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Aphorismen und Essays zu gesellschaftlichen und kulturellen Dringlichkeiten und Aufdringlichkeiten ... Themen der neuen Ausgabe : Hedwig Conrad-Martius : "Metaphysik des Irdischen" (Vorwort) Descartes 2020 : Proletarischer Kopf oder Körper? Formale Logik von Entscheidungen Adornos "dunkelstes Geheimnis" Geist und Witz und philosophische Witze Wahrheiten über Die Wahrheit Spielfilm(zitat)e als Popkultur Kurz gesagt : Frische Bonmots und Sentenzen Ritter gegen Windmühlen Hündchen oder Schweinehunde als Begleiter? Von Übermensch zu Superman
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Seitenzahl: 73
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Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft?
Metaphysik des Irdischen
(Conrad-Martius)
Cartesianische Meditation : Klassendifferenz
Die Popdiva und ihr Schweinehund
Ein himmlischer Supermann zur lila Superdiva
Ist da noch jemand?
Tiefer Fall als Aufstieg?
Wahrheiten über DIE WAHRHEIT
„Mein dunkelstes Geheimnis“
Windbeuteleien sesshafter Geistesnomaden
Windsbraut in der Knochenmühle
Gesamtausgabe
Anhang
Für Elke in Dankbarkeit
Seit der Kindheit haben die meisten von uns unzählige suggestive Bilder und markante Sprüche aus mehr oder weniger berühmt gewordenen Spielfilmen in unseren Köpfen - und meist darunter. Wir werden sie nie mehr ganz los, sie unterfüttern alles, und das führt lebenslang eher zu wehmütiger Rührseligkeit als zu fruchtbaren Empfindungen. Die Wirksamkeit dieser sanften Drogen ist unterschwellig und oft subliminal hinterhältig. Bewegte Tonbilder bewegen die Zuschauer und Zuhörer, aber fast immer zu konformistischen Einstellungen, auch und gerade die scheinbar aufmüpfigen.
Filmzitate wirken wie Reklametexte, und sie sind nicht mehr als Reklametexte. Sie machen eindringliche bis aufdringliche Werbung für kollektiv erwünschte Lebensgefühle, Weltsichten und Verhaltensdispositionen, die von zu vielen Menschen geteilt werden. Sie etablieren Freund- und Feindbilder tief in die Gemüter. Ihr Einfluss dürfte eher fragwürdig als segensreich sein.
Ich werde hier absichtlich kein einziges solcher weitverbreiteten Zitate wiedergeben oder kommentieren. Sie sind es nicht wert. Sie sind ohnehin in aller Herzen, als gemeinschaftsstiftende und weiterverwertbare Signalmarken, und die Eingeweihten zwinkern sie einander zu. Selbst die vermeintlich aufsässigeren Sprüche aus Filmsequenzen sind nur Erkennungszeichen dubioser Einverständnisse statt kritischer Verständnisse. Ein Sahnebonbon wird gelutscht und - pfft - ist er weg. Leinwandschatten verdunkeln die Bilder der eigenen Phantasie, die weiter verkümmert.
Man zitiert schon häufiger Satzfetzen aus Filmen als aus Büchern. Der Film war neben der Popmusik die vorherrschende Kunst des 20. Jahrhunderts und wird es wohl noch etwas bleiben im 21. Jahrhundert. Er hat längst auch die Intellektuellen erobert und ist eine typische Verfallsform der Literatur und des Theaters.
Spielfilme und Popmusik bilden den wirkmächtigen Großteil der modernen Massenkunst in den Massenmedien. In Demokratien wie in Diktaturen indoktrinieren sie mehr oder weniger plump die Geister durch "Unterhaltung". Entertainment ist die legitimierte Modernisierung und gleichzeitige Demontage der Kultur, ihre Entschärfung für den reibungslos unproblematischen Hausgebrauch. Pure Unterhaltung, die auch nichts anderes sein will, mutet nichts zu, geht glatt ein und hat die volkspädagogische Funktion, die Arbeitskraft für den nächsten Werktag zu regenerieren, überschüssige Triebenergien gefahrlos zu entsorgen und in unschädliche Kanäle abzuleiten wie der Sport. Sie erleichtert es uns, mit dem perfiden Weltlauf unseren Frieden zu machen - das schlichtere Gemüt mit primitiveren Mitteln, das anspruchsvollere eben nur mit gerisseneren Mitteln. Man will uns bei Laune halten, damit wir nicht durchdrehen und alles kaputthauen. Aber kann Entertainment die Langweiligkeit des technologisch entlasteten modern life vertreiben?
Auch Literaturverfilmungen vergröbern in aller Regel ihre verbaleren Vorlagen, sogar wo sie besser sind als diese. Filmdrehbücher sind gefälschte Lesebücher. Der Zuschauer oder Zuhörer muss seine Phantasie nicht so bemühen wie der Leser. Sprach- und musikunterlegte Bilder sabotieren die Bildung eher, als sie zu stützen. Filme schmeicheln unserer bräsigen Bequemlichkeit in hohem Maße und bedienen meist nur unkultiviert standardisierte Gefühlsschablonen. Sie sind Einübungen in den Massengesellschaftsbetrieb, kaschierte Drillveranstaltungen und illustrierte Schulungskurse des Massenbewusstseins ohne Bewusstsein. Sie wirken am Kopf vorbei direkt auf den Bauch.
Moderne Filmbilder lähmen die Einbildungskraft des einsamen Lesers und seine Urteilskraft gleich mit, sodass Geschmacksurteile sich nachhaltig entsublimieren. Der Spielfilm hilft, erwünschte Kollektive zu erzeugen und emotional zu festigen. Er transportiert unerkannte Ideologien und implantiert sie fast unbemerkt ins geneigte Publikum.
Laufbilderfolgen und Satzfetzen, die aus Filmen hängenbleiben, speisen die Alltagsmythologien der Massenkultur, Erkennungszeichen, die man einander zuwirft, um Zugehörigkeit zu Meinungskollektiven zu signalisieren und einzufordern, nichtswürdig pfiffige Gassenhauer, die keine Einsichten fördern, sondern nur augenzwinkernde Einverständnisse.
Literatur von Rang steht über dem besten Spielfilm, aber das wird seltener mehr gefühlt. Filme sind die Bildungsromane des Industriezeitalters. doch den Gemeinschaften, die sie stiften, ist eher zu misstrauen, und die meisten Filmzitate sind witzverpackte Propagandalosungen kritikloser Mentalitäten.
Spielfilme brauchen, um ihre hohen Kosten einzuspielen, gewöhnlich ein breiteres Publikum als Buchromane, und vulgarisieren, was sie popularisieren. Die besseren haben raffiniert verschraubte Handlungsplots, ihre Held(inn)en aber taugen alle nicht viel, auch wenn sie hier und da hübsch ausschauen. Unsere Vorbilder und Weltbilder im Kopf sind allzu oft triviale Filmbilder. Dass manche der vielen Filme inzwischen einander ironisch zitieren, macht die Sache um keinen Deut besser.
Geht es um den Popkulturwahn, sei man ein Spielverderber : Wer Entertainment unterhaltsamer findet als Hochkultur, hat bisher wenig Geschmack entwickelt. Die Begeisterung für die meisten Filmidole und ihre Weisheiten aus den Zelluloid-Traumfabriken habe ich nie teilen können. Sie kamen mir vor wie todlangweilige Hanswurste, die sich mit platten Scheinproblemen herumschlugen und nichts Nennenswertes zu sagen und zu tun hatten. "Filmkunst" baut besonders nahe am Kunstgewerbe und Edelkitsch. Zeitverschwendung.
Aus jedem Spielfilm kommt man etwas schlechter heraus, als man hineingegangen ist, ob nun Kinopalast, Fernseher oder Internetportal ...
I. Die Hauptmanuskripte
Stichworte für eine Metaphysik der irdischen Welt
Vorbemerkungen
I. Wirklichkeit
II. Natur
III. Die vierfache Wurzel der elementaren Naturwirklichkeit
1, Die zwei materialen Wurzeln
a. Das Urmaterielle
b. Das Urdynamische
2. Die zwei formalen Wurzeln
a. Einleitende Vorbemerkungen
b. Das Urpsychische
c. Das Urgeistige
3. Die Wesenserfülltheit der Urpsychischen und Urgeistigen
4. Allgemeiner Aufbau des elementar
Naturwirklichen aus den vier potenziellen Wurzeln
STICHWORTE FÜR EINE
METAPHYSIK DER IRDISCHEN WELT
1, Stoff und Licht
Die irdische Welt ist deshalb irdisch, weil sie aus "Stoff" besteht. Die stoffliche Natur ist nichts Äußerliches an ihr, sondern ein Wesensbestandteil. Durch den Stoff ruht die irdische Welt in einem Sein, das gleichsam dem Nichts unmittelbar benachbart ist und ruht doch darin in wahrer, in sich selbst begründeter Wirklichkeit. Diese Seinsmacht in der Ohnmacht, diese wahre Wirklichkeit im Nichts oder aus dem Nichts heraus bildet die eine grundlegende Seite des Wunders irdischer Schöpfung mit allen ihren Gestaltungen.
Die erste wesentlichste Frage ist deshalb: Was ist Stoff? Stoff darf weder spiritualistisch verflüchtigt, noch als ein "von Grund auf“ in äußerlich raumerfüllender Starrheit bestehender gefasst werden. Im ersten Fall wäre er nicht mehr "er selbst" und jenes Wunder irdischer Schöpfung aufgehoben. Die raumerfüllende Starrheit kann aber andererseits nichts Letztes sein, weil sich mit dem Stoff auch erst der physische Raum konstituiert (oder mit ihm geschaffen ist) − so wie mit dem geschöpflichen Sein überhaupt erst die Zeit. Irdischer Raum und irdische Zeit sind erst mit der irdischen Schöpfung da, nicht vor ihr.
Dasselbe letzte, innere, dynamische Etwas, das stoffliche Masse setzt, setzt auch den Raum.
Von dieser stoff- und raumkonstituierenden letzten, inneren Seinsdynamik aus ist aber eben sowohl die Schöpfung des irdischen Lichtes zu verstehen.
Was Licht ekstatisch ist, ist Stoff statisch. Aller irdische Stoff ist lichthaft; alles irdische Licht ist stoffhaft.
Konvergieren solche metaphysischen Wesenseinsichten mit den Ergebnissen der neuesten Physik? Die heutige Physik führt in eine Dimension, die jenseits von Zeit und Raum liegt, aber diese zeiträumliche Stoffwelt unmittelbar "bewirkt". Bewirkung hat hier natürlich nicht mehr den Sinn "exaktnaturwissenschaftlicher" (mechanistischer) Kausalität.
Bedeutsame Folgen von dieser Grundlage aus zunächst für die Möglichkeit, daß der Stoff nicht nur Träger des Lebens und organisierter Gestaltung, sondern auch Behältnis und unmittelbarster Ausdrucksbereich der Seele, sowie Traggrundlage des Geistes sein kann; dann für die Möglichkeit eines überphysischen Stoffes, der Stoff im eigentlichsten Sinne bleibt und dennoch keine physische Masse mehr ist: Lichtstoff, paradiesischer Stoff, der Stoff verklärter Leiber usw.
II. Pflanze und Leben
Wo liegt die Seinsstelle, an der sich rein stoffliche Gestaltung, wenn auch in wahrer dynamischer Gestaltung von innen her begriffen, von einer lebendig organisierten Gestaltung unterscheidet?
Was ist organisches Leben? In welchem Sinne ist organisches Leben selbst "schöpferisch"? Unterscheidung zwischen dem immanent schöpferischen Vermögen des Geschöpflichen und dem transzendent schöpferischen "Vermögen" des Schöpfers. Grenzen einer aus der Natur selbst her begriffenen "schöpferischen Entwicklung".
Das tiefste Ingredienz organischen Lebens: das Vermögen ganzheitlicher Selbstvervielfältigung: aus einem Ganzen zwei oder mehr solche zu machen. Die hierin liegende ganzheitliche Selbstumschließung und Selbstdurchdringung des Lebendigen. Hier die Wurzel der Fortpflanzung und Zeugung. Zweigeschlechtliche Fortpflanzung setzt eingeschlechtliche, weil das einfache, lebendig-organische Selbstvervielfältigungsvermögen voraus, nicht umgekehrt!
Die Pflanze in Wachstum und Zeugung reinster Selbstausdruck eines lebendig-organischen Wesens, eines puren Portpflanzungswesens. Reinster Ausdruck organisch-schöpferischen Vermögens.
Auch hier wieder Zusammentreffen metaphysischer Wesenseinsichten mit einer Fülle neuester biologischer Ergebnisse.
III. Tier und Seele
Genauer Seinsort, an dem das Tier gegenüber der Pflanze einerseits, dem Menschen andererseits steht.
Rein stoffliche Wesen, auch die Pflanze trotz ihrer ganzheitlich innerschöpferischen Lebensgestaltung, leben nicht selbsthaft aus einem Inneren heraus, obwohl ein solches "Inneres" als lebendige 'Potenz in sie hineinwirkt.
Das Tier lebt selbsthaft aus einem "Inneren" heraus: seiner Seele.
Was ist das "Innere" und das "Äußere" der Natur? Natur überall aus eigenen, geschöpflichschöpferischen Potenzen