Aus dem Schatten - Kerstin Rachfahl - E-Book

Aus dem Schatten E-Book

Kerstin Rachfahl

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Beschreibung

David ist entschlossen, die uneheliche Tochter seines Chefs eiskalt mit ihrem Projekt auflaufen zu lassen. Was hat sie denn in ihrem Leben schon geleistet? Glaubt sie ernsthaft, ihm sagen zu können, wie er seine Arbeit zu machen hat? Wäre diese Stefanie bloß nicht so blitzgescheit, sympathisch und wortgewandt. Egal, wie erfolgreich Stefanie in ihrem Beruf als IT-Beraterin ist – nie schafft sie es, den Makel einer unehelichen Tochter zu überwinden. Dabei steht sie sich vor allem selbst im Weg. Wie könnte sie jemals einem Mann vertrauen, wenn der eigene Vater, den sie über alles liebt und bewundert, seine Ehefrau mit ihrer Mutter betrogen hat? Aber so einfach ist die Liebesgeschichte zweier Menschen, die sich zur falschen Zeit begegnen, nicht. Wird Stefanie bereit sein, das zu erkennen, und Davids Liebe eine Chance geben? »Der Veränderungsprozess in einem mittelständischen Textilunternehmen, eingepackt in eine Familien-Liebesgeschichte – so kann ein unterhaltsamer Liebesroman auch wirtschaftliche Impulse geben.« E. Fieles-Kahl

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Aus dem Schatten

Kerstin Rachfahl

Impressum

Deutsche Erstausgabe März 2016

Copyright © 2016 Kerstin Rachfahl, Hallenberg

Lektorat: Martina Takacs

Korrektorat: Anke Schlachter

Umschlaggestaltung: © NaWillArt-Coverdesign

Motive: © World of painting, © Nastasia Yakushevic, © ryanking999, © bluebay2014 - stock.adobe.com

Kerstin Rachfahl

Heiligenhaus 21

59969 Hallenberg

E-Mail: [email protected]

Webseite: www.kerstinrachfahl.de

Alle Rechte einschließlich dem des vollständigen oder teilweisen Nachdrucks in jeglicher Form sind vorbehalten. Dies ist eine fiktive Geschichte. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Für Martina, meine Queen of Office 365, ein Titel, den ich von Andy geklaut habe, der aber perfekt auf dich passt.

Inhalt

1. Abendessen

2. Workshop

3. Auftrag

4. Early Adopter

5. Dynamik

6. Arbeitsalltag

7. It

8. Team

9. David

10. Wochenende

11. Misstrauen

12. Geburtstagsfeier

13. Zweiter Anlauf

14. England

15. Reise

16. Versuchung

17. Rückreise

18. Unter Verdacht

19. Schuldig

20. Anna

21. Aphrodite

22. Schattensprung

Epilog

Nachwort

Bücher von Kerstin Rachfahl

Über die Autorin

1

Abendessen

Auf dem Stehpult lag der Zettel mit Tischreservierungen, aber einen Kellner konnte sie dort nicht entdecken. Kein Wunder bei der Belegung. Sie schaute sich im Raum um, der von vielen kleinen Ecken und Nischen, die in sanftes Licht getaucht waren, geprägt war. Alte hölzerne Deckenstützpfosten unterteilten den Raum zusätzlich. Trotz der vielen besetzten Tische hörte man nur gedämpfte Geräusche. Als ihr Blick weiter suchend durch den Raum schweifte, sah sie eine der Kellnerinnen in typischer marinefarbener Hose, gestärktem, hellblauem Hemd, roter Krawatte und farblich passender Schürze. Die junge Frau gab ihr ein Zeichen, dass sie sofort für sie da sein würde.

Keine Minute später war sie bei ihr. »Ja, bitte?«

»Stefanie Mansfield. Ich bin mit Herrn Martin Lindemann um 19:30 Uhr zum Abendessen verabredet.«

Mit dem Kugelschreiber fuhr die Kellnerin die Liste entlang. Als sie auf den Namen stieß, hellte sich ihr Gesicht auf.

Stefanie war erleichtert. Unwillkürlich hatte sie die Luft angehalten. So gern sie sich von Martin auch zum Essen einladen ließ, so sehr fühlte sie sich oft durch die Exklusivität der von ihm ausgewählten Restaurants verunsichert.

Die Kellnerin fing eine vorbeikommende Kollegin ab. »Vanessa! Bitte bring Frau Mansfield zu Tisch 12. Herr Lindemann erwartet sie.«

Durch die raffinierte Beleuchtung strahlten die Räumlichkeiten eine warme Atmosphäre aus. Der burgunderrote Teppich dämpfte die Schritte, die Ausstattung in Eiche rustikal passte zu dem Gebäude der umgebauten historischen Mühle. Sie passierten das alte, mit grünblauen Lichtern beleuchtete Mühlrad, das sich, vom Gastraum durch schalldichtes Plexiglas getrennt, träge drehte.

Da saß er.

Ein Kellner hatte ihm eben einen winzigen Schluck Rotwein ins Glas geschenkt, und Martin Lindemann ließ die rubinrote Flüssigkeit einige Runden im Glas kreisen, bevor er daran nippte. Dabei entdeckte er seinen Gast.

»Stefanie! Pünktlich wie immer.« Zum Kellner gewandt sagte er: »Ein vorzüglicher Merlot. Den nehmen wir.«

»Sehr wohl, der Herr.«

Die Angestellte, die Stefanie an den Platz geführt hatte, zog sich zurück und Martin stand auf. Stefanie umarmte ihn innig und küsste ihn rechts und links auf die Wangen. Trotz seiner 69 Jahre war er eine interessante Erscheinung, ein Mann mit tiefschwarzem Haar, das nur an den Schläfen ein wenig grau meliert war.

Manche Männer zogen im Alter mehr Blicke auf sich als in jungen Jahren, ging es Stefanie wieder einmal durch den Kopf, denn für sie gehörte Martin Lindemann in die vorderste Reihe dieser Kategorie. Sein Gesicht schien mit jeder Falte nur noch markanter zu werden, und den Kontrast zwischen seiner Adlernase und dem fülligen Mund fand sie geradezu faszinierend. Dann noch dieses Gesicht mit dem finsteren Touch durch die buschigen Augenbrauen – und wie die hellblauen Augen darunter hervorleuchteten! Seine Figur konnte man zwar nicht direkt als schlank bezeichnen, aber Martin war alles andere als füllig. Die Gegensätze machten ihn einfach unwiderstehlich.

Er hielt sie an beiden Händen und betrachtete sie wohlwollend. »Du siehst fabelhaft aus. Das Kleid steht dir ausgezeichnet.«

Immer, wenn er ihr Komplimente machte, merkte Stefanie, wie ihre Wangen erröteten. Er ist und bleibt ein Charmeur, dachte sie. Tatsächlich liebte sie es, vor dem Kleiderschrank zu stehen und etwas Passendes auszusuchen, wenn er sie einlud. Diesmal hatte sie ein dunkelgrünes Etuikleid gewählt, das durch einen raffinierten Schnitt ihre weibliche Linie betonte. Die Haare hatte sie in einer Hochsteckfrisur zusammengefasst und für die Gelegenheit mit goldenen Spangen festgesteckt. Sogar ihr gefiel der Effekt zu ihrem üppigen, rotblonden Haar, auch wenn sie sonst immer nur Holzstäbchen dafür benutzte. Zur glänzenden, hautfarbenen Feinstrumpfhose hatte sie klassische schwarze Pumps mit vier Zentimeter hohem Absatz an – mehr schaffte sie beim besten Willen nicht – und ihre bloßen Schultern wurden nur von einem mintfarbenen Grobstrickbolero bedeckt. Das Kleid war wirklich ein Traum. Die Perlenohrringe, die sie trug, hatte sie von Martin geschenkt bekommen. Er liebte es, ihr Schmuck zu schenken, doch es gab eine Regel, die er immerhin unter Protest akzeptierte. Sie trug die Perlen nur, wenn sie mit ihm ausging. Der Gedanke, was für ein Vermögen an ihr hing, machte sie sonst zu nervös.

Sie wartete kurz, bis der Kellner die Weinflasche auf einem Beistelltisch abgesetzt hatte und den Stuhl für sie hervorzog. Wie albern für eine emanzipierte Frau, und doch genoss sie an Abenden mit ihm diese kleinen, netten Aufmerksamkeiten.

»Möchte die Dame sich der Getränkewahl des Herrn anschließen?«, fragte der Kellner, als sie sich gesetzt hatte.

»Ja, das möchte sie«, erwiderte Stefanie, »denn er ist der weitaus bessere Weinkenner von uns beiden.« Charmant lächelte sie dem Kellner zu. Als er ihr Lächeln erwiderte, sah sie in seinen Augen ganz kurz etwas aufblitzen. Sie kannte das, denn es begegnete ihr häufig, wenn sie und Martin zum Essen ausgingen – ein verhaltenes Urteil.

Dann reichte er ihr die Karte und wartete einen Moment, um ihr die Empfehlung des heutigen Abends vorzutragen.

Statt Austern wählte Stefanie einen Salat mit Walnüssen, entschied sich ansonsten jedoch für das vorgeschlagene Menü. Milde Bärlauchsuppe und gebratene Entenleber mit Röstzwiebeln, dann Filet, Rippe und Tatar vom Weideochsen sowie einen jungen Altensteiger Ziegenkäse. Zum Nachtisch sollte es karamellisierter Passionsfruchtschaum sein. Auf Kalorien würde sie morgen wieder achten.

Martin schüttelte amüsiert den Kopf, als der Kellner sie verließ. »Du brichst ihm das Herz.«

Stefanie stutzte. »Ich? Wieso das?«

»Wenn du ihn so anlächelst und ganz und gar seinem Rat folgst – aber doch mit mir altem Knacker hier sitzt.«

Sie lachte hell auf. »Ich bezweifle, dass ich ihm damit das Herz breche. Erstens wimmelt es in diesem Restaurant von attraktiven Frauen, und zweitens denkt er vielmehr, dass ich nur hinter deinem Geld her bin und deshalb einen höchst fragwürdigen Charakter besitze.«

»Schade nur, dass du dir nichts aus Geld machst.«

»Wann habe ich das behauptet?«

»Du interessierst dich dafür?«

»Selbstverständlich.« Sie machte eine kurze Pause und versuchte ihn dabei todernst anzusehen, was ihr aber misslang. »Wenn ich es selbst verdiene.«

»Ich wusste, es gibt einen Haken.«

Sie trank einen Schluck von dem Wein. Ein feiner, aromatischer Geschmack mit einem Hauch Cassis und einer Nuance von Zedernholz breitete sich auf ihrer Zunge aus. Er war einen Ticken zu trocken für sie, doch passte der Wein hervorragend zu dem Menü, das sie gewählt hatte. »Also?«

»Also was?« Martin bedachte sie mit einem unschuldigen Augenaufschlag, hielt kurz ihren Blick fest und sah dann zum Mühlrad. »Sieht mit dem blauen Licht ein wenig gespenstisch aus, findest du nicht?«

»Huh, das lässt ja hoffen. Spuck es am besten sofort aus, dann können wir den Abend genießen.«

»Lass uns lieber erst essen. Wie kommst du überhaupt darauf, dass ich etwas auf dem Herzen habe?«

»Na ja, es ist weder mein Geburtstag noch der Jahrestag unserer ersten Begegnung oder sonst einer der üblichen Anlässe, zu denen du mich einlädst.«

»Kann ich nicht einfach mal so mit einer hübschen Frau zu Abend essen?«

»Nein.«

»Du bist immer so hart zu mir!«

»Nein, ich bin ehrlich, und genau das liebst du an mir.«

Der Kellner brachte den ersten Gang.

Stefanie wusste, dass Martin sich nie von ihr würde erweichen lassen, ihr vorher zu verraten, was ihm auf der Seele brannte, darum versuchte sie einfach, das vorzügliche Essen zu genießen. Sie sprachen über Wirtschaft und Finanzmärkte und über Stefanies sechswöchige Reise nach Neuseeland im vergangenen Februar.

Eine wehmütige Fahrt in die Vergangenheit war das gewesen, denn dort hatten ihre Mutter und sie zuletzt gelebt und ihre Mutter war dort gestorben, hatte einfach einen Herzinfarkt bekommen. Ein Erbdefekt, wie die Ärzte bei der Autopsie feststellten. Zum Glück waren die entsprechenden Untersuchungen bei Stefanie ohne Befund geblieben. Damals, mit 13 Jahren, war sie zu den Großeltern gezogen, die in Deutschland lebten. Zum ersten Mal hatte sie ein richtiges Zuhause gehabt, wie sie es bis dahin nie kennengelernt hatte, und eine öffentliche Schule besucht. Für ein Mädchen am Anfang der Pubertät bedeutete das eine große Umstellung, und sie war ihr schwergefallen.

Bei dem Gedanken strich sie sanft über Martins Hand. Dass sie diese Zeit des Verlustes und der Veränderung heil überstanden hatte, verdankte sie ihm. Sie berührte einen der Perlenohrringe, als sie daran dachte, wie sie damals ihr Abitur bestanden und sie von Martin geschenkt bekommen hatte. Die passende Perlenkette war sein Geschenk zum Diplom gewesen.

Sie konzentrierte sich wieder aufs Essen. Der Ziegenkäse bot mit den eingemachten Feigen zusammen einen besonderen geschmacklichen Hochgenuss. Sie war pappsatt und fragte sich, wie sie den Nachtisch noch bewältigen sollte.

Martin ließ nachdenklich den Wein im Glas kreisen, während Stefanie amüsiert seine Körpersprache beobachtete. Wieder mied er den direkten Blickkontakt. Seine Stirn war in tiefe Falten gezogen, die Augenbrauen trafen sich, und immer wieder zog er die Nase kraus und presste dabei die Lippen zusammen. Grimmig und gefährlich. Sie überlegte, ob sie irgendetwas gemacht hatte, das ihn verärgert hatte – außer den üblichen Dingen.

Noch knapp vier Monate, dann stand sein siebzigster Geburtstag an. Siebzig! Konnte es damit zusammenhängen? Innerlich wappnete sie sich gegen seine Bitte. Sie wusste, dass er sie gern auf seiner Feier haben wollte, aber allein der Gedanke daran erzeugte ein flaues Gefühl in ihrem Magen. Beherzt griff sie zur Weinflasche und füllte ihr Glas wieder auf.

Er sah sie an, legte den Kopf schief und seufzte abgrundtief auf. »Du weißt, es ist mein einziger Wunsch an dich. Es werden so viele Menschen da sein, dass die Familie dich sicher übersieht.«

»Was hältst du von einer Tour mit der Aphrodite durch den Ärmelkanal im kommenden Frühjahr? Die französische Küste hinunter bis nach Bordeaux?«

Er liebte seine Segeljacht, eine schnittige Delphia 47, die mit einer kleinen Mannschaft auskam und aufgrund ihrer Bauweise und Ausstattung in der Lage war, die Ozeane zu überqueren. Das war ein lang gehegter Traum von Martin. Nur hatte er es nie geschafft, sich aus der Verantwortung zu stehlen, die das Führen eines Familienunternehmens mit sich brachte.

Ein feines Lächeln erschien auf seinen Lippen, doch es erreichte seine Augen nicht. Stattdessen sah Stefanie etwas in ihnen, das unwillkürlich ihren Plusschlag beschleunigte.

»Weißt du, was ich an dir liebe?«, fragte er ernst.

»Ja, nämlich, dass ich deine Träume kenne und dir immer wieder sage, dass du sie in die Realität umsetzen sollst, weil man nur ein Leben leben kann. Du liebst es auch, dass ich ehrlich zu dir bin und nichts von dir erwarte, außer ein bisschen von deiner kostbaren Zeit.«

»Ich sterbe.«

Sie starrte ihn an, war sich nicht sicher, ob er das ernst meinte oder einen makabren Scherz machte, damit sie zu seiner Geburtstagsfeier käme.

»Eine weitere Eigenschaft von dir ist, dass du mit Krisen fertigwirst, Stefanie, genauso wie mit dem Tod, ohne daran zu zerbrechen. Es ist bewundernswert, wie du die Verantwortung für deine Oma übernommen hast, als dein Opa starb. Und du hast sie begleitet, als ihre Zeit ablief.«

Stefanie schluckte, spürte einen Kloß im Hals, der jede Antwort im Keim erstickte.

»Keine Sorge, das verlange ich nicht von dir. Ich denke, wenn es so weit ist, werde ich zu feige sein und den leichteren Weg wählen. Geld eröffnet mir andere Möglichkeiten, um zu sterben.«

Immer noch unfähig zu sprechen, schüttelte sie den Kopf, stand auf und legte konzentriert die Serviette auf den Tisch, nahm die Handtasche.

Der Kellner, dem sie in den Weg lief, sah sie fragend an.

»Die Toiletten?«, presste sie hervor.

»Alles in Ordnung? Ist ihnen schlecht? Sie sind ganz blass.«

Tränen schossen ihr in die Augen, und sie brachte kein weiteres Wort heraus.

Er zeigte hinter sich. »An der Bar vorbei, danach direkt links. Dort geht eine Treppe runter.«

Hastig folgte sie der Beschreibung.

Ihre Hände zitterten. Den Kopf in den Nacken gelegt, als könnte das verhindern, dass die Tränen weiter liefen, rang sie um Fassung.

Es musste die Wahrheit sein. Martin würde sie doch niemals belügen, wenn es um seinen eigenen Tod ging. Ja, er hatte recht, sie war weder am Tod ihrer geliebten Mama noch an dem der Großeltern zerbrochen. Doch ihn zu verlieren? Erneut kämpfte sie gegen die aufwallenden Emotionen an. Sie ahnte, dass es Etliches gab, was er mit ihr besprechen wollte, und dass er auf ihre Stärke baute, sie mehr brauchte als je zuvor im Leben. Für einen Moment empfand sie Wut auf ihn – wie er das Restaurant bewusst gewählt hatte, weil er sie genau kannte! Sie hasste emotionale Ausbrüche in der Öffentlichkeit. Entschlossen atmete sie tief durch. Sie straffte die Schultern, putzte sich die Nase, betrachtete kritisch ihr Gesicht im Spiegel. Scheiß Make-up! Wenn man sich ein Mal die Augen schminkte! Den Schaden reparieren oder abschminken? Sie holte Abschminkpads aus der Handtasche, wischte die Wimperntusche von der Augenpartie ab. Kajal und Lidschatten. Eine kühle Creme würde die gereizte Haut an den Stellen beruhigen, der Concealer für Notfälle deckte zuverlässig die roten Stellen ab. Zuletzt puderte sie ihr Gesicht, vor allem die Nase. Heulen konnte sie später noch zu Hause.

Bevor sie die Treppe ganz hochgegangen war, hörte sie die gedämpfte Stimme des Kellners und verharrte.

»... ist immer dasselbe mit diesen reichen Knackern. Kaum ist die Geliebte zu alt, wird sie durch was Jüngeres ersetzt. Und damit es keine Szene gibt, serviert er sie bei einem Abendessen ab.«

»Du hast ’ne Fantasie! Und selbst wenn, ist das besser, als den Freund mit ’ner anderen im Bett zu erwischen.«

»Freund? – Finanzier! Oder Sugardaddy. Die ist garantiert nur halb so alt wie der Typ!«

»Also, ich find sogar, der hat was. Vielleicht steht sie ja einfach auf ältere Männer.«

Genug gehört. Die beiden zuckten erschrocken zusammen, als Stefanie neben ihnen auftauchte.

»Um genau zu sein – mein Vater ist fast exakt 30 Jahre älter als ich. Allerdings sollten Sie, wenn Sie schon über die Gäste reden, darauf achten, wo Sie das tun.«

Als der Kellner den Nachtisch und einen Espresso für sie brachte, würdigte sie ihn keines Blickes. Weil Martin sie aufmerksam ansah, zwang sie sich ein Lächeln auf die Lippen. »Wie lange?«

»Ein Jahr, vielleicht zwei. Ärzte sind nie präzise.«

»Und was ...?«

»Krebs, und bevor du weiterfragst – ja, ich war bei mehreren Ärzten. Die Antwort ist immer dieselbe.«

»Okay, und was möchtest du von mir?«

Er schob ihr die Karte einer Praxis zu. »Die Untersuchung dauert nicht lange. Sie nehmen dir Blut ab, machen einen Ultraschall und du kannst wieder gehen.«

»Wieso?«

»Ich möchte sicher sein, dass bei dir alles in Ordnung ist.«

»Ich bin fit!«

»Bitte, Stefanie, nur für meinen Seelenfrieden. Damals sagten sie, dass der Fehler am Herzen sich erst später zeigen kann, und du ziehst die Untersuchung doch nur um ein Jahr vor.«

Sie nahm die Karte und steckte sie in die Handtasche.

»Das Nächste wird dir nicht gefallen, aber du selbst hast vorhin den Vorschlag gemacht. Ich möchte meinen Traum verwirklichen und mit der Aphrodite die Welt umsegeln.«

»Sag mir wann, und ich sage alles ab, was ich an Projekten auf der Platte habe.«

Er lachte. »Das ist typisch für dich. Kein ‚Bist du wahnsinnig, wie soll das mit der Krankheit funktionieren?‘. Stattdessen bietest du an, mich zu begleiten.«

»Du bist derjenige, der ständig an alles denkt. Ich weiß, dass du es sorgfältig planst. Und dass ich mitkomme – hey, wer ist der Abenteurer von uns beiden?«

»Deine Mama. In dir steckt ein Teil von mir.«

»Stimmt, dieses lästige Verantwortungsgefühl.«

»Genau. Und deshalb brauche ich dich hier. Du würdest nach ein paar Tagen auf einem Boot mitten im Meer doch durchdrehen.«

Er kannte sie. Selbst auf einer Insel neigte sie dazu, einen Koller zu bekommen, sobald der Durchmesser ein gewisses Minimum unterschritt.

»Wofür brauchst du mich hier?«

»Luke und Mathilda. Dem einen fehlen Charakter und Kompetenz, um das Unternehmen zu führen, die andere verfügt über die Kreativität, jedoch fehlen ihr Führungsqualitäten und der Wille, Verantwortung zu übernehmen.«

Bevor Stefanie protestieren konnte, hob er die Hand. »Ich weiß. Ich kenne deine Meinung dazu und ich respektiere sie. Es geht auch gar nicht darum, dass du in meine Fußstapfen trittst. Aber ich brauche jemanden, dem ich vertraue und der die notwendige Fachkompetenz hat, damit ich den Kurs des Unternehmens für die Zukunft setzen kann, jemanden, der nicht eigene Interessen verfolgt, sondern nur meine, und der loyal und absolut ehrlich zu mir ist.«

»Jetzt weiß ich, woher dein Erfolg kommt. Du schaffst es, die Schwachstellen deines Gesprächspartners so geschickt auszunutzen, dass er dir gegen seinen eigenen Willen zustimmt.«

»Ich denke, es ist für dich ein spannendes Projekt, mit all den Herausforderungen, die du so magst. Außerdem wäre es eine Referenz für den Mittelstand in Deutschland.«

»Du möchtest Office 365 bei Aegir einführen?«

»Jeder, der an eine Weltumsegelung denkt, glaubt, das Boot wäre ständig auf Fahrt. In Wahrheit wird es viel in den Häfen der Welt liegen, die meistens mit WLAN ausgestattet sind. Es gibt auch eine Satellitenanlage an Bord. Das bietet Luke und Mathilda die Sicherheit, dass sie jederzeit auf meinen Rat zurückgreifen können, und ich kann lernen loszulassen, ohne sofort die gesamte Kontrolle abzugeben.«

Nachdenklich fing Stefanie an, den Nachtisch zu löffeln. Sie brauchte Zucker. Er ließ ihr Zeit und drängte sie nicht zu einer Entscheidung.

»Wissen die beiden, dass du das Projekt planst?«

»Nein. Die Diagnose kennen sie auch nicht. Selbst Olivia weiß bisher nichts davon. Du bist die Erste, der ich es erzähle.«

»Wie willst du ihnen das Projekt verkaufen?«

»Das ist dein Job. Tilda wird begeistert sein. Sie war es schließlich, die mit der Idee ankam. Luke hingegen ...« Er seufzte abgrundtief. »Ich weiß, dass ihr zwei nie miteinander zurechtgekommen seid. In der Position als kaufmännischer Geschäftsführer ist er ein wenig gereift, aber es wird nicht leicht für dich werden, ihn zu überzeugen. Du musst es wohl auf dich zukommen lassen. Dafür, dass du unseren Chief Information Officer auf deine Seite ziehen kannst, stehen die Chancen fifty-fifty. Ressourcen freizubekommen für die Produktion, die IT-Kosten bei der anstehenden Ablösung der Software zu konsolidieren – das spricht für Office 365. Die Bedenken bezüglich Sicherheit und Datenschutz, die Kontrolle über die Daten abzugeben, das wird Widerstand auslösen, und nicht nur bei ihm. Der CIO wird es dir keinesfalls leicht machen.«

»Wie hieß er noch gleich?«

»David Anderson, 42 Jahre, kein Studium, nur eine Ausbildung zum Fachinformatiker. Den kannst du mit nichts beeindrucken, außer mit Leistung.«

»Warum hast du ihn auf so eine einflussreiche Position gesetzt?«

»Weil er Visionen hat, Projekte umsetzt, statt zu reden, und die Mitarbeiter begeistern kann. Unseren Erfolg der letzten Jahre verdanken wir zum größten Teil ihm.«

»Also brauche ich ihn auf meiner Seite?«

»Ja.«

»Was ist mit dir?«

»Das ist der Deal: Ich starte das Projekt und gebe die Bedingungen vor, entscheiden müssen die anderen. Schaffst du ein Go, kann ich mir den Traum erfüllen.«

»Na toll, das setzt mich noch weiter unter Druck.«

»Du schwärmst mir ständig von Office 365 vor.«

»Ich bin ja auch davon begeistert. Ein Unternehmen muss aber so weit sein, diesen Schritt zu gehen. Das ist ein Veränderungsprozess.«

»Weshalb ich jemanden mit dem Projekt beauftrage, der das technische Know-how mitbringt. Und das Fingerspitzengefühl für die Herausforderungen, die vor uns als Firmenleitung und den Mitarbeitern liegen.«

»Du kennst meine Tagessätze?«

»Ich bin dein Vater.«

»Oh nein. Keine Sonderbehandlung.«

»Ja, ich weiß, was du nimmst. Zuerst musst du die Geschäftsleitung überzeugen. Dann sprechen wir über die beste Vorgehensweise, und danach möchte ich von dir eine Abschätzung des Aufwands.«

»Deal.«

Er wartete auf sie, solange der Kellner ihr in den Mantel half. Das Trinkgeld war großzügig bemessen wie immer bei Martin. Sie hatte den Mund gehalten über die Bemerkungen des Personals und seine Betitelung als Knacker. Vielleicht lernte der Kellner etwas aus dem Abend.

Draußen fing es an zu nieseln. Martin spannte einen Regenschirm auf und Stefanie hakte sich bei ihm unter.

»Wo steht dein Auto?«

»In der nächsten Seitenstraße«, antwortete sie.

»Dass du da noch Platz gefunden hast ...«

»Ich sag dir immer, leg dir einen Kleinen zu.«

Sie erreichten den grasgrünen Corsa.

»Komm her. Lass dich umarmen.«

Die Arme um seinen Oberkörper geschlungen drückte sie ihn an sich, zog tief den Geruch seines Aftershaves ein und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

»Du schickst mir eine E-Mail mit den Terminen?«, hakte er nach.

»Ja klar. Ein urdeutsches Familienunternehmen in die Zukunft zu bringen, das lasse ich mir doch nicht entgehen.« Tapfer lächelte sie ihm zu und stieg hastig ins Auto, bevor die Emotionen sie übermannten.

Im Rückspiegel sah sie seine Gestalt im Regen stehen, bis sie an der Ecke abbiegen musste.

2

Workshop

Sie glitt von der Kobra in den stehenden Hund und zurück zum Krieger. Schweiß rann ihren Körper hinunter, während sie sich auf ihren Atem konzentrierte und auf die saubere Ausführung achtete. Immer ein Stück weiter dehnen, dabei die Kraft der Muskeln für die Haltung nutzen. Die Yogalehrerin ging über zu Bodenübungen – die Brücke, die Kerze, den Kopfstand, zurück zum liegenden Kind und in die Schlussmeditation.

»Du hast es dir aber heute gegeben, Stefanie. Was hast du zu verarbeiten?«

Stefanie rubbelte sich die Haare trocken. Mit Isabel war sie schon seit ihrem Umzug nach Deutschland befreundet. Damals hatte sie in der Nachbarschaft der Großeltern gewohnt.

Isabel war der einzige Mensch in Stefanies Leben, der alles von ihr wusste und selbst ihre dunkelsten Geheimnisse kannte. Sie trug ihr Haar kurz geschnitten und tönte es zurzeit rot. Das gab ihrem Äußeren ein schalkhaftes Aussehen, das durch ihre Knubbelnase und die leuchtend hellblauen Augen noch verstärkt wurde. Meist funkelten diese Augen vergnügt, so als führte Isabel ständig etwas im Schilde, doch der Eindruck trog. Sie hatte ein sehr feines Gespür für die Probleme der Menschen.

Jeden Mittwoch gingen die beiden Frauen gemeinsam zum Yoga und danach indisch essen. Das war eine Hommage an ihre gemeinsame Reise durch Indien, die sie nach dem Abitur unternommen hatten – zum Leidwesen von Isabels Eltern, denn auf dieser Reise hatte sie ihre wahre Berufung erkannt. Zwar hatte sie sich anfangs noch dem Willen der Eltern gebeugt und Betriebswirtschaft studiert, doch kurz darauf machte Isabel ihren Traum wahr und begann die Ausbildung zur Heilpraktikerin. Inzwischen besaß sie eine gut laufende Praxis, war verheiratet und Mutter von vier Mädchen. Ihr Mittwoch mit Stefanie war eine heilige Einrichtung und Isabels Bedingung gewesen, bevor sie ihrem Georg nach zwei gemeinsamen Kindern endlich das Jawort gab. Auch wenn eine von ihnen ab und an den Termin absagen musste, trafen sie sich doch mindestens zweimal im Monat, trotz Beruf und Familie, und oft sogar häufiger.

»Martin.«

»Du steigst in das Unternehmen ein?« Isabel wusste, dass Stefanies Papa ihr in regelmäßigen Abständen dieses Angebot unterbreitete.

»Nein, aber er hat mich breitgeschlagen, Office 365 bei Aegir einzuführen.«

»Und jetzt bereust du die Entscheidung.«

»Ja und nein.«

»Wie hat er dich überhaupt dazu bekommen?«

Stefanie seufzte tief, sah sich um, ob eine der anderen Kursteilnehmerinnen in der Nähe stand.

»Er hat Krebs. Die Ärzte geben ihm noch ein oder zwei Jahre.«

Isabel schlug die Hand vor den Mund. »Oh nein! Stefanie, es tut mir so leid. Sag mir, wie ich euch helfen kann.«

»Ich weiß, dass ich auf dich zählen kann.«

»Denkst du, dass er bereit ist, auch andere Wege der Therapie in Erwägung zu ziehen?«

Sie seufzte. »Nein, er ist völlig in der Schulmedizin verwurzelt und hält Heilpraktiker für Scharlatane.«

Eine Weile hingen sie ihren Gedanken nach. Martin und Isabel waren sich nur selten begegnet. Beide respektierten die Rolle, die der jeweils andere in Stefanies Leben spielte, doch andere Gemeinsamkeiten gab es nicht.

»Und warum ist es ihm jetzt so wichtig, Office 365 in das Unternehmen einzuführen? Sollte er sich nicht vielmehr Gedanken um die Nachfolge machen oder sich auf die Zeit konzentrieren, die ihm noch zur Verfügung steht?«

»Genau darum geht es. Du weißt, dass er immer den Traum hatte, mit seinem Boot die Welt zu umsegeln?«

»Ich erinnere mich. Also möchte er, dass du die Cloudlösung in das Unternehmen einführst, sodass er von unterwegs auf die Daten der Firma zugreifen kann.«

»Genau.«

»Was sagt Luke dazu?«

»Die Familie weiß von nichts.«

»Wovon? Dass er stirbt oder dass du das Projekt durchführen sollst?«

»Weder noch.« Sie interpretierte Isabels Blick und kam ihr zuvor. »Er ist ein erwachsener Mann, der ein Familienunternehmen führt, und er muss selber seine Entscheidungen treffen.«

»So wie du.«

»Ja, so wie ich.«

»Luke wird dir das Leben zur Hölle machen.«

»Es ist 20 Jahre her, dass wir uns zuletzt begegnet sind. Martin sagt, er wäre gereift. Immerhin ist er der kaufmännische Geschäftsführer. Er würde das Risiko nicht eingehen, wenn er nicht wüsste, dass er der Aufgabe gewachsen ist.«

»Es sei denn, er hat eine Alternative, auf die er zurückgreifen kann. Leitet er das Unternehmen allein?«

»Nein, es gibt noch einen Externen, der für Technik und Produktentwicklung verantwortlich ist.«

»Siehst du!«

Stöhnend verbarg Stefanie den Kopf zwischen den Händen. »Warum mach ich das bloß?«

»Weil er weiß, dass du ihn liebst und er deine Gefühle schamlos ausnutzen kann.«

»Ja. Und ich verliere ihn wie alle Menschen, die ich zuvor in meinem Leben geliebt habe.«

»Hey, du hast doch mich.«

Sie ließ ein schwaches Lächeln kurz aufblitzen, obwohl ihr zum Heulen zumute war.

»Ich finde, wir müssen dich aufbauen. Lass mich kurz eine Nachricht an Georg schicken, was er für Samstag plant.«

»Nein, das will ich nicht. Ich weiß, dass euch das Wochenende mit der Familie heilig ist.«

»Du gehörst doch dazu.«

»Klar. Hörst du das Knurren? Es kommt von meinem Magen, also lass uns essen gehen.« Stefanie wollte einfach für einen Moment ihren traurigen Gedanken entfliehen. Außerdem half essen immer, wenn sie Kummer hatte.

Sie hatte sich für einen klassischen, dunkelblauen Hosenanzug, eine weiße Bluse und Schuhe mit halbhohem Absatz entschieden. Ihre Haare waren hochgesteckt. Kalter Schweiß klebte an ihren Händen, als sie versuchte, den Laptop an den Beamer anzuschließen.

»Nehmen Sie am besten den HDMI-Anschluss.«

»Würde ich, aber ich habe den Anschlussstecker vergessen.«

Sie atmete tief durch und setzte ein Lächeln auf, obwohl sie sich schwarzärgerte, weil sie tags zuvor nicht überprüft hatte, ob wirklich alles eingepackt war.

Sie ging auf den Mann zu, der in der Tür stand, und streckte die Hand aus. »Stefanie Mansfield.«

»David Anderson.«

Na klasse. Wunderbar eingeführt. Ein kurzer, kräftiger Händedruck, dann durchmaß er den Raum in wenigen Schritten, öffnete die Klappe am Präsentationspult und zog ein Anschlusskabel hervor. »Das müsste passen.«

»Danke.«

»Keine Ursache, Sie sind nicht die Erste ohne Adapter.«

Was er davon hielt, las sie deutlich in seinem Gesichtsausdruck. Ohne sie weiter zu beachten, setzte er sich auf einen der Stühle, klappte seinen Laptop auf und fing an zu tippen.

Keine Schwäche zeigen. Der Beamer blieb dunkel. Suchend sah sie sich nach einer Fernbedienung um, die es auf jeden Fall geben musste, denn das Teil hing unter der Decke. Sie würde sich eher die Zunge abbeißen, als Anderson erneut um Hilfe zu bitten.

»Stefanie!«

Mathilda erschien auf der Bildfläche.

»Ich wusste ja gar nicht, dass dein Consulting-Schwerpunkt bei Office 365 liegt!«

Stefanies Halbschwester hatte einen dunkelblauen Rock, eine weiße Bluse und eine Strickjacke an und trug ein Seidentuch um den Hals. Sie kam auf sie zu, umarmte sie herzlich und küsste sie auf beide Wangen. Stefanie merkte, wie der spöttische Blick des CIOs auf ihnen ruhte.

»Du siehst klasse aus. Wie viele Kilo hast du abgenommen? Zehn?«

»So in etwa.«

»Kaum zu glauben! Mit was für einer Diät? Ich glaub, ein paar Kilo weniger, das könnte mir auch nicht schaden.«

»Unsinn! Deine Figur ist top.« Sie wusste, welche Komplimente Tilda gern hörte, besonders, seit sie vor knapp vier Jahren die vierzig überschritten hatte und mehr denn je auf ihre Figur achtete.

»Danke, danke. – Du bist schon hier, David? Sonst kommst du doch zu Besprechungen immer auf die letzte Sekunde.«

Der Angesprochene kam herüber und wurde von ihr genauso herzlich umarmt. Irritiert von Mathildas Verhalten gegenüber einem Angestellten ging Stefanie erneut auf die Suche nach dem Gerät, um den Beamer anzuschalten.

»Wenn Sie die Fernbedienung suchen, die liegt auf der Fensterbank.«

»Danke. Ich wollte sowieso abwarten, bis alle da sind.«

»Natürlich. Selbstverständlich.« Seine Stimme hatte einen spöttischen Unterton.

»Ja, unser David ist so ein hilfsbereiter Mensch. Wie findest du eigentlich die Werbekampagne zu der High-Performance-Kollektion?«

»Hervorragend wie alles, in das du dein Herzblut steckst.«

Flirteten die beiden etwa? Wie lange war Mathilda jetzt verheiratet? Sie rechnete nach und kam auf 19 Jahre. Okay, das ging sie letztlich nichts an, allerdings spielten offizielle und inoffizielle Stellungen in einem Unternehmen schon eine Rolle, wenn ein Veränderungsprozess auf alle zukam. Die Frage war vor allem, wer von den zweien wen beeinflusste.

Sie hörte die Stimmen von Martin und Luke und ihr Herzschlag beschleunigte sich unwillkürlich. Sie hatte die letzte Begegnung mit ihrem Halbbruder trotz der langen Zeit, die sie zurücklag, noch lebhaft vor Augen. Auf Martins Geburtstagsfeier hatte er ihr seinen Hass entgegengeschleudert. Sie hatte versucht, alles an sich abprallen zu lassen, bis zu dem Punkt, als er handgreiflich geworden war. Da hatte sie ihm eine verpasst. Das Ergebnis war eine gebrochene Nase gewesen. Martin war geschockt gewesen, Olivia entsetzt, Mathilda hatte gelacht, aber die Geburtstagsfeier zum Fünfzigsten mit Familie, Freunden, Geschäftspartnern und Mitarbeitern war damals definitiv geplatzt. Nein, sie hatte sich wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert.

Als Luke hereinkam, würdigte er sie keines Blickes und setzte sich auf einen der Plätze, die am weitesten von ihr entfernt waren, streckte das Kinn vor und verschränkte die Arme vor der Brust. Martin schloss die Tür hinter sich und nickte ihr zum Gruß kurz zu.

»Danke, dass ihr, ... Sie«, sie schenkte Anderson ein professionelles Lächeln, »sich heute die Zeit für Office 365 nehmen. Der Schwerpunkt meiner heutigen Präsentation liegt darauf, das Produkt vorzustellen, die Möglichkeiten aufzuzeigen und die offenen Fragen zu klären.«

Sie aktivierte den Beamer und begann mit dem Einstieg in das Konzept, das hinter dem Microsoft-Service steckte – die Serverprodukte, die zur Verfügung standen, die entsprechenden Clients, die zum Einsatz kamen. Je mehr sie sprach, desto mehr Sicherheit gewann sie zurück. Sie verdrängte die feindselige Atmosphäre, die ihr von zweien der Teilnehmer entgegenschlug, aus ihren Gedanken. Nachdem sie das Grundprinzip erläutert und ein wenig die technischen Herausforderungen dargestellt hatte, die auf ein Unternehmen durch die Nutzung des Services zukamen, leitete sie über zu ihrem Lieblingsteil der Präsentation, der Demonstration der Cloudlösung. Sie hatte einen Test-Account angelegt und diesen mit Inhalten gefüllt. Die Farben spiegelten das Unternehmen wider. Bilder aus ihrem Bestand für die Demo, Profilbilder für die Testbenutzer und die Verwendung des Logos erzeugten ein reales Einsatzszenario. Insgesamt spielte sie drei Verwendungsmöglichkeiten für die Software durch: die erste aus Sicht der Marketingleiterin, die für die Werbekampagne eines neuen Produktes und die Planung des Messeauftritts mit einer externen Agentur zusammenarbeitete. Als Nächstes zeigte sie die Kommunikationsmöglichkeiten auf, die aus unterschiedlichen Sichtweisen und Bedürfnissen von Mitarbeitern und Abteilungen entstanden. Ihr Schwerpunkt lag bei den Vertrieblern, die häufig unterwegs waren, und der Kommunikation über verschiedene Zeitzonen hinweg mit dem CEO, der über die aktuellen Ereignisse und die finanzielle Situation informiert sein wollte. Bei diesem Beispiel hörte dann sogar Anderson auf, ständig auf der Tastatur seines Laptops herumzutippen, was Stefanie als persönlichen Erfolg verbuchte. Zuletzt zeigte sie für den Administrator nützliche Werkzeuge auf, mit Regeln für den Informationsaustausch, Multifaktor-Authentifizierung, Delegation von Aufgaben mit den entsprechenden Administrationsrollen sowie Standard-Reports.

Mit leuchtenden Augen sah sich Mathilda in der Runde um. »Meine Begeisterung für Office 365 ist jetzt noch gestiegen. Wann führen wir es ein?«

Stefanie hätte sie am liebsten umarmt.

Martin zeigte ein amüsiertes Lächeln. Luke warf seiner Schwester bitterböse Blicke zu, während Anderson mit gerunzelter Stirn auf den Bildschirm seines Laptops starrte.

»Mir gefällt der Gedanke, die Kommunikationsstrukturen zu verflachen. Außerdem denke ich, dass wir eine abteilungsübergreifende Interaktion zwischen den Mitarbeitern aktivieren können«, gab Martin als weitere Anregung dazu. »Früher geschah das durch unser Familienfest oder organisierte Sportturniere, ist aber irgendwann ganz verloren gegangen.«

»Warum machen wir nicht mal wieder so etwas?«, hakte Tilda nach.

»Ich glaube, persönliche Beziehungen sind hervorragend dazu geeignet, Mitarbeiter an ein Unternehmen zu binden«, führte Anderson Martins Gedankengang weiter. »Deshalb ist das Profil auch so interessant. Hier können sich Kollegen finden, die privat dieselben Interessen verfolgen. Mit Online-Gruppen zu den Interessensgebieten organisieren sie dann vielleicht eigene Events, die den gesamten Zusammenhalt in der Firma stärken oder die Marke in den Mittelpunkt stellen, sofern es um sportliche Aktivitäten geht.«

»Was die Produktivität herabsetzt, weil sie während der Arbeitszeit damit beschäftigt sind, private Interessen zu verfolgen.« Ein herausfordernder Blick begleitete Lukes Kommentar.

»Sicherlich etwas, das man im Auge behalten muss«, stimmte Stefanie ihm zu.

Überrascht sah Anderson sie an und erwiderte: »Es ist ein valider Punkt, jedoch rangiert er für mich weit hinten. Du kannst auch die Gespräche und den Tratsch, verlängerte Pausen, Kaffee trinken und alles, was noch Zeit frisst, nicht kontrollieren. Motivierte Mitarbeiter, die sich mit dem Unternehmen identifizieren, die Ziele kennen, sie akzeptieren und an dem Erfolg arbeiten, sind produktiv. Der Ansatz, den Frau Mansfield vorstellt, ist interessant und kann dazu beitragen, ein positives Arbeitsumfeld zu schaffen.«

Sie hatte nicht erwartet, ausgerechnet von seiner Seite Rückendeckung zu bekommen, doch als er sie nun direkt ansah, erkannte sie, dass seine Worte nur Teil eines gut durchdachten Schachzugs waren. Die hellbraunen Augen, die zum Rand der Iris einen dunkleren Ton bekamen, fixierten sie. Mit der Hand fuhr er sich kurz durch das dunkelbraune, gelockte Haar, das er recht lang trug. Trotz seiner – im Gegensatz zu ihrer – lässigen Kleidung strahlte er Souveränität aus. »Der Aspekt Sicherheit, Datenschutz und Patriot Act fehlten mir bei der Präsentation völlig«, fügte er hinzu.

»Das ist korrekt.« Bestätigen, mehr nicht. Sollte er seine Befürchtungen doch formulieren, sodass sie konkret auf die einzelnen Punkte eingehen konnte.

»Ist das alles, was Sie dazu sagen wollen?«

»Nein. Stellen Sie mir die Fragen, die Sie beschäftigen, und ich versuche, sie zu beantworten. Allerdings bin ich Beraterin, keine Rechtsanwältin.«

»Fangen wir mit der Sicherheit an. Wie sind unsere E-Mails vor Zugriffen von außen geschützt?«

»In der Präsentation zeigte ich die drei Teilbereiche auf. Bei der eingesetzten Hard- und Software liegt der Fokus auf aktuellen, sauber gepatchten Systemen. Die Infrastruktur wird so aufgebaut, wie es die Normen vorsehen, sonst hätten die Rechenzentren nie die vollständige Zertifizierung, also sowohl international anerkannte als auch speziell europäische, erhalten. Firewalls, Spamfilter, Antivirensoftware, Zertifikate, verschlüsselte Verbindungen, regelmäßige Updates und das Überwachen der Aktivitäten – all das gehört zum Konzept. Weiterhin geht Microsoft schlicht und ergreifend davon aus, dass jedes System gehackt werden kann. Darum liegt der zweite Schwerpunkt des Sicherheitskonzepts darauf, zu verhindern, dass bei einem Dateneinbruch alles korrumpiert wird: zeitgesteuerte Zugriffe, automatisches Löschen der Administrationsaccounts, Null-Berechtigungsstufen, eingeschränkte Rechte auf das, was der Administrator pflegen möchte, zuletzt die Werkzeuge, die der Kunde erhält und die er einsetzen kann, um seine Sicherheit zu erhöhen; Rechtevergabe, Verschlüsselung, Reports zur Überwachung und die Möglichkeit eines eigenen Keymanagements.«

»Was ist mit dem Datenschutz? In dem Moment, wo ich einen Dritten damit beauftrage, die Daten zu lagern oder zu versenden, muss ich gewährleisten, dass diese die gesetzlichen Vorgaben einhalten.«

»Korrekt. Das betrifft die persönlichen Daten der Mitarbeiter. Grundsätzlich bleiben die Verantwortung und die Informationen bei Ihnen. Microsoft verdient das Geld mit der Bereitstellung des Services und nicht mit dem Sammeln von Inhaltsdaten. Es ist sinnvoll zu prüfen, wo sensitive Dateien liegen, wie sie im Unternehmen zirkulieren und ob sie weiterhin außerhalb der Lösung gelagert werden. Beispiel: Die Personalabteilung hat eine eigene Software für die Verwaltung der Mitarbeiterdaten. Warum diese in die Cloud auslagern? In Anbetracht der Größenordnung der umzustellenden Mitarbeiter ist ein Hybrid-Szenario für die Übergangszeit sowieso die sinnvollste Lösung. Vorausgesetzt, Sie entscheiden sich für Office 365. Weiterhin empfehle ich einen weiterreichenden Test mit Mitarbeitern aus verschiedenen Abteilungen. Technikaffine, die gerne neue Möglichkeiten ausprobieren, sogenannte Early Adopters. Hier finden wir am leichtesten heraus, was kritische Daten sind, wo wir auf Grenzen stoßen und ob am Ende ein Einsatz infrage kommt. Letztlich muss auch Aegir fit für die Cloud sein.«

»Fit?«

Das Gespräch fand nur zwischen ihnen beiden statt. Luke saß weiterhin mit verschränkten Armen da, während Mathilda und Martin interessiert dem Austausch folgten.

»Sind Sie bereit, regelmäßig Funktionserweiterungen für die Software zu erhalten? Sie müssen die Sicherheitsrichtlinien einhalten. Der Dienst kann konfiguriert, aber nicht auf individuelle Bedürfnisse angepasst werden. Es findet eine Standardisierung im Unternehmen statt, was die Unterstützung der Mitarbeiter bei Verwendung der Produkte vereinfacht, alles Punkte, die das Unternehmen akzeptieren muss.«

»Was ist mit dem Patriot Act, wenn wir uns verpflichten, einem amerikanischen Unternehmen den Zugriff auf Daten von Kunden zu erlauben, ohne diese im Vorfeld zu informieren?«

»Sie meinen den rechtlichen Akt oder den Zugriff der NSA, wie er seit der Snowden-Affäre bekannt ist?«

»Letzteres können wir außen vor lassen, da hier alle Daten gesammelt wurden, unabhängig davon, wo sie lagern. Der Geheimdienst hat dabei fleißig von den jeweiligen deutschen Behörden Unterstützung erhalten.«

Es gefiel ihr, wie analytisch er an das Thema heranging, durchaus realistisch und ohne Emotionen. Das rang ihr widerwillig Bewunderung ab.

»Der Patriot Act bezieht die Berechtigung aus der Annahme, dass jemand in terroristische Aktivitäten verwickelt sein kann. Das unterliegt rechtlichen Schritten. Wenn Sie den Transparency Report von Microsoft ansehen, können Sie erkennen, wie oft dieser Fall in den verschiedenen Ländern eingetreten ist. Häufiger als die Anfragen aus diesem Grund sind in Deutschland die Anfragen der Steuerbehörden. Jeder kritische Fall wird von den Rechtsanwälten geprüft, da die Daten dem Kunden gehören.«

»Was für technische Voraussetzungen sind bei einer Verwendung des Service notwendig?«

»Serverseitig oder vom Client aus betrachtet?«

»Beides.«

Sie holte das Surface aus dem Standby-Modus. »Wenn Sie mir Ihre E-Mail-Adresse zukommen lassen, schicke ich Ihnen den Link. Das ist besser. So vergesse ich nichts.«

»[email protected]

»Versendet.« Ihr Lächeln prallte an ihm ab. Was für ein Blödmann. »Weitere Fragen?«

»Von meiner Seite aus vorerst nicht.«

Sie sah die anderen an, wagte sogar einen kurzen Blick zu Luke, der sie weiterhin, die Arme vor der Brust gekreuzt, finster betrachtete. Mathilda hingegen strahlte und zwinkerte ihr zu. Martin nickte bestätigend.

»Okay, dann bedanke ich mich für ihre Zeit und die Aufmerksamkeit und würde mich freuen, eine kurze Rückmeldung zu erhalten, wie Sie sich entscheiden.«

»Die bekommst du, Stefanie. Danke, dass du uns so kurzfristig Platz in deinem Terminkalender eingeräumt hast«, sagte Martin mit einem aufmunternden Blick.

Sie packte das Surface in die Tasche, verabschiedete sich und verließ den Raum. Draußen atmete sie tief durch. Die Feindseligkeiten von Luke, obwohl in keinem Wort geäußert, setzten ihr mehr zu, als nötig gewesen wäre. Warum konnte sie nicht darüberstehen? Verärgert über ihr eigenes Verhalten, das ihm erst einen Platz in ihrem Leben eingeräumt hatte, ging sie den Flur hinunter, bog um die Ecke und sah das Schild für die Toiletten. Wie praktisch, dann brauchte sie auf dem Rückweg nicht noch einmal anzuhalten.

Für ein Produktionsunternehmen mit 150 Jahren Firmengeschichte auf dem Buckel überraschte sie das Ambiente. Aufmerksam betrachtete sie ihr Spiegelbild. Überall sah sie die Anspannung der letzten Stunden. Sie probierte ein Lächeln und es geriet zu einer Fratze, was so lustig aussah, dass sie tatsächlich lachen musste. Da war sie wieder, die normale Stefanie, der fröhliche Mensch, der das Leben so nahm, wie es kam. Sie wollte die Tür aufdrücken und blieb wie angewurzelt stehen, als sie Stimmen im Flur vernahm – Tilda und Luke.

»Schläfst du mit ihm?«

»Spinnst du total? Aber selbst wenn, ginge es dich nichts an.«

»Wieso ist er dann auf einmal für das Projekt?«

»Ach so, daher weht der Wind. Weil er zugehört hat, im Gegensatz zu dir?«

»Bullshit, was die darstellt. Das sind alles Funktionen, die wir hervorragend in unserer eigenen Infrastruktur aufbauen können.«

»Ach ja? Und woher kommen das Geld, das Know-how und vor allem die Zeit für die Pflege der Systeme? Außerdem hat die einen Namen: Stefanie.«

»Ich möchte zu gerne wissen, wie sie Papa dazu gekriegt hat, dass er ihr den Auftrag gibt.«

»Erstens hat sie noch keinen Auftrag. Das war lediglich ein Vertriebstermin. Zweitens dachte ich, du wärest erwachsen geworden und hättest dein infantiles Verhalten abgelegt.«

»Eines Tages, wenn du aus dem Job fliegst, weil die sich das Unternehmen unter den Nagel reißt, verstehst du, warum ich gegen sie bin.«

»Blödsinn. Glaubst du ernsthaft, Papa hätte ihr nicht angeboten, bei uns zu arbeiten? Sie ist eine hervorragende Unternehmensberaterin und kann sich die Projekte aussuchen. Statt Geld anzuhäufen, gibt sie es aus und lebt. Ihre kleine Eigentumswohnung ist schnuckelig und abbezahlt. Sie muss keine Mitarbeiter bezahlen, sondern vergibt das, was sie nicht selber kann, an externe Partner.«

»Woher weißt du das alles?«

»Ich war neugierig und habe Erkundigungen über sie eingeholt. Wenn ich ehrlich bin, beneide ich sie um das freie und unabhängige Leben, das sie führt.«

»Dann steig doch aus dem Unternehmen aus!«

»Tja, leider liebe ich den Luxus und brauche das Geld dafür. Aber wenn Stefanie all diese Eigenschaften von ihrer Mutter hat, kann ich verstehen, weshalb Papa mit ihr eine Affäre hatte. Es muss so erfrischend anders sein – ein Partner, der keine Erwartungen an dich stellt und dem es egal ist, was für ein Vermögen hinter dir steht.«

»Sabrina liebt mich!«

»Wer spricht denn von Sabrina?«

Im letzten Moment huschte Stefanie zurück in den Waschraum, in eine Kabine. Sie hörte das Klappern der Pumps auf den Fliesen, drückte die Spülung und trat aus der Kabine. Ihre Halbschwester stand vor dem Spiegel.

»Ach hallo, du bist ja noch hier. Ich dachte, du würdest direkt die Flucht antreten, nachdem alle so überfreundlich zu dir waren. Das meine ich übrigens ironisch.«

»Ja, ich weiß.«

Sie wusch sich die Hände. Mathilda rollerte mit einem Kühlgel ihre Augenpartie ab. In dem Licht wirkte sie älter als zuvor in der Besprechung.

»Ich wollte mich noch bei dir für deine Unterstützung bedanken.«

Tilda winkte ab. »Keine Ursache. Ich liege Papa seit langer Zeit damit in den Ohren. David ist ein hervorragender Mitarbeiter, aber wenn du mal fix eine Idee hast und etwas umsetzen möchtest, kann er total anstrengend sein. Es hat drei Tage gedauert, bis mein letzter Praktikant auf die Dateien zugreifen konnte. Mit Office 365 teile ich die Seite mit ihm und zack – ist er bereit loszulegen, ohne dass er in unserem Unternehmen angelegt ist.«

»Und genau darin liegen die Befürchtungen von eurem CIO, nämlich dass er die Kontrolle über die Infrastruktur und die Daten verliert, gleichzeitig aber derjenige ist, der im Zweifelsfall dafür geradesteht.«

»Dir ist klar, dass seine charmante Art und das ansehnliche Äußere täuschen?

---ENDE DER LESEPROBE---