BEISS NICHT IN DIE SONNE - Tanith Lee - E-Book

BEISS NICHT IN DIE SONNE E-Book

Tanith Lee

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Beschreibung

In der fernen Zukunft der Erde...

Die Menschen leben in über-technisierten Kuppelstädten inmitten einer lebensfeindlichen Wüste. Es scheint ein Paradies zu sein, in dem alles in verschwenderischer Fülle vorhanden ist. Nur der Sinn des Lebens ist verlorengegangen. Die Bewohner frönen dem Nichtstun, orientieren sich an bizarren Mode-Torheiten und jagen jedem nur erdenklichen Nerven- und Sinneskitzel hinterher. Ihr Leben besteht aus Sex- und Drogen-Orgien, Ekstasen aller Art gehören zum Alltag, Illusionszentren gaukeln Traumwelten vor. Auch das Leben selbst und der menschliche Körper sind zu simplen, austauschbaren Konsumgütern geworden: Körper und Geschlecht können beliebig gewechselt werden, Selbstmord zu begehen ist zu einer Art Sport geworden, und Sabotage-Akte gegen die Kuppelstadt – die niemals gelingen – helfen, die Zeit zu vertreiben.

Eine junge Frau ist dieses Lebens überdrüssig. Aber es scheint nur einen Weg zu geben, sich der erdrückenden Fürsorge des Gemeinwesens zu entziehen. Und dieser Weg führt in die Einsamkeit und die irreparable Tödlichkeit der Wüste...

Beiß nicht in die Sonne – nach Trinkt den Saphirwein Tanith Lees zweiter Vier BEE-Roman – gehört zu den wenigen Scince-Fiction-Romanen der Autorin und ist ein Kabinettstückchen auf dem schmalen Grat zwischen Satire und Dystopie. Der Roman wurde im Jahre 1976 für den Nebula-Award nominiert.

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TANITH LEE

Beiß nicht in die Sonne

Tanith Lee-Werkausgabe, Band 6

Roman

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Die Autorin 

Das Buch 

 

BEISS NICHT IN DIE SONNE 

PROLOG 

ERSTER TEIL 

ZWEITER TEIL 

DRITTER TEIL 

VIERTER TEIL 

FÜNFTER TEIL 

 

Glossar des Jong-Slangs 

Glossar allgemeiner Ausdrücke 

 

Die Autorin

Tanith Lee.

(* 19. September 1947, + 24. Mai 2015).

Tanith Lee war eine britische Horror-, Science Fiction- und Fantasy-Schriftstellerin und Verfasserin von Drehbüchern. Sie wurde viermal mit dem World Fantasy-Award ausgezeichnet (2013 für ihr Lebenswerk) und darüber hinaus mehrfach für den Nebula- und British Fantasy-Award nominiert.

Im Laufe ihrer Karriere schrieb sie über 90 Romane und etwa 300 Kurzgeschichten. Sie debütierte 1971 mit dem Kinderbuch The Dragonhoard; 1975  folgte mit The Birthgrave (dt. Im Herzen des Vulkans) ihr erster Roman für Erwachsene, der zugleich auch ihren literarischen Durchbruch markierte.

Tanith Lees Oevre ist gekennzeichnet von unangepassten Interpretationen von Märchen, Vampir-Geschichten und Mythen sowie den Themen Feminismus, Psychosen, Isolation und Sexualität; als wichtigsten literarischen Einfluss nannte sie Virginia Woolf und C.S. Lewis.

Zu ihren herausragendsten Werken zählen die Romane Trinkt den Saphirwein (1978), Sabella oder: Der letzte Vampir (1980),  Die Kinder der Wölfe (1981), Die Herrin des Deliriums (1986), Romeo und Julia in der Anderswelt (1986), die Scarabae-Trilogie (1992 bis 1994), Eva Fairdeath (1994), Vivia (1995), Faces Under Water (1998) und White As Snow (2000).

1988 gelang ihr mit Eine Madonna aus der Maschine (OT: A Madonna Of The Machine) ein herausragender Beitrag zum literarischen Cyberpunk; eine Neu-Übersetzung der Erzählung wird in der von Christian Dörge zusammengestellten Anthologie Cortexx Avenue enthalten sein.

Ihre wichtigsten Sammlungen von Kurzgeschichten und Erzählungen sind: Red As Blood/Tales From The Sisters Grimme (1983), The Gorgon And Other Beastly Tales (1985) und Nightshades: Thirteen Journeys Into Shadow.

Tanith Lee war seit 1992 mit dem Künstler John Kaiine verheiratet und lebte und arbeitete in Brighton/England.

Sie verstarb im Jahre 2015 im Alter von 67 Jahren.

Der Apex-Verlag widmet Tanith Lee eine umfangreiche Werkausgabe.

Das Buch

In der fernen Zukunft der Erde...

Die Menschen leben in über-technisierten Kuppelstädten inmitten einer lebensfeindlichen Wüste. Es scheint ein Paradies zu sein, in dem alles in verschwenderischer Fülle vorhanden ist. Nur der Sinn des Lebens ist verlorengegangen. Die Bewohner frönen dem Nichtstun, orientieren sich an bizarren Mode-Torheiten und jagen jedem nur erdenklichen Nerven- und Sinneskitzel hinterher. Ihr Leben besteht aus Sex- und Drogen-Orgien, Ekstasen aller Art gehören zum Alltag, Illusionszentren gaukeln Traumwelten vor. Auch das Leben selbst und der menschliche Körper sind zu simplen, austauschbaren Konsumgütern geworden: Körper und Geschlecht können beliebig gewechselt werden, Selbstmord zu begehen ist zu einer Art Sport geworden, und Sabotage-Akte gegen die Kuppelstadt – die niemals gelingen – helfen, die Zeit zu vertreiben.

Eine junge Frau ist dieses Lebens überdrüssig. Aber es scheint nur einen Weg zu geben, sich der erdrückenden Fürsorge des Gemeinwesens zu entziehen. Und dieser Weg führt in die Einsamkeit und die irreparable Tödlichkeit der Wüste...

Beiß nicht in die Sonne – nach Trinkt den Saphirwein Tanith Lees zweiter Vier BEE-Roman – gehört zu den wenigen Scince-Fiction-Romanen der Autorin und ist ein Kabinettstückchen auf dem schmalen Grad zwischen Satire und Dystopie. Der Roman wurde im Jahre 1976 für den Nebula-Award nominiert.

Frühe Ausgaben von Beiß nicht in die Sonne:

BEISS NICHT IN DIE SONNE

PROLOG:

Mein Freund Hergal hatte sich wieder einmal umgebracht.

Es war inzwischen das vierzigste Mal, dass er mit seinem Flugkörper auf das Zeefahr-Monument krachte und sich einen neuen Körper machen lassen musste. Als ich dann nach Limbo ging, um ihn zu besuchen, musste ich Ewigkeiten herumlaufen, bis der Roboter ihn für mich fand. Diesmal war er dunkel, ungefähr dreißig Zentimeter größer, mit sehr langem Haar und einem Schnurrbart, über und über besetzt mit glitzernden Goldfasern und mit diesen albernen Flügelchen, die ihm an Schultern und Fußknöcheln wuchsen.

»Attlevey, Hergal«, sagte ich.

»Attlevey«, antwortete Hergal und schlug mit den Flügeln.

»Groshing, nicht wahr? Ist natürlich keine Kraft drin, sondern nur Schau. Muss mir ein neues Flugzeug besorgen, wenn ich wieder fliegen will.«

»Ich dachte«, bemerkte ich und drückte einen Knopf für einen Schwebestuhl, da Alt-Hergal-ohne-Anstand sich nicht darum kümmerte, »dass das Komitee vielleicht deine Fluglizenz eingezogen hätte.«

»Haha«, kicherte Hergal fröhlich. »Das würden sie nicht wagen.«

»Dennoch, ich wünschte, du würdest dir mal einen anderen Platz zur Bruchlandung aussuchen. Das alte Zeefahr wird allmählich langweilig. Ich meine, wie wäre es mit dem Robot-Museum? Vielleicht schaffst du es sogar, durch das Dach zu brechen, und das wäre immerhin ein Fortschritt.«

Hergal zwirbelte seinen Schnurrbart.

»Hmm«, machte Hergal.

»Jedenfalls«, sagte ich und gab meiner Boten-Bee einen Stoß - sie döst immer ein und fällt auf der Straße auf mich hinunter, meistens dann, wenn eine Menge Leute anwesend sind -, »habe ich dir ein paar Ecstasy-Pillen und einen sechsdimensionalen Besinnungswürfel mitgebracht.«

»Oh, schön«, sagte Hergal.

Ich konnte förmlich sehen, dass sich sein Geist (?) mit höheren Dingen als mit Ekstase und Besinnlichkeit beschäftigte. Ich erinnerte mich an die furchtbare Zeit, als Hergal und ich für einen Mid-Vrek heirateten unten auf den Prisma-Spielfeldern, wir uns verloren und es bei mir damit endete, dass ich vor Verwirrung lauter Glaskleider klaute, meine Träume analysieren ließ und ein kleines Wüstentier aus Vier BOO kaufte, das wild und pelzig war. Es schnarchte während des ganzen Heimwegs in der Kugel und biss mich im letzten Moment, als ich gerade beschlossen hatte, dass ich es ertragen konnte, wild und pelzig und schnarchend.

Hergal hatte natürlich einen Flugkörper gemietet und auf dem Zeefahr-Monument eine Bruchlandung veranstaltet. Das war Nummer neun. Aber was ich versuche zu sagen ist, dass Hergals Geist auch damals mit höheren Dingen beschäftigt war, zumindest hat er das behauptet.

»Hör mal, Hergal«, erklärte ich, »aber ich fürchte, ich habe den Befehl gegeben, dich offiziell aus meinem Kreis auszuschließen. Nicht dass ich dich nicht leiden könnte. Ich meine, du bist wirklich prima, vor allem mit deinen... äh, mit deinen Flügeln, aber ich habe einfach die Nase voll davon, dass ständig jemand ankommt und fragt: Ist das wirklich wahr, dass du diesen Floop Hergal kennst? Sag bloß!«

»Ich verstehe«, antwortete Hergal. Er war noch nicht einmal höflich genug zu weinen. Ein Jong weint immer, wenn er offiziell aus einem Kreis ausgeschlossen wird.

»Na schön, dann ist nichts mehr zu sagen, Hergal.« Ich stieg vom Stuhl und schlug hart auf dem Kristallgummiboden auf. Meine Bee fiel mir auf den Kopf.

»Oh, farathoom«, stieß ich hervor.

Hergal sah leicht überrascht aus, aber er zwinkerte nicht einmal mit einer Goldfiber, bis ich der Tür zustrebte.

»Äh...«, wagte er dann zu bemerken.

»Was hast du gesagt?«

»Äh...«, wiederholte Hergal. »Vielleicht sagst du mir, aus welchem Kreis du mich ausschließen lassen willst.«

»Aus meinem, du Thalldrap!«, schrie ich.

»Aber... wer genau bist du'?«

Nun, ich meine, ich hatte in der ganzen Stadt verbreiten lassen, dass mein neuer Körper blass und schlank war, mit knielangem silbernem Haar und Antennen. Er hatte es nur noch nicht bemerkt. Draußen fiel mir meine Bee wieder auf den Kopf, genau vor dem Robot-Museum und einer Besucherschar aus Vier BOO.

Ich war so deprimiert, dass ich hinging und mich in meiner Kugel ertränkte, zum zehnten Mal. Vielleicht konnte ich ein Duplikat von Hergals Körper bekommen und ihn völlig zaradann machen.

  ERSTER TEIL

 

 

1

 

Als ich im Limbo-Bad aufwachte, hatte ich meine Meinung natürlich geändert. Ein Quasi-Robot-Mediziner schaute zu mir herein.

»Sehen Sie, junge Frau - und ich weiß, dass Sie das vorwiegend sind -, dies muss aufhören. Es ist innerhalb von zehn Einheiten das zweite Mal, dass Sie hier sind.«

»Mmm...« Ich schwamm ein bisschen herum und lächelte ihn mit meinen Emotions-Erwiderungs-Drähten an.

Der Q-R ging fort, und jemand kam und fragte mich, als was ich herauskommen wollte, und da, sehen Sie, war ich anti-Hergal eingestellt. Wie drumdik würde es sein, wenn die Leute wirklich glaubten, ich wäre Hergal! Und dann noch diese floopy Bee in meinem Haar, womöglich noch bewusstlos... Ich zeigte ihnen mein neues Ich. Wie üblich war es berückend schlank und graziös und schillernd. Hatta und viele andere Leute, die ich kenne, halten es so, dass sie sich ab und zu einen fetten Körper oder Pickel oder so etwas zulegen. Dieses Ich war jedenfalls schmalhüftig, hatte einen exotischen Busen und langes, langes scharlachrotes Haar, Ich schlüpfte hinein, und es war ein so komisches Gefühl, dass ich irgendwohin gehen musste, wo es ruhig war, um eine Ecstasy-Pille zu schlucken und eine Weile zu vergessen.

Nicht lange danach fand Hatta mich.

»Ooma, Hatta«, schnurrte ich. Wenn man in Ekstase ist, sehen alle Leute nett aus, selbst Hana, der momentan fett und picklig war und drei Augen hatte.

»Attlevey, Ooma. Wieder einmal groshing, wie ich sehe. Geht dir das denn niemals auf die Nerven?«

»Nein«, antwortete ich.

»Ich lade dich zum Essen ein. Es muss bald irgendeine Essenszeit sein, oder?«

»Gut, ich habe Hunger. Ich habe mich gerade nach Mahlzeit drei ertränkt, und dieser neue Körper hier hat noch gar nichts bekommen.«

Wir gingen hinaus, Hatta hielt mich aufrecht - ich war ganz extrem ekstatisch -, und wir rollten auf eine Schwebebrücke zu. Meine schreckliche, biestige Bee kam hinter uns hergerannt. Ich konnte dieses Ding einfach nicht loswerden. Diesmal fiel sie auf Hatta.

»Onk!«, machte Hatta, typisch und ekelhaft sanft gegenüber allem, was ihm passiert. Ich warf die Bee von der Brücke, aber sie kam wieder. »Lass uns zum Feuer-Loch gehen.«

Man sagt, dass das Feuer-Loch genau der Ort ist, wo man hingehen muss, wenn man niedergeschlagen ist. Es heiterte mich fast auf, aber schließlich, ehe wir ankamen, machte sich mein neurotisches Bedürfnis bemerkbar, und ich musste die Brücke verlassen und etwas klauen. Es war lebendig, dieses Etwas, mit langem, weißem Pelz und großen orangefarbenen Augen. Seine Schnurrbarthaare verfingen sich in meinem Haar, und ich gab es der Bee für einen Augenblick zum Festhalten, bevor ich hysterisch wurde.

»Wir sind da«, sagte Hatta.

Wir sprangen von der Brücke und fielen ungefähr sechs Meter hinab, bis das Netz der elektrischen Wellen des Feuer-Loches uns sanft auffing. Hatta sah mich entschuldigend an. Im Feuer-Loch brennt alles in scharlachrotem Feuer. Die Tische schweben in Flammen (in nicht heißen Flammennatürlich!), und Feuerbälle hüpfen in den Tellern. Ich passte prima dazu.

»Ich habe deine Haare vergessen«, sagte Hatta.

Ich war jetzt schon wieder ganz ruhig, aber Hatta schob mir noch eine Ecstasy-Pille in den Mund und musste mich dann zu einer Couch tragen.

»Was möchtest du haben, Liebes?«, fragte Hatta liebevoll.

Ich zuckte bei seiner Nicht-Jong-Ausdrucksweise zusammen und hoffte, dass niemand es zufällig gehört hatte.

Wir bekamen ein großes Nusssteak vom Feuer und zahlreiche brennende Früchte, die mit brennenden Spießchen darauf gesteckt waren. Hatta legte mit dem Molekularnadelmesser vor und machte alles falsch, aber wir bekamen trotzdem noch etwas zu essen. Die Ekstase ließ allmählich nach.

»Ich habe gehört«, murmelte Hatta durch das Nusssteak hindurch, »dass du Hergal offiziell hast ausschließen lassen.«

»Ja«, gab ich zurück.

Eine Zeitlang fuhr Hatta fort zu essen. Unsere Flasche Feuer-und-Eis kam, und er schnupperte daran, kostete und starrte an die glühende Decke. »Einundachtzigstes Rorl, möchte ich annehmen«, sagte Hatta.

Ich klaute ein Spießchen, aber Hatta murmelte nur: »Äh, ich muss wirklich zugeben, dass du groshing aussiehst.«

»Danke. Das gleiche kann ich von dir nicht gerade behaupten, Ooma.«

»Die Sache ist die«, begann Hatta nervös, »ich habe seit zwei Einheiten keine Liebe mehr gemacht, und ich dachte, wir könnten vielleicht für den Nachmittag heiraten.«

»Wenn du so aussiehst wie jetzt, könnten wir nicht«, antwortete ich. Also, ehrlich. Abstoßende Pickel und ein paar Tonnen, die sich auf dir niederlassen und drei gelbe, pupillenlose Augen, um den Effekt zu beobachten.

»Sieh mal«, redete Hatta mir Mut zu, »verstehst du nicht, dass es ein essentielles Erlebnis ist, einen Körper zu lieben, der nicht wirklich anziehend auf dich wirkt?«

»Wieso?« Nein, ich hegte keineswegs die Absicht, mich von essentiellen Erlebnissen im Jong-Jargon verwirren lassen, schon gar nicht vom reaktionären alten Hatta.

»Nun...«, begann Hatta.

Wir wurden unterbrochen. Kley und Danor waren mit einem Schoßtierchen angekommen, das sofort einen Kampf mit meinem weißen gestohlenen Ding anfing und somit auch mit meiner Bee. Danor und Kley zogen sich in dem Durcheinander schwebende Feuer-Couches heran und verhalfen sich zu unserem Nusssteak. Diesmal waren sie beide männlich, mit langem, irisierendem Haar und Danor hatte diese albernen Flügelchen wie Hergal und warf mit ihnen ständig etwas vom Tisch.

Sie grüßten mich vage und begannen mit Hatta zu plaudern.

Ich stand auf, klemmte mein weißes, pelziges Tierchen unter den Arm und trank meinen dritten Becher Feuer-und-Eis aus.

»Ich muss abhauen, Oomas«, sagte ich fröhlich.

»Oh, aber...«, meinte Hatta.

»Danke für eine wunderbare vierte Mahlzeit, Hatta«, sagte ich überschwänglich. »Wir sehen uns im nächsten Körper.« Dann verschwand ich.

 

Draußen war einer dieser bedrückenden Blauer-Kristall-und-Goldenes-Sonnenlicht-Nachmittage. Das Wetter in Vier BEE ist immer perfekt, aber hin und wieder gelingt es den Jong, etwas zu sabotieren, und dann gibt es einen groshing, einen heulenden Sandsturm, der durch die Abschirmschilde pfeift und allen Spaß macht. Niemals werde ich die Zeit vergessen, als Danor und ich beide weiblich damals, sollte ich vielleicht hinzufügen - die Robotkontrolle am Aussichtspunkt 9A außer Kraft setzten und ein Regen vulkanischer Asche von einem der großen, schwarzen Berge draußen hereinströmte, wahre Fluten, Einheit um Einheit, es war völlig zaradann. Lebensmittel mussten von Flugkörpern abgeworfen werden, die Straßen waren voller Roboter, die versuchten uns auszugraben. Einmal haben wir sogar ein Erdbeben zustande gebracht. Natürlich brach nichts zusammen, obwohl wir alle hofften, das Robot-Museum würde einstürzen. Zu diesem Zeitpunkt saßen Hergal und ich in einem großen Kristallturm und versuchten nicht sonderlich erfolgreich, uns telepathisch zu lieben, und der Turm zitterte wie Gelee; jedenfalls zitterte er mehr als wir.

Ich ging zu einer Sendesäule und ließ meinen neuen Körper überall ausstrahlen, so dass meine Freunde (?) mich erkennen konnten. Ich richtete eine Antenne auf das Zeefahr und wartete eine geraume Weile, um zu sehen, ob Hergal vom Himmel herab darauf niederstürzen würde, aber das tat er nicht. Deshalb signalisierte ich an Thinta.

»Attlevey«, begrüßte ich sie, als ihr dreidimensionales Bild vor mir erschien. Sie sah nett aus, hübsch mollig, mit großen, grünen Augen und einer Art von pelzigem Haar. Sie hatte seit Ewigkeiten nicht mehr gewechselt. Es gab also doch noch Stabilität.

»Oh, Attlevey, Ooma, ich mache gerade ein Wasserkleid.«

Sie hielt es hoch, es war grünlich opalisierend und tropfte leicht.

»Thinta«, sagte ich, »ich bin gerade ertrunken und so zurückgekommen, und ich bin absolut droad.«

»Oh, ich habe nicht bemerkt, dass du es bist«, antwortete Thinta. Sie hatte die Sendung offenbar noch nicht gesehen. »Schön, Ooma, warum gehst du nicht in eins der Traumzimmer? Warte einen Augenblick, dann komme ich mit.« Sie verschwand.

Thinta mochte die Traumzimmer, obwohl sie als ziemlich anti-jong galten. Man trifft immer viele Ältere Personen mit gesetzten Vorstellungen, die einem erzählen, dass man nicht dort sein sollte, sondern draußen, um Liebe zu machen, in Ekstase zu sein, einen Geschlechtswechsel zu vollziehen oder einer Sinnesverwirrung zu erliegen, wie es von jungen Leuten normalerweise unbeugsam erwartet wird. Ich ging in den Jade-Turm, um etwas Schmuck zu stehlen, während ich auf Thinta wartete, wie sie in ihrem rosafarbenen, sicheren Miniaturflugzeug angesaust kam.

Stehlen ist eine wirkliche Kunst und eine meiner wenigen einfachen Vergnügungen.

Im Jade-Turm gibt es einen großen Drachen, der auf einer Farm in der Nähe von Vier BAA gezüchtet wurde. Er klappert mit seinen jadebesetzten Schuppen und spuckt grünes Feuer, das einem eine wirklich belebende, pinienduftende Ganzdusche gibt. Er rührt mich auf eine komische, romantische Weise. Einmal habe ich sehr lange in seinem Maul gesessen und versucht, Kley zu erreichen, damit er mich rettete, aber er hat einfach eine Ecstasy-Pille geschluckt und ist ziemlich plump zusammengebrochen. Ich glaube, ich habe ihn aufgeregt.

»Attlevey, Drache«, sagte ich.

Ich kroch für eine Weile in sein rechtes Ohr - innen sieht es aus wie eine Muschel - und überlegte, was ich stehlen könnte, während der Drache röhrte und jeden besprühte.

 

 

 

2

 

Meine Bee, die mein weißes, pelziges, gestohlenes Tierchen umklammert hielt, folgte mir, als ich ganz unschuldig durch den Jade-Turm schlenderte. Ich wartete – ohne, dass mir dies bewusst war - darauf, dass mir beide auf den Kopf fielen. Die Bees anderer Leute schwirrten herum, ganz Effizienz und programmiert zum Dienen. Ich hatte das Gefühl aufzufallen - durchsichtige Kleider, Ketten aus goldenen Anemonen, Zehenringe, Fingernägel, so lang wie meine Finger -, ausgesprochen Jong. Ehrlich, ich habe das alles nie besonders gemocht. Man fühlt sich so nackt, wenn man vergisst, ein Flitterblümchen in den Bauchnabel zu stecken, und fingerlange Nägel sind gefährlich.

Alle Älteren Personen nickten mir beifällig zu. Ich war genauso, wie eine junge Person sein sollte, schillernd, beinahe nackt, meine einfarbigen Augen noch dunkel umschattet von Ekstase, und mein lang-Vokabular wirkte bei allem, was ich sagte, wie ein Katalysator.

Ich schlängelte mich an ein großes, sich drehendes Tablett mit Duftwolken-Ohrringen, Räucherparfüm und ähnlichen Dingen heran. Auf ihren seltsamen Formen flimmerte und glitzerte das Licht. Ich streckte die Hand aus. Ein Schwebespiegel kam auf mich zu und zeigte mir mein neues Gesicht. Ich wählte ein Paar massiv-phosphoreszierender Objekte aus, magnetisierte sie an meinen Ohren und betrachtete sie, wie sie sich auseinanderrollten und sich hübsch meinen Hals und über meine Schultern hinunterschlängelten, um auf meinem Rücken liegenzubleiben.

»Gnädige Frau sieht bezaubernd aus!«, sangen Engelsstimmen in dem gewölbten, durchsichtigen Dach.

Ich wusste, dass ich zur falschen Zeit gekommen war. JongMädchen kommen normalerweise am Vormittag herein, wenn der ganze Platz erfüllt ist von Übertonmusik, die man zwar nicht eigentlich hören kann, die einen aber innerhalb von Sekunden in Euphorie versetzt. Dann kann man praktisch jedem alles verkaufen, während rings umher Maschinen säuseln: »Einfach groshing!« oder »Ooma, wie derisann!«

Anschließend fühlte ich mich plötzlich beschwingt, glücklich und ungezwungen. Die älteren Damen guckten verblüfft und klappten ihre tragbaren Ohrhörer zusammen. Die Übertonmusik erscholl jetzt in voller Lautstärke. Zaradann vor Freude, beschimpfte ich die Überwachungsroboter des Jade-Turms. Ich nahm meine Diebesbeute ab, steckte meine Hand in einen Haufen Trödel und ließ sie fallen. Ich strich mir die Haare zurück und magnetisierte aufs Geratewohl ungefähr sechs Paar Ohrringe - vermutlich allesamt scheußlich - in dem Haardickicht in meinem Nacken. Aber es war ein Reflex. Ich war zu ekstatisch, als dass ich irgendeine Befriedigung verspürt hätte, ehrlich.

Auf dem Weg hinaus kam ich an dieser Frau vorbei. Sie war gerade mit Bezahlen beschäftigt, sich dabei fast in einen Rausch hineinsteigernd, und ich stellte fest, dass sie ihre Ohrhörer aktiviert gelassen hatte, um von der Musik unterstützt zu werden. Sie musste gerade erst ihr Jong-Stadium hinter sich gelassen haben.

»Es ist so groshing!«, weinte sie, während die Maschine, die nur auf Kleidung und Haare ansprach, sagte: »Wirklich ganz entzückend, Madame.« Und permanent wurde ihr Enthusiasmus von einem Kraftüberträger an Elektroden weitergegeben, die Emotionen in Energie verwandeln und sie den Hauptenergiespeichern von Vier BBE zuführen.

Irgendwie war es ziemlich traurig. Ich bezahle nie für etwas, wenn ich es vermeiden kann. Meine Schwärmerei ist immer so unecht, dass ich alle Hilfsroboter zaradann mache.

 

 

 

3

 

Außerhalb des Jade-Turms wartete Thinta auf mich und schaute so ungeduldig drein, wie sie nur konnte, also immer noch geduldiger als irgendjemand anders.

Ich zog meine Ohrringe heraus und fand ein Paar und vier einzelne Ringe. Thinta ignorierte dies. Ich warf sie die Terrasse des Jade-Turms hinunter und beobachtete, wie Energienetze sie an verschiedenen Punkten aufgingen. Mein Hirn hämmerte zwischen meinen entmagnetisierten Ohren, von der verklingenden akustischen Wonne, die meinen Raubzug ruiniert hatte.

»Attlevey, Thinta«, erinnerte ich mich zu sagen. Plötzlich merkte ich, dass ich lieber allein gewesen wäre, aber hier war Thinta nun einmal, und wir waren dabei, in ein Traumzimmer zu gehen.

Nein, ehrlich, ich mochte die Traumzimmer. Ich ließ nie jemanden wissen, welche Träume ich für mich programmierte. Hergal träumt wahrscheinlich immer vom Fliegen. Ich glaube, Hatta träumt davon, ein dreiköpfiges Monster zu sein.

»Was ist das?«, fragte Thinta und starrte auf mein weißes, gestohlenes Tierchen, das strampelte und sich im Griff meiner Bee wand. Thintas Bee kam herbei, um zu helfen. Thintas Bee kommt immer herbei, um zu helfen. Es ist nervtötend. Thinta versuchte, das Tierchen zu streicheln, und das Tierchen versuchte, Thinta zu beißen.

»Aufhören!«, rief ich. Ich fühlte mich wirklich etwas tosky.