. Auf Anhieb fand er Adresse und Telefonnummer.
Eh er sich’s versah, gewann seine tierische Seite die Oberhand. Auf der Suche nach einem Schlupfloch flatterte er durch die Wohnung, bis er einsah, dass er sich zurück wandeln musste, um ein Fenster zu öffnen.
Als er draußen in die Lüfte stieg, merkte er deutlich, dass der kleine Fledermauskörper die konsumierten Promille schlecht vertrug: Er flog Schlangenlinien. Einmal stieß er fast mit einer Straßenlaterne zusammen. Im letzten Moment wich er aus und fluchte wie ein Rohrspatz, allerdings nur im Geiste, denn in Tiergestalt war sein verbaler Ausdruck stark begrenzt.
Hartmann wohnte in unmittelbarer Nähe von Santa Fu, wie Hanseaten das Fuhlsbüttler Gefängnis nannten. Das Haus lag in einer ruhigen Anliegerstraße und war von einem großzügigen Grundstück umgeben. Im Obergeschoss brannte Licht in drei Fenstern. Eines davon bestand aus Milchglas und dürfte somit zum Bad gehören.
Als erstes spähte er in das rechts daneben. Der Außenrollladen war nur halb herabgelassen, was ihm eine schöne Möglichkeit bot, sich daran festzuklammern. Durch einen Spalt in den Vorhängen sah er die Brünette, die im Bett lag und las. Das andere Fenster stand auf Kipp. Kopfüber hängte sich Flavius an den Rahmen und guckte ins Zimmer – hier waren nicht mal die Gardinen geschlossen. Der Raum war leer.
Nach einem Weilchen kam Hartmann herein, schloss die Tür und begann sich auszuziehen. Anstandshalber hätte Flavius wegsehen müssen, aber er war nun mal kein anständiger Vampir. Das Schicksal meinte es gut mit ihm, denn Hartmann war ziemlich attraktiv. Ein sehniger Körper mit wenig Behaarung. Wie’s im Schritt aussah, konnte er leider nicht feststellen, denn Hartmann behielt die Shorts an und kletterte ins Bett.
Flavius hielt noch einige Zeit die Stellung, doch nichts geschah. Enttäuscht, da er auf eine Wichsvorführung gehofft hatte, verließ er seinen Aussichtsplatz. Auf der anderen Seite des Hauses gab es zwei Fenster. Im linken entdeckte er schwachen Lichtschein. Selbiger entpuppte sich als Nachtlicht und der Raum als Kinderzimmer, in dem zwei Kleine schliefen. In dem Zimmer daneben: Noch ein Kind. Hartmann schien ziemlich fruchtbar zu sein.
Er trat den Heimflug an, auf dem er großräumig sämtlichen Straßenlaternen auswich.
Zum x-ten Mal wälzte sich Marcus auf die andere Seite. Obwohl er hundemüde war, fand er keine Ruhe. Dabei war der Abend sehr schön verlaufen. Es hatte Spaß gemacht, mit Nathalie zu tanzen und sie schien es auch genossen zu haben.
Seufzend kuschelte er seine Wange tiefer ins Kissen. Das Haus war fast abbezahlt, die Kinder gediehen prächtig und auf der Arbeit lief es harmonisch. Lediglich Nathalie machte ihm Sorgen, aber sie wirkte momentan ziemlich ausgeglichen. Nur eine Phase, das wusste er aus Erfahrung, doch die Hoffnung, dass sie für immer anhielt, war dennoch vorhanden. Es gab also keinen Grund, sich die Nacht um die Ohren zu hauen.
Irgendwann musste es mit dem Einschlafen geklappt haben, denn am nächsten Morgen weckte ihn helles Sonnenlicht. Gähnend reckte er beide Arme über den Kopf. Die Kinder waren bereits wach. Bengts Geschrei drang bis in sein Schlafzimmer. Wahrscheinlich hatte sich der Bursche mal wieder mit seiner Zwillingsschwester angelegt. Nora konnte dann ziemlich handgreiflich werden. Madita, vor Kurzem zehn geworden, ging bei solchen Gelegenheiten auf Tauchstation. Klug von ihr, denn Nora schlug, wenn sie zornig war, wahllos zu.