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Die Liebe eines Katers.
Eigentlich ist Anne mit einer Katze vollkommen beschäftigt, doch als die zarte Nina ihr einen kleinen herrenlosen Kater anschleppt, kann sie nicht widerstehen. Sie nimmt Junior auf - und damit beginnen die Turbulenzen, denn der kleine Kater jagt nicht nur Diebe und Sittenstrolche, sondern erweist sich auch als gewiefter Experte in Liebesdingen ...
Ein wunderbarer, amüsanter Katzenroman - mit viel Einfühlungsvermögen erzählt.
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Seitenzahl: 293
Andrea Schacht
Auf Tigers Spuren
Roman
ISBN 978-3-8412-0527-8
Aufbau Digital,
veröffentlicht im Aufbau Verlag, Berlin, September 2012
© Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, Berlin
Die Originalausgabe erschien 2008 bei Aufbau Taschenbuch, einer Marke der Aufbau Verlag GmbH & Co. KG
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung ist nur mit Zustimmung des Verlages zulässig. Das gilt insbesondere für Übersetzungen, die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen sowie für das öffentliche Zugänglichmachen z.B. über das Internet.
Umschlaggestaltung Mediabureau Di Stefano
unter Verwendung einer Illustration von Frances Broomfield / Port Gallery,
London / The Bridgeman Art Library
Konvertierung Koch, Neff & Volckmar GmbH,
KN digital – die digitale Verlagsauslieferung, Stuttgart
www.aufbau-verlag.de
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Innentitel
Inhaltsübersicht
Informationen zum Buch
Informationen zum Autor
Impressum
Inhaltsübersicht
Vorwort: Hierarchien im Katzenleben
1. Junior tritt auf
2. Nachmittags bei Anne
3. Häusliche Erkundungen
4. Revierordnung
5. Mutterpflichten
6. Katzenwäsche und andere Geschäfte
7. Junior wird in die Gemeinschaft aufgenommen
8. Untaten eines Jungkaters
9. Männerbekanntschaften
10. Bärbel bannt den Superstar
11. Katze, Mensch und Maus
12. Der Kuhfladen
13. Junior begibt sich in Gefahr
14. Chinesische Nachrichten
15. Besuch auf den Goldenen Steppen
16. Fenstersturz
17. Eine niederschmetternde Besprechung
18. Eine Lektion für Junior
19. Bärbel zu Hause und im Wald
20. Eine Trainingsstunde
21. Tigertraum
22. Versammlung der Katzen
23. Ein Festessen aus der einen …
24. … und aus der anderen Sicht
25. Wache
26. Scharfe Krallen
27. Klaßße Raßßegeflügel
28. Überraschungen
29. Juniors Autofahrt
30. Christians Heimkehr
31. Junior erhält einen Auftrag
32. Ein Abschied
Da ich das ungeheure Glück habe, mit sehr weisen Katzen zusammenzuleben, bin ich zu einigen Erkenntnissen gekommen, die sicher nicht jedem Menschen vertraut sind.
Ich habe die Erlaubnis, dieses wertvolle Wissen an Sie weiterzugeben, um Ihr Verständnis für unsere geheimnisvollen Freunde zu vertiefen.
Erwachende Wesen
Die Katzen, die noch neu im Kreis der Leben sind, werden zu den Erwachenden Wesen gezählt. Sie erinnern sich nicht oder nur schemenhaft an die Zwischenzeiten auf den Goldenen Steppen. Meist sind sie sehr agile, muntere Katzen, erdnah und am jeweiligen Leben hängend. Sie werden von den höheren Katzen dennoch geachtet, weil sie sehr tatkräftig und pragmatisch sind.
Die höheren Katzen sind bereit, den Erwachenden Wesen an der Schwelle der Erkenntnis weiterzuhelfen. Sie vermitteln ihnen die Anfangsgründe des Gedankenfluges und nehmen sie in Träumen mit auf die Goldenen Steppen. Erwachende Wesen können Menschen sehr lieben, aber diese Liebe bleibt irdisch. Menschen sind zum größten Teil auf der Stufe zum Erwachenden Wesen, wenige auf der Schwelle zum Glücklichen Wesen.
Glückliche Wesen
Die Glücklichen Wesen erinnern sich zumindest an ein Vorleben. Im weiter fortgeschrittenen Stadium erinnern sie sich an die Goldenen Steppen und beherrschen den Gedankenaustausch mit Gleichgestellten und Höheren. Sie sind noch immer sehr erdverbunden, haben aber eine schärfere Wahrnehmung der Schwingungen und Strömungen zwischen den anderen Lebewesen und reagieren daher auch anders. Ihr Verhältnis zu Menschen ist diffiziler, weniger unvoreingenommen als bei den Erwachenden Wesen. Nicht ausschließlich Futter zählt. Sie sind von sich aus auch fürsorglich und kümmern sich um den Menschen, den sie lieben.
Wanderkatzen
Wanderkatzen erinnern sich an viele Leben und an alle Formen der Goldenen Steppen. Sie beherrschen die Fähigkeit, im Traum dorthin zu reisen und Kontakt mit den dort existierenden Wesen aufzunehmen.
Im fortgeschrittenen Stadium bestimmen sie den Zeitpunkt ihrer irdischen Wiedergeburt, nicht jedoch die Form. Im irdischen Leben sind sie oft Führer einer Gemeinschaft. Sie beherrschen den Gedankenflug und die Reise und kümmern sich um die Erwachenden und Glücklichen Wesen. Sie sind zwar noch erdnah, führen aber ein Leben der Beschaulichkeit und versuchen, Probleme und Konflikte auf spirituelle Art zu lösen.
Sie übernehmen bewusst die Verantwortung für einen Menschen, haben ein sehr enges Verhältnis zu ihm und können den sensibleren Vertretern Träume von den Goldenen Steppen vermitteln. An der Schwelle zur Traumkatze können sie bei großer Zuneigung ihren Menschen und unter besonderen Umständen (unter Schock, in Hypnose, vor dem Tod) für kurze Zeit ein kätzisches Dasein vermitteln.
Traumkatzen
Bislang als die höchste Stufe der Hierarchie bekannt. Traumkatzen können ihr Leben bis zu den Anfängen des Seins zurückverfolgen. Sie bestimmen Zeit und Form ihrer Wiedergeburt, kennen alle Schwingungen und Strömungen belebter und unbelebter Dinge und können zukünftige Entwicklungen erkennen, sofern sie mit dem kätzischen Umfeld im Zusammenhang stehen.
Sie sind Eigenbrötler oder mächtige Herrscher. In ihrer Zuneigung zu einem Menschen können sie so weit gehen, dass sie ihn außerhalb von Zeit und Raum mit in ihre Katzenwelt mitnehmen können. Den wenigen sensiblen Menschen, die auf der Stufe der Erwachenden Wesen stehen, können sie dieses Erlebnis sogar nach dem Traum wieder bewusst machen. Solche Menschen können dadurch zu Glücklichen Wesen werden.
Minka war alt geworden.
Sie war eine lebenserfahrene Katze und wusste, was auf sie zukam. Als sie merkte, dass das Ende nahte, machte sie sich langsam und bedächtig auf den Weg zu ihrem Lieblingsplatz.
Nun lag sie sterbend unter einem Busch, versteckt vor den neugierigen Augen weitgehend aller Wesen. Bei ihr war nur ihr jüngstes Kind. Die anderen beiden Kätzchen aus ihrem letzten Wurf hatten bereits vor einigen Tagen ein neues Zuhause gefunden.
Minka fühlte, wie die lähmende Ermattung sich in ihren Gliedern ausbreitete. Sie warf noch einmal einen traurigen Blick auf das grauschwarz getigerte Kätzchen mit den weißen Pfoten, das verstört an ihrem rotbraunen Bauch gedrückt saß.
Es war Herbst geworden, und die Blätter der Büsche und Sträucher glühten golden in der langsam wandernden Sonne. Sie stand an ihrer höchsten Stelle am Himmel, und ihre wärmenden Strahlen streichelten noch einmal sanft ihr Fell. Minka wähnte sich ungestört und wollte die Augen schließen, um langsam in die ferne Welt der Goldenen Steppen zu entgleiten. Doch plötzlich fiel ein Schatten auf ihr Gesicht. Träge hob sie noch einmal die Lider und erkannte verschwommen einen hellen Fleck. Er kam näher, und dann fühlte sie den vertrauten Atem einer anderen Katze an ihrer Nase.
»Minka, was ist geschehen?“
Kaum noch fähig zu antworteten, flüsterte die Sterbende: »Müde, Nina.«
Die cremefarbene Katze an ihrer Seite schaute sie mitleidig an.
»Ich bleibe bei dir, Minka«, versicherte sie ihr und begann, der liegenden Rotpelzigen liebevoll die Stirn zu lecken. Deren Augen waren halb geschlossen und die Nicklider zugefallen. Stückchen für Stückchen verließ ihre kleine Seele den sterbenden Körper. Nur noch einmal raffte sie sich auf und flüsterte Nina zu: »Kümmere dich um den Kleinen, er ist etwas Besonderes. Bitte.«
»Natürlich. Ich werde ihn zu meinem Menschen mitnehmen. Sie ist nett und wird ihn schon aufnehmen.«
Dankbar schnurrte Minka, und Nina stupste ihre Nase an die ihre. Dann tat die alte Katze ihren letzten Atemzug.
Als Nina merkte, dass Minka aufgehört hatte zu atmen, drehte sie sich zu dem zitternden kleinen Fellbündel um, das zusammengerollt noch immer an derselben Stelle lag. Vorsichtig tupfte sie es mit der Pfote an, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Zwei grüne Augen funkelten sie an.
»Was willst du? Lass mich in Ruhe!«, fauchte der Kleine unwillig.
»Deine Mutter ist tot. Ich werde mich jetzt um dich kümmern«, antwortete ihm Nina ruhig.
»Nix, ich bleibe hier! Sie hat mich gelehrt, alleine zurechtzukommen!«
»So, du kleiner Held? Dann versuch doch mal mit deinen Milchzähnen Mäuse zu fangen«, forderte Nina ihn auf.
»Mäuse, wieso Mäuse? Es gibt doch Milch.«
»Und wer, bitte, gibt dir die?«
Der Kleine wurde unruhig. Er warf einen Blick auf die bewegungslos daliegende Minka und legte seine Pfote auf ihren Bauch. Nina wartete ab. Nach einiger Zeit drehte sich der Kleine um und sah sie traurig an. Ein leises Wimmern kam aus seiner Kehle, und schutzsuchend drückte er sich dann an Ninas Schulter. Sie leckte ihn tröstend über die Kopf und Rücken und schnurrte leise.
Es dauerte jedoch nicht lange, da hatte er seine Fassung wiedergewonnen, und sein Jammern verstummte. Er richtete seinen Kopf auf und fragte: »Okay, wohin?«
»In das Haus auf der anderen Straßenseite.«
Der grauschwarze Jungkater kam auf die Pfoten, aber da er schon lange kein Futter mehr bekommen hatte, knickte er nach ein paar unbeholfenen Schritten wieder ein. Nina, die neben ihm herschlenderte, bemerkte seinen Schwächeanfall und munterte ihn auf.
»Komm, die letzten paar Meter schaffst du schon noch. Dann gibt es bestimmt bald etwas zu futtern.«
Mühsam schleppte der Kleine sich daraufhin noch einige Schritte weiter. Über den Kiesweg des kleinen Parks schaffte er es noch, aber am Straßenrand blieb er endgültig liegen.
»Geht es nicht mehr?«, fragte Nina fürsorglich.
»Natürlich geht es noch. Aber ich will jetzt hier bleiben.«
»Sturkopf!«, schimpfte seine Begleiterin. »Da muss ich wohl zu anderen Methoden greifen.« Resolut drehte sie sich zu ihm um, biss fest, aber nicht schmerzhaft in sein Nackenfell und hob ihn hoch. Seine Versuche, sich zu wehren, fielen wegen seiner Schwäche recht dürftig aus, und so trug Nina ihren Schützling über die Straße, das Grundstück hinauf bis vor die Terrassentür von Annes Wohnung. Hier maunzte sie laut und fordernd.
»Ich würde ja schon gerne abnehmen. Aber ich weiß doch ganz genau, dass ich es sowieso nicht schaffe.«
Bärbels achtzig Kilo füllten den Sessel Anne gegenüber vollständig aus. Ihre Schultern hingen bei ihren Worten traurig nach unten, und sie hatte ihre Unterlippe in trotziger Resignation vorgeschoben.
Anne atmete tief ein, um nicht ungeduldig zu werden. Diese Diskussion führten sie bereits seit Tagen, und um sie gänzlich an den Rand der Geduld zu bringen, kam dann auch noch von Bärbel: »Du hast es gut, du bist so schlank, dass du nicht aufs Essen achten musst.«
Das war eine der Bemerkungen, die Anne jedes Mal, wenn sie an ihre mühsam gezähmte Fressgier dachte, maßlos ärgerte.
»Entschuldige, aber bei solchen Äußerungen beginne ich immer mit den Zähnen zu knirschen. Was meinst du wohl, warum ich so schlank bin?«
Verschreckt zuckte Bärbel zusammen und maulte weinerlich: »Na ja, dann hast du eben mehr Disziplin als ich.«
»Und was hindert dich daran, auch Disziplin zu haben?«
»Alles!«
Anne seufzte. Bärbel war die dreiundzwanzigjährige Nichte ihrer Vermieter, den Rettichs. Sie war im Spätsommer eingezogen, um einige Monate bei ihren Verwandten zu leben, da sie in die Bankfiliale im Nachbarort versetzt worden war. Rettichs hatten Anne hinter vorgehaltener Hand verraten, Bärbel sei ganz froh darüber, nicht alleine wohnen zu müssen. Obwohl ihre Eltern es lieber gesehen hätten, wenn sie selbständiger geworden wäre. Aber Bärbels Eltern hätten vermutlich vieles lieber gesehen.
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