Parker und der Kampf der Giganten - Günter Dönges - E-Book

Parker und der Kampf der Giganten E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! »Was ist denn da oben los?« Irritiert ließ Mike Rander die Teetasse sinken. Die Geräusche schienen aus Lady Simpsons Studio im Obergeschoß zu kommen. »Mylady wird doch nicht eigenhändig ihr schönes Haus abreißen?« meinte der Anwalt schmunzelnd und warf Butler Parker einen fragenden Blick zu. »Derart weitreichende Konsequenzen dürften wohl kaum beabsichtigt sein, Sir«, gab Josuah Parker zur Antwort. »Myladys Übungsstunden sind jedoch stets mit einer gewissen Geräuschentwicklung verbunden, falls dieser Hinweis erlaubt ist.« »Das stimmt«, bestätigte Rander. »Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als Mylady sich in den Kopf gesetzt hatte, Operndiva zu werden. Diesmal hört sich die Geräuschkulisse aber ganz anders an.« Der Lärm, der gerade im Obergeschoß losbrach, ließ an den Einsatz eines Preßlufthammers denken. Der Kronleuchter in der Wohnhalle klirrte, als wäre eine Sturmbö hineingefahren. »Jetzt reißt sie ihr Haus doch noch ab«, rief Rande. »Oder hat Mylady sich vom Singen aufs Schlagzeugspielen verlegt?« Myladys derzeitige Übungen sind weniger musikalischer als sportlicher Natur, Sir«, gab der Butler Auskunft. »Sportlich?«

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Butler Parker – 239 –

Parker und der Kampf der Giganten

Günter Dönges

»Was ist denn da oben los?« Irritiert ließ Mike Rander die Teetasse sinken. Die Geräusche schienen aus Lady Simpsons Studio im Obergeschoß zu kommen.

»Mylady wird doch nicht eigenhändig ihr schönes Haus abreißen?« meinte der Anwalt schmunzelnd und warf Butler Parker einen fragenden Blick zu. »Derart weitreichende Konsequenzen dürften wohl kaum beabsichtigt sein, Sir«, gab Josuah Parker zur Antwort. »Myladys Übungsstunden sind jedoch stets mit einer gewissen Geräuschentwicklung verbunden, falls dieser Hinweis erlaubt ist.«

»Das stimmt«, bestätigte Rander. »Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als Mylady sich in den Kopf gesetzt hatte, Operndiva zu werden. Diesmal hört sich die Geräuschkulisse aber ganz anders an.«

Der Lärm, der gerade im Obergeschoß losbrach, ließ an den Einsatz eines Preßlufthammers denken. Der Kronleuchter in der Wohnhalle klirrte, als wäre eine Sturmbö hineingefahren.

»Jetzt reißt sie ihr Haus doch noch ab«, rief Rande. »Oder hat Mylady sich vom Singen aufs Schlagzeugspielen verlegt?«

Myladys derzeitige Übungen sind weniger musikalischer als sportlicher Natur, Sir«, gab der Butler Auskunft.

»Sportlich?« wiederholte der Anwalt verblüfft. »Dem Lärm nach kann es sich höchstens um Boxen handeln.«

»In der Tat, Sir!« bestätigte Parker mit höflicher Verbeugung. »Anläßlich einer Fernsehübertragung hat Mylady ihre Begeisterung für den Boxsport entdeckt.«

»Und jetzt trainiert sie für die nächste britische Meisterschaft?« erkundigte sich Rander grinsend.

»Mit einem geringeren Ziel dürfte Mylady sich kaum zufriedengeben, falls meine bescheidene Wenigkeit nicht irrt«, entgegnete der Butler. »Allerdings ist es zu Myladys Leidwesen bisher nicht gelungen, einen geeigneten Trainingspartner zu finden.«

»Mein lieber Junge!« war plötzlich eine dröhnende Stimme von der Galerie zu vernehmen. »Ich hoffe, Sie trinken eine Tasse Tee mit mir? Ich wollte ohnehin gerade eine Trainingspause einlegen.«

Selbstbewußt, als hätte sie den Meistertitel schon in der Tasche, stand Agatha Simpson auf dem oberen Treppenabsatz. Ihre beeindruckende Körperfülle hatte sie in einen bunt gestreiften Trainingsanzug gestopft, der aus einem Spezialgeschäft für Übergrößen stammte. Ihre Fäuste steckten in Boxhandschuhen aus braunem Leder.

Das Gesicht war leicht gerötet und von Schweißperlen übersät, aber die Augen der älteren Dame strahlten einen Tatendrang aus, wie Rander ihn lange nicht mehr an ihr beobachtet hatte.

Majestätisch stieg die Hausherrin die breite Treppe zur Wohnhalle hinab. Parker schritt seiner Herrin entgegen und befreite sie mit flinken Griffen von den plumpen Handschuhen.

»Mister Parker hat mich gerade darüber informiert, daß Sie nun auch im Boxring Ruhm einheimsen wollen, Mylady«, begann Rander, als die ältere Dame ihm gegenüber am Teetisch Platz genommen hatte.

»Man muß sich eben davor hüten, einseitig zu werden, lieber Junge«, erklärte Agatha Simpson und widmete sich der köstlich duftenden Mokkatorte, die Parker zum Tee servierte. »Außerdem kann etwas Bewegung nicht schaden, wenn man aus den Jugendjahren heraus ist.«

»Das sagen alle Ärzte«, bestätigte der Anwalt. »Aber Ihre Dynamik und Spannkraft kann man doch nur als jugendlich bezeichnen, Mylady.«

»Nicht wahr?« Die ältere Dame fühlte sich geschmeichelt und schob ein Tortenstück in den Mund. »Aber der Mensch wächst mit seinen Aufgaben. Wie Sie wissen, habe ich auf dem Feld der Kriminalistik jeden nur denkbaren Lorbeer geerntet. Deshalb war es höchste Zeit, daß ich mich anderen Gegnern stellte, um auch im Boxsport die Siegespalme zu erringen.«

»Macht Ihr Training denn Fortschritte?« wollte Rander wissen.

»Fortschritte?« wiederholte die passionierte Detektivin. »Gestern mußte Mister Parker bereits den dritten Punchingball installieren. Ständig platzen die Nähte, und das Sägemehl quillt heraus.«

»Die Verarbeitung handelsüblicher Trainingsgeräte läßt in der Tat Wünsche offen, Sir«, bestätigte der Butler und schenkte duften Darjeelingtee nach. »Auf Dauer dürften nur die stählernen Hanteln Myladys Trainingseifer gewachsen sein.«

»Deshalb habe ich Mister Parker schon gebeten, nach einem Trainingspartner Ausschau zu halten«, fuhr Agatha Simpson fort. »Die Arbeit am lebenden Objekt ist durch nichts zu ersetzen. Hätten Sie nicht Lust, mal gegen mich anzutreten, Mister Rander?«

»Ich?« Fast hätte der Anwalt die Teetasse fallen lassen, die er gerade zum Mund führte. Mit seinen 40 Jahren war Rander zwar eine ausgesprochen sportliche Erscheinung, die an einen beliebten James-Bond-Darsteller erinnerte, doch die Aussicht, Mylady als Sparringspartner zu dienen, begeisterte ihn nicht gerade. Da widmete er sich schon lieber seiner Hauptaufgabe: der Verwaltung von Lady Simpsons Vermögen.

»Ich fürchte, ich wäre Ihnen hoffnungslos unterlegen, Mylady«, bekannte er. »Aber vielleicht kann ich Ihnen einen Partner vermitteln, der über professionelle Erfahrung verfügt.«

»Ein richtiger Profi müßte es schon sein«, stimmte die Hausherrin zu und schielte nach dem Sherry-Glas, das der Butler gerade nachfüllte.

»Jack Rivers ist ein Profi«, versicherte Rander. »Ich kenne ihn zufällig, weil ich seinen Vater mal in einem Erbstreit vor Gericht vertreten habe. Jack Rivers befindet sich zur Zeit in London, um am ›Kampf der Giganten‹ teilzunehmen.«

»Der sogenannte Kampf der Giganten wird jährlich ausgetragen«, erläuterte der Anwalt. »Teilnehmen kann jeder, der es sich zutraut. Ein Sieg bringt zwar keine Punkte in der Meisterschaft, aber attraktive Geldprämien.«

»Geldprämien?« Agatha Simpson wurde hellhörig. »Das wäre genau das Richtige für mich.«

»In diesem Jahr ist leider keine Anmeldung mehr möglich«, bremste der Anwalt ihren Eifer. »Die Vorrundenkämpfe laufen bereits. Aber vielleicht können Sie im nächsten Jahr dort antreten, Mylady.«

»Nächstes Jahr?« protestierte die Detektivin. »Bis dahin habe ich mindestens den Europameistertitel errungen und kann mich mit nationalen Schaukämpfen nicht mehr abgeben.«

»Ich drücke Ihnen auf jeden Fall die Daumen, Mylady«, versicherte Rander. »Soll ich Jack Rivers nun anrufen, oder nicht?«

»Mister Chivers sollte sich auf jeden Fall hier vorstellen«, entschied Lady Agatha. »Ich werde schnell feststellen, ob er mir als Trainingspartner gewachsen ist.«

*

Mike Rander hatte sich noch am Abend telefonisch gemeldet und mitgeteilt, daß Jack Rivers die energische Dame aus Shepherd’s Market gern mal kennenlernen möchte. Parker müßte den Boxer nur gegen 11 Uhr an seinem Hotel abholen.

Da Mylady an diesem Morgen gleich nach dem Frühstück ihr Training fortsetzte, war es dem Butler sogar gelungen, pünktlich das Haus zu verlassen. Er saß am Steuer seines hochbeinigen Monstrums und lenkte das schwarze, eckige Gefährt durch das vormittägliche Verkehrsgewühl der Innenstadt.

Viele Jahre war der Wagen als Taxi durch die Londoner Straßen gerollt, ehe Parker ihn erworben und für seine Zwecke umgebaut hatte. Seitdem verbarg sich unter der eckigen Haube ein leistungsstarkes Triebwerk, das dem schwerfällig wirkenden Kasten ungeahntes Temperament verlieh. Außerdem hatte der Butler eine Reihe geheimnisvoller Vorrichtungen installiert, die der Abwehr von Verfolgern dienten und dem Wagen den Beinahmen »Trickkiste auf Rädern« eingetragen hatten.

Nach kurzer Fahrt erreichte Parker die Straße, an der das »Kings’ Crown«-Hotel lag. Schon sichtete er den Hoteleingang und hielt nach einem geeigneten Abstellplatz für seinen Wagen Ausschau, da schoß plötzlich vor ihm ein schwerer Straßenkreuzer aus einer Parkbucht.

Der Butler hupte und bremste scharf, um eine Kollision zu vermeiden, doch der Fahrer der chromblitzenden Limousine beachtete ihn nicht im geringsten. Mit aufröhrender Maschine jagte der grüne Chevrolet los.

Der Mann, der in Höhe des Hoteleinganges am Straßenrand stand, schien den herannahenden Wagen nicht zu bemerken. Er wandte dem Chevrolet den Rücken zu und blickte in die Gegenrichtung.

Alles ging blitzschnell. In voller Fahrt schoß der grüne Chevrolet über den Gehweg auf den ahnungslosen Mann zu. Im nächsten Moment wirbelte sein Körper durch die Luft.

Mit jaulenden Reifen zog der Chevrolet-Fahrer seinen Wagen wieder auf die Fahrbahn zurück und gab Vollgas. Sekunden später war das Fahrzeug um die nächste Straßenecke verschwunden.

Spontan wollte der Butler die Verfolgung aufnehmen, um den flüchtenden Fahrer zu stellen, doch dann entschied er sich, dem Verletzten Erste Hilfe zu leisten.

Der Mann, der zusammengekrümmt auf dem Bürgersteig lag, war kaum älter als 25. Er war auffallend kräftig gebaut und trug einen modischen Straßenanzug aus hellem Leinen.

Während Parker sich über den Bewußtlosen beugte, kam im Sturmschritt der Portier aus dem Hotel.

»Ist er tot?« fragte der Mann gesorgt. »Wie konnte das nur passieren?«

»Der Bedauernswerte wurde soeben von einem Auto angefahren, dürfte aber nicht lebensgefährlich verletzt sein«, gab Parker nach einer kurzen Untersuchung Auskunft. »Dennoch sollte man unverzüglich einen Krankenwagen anfordern, falls dieser Hinweis erlaubt ist.«

Während der Portier zum Telefon eilte, sammelten sich rasch Schaulustige. Ein junger Mann in salopper Kleidung drängte sich nach vorn und kniete neben dem Verletzten.

»Sie sagten, er wäre von einem Auto angefahren worden«, wandte er sich an den Butler. »Von welchem Auto denn?«

»Der Fahrer zog es vor, sich der Feststellung seiner Personalien durch Flucht zu entziehen«, teilte Parker mit.

»Dann war er bestimmt betrunken«, vermutete der junge Mann, der sich als Reporter der »Londoner News« zu erkennen gab.

»Eine solche Möglichkeit sollte man nicht grundsätzlich ausschließen«, entgegnete Parker. »Denkbar wäre aber auch eine andere Erklärung, falls man sich nicht gründlich täuscht.«

»Welche?« wollte der junge Mann wissen.

»Daß es sich gar nicht um einen Unfall handelte, sondern...«

»Sondern?«

»... zumindest um vorsätzliche Körperverletzung, wenn nicht gar um versuchten Mord«, gab Parker in beiläufigem Ton Auskunft.

Mit heulender Sirene und zuckendem Blinklicht fuhr der Krankenwagen vor. Zwei Sanitäter in weißen Kitteln brachten im Laufschritt eine Trage und betteten den Bewußtlosen behutsam darauf.

»Kennt jemand den Verletzten?« fragte ein Sanitäter.

»Ja, ich«, meldete sich der junge Mann, der gerade mit Parker gesprochen hatte. »Sein Name ist Jack Rivers.«

*

»Das habe ich gleich geahnt, Mister Parker«, behauptete Lady Agatha, als der Butler allein ins Haus zurückkehrte. »Dieser angebliche Preisboxer wagte es gar nicht erst, gegen mich anzutreten...«

»Leider fand Mister Rivers keine Gelegenheit mehr, sich in dieser Hinsicht zu äußern«, lautete Parkers Auskunft. »Meine Wenigkeit wurde zufällig Zeuge, wie Mister Rivers von einem Auto angefahren wurde.«

»Sein Pech«, reagierte die Hausherrin unbeeindruckt. »Unfälle kommen auf den Londoner Straßen täglich vor.«

»In diesem Fall dürften aber gewisse Zweifel angebracht sein, ob es sich wirklich um einen Unfall handelte«, warf Parker ein, und Mylady sah überrascht auf.

»Kein Unfall?« fragte sie. »Was denn sonst, Mister Parker?«

»Der Ablauf des Geschehens könnte die Vermutung nahelegen, daß der Chevrolet-Fahrer Mister Rivers nicht aus Versehen, sondern in voller Absicht anfuhr«, gab der Butler Auskunft.

In allen Einzelheiten schilderte Parker seine Beobachtungen und erwähnte auch den »London News«-Reporter Ted Hunter, mit dem er nach der Abfahrt des Krankenwagens noch ein kurzes Gespräch geführt hatte. Bei dieser Gelegenheit hatte Hunter erwähnt, daß er noch Minuten vor dem Unglück mit Rivers in der Lobby des Hotels gesessen und den Boxer interviewt hatte.

»Das hört sich in der Tat so an, als müßte ich mein Training unterbrechen, um wieder mal einen Kriminalfall zu lösen«, meinte Agatha Simpson, als Parker geendet hätte. »Manchmal habe ich das Gefühl, als würde ich kriminelle Ereignisse geradezu anziehen.«

»Diesem Eindruck kann auch meine Wenigkeit sich nur schwer entziehen, falls die Bemerkung gestattet ist«, pflichtete der Butler ihr bei. »Welche Schritte gedenken Mylady anzuordnen?«

»Wo hält sich dieser Mister Chivers denn jetzt auf, Mister Parker?«

»Die Sanitäter äußerten die Absicht, Mister Rivers ins St. Mary’s Hospital zu bringen«, teilte Parker mit.

»Dann werde ich mich unverzüglich dorthin begeben und an Mister Chivers Krankenbett die Ermittlungen aufnehmen«, verkündete die Detektivin.

Minuten später rollte Parkers hochbeiniges Monstrum aus der Einfahrt.

»Hoffentlich haben ihn die Ärzte so weit hergestellt, daß er mir auch Rede und Antwort stehen kann«, meint Mylady, die es sich im Fond des Wagens bequem gemacht hatte.

»Die Verletzungen dürften nicht allzu schwer ausgefallen sein, falls meine bescheidene Wenigkeit sich nicht täuscht«, gab Parker zurück, während er in die belebte Durchgangsstraße einbog und die Richtung nach Paddington einschlug. »Vermutlich dürfte Mister Rivers’ sportliches Training geholfen haben, den Anschlag glimpflich zu überstehen.«

Gleich vor dem Haupteingang des Hospitals stellte der Butler sein Fahrzeug ab und erkundigte sich am Anmeldeschalter nach der Abteilung, in der Rivers untergebracht war.

Gemeinsam mit Mylady schritt er durch endlose Korridore. Krankenschwestern und Ärzte eilten vorbei. Patienten in Morgenmänteln standen plaudernd beisammen oder bliesen den Qualm heimlich gerauchter Zigaretten durch geöffnete Flurfenster. Endlich hatte man die bezeichnete Abteilung erreicht.

»Würden Sie wohl die Freundlichkeit besitzen, Mylady den Weg zu Mister Jack Rivers zu weisen?« sprach Parker die Stationsschwester an, die ihnen auf dem Gang entgegenkam.

»Mister Rivers kann noch keine Besuche empfangen«, erklärte die Schwester kurz angebunden. »Vielleicht kommen Sie morgen oder übermorgen wieder.«

»Darf man denn in aller Bescheidenheit um Mister Rivers’ Zimmernummer bitten?« fragte Parker die Frau, die in geschäftigem Schritt weitereilen wollte.

»Dreihundertsiebzehn«, gab die Schwester Auskunft, »aber sie können wirklich nicht zu ihm rein. Der Chefarzt hat jegliche Besuche untersagt. Mister Rivers wurde erst heute vormittag hier eingeliefert.«

»Dieser Umstand ist meiner Wenigkeit durchaus geläufig, falls die Anmerkung erlaubt ist«, ließ Parker sich vernehmen. »Man dankt in aller Form für die freundliche Auskunft.«

Gemeinsam mit Lady Agatha steuerte er die bezeichnete Zimmertür an, doch die Krankenschwester lief hinter den beiden her und stellte sich in den Weg.

»Ich habe Ihnen doch gesagt...« begann sie, doch die energische Lady schob die Frau einfach zur Seite und hatte die Hand schon an der Türklinke.

»Wollen Sie etwa einer leidgeprüften Mutter verwehren, an das Krankenlager ihres schwerverletzten Sohnes zu treten?«

»Verzeihung, Mylady!« gab die Stationsschwester erschrocken zurück und machte prompt den Weg frei. »Ich wußte nicht, daß Sie Mister Rivers’ Mutter sind. Dann dürfen Sie natürlich hinein. Aber denken Sie bitte daran, daß Ihr Sohn noch schonungsbedürftig ist, obwohl er den Unfall erstaunlich gut überstanden hat. Länger als eine Viertelstunde sollten Sie nicht bleiben.«

»Man wird sich bemühen, diesen zeitlichen Rahmen im Interesse des Patienten einzuhalten«, versicherte der Butler, öffnete vorsichtig die Tür und ließ seine Herrin eintreten.

Von Kopf bis Fuß in Binden eingewickelt, wirkte Rivers fast wie eine Mumie. Doch als Mylady und Parker sein Zimmer betraten, drehte er den Kopf in Richtung Tür und sah die Besucher erwartungsvoll an.

»Darf man zunächst, auch in Myladys Namen, tiefes Bedauern über das Mißgeschick ausdrücken, das Ihnen zugestoßen ist, Mister Rivers?« sprach Parker den Mann an.

»Sie sind Mister Parker und Lady Simpson?« Rivers richtete sich stöhnend in seinen Kissen auf. »Eigentlich hatte ich ja einen Besuch bei Ihnen vor, aber dann kam irgendetwas dazwischen.«

»In der Tat, Mister Rivers«, bestätigte der Butler. »Allerdings handelte es sich keineswegs um ›irgendetwas‹, wie Sie zu formulieren geruhten, sondern um einen grünen Chevrolet, dessen Fahrer sein Heil in der Flucht suchte, nachdem er Sie angefahren hatte.«

»Also ein Unfall?« vergewisserte sich Rivers. »Ich kann mich an nichts dergleichen erinnern. Ich weiß nur noch, daß ich mich im Hotel mit einem Reporter unterhalten habe...«

»...wobei es sich vermutlich um Mister Ted Hunter von den ›London News‹ handelte, falls meine Wenigkeit sich nicht gründlich täuscht«, warf Parker ein.