Aufgescheucht und abgeräumt.  - Günter Dönges - E-Book

Aufgescheucht und abgeräumt.  E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Exzellent – das ist er im wahrsten Sinne des Wortes: einzigartig, schlagfertig und natürlich auch unangenehm schlagfähig. Wer ihn unterschätzt, hat schon verloren. Sein Regenschirm ist nicht nur sein Markenzeichen, sondern auch die beste Waffe der Welt. Seinem Charisma, Witz und Charme kann keiner widerstehen. Der exzellente Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! Josuah Parker hatte seinen freien Tag. Angetan mit seinem schwarzen, weit fallenden Covercoat, schwarzen Handschuhen und der unvermeidlichen schwarzen Melone, schritt er durch die Straßen. Es war selbstverständlich, daß der korrekt zusammengerollte Regenschirm an seinem linken Unterarm hing. Parker schien die warme Sonne überhaupt nichts auszumachen, schon gar nicht die vielen spöttisch verwunderten Blicke, die seiner Erscheinung galten. Er war noch vom guten, alten Schlag und das fleischgewordene Sinnbild eines echt englischen Butlers, der in keiner noch so verrückten Situation seine Selbstbeherrschung verlor. Nach einigen Ausflügen in den mittleren Westen waren er und sein Chef, Mike Rander, endlich wieder einmal zurück nach Chikago gekommen, wo sie eigentlich wohnten. Rander, ein zwar noch junger, aber bereits sehr erfolgreicher Verteidiger hatte eine komplizierte Strafsache übernommen und zum Leidwesen des Butlers keine besonderen Detektivaufgaben für ihn. Butler Parker war Detektiv aus Leidenschaft. Er hatte schon recht interessante und heikle Fälle gelöst. Manchmal allein und auf eigene Faust, manchmal in Zusammenarbeit mit Mike Rander, der es ebenfalls nie verschmähte, sich auch als Detektiv zu betätigen. Josuah Parker kam sich an jenem sonnigen Nachmittag also recht verloren vor. Nachdem er sich eine Zeitlang sehr interessiert die Auslage eines Waffengeschäftes angesehen hatte, überquerte er die breite Fahrbahn und hielt auf einen komfortablen Friseursalon zu. Das Geschäft war im Erdgeschoß eines großen Hotels untergebracht und von zwei verschiedenen Straßen aus zu erreichen. Die Inneneinrichtung dieses Friseurpalastes übertraf alle Vorstellungen. Sie glich einer Orgie in Marmor, Chrom, Glas und Seide. Ein angenehmer Duft reizte die Nase Josuah Parkers, der sich würdevoll seiner Melone entledigte und Mantel und Schirm mit gemessenen Bewegungen eigenhändig an der Garderobe unterbrachte. Er duldete es nicht, daß ein anderer die Arbeit für ihn übernahm. Es dauerte nur wenige Minuten, bis er behandelt wurde. Zwei Angestellte, die vornehm wie Zeremonienmeister waren, geleiteten ihn zu dem Stuhl, der eigentlich schon gar nicht mehr als Stuhl anzusprechen war. Nein, dieses Gebilde war ein Wunderwerk der Mechanik, mit schwellenden Lederpolstern, mit ausziehbarer Nackenstütze, mit einer Lifteinrichtung, die elektrisch angetrieben wurde.

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Der exzellente Butler Parker – 101 –

Aufgescheucht und abgeräumt. 

Günter Dönges

Parker macht die Pferde scheu

Roman von Günter Dönges

Josuah Parker hatte seinen freien Tag.

Angetan mit seinem schwarzen, weit fallenden Covercoat, schwarzen Handschuhen und der unvermeidlichen schwarzen Melone, schritt er durch die Straßen. Es war selbstverständlich, daß der korrekt zusammengerollte Regenschirm an seinem linken Unterarm hing. Parker schien die warme Sonne überhaupt nichts auszumachen, schon gar nicht die vielen spöttisch verwunderten Blicke, die seiner Erscheinung galten. Er war noch vom guten, alten Schlag und das fleischgewordene Sinnbild eines echt englischen Butlers, der in keiner noch so verrückten Situation seine Selbstbeherrschung verlor.

Nach einigen Ausflügen in den mittleren Westen waren er und sein Chef, Mike Rander, endlich wieder einmal zurück nach Chikago gekommen, wo sie eigentlich wohnten. Rander, ein zwar noch junger, aber bereits sehr erfolgreicher Verteidiger hatte eine komplizierte Strafsache übernommen und zum Leidwesen des Butlers keine besonderen Detektivaufgaben für ihn.

Butler Parker war Detektiv aus Leidenschaft. Er hatte schon recht interessante und heikle Fälle gelöst. Manchmal allein und auf eigene Faust, manchmal in Zusammenarbeit mit Mike Rander, der es ebenfalls nie verschmähte, sich auch als Detektiv zu betätigen.

Josuah Parker kam sich an jenem sonnigen Nachmittag also recht verloren vor.

Nachdem er sich eine Zeitlang sehr interessiert die Auslage eines Waffengeschäftes angesehen hatte, überquerte er die breite Fahrbahn und hielt auf einen komfortablen Friseursalon zu. Das Geschäft war im Erdgeschoß eines großen Hotels untergebracht und von zwei verschiedenen Straßen aus zu erreichen.

Die Inneneinrichtung dieses Friseurpalastes übertraf alle Vorstellungen. Sie glich einer Orgie in Marmor, Chrom, Glas und Seide. Ein angenehmer Duft reizte die Nase Josuah Parkers, der sich würdevoll seiner Melone entledigte und Mantel und Schirm mit gemessenen Bewegungen eigenhändig an der Garderobe unterbrachte. Er duldete es nicht, daß ein anderer die Arbeit für ihn übernahm.

Es dauerte nur wenige Minuten, bis er behandelt wurde.

Zwei Angestellte, die vornehm wie Zeremonienmeister waren, geleiteten ihn zu dem Stuhl, der eigentlich schon gar nicht mehr als Stuhl anzusprechen war. Nein, dieses Gebilde war ein Wunderwerk der Mechanik, mit schwellenden Lederpolstern, mit ausziehbarer Nackenstütze, mit einer Lifteinrichtung, die elektrisch angetrieben wurde.

Parker nahm Platz.

Ein blauer Nylonkittel wurde um seinen Körper drapiert und sein Kopf sanft gegen die Stütze gedrückt. Der Cheffriseur dieses Stuhls ließ den Elektromotor schnurren. Ruhig liftete der Sitz in die Höhe. Der Friseur legte solch eine Andacht und solch einen Ernst an den Tag, wie es sonst eigentlich nur ein versierter Henker tut, der sein Opfer möglichst schnell und schonend umbringen will.

»Was wünscht der Herr?« fragte der Mann. Er sprach mit französischem Akzent, wie es sich für einen solchen Palast geziemte.

»Rasieren, Haarschneiden, Kopf- und Gesichtsmassage, keine Unterhaltung«, sagte Parker präzise. Er entspannte sich und schloß die Augen. Er hörte das Surren des eingeschalteten Schneideapparats, feines Klirren von Kristall gegen Marmor und versank in Träumen.

Erst als ein Mann mit schnarrender Stimme zu poltern begann, blinzelte der Butler in die Spiegelscheibe aus Kristall. Er sah einen ungemein korpulenten, untersetzten Mann, der gerade in einem Rasierstuhl Platz nahm. Auffallend war die unmögliche Krawatte, die auf Parker wie eine schallende Ohrfeige wirkte. Die kleinen dunklen Augen des neuen Kunden verschwanden fast völlig hinter fetten, dicken Speckfalten. Es muß nachgetragen werden, daß dieser Mann direkt neben Parker saß. Ihre Blicke begegneten sich. Doch Parker schaute in einer solch kühlen und überlegenen Art wieder weg, daß der Dicke einem Erstickungsanfall nahe war.

Hinter dem Rasierstuhl hatten sich zwei recht stämmige junge Männer aufgebaut. Sie schauten grimmig umher und schienen so etwas wie eine Leibwache des Dicken zu sein. Mit geschultem Blick stellte Parker fest, daß sie Pistolen umgeschnallt hatten. Trotz der ausgezeichneten Schneiderarbeit waren die bewußten, kleinen Ausbeulungen der Anzüge nicht zu übersehen.

Parker besaß eine sehr liberale Einstellung. Dennoch paßte es ihm nicht, gewissermaßen in einer vielleicht möglichen Schußlinie zu sitzen. Er bedauerte es nachträglich, diesen Haarschneidepalast betreten zu haben. Da er über einen wunderbar ausgebildeten Instinkt verfügte, witterte er Gefahr.

»Danke, danke, das dürfte reichen«, sagte er zu dem Cheffriseur, der ihn gerade mit einer erstaunlichen Zartheit und Fixigkeit rasiert hatte. »Nur etwas Rasierwasser bitte...!«

Der Mann bearbeitete das Gesicht Parkers mit einer scharfen Essenz. Der Butler mußte nun die Augen schließen, da ihm etwas von dem duftenden Wasser ins Auge gekommen war. Mannhaft verschluckte Parker allerdings einige Bemerkungen, die sich sicherlich nicht sehr erfreulich angehört hätten.

Als der Butler die Augen wieder öffnete, wußte er sofort, daß er sich zu spät entschlossen hatte, das Feld zu räumen.

In dem Friseurpalast war es überraschend still geworden. Es herrschte das, was man gemeinhin eine unheilschwangere, tödliche Stille nennt. Sie hatte ihren Grund im Auftauchen zweier Männer, die in Höhe der Theke standen.

Sie hatten sich Gesichtsmasken umgebunden, waren mittelgroß, schlank und hielten in ihren Händen langläufige Revolver, die sicher nicht aus modischen Gründen mitgebracht worden waren.

Josuah Parker sah sich daraufhin veranlaßt, möglichst schnell und tief in den Rasierstuhl zu rutschen, eine Vorsichtsmaßnahme, die sich bald als ungemein segensreich für ihn erwies. Die beiden Männer mit den Gesichtsmasken eröffneten nämlich das Feuer auf den kleinen, dicken Mann, der wie hypnotisiert in den Spiegel starrte und nicht fähig war, eine Abwehrbewegung zu machen.

Seine beiden Leibwächter jedoch handelten instinktiv.

Sie hatten blitzschnell ihre Waffen gezogen und schossen auf die beiden maskierten Besucher des Friseursalons, allerdings unterlief ihnen im Eifer des Gefechts ein bedauerlicher Irrtum. Sie hielten das Spiegelbild für die tatsächlichen Angreifer und beeilten sich daher, die Kristallscheibe zu zertrümmern. Es herrschte natürlich ein schauerlicher Krach. Der große Spiegel löste sich in seine Bestandteile auf, der kleine, fette Bursche stöhnte, und einige Querschläger sirrten durch den Raum.

Sekunden danach war der ganze Spuk vorbei.

Butler Parker tauchte aus der Tiefe des Stuhls wieder hoch und schüttelte mißbilligend den Kopf. Der Friseur neben ihm seufzte auf und wurde dann mit einiger Verspätung ohnmächtig. Der kleine, dickliche Mann im benachbarten Stuhl war zu Boden gefallen und versuchte, wieder auf die Beine zu kommen. Die beiden Leibwächter beeilten sich gerade, das Geschäft zu verlassen. Ob sie nur die Verfolgung der Täter aufnehmen wollten oder aber konkrete Fluchtgedanken hegten, war in diesem Stadium noch nicht festzustellen.

Josuah Parker, der sich schon recht oft in ähnlichen Situationen befunden hatte, glitt nun aus seinem Stuhl und kniete neben dem am Boden liegenden Mann nieder, der heftig keuchte.

Er sah sofort, daß dieser Mann schwer verwundet war und dennoch eine ganz bestimmte Absicht verfolgte, denn er mühte sich ab, irgendeinen Gegenstand aus seiner Brusttasche zu holen.

Als höflicher Mensch unterstützte Parker ihn bei diesem Vorhaben. Er fand eine durchsichtige Hülle aus Kunststoff, in der sich einige Papiere befanden.

»Verbrennen! Schnell! Verbrennen! Los... Schnell«, keuchte der verwundete Mann. Parker bemerkte sehr wohl, daß der Mann ihn gar nicht erkannt hatte. Er hielt den Butler wohl für einen seiner Leibwächter. Da der Verwundete in dieser Lage bestimmt keinen Widerspruch verstehen würde, steckte Parker die Hülle ein und richtete sich auf. Dabei entging ihm nicht, daß ihn der Friseur sehr aufmerksam beobachtete. »Ich würde den Vorschlag machen, doch die Polizei anzurufen«, sagte Parker. »Auch ein Arzt könnte nicht schaden.«

Der Friseur nickte und lief jetzt hinter die Theke, wo sich das Telefon befand. Während er die Nummer wählte, beobachtete er den Butler weiterhin mit größter Wachsamkeit. Parker konnte es sich leicht an fünf Fingern abzählen, daß dieser Mann mißtrauisch geworden war. Sicher würde er der bald eintreffenden Polizei einen Hinweis geben. Nun hatte Josuah Parker zwar nichts zu verbergen, doch er war sehr daran interessiert zu erfahren, was da eigentlich hatte verbrannt werden sollen. Da Parker ein Kriminalist aus Leidenschaft war, witterte er bereits ein wichtiges Geheimnis.

Er band sich den Nylonüberwurf ab und sah sich suchend in dem Salon um. Wo konnte er die Hülle verstecken? Er hatte wirklich nicht vor, etwas wie Fundunterschlagung zu begehen, aber bevor er die Hülle der Polizei übergab, wollte er feststellen, was sie enthielt.

Das Schicksal war ihm gnädig gesinnt.

Angelockt durch die wilde Schießerei erschienen bereits die ersten Neugierigen auf der Bildfläche. Der Hoteldetektiv boxte sich seinen Weg durch die Menge, wenig später erschienen zwei Streifenpolizisten. In der Ferne war das unangenehme Heulen einer Polizeisirene zu vernehmen. Der Friseur stürzte sich sofort auf die beiden Cops und redete wortreich auf sie ein. Da er aber mit einem starken französischen Akzent sprach, war die Verständigung recht schwer. Die beiden Polizisten kümmerten sich erst einmal um den am Boden liegenden Mann, der nun still geworden war. Schon nach einer kurzen Prüfung richteten sie sich auf.

Parker wußte, daß der dicke Mann inzwischen gestorben war.

Er sorgte dafür, daß er aus dem Blickfeld des Friseurs kam, und ließ die Hülle dann blitzschnell verschwinden. Er hatte sich ein Versteck ausgesucht, das seiner Schätzung nach nicht so schnell gefunden werden konnte.

Kaum war das erledigt, interessierten sich die beiden Polizeibeamten für ihn.

Es hatte den Anschein, als seien sie bereits von dem Friseur informiert worden. Sie verlangten nämlich kurz und bündig, er solle das herausrücken, was er versteckt oder an sich gebracht habe.

« Sie gestatten, daß ich meiner Verwunderung Ausdruck verleihe«, erklärte der Butler. »Mit anderen Worten, ich weiß zur Zeit nicht, wovon Sie eigentlich reden.«

»Mann, machen Sie bloß nicht die Pferde scheu«, sagte einer der beiden Polizisten »Der Friseur dort hat genau gesehen, daß Sie dem Toten etwas weggenommen haben. Also, rücken Sie schon damit heraus, oder legen Sie Wert darauf, mit zum Revier genommen zu werden?«

»Sind Sie sicher, daß sich der Mann auch nicht getäuscht hat?« erwiderte Butler Parker höflich. Er wendete sich jetzt ausschließlich an den Mann mit dem starken französischen Akzent, der ihm flammende und zugleich auch empörte Blicke zuwarf.

Nun mußte etwas im Blick des Butlers gewesen sein, was ungemein zwingend, ja, schon beinahe hypnotisch war. Der Friseur wurde unsicher, lief an, als stünde er unmittelbar vor einem cholerischen Ausbruch und sah schließlich zu Boden, wobei er deutlich mit seinen Schultern zuckte.

»Ich möchte annehmen, daß Sie sich getäuscht haben«, sagte Parker zu dem jetzt gebrochenen Mann. »In Anbetracht der augenblicks herrschenden Situation, sollten Sie Ihrer Aussage einen anderen Akzent geben...!«

»Wie war das also?« fragte der Polizist, sich an den Friseur wendend. Der hatte gerade einen Blick auf den Toten geworfen und wurde augenblicklich unsicher. Vielleicht dachte er, Parker habe mittelbar mit der Schießerei zu tun gehabt, vielleicht aber dachte er auch nur kurz an die Vergänglichkeit des Lebens, kurz, er hatte Angst und erklärte den beiden Polizisten wortreich, er könne sich selbstverständlich auch getäuscht haben.

Nachdem der Butler diese Feststellung getroffen hatte, harrte er in aller Ruhe der Dinge, die noch kommen mußten. Insgeheim rätselte er aber bereits herum, was die Cellophanhülle wohl enthalten möge. Er war wieder einmal fest entschlossen, den Dingen auf den Grund zu gehen...

*

Nach einer knappen Stunde war Butler Parker endlich wieder Herr seiner freien Entschlüsse.

Er war, zusammen mit den anderen Insassen des Salons verhört worden und hatte sich darauf beschränkt, vorerst einmal recht vage Erklärungen abzugeben. Vorsichtshalber hatte er dem Leiter der Mordkommission zu verstehen gegeben, er stünde noch zu sehr unter dem Schock der schrecklichen Ereignisse und bedürfe erst einmal der inneren Sammlung, um sich an alles wieder genau erinnern zu können.

Denn wie gesagt, Josuah Parker war nach wie vor fest entschlossen, die durchsichtige Hülle samt Inhalt wieder abzugeben. Er hatte tatsächlich nur die Absicht, sich mit dem Inhalt vertraut zu machen. Mehr wollte er nicht.

Erleichtert verließ Butler Parker das Revier und beeilte sich, zurück in den Friseursalon zu kommen. Er konnte sich zwar sehr gut vorstellen, daß dieser Chrom- und Glaspalast geschlossen war, aber das sollte ihn nicht hindern, die Hülle aus ihrem Versteck herauszuholen.

Wie sehr dem Butler an dieser Sache lag, war schon allein daran zu erkennen, daß er sich ein Taxi abwinkte und sich auf dem schnellsten Weg zum Friseursalon bringen ließ.

Es war genauso, wie er es erwartet hatte.

Der Salon hatte seine beiden Pforten geschlossen. Einige Zivilisten vermaßen die Mordstelle, einige Polizisten schirmten die Eingänge gegen Neugierige ab, die noch immer herumstanden.

Natürlich wollte man den Butler den Zugang verweigern, doch er wäre eben nicht Josuah Parker gewesen, wenn er sich nicht doch Zutritt verschafft hätte. Da ihn einer der beiden Streifenpolizisten wiedererkannte, kam er erst einmal in den Salon hinein, konnte aber zu seinem Leidwesen noch nicht an das Versteck heran.

»Was ist los...? Was wollen Sie noch hier?« erkundigte sich der Polizist, der ihn hereingelassen hatte.

»Sie gestatten doch höflichst, daß ich meinen Regenschirm wieder an mich nehme, nicht wahr?« fragte Parker, auf den korrekt gebundenen Schirm weisend, der an einem Garderobenhaken hing. Ohne erst die Antwort des Mannes abzuwarten, stelzte der Butler tiefer in den Salon hinein und kam somit immer näher an das Versteck heran.

Der Polizist folgte ihm mißtrauisch. Er hielt nicht viel von diesem schwarz gekleideten Mann, dessen Alter man tatsächlich nicht schätzen konnte. Er ließ den Butler nicht aus den Augen, was Parker in den vielen Spiegeln, die hier angebracht waren, genau beobachten konnte. Er ließ sich dadurch aber nicht aus der Fassung bringen. Du lieber Himmel, er hatte schon ganz andere Sachen erledigt, und zwar unter wesentlich wachsameren Augen.

»Beeilen Sie sich schon!« knurrte der Polizist.

Parker schien nichts gehört zu haben. Er hatte die Garderobe erreicht und griff nach dem Regenschirm. Doch in diesem Augenblick passierte ihm ein böses Mißgeschick. Er glitt auf dem glatten Boden aus und fiel haltlos zu Boden. Er fiel genau hinter die chromblitzende Theke, wo ein wahrscheinlich echter Teppich lag.

Es war nur zu natürlich, daß der Butler schützend seine Arme nach vorn warf, um den Fall abzubremsen. Sein Körper schützte die inzwischen emsig gewordenen Hände gegen die Sicht des Polizisten ab, und er fingerte schnell unter den Teppich, wohin er die Hülle gelegt hatte.

Josuah Parker blieb für den Bruchteil einer Sekunde wie erstarrt am Boden und dicht vor dem Teppich liegen. Das war doch so gut wie ausgeschlossesn! Das konnte doch nicht stimmen! Die Hülle war nämlich verschwunden...

Der Butler stand unbeholfen auf.

Daß er dabei den Teppich völlig abfingerte, dürfte sich am Rande verstehen. Aber auch jetzt mußte er feststellen, daß sich die Hülle einfach nicht mehr auftreiben ließ. Irgend jemand war ihm zuvorgekommen, irgendeine Person, die ihn beobachtet hatte.

»Ist Ihnen etwas passiert?« fragte der Polizist gutmütig und half dem Butler, wieder auf die Beine zu kommen.

»Danke für die Nachfrage, mir scheint, es ist alles in Ordnung«, erwiderte Parker zerstreut. »Sagen Sie, Officer, war der Friseur schon hier...? Ich habe glatt vergessen, ihn zu bezahlen. Das ist mir ungemein peinlich, wie Sie sich vorstellen können!«

»Ja, der war vor einer Viertelstunde hier und holte seine Sachen«, antwortete der Polizist arglos.

»Nun, ich werde dann eben später die Rechnung begleichen«, sagte Parker, lüftete höflich seine Melone und entschwand. Er wußte, was er hatte wissen wollen.

Der Friseur hatte also bereits gehandelt, war ihm zuvorgekommen. Nur die eine Erklärung für das Verschwinden der Hülle war möglich, der Friseur mit dem französische Akzent hatte sie an sich gebracht und war nun in der Lage, deren Inhalt genau zu studieren!

Josuah Parker betrat die Straße und suchte das Stadtbüro Mike Rändern auf.

Der Anwalt schien auf den ersten Blick gemerkt zu haben, daß sein Butler ein neues Abenteuer hinter sich gebracht hatte. Aus gutem Grund mißtrauisch, erhob er sich.

»Spannen Sie mich erst gar nicht auf die Folter, Parker«, sagte er und zündete sich eine Zigarette an. Mike Rander, ein sympathisch aussehender Mann Mitte der Dreißig, mit brauchbarer Detektivveranlagung, ließ sich in einen Sessel nieder und sah seinen Butler abwartend an.

»Sir, widrige Umstände verwickelten mich zu meinem Leidwesen in eine böse Schießerei«, begann der Butler. »Doch darf ich bereits an dieser Stelle bemerken, Sir, daß ich keinen Gebrauch von der Schußwaffe gemacht habe.«

»Das beruhigt mich bereits ungemein«, erwiderte Mike Rander erleichtert. »Ich dachte im ersten Moment, Sie hätten so im Handumdrehen eine Gang ausgehoben. Was ist passiert...?«

Butler Parker gab eine durchaus sachliche Darstellung der Ereignisse und betonte anschließend, er wisse leider noch nicht, wer nun eigentlich von den beiden maskierten Gangstern erschossen worden sei. Im Hinblick auf die Cellophanhülle ließ er deutlich durchblicken, daß man sich tunlichst weiter um sie kümmern sollte.

»Weiß der Himmel, warum Sie ausgerechnet in den Friseursalon gehen mußten«, meinte Mike Rander. »Ich möchte nur wissen, wann Sie einmal nichts erleben! Was die Hülle angeht, so werden wir uns nicht weiter um sie kümmern, Parker. Wir werden überhaupt nichts tun. Wir werden uns aus dieser Sache heraushalten... Schließlich dürfte es Ihrer Aufmerksamkeit nicht entgangen sein, daß wir eine Polizei haben. Die befaßt sich im Rahmen ihrer Arbeit mit Mordfällen. Ich hingegen bin ein Anwalt, und Sie, Parker, sind von mir als Butler engagiert worden, nicht als Privatdetektiv. Wollen Sie es denn nie lernen?«