Parker räumt im Rathaus auf - Günter Dönges - E-Book

Parker räumt im Rathaus auf E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! »Was war das, Mister Parker, habe ich da eben einen Hilferuf gehört?« erkundigte sich Lady Agatha, während sie stehenblieb und sich suchend auf dem halbdunklen Parkdeck umsah. »In der Tat, Mylady. Auch meine bescheidene Wenigkeit glaubt, ein Hilfeersuchen vernommen zu haben«, bestätigte Josuah Parker, der gleichfalls im Dämmerlicht nach der Quelle des Schreis forschte. In diesem Augenblick heulte weiter hinten ein Motor auf. Scheinwerferlicht blendete herüber. Unmittelbar darauf fegte ein Wagen vorbei und verschwand in rasendem Tempo auf der abwärts führenden Betonrampe. Parker eilte, ohne etwas an seiner Würde zu verlieren, zu seinem Privatwagen und setzte ihn in Gang. Sekunden später hielt er neben seiner Herrin und stieg aus, um ihr den hinteren Schlag zu öffnen und in den Fond zu helfen. Dann fuhr er an und steuerte sein hochbeiniges Monstrum elegant und schnell durch die enge, serpentinenartige Abfahrt nach unten. »Durch Ihr säumiges Fahren werden wir den Anschluß verlieren«, mäkelte Lady Agatha, die im Fond hin und her geworfen wurde und verzweifelt sich irgendwo festzuhalten versuchte. »Man wird sich bemühen, besagten Anschluß umgehend herzustellen«, erwiderte Parker gemessen und gab noch etwas mehr Gas. Als sie unten ankamen, sahen sie gerade noch, wie der verfolgte Wagen das Häuschen des Parkhauswächters und Kassierers passierte und sich in den vorbeifließenden Straßenverkehr einordnete. Zwei Minuten später hatte auch Parker das Parkhaus verlassen und ordnete sich in der gleichen Richtung wie der verfolgte grüne Ford ein. Kurz darauf bestand wieder Sichtkontakt. Der Ford schwamm im Verkehrsfluß drei Wagen vor ihnen. Aus Gründen der Tarnung hatte Parker vorsichtshalber das Taxischild aus dem Dach schnellen lassen, so daß sein hochbeiniges Monstrum jetzt rein äußerlich eines der unzähligen Taxis war, die überall zu sehen waren.

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Butler Parker – 234 –

Parker räumt im Rathaus auf

Günter Dönges

»Was war das, Mister Parker, habe ich da eben einen Hilferuf gehört?« erkundigte sich Lady Agatha, während sie stehenblieb und sich suchend auf dem halbdunklen Parkdeck umsah.

»In der Tat, Mylady. Auch meine bescheidene Wenigkeit glaubt, ein Hilfeersuchen vernommen zu haben«, bestätigte Josuah Parker, der gleichfalls im Dämmerlicht nach der Quelle des Schreis forschte.

In diesem Augenblick heulte weiter hinten ein Motor auf. Scheinwerferlicht blendete herüber. Unmittelbar darauf fegte ein Wagen vorbei und verschwand in rasendem Tempo auf der abwärts führenden Betonrampe. Parker eilte, ohne etwas an seiner Würde zu verlieren, zu seinem Privatwagen und setzte ihn in Gang. Sekunden später hielt er neben seiner Herrin und stieg aus, um ihr den hinteren Schlag zu öffnen und in den Fond zu helfen. Dann fuhr er an und steuerte sein hochbeiniges Monstrum elegant und schnell durch die enge, serpentinenartige Abfahrt nach unten.

»Durch Ihr säumiges Fahren werden wir den Anschluß verlieren«, mäkelte Lady Agatha, die im Fond hin und her geworfen wurde und verzweifelt sich irgendwo festzuhalten versuchte.

»Man wird sich bemühen, besagten Anschluß umgehend herzustellen«, erwiderte Parker gemessen und gab noch etwas mehr Gas.

Als sie unten ankamen, sahen sie gerade noch, wie der verfolgte Wagen das Häuschen des Parkhauswächters und Kassierers passierte und sich in den vorbeifließenden Straßenverkehr einordnete. Zwei Minuten später hatte auch Parker das Parkhaus verlassen und ordnete sich in der gleichen Richtung wie der verfolgte grüne Ford ein.

Kurz darauf bestand wieder Sichtkontakt. Der Ford schwamm im Verkehrsfluß drei Wagen vor ihnen. Aus Gründen der Tarnung hatte Parker vorsichtshalber das Taxischild aus dem Dach schnellen lassen, so daß sein hochbeiniges Monstrum jetzt rein äußerlich eines der unzähligen Taxis war, die überall zu sehen waren.

»Ich werde mal wieder großzügig sein und es Ihnen überlassen, Mister Parker, wie Sie den Wagen stoppen. Lassen Sie sich etwas Hübsches einfallen. Ich hoffe, Sie enttäuschen mich nicht«, ließ sich Lady Agatha aus dem Fond vernehmen.

»Man wird bemüht sein, Myladys Vertrauen zu rechtfertigen«, gab Parker würdevoll zurück, der schon recht klare Vorstellungen davon hatte, wie er die Verfolgten zum Halten brachte. Aber noch war es nicht soweit.

In der City war zuviel Verkehr, um schon einzugreifen. Sie mußten warten, bis sie eine weniger belebte Gegend erreichten, um bei einer eventuellen Auseinandersetzung niemand zu gefährden.

Eine halbe Stunde später klappte es. Der grüne Ford war auf eine schmale, von Unrat gesäumte Straße abgebogen, die in ehemaliges Hafengebiet führte. Der verfolgte Wagen und Parkers hochbeiniges Monstrum waren die einzigen Fahrzeuge weit und breit.

Parker setzte zum Überholen an und schob sich neben den Ford. Er würdigte das Fahrzeug keines Blickes, sondern sah unbeirrt geradeaus. Seine linke Hand glitt über das reichhaltig ausgestattete Armaturenbrett und drückte einen der vielen Knöpfe. Daraufhin öffnete sich unterhalb der Türen seines eigenwillig und aufwendig umgebauten Privatwagens hydraulisch eine kleine Klappe. Ein massiver, schlanker Chromstab, der in einem nadelspitzen Dorn endete wurde sichtbar. Dieser Dorn nahm augenblicklich Kontakt mit dem hinteren Reifen des verfolgten Fahrzeuges auf und bohrte sich ebenso liebe- wie wirkungsvoll hinein, und überredete auf diese Weise die darin befindliche Luft, sanft zu entweichen. Einen Augenblick später war der Chromstab mit der gefährlichen Spitze bereits wieder in Parkers Wagen verschwunden.

Die Aktion hatte nur wenige Sekunden in Anspruch genommen und war von den Insassen des Ford unbemerkt geblieben. Parker beschleunigte seinen Privatwagen und zog vorbei.

Der Ford-Fahrer bemerkte einen Moment später, daß etwas nicht stimmte und lenkte seinen Wagen an den Straßenrand. Parker sah im Rückspiegel, wie der Mann ausstieg und um den Ford herumging, um nach dem Fehler zu suchen. Dann hatte er den defekten Reifen entdeckt und beugte sich kopfschüttelnd tiefer, um ihn genauer zu betrachten.

Parker stoppte seinen eigenen Wagen, legte den Rückwärtsgang ein und setzte zurück. Als hilfsbereiter Mensch hatte er die Absicht, den Ford-Insassen bescheidenen Beistand anzubieten.

Er stieg aus und lüftete höflich die schwarze Melone. Hinter ihm folgte Lady Agatha, die rein gewohnheitsmäßig ihren, perlenbestickten Handbeutel einsatzbereit machte.

*

»Darf ich Ihnen meine bescheidene Hilfe anbieten?« erkundigte sich Parker freundlich. Der Fahrer, ein untersetzter, vierschrötiger Mann mittleren Alters, richtete sich auf und musterte ihn mißtrauisch.

»Kommen Sie vom Kostümverleih?« fragte er anzüglich, während ein spöttisches Grinsen sein Gesicht verzog.

»Keinesfalls und mitnichten, Sir. Darf man sich nochmal erkundigen, ob Sie Hilfe benötigen?« gab Parker gemessen und würdevoll zurück.

Der Butler hatte bei der despektierlichen Bemerkung seines Gegenüber keine Miene verzogen. Er war es gewohnt, daß gewisse Menschen bisweilen mit Spott und Überheblichkeit auf sein Äußeres reagierten, was einen britischen Butler der alten Schule jedoch nicht aus der Fassung brachte.

»Sie sehen nicht so aus, als wenn Sie ’nen Reifen wechseln könnten«, mutmaßte der Ford-Fahrer. »Außerdem komme ich allein zurecht. Also schwingen Sie sich wieder in Ihre Klapperkiste und hauen Sie ab.«

»Ihr Ton entspricht nicht den Umgangsformen«, rügte Parker umgehend.

»Sag’ mal, bei dir ist wohl was locker, du Vogelscheuche, oder?« Der Fahrer trat langsam näher und starrte drohend.

»Täuscht sich meine bescheidene Wenigkeit oder muß man Ihrem Betragen tatsächlich eine gewisse Feindseligkeit entnehmen?« erkundigte sich Parker ungerührt.

Bevor der Fahrer antworten konnte, war dem Ford ein zweiter Mann entstiegen und baute sich neben dem Kollegen auf. »Was ist denn hier los, verdammt nochmal? Sieh’ zu, daß du den Reifen wechselst, Ernie, wir müssen weiter.« Dann wandte er sich an Parker und versuchte ein allerdings etwas verkrampft ausgefallenes Lächeln. »Vielen Dank für Ihre Hilfsbereitschaft, aber wir kommen schon allein klar.«

»Ich habe den Eindruck, Mister Parker, dieser junge Mann auf der Rückbank sitzt nicht ganz freiwillig dort«, ließ sich in diesem Augenblick Lady Agatha vernehmen, die ihr Gesicht ungeniert an die Seitenscheiben des Ford preßte und ins Innere spähte.

»Heh, gehen Sie da weg! Was soll das denn?« empörte sich der Mann, der Parker angesprochen hatte.

Er drehte sich um und eilte auf Agatha Simpson zu, die sich aufgerichtet hatte und ihm freundlich lächelnd entgegensah.

»Wir hörten nämlich im Parkhaus einen Hilfeschrei und sind Ihnen deshalb gefolgt«, teilte ihm die passionierte Detektivin strahlend mit. »Ich glaube, daß Sie den jungen Mann entführt haben, stimmt’s?«

»Sie sind ja verrückt, Sie sollten mal ’n Psychiater aufsuchen, Lady.« Der etwa dreißigjährige, hochgewachsene Mann, der einen gut sitzenden und mit Sicherheit nicht billigen Anzug trug, musterte sie wütend und nachdenklich zugleich. »Sie scheinen mir etwas überspannt zu sein, ich meine meinen Ratschlag mit dem Psychiater ehrlich, Lady.«

»Ich meine das, was ich eben gesagt habe, auch ehrlich«, verkündete die ältere Dame munter. »Ich bin sicher, daß hier eine Entführung vorliegt.«

Der Mann vor ihr sah sich lauernd nach allen Seiten um, aber sie waren allein auf weiter Flur. Zufrieden grinsend marschierte er auf Lady Agatha zu. Die rechte Hand fuhr ins Jackett und wollte dort mit Sicherheit nach einer Schußwaffe greifen.

Das war das Signal für die energische Dame, aktiv zu werden. Das Wortgeplänkel hatte ihr ohnehin schon viel zu lange gedauert, sie liebte die Aktion.

Sie ging ihrem Kontrahenten einen Schritt entgegen, blieb stehen und trat ihm dann kräftig gegen das Schienbein.

Mylady verfügte über große Füße und bevorzugte feste Schuhe. So fiel dieser Tritt schmerzhaft aus. Der Mann jaulte, zog das malträtierte Bein an und hüpfte durch die Gegend, wobei er wimmernde Laute ausstieß.

Der Fahrer hatte dem Intermezzo fassungslos zugesehen. Er wollte nicht glauben, was er sah. Dann aber kam Leben in ihn, und er versuchte dem bedrängten Kollegen zu helfen.

Er zog eine biegsame Stahlrute aus der Innentasche seines Sakkos, ließ sie pfeifend durch die Luft sausen und näherte sich Lady Agatha in unfriedlicher Absicht. Parker, mit dem er bislang gesprochen hatte, schien er vergessen zu haben.

»Dürfte ich noch einen Augenblick um Ihre Aufmerksamkeit bitten?« erkundigte sich der Butler höflich. Der Fahrer wirbelte herum und starrte aus zusammengekniffenen Augen.

»Na schön, dann eben erst du«, knurrte er und stürzte sich auf den Mann im schwarzen Covercoat. Der hob leicht seinen Universal-Regenschirm, legte ihn quer und fing damit wie ein Kendo-Kämpfer den Schlag mit der Stahlrute ab.

Bevor der Fahrer begriff, wie ihm geschah, wirbelte, der Schirm erneut auf ihn zu und legte sich mit dem bleigefütterten Bambusgriff auf seine erstaunlich niedrige Stirn. Umgehend führte dies zu einem nachhaltigen Schlafbedürfnis bei dem Getroffenen. Stöhnend ging der Mann zu Boden und spielte nicht mehr mit.

Inzwischen griff ein dritter Mann in die Auseinandersetzung ein. Er hielt eine Schußwaffe respektablen Kalibers in der Hand und zielte damit auf Lady Agatha, die ihn grimmig musterte und ihren Handbeutel in Schwingung brachte.

Parker lüftete erneut seine schwarze Melone, um auch den dritten Gegner höflich zu begrüßen, packte sie mit zwei Fingern und holte dann aus. Die zur Frisbee-Scheibe umfunktionierte Kopfbedeckung trat daraufhin eine kurze Flugreise an und landete gleich darauf mit der Wölbung am Hinterkopf des Mannes. Er verspürte ein unangenehmes Gefühl, als ob er von einem verirrten Diskus getroffen worden wäre.

Er ließ die Waffe fallen, brach in die Knie und legte sich ebenfalls schlafen.

»So geht’s aber wirklich nicht, Mister Parker«, mäkelte Agatha Simpson prompt. »Sie dürfen nicht alle Leute für sich allein beanspruchen, schließlich will ich auch jemand für mich haben«, tadelte sie mit ihrer baritonal gefärbten Stimme.

»Meine bescheidene Wenigkeit ist untröstlich, Mylady einiger Gesprächspartner beraubt zu haben, aber jener Herr dort scheint sich inzwischen wieder an der Unterhaltung beteiligen zu wollen.«

Er wies auf den schlanken Dreißiger, den Mylady mit einem Tritt zu einer Tanzeinlage animiert hatte. Besagte Einlage hatte er beendet und sann auf Rache. Er zog ein Messer von beachtlicher Größe und näherte sich damit der Lady, die ihm zufrieden entgegensah.

»Nun gut, Mister Parker, ich verzeihe Ihnen nochmal«, gab sie huldvoll zurück. »Beim nächsten Mal bitte ich mir jedoch etwas mehr Zurückhaltung aus.«

Sie musterte den Messerstecher und nickte ihm zu. »Nur zu, junger Mann, genieren Sie sich nicht! Worauf warten Sie, benötigen Sie etwa eine Einladungskarte?«

Der Angesprochene blickte verblüfft und blieb überrascht stehen. Bevor er über die Sache nachdenken konnte, war es bereits um ihn geschehen. Lady Agatha hatte ihren Handbeutel, der als sogenannter Glücksbringer ein nur mit Schaumstoff umwickeltes Hufeisen enthielt, in Schwingung versetzt und ließ die Riemen los.

Der Beutel nahm Fahrt auf und Kurs Richtung Messerheld. Gleich darauf schlug er im Zielgebiet ein. Klatschend donnerte er dem Mann gegen die Brust und riß ihn von den Beinen. Er hatte den dumpfen Verdacht, von einem auskeilenden Pferd erwischt worden zu sein, was angesichts des im Pompadour befindlichen Hufeisens gar nicht so verkehrt war.

Stöhnend rieb er die getroffene Stelle und tastete behutsam die Rippen ab. Sein Messer hatte er längst fallen lassen und gab sich voll und ganz seinem Schmerz hin.

»Nun tun sie nicht so und stehen Sie endlich wieder auf«, reagierte Lady Agatha gereizt. »Wissen Sie nicht, was Sie einer Dame schuldig sind, Sie Lümmel?«

»Ich ... ich gebe auf, machen sie mit mir, was Sie wollen«, keuchte der Anzugträger und rieb weiter seine Brust. »Ich spiele nicht mehr mit, Lady, fertig, aus...«

»Schämen Sie sich nicht, sich so anzustellen?« grollte Lady Agatha. »Es ist skandalös, wie Sie sich aufführen. Sie sind ja verweichlicht, junger Mann!«

Aber der ’junge Mann’ ließ sich von Myladys Vorwürfen nicht beeindrucken. Er schloß die Augen, ließ den Kopf sinken und kümmerte sich nicht mehr um seine Umgebung.

»Wie finde ich denn das, Mister Parker?« empörte sich Lady Agatha. »Dabei habe ich ihn nur sanft mit meinem Glücksbringer gestreift.«

»Die Strapazierfähigkeit der heutigen Jugend, Mylady, nimmt bedauerlicherweise immer mehr ab«, bestätigte Josuah Parker seiner Herrin, ohne eine Miene zu verziehen. Er lüftete die Melone und wandte sich ab, um die drei aus dem Verkehr gezogenen Männer zu durchsuchen.

Mylady näherte sich inzwischen dem Ford und spähte durch die geöffnete Beifahrertür in den Fond, wo ein verängstigter junger Mann mit Handschellen saß und die Lady ängstlich und hoffnungsvoll zugleich betrachtete.

»Wußte ich es doch, Mister Parker, wir haben es mit einer Entführung zu tun«, rief Agatha Simpson entzückt, während sie den Mann im Fond wohlwollend musterte.

»Mylady gedenken dem Herrn aus Gründen der Sicherheit Asyl zu gewähren?« erkundigte sich Parker höflich, während er dem jungen Mann aus dem Wagen half und ihn mittels seines Spezialbestecks von den Handschellen befreite.

*

Agatha Simpson und Josuah Parker kehrten mit ihrem neuen Gast nach Shepherd’s Market zurück, wo Mylady sofort eine erste Konferenz einberief, um über den neuen Fall zu sprechen.

Vor ihr auf dem Tisch stand ein Cognacschwenker, aus dem sie von Zeit zu Zeit genüßlich einen Schluck nahm. Josuah Parker verharrte stocksteif und aufrecht neben seiner Herrin und rührte sich nicht.

Kathy Porter, Gesellschafterin und Sekretärin der Lady, lehnte mit Mike Rander am Kamin. Der neue Gast, der sich als Frank Hollway vorgestellt hatte und etwa siebenundzwanzig Jahre alt sein mochte, saß Lady Agatha am Tisch gegenüber und hatte gerade seinen Bericht beendet.

»Das ist ja wirklich ungeheuerlich«, kommentierte die Detektivin freudig erregt. »Ich werde mich umgehend dieses Falles annehmen und gründlich aufräumen.«

»Darf man noch mal zusammenfassen, Mister Hollway?« begann Josuah Parker höflich, während er sich an den jungen Mann wandte. Der sah ihn aufmerksam an und nickte schweigend.

Parker sah gelassen geradeaus, als er Hollways Bericht in knappen Worten wiederholte. »Sie arbeiten also als Abteilungsleiter in der städtischen Baubehörde und sind mit der Vergabe von Bau- oder Abrißgenehmigungen der Vermietung oder Verpachtung städtischen Eigentums sowie der Vergabe gewisser Lizenzen, beispielsweise zum Betreiben gastronomischer Betriebe in stadteigenen Immobilien befaßt. Seit etwa einem Jahr geschieht es immer wieder, daß Fälle, die eigentlich von Ihnen oder Ihren Mitarbeitern bearbeitet werden müßten, von politischen Vorgesetzten an sich gezogen und über Ihren Kopf hinweg und unter Umgehung der Vorschriften entschieden werden. Dazu kommen Anträge, die Sie bereits abschlägig beschieden hatten, dann aber von den genannten Herren nachträglich positiv korrigiert wurden. Ist das soweit richtig, Sir?«

»Genau. Und seltsamerweise handelt es sich stets um dieselben Firmen, die bevorzugt werden. Außerdem pflegen diese Leute, die ich erwähnte, seit einiger Zeit auch einen auffallend luxuriösen Lebensstil. Ich sage Ihnen, Sir, die Sache stinkt zum Himmel! Leider war ich so dumm, das gegenüber Kollegen zu äußern. Die müssen das weitergegeben haben, anders kann ich mir die Entführung vorhin nicht erklären.«

»Außerdem kündigten Sie einen Bericht an Ihre oberste politische Instanz an und sprachen davon, zu Scotland Yard zu gehen«, ergänzte Mike Rander, der aufmerksam und interessiert zugehört hatte.

»Die wollten Sie umbringen, junger Mann, aber zum Glück konnte ich noch rechtzeitig eingreifen«, äußerte Agatha Simpson und lehnte sich zufrieden zurück.

»Ich bin Ihnen sehr dankbar, Mylady. Meinen Sie nicht, daß ich jetzt besser die Polizei verständigen sollte?« bemerkte Hollway schüchtern.

»Aber auf keinen Fall!« Lady Agatha sah ihren Gast mißbilligend an. »Nein, einen solchen Fall kann nur ich lösen, da gibt es gar keinen Zweifel. Außerdem braucht man gerade hier viel Fingerspitzengefühl und Sensibilität, zwei Eigenschaften, die mir angeboren sind und für die ich bekannt bin«, behauptete die ältere Dame.

Kathy Porter und Mike Rander sahen sich amüsiert an und wandten sich ab. Lady Agathas Fingerspitzengefühl und Sensibilität hielten sie für ebenso wahrscheinlich wie eines Elefanten Talent zum Seiltanz.

»Mylady sind nahezu das strahlende Musterbeispiel der erwähnten Eigenschaften«, behauptete dennoch Parker gemessen, ohne eine Miene zu verziehen.

»Da hören Sie’s, junger Mann!« Agatha Simpson nickte ihrem Gast triumphierend zu und erledigte den Fall mit einer großzügigen Handbewegung. »Bis zum Wochenende habe ich die Sache aufgeklärt, verlassen Sie sich darauf«, verkündete sie und sah sich beifallheischend um.

»Heute ist Donnerstag, Mylady«, machte sich Mike Rander bemerkbar, »Sie haben nicht mehr viel Zeit, oder meinten Sie ein Wochenende im nächsten Jahr?«

»Unsinn, mein Junge, dann eben etwas später.« Sie musterte Mike Rander selbstgefällig und wandte sich dann Parker zu. Ich werde im Rathaus mit eiserner Hand aufräumen und die Korrupten persönlich bei Scotland Yard abliefern. Ich sehe schon McWardens entgeistertes Gesicht vor mir, der natürlich wieder nicht die geringste Ahnung hat.«

»Mylady haben bereits eine Vorstellung, wie Mylady vorzugehen gedenken?« erkundigte sich Parker höflich.

»Das würde uns auch interessieren, Mylady«, warf Kathy Porter lächelnd ein. »Da Sie diesen Fall so schnell erledigen wollen, wissen Sie sicher schon ganz genau, wie Sie ihn angehen.«

»Selbstverständlich weiß ich das«, gab die ältere Dame im Brustton der Überzeugung zurück. »Allerdings möchte ich jetzt noch nichts dazu sagen. Ich werde mich für ein Stündchen zur Meditation zurückziehen und Mister Parker Gelegenheit geben, in der Zwischenzeit über die Geschichte nachzudenken«, fügte sie ungeniert hinzu und erhob sich, um sich zurückzuziehen und eventuell peinlichen Fragen zu entgehen.

*